Gericht | OLG Brandenburg 4. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 15.12.2021 | |
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Aktenzeichen | 4 U 59/21 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2021:1215.4U59.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 14.12.2020, Az. 2 O 444/18, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Cottbus ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf bis zu 125.000,00 € festgesetzt.
I.
Der Kläger macht gegen die Beklagte Zahlungsansprüche wegen Widerrufs eines Immobiliendarlehens geltend.
Unter dem 12.05.2009 gewährte die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger ein Darlehen zur Finanzierung des Kaufpreises für eine Immobilie zur privaten Vermögensbildung und Altersvorsorge über einen Darlehensnettobetrag über insgesamt 350.700,00 €. Die Darlehensvaluta wurde in Teilbeträgen auf drei Unterkonten mit den Endziffern –(X) (Darlehensbetrag: 45.000,00 €), -(Y) (Darlehensbetrag 220.700,00 €), -(Z) (Darlehensbetrag: 85.000,00 €) verbucht, für die der Kläger der Beklagten jeweils eine Buchgrundschuld bestellte. Als weitere Sicherheiten trat der Kläger zudem der Beklagten Ansprüche aus einer bestehenden Lebensversicherung bei der Allianz Versicherung AG und einer neu abgeschlossenen Risikolebensversicherung bei der DLV AG ab.
Auf Seite 6 enthält der Darlehensvertrag folgende Klausel:
„XII Verzicht auf den Zugang der Annahmeerklärung
Der Darlehensnehmer verzichtet darauf, dass ihm die Annahmeerklärung der Bank in schriftlicher Form zugeht.“
Darunter folgen die Unterschriften des Klägers und einer Mitarbeiterin der Beklagten; die Unterzeichnung erfolgte in den Filialräumen der Beklagten in … .
Darunter ist eine schwarz umrandete Widerrufsbelehrung abgedruckt, wegen deren Inhalt und Erscheinungsbild auf Seite 3 des angefochtenen Urteils Bezug genommen wird.
Mit Schreiben vom 20.05.2015 erklärte der Kläger den Widerruf des Darlehensvertrags, der von der Beklagten mit Schreiben vom 18.09.2015 als verfristet zurückgewiesen wurde.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung noch widerrufen können, weil er fehlerhaft über sein Widerrufsrecht belehrt worden sei. Die Belehrung erwecke den Eindruck, als beginne die Frist bereits mit der Übermittlung des die Widerrufsbelehrung enthaltenen Vertragsantrages und die Widerrufsfrist beginne ohne Rücksicht auf eine Vertragserklärung des Darlehensnehmers bereits am Tag nach Zugang des Angebotes zu laufen. Der Begriff der „Vertragsurkunde“ könne nicht dahingehend ausgelegt werden, er meine in einem bestimmten Kontext den schriftlichen Vertragsantrag des Darlehensgebers. Überdies habe die Beklagte nicht hinreichend über die gesetzlichen Widerrufsfolgen belehrt. Zur Unsicherheit trage überdies der in den Darlehensverträgen enthaltene Verzicht auf den Zugang der Annahmeerklärung bei. Auch daher sei unklar, wann der - nach der Widerrufsbelehrung von der Zurverfügungsstellung der Vertragsurkunde abhängende – Lauf der Widerrufsfrist beginne.
Erstinstanzlich hat der Kläger zunächst die Rückabtretung der der Beklagten gewährten Sicherheiten begehrt. Nach Ablauf der Zinsbindungsfrist und Leistung einer Schlusszahlung hat der Kläger unter teilweiser Erledigungserklärung, der sich die Beklagte nicht angeschlossen hat, beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 107.440,26 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 17.11.2020 sowie weitere 4.085,03 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 15.02.2018 zu zahlen,
2. festzustellen, dass sich der Rechtsstreit im Übrigen in der Hauptsache erledigt hat.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf eine Vielzahl obergerichtlicher Entscheidungen gegen ihre Inanspruchnahme im Wesentlichen eingewandt, die Widerrufsbelehrung entspreche den gesetzlichen Anforderungen. Soweit in der Widerrufsbelehrung allein auf die Aushändigung des Vertragstextes abgestellt werde, werde hiermit lediglich der Fristbeginn nach hinten verschoben.
Das Landgericht, auf dessen Urteil hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Widerruf des Klägers sei verspätet; die Frist zum Widerruf habe mit Zurverfügungsstellung eines Vertragsexemplars begonnen. Die von der Beklagten verwendete Formulierung führe auch nicht zu Unklarheiten, die sich zulasten des Darlehensnehmers auswirken würden. So sei die für den Beginn der Widerrufsfrist verwendete Formulierung „einen Tag, nachdem“ nicht zu beanstanden. Sie erwecke insbesondere nicht den Eindruck, die nach § 187 Abs. 1 BGB zu berechnende Frist beginne einen weiteren Tag später.
Auch der Begriff „Vertragsurkunde“, den auch der Gesetzgeber in § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. verwendet habe, sei für sich nicht undeutlich. § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB bezeichne mit diesem Begriff das von beiden Vertragsparteien unterzeichnete schriftliche Original des Vertrags. Entsprechend könne der Begriff „Vertragsurkunde“ objektiv nicht anders und insbesondere nicht dahingehend ausgelegt werden, er meine in einem bestimmten Kontext den schriftlichen Vertragsantrag des Darlehensnehmers.
Soweit die Widerrufsbelehrung den Fristbeginn von der Aushändigung der beidseitig unterzeichneten Vertragsurkunde oder einer Abschrift der Vertragsurkunde abhängig mache, während § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F. alternativ auch die Aushändigung des schriftlichen Antrags des Verbrauchers oder einer Abschrift des Antrags ausreichen lasse, sei die Abweichung vom Gesetzestext unschädlich, da sie sich zugunsten des Darlehensnehmers auswirke. Indem die Widerrufsbelehrung nur auf die Vertragsurkunde abstelle, führe sie in solchen Fällen, in denen der Verbraucher vor der Vertragsurkunde bereits den Antrag ausgehändigt erhalten habe, zu einer – unschädlichen – Verlängerung der gesetzlichen Widerrufsfrist.
Das in Zeile 2 unter dem Wortlaut „Fristablauf“ fehlerhaft verwendete Wort „Widerrufsbelehrung“ (statt „Widerrufserklärung“) mache die Widerrufsbelehrung nicht unrichtig, da dieser Fehler offensichtlich und für den Darlehensnehmer ohne weiteres als solches zu erkennen gewesen sei.
Auch die in der Vertragsurkunde über der Widerrufsbelehrung stehende Klausel, dass der Darlehensnehmer auf den Zugang der Annahmeerklärung der Bank in Schriftform verzichte, stehe der Ordnungsgemäßheit der Widerrufsbelehrung nicht entgegen. Dabei könne offen bleiben, ob außerhalb der textlich klar abgegrenzten Widerrufsbelehrung liegende Umstände überhaupt herangezogen werden könnten. Denn auch in diesem Fall wäre der Fristbeginn hier nicht unklar. Wenn die Widerrufsbelehrung wie hier an den Erhalt der Vertragsurkunde anknüpfe, der Darlehensnehmer aber lediglich seinen Antrag in Schriftform erhalte, beginne der Lauf der Widerrufsfrist zugunsten des Darlehensnehmers gar nicht.
Die Belehrung sei auch nicht irreführend im Hinblick auf die erteilte Belehrung zu den Rechtsfolgen des Widerrufs. Schließlich sei die Widerrufsbelehrung hinreichend hervorgehoben, nämlich drucktechnisch hervorgehoben gestaltet und besonders eingerahmt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine zuletzt gestellten Klageanträge weiterverfolgt. Er macht weiterhin geltend, dass die Angaben zum Beginn der Widerrufsfrist in der Widerrufsbelehrung durch die Klausel unter Ziffer XII. des Darlehensvertrags verunklart würden. Denn durch den dort erklärten Verzicht auf die Annahmeerklärung werde der Eindruck vermittelt, dass zum wirksamen Vertragsschluss noch eine weitere Handlung der Beklagten, namentlich die Annahme, erforderlich sei. Dieser werde durch die Beklagte zusätzlich dadurch verstärkt, dass sie in der von ihr vorgefertigten Empfangsbestätigung die Vertragsurkunde als „Abschrift meines Darlehensantrages“ bezeichnet habe. Als durchschnittlicher Verbraucher habe er daher nicht mehr die Möglichkeit gehabt, die Übergabe der Vertragsurkunde als Frist auslösendes Moment zu erkennen.
Soweit das Landgericht ausgeführt habe, es könne offen bleiben, ob Umstände außerhalb der Widerrufsbelehrung heranzuziehen seien, wäre eine Entscheidung hierüber notwendig gewesen, da der Nichtlauf der Widerrufsfrist zum Obsiegen des Klägers in erster Instanz geführt hätte.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 14.12.2020 abzuändern und
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 107.440,26 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 17.11.2020 sowie weitere 4.085,03 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 15.02.2018 zu zahlen,
2. festzustellen, dass sich der Rechtsstreit im Übrigen in der Hauptsache erledigt hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und unter Verweis auf höchstrichterliche und obergerichtliche Entscheidungen das angefochtene Urteil.
II.
Die Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere gemäß §§ 517ff. ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
1. Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt, insbesondere nicht aus §§ 346 Abs. 1, 357 Abs. 1 Satz 1, 355, 495 BGB (in der bis zum 10.06.2010 geltenden Fassung, im Folgenden: a.F.) einen Anspruch auf Zahlung von 107.440,26 € gegen die Beklagte.
a) Auf das Schuldverhältnis zwischen den Parteien ist gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB das BGB und die BGB-Informationspflichten-Verordnung in der bis zum 11.06.2010 geltenden Fassung anzuwenden, da der Darlehensvertrag zwischen den Parteien vor dem genannten Datum geschlossen ist und es sich nicht um ein unbefristetes Schuldverhältnis im Sinne des Art. 229 § 22 Abs. 3 EGBGB handelt.
b) Die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung ist ordnungsgemäß mit der Folge, dass die zweiwöchige Widerrufsfrist gemäß den §§ 495, 355 BGB a.F. bei Erklärung des Widerrufs mit Schreiben vom 20.05.2015 bereits abgelaufen war.
aa) Nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. ist eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist erforderlich (BGH, Urt. v. 10.03.2009 - XI ZR 33/08 – Rn. 14). Wenn es in der Belehrung heißt: "Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem […]", ist – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - diesen Anforderungen Genüge getan, denn die Belehrung orientiert sich insoweit an den gesetzlichen Vorgaben des § 187 BGB (vgl. BGH, Beschl. v. 18.12.2018 – XI ZB 16/18 – Rn. 20 m.w.N.; Senat, Urt. v. 18.04.2018 – 4 U 47/17, Seite 10 n.v.).
bb) Die Widerrufsbelehrung teilte auch die Bedingungen gemäß § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F. für das Anlaufen der Widerrufsfrist hinreichend deutlich mit. Zwar weicht der Inhalt der Belehrung insofern von der in § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F. getroffenen Regelung ab, als die Belehrung den Lauf der Frist allein an die Aushändigung einer Ausfertigung der Vertragsurkunde und nicht - wie in § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F. vorgesehen - alternativ auch an die Überlassung des schriftlichen Antrages des Verbrauchers anknüpft. Zu Recht ist das Landgericht indes davon ausgegangen, dass nach der Rechtsprechung des BGH in derartigen Fällen von einem den Verbraucher begünstigenden und damit unschädlichen Hinausschieben der Widerrufsfrist auszugehen ist (vgl. BGH, Beschl v. 18.12.2018 – XI ZB 16/18 – Rn. 20 m.w.N.), so dass die Frist mit der unstreitigen Aushändigung der Abschrift der Vertragsurkunde begonnen hat.
cc) Der Begriff "Vertragsurkunde", den auch der Gesetzgeber in § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F. verwendet hat, ist - dies hat der Bundesgerichtshof mit Urt. v. 21.02.2017 (- XI ZR 381/16 - Rn. 14) ausdrücklich klargestellt - für sich und ohne Rücksicht auf die Umstände des Zustandekommens des Darlehensvertrags niemals undeutlich. § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F. bezeichnet mit dem Begriff "Vertragsurkunde" das von beiden Vertragsparteien unterzeichnete schriftliche Original des Vertrags. Entsprechend kann der Begriff "Vertragsurkunde" objektiv auch nicht anders und insbesondere nicht dahin ausgelegt werden, er meine in einem bestimmten Kontext den schriftlichen Vertragsantrag des Darlehensgebers (BGH a.a.O.). Der Unternehmer muss schließlich nicht genauer formulieren als der Gesetzgeber selbst (vgl. BGH, Urt. v. 22.11.2016 – XI ZR 434/15 – Rn. 17; Senat, Urt. v. 18.04.2018 – 4 U 47/17 Seite 12 n.v.).
Entgegen der Auffassung der Berufung verunklart daher auch der in Ziffer XII des Darlehensvertrages vorformulierte Verzicht des Darlehensnehmers auf den Zugang "der Annahmeerklärung der Bank in Schriftform" die Widerrufsbelehrung nicht. Schon begrifflich bezeichnen "Vertragsurkunde" und "Annahmeerklärung" Unterschiedliches; "Annahmeerklärung" der Bank ist selbsterklärend und bedeutet Erklärung der Annahme (des Vertragsangebots des Kunden) durch die Bank (Senat, Urt. v. 18.04.2018, a.a.O., Seite 12f. n.v.). Was unter einer „Vertragsurkunde“ zu verstehen ist, wird dadurch nicht fraglich. Auf den abstrakten Zeitpunkt des Vertragsschlusses und dessen Kenntnis durch den Verbraucher kam es auch nach der für die Belehrung geltenden Vorgabe des § 355 Abs.2 BGB in der seinerzeitigen Fassung nicht an (OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.01.2018 – 23 U 12/17 – Rn. 26).
Eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Widerrufsinformation wird überdies nicht dadurch undeutlich, dass die Vertragsunterlagen an anderer, drucktechnisch nicht hervorgehobener Stelle einen inhaltlich nicht ordnungsgemäßen Zusatz enthalten (BGH, Urt. v. 17.09.2019 – XI ZR 662/18 – Rn. 31; BGH, Urt. v. 10.10.2017 – XI ZR 443/16 – Rn. 25; Senat, Urt. v. 21.04.2021 – 4 U 154/20 – Rn. 60; Senat, Urt. v. 29.05.2019 – 4 U 95/18 – Rn. 52). So liegt der Fall hier. Der Zusatz in Ziffer XII des Darlehensvertrags ist deutlich räumlich und sachgedanklich von der schwarz umrandeten Widerrufsbelehrung abgegrenzt und enthält eine eigene Erklärung - den Verzicht auf den Zugang der Annahmeerklärung in Schriftform (Senat, Urt. v. 18.04.2018 – 4 U 47/17, Seite 13 n.v.).
Aus vorstehendem Grund beeinträchtigt auch der in der Empfangsbestätigung vorformulierte Satz,
"Hiermit bestätige ich, dass mir/uns (je) eine Abschrift
- meines Darlehensantrages
- der Widerrufsbelehrung
zur Verfügung gestellt wurde",
die Deutlichkeit der Widerrufsbelehrung nicht. Dieser ist ebenfalls räumlich von der Widerrufsbelehrung abgesetzt - er befindet sich auf einem eigenen Blatt und ist eigens schwarz umrahmt - und mit der Bezugnahme auf die "Widerrufsbelehrung", die mit den Worten "Ende der Widerrufsbelehrung" abschloss, auch sachgedanklich von der Widerrufsbelehrung geschieden. Er enthält eine eigenständige Erklärung, die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch dann keine Auswirkungen auf die Deutlichkeit der Widerrufsbelehrung hat, wenn sie eine Empfangsbestätigung zum Inhalt hat (so bereits Senat, Urt. v. 18.04.2017 – 4 U 47/17, Seite 14f. n.v. unter Verweis auf BGH, Beschl. v. 05.12.2017 - XI ZR 294/17 - Rn. 10).
dd) Das in Zeile 2 unter dem Wort „Fristlauf“ zum ersten Spiegelstrich fehlerhaft verwendete Wort „Widerrufserklärung (statt Widerrufsbelehrung) macht die Widerrufsbelehrung ebenfalls nicht unrichtig oder undeutlich, da es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler handelt (vgl. BGH, Urt. v. 16.10.2018 – XI ZR370/17 – Rn. 8 m.w.N. zur Verwendung „Widerspruchsrecht“ statt „Widerrufsrecht“). Dieses Schreibversehen ist - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - für jeden unbefangenen Leser des Belehrungstextes offenkundig. Das eigentlich Gemeinte ist hinreichend deutlich, da von einem Exemplar „dieser“ Widerrufserklärung die Rede ist, die Überschrift der schwarz eingerahmten Widerrufsbelehrung auch als solche lautet und mit den Worten „Ende der Widerrufsbelehrung“ schließt. Ein Irrtum über den Erklärungsinhalt der Belehrung ist damit ausgeschlossen (vgl. OLG Frankfurt, Vfg. v. 21.12.2015 – 19 U 160/15 – Rn. 46f. und nachfolgenden Beschl. v. 25.01.2016 – Rn. 3; OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.01.2018 – 23 U 12/17 – Rn. 27ff. und nachfolgenden Beschl. v. 08.03.2017).
ee) Soweit der Kläger die Auffassung vertreten hat, die Belehrung sei wegen des Inhalts der Belehrung über die Widerrufsfolgen unrichtig, verweist der Senat auf die – auch insoweit zutreffenden – Ausführungen des Landgerichts im erstinstanzlichen Urteil, die von der Berufung nicht angegriffen werden.
ff) Schließlich ist auch die Ansicht des Landgerichts, die Widerrufsbelehrung sei optisch ausreichend aus dem Vertragstext herausgehoben, nicht zu beanstanden.
Soweit die Belehrung sich innerhalb einer einheitlichen Vertragsurkunde aus dem übrigen Vertragstext drucktechnisch deutlich hervorheben muss (BGH, Urt. v. 23.06.2009 – XI ZR 156/08 – Rn. 24), ist dies vorliegend ausreichend gegeben. Die Belehrung ist durch eine schwarze Umrahmung optisch hervorgehoben und mit durch fettgedruckte Überschriften versehenen Absätzen klar gegliedert. Dass sich die Belehrung am Ende des Darlehensantrags befindet, unmittelbar unter der Unterschriftszeile, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der Verbraucher die Belehrung tatsächlich zur Kenntnis nimmt, zumal die Schriftgröße auch nicht hinter den übrigen Passagen des Vertrags zurückbleibt (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.05.2015 – 23 U 204/14 – Rn. 32). Sie ist überschrieben außerhalb des Kastens mit „Widerrufsbelehrung für jeden einzelnen Darlehensnehmer“ und innerhalb des Kastens „Widerrufsrecht für jeden einzelnen Darlehensnehmer“. Beide Überschriften sind fettgedruckt. Rechts unten innerhalb des Kastens befindet sich in Kursivschrift der Vermerk „Ende der Widerrufsbelehrung“. Bei der Widerrufsbelehrung handelt es sich auch nicht um einen Fließtext. Sie ist deutlich übertitelt. Die Ereignisse, die für den Lauf der Frist maßgeblich sind, sind deutlich untereinander aufgeführt und drucktechnisch durch Punkte vor der Zeile hervorgehoben.
Auch wenn die Belehrung nicht der einzig schwarz umrahmte und mit fett gedruckten Zwischenübersichten versehende Bestandteil des dem Kläger ausgehändigten Schriftwerks ist, wird sie - entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Berufungsführers in der mündlichen Verhandlung vom 17.11.2021 – ein verständiger Verbraucher aufgrund ihrer hervorgehobenen Lage und Gestaltung nicht überlesen (vgl. BGH, Urt. v. 14.10.2015 – IV ZR 171/14 – Rn. 12). Der ausreichenden Hervorhebung steht hier auch nicht entgegen, dass sich die Schriftgröße nicht von derjenigen des Vertragstextes unterscheidet. Denn die Beklagte hat hier andere Mittel zur deutlichen Hervorhebung gewählt, die ausreichend waren. § 355 Abs. 2 BGB a.F. verlangte nicht, dass die Widerrufsbelehrung gesondert unterschrieben werden musste. Dass deren Empfang hier gesondert zu unterschreiben war, erhöhte allerdings die Wahrscheinlichkeit, dass der Verbraucher die Belehrung tatsächlich zur Kenntnis nimmt (vgl. BGH, Urt. v. 10.03.2009 – XI ZR 33/08 – Rn. 18).
2. Fehlt es nach allem an einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung, steht dem Kläger bereits aus diesem Grund der geltend gemachte Anspruch auf Zinsen sowie Erstattung ihm entstandener außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten gegen die Beklagte nicht zu.
3. Der als Berufungsantrag zu Ziffer 2. geltend gemachte Antrag auf Feststellung der Erledigung in der Hauptsache ist unbegründet, da der Kläger mangels Wirksamkeit des Widerrufs bei seinerzeit fortbestehenden Darlehensvertrag keinen Anspruch auf Rückabtretung der der Beklagten gewährten Sicherheiten hatte.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung aufweist noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO).
IV.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO.
Im Fall einer – wie hier - einseitigen Teilerledigungserklärung des Klägers richtet sich der Streitwert nach der Höhe der restlichen Hauptforderung sowie dem Feststellungsinteresse hinsichtlich des für erledigt erklärten Teils, das sich hier mit dem Kosteninteresse deckt (vgl. BGH, Beschl. v. 27.09.2017 – VIII ZR 100/17 – Rn. 2; a.A. Herget in: Zöller, ZPO, 34. Auflage (2022), § 3 ZPO Rn. 16.67 - Quotelung). Dabei ist der Wert dieser Kosten durch eine Differenzberechnung zu ermitteln, die ergibt, um welchen Betrag bis zur teilweisen Erledigung diejenigen Kosten überschritten worden sind, die angefallen wären, wenn der Kläger den Rechtsstreit von Anfang an nur über den nicht für erledigt erklärten Teil der Hauptsache geführt hätte (BGH, a.a.O., Rn. 2).
Die in der ersten Instanz bis zur einseitigen Erledigungserklärung angefallenen Kosten belaufen sich bei einem Ausgangsstreitwert von 302.987,08 € auf 22.266,96 € (Gerichtsgebühren 7.386,00 €; Anwaltsgebühren 7.440,48 € x 2); bei einem Streitwert von 107.440,26 € hätten sie hingegen lediglich 12.068,46 € (Gerichtsgebühren 3.078,00 €; Anwaltsgebühren 4.495,23 € x 2) betragen. Mithin ergibt sich vorliegend eine streitwertwirksame Kostendifferenz in Höhe von 10.198,50 €.
Zusätzlich sind vorliegend sowohl die vom Kläger geltend gemachten vorprozessualen Anwaltskosten jeweils als ein den Streitwert erhöhender Hauptanspruch zu berücksichtigen, soweit der (zuvor) geltend gemachte Hauptanspruch Gegenstand der einseitigen Teilerledigungserklärung ist. Denn ein die Werterhöhung ausschließendes Abhängigkeitsverhältnis von Nebenforderungen im Sinne von § 4 Abs. 1 ZPO besteht nur, wenn und soweit die betreffende Hauptforderung noch Gegenstand des Rechtsstreits ist (vgl. BGH, Beschl. v. 27.09.2017 – VIII ZR 100/17 – Rn. 3 m.w.N.). Die zur Hauptforderung gewordenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten belaufen sich - nach der auch insoweit anzustellenden Differenzrechnung auf Grundlage der sich aus den jeweiligen Streitwerten ergebenden Geschäftsgebühren (3.880,47 € bei einem Streitwert von 302.987,08 € gegenüber 2.348,94 € bei einem Streitwert von 107.440,26 € - auf 1.531,53 €. Streitwertmindernd ist allerdings zu berücksichtigen, dass gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG die Geschäftsgebühr hälftig auf die Verfahrensgebühr angerechnet wird (vgl. BGH, Beschl. v. 04.12.2007 - VI ZB 73/06 - Rn. 9).
Der Gesamtstreitwert für das Berufungsverfahren ist damit auf bis zu 125.000,00 € festzusetzen.