Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Entscheidung

Entscheidung 2 Ws 111/21


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 2. Strafsenat Entscheidungsdatum 16.12.2021
Aktenzeichen 2 Ws 111/21 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2021:1216.2WS111.21.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss des Landgerichts Cottbus – Strafvollstreckungskammer – vom 10. Mai 2021 aufgehoben. Die Streitwertfestsetzung bleibt aufrechterhalten.

Die Sache wird zu neuer Entscheidung – auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens – an das Landgericht Cottbus zurückverwiesen.

Gründe

I.

Gegen den Verurteilten wird seit dem 6. Dezember 2016 eine lebenslange Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 11. Dezember 2002 wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge sowie versuchten Mordes in Tateinheit mit versuchten Totschlag in zwei Fällen und gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen vollstreckt. Das Landgericht ordnete zugleich die Sicherungsverwahrung an. Der Verurteilte befindet sich seit dem 30. März 2017 im Strafvollzug der Justizvollzugsanstalt … .

Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Cottbus hat durch Beschluss vom 10. Mai 2021 festgestellt, dass die dem Verurteilten seit dem 10. Mai 2019 angebotene Betreuung den gesetzlichen Anforderungen entsprochen habe, und hierzu in den Beschlussgründen auf die fortgeltenden Feststellungen im Beschluss der Kammer vom 10. Mai 2019 Bezug genommen.

Bei der Festlegung des Betreuungsangebotes sei zu berücksichtigen, dass beim Verurteilten entsprechend den im Wesentlichen übereinstimmenden Auffassungen der Sachverständigen von einer dissozialen Persönlichkeitsstörung sowie einer multiplen Störung der Sexualpräferenz auszugehen sei, bei der Therapiemöglichkeiten nur beschränkt gegeben seien. Die Justizvollzugsanstalt habe demgemäß in der Fortschreibung des Vollzugsplans vom 29. August 2020 vorgesehen, den Verurteilten zunächst an weitere Lockerungen im Strafvollzug heranzuführen, wobei im Fortschreibungszeitraum ein monatlicher Gesprächstermin mit einem Psychologen geplant sei, um eine behandlerische Basis aufzubauen. Konkrete Behandlungsmaßnahmen könnten erst benannt werden, wenn in Gesprächen mit dem Psychologen Klarheit über eine gute Arbeitsbasis erzielt wird. Zu gegebener Zeit sei zu prüfen, inwiefern die Indikation für eine Behandlung in der Sozialtherapie gestellt werden könne. Die Vollzugsplanung sei nicht zu beanstanden und entspreche den realistischerweise zu erwartenden Entwicklungsmöglichkeiten. Bei der Behandlung des Strafgefangenen im Vollzug überwiege angesichts seiner delinquenten Vorgeschichte und der Tatsache, dass er in der Vergangenheit bereits sechsmal aus dem Maßregelvollzug entwichen sei, das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit, so dass weitere Lockerungen nicht zu verantworten seien.

Da der Prozess der Integration in den Strafvollzug noch nicht abgeschlossen sei und weitere konkrete Maßnahmen erst nach Durchführung der noch bevorstehenden Einzelgespräche mit dem Psychologen entwickelt werden könnten, hat das Landgericht zudem die Überprüfungsfrist gemäß § 119a Abs. 3 StVollzG auf vier Jahre festgesetzt.

Gegen diesen Beschluss hat der Verurteilte durch seinen Verteidiger Beschwerde eingelegt.

Das Ministerium der Justiz des Landes Brandenburg ist als zuständige Aufsichtsbehörde (§ 119a Abs. 6 Satz 3, § 111 Abs. 2 StVollzG) gehört worden.

II.

Die gemäß § 119a Abs. 5 StVollzG statthafte und auch darüber hinaus zulässige Beschwerde hat Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückweisung der Sache an das Landgericht, weil der angefochtene Beschluss den Begründungsanforderungen nicht genügt.

Gemäß § 119a Abs. 6 Satz 3, § 115 Abs. 1 Satz 2 StVollzG ist in der gerichtlichen Entscheidung der Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nachgedrängt zusammenzustellen; Beschlüsse der Strafvollstreckungskammer nach § 119a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 StVollzG müssen dabei den Anforderungen genügen müssen, die § 267 StPO an die Begründung strafrechtlicher Urteile stellt (vgl. KG, Beschl. v. 6. Dezember 2018 – 2 Ws 233/18, zit. nach Juris m.w.N.). Im Hinblick auf die in § 119a Abs. 7 StVollzG geregelte Bindungswirkung ist es erforderlich, dass die Gründe, die für die richterliche Überzeugungsbildung zum Sachverhalt und für dessen rechtliche Beurteilung maßgebend gewesen sind, so wiedergegeben werden, dass sie auch von der Vollzugsbehörde und weiteren mit der Sache befassten Gerichten aus sich heraus erfasst und verstanden werden können; ein Verweis auf Aktenbestandteile ist insofern nicht zulässig, was sich auch daraus ergibt, dass eine dem § 115 Abs. 3 Sätze 3 und 4 StVollzG entsprechende Regelung zur Verweisungsmöglichkeiten nichtin die Vorschrift des § 119a Abs. 6 Satz 3 StVollzG aufgenommen wurde (vgl. BT-Drs. 17/9874, S. 29; KG, Beschl. v. 25. Februar 2020 – 2 Ws 183/19. zit. nach Juris).

Den danach geltenden Begründungsanforderungen genügt der angefochtene Beschluss nicht. Auch wenn für die gebotene Sachverhaltsschilderung eine kurze und gedrängte Zusammenfassung genügt und geboten ist (vgl. KG, aaO.), fehlt es hier an einer erforderlichen Darstellung der den Verurteilungen zugrunde liegenden Tatvorwürfe nebst Vorstrafen, des Werdegangs des Verurteilten, des Vollzugsverlaufs einschließlich der vom Landgericht erwähnten früheren Unterbringungen in Einrichtungen des Maßregelvollzugs und des konkreten Ergebnisses der Behandlungsuntersuchung seitens der Justizvollzugsanstalt. Insofern kann allein auf Grundlage des angefochtenen Beschlusses nicht nachvollziehbar beurteilt werden, von welchen Feststellungen das Gericht bei seiner Entscheidung konkret ausgegangen ist und inwiefern und auf welcher Grundlage die vollzugliche Betreuung des Verurteilten den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat.

Trotz der dem Senat im Beschwerdeverfahren nach § 119a Abs. 5 StVollzG an sich zustehenden umfassenden Prüfungs- und Entscheidungskompetenz ist bei dieser Sachlage eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung an das Landgericht veranlasst (vgl. KG, Beschl. v. 25. Februar 2020 – 2 Ws 183/19, zit. nach Juris).