Gericht | OLG Brandenburg 2. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 25.10.2021 | |
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Aktenzeichen | 2 U 41/21 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2021:1025.2U41.21.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 16. Juli 2021 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer – Einzelrichterin – des Landgerichts Frankfurt (Oder) zum Aktenzeichen 19 O 44/20 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
1.
Nach einstimmiger Überzeugung des Senats hat die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Weder beruht das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 ZPO.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Es spricht bereits vieles dafür, dass der erstinstanzlich erhobene und mit der Berufung vorrangig weiterverfolgte Feststellungsantrag mangels Feststellungsinteresses nach § 256 ZPO unzulässig ist (vgl. etwa OLG Köln, Beschluss vom 17.12.2020 – 7 U 50/20 – BeckRS 2020, 38835; OLG Hamm, Urteil vom 19. März 2021 – I-11 U 56/20 –, Rdnr. 15 ff bei juris). Diesbezüglich verbleibt der Senat bei seiner in den Beschlüssen vom 11. Januar 2021 im Verfahren 2 U 102/20 und im Beschluss vom 28. April 2021 im Verfahren 2 U 11/21 dargelegten Einschätzung. Beide Entscheidungen, denen mit der vorliegenden Fallgestaltung im Wesentlichen übereinstimmende Sachverhalte zu Grunde lagen, sind den Prozessbevollmächtigten der Parteien aus deren Beteiligung in jenen Verfahren bekannt.
Die Zulässigkeit dieses Feststellungsantrags kann hier allerdings dahingestellt bleiben, da die Klage mangels Bestehens eines Schadensersatzanspruchs jedenfalls unbegründet ist (vgl. nur OLG Hamm, Urteil vom 19. März 2021 – I-11 U 56/20 –, Rdnr. 19 bei juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12. März 2021 – 4 U 138/20 –, Rdnr. 17 bei juris; Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 1. Juli 2021 – 4 U 102/20 –, Rdnr. 22 bei juris). Die Klägerin kann daher auch nicht mit der hilfsweise erhobenen Leistungsklage durchdringen. Insofern hält der Senat ebenfalls an seiner den Prozessbevollmächtigten aus den zitierten Parallelverfahren bekannten Einschätzung fest. Danach kann die Klägerin hinsichtlich des von ihr getätigten Kaufs eines vom sog. „Dieselskandal“ betroffenen Fahrzeugs Schadensersatz aus keinem Rechtsgrund von der Beklagten beanspruchen. Insbesondere begründet sich ein solcher Anspruch nicht unter den Gesichtspunkten des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs und der Amtshaftung.
a)
Die Beklagte hat sich gegenüber der Klägerin nicht dadurch schadensersatzpflichtig gemacht, entgegen Art. 46 der Richtlinie 2007/46/EG keine Sanktionen festgelegt zu haben, die bei Verstößen gegen diese Richtlinie anzuwenden und die wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind.
Ein Amtshaftungsanspruch nach § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG scheidet schon deshalb aus, weil das der Beklagten vorgeworfene Unterlassen bzw. das unzureichende Tätigwerden des Gesetzgebers keine drittgerichteten Amtspflichten im Sinne des § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG zu Lasten des Klägers oder anderer Fahrzeugerwerber verletzen konnte (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 1996 – III ZR 127/91 – BGHZ 134, 30, Rdnr. 9; Dörr, in: Beck-Online Großkommentar, Stand 1. Oktober 2020, § 839 BGB Rdnr. 290 f.).
Ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch ist ebenfalls nicht begründet. Dieser setzt voraus, dass der in Anspruch genommene Mitgliedstaat gegen eine Norm des Unionsrechts verstoßen hat, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, dass der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und dass zwischen diesem Verstoß und dem Schaden des Einzelnen ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (EuGH, Urteil vom 5. März 1996 – C-46/93 und C-48/93 – Brasserie du Pêcheur und Factortame, Slg. 1996, I-1131, NJW 1996, 1267, Rdnr. 51; Urteil vom 24. März 2009 – C-445/06 – Danske Slagterier, Slg. 2009, I-2168, NVwZ 2009, 771, Rdnr. 20; BGH, Urteil vom 24. Oktober 1996 – III ZR 127/91 – BGHZ 134, 30; Urteil vom 12. Mai 2011 – III ZR 59/10 – BGHZ 189, 365; Urteil vom 17. Januar 2019 – III ZR 209/17 – NJW-RR 2019, 528). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
(1)
Weder die primär als verletzt gerügte Norm noch das Typgenehmigungsrecht der Europäischen Union insgesamt, dem sie angehört, bezwecken den Individualschutz von Fahrzeugkäufern in dem erforderlichen Sinne.
Notwendig hierfür ist das Ziel der europarechtlichen Norm, einem hinreichend bestimmten Personenkreis ein Recht einzuräumen, dessen Inhalt sich anhand der verletzten Norm ermitteln lässt. Dazu gehören nicht nur solche Rechte oder Ansprüche, die das Recht der Union für bestimmte Personenkreise überhaupt erst geschaffen (verliehen) und deren allgemeine Einführung den Mitgliedstaaten durch Richtlinien aufgegeben hat. Erfasst sind vielmehr alle Vergünstigungen, die das europäische Recht den Mitgliedsstaaten Einzelnen zu gewähren aufgibt. Die bloße Erwähnung bestimmter Interessen oder allgemeiner Ziele in den Begründungserwägungen einer Richtlinie genügt für sich dagegen nicht. Notwendig ist stets eine Auslegung der europarechtlichen Norm unter Berücksichtigung des Wortlauts, des Sinn und Zwecks der einschlägigen Bestimmungen sowie der Erwägungen des Unionsgesetzgebers, die sich im Allgemeinen den Begründungserwägungen entnehmen lassen (vgl. Dörr, a.a.O., Rdnr. 885).
Nach diesen Maßstäben bezwecken die genannten Vorschriften nicht, einzelnen Fahrzeugkäufern individuelle Ansprüche zu gewähren, die über ihre Rechte beim Erwerb des Fahrzeugs und im anschließenden Zulassungsverfahren für das von ihnen erworbene Fahrzeug hinausgehen.
Die zur vollständigen Harmonisierung der technischen Anforderungen für Fahrzeuge erlassenen Rechtsakte der Europäischen Union zielen vor allem auf eine hohe Verkehrssicherheit, hohen Gesundheits- und Umweltschutz, rationelle Energienutzung und wirksamen Schutz vor unbefugter Benutzung: Nach den Erwägungsgründen 2 und 23 der Richtlinie 2007/46/EG bezweckt diese in erster Linie die Verwirklichung des Binnenmarktes der Gemeinschaft dadurch, dass die Genehmigungssysteme der Mitgliedstaaten durch ein gemeinschaftliches Genehmigungsverfahren ersetzt werden, das auf dem Grundsatz einer vollständigen Harmonisierung beruht. Dafür sollen die technischen Anforderungen für Systeme, Bauteile, selbständige technische Einheiten und Fahrzeuge in Rechtsakten harmonisiert und spezifiziert werden, die vor allem auf eine hohe Verkehrssicherheit, hohen Gesundheits- und Umweltschutz, rationelle Energienutzung und wirksamen Schutz gegen unbefugte Benutzung abzielen (Erwägungsgrund 3). Die Genehmigungsvorschriften sollen ein hohes Sicherheits- und Umweltschutzniveau sicherstellen (Erwägungsgrund 14). Sie sollen aber zugleich dem Schutz der Gesundheit und der Sicherheit der Verbraucher vor ernsten Risiken dienen, die von einem Fahrzeug ausgehen (Erwägungsgrund 17). Zu diesem Zweck sollen die Hersteller den Fahrzeugbesitzern sachdienliche Informationen geben, um eine unsachgemäße Benutzung von Sicherheitseinrichtungen zu verhindern (Erwägungsgrund 18). Nach Erwägungsgrund 22 der Richtlinie bezweckt sie zudem den Schutz der Straßenverkehrsteilnehmer. In Umsetzung dessen hat der Inhaber der EG-Typgenehmigung nach Art. 18 der Richtlinie für jedes dem genehmigten Typ entsprechende Fahrzeug eine Übereinstimmungsbescheinigung auszustellen und dem Fahrzeug beizufügen. Nach Art. 37 hat er zudem den Nutzern bestimmte technische und die Nutzung des Fahrzeugs betreffende Informationen zur Verfügung zu stellen. Die Mitgliedsstaaten sind nach Art. 26 der Richtlinie hingegen verpflichtet, den Verkauf oder die Inbetriebnahme von Fahrzeugen nur dann zu gestatten, wenn sie mit einer gültigen Übereinstimmungsbescheinigung nach Art. 18 versehen sind.
Die Vorschriften über die Übereinstimmungsbescheinigung dienen nach Zweck und Inhalt auch dazu, das Interesse des Käufers eines Neuwagens an der (zügigen) Erstzulassung zu schützen. Insbesondere Art. 46 der Richtlinie 2007/46/EG soll gewährleisten, dass der Käufer eines Fahrzeugs im Besitz einer Übereinstimmungsbescheinigung ist, die es ihm erlaubt, das Fahrzeug gemäß Anhang IX dieser Richtlinie in jedem Mitgliedstaat zuzulassen, ohne zusätzliche technische Unterlagen vorlegen zu müssen (EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2018 – C-668/16 – BeckRS 2018, 23568, Rdnr. 87). Gleiches kann für das Interesse des Käufers eines Gebrauchtwagens an dem Fortbestand der Betriebserlaubnis angenommen werden. Auch mag das europäische Recht bezwecken, jedem Nutzer einen Anspruch gegen den Hersteller auf Übermittlung bestimmter Informationen zu verschaffen.
Um keinen dieser Punkte aber geht es vorliegend. Die Klägerin als Käuferin eines nach wie vor zugelassenen Fahrzeugs verlangt von der Beklagten nicht etwa Erstattung von Schäden, die ihr durch eine verzögerte Erstzulassung oder das Erlöschen der Betriebserlaubnis entstanden seien. Inhalt ihres Vorwurfs ist vielmehr die unzureichende Umsetzung der Richtlinie durch die Beklagte in Form des Fehlens ausreichender Sanktionen gegenüber der Herstellerin. Hierdurch sei es dieser ermöglicht worden, im Typgenehmigungsverfahren über die Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen zu täuschen und mit ihrem dies verheimlichenden öffentlichen Auftreten Fahrzeuge in den Verkehr zu bringen, von denen sie eines erworben habe. Das Interesse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden und auch weitere Folgen dieses Entschlusses tragen zu müssen, liegt aber weder im Aufgabenbereich noch auch nur im Ziel der genannten Normen (BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19 – BGHZ 225, 316, Rdnr. 74 ff.; Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 5/20 – NJW 2020, 2798, Rdnr. 13 und 15; OLG Oldenburg, Beschlüsse vom 13. August 2020 und 6. Oktober 2020 – 6 U 4/20 –; OLG München, Beschlüsse vom 25. August 2020 – 1 U 3827/20 –; KG, Beschluss vom 3. November 2020 – 9 U 1033/20 – BeckRS 2020, 45967; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18. März 2021 – 1 U 183/20 –; OLG Stuttgart, Beschlüsse vom 15. Februar und 16. März 2021 – 4 U 466/20 –; Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 1. Juli 2021 – 4 U 102/20 –, Rdnr. 26 ff bei juris).
An dieser Einschätzung ist auch in Ansehung der von Klägerseite angeführten Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 19. Dezember 2019 in der Rechtssache C-663/19 vor dem EuGH festzuhalten. Die Kommission konzediert hierin, dass das europäische Typgenehmigungsrecht in erster Linie das verwaltungsrechtliche Verhältnis zwischen dem Hersteller und den Zulassungsbehörden normiert (Rdnr. 62) und gerade keinen Rechtsschutz von Einzelpersonen, zumal in vermögensrechtlicher Hinsicht, intendiert (Rdnr. 72). Allenfalls komme in Betracht, dass die Richtlinie (EU) 2007/46 den Schutz der Käufer davor bezwecke, dass ihr einem genehmigten Typ entsprechendes Fahrzeug nicht zugelassen wird oder seine Nutzung untersagt wird (Rdnr. 75). Der hier in Rede stehende Schutz vor einem ungewollten Vertragsschluss ist davon nicht umfasst.
(2)
Für einen unionsrechtlichen Schadensersatzanspruch fehlt es im Übrigen an einem ausreichenden Verstoß der Beklagten gegen die Verpflichtung des Art. 46 der Richtlinie 2007/46/EG.
Der Anspruch setzt einen dahingehend qualifizierten Gemeinschaftsrechtsverstoß voraus, dass der Mitgliedstaat die Grenzen, die seinem Ermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat. Entscheidend sind insofern neben dem Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift der Umfang des durch die Vorschrift eingeräumten Ermessensspielraums, der mögliche Vorsatz beim Verstoß und bei der Schadenszufügung, die Entschuldbarkeit oder Unentschuldbarkeit eines etwaigen Rechtsirrtums sowie der Umstand, ob die Verhaltensweisen eines Gemeinschaftsorgans möglicherweise dazu beigetragen haben, dass nationale Maßnahmen oder Praktiken in gemeinschaftsrechtswidriger Weise unterlassen, eingeführt oder aufrechterhalten wurden. Jedenfalls ist ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht offenkundig qualifiziert, wenn er trotz des Erlasses eines Urteils, in dem der zur Last gelegte Verstoß festgestellt wird, oder eines Urteils im Vorabentscheidungsverfahren oder aber einer gefestigten einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofes, aus denen sich die Pflichtwidrigkeit des fraglichen Verhaltens ergibt, fortbestanden hat (EuGH, Urteil vom 5. März 1996 – C-46/93 und C-48/93 – a.a.O., Rdnr. 55 ff.). Während danach die nicht rechtzeitige Umsetzung einer Richtlinie prinzipiell ohne weiteres einen hinreichend qualifizierten Verstoß darstellt, fehlt es hieran, soweit dem nationalen Gesetzgeber auf dem infrage stehenden Rechtsgebiet noch ein Ermessensspielraum zusteht. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Norm den Umfang des Ermessens nicht hinreichend genau umschreibt, sodass dem Mitgliedstaat bis zu einer Klärung durch den EuGH ein entschuldbarer Rechtsirrtum zugute zu halten ist (vgl. Dörr, a.a.O., Rdnr. 903 f.).
Nach diesen Maßstäben liegt vorliegend zumindest kein hinreichend qualifizierter Verstoß vor. Die Beklagte hat den ihr bei der Umsetzung der Richtlinie eingeräumten Ermessensspielraum jedenfalls nicht offenkundig und erheblich überschritten. Nach Art. 288 Abs. 3 AEUV ist eine Richtlinie zwar für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich. Sie überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Es war damit in das Ermessen der Beklagten gestellt, mit welchen Mitteln sie Verstöße gegen das europäische Typgenehmigungsrecht in „wirksamer“ und „abschreckender“ Art und Weise sanktioniert. Die von der Beklagten unstreitig vorgesehenen Sanktionen für die in Rede stehenden Verstöße sind – auch mit Blick auf gegebenenfalls daneben einschlägige allgemeine straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Folgen – nicht offenkundig ungeeignet (so zutreffend OLG Oldenburg, Beschlüsse vom 13. August 2020 und 6. Oktober 2020 – 6 U 4/20 –; KG, Beschluss vom 3. November 2020 – 9 U 1033/20 –; Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 1. Juli 2021 – 4 U 102/20 –, Rdnr. 36 bei juris). Ohnehin sind auch höchste Strafandrohungen nicht generell geeignet, jegliches Fehlverhalten auszuschließen (Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 1. Juli 2021 – 4 U 102/20 –, Rdnr. 26 f. bei juris, unter Verweis auf die Strafandrohung für Mord). Von Vorsatz der Beklagten und Offenkundigkeit des Verstoßes kann weder mit Blick auf die vagen Vermutungen eines Mitarbeiters des Umweltbundesamtes noch mit Blick auf das von der Klägerin angeführte Vertragsverletzungsverfahren gesprochen werden, das die Kommission nach Bekanntwerden des sog. Abgasskandals gegen die Beklagte eingeleitet hat. Dieses kann naturgemäß nicht die Einschätzung der Beklagten bei der Schaffung der Sanktionsregelungen in Umsetzung des Art. 46 der Richtlinie 2007/46/EG vor dem manipulativen Vorgehen der Motorherstellerin beeinflusst haben.
b)
Die Erteilung der der Zulassung des von der Klägerin erworbenen Fahrzeugs zu Grunde liegenden Typgenehmigung begründet ebenfalls keinen Ersatzanspruch der Klägerin.
Der Beklagten fällt weder ein Verschulden der für das Typgenehmigungsverfahren verantwortlichen Mitarbeiter des hierfür zuständigen Kraftfahrt-Bundesamtes zur Last noch liegt hierin ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das europäische Typgenehmigungsrecht, das allerdings nach dem Dargelegten ohnehin keine insoweit individualschützende Norm enthält. Denn das Vorhandensein der unzulässigen Abschalteinrichtung wurde der Zulassungsbehörde gerade nicht mitgeteilt. Sie wurde durch die Fahrzeugherstellerin vielmehr arglistig hierüber getäuscht (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19 – BGHZ 225, 316, Rdnr. 25). Zwar sind nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG die Mitgliedstaaten verpflichtet, sicherzustellen, dass Hersteller, die eine Genehmigung beantragen, ihre Pflichten gemäß dieser Richtlinie erfüllen. Sie dürfen nach Abs. 2 dieser Vorschrift eine Genehmigung für ein Fahrzeug auch nur dann erteilen, wenn dieses den Anforderungen dieser Richtlinie entspricht. Die von dem Hersteller im unter anderem von der Richtlinie 2007/46/EG und der Verordnung (EG) 692/2008 europarechtlich vereinheitlichten Verfahren vorzulegenden Unterlagen enthielten aber zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des Typgenehmigungsverfahrens keine Vorschrift, die den Hersteller verpflichtet hätte, Angaben zu unzulässigen Abschalteinrichtungen zu machen. Erst die Verordnung (EU) 2016/646 vom 20.04.2016 ergänzte die Verordnung (EU) 692/2008 dahingehend, dass die Hersteller auch Angaben zur Funktionsweise der Abgasnachbehandlung machen müssen. Die Änderung war unter anderem durch „die jüngsten Ereignisse“ veranlasst, die deutlich gemacht hätten, „dass die Durchsetzung von Rechtsvorschriften“ über das Verbot von Abschalteinrichtungen verstärkt werden müsse (Erwägungsgrund 5 der Verordnung (EU) 2016/646), und damit Folge des sog. Abgasskandals. Zuvor war auch dem europäischen Gesetzgeber nicht bewusst, dass das Typgenehmigungsverfahren in großer Breite manipuliert wurde. Der Kläger führt keine hinreichenden Verdachtspunkte an, die die Beklagte hätte veranlassen müssen, über die europarechtlich vorgeschriebenen Unterlagen und Prüfungen hinaus nach verbotenen Abschalteinrichtungen zu forschen. In Ermangelung belastbarer Anhaltspunkte ist daher dem Kraftfahrt-Bundesamt nicht vorzuwerfen, dass es (anlasslos? stichprobenartig? bei allen Fabrikaten?) keine (aufwändigen) Untersuchungen durchführte, um eine etwaig vorhandene Abschalteinrichtung aufzufinden (Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 1. Juli 2021 – 4 U 102/20 –, Rdnr. 34 bei juris).
c)
Für die schließlich drittens durch die Klägerin angeführte Freigabe des Softwareupdates durch das Kraftfahrt-Bundesamt gilt im Ergebnis nichts anderes.
Eine Verletzung einer gerade die finanziellen Interessen der Klägerin schützenden Norm des Unionsrechts ist auch hier nicht dargetan. Der denkbare Amtshaftungsanspruch ist in seinen Voraussetzungen nicht konkret genug aufgezeigt, insbesondere hinsichtlich des geltend gemachten Schadens: Die Angaben der Klägerin zu möglichen Schäden an den durch das Softwareupdate betroffenen Fahrzeugen bleiben ungeachtet dessen im Ungefähren, dass seit dem Update bereits mehrere Jahre vergangen sind, so dass sich diesbezügliche nachteilige Änderungen bereits hätten zeigen müssen. Es ist daher auch nicht feststellbar, dass die – nicht näher dargestellten – Schäden in ihrer wirtschaftlichen Auswirkung über das hinausgehen, was der Klägerin bereits als Ausgleichsbetrag von der Herstellerin des Fahrzeugs zugeflossen ist. Damit entfällt aber ohnehin ein noch durch die Beklagte auszugleichender Schaden. Das wirkt sich in gleicher Weise auf die weiteren angesprochenen Anspruchsgrundlagen des enteignungsgleichen Eingriffs aus. Es kann daher dahinstehen, dass die „unmittelbare“ hoheitliche Eigentumsverletzung (zu den Voraussetzungen des enteignungsgleichen Eingriffs vgl. etwa Papier/Shirvani, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 839 BGB Rdnr. 48 f.) erst in der gesonderten Pflicht liegen dürfte, die geänderte – und vermeintlich nicht hinreichend geprüfte und schadensverursachende – Software einspielen zu lassen. Die diesbezügliche Möglichkeit der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung stünde als vorrangiger Primärrechtsschutz allerdings dem hier geltend gemachten Sekundärrechtsschutz entgegen (vgl. Papier/Shirvani ebd. Rdnr. 62 f).
2.
Der Senat ist des Weiteren einstimmig davon überzeugt, dass auch die übrigen Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 ZPO gegeben sind.
Die vom Streitfall aufgeworfenen Rechtsfragen sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt, sodass die vorliegende Sache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und eine Entscheidung des Senats weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.
a)
Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, die eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, welche sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (BGH, Beschluss vom 4. Juli 2002 – V ZB 16/02 –, BGHZ 151, 221; BVerfG, Beschluss vom 8. Dezember 2010 – 1 BvR 381/10 –, NJW 2011, 1276 Rdnr. 12; Heßler, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Auflage 2020, § 543 ZPO Rdnr. 11). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann, wenn die durch das Berufungsurteil aufgeworfene Rechtsfrage zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Derartige Unklarheiten bestehen unter anderem dann, wenn die Rechtsfrage vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird, oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden. Derartige Unklarheiten bestehen nicht, wenn abweichende Ansichten in der Literatur vereinzelt geblieben und nicht oder nicht nachvollziehbar begründet sind (BGH, Beschluss vom 8. Februar 2010 – II ZR 54/09 –, NJW-RR 2010, 1047, Rdnr. 3 bei juris).
Nach diesen Maßstäben fehlt es vorliegend an der grundsätzlichen Bedeutung (ebenso in einem vergleichbaren Fall OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29. April 2021 – 1 U 183/20 –; Beschluss vom 26. April 2021 – 4 U 138/20 –). Wie dargelegt besteht Einvernehmen unter den Oberlandesgerichten zu den hier in Rede stehenden Fragen der Haftung der Bundesrepublik für den „Dieselskandal“. Die Klägerin zeigt keine maßgeblich hiervon abweichende Auffassung auf. Bei der angeführten Entscheidung des Landgerichts Stuttgart handelt es sich um eine vereinzelt gebliebene Stimme in diesem Sinne. Für die Stellungnahme des juristischen Dienstes der Kommission vom 19. Dezember 2019 gilt im Ergebnis nichts anderes.
b)
Die Sache gibt keinen Anlass zur Fortbildung des Rechts. Hierfür bedarf es einer Entscheidung des Revisionsgerichts nur dann, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Hierzu besteht nur dann Anlass, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (BGH, Beschluss vom 4. Juli 2002 – V ZB 16/02 –, BGHZ 151, 221). Das ist wie dargelegt nicht der Fall.
c)
Angesichts dessen ist für die beantragte Zulassung der Revision kein Raum (vgl. nur Heßler ebd., § 522 ZPO Rdnr. 39).