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Entscheidung 11 U 99/21


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 11. Zivilsenat Entscheidungsdatum 11.12.2021
Aktenzeichen 11 U 99/21 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2021:1211.11U99.21.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

I. Beide Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das am 21.04.2021 verkündete Urteil des der 14. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - 14 O 2/20 - aus den nachfolgend dargestellten Gründen gem. § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO durch einstimmig gefassten Beschluss als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

II. Für die Beklagte besteht Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Zurückweisung ihres Rechtsmittels binnen drei Wochen ab der Zustellung dieses Beschlusses zu äußern. Ihr bleibt anheimgestellt, die Berufung - aus Gründen der Kostenersparnis gemäß GKG-KV Nr. 1222 - vor dem Ablauf dieser Frist zurückzunehmen.

Gründe

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz aus einem Reitunfall in Anspruch. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO.

Das Landgericht hat die Klage mit einem der Beklagten am 11.05.2021 zugestellten Urteil nach durchgeführter Beweisaufnahme dem Grunde nach für gerechtfertigt angesehen. Darüber hinaus hat es festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle materiellen und immateriellen Schäden, welche ihr aus dem Reitunfall vom 19.09.2014 in … … entstanden sind oder noch entstehen werden, zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder Dritte übergegangen sind oder übergehen. Zudem hat es die Beklagte zur Zahlung von 32.862,05 € nebst geltend gemachter Zinsen verurteilt. Den darüber hinaus geltend gemachten Haushaltsführungsschaden in Höhe 19.620,00 € nebst Zinsen hat das Landgericht versagt und die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten. Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Die Klägerin habe gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz gem. §§ 280 Abs. 1, 833 S. 1, 253 Abs. 2 BGB. Die Beklagte sei gegenüber der Klägerin vertraglich verpflichtet gewesen, sie über die beim Reitsport zu beachtenden Regeln und Sicherheitsmaßnahmen zu informieren und sich zu vergewissern, dass die Klägerin diese Regeln verstanden habe und umsetzen könne. Da die Klägerin erst die zweite Reitstunde genommen habe, sei sie zudem verpflichtet gewesen, ihr ein dem Anfängerstadium der Klägerin gerecht werdendes Pferd zuzuweisen, das friedfertig sei und nicht zu überraschendem Verhalten neige. Zudem müsse der Veranstalter einer Reitstunde eine Reitanfängerin grundsätzlich an der Leine oder an der Longe führen. Erst nach ca. 10 bis 14 Reitstunden sei ein Reitanfänger zum freien Reiten zuzulassen. Eine vertragliche Sorgfaltspflichtsverletzung könne sich auch aus der Art und den Umständen des Einzelfalls insbesondere auch aus einem Unterlassen von Sicherungsmaßnahmen ergeben. Hierbei obliege der Beklagten die Darlegungs- und Beweislast für die Beachtung der gebotenen Sorgfaltspflichten. Im Streitfall habe das Verhalten des von der Beklagten für die Klägerin zugewiesenen Pferdes „…“ unstreitig dazu geführt, dass die Klägerin schwere Verletzungen erlitten habe, u.a. durch Frakturen der Brust- und Lendenwirbelsäule. Hierbei habe sich die typische Tiergefahr realisiert, denn nach dem unstreitigen Sachstand habe sich „…“ durch Laubrascheln erschreckt und unkontrollierte Sprünge gemacht und hierdurch den Sturz und die Verletzungen bei der Klägerin verursacht. Die Beklagte habe als unstreitige Halterin von „…“ für die hierdurch verursachten Schäden bei der Klägerin verschuldensunabhängig einzustehen. Im Streitfall sei die Haftung der Beklagten nicht durch § 833 S. 2 BGB ausgeschlossen, denn ihr sei der Entlastungsbeweis, an den strenge Anforderungen zu stellen seien, nicht gelungen. Für eine Entlastung sprächen weder die Bekundungen des vernommenen Zeugen … … zum Unfallhergang noch die Bekundungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen …, denen die Kammer folge. Im Ergebnis der Beweisaufnahme sei die konkrete Durchführung der zweiten Reitstunde für die Klägerin durch die Beklagte fachlich höchst bedenklich gewesen, da die Klägerin quasi „ins kalte Wasser geworfen“ worden sei, indem sie keine Longierstunde erhalten habe und stattdessen gleich einen Rundweg um den Reitplatz absolviert habe und hierbei ihre reiterischen Fähigkeiten nicht hinreichend berücksichtigt worden seien. Aus Gutachtersicht sei das Verhalten der Beklagten als unbekümmert und risikofreudig zu bewerten. Unverständlich sei in diesem Zusammenhang insbesondere, dass die Beklagte weder durch Longe noch durch Führstrick eine Verbindung zwischen Reitlehrerin und Pferd gehalten habe. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätte sich ein Durchgehen des Pferdes durch eine Verbindung mit Führstrick, Führkette oder Longe verhindern lassen. Der Beklagten habe als Reitlehrerin in diesem Zusammenhang eine besondere Sorgfalts- und Fürsorgepflicht für ihre Reitschülerin, die Klägerin, oblegen. Hierfür sprechen auch die Verhaltensvorschriften der Deutschen Reiterlichen Vereinigung e.V., die fachliche Kriterien für einen pferdegerechten Umgang unter Berücksichtigung der Risikonormierung für Reitschüler normierten. Danach solle der Unterricht für einen absoluten Anfänger in einer möglichst geschützten Umgebung stattfinden, in der Umweltreize möglichst minimiert würden. Diese Grundsätze habe die Beklagte hier missachtet, denn sie hätte erkennen können und müssen, dass die Klägerin fachlich überfordert gewesen sei und sie zudem nicht hinreichend dicht und gesichert am Pferd „…“ gewesen sei. Ein eigenes Mitverschulden der Klägerin liege hingegen nicht vor, da Anhaltspunkte hierfür weder vorgetragen noch ersichtlich seien.

Der Höhe nach stehe der Klägerin bereits derzeit ein Anspruch auf Zahlung von Verdienstausfall in Höhe von 32.862,05 € nebst Zinsen zu, der sich ausgehend von dem vereinbarten Gehalt der Klägerin bei der Charité als dort angestellte Ärztin und unter Berücksichtigung erhaltener Lohnfortzahlungen ergebe (vgl. die Berechnungen LGU S. 11, 12).

Demgegenüber bestehe der geltend gemachte Haushaltsführungsschaden nicht, da dieser nicht nachvollziehbar dargelegt worden sei.

Zulässig und begründet sei hingegen der Feststellungsantrag, denn die Entstehung eines Schadens sei im Streitfall möglich im Umfang aber noch nicht gewiss. Insbesondere für künftige immaterielle Schäden genüge eine nicht nur entfernte Möglichkeit künftiger Verwirklichung der Schadensersatzpflicht, zumal hier verbleibende Dauerschäden naheliegend seien.

Weil die Höhe des geltend gemachten Schmerzensgeldanspruchs noch der weiteren Aufklärung bedürfe, habe die Kammer durch Grundurteil entschieden, hinsichtlich der weiteren materiellen Ansprüche durch Teilurteil und wegen des Feststellungsantrags durch abschließendes Urteil.

Hiergegen richtet sich die am 26.05.2021 beim Berufungsgericht eingelegte und am 06.08.2021 (innerhalb bis zum 12.08.2021 nachgelassener Frist) begründete Berufung der Beklagten, mit der sie ihr erstinstanzliches Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt. Zusammengefasst macht die Beklagte Folgendes geltend:

Das Landgericht habe unzutreffend durch Teilurteil wegen fehlenden Grundurteils entschieden. Insoweit sei die angefochtene Entscheidung lediglich mit „Urteil“ überschrieben; auch nach dem insoweit maßgeblichen Tenor sei ein Grundurteil nicht ergangen. Der Erlass eines Teilurteils erfordere jedoch zwingend auch die Entscheidung durch Grundurteil, um widerstreitende Entscheidungen zwischen Teil- und Schlussurteil zur Haftungsfrage zu vermeiden.

Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht in der Sache eine Haftung nach § 833 S. 1 BGB angenommen. Der vom Landgericht beauftragte Sachverständige habe sich jedoch nicht hinreichend mit der Fluchtreaktion des Pferdes „…“ auseinandergesetzt. Zu Unrecht nehme das Landgericht an, der Unterricht habe in der Halle stattfinden müssen. Nach den Vorgaben der FN sei gerade nicht vorgeschrieben, dass ein Unterricht nicht etwa auch im Freien stattfinden könne, maßgeblich sei vor allem ein eher geräuschloses Umfeld. Zudem habe sich der Sachverständige nicht damit auseinandergesetzt, dass das Pferd an Umweltgeräusche gewohnt sei. Hier komme hinzu, dass selbst bei der Verwendung eines Stricks der Unfall der Klägerin nicht hätte verhindert werden könne, jedenfalls habe der Sachverständige hierzu keine Feststellungen getroffen. Infolgedessen habe sich die Beklagte nach § 833 S. 2 2. Alt BGB exkulpieren können.

Hinsichtlich des zugesprochenen Feststellungsantrags lasse das Landgericht nicht erkennen, in Bezug auf welche immateriellen Interessen dieses bestehen solle, zumal die Begründung des Landgerichts hierzu im Konjunktiv erfolgt sei. Insoweit beruhe die landgerichtlich zugesprochene Feststellung lediglich auf Behauptungen, nicht jedoch auf festgestellten Umständen.

Schließlich habe das Landgericht auch den Verdienstausfallschaden nicht in zugesprochener Höhe zusprechen dürfen. Das Landgericht habe hierzu verkannt, dass der Änderungsvertrag der Klägerin bei der Charité, der der landgerichtlichen Schadensberechnung zugrundegelegen habe, auf den 14.02.2014 datiere und somit allenfalls ein Bruttogehalt von 85.000 € p.a. als Berechnungsgröße hätte angesetzt werden dürfen. Aus der Beauftragung des Steuerbüros der Klägerin ergebe sich nichts anderes, denn solche im Übrigen bestrittenen Berechnungen trügen nicht die Vermutung der Richtigkeit in sich. Das Landgericht hätte ihr Bestreiten jedenfalls nicht als pauschal zurückweisen dürfen, jedenfalls sei ein vorheriger Hinweis erforderlich gewesen. Zudem hätte das Landgericht selbst die Grundlagen des klägerischen Vortrags überprüfen müssen, so dass der zugesprochene Verdienstausfall zumindest um 19 % geringer ausgefallen wäre. Unabhängig hiervon hätte das Landgericht die Frage der tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit der Klägerin klären müssen, denn die hierzu getroffenen Annahmen des Landgerichts seien falsch und vorschnell getroffen worden. Da sie die Dauer der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin bestritten habe, hätte das Landgericht darlegen müssen, aus welchen Umständen heraus es die berechnete Dauer der AU habe annehmen wollen. Jedenfalls über einen Zeitraum von 18 Monaten fehle es an einer kausalen Unfallfolge. Berechtigt wäre im Übrigen lediglich der Zeitraum ab dem 01.11.2014. Mit seiner Entscheidung sei das Landgericht zudem von dem zuvor erteilten Hinweis vom 15.03.2018 abgewichen, wo zunächst Zweifel an der Berechtigung der klägerischen Arbeitsunfähigkeit geäußert worden seien. Für die fehlende AU bei der Klägerin werde Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten. Für eine fehlende Kausalität spreche insoweit auch die psychische Vorbelastung der Klägerin.

Im Übrigen wiederholt, vertieft und ergänzt die Beklagte ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 21.04.2021 - 14 O 2/20 - die Klage insgesamt abzuweisen, hilfsweise das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

Entgegen der Annahme der Berufung habe das Landgericht durch Grundurteil und Teilurteil entschieden. In der Sache ersetze die Beklagte, ohne Fehler an der landgerichtlichen Beweiswürdigung aufzuzeigen, ihre eigene Würdigung an die Stelle der Würdigung durch das Gericht, was der Berufung nicht zum Erfolg verhelfe. Unzutreffend sei auch die Annahme der Berufung, das Landgericht habe sich nicht mit den von ihr erlittenen Gesundheitsbeeinträchtigungen auseinandergesetzt, zumal die Beklagte ihrerseits kausale Verletzungen eingeräumt habe. Richtig seien auch die Ausführungen des Landgerichts zum Feststellungsantrag, denn die künftigen Schäden könnten von ihr derzeit schwerlich konkretisiert werden.

Zutreffend habe das Landgericht auch die Höhe des Verdienstausfalls bemessen, denn ihr sei im Arbeitsvertrag zum hier maßgeblichen Zeitpunkt ein Mindestgehalt von 100.000,00 € zugesagt worden.

Im Übrigen vertieft die Klägerin ihren erstinstanzlichen Vortrag.

II.

A. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die (im Übrigen zulässige) Berufung der Beklagten offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat.

Das Landgericht hat die Klage rechtsfehlerfrei dem Grunde nach für gerechtfertigt gehalten und in diesem Zusammenhang festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle weiteren Schäden, die ihr aus dem Reitunfall vom 19.09.2014 in … … entstanden sind oder noch entstehen werden, zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Dritte oder Sozialversicherungsträger und Dritte übergegangen sind oder übergehen werden. Darüber hinaus hat das Landgericht die Beklagte zutreffend im Wege eines Teilurteils zur Zahlung von 32.862,05 € (netto) nebst Zinsen verurteilt und die Kostenentscheidung insgesamt dem Schlussurteil vorbehalten. Berufungsgründe sind nicht gegeben; weder beruht das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere - für den die Beklagte günstige(re) - Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Auch eine Aufhebung des Urteils und Zurückweisung an das Landgericht gem. § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO kommt im Streitfall nicht in Betracht.

1. Ohne Erfolg macht die Berufung zunächst geltend, das Landgericht habe durch ein unzulässiges Teilurteil entschieden, ohne zugleich eine Entscheidung über den Haftungsgrund zu erlassen. Diese Annahme der Berufung trifft nicht zu:

a) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine Anspruch oder ein Teil eines Anspruchs zur Endentscheidung reif, so kann das Gericht hierüber gem. § 300 Abs. 1 S. 1 ZPO durch Teilurteil entscheiden, wobei nach § 301 Abs. 1 S. 2 ZPO über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, durch Teilurteil nur entschieden werden kann, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, darf ein Teilurteil auch bei grundsätzlicher Teilbarkeit eines Streitgegenstands nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen – auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht – ausgeschlossen ist. Eine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ist namentlich dann gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann (vgl. BGH, Urt. v. 01.03.2016 – VI ZR 437/14, NJW 2016, 1648 Rn. 30). Das gilt auch insoweit, als es um die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen geht, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden. Eine solche Gefahr besteht namentlich bei einer Mehrheit selbstständiger prozessualer Ansprüche, wenn zwischen diesen Ansprüchen eine materiell-rechtliche Verzahnung besteht oder die Ansprüche prozessual in ein Abhängigkeitsverhältnis gestellt sind. Dementsprechend darf im Fall der objektiven Klagehäufung von Leistungs- und Feststellungsbegehren, die aus demselben tatsächlichen Geschehen hergeleitet werden, nicht durch Teilurteil gesondert über einen Anspruch oder nur einen Teil der Ansprüche entschieden werden, ohne dass gleichzeitig ein Grundurteil ergeht. Ein Grundurteil darf nur dann ergehen, wenn zugleich durch (Teil-)Endurteil über den Feststellungsantrag entschieden wird (so insgesamt BGH, a.a.O., mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

b) Diese Voraussetzungen hat das Landgericht beachtet und dementsprechend wirksam durch Grund- und Teilurteil entschieden.

aa) Bei den hier von der Klägerin geltend gemachten Ansprüchen handelt es sich um Teile eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist. Alle hier in Rede stehenden klägerischen Leistungsansprüche beruhen auf dem Schadenereignis vom 19.09.2014. Sie sind der Höhe nach teilbar und bestehen unabhängig voneinander.

bb) Zur Vermeidung sich widersprechender Entscheidung im weiteren Prozessverlauf hat das Landgericht zutreffend und abschließend durch Feststellungsgrundurteil die Klage für dem Grunde nach als gerechtfertigt angesehen.

aaa) Das Grundurteil ist der Sache nach ein Feststellungsurteil. Auch wenn das Gesetz hierzu keine konkreten Vorgaben für die Abfassung des Tenors macht, lautet die Urteilsformel in der Regel dahin, dass der geltend gemachte Anspruch ganz oder teilweise dem Grunde nach gerechtfertigt ist (vgl. hierzu BeckOK ZPO/Elzer, 41. Ed. 01.07.2021, § 304 Rn. 35; MüKoZPO/Musielak, 6. Aufl. 2020, ZPO § 304 Rn. 17; Saenger, ZPO, § 304 Rn. 14; Musielak/Voit/Musielak, 18. Aufl. 2021, ZPO § 304 Rn. 10). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss sich für das Vorliegen eines Grundurteils entweder aus der Urteilsformel oder aus den Entscheidungsgründen eindeutig ergeben, ob und inwieweit der Beklagte dem Grunde nach haftet (BGH, Urt. v. 11.04.2017 – VI ZR 576/15, NJW 2018, 621, Rn. 12; Saenger, a.a.O.). Insoweit geht auch die jüngere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Verfahrensweise bei einem Grundurteil weiter als vom Kammergericht in der von der Berufung angegebenen Entscheidung v. 07.06.2019 (21 U 16/19, juris Rn. 17) angenommen. Gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Klageanspruch nur zum Teil dem Grunde nach besteht und erlässt es ein entsprechendes Grundurteil, dann hat es im Übrigen die Klage durch Teilurteil abzuweisen und darf dies nicht dem Endurteil vorbehalten, weil hinsichtlich des unbegründeten Teiles der Rechtsstreit zur Entscheidung reif ist. Über Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht im Grundurteil, sondern erst im Endurteil zu erkennen (vgl. hierzu BeckOK ZPO/Elzer, a.a.O., § 304 Rn. 35).

bbb) Diesen Anforderungen wird das angefochtene Grundurteil gerecht. Im von den Richtern unterschriebenen Original ist das angefochtene Urteil vom Landgericht – entgegen der Annahme der Berufung – nicht lediglich als „Urteil“, sondern als „Grund- und Teilurteil“ überschrieben worden (GA III 518). Die Bezeichnung des Urteils als Grundurteil genügt zwar nach der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht ohne Weiteres, wenn sich aus Urteilsformel und Entscheidungsgründung sein Charakter nicht unzweifelhaft ergeben würde. Dass das Landgericht hier hinsichtlich der Feststellungsklage durch ein Grundurteil entschieden hat und auch entscheiden wollte, ergibt sich neben der Bezeichnung zudem unzweifelhaft dadurch, dass die Kammer im Tenor die Klage dem Grunde nach für „gerechtfertigt“ angesehen hat und dies unmittelbar es den Feststellungstenor zugesprochen hat. Auch aus den Urteilsgründen ergibt sich diese Intention eindeutig. Das Landgericht hat darin ausdrücklich zwischen dem Feststellungsantrag und den bereits entscheidungsreifen materiell-rechtlichen Leistungsansprüchen unterschieden. Es hat insbesondere – soweit es die Klage teilweise für entscheidungs- und abweisungsreif gehalten hat, die Klage hinsichtlich des geltend gemachten Haushaltsführungsschadens abgewiesen. Zudem hat es – wie für ein Grund- und Teilurteil erforderlich – die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.

Die von der Beklagten hierzu vorgebrachten Einwände sind für den Senat nicht nachvollziehbar. Zwar mag in der Urteilsausfertigung - aus hier nicht weiter nachvollziehbaren Gründen – die Bezeichnung „Grund- und Teilurteil“ fehlen. Maßgeblich ist insoweit jedoch die von den Richtern des Landgerichts unterschriebene Urschrift, § 315 Abs. 1 S. 1 ZPO (vgl. hierzu MüKoZPO/Musielak, 6. Aufl. 2020, § 315 Rn. 4), die - wie dargestellt - die Bezeichnung als Grund- und Teilurteil enthält. Insbesondere ergibt sich etwas anderes nicht aus der von der Berufung angeführten Entscheidung des Kammergerichts, die – selbst wenn man die dort aufgestellten engeren Anforderungen die einen Ausspruch als Grundurteil in der Urteilsformel verlangt – hier zu keinem anderen Ergebnis führen würde. Wie bereits dargelegt, hat das Landgericht im Tenor ausdrücklich ausgesprochen, dass die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt ist und die auch nochmals in den Entscheidungsgründen bekräftigt.

2. Zu Recht hat das Landgericht im Wege der Feststellung ausgesprochen, dass die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt ist. Der Klägerin stehen aus dem schadensstiftenden Ereignis vom 19.09.2014 materielle und immaterielle Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu. Der vom Landgericht angenommene und mehr oder weniger unterstellte Anfall künftiger materieller und immaterieller Schäden liegt bei der Art, der hier bereits eingetretenen Primärfolgen durch den Reitunfall, die das Landgericht im Tatbestand des angefochtenen Urteils unwidersprochen festgestellt hat, auf der Hand. Ein Interesse an der Feststellung einer Ersatzpflicht für künftige Schadensfolgen aus einer bereits eingetretenen Verletzung eines Rechtsguts ist bereits zu bejahen, wenn die Möglichkeit besteht, dass solche Schäden eintreten (BeckOK ZPO/Bacher, 41. Ed. 1.7.2021, ZPO § 256 Rn. 24). Es entfällt hingegen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, bei schweren Verletzungen nur dann, wenn aus der Sicht des Geschädigten bei verständiger Beurteilung kein Grund bestehen kann, mit Spätfolgen wenigstens zu rechnen (vgl. BGH Beschl. v. 25.8.2016 – 2 StR 585/15, BeckRS 2016, 16406 Rn. 7; BGH, Urt. v. 15.07.1997 - VI ZR 184/96, BGHR ZPO § 256 Feststellungsinteresse 43). Das ist hier bei dem offensichtlich noch nicht abgeschlossenen Heilungsprozess der Klägerin – auch mit Blick auf die psychischen Folgen des Reitunfalls – offensichtlich nicht der Fall.

a) Die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 833 BGB liegen im Streitfall vor:

Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist gem. § 833 S. 1 BGB derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Diese Vorschrift enthält den einzigen anerkannten Fall einer Gefährdungshaftung im BGB (BeckOGK/Spickhoff, BGB, 01.05.2021, § 833 Rn. 1). Zutreffend hat das Landgericht in diesem Zusammenhang angenommen, dass die Voraussetzungen der Tierhaltergefährdungshaftung nach § 833 S. 1 BGB im Streitfall unproblematisch vorliegen. Die Beklagte ist nach den landgerichtlichen Feststellungen, gegen die die Berufung insoweit nichts erinnert, Halterin des Pferdes „…“. Durch ein Verhalten des vorgenannten Pferdes ist die Klägerin unstreitig vom Pferd geworfen worden und hat sich dadurch erhebliche Verletzungen zugezogen, die dem Grunde nach ebenfalls von der Beklagten nicht bestritten werden. Hierdurch hat sich eine typische Tiergefahr im Sinne von § 833 BGB realisiert, denn das Durchgehen eines Pferdes – etwa aufgrund von Geräuschen – entspricht der animalischen, also im Kern unberechenbaren oder instinktgemäßen Natur des Tieres (vgl. hierzu insgesamt BeckOGK/Spickhoff, a.a.O., § 833 Rn. 61) und stellt gleichsam einen "Prototyp" der Ausgestaltung dieser spezifischen Tiergefahr dar (OLG Köln, Urt. v. 09.09.2014 – 14 U 12/11, Rn. 28, juris).

b) Entgegen der von der Berufung vertretenen Rechtsauffassung hat sich die Beklagte im Streitfall auch nicht gem. § 833 S. 2 BGB exkulpiert. Die Ersatzpflicht tritt nach dieser Vorschrift nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

Zwar mag es sich bei dem den Schaden der Klägerin verursachenden Pferd „…“ um ein Haustier der Beklagten mit Nutzcharakter gehandelt haben, denn „…“ war unstreitig im Rahmen der von der Beklagten betriebenen Reitschule im Reitunterricht eingesetzt worden, für den die Klägerin an die Beklagte ein Entgelt bezahlte.

Allerdings liegt ein Haftungsausschluss zugunsten der Beklagten im Streitfall weder in der ersten noch in der zweiten Variante des § 833 S. 2 BGB vor. Aus der Formulierung von S. 2 der genannten Vorschrift folgt, dass das fehlende Verschulden in den hier erfassten Fällen als Haftungsausschlussgrund anzusehen ist, dessen Voraussetzungen der in Anspruch Genommene zu beweisen hat. Allgemein ist es demgemäß Sache des Tierhalters, darzulegen und zu beweisen, dass er die auf die Kontrolle des Tieres gerichteten Sorgfaltspflichten eingehalten hat oder etwaige Pflichtverstöße für die eingetretene Verletzung nicht kausal geworden sind (Palandt/Sprau, BGB, 81. Aufl. 2021, § 833 Rn. 21; BeckOGK/Spickhoff, a.a.O., § 833 Rn. 122; MüKoBGB/Wagner, 8. Aufl. 2020 Rn. 78, BGB § 833 Rn. 78). Unwägbarkeiten bzgl. der Ursache des schädigenden tierischen Verhaltens - etwa des Durchgehens eines Pferdes gehen zu Lasten des insoweit beweisbelasteten Tierhalters (vgl. auch OLG Köln, Urteil vom 09. September 2014 – 14 U 12/11, Rn. 31, juris; OLG Koblenz, Urteil vom 08.05.1991, 5 U 1812/90, Rn. 17, juris m.w.N.).

aa) Zunächst hat das Landgericht auf dieser Grundlage zutreffend angenommen, dass sich die Beklagte nicht mit Blick auf eine etwaige Beachtung der ihr obliegenden Sorgfaltspflichten exkulpieren konnte.

aaa) Die Konkretisierung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erfolgt ähnlich wie im Rahmen von § 276 Abs. 2 BGB. An die Führung des Entlastungsbeweises bestehen in der Praxis hohe Anforderungen (BeckOGK/Spickhoff, a.a.O., § 833 Rn. 125; BeckOK BGB/Spindler, 59. Ed. 01.08.2021, BB § 833 Rn. 31). Es genügt nicht, dass der Tierhalter nur im Allgemeinen regelmäßig bei der Beaufsichtigung eines Tieres die erforderliche Sorgfalt beobachtet, sondern es kommt auf den konkreten Haftungsfall an (BeckOGK/Spickhoff, a.a.O., § 833 Rn. 125). Maßgeblich sind im Streitfall für den Umgang mit Reitpferden und dem damit im Zusammenhang stehenden Unterricht auch jene Regeln, die durch den entsprechenden Fachverband, hier also die Deutsche Reiterliche Vereinigung e.V. (FN).

bbb) Das Landgericht konnte sich insoweit zutreffend auf die von der Kammer eingeholten Gutachten des Sachverständigen … stützen, der im Ergebnis sehr deutlich – und insoweit auch für den Senat überzeugend – ausgeführt hat, dass die Beklagte die Sicherheitsstandards, die hier für die Durchführung der zweiten Reitstunde nicht beachtet hat. Ohne Erfolg stellt die Berufung in diesem Zusammenhang darauf ab, das Landgericht habe zu Unrecht ausgeführt, der Reitunterricht habe im Fall der Klägerin in einer Reithalle stattfinden müssen. Das ist nämlich nicht der Kern des Vorwurfs, den sich die Beklagte hier machen lassen muss und auch insoweit nicht der entscheidende Punkt, auf den das Landgericht im Rahmen seiner Würdigung abgestellt hat (vgl. LGU 9). Bedenklich und somit vorwerfbar im Sinne von § 822 S. 2 BGB ist in diesem Zusammenhang nicht der Umstand des Reitunterrichts auf einem Außenplatz an sich, sondern der risikobehaftete Weg dorthin, auf dem sich letztendlich bei der Klägerin das erhöhte Risiko, das durch die Beklagte gesetzt worden war, materialisierte.

Hierzu war es bereits sorgfaltswidrig, dass die Beklagte die Klägerin auf dem Pferd „…“ neben oder vor sich hat laufen lassen, ohne hierbei eine konkrete Einwirkungsmöglichkeit durch Verwendung eines Führstrickes oder einer Führkette zu haben. Die dahingehende Sorgfaltswidrigkeit hat der Sachverständige … sowohl auf S. 6 seines Ausgangsgutachtens vom 23.07.2019 (GA II 334) als auch auf S. 4 seines Ergänzungsgutachtens (GA II 387) auch für den Senat überzeugend begründet.

Eine weitere Verletzung der gebotenen Pflichten der Beklagten gegenüber der Klägerin besteht schließlich darin, dass sie für die auf „…“ aufsitzende Klägerin einen Weg zum Reitplatz wählte, der an einem Nachbargrundstück vorbeiführte, auf dem es zu für die Beklagte nicht kontrollierten Geräuschen kommen konnte (wie hier das Ausschütten des Laubes) und dadurch ein erhöhtes Risiko bestand, dass sich ein Pferd hierdurch erschrecken kann. Daran ändert auch der Vortrag der Beklagten nichts, dass „…“ an sich brav und an Geräusche gewöhnt sei. Insoweit hat der Sachverständige mehrfach auf die möglichst geräuscharme Umgebung verwiesen, die bei einem Reitanfänger auszuwählen ist. Auch dies überzeugt den Senat, denn insoweit kommt es augenscheinlich darauf an, die Risiken, die aufgrund von Geräuscheinwirkungen auf Pferde bestehen, möglichst deshalb zu minimieren, weil ein Reitanfänger auf unerwartete Reaktionen des Pferdes noch nicht sicher reagieren kann. Selbst dann, wenn es sich bei „…“ um ein geräuschgewöhntes Pferd handeln sollte, zeigt der konkrete Vorfall doch sehr deutlich, dass aufgrund des nichtkalkulierbaren Pferdeverhaltens auch in einem solchen Fall eine Risikominimierung bei Beteiligung absoluter Reitanfänger offensichtlich geboten gewesen wäre.

Jedenfalls aber stellt die Kombination der beiden Risikoerhöhungen (fehlende Zugriffsmöglichkeit und unkontrollierte Geräuscheinwirkungsmöglichkeit) eine nicht nur unerhebliche Pflichtverletzung durch die Beklagte im Umgang mit der absoluten klägerischen Reitanfängerin dar.

bb) Entgegen der von der Berufung vertretenen Auffassung konnte sich die Beklagte auch nicht durch den Nachweis einer fehlenden Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Unfall exkulpieren. Im Streitfall ging die Unfallursache unstreitig vom Verhalten des Pferdes und nicht von einer gewollten Einwirkung der Reiterin aus (vgl. hierzu auch BGH, Urt. v. 12.01.1982 – VI ZR 188/80, Rn. 14, juris). Der Sachverständige … hat zudem zum Ausdruck gebracht, dass eine fehlende Zugriffsmöglichkeit im Streitfall das Durchgehen des Pferdes begünstigt hat und bei enger Führung des Pferdes ein Durchgehen vermutlich vermieden worden wäre. Auf dieser Grundlage kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagten der Entlastungsbeweis gelungen wäre. In den Gutachten des Sachverständigen … finden sich hierzu keinerlei Anhaltspunkte. Solche werden auch von der Berufung nicht aufgezeigt. In diesem Zusammenhang verfangen insbesondere die Spekulationen der Berufung nicht, wonach jedenfalls nicht der erste Ausreißsprung des Pferdes „…“ hätte verhindert werden können. Diese Behauptung kann durch die erhobenen Beweise nicht als feststehend angesehen werden. Im Übrigen wird es auch nach aller Lebenserfahrung nicht möglich sein, mit dem gebotenen Beweismaß bei dem vernünftige Zweifel zu schweigen haben, im Streitfall zu einem klaren Ergebnis zu gelangen, wie sich das Pferd „…“ hier wohl verhalten haben würde, wenn die Beklagte ihn die Beklagten eng an Führstrick/Führkette geführt haben würde.

Jedenfalls aber kann ausgeschlossen werden, dass die Klägerin im Streitfall vom Pferd „…“ aufgrund der Geräuscheinwirkung vom Nachbargrundstück heruntergefallen wäre, wenn sie auf fachgerechtes Anraten ihrer Reitlehrerin, der Beklagten, auf das Pferd erst in der gesicherten Umgebung des Reitplatzes oder der Reithalle mit Verbindung zur Longe aufgestiegen wäre.

Auch insoweit gingen zudem Unklarheiten – wie bereits dargelegt – zu Lasten der Beklagten.

cc) Zutreffend geht das Landgericht weiter davon aus, dass es für ein anspruchsminderndes Mitverschulden der Beklagten keinerlei Anhaltspunkte gebe. Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten nicht.

3. Das Landgericht hat die Beklagte auch zur Recht zur Zahlung eines materiellen Schadensersatzanspruches in Höhe von 32.862,05 € nebst geltend gemachter Zinsen verurteilt. Die Klägerin hat einen Verdienstausfallschaden erlitten, den der Senat im Einklang mit den Berechnungen des Landgerichts schätzt (§ 287 ZPO). Die hiergegen von der Beklagten vorgebrachten Einwände verfangen nicht.

a) Der Senat vermag zunächst der Argumentation der Beklagten nicht zu folgen, wonach das Landgericht unzutreffend von einem Verdienstausfall ausgeht der sich pro rata temporis nach einem Grundgehalt von 100.000 € bemisst. Das Landgericht hat hierzu zutreffend darauf abgestellt, dass der Klägerin ausweislich des zur Akte gereichten Schreibens des Arbeitgebers der Klägerin vom 24.01.2014 im hier maßgeblichen Zeitraum ein jährliches Bruttogehalt von 100.000 € vertraglich zugesagt war. Die Beklagte ist dem dahingehenden Vortrag der Klägerin aus der Klageschrift bereits nicht in prozessual erheblicher Art und Weise entgegengetreten. Die Beklagte hat sich lediglich mit allgemeinem Bestreiten erklärt (vgl. S. 12 der Klageerwiderung; GA I 120), was prozessual im hier zu entscheidenden Fall gem. § 138 Abs. 2, 3 ZPO nicht ausreicht. Nach diesen Vorschriften hat sich jede Partei über die vom Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären; Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, sofern nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht. Hieraus folgt, dass eine Partei, soll ihr Vortrag beachtlich sein, auf Behauptungen des Prozessgegners unter Umständen substanziiert zu erwidern hat (vgl. BGH, Beschl. v. 27.09.2007 - VII ZR 198/06, NJW-RR 2008, 112).

So liegt der Fall hier: Dass die Klägerin im fraglichen Zeitraum bei der Charité als Ärztin beschäftigt war, ist zwischen den Parteien nicht im Streit. Die Klägerin hat sodann mit den zur Akte gereichten Vertragsunterlagen, wozu auch das Bestätigungsschreiben der Charité vom 24.02.2014 und im weitesten Sinne auch die Angaben des Steuerberaters der Klägerin gehören, substanziiert ihren Verdienst dargetan und dadurch eine hinreichende Schätzungsgrundlage gem. § 287 ZPO für das Gericht substanziiert. Die Beklagte hätte zumindest erklären müssen, welchen Verdienstbetrag sie denn stattdessen ansetzt und wie ihr Bestreiten verstanden werden soll. Aus ihrem Vortrag in der Klageerwiderung wird weder klar, ob sie der Klägerin unterstellen will, sie habe die zur Akte gereichte Erklärung gefälscht und selbst hergestellt oder ob ihr Bestreiten dahingehend zu verstehen sein soll, dass bei der Charité, immerhin einer Körperschaft des öffentlichen Rechts des Landes Berlin, jemand wahrheitswidrig die Angaben im vorgenannten Schreiben vom 24.02.2014 gemacht haben soll. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang weder richterliche Hinweispflichten verletzt; auch hat die Berufung nicht dargetan, was bei Erfüllung der gerügten Hinweispflichten vorgetragen worden wäre.

Im Übrigen nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Berechnungen des Landgerichts zur Anspruchshöhe Bezug (LGU 11 f.), an deren Richtigkeit die Berufung der Beklagten keine durchgreifenden Zweifel aufzeigt.

b) Der Senat folgt weiterhin der Annahme des Landgerichts, wonach die Klägerin im Zeitraum vom 19.09.2014 bis zum 17.06.2016 infolge des Unfalls arbeitsunfähig war. Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zeigt die Berufung nicht auf. In der Berufungsbegründung lässt die Beklagte ausdrücklich aufführen, dass die Primärschäden, die auf den Reitunfall zurückzuführen sind, unstreitig sind (vgl. S. 12; GA 580). Zwar ist der Berufung insoweit zuzugeben, dass sich das angefochtene Urteil mit der Frage der Kausalität der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit (AU) der Klägerin nur kursorisch und ohne nähere Auseinandersetzung befasst hat. Die gegen die Annahme der durchgehenden AU der Beklagten erstinstanzlich vorgebrachten Einwände der Beklagten hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht unberücksichtigt gelassen. Insoweit konnte sich die Klägerin auf das zur Akte gereichte psychiatrisch-neurologische Gutachten vom 29.03.2017 (GA III 465) des Facharztes … … für das Sozialgericht Berlin stützen. Der Gutachter kommt darin nach Exploration der Klägerin (vgl. GA III 470) ab S. 12 zu dem eindeutigen Ergebnis, dass die (psychischen) Unfallfolgen bei der Klägerin ganz maßgeblich auf den Reitunfall im Jahr 2014 zurückzuführen sind (GA III, 476 f.). Die Klägerin hat ihre Arbeitsunfähigkeit auch durch entsprechende ärztliche Bescheinigungen substanziiert. Erhebliche Einwände hat die Beklagte hiergegen auch im Schriftsatz vom 23.02.2021 (GA III 552) nicht vorgebracht. Insbesondere der Umstand, dass die Klägerin bereits seit 2006 an psychischen Beeinträchtigungen gelitten habe, unterbricht die Kausalitätskette insoweit nicht. Ein Schädiger kann sich nicht darauf berufen, dass der Schaden nur deshalb eingetreten sei oder ein besonderes Ausmaß erlangt habe, weil der Verletzte infolge bereits vorhandener Beeinträchtigungen und Vorschäden besonders anfällig zur erneuten Beeinträchtigung gewesen sei. Denn wer einen gesundheitlich schon geschwächten Menschen verletzt, kann nicht verlangen so gestellt zu werden, als wenn der Betroffene gesund gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2005 - VI ZR 175/04, juris; OLG Rostock, Beschl. v. 12.07.2018 – 5 U 86/16, Rn. 39, juris).

B. Der vorliegenden Rechtssache fehlt es zudem an grundsätzlicher - über den Streitfall hinausgehender – Bedeutung. Auch ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Judikatur eine Entscheidung durch das Berufungsgericht im Urteilswege erforderlich. Eine mündliche Verhandlung ist auch im Übrigen nicht geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 ZPO). Die beabsichtigte Entscheidung betrifft einen Einzelfall und befindet sich im Übrigen im Einklang mit den Grundsätzen der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung.