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Entscheidung 2 K 629/19


Metadaten

Gericht VG Frankfurt (Oder) 2. Kammer Entscheidungsdatum 04.11.2021
Aktenzeichen 2 K 629/19 ECLI ECLI:DE:VGFRANK:2021:1104.2K629.19.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist Richterin beim Amtsgericht F... und zu 70 % beim Land Brandenburg beihilfeberechtigt.

Mit Schreiben vom 18. September 2018 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten u.a. Beihilfe für die Rechnung vom 31. August 2018 über 9139,06 Euro für drei erfolgte Augenoperationen einschließlich der Vor- und Nachbehandlung. Diese Aufwendungen lehnte der Beklagte mit Beihilfebescheid vom 24. September 2018 als nicht beihilfefähig ab, da sie über das medizinisch notwendige Maß hinausgingen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 4. Oktober 2018 Widerspruch. Zur Begründung legte sie ein augenärztliches Attest vom selben Tag vor. Danach habe sie vor der Operation unter Myopsie (Kurzsichtigkeit) auf beiden Augen in Höhe von jeweils 5,25 Dioptrien und unter Presbyopie (Altersweitsichtigkeit) gelitten. Beim Tragen einer Brille seien ständige Druckprobleme am Nasenrücken aufgetreten. Außerdem habe die Korrektur mittels Brille bei ihr zu verschiedenen Sehproblemen wie u.a. Kopfschmerz geführt. Zunächst sei ihr deswegen eine implantierbare Kontaktlinse am rechten Auge eingesetzt worden, um die eigene Linse zu erhalten. Da es zu Komplikationen gekommen sei, habe die implantierbare Kontaktlinse wieder explantiert werden müssen. Danach sei eine Intraokularlinse anstelle der natürlichen Augenlinse implantiert worden.

Mit Schreiben vom 29. Oktober 2018 erläuterte der Beklagte seine ablehnende Entscheidung. Die Notwendigkeit von Aufwendungen für Untersuchungen und Behandlungen setze grundsätzlich voraus, dass diese nach einer wissenschaftlich anerkannten Methode vorgenommen werden. Als nicht notwendig gälten in der Regel Untersuchungen und Behandlungen, soweit sie in der Anlage 1 der Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) ausgeschlossen seien. In dieser Anlage 1 werde die Beihilfefähigkeit für die Chirurgische Hornhautkorrektur durch Laserbehandlung teilweise ausgeschlossen. Davon umfasst sei nicht nur die eigentliche Laseranwendung, sondern alle damit in Zusammenhang stehenden Leistungen und somit auch der hier durchgeführte Eingriff. Nach dieser Vorschrift seien diese Aufwendungen nur beihilfefähig, wenn eine Korrektur durch Brille oder Kontaktlinsen nach augenärztlicher Feststellung nicht möglich sei. Vor Aufnahme der Behandlung sei die Zustimmung der Festsetzungsstelle und in Zweifelsfällen eine Bestätigung durch eine Gutachterin oder einen Gutachter einzuholen. Da die Klägerin eine solche Zustimmung der Festsetzungsstelle vor der Aufnahme der Behandlung nicht eingeholt habe, seien die Aufwendungen nicht beihilfefähig. Diese Ausschlüsse widersprächen nicht der Fürsorgepflicht, sondern trügen dem Gebot der sparsamen Haushaltsführung Rechnung.

Die Klägerin erhielt nach Erläuterung dieser Sachlage den Widerspruch aufrecht und legte ein weiteres ärztliches Attest vor. Danach sei die erste Operation - ein re-fraktiver Eingriff - am rechten Auge am 28. Mai 2018 erfolgt. Da es postoperativ zu Komplikationen gekommen sei und sich die rechte, körpereigene Linse eingetrübt habe, habe dann die zunächst eingesetzte Linse am 20. Juni 2018 explantiert und die natürliche Augenlinse gegen eine künstliche Intraokularlinse getauscht werden müssen (Katarakt-Operation). Dies sei eine medizinisch indizierte Operation gewesen. Da nach dieser Operation am rechten Auge ein hoher Dioptrienunterschied auf beiden Augen bestanden habe, sei auch ein Linsenaustausch am linken Auge indiziert gewesen, um diesen Unterschied zu verringern. Auch dies sei daher ein medizinisch indizierter Eingriff gewesen.

Der Beklagte erläuterte der Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 16. November 2018 weiter die Rechtslage. Gemäß § 8 Abs. 1 Nr.6 BBhV seien die Aufwendungen für Untersuchungen und Behandlungen als Folge medizinisch nicht indizierter Maßnahmen, insbesondere ästhetische Operationen, Tätowierungen oder Piercings nicht beihilfefähig. Diese Erkrankungen seien auf Veränderungen zurückzuführen, die bewusst herbeigeführt worden seien. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gebiete es in diesen Fällen nicht, für die Folgen solcher freiwillig eingegangener Risiken Beihilfe zu gewähren. Durch den Ausschluss werde sichergestellt, dass die Kostenrisiken ausschließlich dem Patienten verblieben. Da die medizinische Notwendigkeit des ersten refraktiven Eingriffs nicht festgestellt worden sei, habe die Klägerin auch die sich daraus ergebenden Risiken selbst zu tragen.

Die nun anwaltlich vertretene Klägerin begründete mit Schreiben vom 1. März 2019 ihren Widerspruch weiter. Danach sei ihr das weitere Tragen der Brille nicht zumutbar gewesen, da bei ihr die Brille mit starken und schweren Gläsern aufgrund ihrer hohen myopischen Werte zu einem chronischen Druckekzem am Nasenrücken geführt habe. Außerdem seien Kontaktlinsen für sie unverträglich, da sie unter einem gestörten Tränenfluss (bedingt durch eine chronische Lidrandentzündung aufgrund gestörter Meibomdrüsen und einer Schilddrüsenfunktionsstörung) leide. Der Laser sei ausschließlich für den Hornhautschnitt verwendet worden, alle nachfolgenden Schritte seien wieder der konventionellen Methode gleichzusetzen. Da die Eingriffe medizinisch indiziert gewesen seien, sei die Anwendung von § 8 Abs. 1 Nr. 6 BBhV ausgeschlossen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16. April 2019 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wiederholte er seine vorherigen Ausführungen und stellte zur Orientierung dar, dass sich die Beihilfe als ein allein aus Steuermitteln finanziertes Krankenfürsorgesystem an den Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) orientiere. Die Implantation von intraokularen Kontaktlinsen oder die Implantation von künstlichen Multifokallinsen seien keine Behandlungsmethoden im Leistungskatalog der GKV, sondern selbst zu finanzierende individuelle Gesundheitsleistungen. Das augenärztliche Attest vom 29. Oktober 2018 bestätige, dass es sich bei der ersten Operation um einen refraktiven Eingriff zur Korrektur der Myopie gehandelt habe. Die Unverträglichkeit der Gleitsichtbrille und der Kontaktlinsen sei vor der Aufnahme der Behandlung nicht augenärztlich bestätigt worden und die Zustimmung der Festsetzungsstelle sei nicht eingeholt worden. Die ohne nachgewiesene medizinische Notwendigkeit erfolgte Implantation der Kontaktlinse sei den ästhetischen Operationen zuzurechnen, so dass auftretende Komplikationen nicht beihilfefähig seien. Auch die Notwendigkeit des Angleichens des linken an das rechte Auge bewirke keine eigenständige medizinische Notwendigkeit, da beide Augen vor den Operationen die gleiche Fehlsichtigkeit aufgewiesen hätten, mithin von vornherein die Behandlung beider Augen geplant gewesen sei. Auf die genaue Methode komme es dabei nicht an. Ziel sei die Beseitigung der Kurz- und Weitsichtigkeit auf beiden Augen gewesen. Von der Möglichkeit, die medizinische Notwendigkeit im Einzelfall prüfen zu lassen, sei kein Gebrauch gemacht worden.

Hiergegen hat die Klägerin am 20. Mai 2019 Klage erhoben. Sie bezieht sich ausdrücklich auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren und konkretisiert, dass sich der Widerspruch und die Klage gegen die gänzlich nicht erstattete Rechnung über 9.139, 60 Euro richte, wovon ihr 70 % zu erstatten seien.

Sie beantragt sinngemäß,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 24. September 2018 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 18. April 2019 zu verpflichten, auf ihren Beihilfeantrag vom 18. September 2018 6.397, 42 Euro aus der Rechnung der P... Augenklinik im A... -v... G... -H... GmbH vom 31. August 2018 in Höhe von 9.139,06 Euro zur Auszahlung festzusetzen und ihr diesen Betrag zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

und bezieht sich zur Begründung auf seine Darlegungen im Widerspruchsverfahren.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten kann das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Beihilfe für die erfolgten Augenoperationen. Die vollständige Ablehnung der Beihilfeleistungen für die Behandlungskosten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 S.1 VwGO).

Gemäß § 62 Abs. 1 und Abs. 3 Landesbeamtengesetz (LBG) in der Fassung vom 29. Juni 2018 erhalten Beamte und Versorgungsempfänger u.a. in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen Beihilfe. Die Beihilfevorschriften des Bundes sind für die Beamtinnen und Beamten des Landes Brandenburg aufgrund des Verweises in § 62 Abs. 7 LBG und der dort beschriebenen, aber noch nicht erlassenen Beihilfeverordnung in Brandenburg anwendbar.

Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. April 2015 - 5 C 2.14 -, juris Rn. 10). Die Behandlungen haben hier im Zeitraum vom 6. Februar 2018 bis zum 27. Juni 2018 stattgefunden und sind so zu diesem Zeitpunkt entstanden (vgl. auch die explizite Regelung in der heutigen Fassung des § 6 Abs. 1 der Bundesbeihilfeverordnung -BBhV- „Aufwendungen gelten als zu dem Zeitpunkt entstanden, zu dem die sie begründende Leistung erbracht wird“).

Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV in der Fassung vom 25. Oktober 2016, gültig vom 1. November 2016 bis zum 30. Juli 2018 (im Folgenden: a. F.), sind grundsätzlich nur notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen beihilfefähig. Als nicht notwendig gelten in der Regel Untersuchungen und Behandlungen, soweit sie in der Anlage 1 ausgeschlossen werden (§ 6 Abs. 2 Satz 2 BBhV a. F.). Nach Abschnitt 2 („Teilweiser Ausschluss“) Nr. 1 dieser Anlage a.F. sind Aufwendungen für eine chirurgische Hornhautkorrektur durch Laserbehandlung nur beihilfefähig, wenn eine Korrektur durch Brillen oder Kontaktlinsen nach augenärztlicher Feststellung nicht möglich ist. Vor Aufnahme der Behandlung ist die Zustimmung der Festsetzungsstelle einzuholen.

Die angegebenen Voraussetzungen des Abschnittes 2 Nr. 1 der Anlage a.F. liegen hier aufgrund der fehlenden Zustimmung der Festsetzungsstelle nicht vor. Bei der ersten Operation am 28. Mai 2018 handelte es sich daher um keinen medizinisch notwendigen Eingriff im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV a.F. (1). Die danach folgenden Operationen am 20. und 26. Juni 2018 sind als Folge dieses nicht medizinisch indizierten Eingriffs nicht beihilfefähig (2). Auch aus der Fürsorgepflicht lässt sich eine Pflicht zur Beihilfegewährung für die drei Augenoperationen nicht ableiten (3). Schließlich stellt die Nichterstattung der Kosten für die Klägerin keine besondere Härte dar (4).

(1)

Die erste Augenoperation am 28. Mai 2018 war nicht medizinisch notwendig im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV a.F. i. V. m. Abschnitt 2 Nr. 1 Satz 2 der Anlage 1. Dies folgt bereits daraus, dass die Klägerin vor diesem ersten refraktiven Eingriff nicht die gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 BBhV a.F. i. V. m. Abschnitt 2 Nr. 1 Satz 2 der Anlage 1 erforderliche Zustimmung der Feststellungsstelle eingeholt hat.

Nach dem Sinn und Zweck dieses Regelbeispiels sollen Maßnahmen, die wie die chirurgische Hornhautkorrektur durch Laserbehandlung insbesondere dem ästhetischen Zweck der Vermeidung einer Brille dienen, teilweise von der Beihilfe ausgeschlossen werden. Mit dem genannten Regelbeispiel wird der Bereich der notwendigen Behandlungen konkretisiert; es schränkt die Möglichkeit weiterer Anwendungsfälle aber nicht ein. Regelbeispiele sind also weder zwingend noch abschließend.

Nach dem Wortlaut des ersten ärztlichen Attestes, welches die Klägerin per Fax am 12. November 2018 an den Beklagten sendete, war mit der ersten Operation und dem Einsatz der implantierbaren Kontaktlinse gerade ein refraktiver Eingriff geplant, wobei teilweise ein Laser eingesetzt wurde. Unter dem Oberbegriff refraktive Chirurgie werden Augenoperationen zusammengefasst, welche die Gesamtbrechkraft des Auges verändern und so konventionelle optische Korrekturen wie Brillen oder Kontaktlinsen ersetzen oder zumindest deren benötigte Stärke deutlich reduzieren sollen. Sinn dieser ersten Operation war es also gerade, die Brille auf Dauer zu ersetzen. Wenn die kostengünstigere Laserbehandlung nicht mittels Beihilfe erstattet wird, dann muss dies erst Recht für die kostenintensivere Implantation einer Linse gelten. Patienten, die den Wunsch haben, ohne Brille zu leben und vor der Wahl stehen, ob sie eine Laserbehandlung oder eine Linsenimplantation durchführen lassen, wählen letzteres insbesondere aufgrund der Reversibilität und bei vorhandenen zu hohen Dioptrienwerten. Ein Grund für eine unterschiedliche Erstattbarkeit erschließt sich dem Gericht vor diesem Hintergrund nicht.

Schließlich spricht auch der eindeutige klarstellende Wortlaut der aktuellen Anlage 1 der Beihilfeverordnung dafür, dass auch der Einsatz einer zusätzlichen Linse von diesem Ausschluss umfasst sein muss. Die aktuelle Anlage 1 nennt nun ausdrücklich u.a. die Implantation einer additiven Linse, bei der für die Beihilfefähigkeit die gleichen Voraussetzungen wie bei einer chirurgischen Hornhautkorrektur durch Laserbehandlung erfüllt sein müssen.

Dahinstehen kann daher, ob im vorliegenden Fall die Korrektur durch Brillen oder Kontaktlinsen nach augenärztlicher Feststellung nicht möglich gewesen ist. Das nach § 6 Abs. 2 Satz 2 BBhV „in der Regel“ nach Abschnitt 2 Nr. 1 Satz 2 der Anlage 1 bestehende Erfordernis der Einholung einer vorherigen Zustimmung der Festsetzungsstelle ist eine Tatbestandsvoraussetzung für die Beihilfegewährung. Das Verfahren soll sicherstellen, dass die Festsetzungsstelle vorab prüfen – und gegebenenfalls fachärztlich begutachten lassen – kann, ob die Operation medizinisch notwendig oder aber eine Korrektur durch Brillen oder Kontaktlinsen möglich ist (vgl. VG Potsdam, Urteil vom 1. März 2017 – 2 K 842/15 –, juris).

Diese Überprüfung lässt sich nachträglich, wenn wie vorliegend durch die Durchführung der Operation medizinisch bereits vollendete Tatsachen geschaffen sind, naturgemäß nicht mehr mit gleicher Qualität nachholen. Das Erfordernis eines derartigen Voranerkennungsverfahrens ist rechtlich unbedenklich (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. November 1997 – 2 A 7.96 –, juris Rn. 12; Urteil vom 5. November 1998 – 2 A 6.97 –, juris Rn. 13), zumal Ausnahmefälle, bei denen eine chirurgische Hornhautkorrektur unaufschiebbar und das Durchlaufen des Zustimmungsverfahrens unzumutbar ist, praktisch kaum denkbar erscheinen und ohnehin über § 6 Abs. 2 Satz 2 BBhV („in der Regel“) angemessen bewältigt werden könnten.

Gründe dafür, dass der Klägerin die Einholung einer vorherigen Zustimmung der Festsetzungsstelle nicht möglich oder zumutbar gewesen sein könnte, wurden von der Klägerin nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.

(2)

Auch auf die Erstattung der Kosten für die Operationen am 20. Juni 2018 und am 26. Juni 2018 hat die Klägerin keinen Anspruch.

Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 6 BBhV a.F. sind Aufwendungen für Untersuchungen und Behandlungen als Folge medizinisch nicht indizierter Maßnahmen, insbesondere ästhetischer Operationen, Tätowierungen oder Piercings, nicht beihilfefähig. Da mangels vorheriger Zustimmung die medizinische Notwendigkeit des Eingriffs am 28. Mai 2018 nicht vorher festgestellt worden war, liegt ein medizinisch nicht indizierter Eingriff im Sinne der Vorschrift vor.

(3)

Auch aus der Fürsorgepflicht lässt sich eine Pflicht zur Beihilfegewährung für diese drei Augenoperationen nicht ableiten.

Die verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgepflicht fordert vom Dienstherrn, dass er Vorkehrungen für den Fall besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Geburts- oder Todesfälle trifft, damit der amtsangemessene Lebensunterhalt der Beamtin und ihrer Familie nicht gefährdet wird. Im verfassungsrechtlich durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Kernbereich der Fürsorgepflicht ist dafür Sorge zu tragen, dass die Beamtin im Krankheitsfall nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet bleibt, die sie - in zumutbarer Weise - aus ihrer Alimentation nicht bestreiten kann.

Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht fordert keine lückenlose Erstattung aller Kosten in Krankheits-, Geburts-, Pflege- oder Todesfällen, die durch die Leistungen einer beihilfenkonformen Krankenversicherung nicht gedeckt sind (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Urteile vom 29. Juni 1995 - BVerwG 2 C 15.94 - juris). Nach dem gegenwärtigen System nicht ausschließbar sind lediglich Aufwendungen, wenn der absehbare Erfolg einer Maßnahme von existenzieller Bedeutung oder notwendig ist, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens erledigen zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2002 - BVerwG 2 C 1.01 -; BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2008 – 2 C 24/07 –, Rn. 22 - 23, beide juris).

Die Klägerin hat nicht zur Überzeugung des Gerichts dargelegt, dass die erste Augenoperation von einer derartigen existenziellen Bedeutung für die Verrichtung ihres Alltags gewesen ist. Die erste Operation scheint dem Gericht vielmehr primär aus ästhetischen und nicht aus medizinisch zweckmäßigen Gründen vorgenommen worden zu sein. Aus der Fürsorgepflicht lässt sich aber keine Pflicht zur Erstattung von Operationen ableiten, die das Ziel haben, das Tragen von Brillen oder Kontaktlinsen entbehrlich zu machen.

Auch wenn die Nichterstattung der zweiten medizinisch indizierten Operation auf den ersten Blick unangemessen erscheint, ist sie auf den zweiten Blick aufgrund der durch den jeweiligen Patienten selbst zu treffenden Risikoabwägung und der daraus möglichen folgenden hohen Kostenlast für die Steuerzahler interessengerecht. Wie vom Beklagten richtig angeführt, gebietet es die Fürsorgepflicht nicht, für die Folgen solcher, freiwillig eingegangener Risiken Beihilfe zu gewähren. Dies entspricht im Übrigen auch der Wertung in der gesetzlichen Krankenkasse (vgl. § 52 Abs. 2 SGB V).

(4)

Die Klägerin hat auch keine Anhaltspunkte vorgetragen, die darauf hindeuten, dass für sie die Nichterstattung der Beihilfe in Höhe von 6.397, 42 Euro eine besondere Härte im Sinne des § 6 Abs. 6 BBhV a.F. darstellt.

Danach könnte die oberste Dienstbehörde mit Zustimmung des Bundesministeriums des Innern eine Beihilfe zur Milderung der Härte gewähren, sofern im Einzelfall die Ablehnung der Beihilfe eine besondere Härte darstellen würde. Eine solche Entscheidung wäre besonders zu begründen und zu dokumentieren gewesen, was hier unterblieben ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung i. V. m. § 167 VwGO.

Beschluss

Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß § 52 Abs. 3 S. 1 des Gerichtskostengesetzes auf 6.397, 42 Euro festgesetzt.