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Entscheidung 1 U 9/21


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Zivilsenat Entscheidungsdatum 18.10.2021
Aktenzeichen 1 U 9/21 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2021:1018.1U9.21.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 1. Februar 2021 – 1 O 290/19 – durch Beschluss zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen.

Gründe

I.

Der Senat hält die Berufung des Klägers einstimmig für ohne Aussicht auf Erfolg. Das Rechtsmittel ist zulässig, aber unbegründet. Da der Rechtssache als Einzelfall keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, eine Entscheidung des Berufungsgerichts weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch zur Fortbildung des Rechts erforderlich erscheint und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist, ist beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

II.

Der Beklagte führte in einem Schreiben an das Polizeipräsidium Cottbus vom 25.2.2018 aus, der Kläger habe ihn als Stasi-IM in der Zeit ab 1974 bis 1990 bespitzelt.

Dazu forderte der Kläger den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 17.4.2018 zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und zur Zahlung entstandener Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 € auf. Der Beklagte antwortete mit E-Mail vom 23.4.2018. Die E-Mail enthielt in der Anlage ein PDF-Dokument, in der der Beklagte sich bei Meidung einer Vertragsstrafe in Höhe von 5.100 € verpflichtete, es zu unterlassen, den Kläger als „Stasi-IM“, „inoffiziellen Mitarbeiter der Staatssicherheit“, „Stasi-Spitzel“ oder ähnlich zu bezeichnen, und die Begleichung der Rechtsanwaltskosten zusagte.

Am 8.6.2018 sandte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten eine E-Mail an die Prozessbevollmächtigten des Klägers, in der er – unter anderem – ausführte, dass kein Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten bestehe, da die von ihm getätigte Äußerung wahr und die Äußerung in einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren erfolgt sei. Darauf forderte der Kläger den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 12.7.2018 zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 5.100 € wegen Verstoßes gegen die Erklärung von 23.4.2018 auf.

Mit der Klage hat der Kläger den Beklagten auf die Zahlung dieser Vertragsstrafe nebst Rechtsanwaltskosten in Höhe weiterer 571,44 €, auf Unterlassung sowie auf die Zahlung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 € für die Erwirkung der Unterlassungserklärung vom 23.4.2018 in Anspruch genommen.

Er hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen,

1.

an ihn 5.671,44 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab 20.7.2018 zu zahlen;

2.

an ihn außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab 9.11.2019 zu zahlen;

3.

es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, zu unterlassen, ihn als „Stasi-IM“, „inoffiziellen Mitarbeiter der Staatssicherheit“, „Stasi-Spitzel“ oder in sonstiger Weise zu bezeichnen, mit der ihm unterstellt wird, dass er in der Vergangenheit Mitarbeiter der Staatssicherheit der Deutschen Demokratischen Republik gewesen sei.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 1.2.2021 der Klage zum Unterlassungsbegehren sowie zu den auf die Erwirkung der Erklärung des Beklagten vom 23.4.2018 entfallenden Rechtsanwaltskosten stattgegeben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass die Erklärung vom 23.4.2018 wegen Nichteinhaltung der Schriftform nach §§ 780, 126 BGB nicht zu einem wirksamen Unterwerfungsvertrag geführt habe.

Dagegen wendet sich die Berufung des Klägers, mit der er die mit dem erstinstanzlichen Klageantrag zu 1. erhobenen Zahlungsansprüche weiterverfolgt.

III.

Die zulässige Berufung des Klägers wird keinen Erfolg haben können. Das Landgericht hat zu Recht ein Bestehen der mit dem erstinstanzlichen Klageantrag zu 1. geltend gemachten Zahlungsansprüche gegen den Beklagten verneint und dazu die Klage abgewiesen.

Als Anspruchsgrundlage kommt hier allein die Erklärung des Beklagten vom 23.4.2018 in Betracht, in der er sich zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 5.100 € sowie von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 € verpflichtet hat. Zu dieser Erklärung hat das Landgericht zu Recht festgestellt, dass die nach §§ 780, 126 Abs. 1 BGB für selbstständige Schuldversprechen erforderliche Schriftform nicht eingehalten worden ist.

Es ist anerkannt, dass die Eingehung einer Unterlassungsverpflichtung der hier gegebenen Art jedenfalls dann, wenn sie – wie vorliegend – unter einer Vertragsstrafebewehrung erfolgt, ein selbstständiges Schuldversprechen im Sinne des § 780 BGB darstellt (BGH, Urteil vom 5.3.1998, I ZR 202/95, zitiert nach juris; Urteil vom 12.7.1995, I ZR 176/93, zitiert nach juris). Es kann daher gemäß § 780 Satz 1 BGB grundsätzlich nur schriftlich nach Maßgabe des § 126 BGB erfolgen. Daran fehlt es, da die Erklärung des Beklagten von 23.4.2018 unstreitig allein als PDF-Dokument übermittelt worden ist.

Etwas anderes folgt nicht aus der vom Kläger herangezogenen Rechtsprechung des Kammergerichts (Urteil vom 9.12.2016, 5 U 163/15, zitiert nach juris). Aus dieser Entscheidung kann nicht hergeleitet werden, dass es in Fällen wie dem vorliegenden nicht der Schriftform nach §§ 780, 126 BGB bedarf. Ob die im dortigen Fall abgegebene Unterwerfungserklärung rechtswirksam erteilt worden ist, hat ersichtlich keiner Entscheidung bedurft, da die dortige Klage bereits aus anderen Gründen, nämlich der Kündigung des Unterlassungsverpflichtungsvertrages und einer Rechtsmissbräuchlichkeit der Geltendmachung der Vertragsstrafe, unbegründet gewesen ist. Mit der Frage der Formbedürftigkeit des Schuldversprechens BGB hat sich das Kammergericht (a. a. O.) nicht auseinandergesetzt und auch nicht auseinandersetzen müssen.

Die demgemäß erforderliche Schriftform des Versprechens des Beklagten ist nicht gewahrt worden.

Bei elektronischen Dokumenten handelt es sich nicht um Urkunden im Sinne des § 126 Abs. 1 BGB (BGH, Urteil vom 9.11.2007, V ZR 25/07, zitiert nach juris; MünchKomm./Einsele, BGB, 9. Aufl., Rn. 7, 26). Schon deshalb kann die Übermittlung allein eines PDF-Dokuments nicht zur Wahrung der Schriftform ausreichen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.3.2019, 3 Wx 20/18, zitiert nach juris). Zudem ist in § 780 Satz 2 BGB ausdrücklich geregelt, dass die Erteilung des Versprechens in elektronischer Form ausgeschlossen ist.

Diese Rechtslage führt dazu, dass in der Erklärung des Beklagten vom 23.4.2018 kein wirksames Schuldversprechen liegt. Der – danach im Übrigen folgerichtigen - Aufforderung im klägerseitigen Schreiben vom 28.5.2018, die Unterlassungserklärung auch im Original zu übersenden, ist der Beklagte unstreitig nicht nachgekommen. Die Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäß § 126a BGB lässt sich dem Sachvortrag der Parteien nicht entnehmen und wäre ohnedies nach § 780 Satz 2 BGB unzulässig (Palandt/Sprau, BGB, 80. Aufl., § 780, Rn. 11).

Ein anderes Ergebnis folgt nicht aus dem Vortrag des Klägers, dass der Beklagte die Erklärung vom 23.4.1998 auf Papier unterschrieben und das unterzeichnete Schriftstück eingescannt und per E-Mail übersandt habe. Auch daraus kann eine Wahrung der Schriftform nach § 126 BGB nicht hergeleitet werden, da empfangsbedürftige Willenserklärungen in der Schriftform des § 126 BGB dem Erklärungsempfänger zugehen müssen (BGH, Urteil vom 7.3.2018, XII ZR 129/16, zitiert nach juris; Urteil vom 28.1.1993, IX ZR 259/91, zitiert nach juris; Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 126, Rn. 12; Staudinger/Hertel, BGB, Neubearbeitung 2017, § 126, Rn. 159), was hier nicht geschehen ist.

Die vom Landgericht angesprochene Thematik des Vorliegens einer Formvereinbarung nach § 127 BGB bedarf vor dem Hintergrund des zwingenden Charakters des § 780 Satz 2 BGB (Erman/Wilhelmi, BGB, 16. Aufl., § 780, Rn. 5) keiner weitergehenden Vertiefung.

IV.

Aus den vorstehenden Gründen wird die Berufung des Klägers zurückzuweisen sein, weshalb der Senat zur Vermeidung weiterer Kosten deren Zurücknahme zu erwägen gibt.