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Entscheidung 9 UF 198/21


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 06.01.2022
Aktenzeichen 9 UF 198/21 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2022:0106.9UF198.21.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Amtsgerichts Cottbus
 (Zweigstelle Guben) vom 13. September 2021 (Az: 230 F 49/21) wird als unzulässig verworfen.

2. Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Beschwerdewert wird auf 4.000,00 € festgesetzt.

4. Die Entscheidung ist unanfechtbar.

5. Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wird
 zurückgewiesen.

Gründe

I.

Mit ihrem verfahrenseinleitenden Antrag regten die Antragsteller als Eltern ihrer am …. 2013 geborenen Tochter …. die Einleitung eines familiengerichtlichen Verfahrens nach § 1666 Abs. 4 BGB gegen den Antragsgegner an. Insoweit haben sie vom Antragsgegner, der eine Wohnung in dem den Kindeseltern (jedenfalls ursprünglich) zu Eigentum gehörenden Mehrfamilienhaus bewohnte, Lärm- und Geruchsbelästigungen bis hin zu Morddrohungen ihnen und weiteren Hausbewohnern gegenüber vorgeworfen. Ihre Tochter habe dies ebenfalls erfahren und insoweit Angstzustände und Schlafstörungen entwickelt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung des Amtsgerichts (dort unter Ziff. I.) Bezug genommen.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht, nachdem es zunächst ein entsprechendes Schutzverfahren eingeleitet hatte, das Verfahren eingestellt, weil keine Kindeswohlgefährdung (mehr) festgestellt werden könne; wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung unter Ziff. II. Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die (durch den Verfahrensbevollmächtigten) ausdrücklich namens und in Vollmacht der Antragsteller eingelegte Beschwerde.

Mit Verfügung vom 08. November 2021 hat die Vorsitzende des Senats die Antragsteller unter Begründung im Einzelnen darauf hingewiesen, dass ihrer Beschwerde nach derzeitigem Stand keine Erfolgsaussicht zukomme; weder sei eine zulässige Beschwerde mangels einer bestehenden Beschwerdebefugnis erkennbar, noch bestünden in der Sache selbst Bedenken an der durch das Amtsgericht getroffenen Entscheidung. Zugleich ist eine Stellungnahmefrist von 2 Wochen gesetzt worden. Mit Schriftsatz vom 19. November 2021 haben die Antragsteller eine weitere Stellungnahme innerhalb der gesetzten Zweiwochenfrist angekündigt, die jedoch - trotz erfolgter weiterer Verlängerung dieser Frist - ausgeblieben ist.

II.

1.

Die Beschwerde der Antragsteller ist gemäß §§ 58 ff. FamFG statthaft. Schriftliche Entscheidungen mit Außenwirkung, die ein von Amts wegen (§ 24 FamFG) eingeleitetes Verfahren insgesamt erledigen bzw. beenden, stellen eine anfechtbare Endentscheidung gem. § 58 Abs. 1 FamFG dar (OLG Köln FamRZ 2011, 397; vgl. auch BGH FGPrax 2012, 169).

Die Beschwerde ist aber unzulässig, da die Eltern nicht beschwerdeberechtigt sind.

a.

Gemäß § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Eine materielle Beschwer im Sinne der Vorschrift liegt nur vor, wenn der Beschwerdeführer in einem subjektiven Recht unmittelbar beeinträchtigt ist, d.h. wenn der Beschluss negative Auswirkungen auf seine materielle Rechtsstellung hat. Deshalb muss der Rechtsfolgenausspruch der angefochtenen Entscheidung, d.h. ihr der formellen und materiellen Rechtskraft fähiger Inhalt ein bestehendes Recht des Beschwerdeführers aufheben, beschränken, mindern, ungünstig beeinflussen oder gefährden, die Ausübung dieses Rechts stören oder dem Beschwerdeführer die mögliche Verbesserung seiner Rechtsstellung vorenthalten oder erschweren (BGH FamRZ 2011, 465; OLG Frankfurt FamRZ 2015, 599).

b.

Ein unmittelbarer Eingriff in das Recht der elterlichen Sorge durch deren Entzug oder zumindest deren teilweise Beeinträchtigung ist im vorliegenden Kinderschutzverfahren (§ 1666 BGB) nicht erkennbar. § 1666 BGB regelt Schutzmaßnahmen zugunsten des Kindes, nicht aber seiner Eltern. Der Anspruch des Kindes auf ein Eingreifen des Staates zu seinem Schutz folgt aus Art. 2 Abs. 1 und 2 Satz 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG (BGH FamRZ 2021, 1402). Gegenüber den Eltern ist der Staat dagegen nicht verpflichtet, das Kind zu schützen (OLG Bamberg NJW 2021, 2521; Brandenburgisches OLG FamRZ 2014, 1649).

Werden – wie hier – Maßnahmen zum Schutz des Kindes abgelehnt, so kann dadurch zwar der Schutzanspruch des Kindes gegenüber dem Staat berührt werden. Ein „einklagbares“ Recht des Kindes darauf, dass das Familiengericht Maßnahmen nach § 1666 BGB trifft, besteht allerdings nicht (BGH FamRZ 2021, 1402). Ebenso wenig hat ein Elternteil einen Anspruch auf hoheitliches Einschreiten zur kindbezogenen Gefahrenabwehr gegenüber Dritten (OLG Bamberg NJW 2021, 2521; Brandenburgisches OLG FamRZ 2014, 1649).

Ob das Kind selbst bei Ablehnung der angeregten Maßnahmen nach § 1666 BGB beschwerdebefugt ist, kann dahinstehen. Die Beschwerdeführer haben vorliegend ausdrücklich in eigenem Namen und nicht in Vertretung des Kindes gehandelt.

c.

Auf die Gründe der Unzulässigkeit der Beschwerde hat der Senat die Antragsteller bereits innerhalb seiner Verfügung vom 08. November 2021 im Einzelnen hingewiesen, ohne dass diese dazu – wie bereits ausgeführt – weiter Stellung genommen haben. An diesen Ausführungen ist auch weiterhin festzuhalten.

2.

Nur vorsorglich sei darauf hingewiesen, dass auch an den weiteren, die Unbegründetheit der Beschwerde der Antragsteller in der Verfügung vom 08. November 2021 beinhaltenden Gründen festzuhalten ist, die jedenfalls zu einer Unbegründetheit der Beschwerde führen würden, ohne dass es hierauf noch entscheidend ankommt.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 84 FamFG, 40, 45 FamGKG. Die Rechtsbeschwerde findet gemäß § 70 Abs. 4 FamFG nicht statt.

IV.

Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe war zurückzuweisen, weil die Antragsteller noch keine Begründung ihrer Beschwerde abgegeben haben (vgl. dazu BGH FamRZ 2013, 122) und der Senat bereits die Hinweise zu der Unzulässigkeit und Unbegründetheit der Beschwerde der Antragsteller veranlasst hatte (vgl. dazu Senat FamRZ 2015, 1743 m.w.N.).