Gericht | VG Cottbus 4. Kammer | Entscheidungsdatum | 17.12.2021 | |
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Aktenzeichen | 4 K 448/21 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2021:1217.4K448.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | Art 33 Abs 2 GG, § 19 BG BB 2009 |
1. Der brandenburgische Gesetzgeber ist nicht aufgrund des verfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts verpflichtet, § 19 LBG über die dienstliche Beurteilung von Beamtinnen und Beamten zu ergänzen (Anschluss: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. Mai 2021 – 4 S 15/21 –, juris). Der Wesentlichkeitsgrundsatz verpflichtet nicht zu einer Regelung der grundlegenden Vorgaben für die Erstellung von dienstlichen Beurteilungen durch den parlamentarischen Gesetzgeber (insoweit, entgegen: BVerwG, Urteil vom 07. Juli 2021 – 2 C 2/21 –, juris).
2. Eine dienstliche Beurteilung muss mit einem Gesamturteil abschließen, in das sämtliche vom Dienstherrn bewertete Einzelmerkmale der drei Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG einfließen. Dazu zählen auch die Einzelmerkmale der Befähigung (insoweit, Anschluss: BVerwG, Urteil vom 07. Juli 2021 – 2 C 2/21 –, juris).
3. Es besteht kein Raum dafür, rechtswidrige Zustände im Beurteilungssystem für eine Übergangszeit hinzunehmen.
4. Es besteht auch in einem reinen Anlassbeurteilungssystem ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage eines Beamten auf Neubeurteilung, auch wenn der Anlass fortgefallen ist.
Die Beurteilung vom 18.09.2020 und der Widerspruchsbescheid vom 17.03.2021 wird aufgehoben und der Beklagte verurteilt, die Klägerin für den Zeitraum vom 01.09.2017 bis 31.08.2020 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes erneut dienstlich zu beurteilen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Beurteilung.
Die Klägerin ist Polizeibeamtin in Diensten des Beklagten im Amt einer Kriminalkommissarin (A9 g.D.).
Der Beklagte erstellte für die Klägerin anlässlich der Beförderungsrunde für das Jahr 2020 für den Zeitraum vom 01.09.2017 bis 31.08.2020 eine Beurteilung vom 18.09.2020. Die Klägerin erhielt in dieser Beurteilung ein Gesamturteil von 5 Punkten („Entspricht stets den Anforderungen, wobei gelegentlich die Anforderungen erkennbar übersteigende Leistungen gezeigt werden“).
Die Klägerin erhob gegen diese Beurteilung am 20.10.2020 Widerspruch. Sie begründete diesen damit, dass der Beurteiler H sich in den zurückliegenden Jahren keine Zeit für ein Mitarbeitergespräch genommen habe und daher den Maßstab den ihr Vorgesetzter und Entwerferin der Beurteilung angesetzt habe, nicht habe überprüfen können. Sie habe engagiert, erfahren und mit zwei Nebenämtern betraut zeitweise sehr gute Leistungen erbracht. Auch sei sie durch die Tätigkeit in der „ “ stark psychisch belastet worden. In ihrem Kommissariat gäbe es keine Kommissare mehr, dafür aber einige Oberkommissare, denen sie in Fachwissen und Engagement in nichts nachstehe. Im direkten Vergleich etwa mit F oder H zeige sich, dass der Beurteilungsmaßstab bei ihr falsch angelegt sei.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17.03.2021 zurück.
Die Klägerin hat am 26.04.2021 Klage erhoben.
Sie führt aus, der Beurteilungsmaßstab sei nicht gewahrt bzw. kein wohlwollender Maßstab angelegt. Dies zeige sich an mehreren Beispielen. So sei eine andere Kommissarin in früheren Jahren mit einer höheren Punktzahl beurteilt worden, obwohl diese als Anfängerin in der Kriminalpolizei eher einfache Delikte bearbeitete und keine Nebenämter bekleidete. Verantwortlichkeit und Arbeit der Klägerin hätten demgegenüber in Qualität und Quantität deutlich höher gelegen. Dies habe der Entwerfer der Beurteilung auch eingeräumt. Auch sei ein Oberkommissar trotz vergleichsweise schwacher Leistungen besser beurteilt worden als die Klägerin und sei sogar befördert worden. Auch sei der Sachverhalt falsch ermittelt. Im Rahmen der Eingliederung der Klägerin habe der Entwerfer falsche Zahlen zu abgeschlossenen Verfahren gemeldet. Der Beurteiler kenne ihre Leistungen nicht aus eigener Anschauung und müsse sich daher auf die Einschätzung des Entwerfers verlassen. Dieser habe aber nur sie als Kommissarin im Kommissariat und könne daher den Maßstab nicht wahren.
Es sei ein eindeutiger Widerspruch, die Klägerin einerseits mit anspruchsvollen Verfahren zu betrauen, andererseits fachliche und qualitative Kriterien so niedrig zu bewerten, dass sie nach 23 Jahren im Eingangsamt keine Beförderungsmöglichkeit erhalte. Sie habe im Jahr 2020 194 Verfahren abgeschlossen. Dies habe im Schnitt der allgemeinen Vorgabe von 204 Abschlüssen pro Sachbearbeiter und teilweise über dem Kommissariats-Durchschnitt gelegen. Dieser Aufwärtstrend sei bei der Beurteilung nicht hinreichend berücksichtigt worden. Ein anderer Kollege habe deutlich weniger Verfahren abgeschlossen und sei höher beurteilt und in die Besoldungsgruppe A11 befördert worden. Die Beurteiler und Entwerfer würden sich nicht an die „Gauß'sche Normalverteilungskurve“ halten, wie sie behaupten.
Die Klägerin beantragt,
die Beurteilung vom 18.09.2020 und den Widerspruchsbescheid vom 17.03.2021 aufzuheben und die Klägerin für den Zeitraum vom 01.09.2017 bis 31.08.2020 erneut dienstlich zu beurteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er führt aus, der Maßstab werde gewahrt. Es würden Beurteilerkonferenzen stattfinden. Der Beklagte orientiere sich entsprechend der Beurteilungsrichtlinie an der Gauß'schen Normalverteilung. Die Klägerin setze ihre Beurteilung an die Stelle der vom Dienstherren vorgenommenen Beurteilung und bringe insoweit vor allem ihre subjektive Sicht ein. Die von der Klägerin benannten Beispiele einer besseren Beurteilung anderer Kollegen seien nicht nachvollziehbar, da die Klägerin die Kollegen nicht benenne. Soweit es die Zahl der abgeschlossenen Fälle betreffe, sei es zwar zu einem Fehler bei der Zählung gekommen. Nach der neuen Zählung des Beklagten habe die Klägerin indes 34 statt der früher gezählten 30 Fälle in dem maßgeblichen Zeitraum abgeschlossen. Das falle nicht entscheidend ins Gewicht.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
I. Die zulässige Klage ist begründet.
Die Beurteilung der Klägerin vom 18.09.2020 und der sie bestätigende Widerspruchsbescheid vom 17.03.2021 sind rechtswidrig, § 113 Abs. 1 S. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Klägerin ist unter Beachtung der Auffassung des Gerichtes neu zu beurteilen.
Dienstliche Beurteilungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgrund der Beurteilungsermächtigung des Dienstherrn nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle von Beurteilungen beschränkt sich auf die Prüfung, ob und inwieweit der Beurteiler einen unrichtigen und unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat, ob er den gesetzlichen Rahmen oder anzuwendende Begriffe verkannt hat, ob er allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat oder ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 2007 - 2 C 2/06 - juris; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 11. März 2013 - 3 ZB 10.602 - juris).
Die Beurteilung vom 18.09.2020 ist rechtswidrig. Dies folgt indes nicht aus einer etwaigen Verfassungswidrigkeit der der Beurteilung zugrundeliegenden Gesetzesgrundlage in § 19 des Beamtengesetzes für das Land Brandenburg (LBG) (1.). Jedoch sind die Vorgaben in Nr. 5.3 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Innern und für Kommunales über die dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten im Landesdienst (Beurteilungsrichtlinie – BeurtVV) vom 16.11.2010 zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 28.01.2019 zur Bildung des Gesamturteils und ihre Anwendung im Falle der Beurteilung der Klägerin nicht mit Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) vereinbar (2.). Auf die übrigen Einwände der Klägerin kommt es nicht entscheidend an, sie könnten indes allenfalls in Teilen durchgreifen (3.). Der Klägerin steht danach aufgrund der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Anlassbeurteilung ein Anspruch auf Neubeurteilung für den Zeitraum vom 01.09.2017 bis 31.08.2020 zu, obgleich es sich um eine Anlassbeurteilung in einem reinen Anlassbeurteilungssystem handelt (4.).
1. Die Beurteilung vom 18.09.2020 ist nicht deshalb rechtswidrig, weil sie etwaig auf einer nicht dem Wesentlichkeitsgrundsatz genügenden Gesetzesgrundlage beruht. Rechtsgrundlage ist § 19 S. 1, 2 LBG. Hiernach sind Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Beamten zu beurteilen. Das Nähere regeln Verwaltungsvorschriften.
Beginnend mit seinen Entscheidungen vom 17.09.2020 und 21.12.2020 (2 C 2.20 -
BVerwGE 169, 254 Rn. 16 ff. und 2 B 63.20 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 104 Rn. 23) hat der für das Dienstrecht zuständige 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts einen Rechtsprechungswandel vollzogen. Nach der diesen Entscheidungen zunächst nur andeutungsweise zugrunde gelegten Rechtsauffassung findet der Wesentlichkeitsgrundsatz Anwendung auf die normative Ausgestaltung der Garantien des Art. 33 Abs. 2 GG im Bereich des Beurteilungswesens für Beamte. Freilich blieb zunächst offen, welche Folgerungen hieraus nach der Auffassung des 2. Senats des Bundesverwaltungsgerichts zu ziehen sein sollen (vgl. kritisch hierzu Beschlüsse der Kammer vom 24. Juni 2021, VG 4 L 541/20, S. 6ff. BA und vom 14. Juli 2021, VG 4 L 5/21, S. 4ff. BA; auch Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. Mai 2021 – 4 S 15/21 –, juris, Rn. 14), namentlich welche Aspekte des Beurteilungswesens so wesentlich seien, dass der parlamentarische Gesetzgeber diese nicht der Verwaltung und schon gar nicht Verwaltungsvorschriften überlassen könne.
Durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.07.2021 (BVerwG 2 C 2.21), betreffend einer Beurteilung nach dem Recht des Landes Rheinland-Pfalz und die Festhaltung im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.09.2021 (BVerwG 2 A 3.20), betreffend das Beurteilungswesen des Bundes hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts die Konturen seiner Rechtsprechung geschärft und erstmals dargelegt, welche Vorgaben vom parlamentarischen Gesetzgeber selbst zu treffen sein sollen. Ferner enthalten die Urteile die Rechtserkenntnis, dass das Beurteilungswesen im Wege der Verordnung und nicht im Wege der Verwaltungsvorschrift näher auszugestalten ist.
Dem vermag sich das erkennende Gericht nicht anzuschließen. Die vom Bundesverwaltungsgericht für seine Auffassung angegebene Begründung erweist sich nicht als tragfähig (a). Auch die Annahme des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Beurteilungsvorschriften dennoch trotz etwaiger Verfassungswidrigkeit für eine Übergangszeit weiter anzuwenden sind, erscheint dem erkennenden Gericht äußerst zweifelhaft (b).
a) Das Bundesverwaltungsgericht führt für seine Ansicht zunächst ein wohl dem Einzelfall geschuldetes Argument an: Im zu entscheidenden Fall gab es im Bereich des Landes Rheinland-Pfalz eine Vielzahl von Beurteilungsrichtlinien, deren Anwendung im Geschäftsbereich etwa der einzelnen Kommunen darüber hinaus noch äußerst selten war (BVerwG, Urteil vom 07. Juli 2021 – 2 C 2/21 –, Rn. 28ff., juris). Die in Rheinland-Pfalz bestehende große Bandbreite an Beurteilungsrichtlinien beeinträchtige unmittelbar die Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen von Beamten innerhalb des Bereichs ihres Dienstherrn (z.B. Land Rheinland-Pfalz) und damit deren Funktion im Rahmen einer an Art. 33 Abs. 2 GG orientierten Auswahlentscheidung (BVerwG, a.a.O., Rn. 30). Allein die Bandbreite der Vorgaben der zahlreichen, insoweit stark divergierenden Beurteilungsrichtlinien der obersten Dienstbehörden des Landes Rheinland-Pfalz zur Bildung eines Gesamturteils belege nach dem Bundesverwaltungsgericht die Notwendigkeit einer Entscheidung des Gesetzgebers, der dabei wiederum an Art. 33 Abs. 2 GG gebunden ist (BVerwG, a.a.O. Rn. 34).
Das überzeugt nicht. Es ist eine Sache aus einer großen Bandbreite von Beurteilungsrichtlinien darauf zu schließen, dass dieser Zustand defizitär ist und eine andere Sache daraus die Notwendigkeit einer – nicht einmal notwendig einheitlichen (vgl. ausdrücklich BVerwG, a.a.O., Rn. 39) – gesetzlichen Regelung herzuleiten. Nur weil dies etwaig wünschenswert wäre, ist es noch keine rechtlich zwingende Schlussfolgerung. Schon gar nicht lässt sich eine solche Schlussfolgerung Art. 33 Abs. 2 GG entnehmen. Denn zum einen liegt die Uneinheitlichkeit der Beurteilungsrichtlinien zum Teil in der Natur der Sache. Lehrer etwa werden nicht nach demselben Maßstab beurteilt wie Polizeibeamte oder Richter oder Soldaten oder Feuerwehrbeamte. Die Aufgaben der einzelnen Beschäftigtengruppen des öffentlichen Dienstes und die Grundsätze nach denen sich Leistung, Befähigung und Eignung für das jeweilige Amt ergeben, weichen zu stark voneinander ab. Zum anderen lässt sich diese Uneinheitlichkeit im Rahmen der im Grundgesetz vorgesehenen Bundesstaatlichkeit und der grundsätzlichen Ordnung des öffentlichen Dienstes auch gar nicht vermeiden. Sobald nur ein Bewerber aus einem anderen Bundesland oder Landes- und Bundesbeamte miteinander konkurrieren, ist die Einheitlichkeit dahin. Eine Vereinheitlichung über die Grenzen der Rechtsträger hinaus verlangt Art. 33 Abs. 2 GG aber unzweifelhaft nicht. Erst Recht gilt dies im Falle einer sog. gemischten Konkurrenz, d.h. wenn Arbeitnehmer, Beamte und bisher nicht dem öffentlichen Dienst Angehörige um den Zugang zum öffentlichen Amte konkurrieren. Das Bundesverwaltungsgericht weist dann auch selbst zu Recht darauf hin, dass anerkannt ist, dass in einem solchen Fall eine Vergleichbarkeit erst hergestellt werden muss aber auch kann.
Zudem ist die vom Bundesverwaltungsgericht zur Heilung für dieses Problem verschriebene Medizin allenfalls geeignet einzelne Symptome zu lindern: Das Bundesverwaltungsgericht meint, der Gesetzgeber müsse nicht etwa das Beurteilungswesen in Grundzügen regeln, sondern hält „nur“ zwei Punkte für so wesentlich, dass sie einer Ausformung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedürfen: die Entscheidung über das Beurteilungssystem (Regelbeurteilungen oder bloße Anlassbeurteilungen, ggf. Letztere als Ausnahme der Erstgenannten) und die Vorgabe der Bildung des abschließenden Gesamturteils unter Würdigung aller Einzelmerkmale (BVerwG, a.a.O, Rn. 34). Die Vereinheitlichungswirkung einer solchen Regelung dürfte sich als marginal erweisen, zumal wenn der Gesetzgeber dann noch von seiner Befugnis Gebrauch macht für unterschiedliche Beamtengruppen unterschiedliche Regelungen hierzu zu treffen, was naheliegt. So mag im Bereich des Landes Brandenburg einiges dafür sprechen etwa für Polizeibeamte wieder eine Regelbeurteilung einzuführen, da das derzeit vorgesehene System sowieso auf eine quasi permanente Beurteilung rausläuft (vgl. dazu noch 4.). Für Lehrer in Brandenburg macht dies wiederum nur wenig Sinn: aufgrund der Nivellierung der Laufbahnen, die letztlich dazu führt, dass die weit überwiegende Zahl der Lehrer zukünftig im Amt mit der Besoldungsgruppe A13 verbleiben dürfte, dürfte es allenfalls in Ausnahmefällen – Aufstieg und Vergabe einer Funktionsstelle, etwa als Schulleiter – Beurteilungen als Grundlage für eine Auswahlentscheidung bedürfen.
Aber selbst wenn man all dies anders sehen wollte, ist damit kein Argument für eine parlamentarische Gesetzesgrundlage für die benannten Aspekte einer Beurteilung dargetan. Denn dasselbe Ergebnis ließe sich über einheitliche Beurteilungsrichtlinien in Form von etwa Verwaltungsvorschriften erreichen. Der Gesetzgeber dürfte nicht gehindert sein – anders als es § 19 S. 3 LBG vorsieht – etwa auch für den Bereich der Gemeinden ein Ministerium zu ermächtigen, einheitliche Beurteilungsrichtlinien, sei es als Verwaltungsvorschriften, sei es als Verordnungen (wie das Bundesverwaltungsgericht neuerdings für vorzugswürdig hält) vorzugeben.
Das Bundesverwaltungsgericht meint weiter, für die Verwirklichung des grundrechtsgleichen Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG komme dienstlichen Beurteilungen entscheidende Bedeutung zu. Dienstliche Beurteilungen seien - rechtlich wie tatsächlich - das entscheidende Instrument der Personalsteuerung, mit dem über das grundrechtsgleiche Recht des Beamten auf "ein angemessenes berufliches Fortkommen" (BVerwG, a.a.O., Rn. 31). Angesichts dieser Bedeutung von dienstlichen Beurteilungen für die allein nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG zu treffende Auswahlentscheidung könnten die Vorgaben für die Erstellung von Beurteilungen nicht allein Verwaltungsvorschriften überlassen bleiben. Zudem sei die Regelungsform des Gesetzes für das Beamtenverhältnis typisch und sachangemessen; die wesentlichen Inhalte des Beamtenrechts sind daher durch Gesetz zu regeln (BVerwG, a.a.O., Rn. 32).
Zwar sind die Ausführungen zur Bedeutung der dienstlichen Beurteilung zutreffend. Sie entsprechen im Übrigen der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 – 2 C 14/02 –, BVerwGE 118, 370-379, Rn. 22; vgl. auch schon BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1980 – 2 C 13/79 –, Rn. 34, juris unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 13. Mai 1965 – II C 146.62 –, BVerwGE 21, 127-135, Rn. 39). Dass die dienstliche Beurteilung tatsächlich das entscheidende Instrument für das berufliche Vorankommen ist, ist mindestens seit den 1960er Jahren so (vgl. statt vieler: BVerwG, Urteil vom 13. Mai 1965 – II C 146.62 –, BVerwGE 21, 127-135, Rn. 39: „Dienstliche Beurteilungen sind - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - von entscheidender Bedeutung für die dienstliche Verwendung des Beamten, insbesondere für Beförderungen“). Angemerkt werden muss, dass dies einigermaßen deterministisch ist. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind die Auswahlentscheidungen in erster Linie an aktuellen dienstlichen Beurteilungen auszurichten. Zwar haben sich sowohl das Bundesverwaltungsgericht als auch das Bundesverfassungsgericht stets offen auch für andere Auswahlinstrumente gezeigt (vgl. etwa BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 11. Mai 2011 – 2 BvR 764/11 –, juris), der Dienstherr war aber im Regelfall nur dann auf wirklich rechtssicherem Weg, wenn er das Primat der dienstlichen Beurteilung beachtete. Naturgemäß führte dieses Wechselspiel dazu, dass dienstliche Beurteilungen, da die höchstrichterliche Rechtsprechung sie für primär geeignet hielt, rechtlich eine Vormachtstellung erhielten und diese dann auch tatsächlich einnahmen. Mit anderen Worten: die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts selbst hat nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass der Bereich, dessen Regelung es nun für wesentlich hält, wesentlich geworden ist. Das muss der Wertung des Bundesverwaltungsgerichts nicht zwingend widersprechen, verkehrt aber doch leicht die Verhältnisse zwischen Gesetzgeber und Rechtsprechung.
Im Weiteren stellt sich die Argumentation des Bundesverwaltungsgerichts dann als einigermaßen pauschal dar: Die Bedeutung der dienstlichen Beurteilung für Art. 33 Abs. 2 GG sei so hoch, dass es einer parlamentarischen Ausgestaltung bedürfe. Das ist wenig mehr als eine Ergebnisfeststellung. Warum dies etwa neuerdings gelten soll, nachdem die Bedeutung der dienstlichen Beurteilung bereits seit Jahrzehnten als sehr hoch einzuschätzen ist, erhellt sich dem erkennenden Gericht nicht. Das Bundesverwaltungsgericht führt zu der von Obergerichten geäußerten Kritik an seiner Rechtsprechung, nach der die besondere Pflichtenstellung ihres öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses bei Beamten Abstriche von den allgemein geltenden rechtlichen Anforderungen mit der Folge, dass sich die Vorgaben für die Erstellung von dienstlichen Beurteilungen als dem wesentlichen Instrument für die Ausübung ihres Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG allein aus bloßen Verwaltungsvorschriften ergeben könnten rechtfertige, aus, dies sei überholt. Die Einschätzung, welche rechtlichen Anforderungen für Regelungen im Beamtenverhältnis im Hinblick auf die Frage der Wesentlichkeit und damit einer hinreichenden (parlaments-)gesetzlichen Grundlage gelten, stelle sich unter dem im Lauf der Zeit gewandelten verfassungsrechtlichen Blickwinkel anders dar als noch vor einigen Jahren (BVerwG, a.a.O., Rn. 33 unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12 u.a. - BVerfGE 139, 19 Rn. 57).
Diese Ausführungen und der einsame Verweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu Höchstaltersgrenzen bleibt kryptisch und wird nicht weiter unterlegt. Natürlich können immer neue Gesetzgebungserfordernisse von der Rechtsprechung erkannt werden. Es würde dann aber naheliegen, dass für diese späte Entdeckung eine dezidierte Begründung zu finden ist. Dem ist vorliegend nicht so. Mag man – folgt man dem Verweis des Bundesverwaltungsgerichts – für die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Höchstaltersgrenzen für die Beamtung eine solche Begründung finden, namentlich etwa der geänderte Rechtsrahmen insbesondere im Hinblick auf das – im Übrigen mit Anwendungsvorrang auch gegenüber dem Grundgesetz ausgestattete – neuere Unionsrecht, die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union in dieser Sache oder die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Persönlichkeitsrechten, fällt dies im Hinblick auf die Frage der dienstlichen Beurteilungen, die einen allein innerdienstlichen und nationalen Vorgang darstellen, schwer. Das Bundesverwaltungsgericht hätte im Übrigen etwa seine eigene Rechtsprechung zur normativen Ausgestaltung des Tätowierungsverbotes für Beamte (BVerwG, Urteil vom 14. Mai 2020 – 2 C 13/19 –, BVerwGE 168, 129- 140) oder der Kennzeichnung von Polizeibeamten (BVerwG, Urteil vom 26. September 2019 – 2 C 32/18 –, BVerwGE 166, 333-354, Rn. 15ff.) oder des – naturgemäß nur entfernt verwandten – Kopftuchverbotes für Rechtsreferendarinnen (BVerwG, Urteil vom 12. November 2020 – 2 C 5/19 –, BVerwGE 170, 319-326) anführen können. Das hätte aber die Dichotomie der beiden Fallgruppen noch deutlicher gemacht. Denn geht es etwa bei der Höchstaltersgrenze, dem Tätowierungsverbot der der Kennzeichnung von Polizeibeamten (auch) elementar um Persönlichkeitsrechte des Beamten, spielt also etwa hier ein anderes Grundrecht, namentlich das Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG die entscheidende Rolle, ist die Rechtfertigung für das Verlangen einer parlamentarischen Gesetzesgrundlage Ausdruck dessen, dass der Beamte – entgegen der sonstigen Konzeption – in diesem Fall nicht nur oder primär als Beamter auftritt, sondern darüber hinaus seine privaten Anschauungen und Umstände in die Sphäre seiner Berufsausübung einführt und damit die Sphären vermischt. Das ist bei der dienstlichen Beurteilung und dem Grundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG indes weitgehend (wenn auch nicht völlig) anders.
Sodann bleiben die Folgerungen, die das Bundesverwaltungsgericht – wie bereits ausgeführt – aus seiner Erkenntnis zum Wesentlichkeitsgrundsatz zieht, überraschend schmal. Mag man noch dem Argument zuneigen, dass jedenfalls die Entscheidung, ob Regel- oder Anlassbeurteilungen zu erstellen sind, wesentliche Auswirkungen auf das Fortkommen des Beamten hat, so gilt das für die Vorgabe der Bildung des abschließenden Gesamturteils unter Würdigung aller Einzelmerkmale angesichts der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit zum Gesamturteil und der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu dessen Bildung und Begründung kaum. Von einer solchen Gesetzesregelung ist auch kaum Erhellendes zu erwarten. Dass ein Gesamturteil zu bilden ist, ist unstrittig. Dass es im Regelfall zu begründen ist, ist ebenso – soweit erkennbar - (noch) die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (absenkend zur Begründungsdichte: BVerwG, Urteil vom 09. Mai 2019 – 2 C 1/18 –, BVerwGE 165, 305-331, Rn. 65; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08. Dezember 2021 – 4 S 27/21 –, Rn. 14, juris).
Der dann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für ausreichend gehaltene Art. 59 Abs. 2 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen beschränkt sich dann auch auf folgende Erkenntnis zum Gesamturteil:
„Bei der Bildung des Gesamturteils sind die bei den Einzelmerkmalen vergebenen Wertungen unter Berücksichtigung ihrer an den Erfordernissen des Amtes und der Funktion zu messenden Bedeutung in einer Gesamtschau zu bewerten und zu gewichten. Die für die Bildung des Gesamturteils wesentlichen Gründe sind in den ergänzenden Bemerkungen darzulegen.“
Das Gericht vermag hier keine wesentlichen Ausformungen zu erkennen, die nicht sowie der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu entnehmen sind. Das mag man allenfalls anders für die danach gesetzmäßig vorgegebene Gewichtung sehen. Wie zu gewichten ist, was im Zweifelsfall die wesentlich gewichtigere Frage ist als das zu gewichten ist, regelt das Parlamentsgesetz hier aber gerade nicht. Der Gewinn für den einzelnen Beamten dürfte marginal sein. Noch geringer dürfte die Vereinheitlichungswirkung sein, wenn dann zwar gewichtet wird, aber wie gewichtet wird, zwischen den Geschäftsbereichen und Rechtsträgern etwa im Land Bayern divergiert.
b) Das erkennende Gericht geht auch nicht davon aus, dass § 19 S. 1, 2 LBG und die auf seiner Grundlage erlassenen Verwaltungsvorschriften trotz etwaiger Verfassungswidrigkeit für eine Übergangszeit weiter anzuwenden wären. Darauf kommt es aber wegen der Ausführungen unter 2. nicht entscheidend an.
Das Bundesverwaltungsgericht meint, zur Vermeidung eines der verfassungsmäßigen Ordnung noch ferneren Zustand könnten die vorhandenen Rechtsnormen und die auf sie gestützten Verwaltungsvorschriften für einen Übergangszeitraum weiterhin angewendet werden (BVerwG, Urteil vom 07. Juli 2021, BVerwG 2 C 2.21, Rn. 47 unter Verweis auf: BVerfG, Beschluss vom 20. März 2013 – 2 BvF 1/05 - BVerfGE 133, 241 Rn. 51 m.w.N.; BVerwG, Urteile vom 1. Juni 1995 - 2 C 16.94 - BVerwGE 98, 324 <327 f.>, vom 17. Juni 2004 - 2 C 50.02 - BVerwGE 121, 103 <111> und vom 30. August 2012 - 2 C 23.10 - BVerwGE 144, 93 Rn. 16 sowie Beschluss vom 31. Januar 2019 - 1 WB 28.17 - BVerwGE 164, 304 Rn. 35).
Diese Auffassung wird auch von einer Reihe der Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichtshöfe geteilt bzw. ist der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sogar vorgelagert (vgl. nur: Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19. Januar 2021 – 1 M 143/20 – juris Rn. 22; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 25. Februar 2021 – 1 B 376/20 – juris Rn. 49 ff.; offengelassen von: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. Mai 2021 – 4 S 15/21 –, Rn. 11, juris).
Sie ist aus Sicht des erkennenden Gerichtes aber mit erheblichen Zweifeln belastet. Zum einen ist bereits der dogmatische Ansatz unzutreffend. Anders als das Bundesverfassungsgericht, dem nach seiner Rechtsprechung Fortgeltungsanordnungen zustehen, um bei der Verfassungswidrigkeit eines formellen Gesetzes einen verfassungsferneren Zustand zu vermeiden und dass daher dem Gesetzgeber entsprechende Regelungsaufträge erteilen darf, besteht ein solches Verhältnis zwischen den Verwaltungsgerichten und dem parlamentarischen Gesetzgeber nicht. Erkennen die Verwaltungsgerichte, dass ein formelles Gesetz verfassungswidrig ist – wie es das Bundesverwaltungsgericht wohl im Hinblick auf § 25 LBG Rheinland-Pfalz aufgrund von Regelungsausfall meint -, so sind sie nach Art. 100 Abs. 1 GG verpflichtet, den Rechtsstreit auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen. Nirgends ist demgegenüber vorgesehen einen erkannten Verfassungsverstoß für eine Übergangszeit zu tolerieren.
Diese Fortgeltungserwägung des Bundesverwaltungsgerichts führt dann auch zu unüberwindbaren Wertungswidersprüchen: Das Bundesverwaltungsgericht meinte in seinem obiter dictum im Beschluss vom 21.12.2020 (2 B 63.20, a.a.O.) bereits, die Regelung in § 19 LBG sei „defizitär“. Diese Entscheidung ist nun fast 1 Jahr alt, ohne dass der brandenburgische Gesetzgeber auch nur von außen erkennbare Ansätze gezeigt hätte, § 19 LBG zu ändern. Das Bundesverwaltungsgericht hüllt sich dann auch in Schweigen wie lange denn ein solcher angenommener Übergangszeitraum bestehen sollte und wie dieser zu berechnen wäre. Mit anderen Worten: Ist die Zeit des brandenburgischen Gesetzgebers abgelaufen? Die des rheinland-pfälzischen – oder des Bundesgesetzgebers (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.09.2021 - BVerwG 2 A 3.20) - hat indes erst begonnen? Nach Auffassung des erkennenden Gerichtes führen solche Erwägungen geradewegs zur Willkür. Nehme man einen Übergangszeitraum von einem Jahr nach „Erkennen“ der Verfassungswidrigkeit an, würde dem brandenburgischen Beamten, dessen Urteil am 17.12.2021 ergeht, die noch laufende Übergangszeit entgegengehalten, dem Beamten dessen Urteil am 22.12.2021 ergeht hingegen nicht. Bezieht sich die Übergangszeit auf Beurteilungszeiträume, gilt im Ergebnis nichts Anderes.
Das liegt natürlich in der Natur von Übergangszeiträumen, führt aber zu dem weiteren Problem der Annahme des Bundesverwaltungsgerichts: Die Verwaltungsgerichtsbarkeit hat anders als das Bundesverfassungsgericht nicht die Befugnis Fristen an den parlamentarischen Gesetzgeber zu setzen.
Schließlich stellen diese Erwägungen, die nur im Fall der Verfassungswidrigkeit der parlamentarischen Gesetzesgrundlage für das Beurteilungswesen überhaupt Geltung beanspruchen könnten, einen logischen Wertungswiderspruch da. Keinen Zweifeln unterliegt, dass wenn das Beurteilungssystem, sei es in seiner konkreten Anwendung, sei es „nur“ auf der Ebene der Beurteilungsrichtlinien und das Beurteilungswesen bestimmenden Verwaltungsvorschriften „Defizite“ aufweist, die Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht zögert, das gesamte Beurteilungssystem für rechtswidrig und fehlerhaft zu erklären und deswegen Beurteilungen aufzuheben. Ein eindringliches Beispiel ist etwa der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 08.11.2018 (OVG 4 S 37.18), der für eben die hier entscheidungserhebliche Beurteilungsrichtlinie in einer älteren Fassung zu genau jenem Ergebnis und in der Folge zur Neuregelung führte (vgl. dazu unter 2.). Wieso bei einer gegen einfaches Recht verstoßenden Beurteilungsrichtlinie, die gerade im Land Brandenburg aufgrund der äußerst knappen Regelung des § 19 S. 1, 2 LBG die eigentliche inhaltliche Regelung des Beurteilungssystems darstellt, es kein Problem sein soll, diese für rechtswidrig zu erachten, ihre Anwendung damit implizit auszuschließen und jegliche angegriffene, auf ihr beruhende Beurteilung aufzuheben, demgegenüber aber bei einem Verfassungsverstoß der parlamentarischen Gesetzesgrundlage des Beurteilungssystems ein Übergangszeitraum eingeräumt werden soll, ist nicht nachvollziehbar. Hier wie da müssen die anderen Gewalten aktiv werden, so sie ein rechtmäßiges Beurteilungssystem schaffen wollen. Hier wie da ist die Tragweite der gerichtlichen Entscheidung, mit der die Rechtswidrigkeit des Beurteilungssystems festgestellt wird, umfassend. Im Fall OVG 4 S 37.18 erfasste dies im Wesentlichen alle Beurteilungen im Land außerhalb der Lehrer, Richter und Staatsanwälte und der Professoren.
Erst Recht gilt dies im vorliegenden Fall. Da das erkennende Gericht die Regelung in Nr. 5.3 BeurtVV zum Gesamturteil für rechtswidrig hält und daher das Land Brandenburg insoweit einer neuen Regelung bedarf, folgt aus dem vorliegenden Urteil nichts Anderes: Das derzeitige Beurteilungssystem nach der Beurteilungsrichtlinie und dessen generell praktizierte Anwendung ist rechtswidrig. Das Gericht sieht sich dennoch aufgrund des Vorstehenden nicht zu einer Art Fortwirkung für den Übergangszeitraum veranlasst. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat dann auch mit seinem Beschluss vom 08.12.2021 (4 S 27/21 –, Rn. 12, juris) auch für die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zutreffend diese Schlussfolgerung gezogen und resümiert einigermaßen resigniert: Der Dienstherr „wird nicht umhinkommen, seine Beurteilungsrichtlinie ein weiteres Mal zu überarbeiten“. Dem schließt sich das erkennende Gericht an.
2. Die Beurteilung vom 18.09.2020 ist indes rechtswidrig, weil die Vorgaben in Nr. 5.3 BeurtVV vom 16.11.2010 zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 28.01.2019 zur Bildung des Gesamturteils und ihre Anwendung im Falle der Beurteilung der Klägerin nicht mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar sind.
Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 07.07.2021 (BVerwG 2 C 2.21) in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung ausgesprochen, dass eine dienstliche Beurteilung mit einem Gesamturteil abschließen muss, in das sämtliche vom Dienstherrn bewertete Einzelmerkmale der drei Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG einfließen. Dazu zählen auch die Einzelmerkmale der Befähigung (Aufgabe von BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 – 2 C 12.14 - BVerwGE 151, 333 Rn. 44). Dieser zutreffenden Erkenntnis schließt sich das erkennende Gericht an. Diesen Anforderungen werden Nr. 5.3 BeurtVV des Beklagten und die angegriffene Beurteilung nicht gerecht. Der Beklagte war nicht berechtigt die von ihm in der Beurteilung vorgenommene Befähigungsbeurteilung nicht in das Gesamturteil einzubeziehen und das Gesamturteil allein auf der Grundlage der Leistungsbeurteilung zu bilden.
Gemäß Nr. 5.3 BeurtVV ist das Gesamturteil aus den Einzelbewertungen der Leistungsmerkmale und dem Gesamtbild der Leistung in Bezug auf das innegehabte Statusamt zu bilden und darf nicht bloß das arithmetische Mittel aus den Leistungsbewertungen sein. Es ist durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen bestenauswahlbezogenen Gesichtspunkte zu bilden. Das Gesamturteil ist grundsätzlich zu begründen. Die Begründung muss nachvollziehbar erkennen lassen, wie das Gesamturteil aus den gewichteten Einzelmerkmalen hergeleitet wird. Vorherige Festlegungen zur Gewichtung von Einzelmerkmalen sind durch die jeweils zuständige Laufbahnordnungsbehörde zu treffen. Im Falle von ressortübergreifenden Laufbahnen hat dies im Einvernehmen mit den entsprechenden Ressorts zu erfolgen.
Folge des Regelungsmodelles der Beurteilungsrichtlinie des Beklagten ist es damit, dass zwar die bewerteten Leistungsmerkmale (Nr. 5.2 BeurtVV) in das Gesamturteil einfließen, nicht indes die ebenso bewerteten Befähigungsmerkmale (Nr. 5.4 BeurtVV). Es liegt damit auch nicht so, dass in den Leistungsmerkmalen nach Nr. 5.2 BeurtVV etwaig auch Befähigungsmerkmale enthalten wären und damit nach dem Willen des Erstellers der Beurteilungsrichtlinie auch die Beurteilung der Befähigung in das Gesamturteil einfließen würde. Vielmehr hat der Ersteller der Beurteilungsrichtlinie mit der klaren Trennung zwischen Leistungsbeurteilung einerseits und Befähigungsbeurteilung andererseits und der Regelung zur Bildung des Gesamturteils klargemacht, dass er die Befähigungsbeurteilung von der Bildung des Gesamturteils ausschließen will.
Dies lässt sich auch – ungeachtet der Frage, ob für eine Verwaltungsvorschrift wie der Beurteilungsrichtlinie, selbst wenn sie normvertretend wirkt, dieselben methodischen Auslegungsgrundsätze gelten wie für die Auslegung einer gesetzlichen Norm – durch den historisch-genetischen Kontext der Änderung der Beurteilungsrichtlinie durch die Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 28.01.2019 erklären. Die Vorgängerfassung der Beurteilungsrichtlinie aufgrund der Änderung durch die Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 24.01.2017 (ABl. /17, [Nr. 06], S.139) sah nämlich in der Regelung zum Gesamturteil (Nr. 5.4 BeurtVV a.F.) vor, dass auf der Grundlage der Gesamtnote der Leistungsbeurteilung und den Werten der Befähigungsbeurteilung das Gesamturteil unter Nutzung der Benotungsstufen 1 bis 10 (Nummer 5.2.3) zu bilden ist. Das Gesamturteil sei grundsätzlich zu begründen. Die Begründung müsse nachvollziehbar erkennen lassen, wie das Gesamturteil aus den Einzelmerkmalen hergeleitet wird.
Der Ersteller der Beurteilungsrichtlinie hat dieses Regelungsmodell ausdrücklich aufgegeben und sich zur Begründung an die in der Literatur seinerzeit in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht vertretene Auffassung, dass sich die dienstliche Beurteilung in erster Linie auf die Leistung beziehen darf und daher die Befähigungsbeurteilung nicht in das Gesamturteil einfließen muss, angelehnt (vgl. zur Entwicklung auch Bodanowitz in: Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, 70. Aktualisierung 4/2021, dd) Gesamturteil zur Leistung und Befähigung und Befähigungsbeurteilung, Rn. 168g, 257; zu dieser getreulichen Beachtung auch: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08. Dezember 2021 – 4 S 27/21 –, Rn. 4, juris).
Hintergrund war, dass das der Beurteilungsrichtlinie a.F. zugrundeliegende Regelungsmodell nicht mit der geänderten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Gesamturteil in Einklang zu bringen war.
Hiernach bedurfte es einer - ggf. kurzen - Begründung des Gesamturteils insbesondere dann, wenn die Beurteilungsrichtlinien für die Einzelbewertungen einerseits und für das Gesamturteil andererseits unterschiedliche Bewertungsskalen vorsehen. Denn hier muss erläutert werden, wie sich die unterschiedlichen Bewertungsskalen zueinander verhalten und wie das Gesamturteil aus den Einzelbewertungen gebildet wurde. Im Übrigen sind die Anforderungen an die Begründung für das Gesamturteil umso geringer, je einheitlicher das Leistungsbild bei den Einzelbewertungen ist. Gänzlich entbehrlich ist eine Begründung für das Gesamturteil jedoch nur dann, wenn im konkreten Fall eine andere Note nicht in Betracht kommt, weil sich die vergebene Note - vergleichbar einer Ermessensreduzierung auf Null - geradezu aufdrängt (BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 – 2 C 27/14 –, BVerwGE 153, 48-63, Rn. 33 - 37).
Dies führte dazu, dass die dienstlichen Beurteilungen im Geltungsbereich der Beurteilungsrichtlinie a.F. häufig sich deshalb als rechtswidrig erwiesen, weil im Rahmen der Begründung des Gesamturteils nicht dargelegt wurde bzw. werden konnte wie sich die Skala auf der die Leistungsbeurteilung erfolgte (Benotungsstufen 1 bis 10), die mit der Skala nach der das Gesamturteil gebildet wurde identisch war (vgl. Nr. 5.4 BeurtVV a.F.) mit der Skala auf der die Befähigungsbeurteilung erfolgte (Ausprägungsgrade V bis I) in Einklang bringen lassen sollte (vgl. etwa Urteil der Kammer vom 21. März 2019, VG 4 K 1192/17, S. 6f. UA; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Juli 2016 – OVG 4 S 10.16 –, juris, Rn. 11).
Schließlich erklärte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit seinem Beschluss vom 08.11.2018 (OVG 4 S 37.18 – juris, Rn. 11ff.), die ständige Anwendungspraxis im Geltungsbereich der Beurteilungsrichtlinie a.F. stehe nicht im Einklang mit den dortigen Regelungen zur Leistungsbeurteilung. Denn es gäbe hiernach nur 4 Leistungsmerkmale und nicht wie von der ständigen Beurteilungspraxis angenommen jedenfalls 19, was Folgen für eine etwaige Gewichtung habe.
Ist damit schon die Beurteilungsrichtlinie in Nr. 5.3 BeurtVV n.F. rechtlich zu beanstanden, so gilt dies auch für die konkrete Beurteilung der Klägerin, die diese Praxis der Gesamturteilsbildung anwendet. Der auf S. 3 der Beurteilung gegebenen Begründung des Gesamturteils ist eindeutig zu entnehmen, dass sich das Gesamturteil allein und ausschließlich entsprechend Nr. 5.3 BeurtVV n.F. auf die Leistungsmerkmale, das Gesamtbild der Leistungen und die Leistungsbeurteilung stützt und die (auf S. 4 der Beurteilung) vorgenommene Befähigungsbeurteilung für das Gesamturteil ohne jede Bedeutung ist.
Eine Fortgeltung kommt nach den Ausführungen unter 2. b) nicht in Betracht (vgl. im Ergebnis so auch: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08. Dezember 2021 – 4 S 27/21 –, Rn. 12, juris).
3. Demgegenüber kann offenbleiben, ob die übrigen Einwände der Klägerin gegen ihre Beurteilung verfangen. Dies ist indes zweifelhaft. Schon im Ansatz der Argumentation zeigen sich eine Reihe von Missverständnissen.
Anders als das einem Angestellten ausgestellte Arbeitszeugnis ist die dienstliche Beurteilung – anders als die Klägerin anscheinend meint – nicht vom Wohlwollensgrundsatz geprägt (vgl. hierzu etwa Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, Beschluss vom 05. Oktober 2018 – 2 B 141/18 –, juris, Rn. 26; BVerwG, Urteil vom 02. März 2017 – 2 C 21/16 –, BVerwGE 157, 366-386; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. Mai 2018 – 6 B 229/18 –, juris, Rn. 12). Die dienstliche Beurteilung hat vielmehr Leistung, Befähigung und Eignung des Beamten realistisch einzuschätzen. Sie kann nicht etwa aus Fürsorgegesichtspunkten milder oder besser ausfallen. Insoweit war der Beklagte weder berechtigt noch verpflichtet, in der Beurteilung etwa zu berücksichtigen, dass die Klägerin anscheinend im Beurteilungszeitraum gesundheitlich beeinträchtigt war und daher ein etwaiger Leistungsabfall auf eine psychische oder physische Belastungssituation der Klägerin zurückzuführen wäre. Vielmehr muss er dann eine etwaig schlechtere Leistung so auch benennen und beurteilen.
Zu Recht weist der Beklagte auch darauf hin, dass die von der Klägerin gezogenen Vergleiche zu anderen Beamten so nicht weiterführen. Zum einen benennt die Klägerin die Beamten nicht eindeutig. Auch ist unklar, ob sich die Beobachtungen und Bewertungen der Leistungen ihrer Kollegen auf den hier maßgeblichen Beurteilungszeitraum oder auf frühere Beurteilungszeiträume beziehen. Erst Recht bestehen Zweifel daran, dass diese von der Klägerin benannten Beispiele Rückschlüsse auf die Einhaltung des Beurteilungsmaßstabes durch den Beklagten zulassen. Denn zum einen durchzieht die Argumentation der Klägerin – worauf der Beklagte zutreffend hinweist – dass diese ihre eigene Beurteilung ihrer Leistung und der Leistung der Kollegen an die Stelle des Beurteilers setzt, wobei die Einschätzung durch die Klägerin sich – in gewissem Umfang naturgemäß – auf einzelne Vorfälle bezieht und selbst einem nicht näher erläuterten oder nachvollziehbaren Maßstab folgt. Es lässt sich aus den Argumenten der Klägerin zu den Beurteilungen der Kollegen im Vergleich zu ihrer eigenen nicht der Rückschluss ziehen, der Beklagte wende einen falschen Maßstab an. Zwar ist das Abweichen von Selbst- und Fremdeinschätzung der kognitive Regelfall. Auch sind dem Gericht eine Vielzahl von Beurteilungsfällen bekannt, wo eine solche Abweichung auftritt.
Anzumerken ist indes, dass es sich vorliegend um einen einigermaßen krassen Fall handelt. So ist dem Verwaltungsvorgang (VV Bl. 8, 10) zu entnehmen, dass der Vorgesetzte und Entwerfer davon ausgeht, dass zeitweise es im (vorherigen, sich aber notwendig mit dem vorliegend relevanten, überschneidenden) Beurteilungszeitraum zu einem „Erliegen der Arbeit“ der Klägerin gekommen sei. Namentlich habe ein „akutes Problem Verfahrensabbau/-abschlüsse“ bestanden, sei „so gut wie keine Beantwortung Sachstandsanfragen der STA“ festzustellen und bestünden auch Missstände bei der Aktenführung durch die Klägerin. Demgegenüber meint die Klägerin ihre Abschlussleistung liege - freilich nach dem im Vermerk vom 11.07.2018 beschriebenen Zeitraum, nämlich - im Jahr 2020 „souverän“ im Schnitt der allgemeinen Vorgabe. Es bestehen daher dann auch gewichtige Zweifel daran, dass die Einschätzung der Klägerin im Hinblick auf ihre eigene Leistung mehr als nur ein von ihr passend gewähltes Zeitfenster erfasst. Die Beurteilung bezieht aber auf den gesamten Beurteilungszeitraum und nicht nur auf einzelne Zeitfenster.
Die Klägerin verkennt auch, dass Bezugspunkt der Beurteilung das Statusamt ist und nicht der innegehabte Dienstposten. Ihre Unterteilung in die Bearbeitung „schwieriger Delikte“ und „einfacher Delikte“ und ihre unklaren Bezugnahmen auf „Nebenämter“ sind daher schon vom Ansatz her nicht geeignet Zweifel an ihrer Beurteilung zu säen. Sie sind im Übrigen auch zu unkonkret und diffus, um einer Bewertung durch das Gericht zugänglich zu sein.
Auch soweit die Klägerin etwa die Leistungen eines oder mehrerer Oberkommissare zum Vergleich heranzieht und diese ihren eigenen Leistungen gegenüberstellt, ist dies ohne Belang. Oberkommissare mit der Besoldungsgruppe A10 werden nach einem anderen Maßstab beurteilt als Kommissare mit der Besoldungsgruppe A9. Denn sie gehören bereits einer gänzlich anderen Vergleichsgruppe an. Der sinngemäße Schluss der Klägerin, dass ein Oberkommissar ja nicht weniger Verfahren abschließen könne als ein Kommissar und trotzdem besser beurteilt werden könne, trägt in dieser Allgemeinheit nicht. Vielmehr ist es der Regelfall eines Beförderungsamtes, dass mit diesen weniger quantitativen Vorgaben verbunden sind. So wird etwa von einem Richter am Verwaltungsgericht (Besoldungsgruppe R1) im Regelfall eine höhere Erledigungsleistung erwartet und zu erwarten sein als von einem Vorsitzenden am Verwaltungsgericht (Besoldungsgruppe R2) oder einem Richter am Oberverwaltungsgericht (Besoldungsgruppe R2). Hintergrund ist, dass die wahrgenommenen Aufgaben entweder mit dem Beförderungsamt komplexer werden oder deutlich andere Aufgaben (beispielsweise Führungsverantwortung) hinzukommen. Welche Anforderungen an den Inhaber eines Amtes gestellt werden und ob diese überwiegend quantitativer oder anderer Natur sind, entscheidet demgegenüber der Dienstherr. Ihm einen ämterübergreifenden Maßstabsfehler vorzuhalten, kann daher schon im Ansatz nicht verfangen.
Soweit die Klägerin einwendet, der Beurteiler kenne ihre Leistung nicht aus persönlicher Anschauung und müsse sich daher voll auf die Einschätzung des Entwerfers verlassen, ist dies im Grunde zutreffend und prinzipiell nicht zu beanstanden.
Kennt der Beurteiler die dienstlichen Leistungen des zu Beurteilenden nicht - oder nicht hinreichend - aus eigener Anschauung, muss er sich voll auf die Beurteilungsbeiträge verlassen. Er kann sie also nur noch in das Beurteilungssystem - idealerweise mit dem Blick des erfahrenen und das Leistungs- und Befähigungsspektrum der vergleichbaren Beamten kennenden Beurteilers - einpassen. In einem solchen Fall müssen die Beurteilungsbeiträge entweder hinreichende textliche Ausführungen für die Vergabe der Einzelbewertungen enthalten oder die Einzelbewertungen selbst vornehmen (sei es durch Ankreuzen der entsprechenden Beurteilungsstufe oder durch Vergabe der entsprechenden Punktzahl). Im ersteren Fall sind die Anforderungen an Umfang und Tiefe in Beurteilungsbeiträgen höher als in der dienstlichen Beurteilung selbst. Andernfalls ist insbesondere bei positiven Ausführungen in den Beurteilungsbeiträgen eine Zuordnung zu den einzelnen Stufen (Noten) der Leistungs- und Befähigungsbewertung nicht möglich (BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 – 2 A 10/13 –, BVerwGE 150, 359-366, Rn. 22 - 25).
Insoweit ist aber festzuhalten, dass ein entsprechender Beurteilungsentwurf bzw. Beurteilungsbeitrag nicht im Verwaltungsvorgang enthalten ist und daher unklar bleibt, ob es einen solchen gibt bzw. wie dieser aussieht. Die weitere Frage, ob der Entwerfer der Beurteilung der Klägerin angesichts deren Behauptung, dass sie die einzige Kommissarin in seinem Verantwortungsbereich sei, den Maßstab hinreichend beurteilen könne, führt indes nicht weiter. Denn es ist im Grundsatz belanglos für die Maßstabswahrung wie viele Beamten in einer Vergleichsgruppe der Entwerfer kennt. Die Maßstabswahrung obliegt nach dem Beurteilungssystem des Beklagten gerade dem Entwerfer übergeordneten Beurteiler, der sich diese Kenntnisse und die Übersicht verschaffen muss. Wie in anderen Beurteilungssystemen auch ist es somit Aufgabe des (End-)Beurteilers und im Beurteilungsverfahren beteiligter höherer Vorgesetzter, das Leistungsbild des zu beurteilenden Beamten mit dem Leistungsbild der anderen Beamten in der Vergleichsgruppe des Beamten zu vergleichen, es entsprechend einzuordnen und so mit dem Überblick über einen größeren Personenkreis als der (Erst-)Beurteiler oder Beurteilungsentwurfsverfasser die Einheitlichkeit des Beurteilungsmaßstabes zu gewährleisten (vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 17. September 2020 - 2 C 2.20 - IÖD 2021, 14 <20 f.> = juris Rn. 40; BVerwG, Beschluss vom 07. Januar 2021 – 2 VR 4/20 –, Rn. 33, juris). Das ergibt auch Sinn, da der Entwerfer regelmäßig der unmittelbare Vorgesetzte sein soll während der Beurteiler eine höhere Vorgesetzte oder ein höherer Vorgesetzter mit breiter Führungsverantwortung sein soll, die oder der auf Grund der Führungserfahrung und der Zahl der unterstellten Beamtinnen und Beamten die Einhaltung einheitlicher Maßstäbe und die Vergleichbarkeit der Beurteilungen sicherstellen kann (Nr. 7.1 BeurtVV). Das ist nicht zu beanstanden.
Schließlich verfängt anhand des Sachstandes auch der Einwand nicht, es sei der Beurteilung ein falscher Maßstab zugrunde gelegt worden, weil entgegen den Ausführungen und Vorgaben des Beklagten sich die Notenvergabe nicht an der „Gauß'schen Normalverteilung“ orientiere. Unabhängig davon, ob eine solche Verteilung generell wünschenswert ist – der Beklagte enthält sich in seiner Verwaltungsvorschrift zulässiger Weise der Vorgabe von Quoten -, ist die Behauptung der Klägerin nicht verifizierbar, sondern wird durch die vom Beklagten der Klägerin gegebenen Antworten eher widerlegt. Hiernach sieht der Beurteilungsspiegel für Beamte des Statusamtes mit der Bewertung A9 g.D. im Bereich der Polizeidirektion Süd im maßgeblichen Zeitraum der Beförderungsrunde 2020 wie folgt aus:
3 x 4 Punkte
13 x 5 Punkte
33 x 6 Punkte
16 x 7 Punkte
Dies lässt eine Tendenz zu 6 Punkten erkennen, wobei 5 und 7 Punkte in nur geringerem Umfang vergeben werden, 4 Punkte bzw. 1-3 und 8-10 Punkte dagegen nur selten oder gar nicht. Das deutet eher darauf, dass der Beklagte seine eigene Richtschnur der Normalverteilung einhält.
Denkbar erscheint, dass der Beklagte den Sachverhalt teilweise falsch ermittelt hat. So hat die Klägerin eine Liste von 41 abgeschlossenen Verfahren vorgelegt. Der Beklagte teilt mit, es habe zwar einen Fehler in der Sachverhaltsermittlung gegeben, geht aber von 34 abgeschlossenen Verfahren aus. Wie sich diese Diskrepanz erklärt, verbleibt unklar. So es auf diese entscheidend ankommt, müsste der Beklagte dies genauer erklären. Hierbei fällt indes auf, dass der Abschluss von 7 Verfahren auf den 30.10.2019 fällt, sodass diese ggf. zum Zeitpunkt der erstmaligen Ermittlung, die ausweislich des Schreibens vom 06.11.2019 am oder vor dem 06.11.2019 stattgefunden haben muss, noch nicht erfasst waren.
Gleichzeitig muss aber festgehalten werden, dass die Klägerin selbst ausführt, sie habe etwa im Jahr 2020 194 Verfahren abgeschlossen. Unabhängig davon, ob diese alle in den Beurteilungszeitraum fallen, der bereits am 31.08.2020 endete, teilt sie selber mit, die allgemeine Vorgabe seien 204 abgeschlossene Verfahren pro Sachbearbeiter. Ob diese allgemeine Vorgabe stets einzuhalten ist oder nur als Orientierungswert gilt oder wie diese in die Beurteilung einzubeziehen ist, entzieht sich der Kenntnis des Gerichts. Es lässt aber jedenfalls auf dieser Basis keinen erheblichen Leistungsvorsprung der Klägerin erkennen. Das gilt auch deshalb, weil die Klägerin ersichtlich einen bestimmten Teilabschnitt aus dem Beurteilungszeitraum herauspickt, bei dem es indes erheblichen Zweifeln unterliegt, dass dieser repräsentativ wäre. Denn wie dargestellt, soll es in anderen Teilen des Beurteilungszeitraums zu ganz erheblichen Mängeln in der Quantität der von der Klägerin bearbeiteten Sachen gekommen sein, was durch die Klägerin unwidersprochen bleibt. Das gilt dann auch für die weitere Behauptung der Klägerin ihre Abschlüsse lägen im Jahr 2020 „teils über dem Kommissariats-Durchschnitt“.
4. Ist die Beurteilung rechtswidrig, so war der Beklagte zur Neubeurteilung unter Beachtung der Auffassung des Gerichts zu verurteilen. Der Klägerin fehlt für dieses Begehren nicht das Rechtschutzbedürfnis. Zwar ist dies in der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtes nicht immer einheitlich beurteilt worden (einerseits: VG Cottbus, Gerichtsbescheid vom 20. Dezember 2016, VG 5 K 257/16, S. 6 UA; andererseits: VG Cottbus, Urteil vom 21. März 2019, VG 4 K 1192/17, S. 8 UA; VG Cottbus, Urteil vom 14. Dezember 2018, VG 4 K 1681/18). Auch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat, nachdem es in einem vom erkennenden Gericht entschiedenen Fall im Hinblick auf diese Frage die Berufung wegen ernstlicher Richtigkeitszweifel zugelassen hatte (OVG 4 N 5.17), letztlich die Frage nicht der Sache nach entschieden (OVG 4 B 16.18).
In seinem Urteil vom 07.07.2021 (BVerwG 2 C 2.21, Rn. 11f.) hat das Bundesverwaltungsgericht indes ausgeführt, dass der Erfolg des Klagebegehrens auf Neubeurteilung auch im reinen Anlassbeurteilungssystem die Rechtsposition des Beamten tatsächlich verbessern könne.
Zurückliegende dienstliche Beurteilungen eines Beamten könnten für spätere Verwendungs- und Auswahlentscheidungen von Belang sein. Zwar seien für Auswahlentscheidungen in erster Linie aktuelle Beurteilungen maßgebend, die bezogen auf den einzelnen Beamten den gegenwärtigen Stand der nach Art. 33 Abs. 2 GG maßgeblichen Kriterien bewerten. Daneben können aber ältere dienstliche Beurteilungen als zusätzliche Erkenntnismittel berücksichtigt werden, anhand derer insbesondere positive oder negative Entwicklungstendenzen des Beamten im Hinblick auf Charaktereigenschaften, Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen beurteilt werden können (BVerwG, Urteile vom 19. Dezember 2002 – 2 C 31.01 - Buchholz 237.9 § 20 SaarLBG Nr. 1 S. 2 f. und vom 2. März 2017 – 2 C 21.16 - BVerwGE 157, 366 Rn. 13).
Dem könnte allerdings die Ausgestaltung des brandenburgischen Beurteilungssystems durch die Beurteilungsrichtlinie entgegenstehen. Denn aufgrund des im Geschäftsbereich des Ministeriums des Innern und für Kommunales gerade im Bereich der hier relevanten Polizei praktizierten Beurteilungs- und Beförderungswesens wird jeder Beamte, der nicht gegen seine Beurteilung optiert jedes Jahr im Rahmen der Beförderungsrunde mit einer Anlassbeurteilung beurteilt, die stets den in der Beurteilungsrichtlinie (Nr. 4 BeurtVV) vorgesehenen Zeitraum von drei Jahren erfasst.
Mit anderen Worten überschneiden sich bei nahezu jedem Beamten im hier interessierenden Geschäftsbereich die Anlassbeurteilungen permanent, was der Sache nach fast zu einem Regelbeurteilungssystem im Gewand des Anlassbeurteilungssystems führt. Signifikante Beurteilungslücken tun sich daher regelmäßig nicht auf. Es ist dem Gericht auch kein einziger Fall bekannt, in dem im Rahmen der Beförderungsrunde auf ältere Beurteilungen als Auswahlkriterien zurückgegriffen wurde. Vielmehr wird die „Beförderungsrangliste“ im hier maßgeblichen Geschäftsbereich der Polizei nach der gerichtlichen Erkenntnis bei Gleichstand im Gesamturteil immer durch Ausschärfung der Einzelmerkmale gebildet. Hinzu kommt die bereits vom Verwaltungsgericht Potsdam (VG Potsdam, Urteil vom 10. Oktober 2018 – 2 K 834/16 –, juris, Rn. 30f.) zutreffend angestellte Erwägung, dass wenn dem gesamten Beurteilungssystem in einem Geschäftsbereich (dort der Justiz des Landes Brandenburg) für einen bestimmten Zeitraum ein Makel anhaftet und daher alle Beurteilungen in diesem Bereich wahrscheinlich rechtswidrig waren, die Möglichkeit des Rückgriffes auf ältere Beurteilungen in zukünftigen Konkurrenzen allenfalls theoretisch ist. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtes im vorliegenden Fall würde allenfalls die Klägerin für den hier maßgeblichen Zeitraum durch die Neubeurteilung nunmehr eine rechtmäßige (ältere) Beurteilung erhalten. Ihre Konkurrenten in zukünftigen Beförderungsrunden hätten demgegenüber voraussichtlich überwiegend allenfalls rechtswidrige ältere Beurteilungen, die zu einem Vergleich der Eignung, Befähigung und Leistung nicht zur Verfügung stehen.
Trotz diesen Zweifeln schließt sich das erkennende Gericht aus Gründen der Rechtseinheitlichkeit den Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts im Ergebnis an.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung.