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Entscheidung 10 A 20.19


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 10. Senat Entscheidungsdatum 30.09.2021
Aktenzeichen 10 A 20.19 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2021:0930.10A20.19.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 3 Abs 1 Nr 2 ROG 2008, § 2 Abs 3 S 6 RegBkPIG 2012, § 17 VwVfG, § 7 Abs 2 S 1 ROG 2008, § 10 Abs 1 S 3 ROG 2008

Tenor

Der Regionalplan Oderland-Spree, Sachlicher Teilplan „Windenergienutzung“ der Antragsgegnerin vom 28. Mai 2018, öffentlich bekannt gemacht im Amtsblatt für Brandenburg vom 16. Oktober 2018, S. 930 ff., wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Normenkontrollverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit des Regionalplans Oderland-Spree, Sachlicher Teilplan „Windenergienutzung“, aus dem Jahr 2018.

Der Antragsteller ist Miteigentümer des Flurstücks Gemarkung P ... , Flur 2 ... , Flurstück 4 ... . Das in der S ... Gemeinde  ... Amt O ... Landkreis O ...  gelegene Grundstück ist mit einem Wohnhaus bebaut, in welchem der Antragsteller mit seiner Familie lebt. Es liegt im Geltungsbereich des streitgegenständlichen Regionalplans, der im Gemeindegebiet von J ...  östlich des Ortsteils P ...  das Windeignungsgebiet 1 ...  ausweist. Im vorausgehenden Sachlichen Teilregionalplan „Windenergienutzung“ vom 4. März 2004 (veröffentlicht im Amtsblatt für Brandenburg Nr. 15 vom 21. April 2004, S. 207) war die dem Flurstück des Antragstellers zugewandte Seite des Windeignungsgebietes 1 ...  näher zu diesem gelegen, im streitgegenständlichen Plan wird die vom Flurstück des Antragstellers abgewandte Seite in östlicher Richtung weiter ausgedehnt. Nördlich, östlich und südlich des Antragstellergrundstücks befinden sich rund 30 bestandskräftig genehmigte und teils repowerte Bestandsanlagen.

Dem angefochtenen Sachlichen Teilregionalplan liegt folgendes Verfahren zugrunde:

Am 11. April 2011 beschloss die Regionalversammlung der Antragsgegnerin die Fortschreibung ihres Sachlichen Teilregionalplans „Windenergienutzung“ aus dem Jahr 2004. Ein erster Entwurf wurde von der Regionalversammlung der Antragsgegnerin am 23. April 2012 beschlossen. In der Bekanntmachung der öffentlichen Auslegung dieses Entwurfs (u.a. im Amtsblatt für Brandenburg Nr. 27 vom 11. Juli 2012, S. 977) heißt es wörtlich:

„Im Zeitraum vom 01.08.2012 bis einschließlich 01.11.2012 können schriftliche Stellungnahmen zum Entwurf des Sachlichen Teilregionalplanes „Windenergienutzung“ der Regionalen Planungsgemeinschaft Oderland-Spree mit seiner Begründung sowie zum Entwurf des Umweltberichts zum Sachlichen Teilregionalplan „Windenergienutzung“ an …[Postanschrift]… abgegeben werden. Bei der Beteiligung können elektronische Informationstechnologien ergänzend genutzt werden (E-Mail: …). Hilfsweise ist auch die persönliche Abgabe mündlicher Stellungnahmen zur Niederschrift an den Orten der öffentlichen Auslegung während der angegebenen Dienststunden möglich.“

Mit Beschluss vom 9. November 2015 bestätigte die Regionalversammlung der Antragsgegnerin den zweiten Entwurf des Sachlichen Teilregionalplans „Windenergienutzung“. In der öffentlichen Bekanntmachung über die förmliche Beteiligung zu diesem Entwurf (u.a. im Amtsblatt für Brandenburg Nr. 1 vom 13. Januar 2016, S. 27) wird formuliert:

„Während der Zeit vom 1. Februar 2016 bis 30. April 2016 können Stellungnahmen zum 2. Planentwurf und zum zugehörigen Umweltbericht abgegeben werden. Diese sind in schriftlicher Form zu richten an … [Postanschrift]… Alternativ und ergänzend (zur Vereinfachung des Verfahrens) können Stellungnahmen auch auf dem elektronischen Weg an: … [E-Mail-Adresse] … abgegeben werden.

Bei Einwendungen, die von mehreren Personen auf Unterschriftslisten unterzeichnet oder in Form vervielfältigter gleichlautender Texte eingereicht werden (gleichförmige Einwendungen) ist auf jeder mit Unterschriften versehenen Seite ein Unterzeichner mit Namen und Anschrift (in Druckschrift) als Vertreter der übrigen Unterzeichner zu bezeichnen. Der Vertreter hat durch Unterzeichnen sein Einverständnis zu bekunden.

Gleichförmige Einwendungen, welche die genannten Angaben nicht deutlich sichtbar auf jeder mit einer Unterschrift versehenen Seite enthalten oder als Vertreter nicht eine natürliche Person benennen, bleiben unberücksichtigt. Ebenso können gleichförmige Einwendungen ebenfalls unberücksichtigt bleiben, wenn Unterzeichner ihre Namen oder ihre Anschrift nicht oder unleserlich angegeben haben.“

Mit Schreiben vom 11. April 2016 erhob der Antragsteller Einwendungen gegen diesen Entwurf.

Mit Beschluss vom 30. Januar 2017 bestätigte die Regionalversammlung der Antragsgegnerin den dritten Entwurf des Sachlichen Teilregionalplans „Windenergienutzung“. In der öffentlichen Bekanntmachung über die förmliche Beteiligung zu diesem Entwurf (u.a. im Amtsblatt für Brandenburg Nr. 12 vom 29. März 2017, S. 292) wird formuliert:

„Während der Zeit vom 10. April bis zum 9. Juni 2017 können Stellungnahmen zum 3. Entwurf und seiner Begründung sowie zum zugehörigen Umweltbericht abgegeben werden. Diese sind in schriftlicher Form zu richten an … [Postanschrift]… Alternativ und ergänzend (zur Vereinfachung des Verfahrens) können Stellungnahmen auch auf dem elektronischen Weg an… [E-Mail-Adresse] … abgegeben werden. ….

Bei Einwendungen, die von mehreren Personen auf Unterschriftslisten unterzeichnet oder in Form vervielfältigter gleichlautender Texte eingereicht werden (gleichförmige Einwendungen) ist auf jeder mit Unterschriften versehenen Seite ein Unterzeichner mit Namen und Anschrift (in Druckschrift) als Vertreter der übrigen Unterzeichner zu bezeichnen. Der Vertreter hat durch Unterzeichnen sein Einverständnis zu bekunden.

Gleichförmige Einwendungen, welche die genannten Angaben nicht deutlich sichtbar auf jeder mit einer Unterschrift versehenen Seite enthalten oder als Vertreter nicht eine natürliche Person benennen, bleiben unberücksichtigt. Ebenso können gleichförmige Einwendungen ebenfalls unberücksichtigt bleiben, wenn Unterzeichner ihre Namen oder ihre Anschrift nicht oder unleserlich angegeben haben“

In der Folge wog die Antragsgegnerin die erhobenen Einwendungen ab und kam zu dem Ergebnis, den vom Antragsteller geltend gemachten Belastungen werde mit der zwecks Wahrung eines Mindestabstands von 800 m zur Wohnbebauung beabsichtigten Reduzierung des Windeignungsgebietes 17 in Richtung Petersdorf Rechnung getragen.

Am 28. Mai 2018 beschloss die Regionalversammlung der Antragsgegnerin den Sachlichen Teilplan „Windenergienutzung“ zum Regionalplan Oderland-Spree als Satzung (Beschluss Nr. 18/08/38). Am selben Tag unterzeichnete der Vorsitzende der Regionalversammlung eine Reinschrift des Satzungstextes. Die Gemeinsame Landesplanungsabteilung genehmigte die Satzung mit Bescheid vom 8. August 2018. Daraufhin fertigte der Vorsitzende der Regionalversammlung die textlichen Festlegungen sowie die Festlegungskarte unter dem 27. August 2018 aus.

Mit Bekanntmachung des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung vom 29. August 2018 wurde der Plan im Amtsblatt für Brandenburg Nr. 41 vom 16. Oktober 2018, S. 930, bekannt gemacht. Im Einleitungssatz der Bekanntmachung heißt es, der von der Regionalversammlung am 28. April 2018 beschlossene Regionalplan Windenergienutzung sei genehmigt worden. Unter dem Bekanntmachungstext sind der Satzungstext und der Regionalplan jeweils auf den 28. Mai 2018 datiert wiedergegeben.

Der Sachliche Teilregionalplan enthält textliche und zeichnerische Festlegungen zur Steuerung der Windenergie. In der als Ziel der Raumordnung bezeichneten textlichen Festlegung 3.1 Z 1 werden 33 Flächen als Windeignungsgebiete festgelegt (Satz 4). Zudem wird bestimmt, dass raumbedeutsame Windenergieanlagen in den ausgewiesenen Eignungsgebieten zu konzentrieren sind (Satz 1), außerhalb dieser Eignungsgebiete die Errichtung raumbedeutsamer Windenergieanlagen ausgeschlossen ist (Satz 2) und innerhalb dieser Gebiete raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen die Eignung für die Windenergienutzung nicht beeinträchtigen dürfen (Satz 3).

Der Antragsteller hat am 29. August 2019 einen Antrag auf Normenkontrolle zur Überprüfung des streitgegenständlichen sachlichen Teilplans gestellt, der der Antragsgegnerin am 16. September 2019 vom Gericht zugestellt worden ist. Er trägt vor:

Sein Grundstück bündele exemplarisch alle ungünstigen Rahmenbedingungen und denkbaren Planungsfehler des vorausgehenden Planes. Es sei halbkreisförmig von Bestandsanlagen umstellt, sofern man deren Rotordurchmesser berücksichtige, und in hohem Maße durch Schall, Schattenschlag und Befeuerung beeinträchtigt, dabei sei der Pegel für tieffrequenten Schall um 14dB überschritten. Er führe Rechtsstreitigkeiten gegen Gemeinde und Genehmigungsbehörde mit den Zielen Rückbau und Betriebsbeschränkung und werde gegen künftige Genehmigungen klagen. Ob der neue Regionalplan den Mindestabstand des Windeignungsgebietes 1 ...  von 500 auf 800 Metern erhöhe, sei infolge des gewählten Maßstabs der Plankarte nicht ermittelbar.

Seine Antragsbefugnis folge aus dem planungsrechtlichen Abwägungsgebot des § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG. Wenn und soweit das Interesse des privaten Antragstellers an der Abwehr planbedingter Folgemaßnahmen zum notwendigen Abwägungsmaterial gehöre, werde es von dem durch § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG vermittelten Recht auf gerechte Abwägung erfasst, dessen mögliche Verletzung die Antragsbefugnis begründe. Hier sei das Ausmaß der Betroffenheit durch die bereits errichteten Anlagen und die Verlärmung des Grundstücks nicht gerecht abgewogen worden, ferner sei verkannt worden, dass die Belastung durch tieffrequenten Schall und unzulässigen Schattenschlag sich allein dadurch zuverlässig vermeiden lasse, dass der Abstand des Windeignungsgebietes 1 ...  zum Wohnhaus auf mindestens 2000 Meter vergrößert werde. Diesen raumordnerischen Belang könne er wegen der innergebietlichen Durchsetzungskraft der Windenergienutzung im späteren Genehmigungsverfahren nicht mehr geltend machen, denn mit der Festlegung von Windeignungsgebieten würden auch innergebietlich Ziele der Raumordnung festgelegt, die die Aussage enthielten, dass der Errichtung und dem Betrieb von raumbedeutsamen Windenergieanlagen auf diesen Flächen andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstünden, nachdem eine abschließende Abwägung mit den konkurrierenden raumbedeutsamen Belangen stattgefunden habe. Er könne nicht auf die Anfechtungsmöglichkeit in Genehmigungsverfahren verwiesen werden, in deren Rahmen er den Standort und optische Beeinträchtigungen nicht mehr rügen könne.

Die öffentliche Bekanntmachung der Auslegung des zweiten und dritten Entwurfes sei fehlerhaft, weil sie unzureichend nicht auf die Möglichkeit hinweise, Einwendungen auch mündlich „zur Niederschrift“ vorzutragen, irreführend den Eindruck erwecke, dass eine alleinige E-Mail-Übersendung nicht genüge und zudem gesetzlich nicht vorgesehene unzulässige Einschränkungen und Hürden für gleichlautende Einwendungen von mehr als fünfzig Personen enthalte. Weiter beanstandet der Antragsteller in formeller Hinsicht die fehlerhafte Bekanntmachung mit unklarem und unvollständigem Inhalt sowie unrichtiger Datierung, die fehlende Anstoßfunktion aufgrund unzureichender Bezeichnung des Plangebietes und das Absehen von einer erneuten Beteiligung nach einer Herabstufung harter zu weichen Tabukriterien im Planungskonzept. Seine materiellen Rügen beziehen sich auf eine fehlerhafte Zuordnung einzelner harter und weicher Tabukriterien, die unterstellte Rechtswirksamkeit des vorausgehenden Regionalplans, die fehlende Bestimmtheit der Windeignungsgebietsgrenzen, eine unzureichende Berücksichtigung des mit wachsender Anlagengröße zunehmenden Störpotentials, Abwägungsfehler bezüglich Mikroklimas und Artenschutzes sowie hinsichtlich seines Grundstücks das Fehlen der gebotenen Einzelabwägung.

Der Antragsteller beantragt,

die Satzung über den Sachlichen Teilregionalplan „Windenergienutzung“ der Regionalen Planungsgemeinschaft Oderland-Spree, beschlossen am 28. Mai 2018, bekannt gemacht im Amtsblatt für Brandenburg Nr. 41 vom 16. Oktober 2018, S. 930, für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Normenkontrollantrag zurückzuweisen.

Sie tritt dem Antrag entgegen und trägt vor:

Der Normenkontrollantrag sei bereits unzulässig. Der Antragsteller sei nicht antragsbefugt und ihm fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Festsetzung weder eine unmittelbare Belastung noch eine mittelbare Vorwirkung für den Einzelnen begründe. Die Ausschlusswirkung der Festsetzungen beschränke sich auf die Unzulässigkeit von Anlagen außerhalb der Windeignungsgebiete und die bereits abgewogenen öffentlichen Belange, entfalte jedoch keine Vorwirkung für private Belange, bezüglich derer sich der Betroffene darauf verweisen lassen müsse, sie in nachfolgenden Bauleitplanungs- oder Genehmigungsverfahren geltend zu machen. Eine individuelle Abwägung der Antragstellerbelange sei nicht geboten, da sich der Plangeber wegen des nur groben Rasters raumordnerischer Abwägung auf eine typisierende Berücksichtigung von Gruppenbelangen beschränken und die individuelle Feinsteuerung dem Genehmigungsverfahren überlassen dürfe. Auch seien an der zum Antragsteller gelegenen Seite des Windeignungsgebietes 1 ...  bereits so viele Anlagen errichtet und kürzlich repowert worden, dass ein weiterer Zuwachs dort ausgeschlossen sei. Da die betreffenden Genehmigungen bestandskräftig seien, könne der vorliegende Antrag keinen rechtlichen oder tatsächlichen Vorteil mehr bringen. Ein Repowering sei in den nächsten Jahren nur in mehr als 2000 Metern Entfernung möglich, die abstrakte Änderungsmöglichkeit genüge nicht, um ein Rechtsschutzbedürfnis bezüglich bereits verwirklichter Planfestsetzungen zu bejahen. Bezüglich künftiger Anlagen könne der Antragsteller Rechtsmittel einlegen und inzident den Plan überprüfen lassen.

Hilfsweise trägt sie im vorliegenden Verfahren sowie unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen in den zur gemeinsamen Verhandlung verbundenen Parallelverfahren vor, dass der Normenkontrollantrag unbegründet sei.

Verfahrensfehler seien nicht gegeben. Eines Hinweises darauf, dass die Stellungnahmen auch zur Niederschrift hätten eingereicht werden können, habe es nicht bedurft. Die Bereitschaft, Stellungnahmen in dieser Weise abzugeben, sei schon angesichts des größeren räumlichen Umgriffs von Raumordnungsplänen und der damit verbundenen größeren Entfernung zu den Stellen, bei denen die Stellungnahmen abgegeben werden könnten, nicht vorhanden. Einem Bürger mit durchschnittlichem Auffassungsvermögen könne zugemutet werden, sich bei auskunftsbereiten Bediensteten nach den ausgelegten Planungsunterlagen zu erkundigen. Weniger wortgewandte Bürger könnten sich der Hilfe Dritter bedienen; bei Bürgern, die nicht lesen und schreiben könnten, sei es sehr wahrscheinlich, dass dies auch geschehe. Es sei ausgeschlossen, dass Bürger durch die erörterte Einschränkung von der Abgabe einer Stellungnahme abgehalten worden sein könnten, da kein abwägungsrelevanter Hinweis ausschließlich von Bürgern gekommen und deshalb bei der vom Gericht anzustellenden lebensnahen Betrachtung vernünftiger Weise auszuschließen sei, dass der behauptete Fehler Auswirkungen auf die Abwägung und ihr Ergebnis gehabt habe.

Auch die im Rahmen der Bekanntmachung der Auslegung des zweiten und dritten Entwurfs formulierten Einschränkungen für so genannte Masseneinwendungen wiesen auf keinen Verfahrensmangel. Die Regelungen in § 17 Abs. 1 und 2 VwVfG seien anwendbar. Es handele sich nicht um einen beachtlichen Fehler i.S.d. § 11 Abs. 1 ROG i.V.m. § 27 ROG. Man habe lediglich das Verfahren strukturieren wollen. Es liege kein einziger Hinweis oder keine einzige Beschwerde über eine Beschränkung von Bürgern vor, es sei vernünftigerweise ausgeschlossen, dass eine Gruppe von über fünfzig Bürgern sich nicht zu Wort gemeldet hätte. Tatsächlich seien keine Masseneinwendungen ausgeschlossen worden. Deren Berücksichtigung hänge von der Qualität der Äußerung, nicht von der Quantität der Unterzeichner ab, daher sei es irrelevant, ob einzelne Personen sich von einer Beteiligung abgehalten gefühlt haben könnten.

Ferner tritt sie den übrigen Mängelrügen entgegen.

Der Senat hat im Vorfeld der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass nach seiner vorläufigen Einschätzung hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Sachlichen Teilplans der Antragsgegnerin Bedenken beständen. Er hat die Verfahren OVG 10 A 9.18, OVG 10 A 17.19, OVG 10 A 20.19 und OVG 10 A 22.19 zur gemeinsamen Verhandlung miteinander verbunden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und des Aufstellungsvorgangs der Antragsgegnerin verwiesen, der – soweit entscheidungserheblich – Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.

1. Der Antrag ist zulässig.

a) Der Normenkontrollantrag ist innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO eingegangen. Der angefochtene Plan wurde im Amtsblatt für Brandenburg, Nr. 41 vom 16. Oktober 2018, S. 930, bekanntgemacht; am 29. August 2019 hat der Antragsteller seinen Normenkontrollantrag beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gestellt.

b) Der Antragsteller ist antragsbefugt.

Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde stellen (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO).

Für die aus dem planungsrechtlichen Abwägungsgebot herzuleitende Antragsbefugnis zur Stellung eines Normenkontrollantrags gegen einen raumordnungsrechtlichen Plan gelten im Grundsatz dieselben Anforderungen wie etwa im Falle eines Normenkontrollantrags gegen einen Bebauungsplan. Ein Antragsteller muss also hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch bestimmte Regelungen des raumordnungsrechtlichen Plans oder deren Anwendung in seinem Recht auf ordnungsgemäße Abwägung seiner Belange verletzt wird. Das wiederum setzt voraus, dass er einen eigenen Belang als verletzt benennt, der für die Abwägung überhaupt zu beachten war (BVerwG, Beschluss vom 13. November 2006 – BVerwG 4 BN 18.06 – juris Rn. 6; im Anschluss daran Senatsurteil vom 25. Oktober 2007 – OVG 10 A 2.06 – juris Rn. 19; OVG Bln-Bbg, Urteil vom 23. Mai 2019 – OVG 2 A 4.19 – juris Rn. 33; Beschluss vom 14. September 2010 – OVG 2 A 1.10 – juris Rn. 23).

Die Anforderungen an die Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinne der vorgenannten Norm dürfen nicht überspannt werden. Erforderlich, aber auch ausreichend für die Antragsbefugnis ist, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen der Satzung in einem subjektiven Recht verletzt ist. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind dabei keine höheren Anforderungen zu stellen als nach § 42 Abs. 2 VwGO. Demnach ist die Antragsbefugnis nur zu verneinen, wenn die Verletzung eines Rechtes offensichtlich nach keiner Betrachtungsweise möglich erscheint (vgl. Senatsurteile vom 21. November 2019 – OVG 10 A 12.16 – juris Rn. 29 und vom 2. März 2021 – OVG 10 A 2.17 – EA S. 12 ff., jeweils m.w.N.).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Festlegung von Eignungsgebieten ist nicht nur bezüglich ihrer außergebietlichen Ausschlusswirkung als Ziel der Raumordnung zu bewerten, sondern es handelt sich auch innergebietlich um Ziele der Raumordnung i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG 2008, d.h. um verbindliche, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen Festlegungen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. Mai 2019 - OVG 2 A 4.19 - juris Rn. 71; Hinweisbeschluss des Senats vom 14. September 2020 – OVG 10 A 17.17 - juris Rn. 133 f., jeweils m.w.N. auch zur Gegenansicht). Die der Festlegung zugrundeliegende abschließende Abwägung erstreckt sich gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG 2008 auf alle öffentlichen und privaten Belange, die auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind. Nichts anderes folgt daraus, dass der Senat in seinem von der Antragsgegnerin in Bezug genommenen Urteil vom 11. April 2006 - OVG 10 A 12.05 – einer regionalplanerischen Festsetzung keine Vorwirkung hinsichtlich privater Belange beigemessen hat, denn nach der dort maßgeblichen Fassung des Raumordnungsgesetzes vom 28. April 1993 war eine Berücksichtigung privater Belange im Rahmen des Erlasses von Raumordnungsplänen noch nicht vorgesehen (dazu vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. November 2006 – BVerwG 4 BN 18.06 – juris Rn. 8 ff. m.w.N.).

Zutreffend geht der Antragsteller davon aus, dass seine privaten Belange nicht erst auf der Ebene der Anlagengenehmigung Berücksichtigung finden, sondern bereits im Rahmen der planerischen Festlegung zu berücksichtigen waren bzw. berücksichtigt worden sind. Im Rahmen der vorliegenden Planfortschreibung hat die Antragsgegnerin mit der Festlegung des Abstands zur Wohnbebauung als weiches Ausschlusskriterium Nr. 2.1 (Abstand von 800 m) und als Restriktionskriterium Nr. 3.1 (Abstand von 800 m bis 1.000 m) die privaten Belange jedenfalls der in diesem Radius lebenden Personen in die der Ausweisung von Eignungsgebieten zugrundeliegende Abwägung einbezogen. Da das Haus des Antragstellers auch nach Ansicht der Antragsgegnerin etwa 800 Meter von der östlichen Grenze des Windeignungsgebietes 1 ...  entfernt liegt, sind seine privaten Belange daher in die planerische Abwägung eingeflossen. Schon deshalb ist eine Verletzung seines Rechts auf ordnungsgemäße Abwägung nicht offensichtlich nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen.

c) Es besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag. Die diesbezüglichen Einwände der Antragsgegnerin verfangen nicht.

Wie bei Normenkontrollanträgen gegen Bebauungspläne ist bei bestehender Antragsbefugnis regelmäßig auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse gegeben; es lässt sich nur ganz ausnahmsweise verneinen. Das Erfordernis eines Rechtsschutzbedürfnisses dient dazu, Gerichte von einer Normprüfung freizustellen, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist, weil es seine Rechtsstellung nicht verbessern kann. Es ist aber nicht erforderlich, dass die begehrte Erklärung einer Norm als unwirksam unmittelbar zum eigentlichen Rechtsschutzziel führt. Die Inanspruchnahme des Gerichts ist für den Antragsteller indessen nutzlos, wenn bei einer Unwirksamkeit der angegriffenen Norm die Vorgängerregelung wieder auflebt und der Antragsteller nach dieser den gleichen Verboten und Beschränkungen unterliegt oder die Vorgängerregelung für den Antragsteller ungünstiger ist und er seine Rechtsposition daher verschlechtert. Das Rechtsschutzinteresse kann in derartigen Konstellationen indes zu bejahen sein, wenn die begehrte Entscheidung für den Betroffenen aus tatsächlichen Gründen vorteilhaft ist. Unnütz wird das Normenkontrollgericht nur dann in Anspruch genommen, wenn der Antragsteller unabhängig vom Ausgang des Normenkontrollverfahrens keine reale Chance hat, sein eigentliches Ziel zu erreichen (zu alledem s. Senatsurteile vom 21. November 2019 – OVG 10 A 12.16 – juris Rn. 33 und vom 2. März 2021 – OVG 10 A 17.17 – juris Rn. 76, jeweils m.w.N.).

An diesen Grundsätzen gemessen lässt sich ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers nicht verneinen. Zwar würde im Fall des begehrten Ausspruchs der mit dem streitgegenständlichen Plan fortgeschriebene Sachliche Teilregionalplan „Windenergienutzung“ vom 4. März 2004 fortgelten, der ein Windeignungsgebiet 1 ...  ausweist, dessen Grenzen näher am Grundstück des Antragstellers liegen als nach der streitgegenständlichen Fortschreibung. Der Antragsteller könnte seine Rechtsstellung mit einem stattgebenden Normenkontrollurteil gleichwohl verbessern, weil eine Neuaufstellung erfolgen müsste und die Antragsgegnerin dabei zur Anpassung ihres Regionalplans an die weitere Entwicklung verpflichtet wäre (vgl. § 2 c Abs. 1 Satz 1, § 2 Abs. 2 Satz 2 RegBkPlG) und sie die vom Senat in einem stattgebenden Urteil festgestellten rechtlichen Anforderungen zu beachten hätte (vgl. SächsOVG, Urteil vom 25. März 2014 – 1 C 4/11 – juris Rn. 37). Es erscheint daher nicht vollständig ausgeschlossen, dass die Antragsgegnerin in einem späteren Regionalplan eine für den Antragsteller günstigere Regelung trifft.

Dem Rechtsschutzbedürfnis steht auch nicht entgegen, dass sich auf der dem Antragsteller zugewandten Seite des Windeignungsgebietes mehrere bestandskräftig genehmigte Anlagen befinden, deren Repowering erst vor kurzem erfolgt ist, denn die Reichweite des nachfolgenden Bestandsschutzes dieser Anlagen ist geringer als die Perpetuierung der planungsrechtlichen Zulässigkeit ihrer Errichtung und Veränderung im Rahmen eines bestehenden Regionalplanes, insbesondere, was die Möglichkeit eines Repowerings betrifft. Darauf, ob solche Maßnahmen konkret und in absehbarer Zeit zu befürchten sind, kommt es nicht an.

2. Der Antrag ist auch begründet.

a) Der Sachliche Teilplan leidet an formellen Mängeln. Die öffentlichen Auslegungen des zweiten und dritten Planentwurfes erweisen sich als fehlerhaft. Die Texte der Bekanntmachung der öffentlichen Auslegung beider Entwürfe werden ihrer Anstoßfunktion [dazu aa)] nicht gerecht. Sie enthalten unzulässige Einschränkungen, soweit sie für interessierte Bürger lediglich die Möglichkeit vorsehen, Stellungnahmen schriftlich oder auf elektronischem Wege abzugeben [dazu bb) (1)]. Darüber hinaus entspricht die Bekanntmachung der öffentlichen Auslegung beider Entwürfe nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil in dem Bekanntmachungstext für so genannte Masseneinwendungen bzw. gleichförmige Einwendungen Einschränkungen formuliert sind [dazu bb) (2)].

aa) Der angefochtene Sachliche Teilplan ist mit Blick auf die Bekanntmachung der öffentlichen Auslegung des zweiten und dritten Entwurfs unter Verletzung der Regelungen in § 10 Abs. 1 Satz 3 ROG in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2986 – im Folgenden: ROG 2008)

- sie lautet: „Ort und Dauer der Auslegung sind mindestens eine Woche vorher öffentlich bekannt zu machen; dabei ist unter Angabe einer Frist, die zumindest der Auslegungsfrist entspricht, darauf hinzuweisen, dass Stellungnahmen abgegeben werden können.“ –,

und § 2 Abs. 3 Satz 7 RegBkPlG in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Gesetzes zur Regionalplanung und zur Braunkohlen- und Sanierungsplanung vom 8. Februar 2012 (GVBl. I Nr. 13 S. 3 – im Folgenden: RegBkPlG 2012)

- dort ist formuliert: „Die Bekanntmachung enthält den Hinweis, dass Stellungnahmen innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten ab Beginn der Auslegung abgegeben werden können.“ –

zustande gekommen und bereits aus diesem Grunde unwirksam.

Die Bekanntmachung der Auslegung des Entwurfs eines Regionalplans hat eine Anstoßfunktion. Sie muss daher in einer Weise erfolgen, die geeignet ist, dem an der beabsichtigten Planung interessierten Bürger sein Interesse an Information und Beteiligung durch Anregung und Bedenken bewusst zu machen und dadurch eine auf die betroffene Region bezogene Öffentlichkeit herzustellen (so zu einem Bauleitplan BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1984 – BVerwG 4 C 22.80 – juris Rn. 15). Die Beteiligungsberechtigten sollen dazu bewegt werden, sich am Ort der Auslegung des Planentwurfs zu den angegebenen Zeiten über die Planungsabsichten zu informieren und gegebenenfalls mit Anregungen und Bedenken zur Planung beizutragen (zur Anstoßwirkung nach § 3 Abs. 2 BauGB BVerwG, Beschluss vom 17. September 2008 – BVerwG 4 BN 22.08 – juris Rn. 4; im Anschluss daran zur Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen Schubert, in: Kment, Raumordnungsgesetz mit Landesplanungsrecht, Kommentar, 1. Aufl. 2019, § 9 Rn. 60). Die öffentliche Bekanntmachung darf vor diesem Hintergrund grundsätzlich keine Zusätze oder Einschränkungen enthalten, die geeignet sein könnten, auch nur einzelne an der Regionalplanung interessierte Bürger von der Erhebung von Stellungnahmen abzuhalten (so bereits zur Bauleitplanung BVerwG, Beschlüsse vom 11. April 1978 – BVerwG 4 B 37.78 – juris Rn. 2; vom 28. Januar 1997 – BVerwG 4 NB 39.96 – juris Rn. 6; vom 27. Mai 2013 – BVerwG 4 BN 28.13 – juris Rn. 7; Reidt, in: Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Aufl. 2014, Rn. 498 f.; s. aus jüngster Zeit Schmidt-Eichstaedt, ZfBR 2020, 350; ebenso zur Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen BVerwG, Beschluss vom 10. Juni 2020 – BVerwG 4 BN 55.19 – juris Rn. 5; OVG Schl-H, Urteil vom 20. Januar 2015 – 1 KN 6/13 – juris Rn. 53; OVG LSA, Urteil vom 21. Oktober 2015 – 2 K 19/14 – juris Rn. 46; Schubert, in: Kment, a.a.O.). Insbesondere aus dem Hinweis auf die Form des Vorbringens von und die Anforderungen an Stellungnahmen dürfen keine unzulässigen Hindernisse für das Vorbringen hervorgehen. Eine bestimmte Form der Stellungnahme sieht das Gesetz nicht vor (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Juni 2020, a.a.O.). Stellungnahmen können schriftlich, elektronisch, mündlich oder zur Niederschrift abgegeben werden (OVG LSA, Urteil vom 21. Oktober 2015, a.a.O.).

bb) Die Bekanntmachungen des zweiten und dritten Entwurfs enthalten Angaben, die von der Planung Betroffene davon abhalten könnten, sich mit Einwendungen oder Hinweisen an dem Verfahren zu beteiligen.

(1) Die Auslegungsbekanntmachungen des zweiten und dritten Entwurfs schränken die Möglichkeit der Beteiligungsberechtigten, eine Stellungnahme abzugeben, in unzulässiger Weise ein, soweit sie jeweils darauf hinweisen, dass Stellungnahmen an die Post- oder die E-Mail-Adresse der Antragsgegnerin zu senden seien. Diese Hinweise erwecken bei einem verständigen Leser den Eindruck, dass die Stellungnahmen schriftlich einzureichen sind (ebenso zum Sachlichen Teilplan „Windnutzung, Rohstoffsicherung und -gewinnung“ der Regionalen Planungsgemeinschaft Uckermark-Barnim: Senatsurteil vom 2. März 2021 – OVG 10 A 17.17 – juris Rn. 96 ff.).

Die im vorliegenden Zusammenhang eingangs zitierten Regelungen enthalten keine Beschränkung auf schriftlich zu formulierende und elektronisch zu versendende Stellungnahmen. Diese können vielmehr auch zur Niederschrift abgegeben werden (s. zu einem Fall, in dem das Erfordernis der Abgabe schriftlicher Stellungnahmen aufgestellt wurde: BVerwG, Beschluss vom 10. Juni 2020 – BVerwG 4 BN 55.19 – juris Rn. 6 ff.; zu entsprechenden unzulässigen Einschränkungen s. auch Edenharter, in: Cholewa/Dyong/von der Heide/Arenz, Raumordnung in Bund und Ländern, Stand: September 2019, § 9 ROG 2017 Rn. 25; Hendler, in: a.a.O., § 10 ROG 2008 Rn. 18; zur entsprechenden Unzulässigkeit von Bekanntmachungen nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB: VGH BW, Urteil vom 15. September 2004 – 8 S 2392/03 – juris Rn. 15 m.w.N.; Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielen¬berg/Krautz¬berger, Baugesetzbuch, Stand: Mai 2021, § 3 Rn. 47; Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Weiss, BauGB/BauNVO, 7. Aufl. 2013, § 3 BauGB Rn. 27; Krumb, in: Rixner/Biedermann/Charlier, Systematischer Praxis-Kommentar BauGB/BauNVO, § 3 BauGB Rn. 27). Aus ihrer Funktion folgt lediglich, dass sie schriftlich fixiert sein müssen; nur so können sie verlässlich in die weiteren Überlegungen der planenden Behörde einfließen (BVerwG, Beschluss vom 07. Juni 2021 - 4 BN 50/20 - juris Rn. 3, m.w.N). Der unter Bezugnahme auf eine im Schrifttum vereinzelt gebliebene Äußerung (vgl. Runkel, in: Spannowsky/Run¬kel/Goppel, ROG, 2. Aufl. 2018, § 9 Rn. 24) von der Antragsgegnerin hervorgehobene Umstand „des größeren räumlichen Umgriffs von Raumordnungsplänen“ und die von ihr daran geknüpfte Annahme, wegen der damit verbundenen Entfernung zu den öffentlichen Stellen, bei denen die Unterlagen eingesehen und Stellungnahmen abgegeben werden könnten, sei die Bereitschaft zur Abgabe vor Ort im Wege der Niederschrift nicht vorhanden –, ändern an dem Gesetzesbefund nichts. Abgesehen davon genügt es bereits, wenn Einschränkungen geeignet sind, auch nur einzelne interessierte Bürger von der Erhebung einer Stellungnahme abzuhalten. Das ist hier auch unter Berücksichtigung der Kritik der Antragsgegnerin der Fall, weil jedenfalls ein Teil der in Betracht kommenden Bürger keine großen, mithin also keine unzumutbaren Entfernungen bewältigen müsste, um die maßgeblichen öffentlichen Stellen zu erreichen. Dass es in jedem Fall unzumutbar wäre, für einen Bürger der Stadt Frankfurt (Oder) oder der Landkreise Märkisch-Oderland und Oder-Spree diese Stellen aufzusuchen, behauptet auch die Antragsgegnerin nicht.

Die Beschränkung auf schriftlich abzugebende Stellungnahmen kann jedenfalls weniger wortgewandte Personen, die auf Formulierungshilfen angewiesen sind, davon abhalten, ihre Einwendungen und Anregungen zu dem Plan vorzubringen (so bereits OVG Bln-Bbg, Urteil vom 23. Mai 2019 – OVG 2 A 4.19 – juris Rn. 42; in diesem Sinne auch die die Rechtsauffassung des 2. Senats bestätigende Auffassung in BVerwG, Beschluss vom 10. Juni 2020 – BVerwG 4 BN 55.19 – juris Rn. 6). Angesichts der auch für einen mündigen Bürger mit durchschnittlichem Auffassungsvermögen klaren Formulierung der hier erörterten Hinweise vermittelt der Bekanntmachungstext auch keinen Anlass für eine Nachfrage bei den Bediensteten der Antragsgegnerin, ob Stellungnahmen im Wege der Niederschrift vor Ort abgegeben werden können. Für eine entsprechende – mehrdeutige – Interpretation bietet der Hinweis auf die Form der Stellungnahme keinen Anhalt. Deshalb führen die Verweise der Antragsgegnerin auf Entscheidungen des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Urteil vom 19. Mai 2011 – 1 KN 138/10 – juris) und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Urteil vom 15. Juni 2016 – 5 S 1375/14 – juris) nicht weiter.

Soweit die Antragsgegnerin meint, von einem weniger wortgewandten oder einem des Lesens und Schreibens unkundigen Bürger sei zu erwarten, dass er sich einer Hilfsperson bediene, die ihm bei der Formulierung seines Anliegens zur Seite stehe, bleibt diese Annahme spekulativer Natur. Dass es einen entsprechenden Erfahrungssatz gibt, lässt sich nicht erkennen. Ungeachtet dessen könnte das damit verbundene Erfordernis zu einer weiteren Hürde für einzelne Bürger in der beschriebenen Situation führen, Einwendungen gegen die Planung vorzutragen.

Ob Mitarbeiter der Antragsgegnerin tatsächlich Stellungnahmen von Bürgern im Wege der Niederschrift entgegengenommen haben, ist ohne rechtliche Bedeutung. Maßgeblich ist die Fassung des Auslegungsbekanntmachungstextes und der durch ihn vermittelte (objektive) Eindruck für interessierte Bürger; es kommt darauf an, ob der Hinweis auf die Form der Stellungnahme die Gefahr birgt, dass ein interessierter Bürger, der zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme nicht in der Lage ist, andere Möglichkeiten der Beteiligung von vornherein nicht in Erwägung zieht (s. dazu BVerwG, Beschluss vom 10. Juni 2020 – BVerwG 4 BN 55.19 – juris Rn. 6). Vor diesem Hintergrund hilft auch die Spekulation der Antragsgegnerin nicht weiter, es sei vollkommen ausgeschlossen, dass Bürger durch die erörterte Einschränkung von der Abgabe einer Stellungnahme abgehalten worden sein könnten. Das lässt sich gerade nicht feststellen und wird von der Antragsgegnerin auch nicht plausibel unterlegt. Soweit sie anknüpfend an die besagte Behauptung darauf hinweist, dass von Bürgern ohnehin kein abwägungsrelevanter Hinweis gekommen sei, und dies mit der Schlussfolgerung verbindet, dass der hier diskutierten Einschränkung letztlich keine Bedeutung für die Abwägung beigemessen werden könne, bewegt sie sich wiederum im Bereich des Spekulativen und verkennt den anzuwendenden Maßstab.

(2) Bei den in der Bekanntmachung der öffentlichen Auslegung des zweiten und dritten Planentwurfs enthaltenen Hinweisen bei Einwendungen, die von mehr als 50 Personen auf Unterschriftslisten unterzeichnet oder in Form vervielfältigter gleichlautender Texte eingereicht werden (gleichförmige Einwendungen), handelt es sich ebenfalls um unzulässige Einschränkungen des Rechts interessierter Bürger, Stellungnahmen abzugeben (ebenso zum Sachlichen Teilplan „Windnutzung, Rohstoffsicherung und -gewinnung“ der Regionalen Planungsgemeinschaft Uckermark-Barnim: Senatsurteil vom 2. März 2021 – OVG 10 A 17.17 – juris Rn. 102 ff.).

In dem Urteil des 2. Senats des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (– OVG 2 A 4.19 – juris) zum Sachlichen Teilregionalplan „Windenergienutzung“ der Regionalen Planungsgemeinschaft Lausitz-Spreewald vom 23. Mai 2019 wird hierzu – für den Senat überzeugend (s. dazu auch die bestätigenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts in dessen Beschluss vom 10. Juni 2020 – BVerwG 4 BN 55.19 – juris Rn. 7) – ausgeführt:

„[Rn. 43] Weder § 10 ROG a.F. noch das Gesetz zur Regionalplanung und zur Braunkohlen- und Sanierungsplanung enthalten entsprechende Regelungen oder Verweise auf andere Rechtsvorschriften. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist die Vorschrift des § 17 Abs. 1 und 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) im Verfahren zur Aufstellung eines Raumordnungsplans nicht anwendbar. Gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG Bbg gilt das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes zwar für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden des Landes, der Gemeinden, der Ämter und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Die Regionale Planungsgemeinschaft ist gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 RegBkPlG Körperschaft des öffentlichen Rechts. § 17 VwVfG findet sich allerdings in Teil II dieses Gesetzes unter dem Titel „Allgemeine Vorschriften über das Verwaltungsverfahren“. In Absatz 1 der Vorschrift wird auf „Anträge und Eingaben … in einem Verwaltungsverfahren“ abgestellt. Gemäß § 9 VwVfG ist unter einem Verwaltungsverfahren lediglich die nach außen wirkende Tätigkeit der Behörden zu verstehen, die auf den Erlass eines Verwaltungsaktes oder den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet ist. Ausgenommen ist damit das Verwaltungshandeln für den Erlass von Rechtsverordnungen und Satzungen (vgl. Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 1 Rn. 18, 161, 181, § 9 Rn. 86). Das Brandenburgische Verwaltungsverfahrensgesetz hat die Anwendung der §§ 9 ff. VwVfG nicht auf Satzungen und Rechtsverordnungen erweitert. Eine entsprechende Anwendung von § 17 VwVfG auf administrative Normsetzungsverfahren (grundsätzlich ablehnend Schmitz, a.a.O. § 1 Rn. 161; Wittinger, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl. 2014, § 9 Rn. 3; Ritgen, in: Knack/Henneke, VwVfG, 10. Aufl. 2014, vor § 9 Rn. 8; Sennekamp, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz: Verwaltungsverfahrensgesetz, 1. Aufl. 2014, § 9 Rn. 11, differenzierend Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG Einführung Rn. 50 ff.) kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die hierzu erforderliche planwidrige Regelungslücke nicht erkennbar ist. Die Vorschrift des § 17 VwVfG war bereits bei Inkrafttreten des Verwaltungsverfahrensgesetzes Bestandteil desselben, das Phänomen von Masseneinwendungen in Beteiligungsverfahren war mithin lange bekannt. Dennoch wurden trotz mehrfacher Änderungen der Vorschriften des § 10 ROG a.F. und des § 2 RegBkPlG a.F. dort aber entsprechende Regelungen nicht aufgenommen. Demgemäß dürfte auch eine entsprechende Anwendung von § 3 Abs. 2 Satz 5 BauGB ausscheiden (a.A. Runkel, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, 2. Aufl. 2018, § 9 Rn. 61). Dies kann aber dahingestellt bleiben, denn die hier aufgestellten formellen Anforderungen an die gleichförmigen Einwendungen enthält diese Regelung nicht. Sie erlaubt lediglich, bei Stellungnahmen mit im Wesentlichen gleichem Inhalt von mehr als 50 Personen die Mitteilung an die einzelnen Einwender dadurch zu ersetzen, dass diesen Personen Einsicht in das Ergebnis ermöglicht wird. Die für Masseneinwendungen aufgestellten formellen Anforderungen können Personen etwa davon abhalten, sich einer diesen Formerfordernissen nicht genügenden Einwendung anzuschließen.“

Soweit die Antragsgegnerin meint, die Bestimmungen in § 17 Abs. 1 und 2 VwVfG seien anwendbar, begründet sie dies nicht näher; auf die zuvor zitierten Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg geht sie nicht ein. Ihr Argument, dass in dem Bekanntmachungstext ausdrücklich darauf hingewiesen werde, Einwendungen könnten bei Nichteinhaltung der Vorgaben unberücksichtigt bleiben, woraus – wie die Antragsgegnerin zu bedenken gibt – zu schließen sei, dass entsprechende Einwendungen also nicht „automatisch“ unberücksichtigt blieben, überzeugt nicht. Die hervorgehobene Formulierung nimmt ihr nicht die Eignung, Personen davon abzuhalten, sich einer den beschriebenen Formerfordernissen nicht genügenden Einwendung anzuschließen, weil zumindest ein „Restrisiko“ verbleibt, mit der Kritik bei Nichteinhaltung der Voraussetzungen nicht gehört zu werden. Auf die Berechtigung des Hinweises, dass unleserliche Einwendungen nicht berücksichtigt werden können, kommt es nach alledem nicht an.

Der Einwand der Antragsgegnerin, es liege kein einziger Hinweis oder keine einzige Beschwerde vor, die auf eine Beschränkung in dem zuvor erörterten Sinne deuten könne, ist ohne Bedeutung, da die Antragsgegnerin damit erneut den anzuwendenden Maßstab nicht berücksichtigt. Ihre Annahme, es sei „abwegig“, dass hier relevante und für eine Änderung des Sachlichen Teilplans ursächliche Einwendungen erhoben worden wären, bleibt ebenso spekulativ wie ihre Behauptung, tatsächlich seien keine Masseneinwendungen ausgeschlossen worden.

b) Die formellen Fehler des Regionalplans sind beachtlich [aa)]. Sie sind nicht durch Zeitablauf unbeachtlich geworden [bb)].

aa) Die die Beteiligung der Öffentlichkeit betreffenden formellen Fehler der Auslegungsbekanntmachungen sind nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 ROG 2008 in der bis 28. November 2017 geltenden Fassung beachtlich. Hiernach ist eine Verletzung der Vorschriften über die Beteiligung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 ROG 2008 in der bis 28. November 2017 geltenden Fassung ein beachtlicher Fehler. Diese Gesetzesfassung ist gemäß § 27 Abs. 1 ROG 2008 in der ab dem 29. November 2017 geltenden Fassung zugrundezulegen, weil das Raumordnungsverfahren vor dem Änderungstag förmlich eingeleitet worden ist.

bb) Sie sind auch rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist des § 12 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 ROG 2008 in der bis 28. November 2017 geltenden Fassung gerügt worden. Mit der Antragsschrift vom 26. August 2019, die der Antragsgegnerin am 16. September 2019 zugestellt worden ist, hat der Antragsteller Rügen bezüglich des Schriftformgebotes und der Masseneinwendungsvorgaben im zweiten und dritten Entwurf erhoben. Entsprechende Rügen wurden erhoben bezüglich des zweiten und dritten Entwurfs vom Antragsteller des Parallelverfahrens OVG 10 A 22.19 mit der Rügeschrift vom 15. Oktober 2019, die der Antragsgegnerin am selben Tag zugegangen ist, und bezüglich des dritten Entwurfs von der Antragstellerin des Parallelverfahrens OVG 10 A 9.18 mit der Antragsbegründung vom 12. Juli 2019, welche den Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin am 26. Juli 2019 übermittelt worden ist.

c) Die festgestellten beachtlichen Mängel führen zur Gesamtunwirksamkeit des Regionalplans, denn die fehlerhaften Bekanntmachungen der öffentlichen Auslegung der Planentwürfe erfassen den gesamten Plan.

d) Auf die weiteren Rügen hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit und auf die Rügen hinsichtlich der materiellen Rechtmäßigkeit des Sachlichen Teilplans kommt es angesichts zweier durchgreifender formeller Mängel nicht mehr an. Ist ein gestellter Normenkontrollantrag zulässig, ist das Normenkontrollgericht bei der Prüfung der Gültigkeit einer angegriffenen Satzung nicht auf die vom Antragsteller geltend gemachten Mängel beschränkt. Sind objektiv mehrere Rechtsfehler vorhanden, so ist das Normenkontrollgericht insbesondere nicht verpflichtet, jeden dieser Rechtsfehler zu ermitteln und darauf seine Entscheidung zu stützen. Das Normenkontrollverfahren dient nicht – wie etwa ein behördliches Anzeige- oder Genehmigungsverfahren gemäß §§ 216, 246 Abs. 1a BauGB – einer umfassenden Prüfung der Rechtslage unter jedem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt (BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2001 – BVerwG 4 BN 21.01 – juris Rn. 12). Weder Antragsteller noch Antragsgegner können demgemäß das Normenkontrollgericht prozessual zwingen, bestimmte Fehler zu beurteilen und sie als durchgreifend oder umgekehrt als nicht gegeben anzusehen (BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2001 – BVerwG 4 BN 21.01 – juris Rn. 13; BVerwG, Beschluss vom 14. Juli 2011 – BVerwG 4 BN 8.11 – juris Rn. 6; vgl. dazu Senatsurteil vom 2. März 2021 – OVG 10 A 17.17 – juris Rn. 134).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.