Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 10. Berufungskammer | Entscheidungsdatum | 07.10.2021 | |
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Aktenzeichen | 10 Sa 867/21 | ECLI | ECLI:DE:LAGBEBB:2021:1007.10SA867.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 626 BGB, CoronaV9EindV BB |
Die Schmähung der Elternsprecherin einer Schule sowie die Verweigerung des Tragens eines Mund-Nase-Schutzes eines Lehrers in der Schule rechtfertigen eine außerordentliche Kündigung.
I. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Brandenburg a.d.H. vom 24. Februar 2021 – 3 Ca 668/20 abgeändert und die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
III. Der Gebührenwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.200,00 EUR festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, sowie einer hilfsweise ordentlichen Kündigung vom 17. September 2020 sowie die Auflösung des Arbeitsverhältnisses.
Der Kläger ist 64 Jahre alt und seit März 2014 beim beklagten Land als Lehrkraft an verschiedenen Schulen beschäftigt. Zuletzt war er seit dem 1. Januar 2020 unbefristet mit 8/27 Lehrerwochenstunden (LWS) an der A-Grundschule in B eingesetzt. Befristet für das Schuljahr 2020/21 (1. August 2020 bis 31. Juli 2021) war der Kläger mit 13/27 LWS eingesetzt. Seit Bruttomonatsverdienst betrug in der Entgeltgruppe E 10 ca. 1.400 EUR.
Mit einer E-Mail vom 19. August 2020 wandte der Kläger sich an die Elternvertreterin der Schule. In dieser E-Mail führte er u.a. aus:
Ich schreibe Ihnen diese Mail, weil ich nicht mit ansehen kann, was gerade mit unseren (Ihren) Kindern an unserer Schule gemacht wird. Obwohl eine „Maskenpflicht“ an Grundschulen nur auf den Fluren und Toiletten im Schulhaus besteht, bin ich der Meinung, dass diese „Pflicht“ eine Nötigung, Kindesmissbrauch, ja sogar vorsätzliche Körperverletzung bedeutet. Mal abgesehen davon, dass viele hochrangige Wissenschaftler (u.a. auch Prof. Drosten und Herr Lauterbach) der Meinung sind, dass Masken nicht dazu geeignet sind, Viren (wie z.B. Corvid-19) abzuhalten, bewirken die Masken wahrscheinlich genau das Gegenteil.
…
Aus diesem Grund habe ich Strafanzeige wegen den oben genannten Tatbeständen gegen Frau E (Bildungsministerin in Brandenburg) gestellt.
Warum schreibe ich Ihnen das? Mein Anwalt hat auch ein Schreiben für besorgte Eltern entworfen. Das möchte ich Ihnen zur Verfügung stellen um vielleicht dafür zu sorgen, dass das Tragen der Masken nicht unseren Kindern schadet. Vielleicht können Sie das den Eltern zur Verfügung stellen.
Beigefügt war dieser E-Mail ein ganzseitiges Musterschreiben mit dem Titel „Unzumutbarkeit einer Mund-Nasenbedeckung“ sowie ein halbseitiges Schreiben mit dem Titel „Haftungserklärung“. In dem Scheiben war unter anderem ausgeführt:
Sollte die Schule von einer Maskenpflicht ausgehen, obwohl bei Alltagsmasken laut Bfarm die Schutzwirkung nicht nachgewiesen ist und auch von den Herstellern explizit ausgeschlossen wird, so ist seitens der Schule und des einzelnen Lehrers die Einhaltung des o.g. Prozedere sicherzustellen, wobei Fehler im Prozedere Haftungsansprüche auslösen können.
Ferner bitte ich um Unterzeichnung nachfolgender Bescheinigung, dass die Schule von der Ungefährlichkeit einer MNS ausgeht und mithin die Haftung für ggf. auftretende gesundheitliche Schädigungen übernimmt.
Am 24. August 2020 erfuhr die Schulleiterin der Schule von dieser E-Mail. Sie informierte den zuständigen Schulrat. In einem Dienstgespräch am 28. August 2020 unter Beteiligung des Klägers, des Schulrats und eines Mitarbeiters der Rechtsstelle, über das der Mitarbeiter der Rechtsstelle ein Protokoll fertigte, wurde dem Kläger vorgeworfen, bei der Versendung der E-Mail den Dienstweg nicht eingehalten zu haben, den Schulfrieden gestört zu haben und eine Strafanzeige gegen die Bildungsministerin ohne jede Grundlage erstattet zu haben.
Am 2. September 2020 fand ein weiteres Dienstgespräch durch den Schulrat und die Leiterin der Rechtsstelle mit dem Kläger statt. In diesem Gespräch wurde dem Kläger im Hinblick auf die E-Mail vom 19. August 2020 die Möglichkeit eröffnet, sich gegenüber der Elternvertreterin von dieser zu distanzieren, die E-Mail als gegenstandslos zu betrachten und zugleich zu verdeutlichen, dass er die Sars-CoV-2-Umgangsverordnung im dienstlichen Kontext beachten werde. Zugleich wurde dem Kläger angekündigt, dass er in diesem Falle nur eine Abmahnung für sein Fehlverhalten erhalten werde. Sofern er das ablehne, werde geprüft, ob das Arbeitsverhältnis durch eine außerordentliche bzw. ordentliche Kündigung beendet werde. Dazu wurde dem Kläger eine Frist von einer Woche gesetzt.
Mit einer E-Mail vom 9. September 2020 übersandte der Kläger der Leiterin des Rechtsamtes ein fünfseitiges Schreiben, das er an die Elternvertreterin, die Schulleitung und alle Lehrkräfte der A-Grundschule geschickt habe. In diesem Schreiben hatte der Kläger u.a. ausgeführt:
… wahrscheinlich habe ich mich in meiner E-Mail vom 19. August nicht richtig ausgedrückt. Ich wollte Ihnen nicht mitteilen, dass ich gegen alle Maßnahmen der Landesregierung zur Bekämpfung zur Bekämpfung des gefährlichen Corona-Virus Corvid19 bin. Ich mache mir allerdings große Sorgen um unsere Kinder. Deshalb schrieb ich Ihnen, da ich auch dachte, dass Sie die Elternvertreterin der gesamten Schule sind und ihnen auch die Sorge um die Gesundheit der Kinder am Herzen liegt. Das war mein Versehen.
Nun hätte ich ja gedacht, dass, wenn schon das Wohlergehen der anderen Kinder der Schule nicht interessiert, Sie sich Gedanken um das Wohlergehen ihres eigenen Kindes machen. Stattdessen kümmern Sie sich eher um einen vermeintlichen Disziplinverstoß eines Lehrers der Schule und melden das der Schulleitung.
Warum fallen mir da gleich zwei Parallelen zur deutschen Geschichte des vergangenen Jahrhunderts ein?
Nun gut. Die Schulleiterin hat leider auch nicht das Gespräch mit mir gesucht, sondern meine Mail gleich an den zuständigen Schulrat weitergeleitet.
Nach zwei Gesprächen im Schulamt wurde mir vom Schulrat empfohlen, Ihnen eine Mail zu schreiben, in der ich erkläre, dass meine Aussagen in dieser Mail „Falschdarstellungen“ sind und ich diese Mail als gegenstandslos betrachte. Desgleichen soll ich mich in dieser Mail verpflichten, alle Maßnahmen gemäß der SARS-Cov2-Umgangsverordnung einzuhalten.
Halte ich mich an diese „Empfehlung“ erhalte ich eine Abmahnung, ansonsten eine Kündigung.
Ich habe lange überlegt. Dabei fiel mir Galileo Galilei ein, der auch vor dem Problem stand, auf seine Meinung zu bestehen, dass die Erde sich um die Sonne dreht und sich aus diesem Grunde auf dem Scheiterhaufen verbrennen zu lassen oder der Kirche Recht zu geben (die Erde ist der Mittelpunkt des Universums) und so am Leben zu bleiben. Seine Intention war – am Leben bleiben ist gesünder und die Wahrheit wird sich irgendwann durchsetzen (…).
Also dachte ich, ich mache es auch so. Doch dann fiel mir auf, dass es in diesem Fall nicht um ein abstraktes Problem geht, sondern um das Wohlergehen, um die physische und vor allem psychische Gesundheit der uns von Ihnen anvertrauten Kinder.
Aus diesem Grund ist es mir nicht möglich, meine „Falschdarstellungen“ zu berichtigen. Der erste Grund ist mein Gewissen und der zweite Grund ist der, dass ich keine Anweisungen ausführen darf, die offensichtlich gegen Gesetze unseres Staates verstoßen.
…
Täglich erfahren wir aus den Staatsmedien Zahlen, die uns zeigen sollen, wie gefährlich Corona ist. Leider werden wichtige Fakten weggelassen.
…
Wir sollen in Deutschland statt einer Maskenpflicht lieber eine Denkpflicht einführen. Allerdings ist das von der Regierung nicht gewollt.
Abschließend möchte ich Ihnen nun nochmals mitteilen:
Ich sehe in meiner Mail an Sie nur Inhalte, die sich auf das Wohl und die Gesundheit beziehen. Desgleichen habe ich nicht dazu aufgerufen, keine Masken aufzusetzen, sondern Sie und alle Eltern aufgefordert, sich abzusichern und von der Schulleitung Maßnahmen einzufordern, die die Gesundheit Ihrer Kinder schützt.
Wahrscheinlich wird der Schulrat, …, nun mit einer disziplinarischen Maßnahme reagieren. Das ist einem Schulleiter in R, der seiner Remonstrationspflicht nachgekommen ist, ja auch passiert. Und ich werde wohl nicht der Letzte sein, dem das widerfährt. Allerdings kann ich auch in Zukunft meinen Kindern und Enkeln aufrichtig in die Augen schauen.
…
P.S.:
Falls es Sie wirklich interessiert, wie es um die Pandemie in Deutschland steht, sollten Sie vielleicht einmal nicht den Fernseher einschalten oder die „Märkische Allgemeine“ lesen sondern sich mal im Internet bei alternativen Medien, oder der Meinung von tausenden von besorgten Ärzten, Rechtsanwälten, Lehrern, Eltern und anderer Menschen in unserem Land informieren. Ein paar Links habe ich Ihnen unten aufgeführt.
Auch erschien der Kläger zu dem Gespräch am 2. September 2020 - ebenso wie zuvor auch an der Schule - ohne Mund-Nase-Bedeckung (MNS). Auf Nachfrage teilte der Kläger mit, dass er ein Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht dabei habe, aber dieses enthalte auch den Grund der Befreiung. Dessen Kenntnisnahme durch den Schulrat und die Schulleiterin lehne er ab.
Gegenüber der Schulleiterin erklärte der Kläger, dass er über ein Attest verfüge, wonach er aufgrund einer Erkrankung von der Pflicht zum Tragen einer MN-Bedeckung befreit sei. Auf mehrfache Aufforderung sicherte der Kläger jeweils zu, das Attest vorzulegen, was aber nicht erfolgte. In der E-Mail vom 9. September 2020 führte der Kläger zu dem Attest mit:
Leider kann ich Ihnen kein aktuelles Attest senden, da ich von dem, von mir aufgesuchten; Arzt nicht behandelt wurde. Meine Krankenkassenkarte ist seit 2019 nicht mehr gültig und meine Krankenkasse hat mir auf Anfrage mitgeteilt, dass auf Grund von Beitragsrückständen mein Leistungsanspruch im Augenblick ruht und ich nur in akuten Fällen, mit gesonderter Bestätigung der Krankenkasse auf Anfrage des jeweiligen Arztes, behandelt werde. Aus diesem Grund sende ich Ihnen mein aktuelles Attest.
…
Beigefügt war der E-Mail ein als Ärztliches Attest überschriebenes Schreiben eines Dr. C, Arzt für psychosomatische und psychotherapeutische Arbeits- und Allgemeinmedizin mit einer Adresse in Österreich vom 17. August 2020. Dieses hatte neben den Adressdaten und dem Geburtsdatum des Klägers im Wesentlichen folgenden Inhalt:
Hiermit bestätige ich, dass das Tragen von einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung für die oben genannte Person aus gesundheitlichen Gründen kontraindiziert, wissenschaftlich belegt gesundheitsschädlich und im Sinne der Psychohygiene traumatisierend und damit unzumutbar ist.
Seit Beginn des Schuljahres 2020/21 waren die Lehrkräfte des Landes Brandenburg nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 der Verordnung über den Umgang mit dem SARS-CoV-2-Virus und COVID-19 in Brandenburg (SARS-CoV-2-UmgV) vom 12. Juni 2020 bzw. in der Änderungsfassung vom 11. August 2020, ebenso wie die Schülerinnen und Schüler verpflichtet, in den Innenbereichen von Schulen außerhalb des Unterrichts, der Ganztagsangebote sowie der sonstigen pädagogischen Angebote eine MN-Bedeckung zu tragen.
Das beklagte Land stellte fest, dass man das vom Kläger vorgelegte Attest für 30 EUR im Internet bestellen kann. Auch befand sich der Kläger am 17. August 2020 im Unterricht.
Unter dem 11. September 2020 beteiligte das beklagte Land den zuständigen Personalrat unter Beifügung zahlreicher Unterlagen in sieben Anlagen wie etwa der der Kündigung zugrundeliegenden Korrespondenz über die beabsichtigte Kündigung des Klägers außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum 31. Dezember 2020.
Mit zwei Schreiben vom 17. September 2020 kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis zunächst außerordentlich und fristlos und sodann ordentlich und fristgerecht zum 31. Dezember 2020 nachdem der Personalrat der außerordentlichen Kündigung mit sofortiger Wirkung, hilfsweise ordentlichen Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen am 16. September 2020. Die außerordentliche Kündigung ging dem Kläger am 18. September 2020 zu, die ordentliche am 19. September 2020.
In den Kündigungsschreiben hatte das beklagte Land als Kündigungsgrund angegeben:
Die Kündigung erfolgt zum einen aufgrund Ihrer seit Beginn des Schuljahres 2020/2021 bestehenden und andauernden Weigerung, während des Schulbetriebs im vorgesehenen Umfang eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen und des Nichtvorlegens – trotz mehrfacher Aufforderung – eines hinreichenden ärztlichen Attestes über eine Befreiung vom Tragen der Schutzbedeckung aus gesundheitlichen Gründen.
Darüber hinaus haben Sie sich in E-Mail-Nachrichten vom 18.08.2020 und 09.09.2020 an die Elternvertreterin der A-Grundschule B (Havel) Frau D in einer Weise geäußert, wie sie mit Ihren Arbeitspflichten nicht vereinbar ist und auch damit Ihre Arbeitspflichten schwerwiegend verletzt.
Der Kläger meint, dass ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung ebenso nicht gegeben sei wie ein Grund für eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung.
Das beklagte Land meint, dass die Äußerungen und das Verhalten des Klägers die Kündigung sowohl als außerordentliche wie auch als ordentliche rechtfertigen würde.
Mit Urteil vom 24. Februar 2021 hat das Arbeitsgericht Brandenburg an der Havel die Kündigungen für unwirksam angesehen, da der Kläger für sein Fehlverhalten zuvor habe abgemahnt werden müssen. Das Arbeitsgericht hat das Arbeitsverhältnis aber gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 2.800 EUR aufgelöst.
Das beklagte Land habe das Arbeitsverhältnis abmahnungsfrei gekündigt. Zwar habe der Kläger gegenüber dem beklagten Land und dessen Vertreter immer wieder zum Ausdruck gebracht, dass er nicht gewillt sei, im Schulbetrieb die zum damaligen Zeitpunkt vorgeschriebene Mund-Nase-Bedeckung zu tragen. Dies sei auch Gegenstand der Dienstgespräche gewesen. Dem Kläger sei jedoch nicht verdeutlicht worden, dass bei weiteren Verstößen gegen diese Verpflichtung der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet sei. Vielmehr sei in dem ersten Dienstgespräch nur mitgeteilt worden, dass der Vorgang einer arbeitsrechtlichen Bewertung unterzogen werde, ob das Arbeitsverhältnis gekündigt werde. Zu keinem Zeitpunkt sei dem Kläger im Sinne der Warnfunktion deutlich aufgefordert worden, sich an die entsprechenden Verordnungen zu halten und im Schulbetrieb den Mund-Nase-Schutz zu tragen, da ansonsten der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet sei.
Der Auflösungsantrag des Landes sei aber gerechtfertigt. Das vom Kläger gegenüber der Schulleiterin, der Elternvertreterin, dem zuständigen Schulrat und der Leiterin der Rechtsstelle gezeigte Verhalten und die entsprechenden Äußerungen würden die Auflösung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei den Betriebszwecken nicht mehr dienlich. Insbesondere seine Äußerungen in der E-Mail vom 9. September 2020 gegenüber dem Schulrat und der Leiterin des Rechtsreferates, welches er an sämtliche Lehrkräfte und andere Schulbedienstete der Grundschule geschickt und damit die Vertreter des beklagten Landes diskreditiert habe und auch seine Äußerung, dass die pandemiebedingten Schutzvorgaben mit dem Schießbefehl der DDR zu vergleichen seien, rechtfertige die Auflösung, und zwar zum 18. September 2020. Unter Berücksichtigung der Beschäftigungsdauer und des Lebensalters des Klägers sei eine Abfindung in Höhe von zwei Bruttomonatsentgelten angemessen.
Gegen dieses dem beklagten Land am 4. Juni 2020 und dem Klägervertreter am 28. Juni 2020 zugestellte Urteil haben beide Seiten Berufung eingelegt.
Das beklagte Land beanstandet, dass sich das Arbeitsgericht nur einem Kündigungsgrund zugewandt habe. Aber selbst hinsichtlich dieses Kündigungsgrundes habe es keiner vorhergehenden Abmahnung bedurft. Auch sei sowohl die arbeitsrechtliche Prüfung in dem ersten Personalgespräch wie auch der Hinweis auf die grundsätzliche Kündigungsrelevanz ausreichend gewesen, um den Kläger zu warnen. Diese Warnung habe der Kläger mit der E-Mail vom 9. September 2020 in den Wind geschlagen. Der Kläger habe als Grundschullehrer seinen Schülern in jeder Hinsicht ein Vorbild zu sein. Er habe hinsichtlich der Befreiung von der Maskenpflicht gelogen und weil es aus seiner Sicht eine Pandemie ohnehin nicht gebe, Andersdenkende mit Parallelen zum Dritten Reich und zur DDR diskreditiert. Damit habe er das notwendige Vertrauensverhältnis auch ohne Abmahnung nachhaltig zerstört.
Weiter habe der Kläger mit seiner E-Mail den Dienstweg nicht eingehalten und den Schulfrieden erheblich gestört. Mit der Strafanzeige gegen die Bildungsministerin habe er diese wissentlich falsch verdächtigt und somit eine Straftat begangen.
Das beklagte Land beantragt in der Berufungsinstanz,
1. das Urteil des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 24. Februar 2021 – 3 Ca 668/20 - abzuändern und die Klage, soweit ihr mit dem Tenor zu 1) stattgegeben worden sei, abzuweisen.
2. die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt in der Berufungsinstanz,
1. das Urteil des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 24. Februar 2021 – 3 Ca 668/20 – dahingehend abzuändern, dass es bei der Feststellung bleibt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet worden ist und das Arbeitsverhältnis nicht gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst wird.
2. die Berufung des beklagten Landes zurückzuweisen.
Der Kläger erwidert, dass der Kläger seit vielen Jahren anstandslos mit einer Vielzahl von Verträgen befristet beschäftigt gewesen sei. Schon dieses Verhalten des beklagten Landes sei sehr grenzwertig. Aus Sicht des Beklagtenvertreters sei es dem beklagten Land gerade recht gekommen, dass der Kläger sich als kritischer Bürger erwiesen habe. So suche man offensichtlich nach Gründen, den Kläger einfach loszuwerden. Der vorliegende Fall zeige eindrücklich, wie sehr die Gesellschaft mittlerweile durch die von den Regierungen verhängten Maßnahmen gespalten und zersetzt sei. So würden Kritiker der Maßnahmen wie hier gleich mit aller Gewalt bekämpft. Ihnen werde Inkompetenz, Ignoranz, Böswilligkeit, strafbares Verhalten, „Leugnung“ oder „Verweigerung“ vorgeworfen. Ihnen werde das Recht auf eine eigene Meinung abgesprochen, sie dürften solche Meinungen auf gar keinen Fall äußern, sonst würden sie zu Freiwild erklärt. Sie würden mit Verbrechern verglichen. Das sei mittlerweile Standard in vielen arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen. Menschen die sich Sorgen machen würden um die Demokratie, um das Wohl der ihnen anvertrauten Menschen (hier: der Schüler), würden diffamiert, gemobbt und des Arbeitsplatzes verwiesen. Statt mit ihnen in einen Diskurs zu treten, würden sie mit arbeitsrechtlichen Knüppeln traktiert. Gerade das Lehramt lebe doch von einem offenen Diskurs mit Schülern und Kollegen. Das Gericht habe zurecht erkannt, dass kein hinreichender Grund für eine verhaltensbedingte Kündigung gegeben sei.
Gründe für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses lägen nicht vor. Würde man so etwas hier zulassen, würde man dem Mobbing unliebsamer Mitarbeiter Tür und Tor öffnen. Beim beklagten Land handele es sich um eine große öffentliche Körperschaft. Es könne nicht angehen, dass Befindlichkeiten von Einzelpersonen dort als Grundlage herangezogen würden, das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Auch habe es sich bei den Äußerungen des Klägers um Ausübung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gehandelt. Diese Äußerungen habe er auch nur intern gemacht. Der Kläger sei – wie viele anderer Lehrkräfte auch – sehr besorgt um seine Schüler. Die angeordnete Maskenpflicht für Schüler und Lehrkräfte stehe deutschlandweit und in anderen Ländern im Focus vieler Kritiker. Teilweise stünden sich die Fronten unversöhnlich gegenüber. Diese Spaltung gehe mittlerweile quer durch die ganze Gesellschaft. Insofern sei dieser Rechtsstreit ein gutes Beispiel für die Methoden, mit denen versucht werde, Kritiker der Maßnahmen mundtot zu machen. Gerade Schulen sollten ein Ort sein, wo auch unterschiedliche Meinungen diskutiert und nicht von vornherein verboten würden. Das Arbeitsgericht habe die besondere Bedeutung der Meinungs- und Lehrfreiheit außer Acht gelassen. Damit würde man einer Gesinnungsprüfung unseligen Angedenkens den Weg frei machen. Es sei interessant, dass der Beklagte überhaupt nicht auf die tatsächliche Arbeit des Klägers als Lehrer eingegangen sei. Darum gehe es heute anscheinend nicht mehr. Es werde wie zu Zeiten des in Westdeutschland vor Jahrzehnten erlebten „Radikalenerlasses“ einfach aus einem außerdienstlichen unliebsamen Verhalten von Lehrern geschlossen, dass diese ihre eigentlichen Pflichten im Unterricht vernachlässigen würden. Solche Unterstellungen seien damals bodenlos gewesen und hier ebenso unzulässig, zumal es ausschließlich um außerdienstliche Äußerungen gehe.
Solange keine Verurteilung wegen einer ehrverletzenden Tat erfolgt sei, könne es nicht gestattet sein, einen Mitarbeiter einfach unter Berufung auf angeblich unzulässige Äußerungen aus seiner Arbeitsstelle zu mobben. Solche Äußerungen müssten entweder hingenommen oder im Dialog geklärt werden. Letztlich gehe es einzig und allein um die beiden Rechtsfragen, ob es vor Ausspruch der Kündigungen einer Abmahnung bedurft hätte und ob das Verhalten des Klägers einen ausreichenden Grund für eine verhaltensbedingte Kündigung darstelle.
Das beklagte Land verteidigt hilfsweise angefochtene Urteil. Was dem beklagten Land den weiteren Bestand des Arbeitsverhältnisses unerträglich mache, sei die Selbstviktimisierung des Klägers zum Opfer von Methoden, mit denen versucht werde, Kritiker mundtot zu machen. Der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter würden sich narzisstisch verblendet zeigen, wenn sie zur derzeitigen schulischen Situation von Kindern auch noch zwei Parallelen zur deutschen Geschichte des vergangenen Jahrhunderts zu ziehen sich gerechtfertigt fühlen würden. Das sei geschichtsvergessen, zynisch, menschenverachtend und reaktionär. Eine solche Lehrkraft könne das beklagte Land in seinem Schuldienst nicht dulden.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung des beklagten Landes vom 11. August 2021 und dessen Berufungserwiderung vom 28. September 2021 sowie den Inhalt der Berufungsbegründung des Klägers vom 23. August 2021 und dessen Berufungsbeantwortung vom 23. September 2021 sowie das Sitzungsprotokoll vom 7. Oktober 2021 Bezug genommen.
I.
Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufungen der Parteien sind form- und fristgerecht im Sinne der §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 Zivilprozessordnung (ZPO) eingelegt und begründet worden.
II.
Die Berufung des beklagten Landes ist auch begründet; die Berufung des Klägers ist nicht begründet.
1.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist dem Sachverhalt nicht zu entnehmen, dass das beklagte Land den Kläger als kritischen Bürger loswerden wollte und er aufgrund seiner Meinung „verfolgt“ werde. Der Entscheidung des Berufungsgerichts sind allein die Taten des Klägers zugrunde gelegt.
1.1
Anders als der Kläger meint, wird dem Kläger auch nicht seine Meinungsfreiheit abgesprochen. Arbeitnehmer haben das grundrechtlich geschützte Recht, Kritik am Arbeitgeber und den betrieblichen Verhältnissen zu üben. Dieses darf auch überspitzt und polemisch erfolgen. Dazu hat das LAG Berlin-Brandenburg bereits in einem Beschluss vom 2. Oktober 2014 (10 TaBV 1134/14) ausgeführt:
Auch unsägliche Äußerungen sind im Lichte des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung (Art. 11 Abs. 1 GRCh, Art 5 Abs. 1 GG) zu beurteilen.
Das Grundrecht des Art. 5 Abs. 1 GG ist für die freiheitliche demokratische Staatsordnung schlechthin konstituierend und gewährleistet zugleich eine der wesentlichen Äußerungsformen der menschlichen Persönlichkeit. Bei seiner großen Bedeutung ist seine Berücksichtigung jeweils im Rahmen des Möglichen geboten. Mit der elementaren Bedeutung des Grundrechts aus Art. 5 GG wäre es unvereinbar, wenn die Meinungsäußerung dem Bereich der betrieblichen Arbeitswelt, die die Lebensgestaltung zahlreicher Staatsbürger wesentlich bestimmt, schlechthin ferngehalten würde (vgl. schon BVerfG, Beschluss vom 28. April 1976 – 1 BvR 71/73).
Meinungen fallen stets in den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, ohne dass es dabei auf deren Begründetheit oder Richtigkeit ankäme. Sie verlieren diesen Schutz auch dann nicht, wenn sie scharf und überzogen geäußert werden. Soweit Tatsachenbehauptungen enthalten sind, die zur Stützung der Werturteile dienen, stehen diese wegen dieses Zusammenhangs ebenfalls unter dem Schutz der Meinungsfreiheit (BVerfG, Beschluss vom 29. Juli 1998 – 1 BvR 287/93).
Der Einfluss des Grundrechts wird verkannt, wenn die Gerichte ihrer Beurteilung eine Äußerung zugrunde legen, die so nicht gefallen ist, wenn sie dieser einen Sinn geben, den sie nach dem festgestellten Wortlaut objektiv nicht hat, oder wenn sie sich unter mehreren objektiv möglichen Deutungen für die zur Verurteilung führende entscheiden, ohne die anderen unter Angabe überzeugender Gründe auszuschließen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. Juli 2014 – 1 BvR 482/13).
Bedeutung und Tragweite der Meinungsfreiheit sind ferner dann verkannt, wenn die Gerichte eine Äußerung unzutreffend als Tatsachenbehauptung, Formalbeleidigung oder Schmähkritik einstufen mit der Folge, dass sie dann nicht im selben Maße am Schutz des Grundrechts teilnimmt wie Äußerungen, die als Werturteil ohne beleidigenden oder schmähenden Charakter anzusehen sind (BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 1991 – 1 BvR 327/91).
Dem entspricht auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG, Urteil vom 24. November 2005 – 2 AZR 584/04). Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles ist eine Abwägung zwischen den Belangen der Meinungsfreiheit und den Rechtsgütern, in deren Interesse das Grundrecht der Meinungsfreiheit eingeschränkt werden soll, vorzunehmen. Dabei muss das Grundrecht der Meinungsfreiheit regelmäßig aber nur dann zurücktreten, wenn sich die Äußerung als Angriff auf die Menschenwürde oder als eine Formalbeleidigung oder eine Schmähung darstellt.
Voraussetzung jeder Abwägung ist, dass der Sinn der Meinungsäußerung zutreffend erfasst worden ist. Die Auslegung hat vom Wortlaut der Äußerung auszugehen, darf aber den Kontext, in dem sie steht, sowie die für den Empfänger erkennbaren Begleitumstände, unter denen sie gefallen ist, nicht unberücksichtigt lassen. Die isolierte Betrachtung eines bestimmten Äußerungsteils wird den Anforderungen an eine zuverlässige Sinnermittlung regelmäßig nicht gerecht. Einer Äußerung darf kein Sinn beigelegt werden, den sie nicht besitzt; bei mehrdeutigen Äußerungen muss eine ebenfalls mögliche Deutung mit überzeugenden Gründen ausgeschlossen werden. Bei Aussagen, die bildlich eingekleidet sind, müssen sowohl die Aussage der Einkleidung selbst als auch die sogenannte Kernaussage je für sich daraufhin überprüft werden, ob sie die gesetzlichen Grenzen überschreiten. Auf diese Weise lässt sich ein wirksamer Schutz der grundrechtlichen Meinungsfreiheit gewährleisten.
1.2
Die Äußerungen des Klägers erfolgten in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis. Denn Äußerungen einer Lehrkraft an einer öffentlichen Schule gegenüber der Elternvertretung der Schule gehören dazu. Der Kläger teilte auch nicht nur seine Meinung mit, dass die Maskenpflicht eine Nötigung, Kindesmissbrauch, ja sogar vorsätzliche Körperverletzung sei, sondern er forderte in seiner E-Mail vom 19. August 2020 die Elternvertreterin der Schule auf, sich mit einer vorformulierten Eingabe zu Haftungsfragen an die Schulleitung zu wenden und dieses auch an die übrigen Eltern der Schule zu verteilen.
Damit hatte der Kläger die Grenze der Meinungsäußerung eindeutig überschritten. Er hat sich mit der Aufforderung, die vorformulierte Eingabe zu Haftungsfragen zu verwenden und in der Elternschaft der Schule zu verteilen in einer Art und Weise in den Schulbetrieb eingemischt, die das beklagte Land nicht dulden muss und in jedem Fall eine Pflichtverletzung des Klägers darstellt.
1.3
Aufgrund der fünfseitigen E-Mail des Klägers vom 9. September 2020 war die Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien sodann auch als außerordentliche Kündigung begründet.
1.3.1
Das Grundrecht der freien Meinungsäußerung findet auch in den Betrieben seine Schranke in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze. Dazu gehören auch in der Arbeitswelt die §§ 185-187 StGB. Handelt es sich um Gesetze, die die Meinungsfreiheit beschränken, ist dabei das eingeschränkte Grundrecht zu beachten, damit dessen wertsetzende Bedeutung auch auf der Rechtsanwendungsebene gewahrt bleibt. Dies erfordert regelmäßig eine Gewichtung der Beeinträchtigungen, die der persönlichen Ehre auf der einen und der Meinungsfreiheit auf der anderen Seite drohen. Das Ergebnis dieser Abwägung ist verfassungsrechtlich nicht vorgegeben, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
Doch ist in der Rechtsprechung eine Reihe von Gesichtspunkten entwickelt worden, die Kriterien für die konkrete Abwägung vorgeben. Wegen der fundamentalen Bedeutung der Meinungsfreiheit für die demokratische Ordnung spricht eine Vermutung für die freie Rede, wenn es um Beiträge zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage geht. Wird von dem Grundrecht nicht zum Zwecke privater Auseinandersetzung Gebrauch gemacht, sondern will der Äußernde in erster Linie zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen, dann sind Auswirkungen seiner Äußerungen auf den Rechtskreis Dritter zwar unvermeidliche Folge, nicht aber eigentliches Ziel der Äußerung. Der Schutz des betroffenen Rechtsguts tritt umso mehr zurück, je weniger es sich um eine unmittelbar gegen dieses Rechtsgut gerichtete Äußerung im privaten Bereich in Verfolgung eigennütziger Ziele handelt, sondern um einen Beitrag zu einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage. In der öffentlichen Auseinandersetzung, insbesondere im politischen Meinungskampf, muss daher auch Kritik hingenommen werden, die in überspitzter und polemischer Form geäußert wird, weil andernfalls die Gefahr einer Lähmung oder Verengung des Meinungsbildungsprozesses drohte (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2009 – 1 BvR 2272/04).
Bei herabsetzenden Äußerungen allerdings, die sich als Formalbeleidigung oder Schmähung erweisen, tritt die Meinungsfreiheit regelmäßig hinter den Ehrenschutz zurück. Wegen seines die Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts hat das Bundesverfassungsgericht den in der Fachgerichtsbarkeit entwickelten Begriff der Schmähkritik aber eng definiert. Danach macht auch eine überzogene oder gar ausfällige Kritik eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Die Äußerung muss jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik in der persönlichen Herabsetzung bestehen. Wesentliches Merkmal der Schmähung ist mithin eine das sachliche Anliegen völlig in den Hintergrund drängende persönliche Kränkung (BVerfG, Beschluss vom 24. Juli 2013 – 1 BvR 444/13, 1 BvR 527/13).
1.3.2
Indem der Kläger der Elternvertreterin der Schule schrieb:
Deshalb schrieb ich Ihnen, da ich auch dachte, dass Sie die Elternvertreterin der gesamten Schule sind und ihnen auch die Sorge um die Gesundheit der Kinder am Herzen liegt. Das war mein Versehen.
Nun hätte ich ja gedacht, dass, wenn schon das Wohlergehen der anderen Kinder der Schule nicht interessiert, Sie sich Gedanken um das Wohlergehen ihres eigenen Kindes machen. Stattdessen kümmern Sie sich eher um einen vermeintlichen Disziplinverstoß eines Lehrers der Schule und melden das der Schulleitung.
Warum fallen mir da gleich zwei Parallelen zur deutschen Geschichte des vergangenen Jahrhunderts ein?
hat der Kläger den Bereich der Meinungsäußerung (und Meinungsfreiheit) verlassen. Bei der Äußerung ging es nicht mehr um die Auseinandersetzung in der Sache, sondern es stand die Diffamierung der Elternsprecherin im Vordergrund. Indem der Kläger diese E-Mail auch noch an alle Lehrkräfte der Schule sowie den Schulrat und das Rechtsamt sandte, diffamierte der Kläger die Elternvertreterin öffentlich.
Das rechtfertigt nicht nur die ordentliche, sondern auch die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Denn es war dem beklagten Land nicht zumutbar, den Kläger noch bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31. Dezember 2020 weiterzubeschäftigen. Der Kläger hat keinerlei Einsicht gezeigt, dass er „über das Ziel hinaus geschossen“ war, sondern er hatte sein eindeutiges Fehlverhalten sogar noch beharrlich fortgesetzt und sich selbst als „Opfer“ dargestellt. Angesichts dieser Tatsachen hatte das beklagte Land keinerlei Gewähr, dass sich das Fehlverhalten des Klägers während der Kündigungsfrist nicht wiederhole. Es war dem beklagten Land nicht zuzumuten, dem Kläger weiterhin eine „Bühne“ für seine Entgleisungen zu geben.
1.3.3
Einer (weiteren) Abmahnung des Klägers dazu bedurfte es nicht. Denn der Kläger hat die ihm mündlich erteilte Abmahnung in der E-Mail vom 9. September 2020 geschildert, indem er sich auf die „Empfehlung“ des Schulrates bezog. Weiter hat der Kläger auch noch ausdrücklich mitgeteilt, dass er aufgrund seines Gewissens und weil er das verlangte Verhalten für gesetzeswidrig halte, nicht bereit sei, sein Verhalten zu ändern. Deshalb kann auch von einer Aussichtslosigkeit einer etwaigen (weiteren) Abmahnung ausgegangen werden.
2.
Auch im Rahmen der Interessenabwägung konnte das Gericht keine Gründe feststellen, die zu Gunsten des Klägers sprechen würden. Zwar hat der Kläger behauptet, dass er nur im Interesse der Kinder handele. Dieses war den Handlungen des Klägers aber nicht zu entnehmen. So ist nicht ersichtlich, dass der Kläger beispielsweise in seiner Schule Vorschläge für das Hygienekonzept unterbreitet oder seine vorgebrachten Zweifel im Rahmen der schulischen Gremien vorgebracht hätte. Hinzu kommt zu Lasten des Klägers, dass er sich darüber hinaus auch im Zusammenhang mit dem Tragen eines Mund-Nase-Schutzes (MNS) fehlverhalten hat, so dass die außerordentliche Kündigung auch im Rahmen einer Gesamtschau gerechtfertigt bleibt.
Wie das Arbeitsgericht in dem erstinstanzlichen Urteil zutreffend festgestellt hat, hat der Kläger gegenüber dem beklagten Land und dessen Vertreter immer wieder zum Ausdruck gebracht, dass er nicht gewillt sei, im Schulbetrieb den zum damaligen Zeitpunkt vorgeschriebene MNS zu tragen. Dem ist der Kläger erstinstanzlich mit drei Argumenten entgegengetreten. Die Maske stelle keinen wirksamen Schutz gegen Viren dar, die SARS-Cov-2-Eindämmungsverordnung sei verfassungswidrig und der Kläger sei nach einem ärztlichen Attest vom Tragen der Maske befreit.
2.1
Wenn der Kläger meint, dass die Maske keinen wirksamen Schutz gegen Viren darstelle, steht es ihm natürlich frei, im Verwaltungsrechtsweg gegen die SARS-Cov-2-Eindämmungsverordnung vorzugehen. Solange die Verordnung aber in der Welt ist, hat der Kläger sich im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses an die Festlegungen in dieser Verordnung zu halten. Sachlich begründete Anhaltspunkte bzw. Tatsachen, die eine Beachtung des Tragens eines Mund-Nase-Schutzes für den Kläger unzumutbar machen würde, sind vom Kläger nicht vorgetragen. Soweit der Kläger auf eine Beeinträchtigung seines Hörvermögens hingewiesen hatte, ist nicht ersichtlich, weshalb das Bedecken seiner Nase und seines Mundes die Funktionsfähigkeit seiner Ohren beeinträchtigt hätte.
2.2
Rechtliche Grundlage für die Verpflichtung zum Tragen des MNS war zunächst in § 2 Abs. 1 Nr. 8 SARS-CoV-2-Virus-UmgV und später in § 17 Abs. 1 SARS-CoV-2-EindV enthalten. Beide Verordnungen beruhten auf § 32 Satz 1 und 2 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 IfSG in der Fassung vom 27. März 2020 und waren rechtmäßig. Die nach § 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 IfSG erforderlichen tatbestandlichen Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 3 CoronaBetrVO normierte Pflicht zum Tragen eines MNS während Unterrichts lagen angesichts der sich damals wieder verschärfenden Pandemielage vor. Insbesondere stellte die Verpflichtung zum Tragen des MNS auch während des Unterrichts in dieser Situation eine Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG dar (vgl. bereits OVG NRW vom 20. August 2020 – 13 B 1197/20.NE m.w.N.). Nicht zu beanstanden ist, dass die Pflicht, auch im Unterricht einen MNS zu tragen, sich auch auf die Lehrer erstreckt. Schutzmaßnahmen müssen sich nicht auf Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider (sog. „Störer“) beschränken, wenn dies eine effektive Gefahrenabwehr nicht gewährleistet, etwa weil - wie hier - aus tatsächlichen Gründen vielfach gar nicht klar ist, ob eine Person „Störer“ oder „Nichtstörer“ ist. Nach damaligem Erkenntnisstand konnte nämlich eine Übertragung des Coronarvirus durch eine infizierte Person schon vor Symptombeginn oder auch bei einem asymptomatischen Verlauf der Erkrankung, den der Betroffene selbst gar nicht wahrgenommen hat, stattfinden Vgl. OVG NRW a.a.O.). Der Kläger hat keine Tatsachen vorgetragen, dass Art und Umfang der hier in Rede stehenden Verpflichtung ermessensfehlerhaft oder unverhältnismäßig wären.
Die Maßnahme diente einem legitimen Zweck. Sie sollte dazu beitragen, die Weiterverbreitung des SARS-CoV-2-Virus unter den Schülern und Lehrern sowie deren Bezugspersonen außerhalb des Unterrichts zumindest zu reduzieren und hierdurch die Virusausbreitung in der Bevölkerung insgesamt (bis zur Entwicklung von antiviralen Medikamenten oder von Impfstoffen) einzudämmen. Damit wiederum sollte die mit einer unkontrollierten Infektionsausbreitung einhergehende Gefahr einer Erkrankung vieler Menschen mit teilweise schwerwiegenden und tödlichen Krankheitsverläufen sowie einer Überforderung des Gesundheitssystems vermieden werden. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Verordnungsgeber davon ausging, dass die Corona-Pandemie eine ernstzunehmende Gefahrensituation begründe, die staatliches Einschreiten nicht nur rechtfertige, sondern mit Blick auf die Schutzpflicht des Staates für Leib und Gesundheit der Bevölkerung grundsätzlich gebiete.
2.3
Grundsätzlich kann es zwar aus gesundheitlichen Gründen eine Befreiung von der Maskenpflicht geben. Das vom Kläger vorgelegt Attest stellte keine wirksame Befreiung von der Pflicht zum Tragen eines MNS dar.
Eine solche Befreiung wäre nur geboten gewesen, wenn die Behauptung, das Tragen eines MNS sei aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder unzumutbar, glaubhaft gemacht gewesen wäre. Einem ärztlichen Attest kommt zwar eine besonders hohe Aussagekraft zu, aber für die Glaubhaftmachung zur Befreiung der Maskenpflicht anhand eines ärztlichen Attests ist ein qualifiziertes ärztliches Attest erforderlich. Ähnlich steht es auch in § 2 Abs. 3 Unterabsatz 2 der 6. Brandenburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung).
Konkret und nachvollziehbar sind die Angaben in der ärztlichen Bescheinigung, wenn neben dem vollständigen Namen und dem Geburtsdatum aus dem Attest hervorgeht, welche konkret zu benennenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf Grund einer Mund-Nasen-Bedeckung zu erwarten sind und woraus diese im Einzelnen resultieren. Soweit relevante Vorerkrankungen vorliegen, müssen diese konkret bezeichnet werden. Darüber hinaus muss im Regelfall erkennbar werden, auf welcher Grundlage der attestierende Arzt zu seiner Einschätzung gelangt ist (vgl. auch VG Regensburg vom 25. November 2020 - RN 14 S 20.2833) sowie Sächsische Landesärztekammer: Inhaltliche Vorgaben für ein ärztliches Attest, 9. November 2020, abrufbar unter: https://www.slaek.de/de/04/pressemitteilungen/2020/inhaltliche-vorgaben-fuer-ein-aerztlichesattest.php).
Da das vom Kläger vorgelegte Attest von einem Arzt stammte, der mehrere 100 km vom Wohnort des Klägers entfernt in Österreich seine Praxis hatte und der Kläger am Tag der Ausstellung im Unterricht tätig war, wäre es zur Glaubhaftmachung notwendig gewesen, die Art der Untersuchung im Attest zu nennen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt § 64 Abs.6 ArbGG in Verbindung mit § 91 ZPO. Der Kläger hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG kam nicht in Betracht, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen haben.