Gericht | VG Potsdam 12. Kammer | Entscheidungsdatum | 04.03.2020 | |
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Aktenzeichen | 12 K 806/18.A | ECLI | ECLI:DE:VGPOTSD:2020:0304.12K806.18.A.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 60 Abs 7 S 1 AufenthG |
Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt. Die Beklagte wird im Übrigen unter Aufhebung der Nrn. 4 bis 6 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26. Januar 2018 verpflichtet, festzustellen, dass hinsichtlich der Person der Klägerin ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die jeweilige Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsgläubigerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die am geborene, ledige Klägerin ist syrische Staatsangehörige arabischer Volkszugehörigkeit. Sie leidet, unter anderem, an einer Hüftdysplasie beidseitig (Crowe Typ III), an einer Fußfehlstellung mit sekundärer OSG Arthrose und Knickfußstellung beidseitig (Kellgren IV). Ihre Mobilität ist eingeschränkt; sie benötigt zur Fortbewegung einen Rollator und ist auf die Einnahme von Schmerzmitteln angewiesen.
Unter dem 19. Juni 2015 machte die Charité - Universitätsmedizin Berlin der Klägerin ein Angebot über eine stationäre Behandlung zur medizinischen Versorgung beider Hüftgelenke.
Mit Schreiben vom 1. August 2017 bat das HELIOS International Office die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland um die schnellstmögliche Ausstellung eines medizinischen Besuchervisums für die Klägerin zur Untersuchung und weiteren Behandlung in der HELIOS Privatklinik in Berlin-Zehlendorf. Die Kosten der Behandlung sowie der Unterkunft seien bereits von der Patientin bezahlt. Die notwendige Begleitperson, für die ebenfalls um die Ausstellung eines Visums gebeten werde, wohne in einem Hotel.
Auf ihren Antrag vom 13. September 2017 wurde der Klägerin am 24. September 2017 von der Deutschen Botschaft in Bagdad ein Visum für einen kurzfristigen Aufenthalt für die Dauer vom 1. Oktober 2017 bis 1. November 2017 erteilt.
Die Klägerin reiste am 5. Oktober 2017 in die Bundesrepublik Deutschland ein und meldete sich im November 2017 in Berlin als schutzsuchend. Sie erhielt am 19. Januar 2018 die Gelegenheit zur förmlichen Asylantragstellung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt).
Bei ihrer Anhörung am 24. Januar 2018 gab die Klägerin an, sie sei studierte Physikerin. Sie habe im Gesundheitsamt des Distrikts Wasit am Computer gearbeitet. Nach einer Operation im Jahr 2012 in Indien, zu der sie mit ihrer Mutter gereist sei, sei sie in der Beweglichkeit eingeschränkt. Ihre Mutter, die ihr eine große Stütze gewesen sei, sei im Jahr 2015 verstorben. Ihr seelischer Zustand sei sehr angeschlagen. Sie habe im Irak einen Selbstmordversuch unternommen. Sie sei regelmäßig aufgrund ihres Knieproblems gemobbt worden. Alle ihre Kollegen hätten aufgrund ihrer Abschlüsse eine qualifizierte Arbeit bekommen, sie hingegen habe trotz eines Universitätsabschlusses nur als Schreibkraft arbeiten dürfen. Die Ärzte im Irak hätten ihr gesagt, es sei zu kompliziert, dort eine Operation durchzuführen. Nach dem Tod ihrer Mutter habe sie weiterhin an Selbstmord gedacht. Ihr Vater habe erneut heiraten wollen, daher könne sie nicht zu ihm ziehen. Ihr Vater habe sie angerufen und ihr gesagt, dass einer ihrer Brüder sie bei der Rückkehr töten werde. Die Familie lebe im Süd-Irak. Dort dürfe eine Frau nicht allein verreisen. Im Irak sei sie aufgrund ihrer Behinderung beleidigt worden.
Mit Bescheid vom 26. Januar 2018 lehnte das Bundesamt den Antrag der Klägerin auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet ab. Ebenso wurden der Antrag auf Asylanerkennung sowie der Antrag auf Gewährung subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen würden. Die Klägerin wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheides zu verlassen. Sollte sie die Ausreisefrist nicht einhalten, werde sie in den Irak abgeschoben. Des Weiteren wurde ein Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Wegen der näheren Einzelheiten des Bescheides wird auf die Blätter 16 bis 24 der Gerichtsakten verwiesen.
Auf den ihr am 5. Februar 2018 ausgehändigten Bescheid hat die Klägerin am 8. Februar 2018 Klage vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) erhoben, mit der sie ihr Schutzbegehren weiterverfolgte, und zugleich einen Aussetzungsantrag gestellt.
Mit Zuweisungsentscheidung vom 13. Februar 2018 wurde die Klägerin der Stadt Brandenburg zugewiesen.
Mit Beschlüssen vom 21. Februar 2018 erklärte sich das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) für örtlich unzuständig und verwies die Rechtsstreitigkeiten an das Verwaltungsgericht Potsdam. Die Klägerin berufe sich auf eine Verfolgung oder auf eine sonstige schädigende Maßnahme im Herkunftsstaat Irak und insoweit sei nach § 15 Abs. 2 Gerichtszuständigkeitsverordnung das Verwaltungsgericht Potsdam zuständig.
Mit Beschluss vom 5. Juni 2018 lehnte die damals zuständige Berichterstatterin als Einzelrichterin den Aussetzungsantrag ab. Ein Abänderungsantrag der Klägerin blieb erfolglos. Mit Beschluss vom 13. Dezember 2018 übertrug die Kammer den Rechtsstreit gemäß § 76 Abs. 1 AsylG der damals zuständigen Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung.
Einen weiteren, am 15. Februar 2019 gestellten Abänderungsantrag nahm die Klägerin zurück, nachdem der Oberbürgermeister der Stadt Brandenburg an der Havel mitteilen ließ, Rückführungen in den Zentralirak seien nur bei Straftätern und/oder Gefährdern oder beim Vorliegen einer Freiwilligkeitserklärung zur Rückführung möglich. Keine der oben genannten Voraussetzungen seien bei der Klägerin gegeben, sodass auch in absehbarer Zeit keine Abschiebung erfolgen werde.
Die Klägerin meint, aufgrund der humanitären Lage im Irak und ihrer Zugehörigkeit zu einer besonders vulnerablen Personengruppe, die auf besonderen Schutz und Hilfe angewiesen sei, sei die Auffassung der Beklagten zu verwerfen und der Klägerin zumindest ein Abschiebungsverbot im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG zuzuerkennen.
Die Klägerin trägt vor, es sei weiterhin eine intensive krankengymnastische Übung des Kniegelenks zur Sicherung und Verbesserung des Operationsergebnisses notwendig. Um einer Verschlechterung der Befunde vorzubeugen, sei eine regelmäßige Wiedervorstellung und Anpassung des physiotherapeutischen Therapiekonzepts notwendig. Die nächste Wiedervorstellung der Klägerin unter Evaluation des Therapiekonzeptes bezüglich des linken Kniegelenks sowie eine operative Versorgung des Hüftgelenks sei für Mai bzw. Juni 2020 geplant. Die Klägerin sei für längere Strecken weiterhin auf einen Rollator angewiesen. Dies sei bedingt durch die komplexe strukturelle Fehlstellung der unteren Extremitäten.
Nachdem die Klägerin ihr weitergehendes Klagebegehren fallen gelassen hat, beantragt sie nunmehr noch,
die Beklagte unter Aufhebung der Nummern 4 bis 6 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26. Januar 2018 zu verpflichten, festzustellen, dass hinsichtlich der Person der Klägerin ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und/oder 7 Satz 1 AufenthG vorliegt.
Die Beklagte hat, obwohl ihr aufgegeben wurde, zur mündlichen Verhandlung einen Beamten oder Angestellten zu entsenden, der mit einem schriftlichen Nachweis über die Vertretungsbefugnis versehen und über die Sach- und Rechtslage ausreichend unterrichtet ist, an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen und sich auch sonst zur Sache nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten dieses und der beigezogenen Verfahren VG 12 L 216/18.A, 12 L 610/18.A und 12 L 120/19.A sowie die Ausdrucke elektronisch gespeicherter Daten und die aus dem Verfahren VG 12 L 120/19.A übernommenen Ausländerakten des Oberbürgermeisters der Stadt Brandenburg an der Havel und insbesondere das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 4. März 2020 verwiesen.
Der Berichterstatter ist als Einzelrichter zur Entscheidung des Verfahrens berufen. Die Einzelrichterübertragung ist nicht an die Person der zum Übertragungszeitpunkt zuständigen Richterin gebunden. Deren Ausscheiden aus der Kammer führt nicht zum Fortfall der Übertragung. Vielmehr tritt an ihre Stelle der nunmehr nach dem kammerinternen Geschäftsverteilungsplan zuständige Berichterstatter als Einzelrichter (vgl. auch Kronisch in Sodan/Ziekow, VwGO Großkommentar, 5. Aufl. 2018, Anmerkung 53 zu § 6 VwGO).
Das Verwaltungsgericht Potsdam ist zur Entscheidung berufen, obwohl sich die Klägerin im Zeitpunkt der Klageerhebung außerhalb der allgemeinen örtlichen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Potsdam aufhielt, weil der Beschluss vom 21. Februar 2018, mit dem das ursprünglich angerufene Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) das Verfahren an das entscheidende Gericht verwiesen hat, vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg zu § 15 Abs. 2 der Gerichtszuständigkeitsverordnung (vgl. Beschluss vom 2. Februar 2018 - OVG 3 N 301.17 -, juris) jedenfalls nicht willkürlich erscheint und somit das Verwaltungsgericht Potsdam bindet.
Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ihr Klagebegehren fallen gelassen und damit die Klage sinngemäß zurückgenommen hat, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 S. 1 VwGO einzustellen.
Die im Übrigen aufrecht erhaltene Klage ist zulässig und begründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, vom Bundesamt feststellen zu lassen, dass hinsichtlich ihrer Person ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG besteht. Die Ablehnung dieser Feststellung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO.
Gemäß § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, vor, § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG.
Erforderlich für das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG ist dabei zunächst, dass sich die vorhandene Erkrankung eines Ausländers in einer Weise verschlechtert, die zu einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d. h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr droht (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22. März 2012 - 1 C 3/11- juris Rn. 34). Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes ist dabei nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden (vgl. VG Hannover, Urteil vom 6. 20. Oktober 2019 - 6 A 1342/17 - juris Rn. 31, m.w.N.).
Darüber hinaus muss die Gefahr nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG konkret sein, d. h. die drohende Rechtsgutverletzung darf nicht nur im Bereich des Möglichen liegen, sondern muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein. Dieses setzt voraus, dass die Verschlechterung des Gesundheitszustandes alsbald nach der Rückkehr des Betroffenen in sein Heimatland eintreten wird, weil er auf die dortigen unzureichenden Möglichkeiten zur Behandlung seines Leidens angewiesen wäre und auch anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22. März 2012, a. a. O.).
Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Maßstabs liegen die Voraussetzungen für eine Zuerkennung des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG hinsichtlich der Klägerin vor.
Aus den ärztlichen Stellungnahmen, zuletzt vom Charité Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, geht hervor, dass die Klägerin, unter anderem, an einer Hüftdysplasie beidseitig (Crowe Typ III), an einer Fußfehlstellung mit sekundärer OSG Arthrose und Knickfußstellung beidseitig (Kellgren IV) leidet. Ihre Mobilität ist eingeschränkt; sie benötigt zur Fortbewegung einen Rollator und ist auf die Einnahme von Schmerzmitteln angewiesen.
Von dem Zustand der Klägerin hat sich der Einzelrichter in der mündlichen Verhandlung ein eindrucksvolles Bild machen können. Die Klägerin ist erheblich in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt, und das orthopädische Krankheitsbild tritt auch nach dem ersten Anschein für einen Laien erkennbar offen zutage.
Um einer Verschlechterung des Krankheitsbildes vorzubeugen, ist nach den nachvollziehbaren ärztlichen Ausführungen eine regelmäßige Wiedervorstellung und Anpassung des physiotherapeutischen Therapiekonzeptes notwendig. Die nächste Wiedervorstellung der Klägerin und Reevaluation des Therapiekonzeptes bezüglich des linken Kniegelenks sowie eine operative Versorgung des Hüftgelenks sind für Mai bzw. Juni 2020 geplant. Das Angewiesensein der Klägerin auf einen Rollator für längere Strecken besteht fort. Dies ist bedingt durch die komplexe strukturelle Fehlstellung der unteren Extremität.
Bei einer unterstellten Abschiebung in den Irak wird die Klägerin dort auf ein wenig leistungsfähiges Gesundheitssystem treffen. Das bereits beeinträchtigte öffentliche Gesundheitssystem des Irak hat Schwierigkeiten, die wachsende Zahl von Menschen mit Behinderungen und chronischen Krankheiten angemessen zu unterstützen. Mit 3 % des Bruttoinlandsprodukts ist der Anteil des Gesundheitssektors am irakischen Haushalt im Vergleich zu anderen Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas gering (vgl. EASO Informationsbericht über das Herkunftsland Irak aus März 2019, „Gezielte Gewalt gegen Individuen“, S. 196). Die medizinische Versorgungs-situation bleibt angespannt. In Bagdad arbeiten viele Krankenhäuser nur mit deutlich eingeschränkter Kapazität. Die Ärzte und das Krankenhauspersonal gelten generell als qualifiziert; viele haben aber aus Angst vor Entführungen oder Repressionen das Land verlassen (vgl. Lagebericht des AA vom 12. Januar 2019, S. 25). Innerhalb der muslimischen Welt haben nur Afghanistan, Dschibuti, Marokko, Somalia und Jemen eine schlechter aufgestellte Arzt-Patienten-Quote als der Irak (vgl. EASO Informationsbericht über das Herkunftsland Irak aus März 2019, a. a. O., S. 197 unter Berufung auf USAID). Die für die Grundversorgung der Bevölkerung besonders wichtigen örtlichen Gesundheitszentren (ca. 2000 im gesamten Land) sind entweder geschlossen oder wegen baulicher, personeller und Ausrüstungsmängeln nicht in der Lage, die medizinische Grundversorgung sicherzustellen (vgl. Lagebericht des AA vom 12. Januar 2019, S. 25).
Unter Würdigung der glaubhaften Angaben der Klägerin auch im Hinblick auf ihre eingeschränkte Erwerbsfähigkeit im Irak sowie in Anbetracht der vorliegende Diagnosen der behandelnden Ärzte ist der Einzelrichter bei dieser Erkenntnislage zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin im Falle einer Rückkehr in den Irak nicht in der Lage ist, dort eine adäquate medizinische Behandlung ihrer komplexen Erkrankung zu erlangen. Im Fall einer Nichtbehandlung droht der Klägerin in ihrem Einzelfall alsbald eine Verschlechterung der Folgen ihres komplexen orthopädischen Krankheitsbildes, was ein erhebliches Leid bei der Klägerin zur Folge hätte. Ein solches der Klägerin drohendes intensives Leiden darf ihr durch eine Abschiebung in den Irak nicht zugemutet werden.
Vor dem Hintergrund, dass der Klägerin demnach ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG zusteht, braucht das Gericht weiteren Fragen im Hinblick auf die Behandlung der Klägerin durch ihre Familie oder als behindertem Menschen im öffentlichen Raum nicht nachzugehen.
Die im angefochtenen Bescheid enthaltene Abschiebungsandrohung ist gemäß § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO aufzuheben, weil sie keine Rechtsgrundlage mehr findet.
Der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz ist mit der Aufhebung der Abschiebungsandrohung ebenfalls die Rechtsgrundlage entzogen. Die Befristung unterliegt deshalb ebenfalls gemäß § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO der Aufhebung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 2, Abs. 1 S. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylG nicht erhoben.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 709 S. 2 und 711 ZPO.