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Entscheidung 9 A 10.12


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 9. Senat Entscheidungsdatum 02.11.2021
Aktenzeichen 9 A 10.12 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2021:1102.9A10.12.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 47 VwGO, § 8 Abs 4 KaG BE, § 12d KaG BE

Tenor

§ 3 Abs. 10 der Wasseranschlussbeitragssatzung des Antragsgegners vom 28. Februar 2012 wird für unwirksam erklärt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Antragsgegner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Antragstellerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragstellerin wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen § 3 Abs. 10 der im Jahr 2012 beschlossenen Wasseranschlussbeitragssatzung des Antragsgegners (WBS 2012).

Der Antragsgegner ist im August 1992 gegründet worden und betreibt eine zentrale öffentliche Trinkwasserversorgungsanlage. Zur Refinanzierung der Aufwendungen des Verbandes für diese Anlage erhebt der Antragsgegner Herstellungsbeiträge und Benutzungsgebühren. Im Januar 1998 wurde eine Trinkwasserversorgungskonzeption erarbeitet. Diese begleitete ein Sanierungskonzept vom 24. März 1999, das der Zweckverband in überarbeiteter Form am 23. Februar 2000 beschlossen hat; es sah Sanierungsmaßnahmen bis zum Jahr 2009 voraus.

Am 2. November 2010 beschloss die Verbandsversammlung verschiedene „Kalkulationsgrundsätze“ zur Beitragskalkulation der öffentlichen Wasserversorgung (Beschluss Nr. VV 29/2010); u. a. sollte der Deckungsgrad des Beitragssatzes 90% betragen.

Ebenfalls im November 2010 erstellte der Zweckverband eine Kalkulation zur Erhebung eines Herstellungsbeitrages für die zentrale Trinkwasserversorgungsanlage. Die Kalkulation erstreckte sich auf den Zeitraum ab Verbandsgründung (1. August 1992) bis zum 31. Dezember 2013. Stichtag für die Abgrenzung der tatsächlichen von den prognostizierten Aufwendungen war der 31. Dezember 2008. Die Kalkulation ging von umlagefähigen Anschaffungs- und Herstellungskosten in Höhe von 28.670.854.22 Euro und einer nutzungsbezogenen Grundstücksfläche von 30.354.808 m² aus, woraus sich rechnerisch ein zulässiger Beitragssatz von 0,94 €/m² ergab.

Die verfahrensgegenständliche Beitragssatzung wurde am 28. Februar 2012 beschlossen und im Amtsblatt für den Landkreis Teltow-Fläming vom 5. März 2012, S. 3, bekannt gemacht. Nach ihrem § 9 trat sie rückwirkend zum 1. Januar 2011 in Kraft. Der Beitragssatz wurde in dem angegriffenen § 3 Abs. 10 WBS 2012 auf 0,85 €/m² der mit dem Nutzungsfaktor vervielfachten Grundstücksfläche festgelegt (zuzüglich Mehrwertsteuer).

Am 20. Mai 2014 beschloss die Verbandsversammlung eine „1. Fortschreibung der Trinkwasserkonzeption“; darin wurde bis zum Jahr 2030 ein Sanierungsbedarf in Höhe von mehr als 32 Mio. Euro für vor dem Jahr 1990 geschaffene Trinkwasserleitungen angegeben. Am gleichen Tag beschloss die Verbandsversammlung einen „Nachtrag zur Beitragskalkulation Trinkwasser 2010“, mit der zusätzliche Sanierungskosten (u.a. betreffend Rohrleitungen bis zum Jahr 2030) i. H. v. 22.185.399 Euro in die Kalkulation eingestellt wurden. In der Beschlussbegründung wurde hierzu u. a. ausgeführt:

„Bisher nur eingeschränkt betrachtet wurden die Herstellungskosten für den Ersatz der Anlagen, die vor dem 03.10.1990 gebaut wurden und in den nächsten Jahren bzw. Jahrzehnten erneuerungsbedürftig sind.

Wie aus der 1. Fortschreibung des Trinkwasserkonzepts ersichtlich, ist ein Sanierungsbedarf für die vor 1990 fertig gestellten wasserwirtschaftlichen Anlagen gegeben. Dies betrifft vor allem Rohrnetzsanierungen, aber auch die Prognose zur Sicherung der Wasserversorgung der Orte Rangsdorf, Dahlewitz und Groß Machnow. Dieses Versorgungsgebiet wird derzeit vom Wasserwerk Rangsdorf versorgt, das stark sanierungsbedürftig ist ... Der Sanierungsbedarf ist zum Teil erst mit der 1. Fortschreibung des Trinkwasserkonzepts konkret benannt, war aber bereits zum Zeitpunkt der Beitragskalkulation im Jahr 2010 absehbar. Der KMS ging zu diesem Zeitpunkt jedoch rechtsirrtümlich davon aus, dass es sich bei den Sanierungskosten nicht um beitragsfähigen Herstellungsaufwand handelt.“

Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines Grundstücks im Verbandsgebiet; sie ist mit einem noch nicht bestandskräftigen Bescheid zur Zahlung eines Beitrags herangezogen worden.

Mit ihrem am 15. Oktober 2012 gestellten Normenkontrollantrag macht sie u. a. geltend, der Beitragssatz sei überhöht festgesetzt worden. Bei seiner Ermittlung seien methodische Fehler begangen worden, die es unmöglich machten, festzustellen, ob gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot bzw. gegen das Verbot der Doppelbelastung verstoßen worden sei. Da in der Zeit vor dem 1. Januar 1998 kein Trinkwasserversorgungskonzept des Antragsgegners existiert habe, seien die vor diesem Zeitpunkt getätigten Aufwendungen nicht beitragsfähig. Zudem habe sich der Antragsgegner bis 1997 in einer desaströsen Lage befunden. Nach einem von der unteren Kommunalaufsichtsbehörde in Auftrag gegebenen Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO vom 3. März 1995 bestünden Bedenken an der sparsamen und wirtschaftlichen Führung des Zweckverbandes. Ferner beruft sich die Antragstellerin auf die Monita in dem vom Brandenburgischen Ministerium des Inneren beauftragten Sanierungskonzept Zweckverband KMS der ARGE Mittelrheinische Treuhand / U.T.G. Control, Rechtlicher und wirtschaftlicher Teil, in der Hauptstudie zum Sanierungskonzept, Abschlussbericht Technischer Bereich, sowie in den Jahresabschlussprüfungen für die Jahre 1992 bis 1997 der Mittelrheinischen Treuhand. Die Berichte und Untersuchungen belegten, dass die Tätigkeit des Antragsgegners in diesen Jahren durch fehlende oder unzureichende Ausschreibungen und nicht wahrgenommene Kontrolle gekennzeichnet gewesen sei. Leistungen seien zu völlig überhöhten Preisen eingekauft worden. Die Kosten für Baumaßnahmen aus diesem Zeitraum seien deshalb jedenfalls nicht in voller Höhe beitragsfähig.

Weitere Rügen der Antragstellerin betreffen die Höhe der als Abzugsposten in der Kalkulation zu berücksichtigenden Fördermittel, den Nichtansatz der in Abzug zu bringenden gebührengedeckten Abschreibungen, die Gesamtfläche der im Verbandsgebiet vorhandenen beitragspflichtigen Grundstücke sowie die Bestimmung der maßgeblichen Vollgeschosse für diese Grundstücke. Auch sei der Antragsgegner an das von seiner Verbandsversammlung am 2. November 2010 separat beschlossene und mit dem Satzungsbeschluss vom 28. Februar 2012 bestätigte Verhältnis der Finanzierung der Anschaffungs- und Herstellungskosten durch Beiträge und Gebühren (90 % zu 10 %) gebunden.

Die Antragstellerin beantragt,

§ 3 Abs. 10 WBS 2012 für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Beitragskalkulation sei plausibel, insbesondere seien keine überhöhten Kosten eingestellt worden. Dies gelte auch für die Baumaßnahmen aus den Jahren 1992 bis 1997. Maßnahmen, die sich als nicht sinnvoll erwiesen hätten, seien aus der Anlagenbuchhaltung ausgebucht worden und damit nicht in die Beitragskalkulation eingegangen. Zudem sei im Zusammenhang mit der Bewilligung von Fördermitteln die Angemessenheit der Kosten geprüft worden. Auch die Prüfung des Jahresabschlusses 2008 habe keine Beanstandungen ergeben. Aus den Ausschreibungsunterlagen – soweit sie noch hätten ausfindig gemacht werden können – ergebe sich, dass bis auf eine Ausnahme der billigste Anbieter ausgewählt worden sei. Zudem belege der Vergleich mit den Ausschreibungsergebnissen eines Nachbarverbands, dass die in Rede stehenden Baumaßnahmen nicht überteuert gewesen seien. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass es im Verbandsgebiet schwieriges Terrain und damit auch höhere Baukosten gebe.Gebührenfinanzierte Abschreibungen seien bei der Beitragskalkulation nicht zu berücksichtigen, weil eine solche Berücksichtigung in Bezug auf Herstellungsbeiträge – anders als für Erneuerungsbeiträge – in § 8 KAG nicht vorgesehen sei. Jedenfalls sei die Summe aus den bis zum Satzungsinkrafttreten schon gebührenfinanzierten Abschreibungen und den nach der Beitragssatzung maximal möglichen Beitragseinnahmen geringer als die in der Beitragskalkulation angesetzten Anschaffungs- und Herstellungskosten.

Der Antragsgegner hat mit Schriftsätzen vom 8. Mai und 5. Juli 2019 mitgeteilt, er habe nach öffentlicher Ausschreibung die ... GmbH beauftragt, die Anschaffungs- und Herstellungskosten aus den Jahren 1992 bis 1997 unter Beachtung der örtlichen Gegebenheiten auf ihre Erforderlichkeit anhand vergleichbarer Ausschreibungspreise aus diesem Zeitraum zu prüfen. Er hat dieses Gutachten mit Schriftsatz vom 14. Mai 2021 eingereicht. Es beinhaltet einen Kostenvergleich mit Daten aus der „...-online-Plattform“. Wegen der Einzelheiten des Gutachtens wird auf die Beiakte 27 verwiesen.

Der Senat hat dem Antragsgegner aufgegeben, die zum Zeitpunkt des Satzungsinkrafttretens bereits über gebührenfinanzierte Abschreibungen gedeckten beitragsfähigen Aufwendungen zu berechnen. Dem ist der Antragsgegner mit Schriftsätzen vom 17. Februar 2014 und 1. September 2014 nachgekommen. Dabei ist er von allen Abschreibungen ausgegangen, die buchhalterisch auf die Anlagen zur zentralen Versorgung entfallen sind. Sodann hat er ermittelt, wieviel davon auf beitragsfähige Anschaffungs- und Herstellungskosten entfällt und bereits über Gebühren gedeckt gewesen ist. Nach den Berechnungen des Antragsgegners betragen diese gebührendeckend Abschreibungen insgesamt 1.501.238,74 Euro.

In der mündlichen Verhandlung vom 2. November 2021 hat der Senat den Projektleiter informatorisch angehört, der beim Unternehmen ... für die Erstellung des vorgelegten Gutachtens hauptverantwortlich gewesen ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf die Gerichtsakte und die Beiakten (Nr. 1 bis 27) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Der nach § 47 VwGO zulässige Normenkontrollantrag ist begründet.

Der in § 3 Abs. 10 der Wasseranschlussbeitragssatzung des Antragsgegners vom 28. Februar 2012 (WBS 2012) geregelte Beitragssatz verstößt gegen das gesetzliche Aufwandsüberschreitungsverbot (§ 8 Abs. 4 Satz 8 KAG). Danach soll der Beitragssatz so kalkuliert werden, dass das veranschlagte Beitragsaufkommen die umlagefähigen Anschaffungs- und Herstellungskosten nicht übersteigt. Die Einhaltung des Aufwandsüberschreitungsverbots ist durch eine methodisch korrekte und im Übrigen plausible Beitragskalkulation zu belegen, die spätestens im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen muss (vgl. Urteil des Senats vom 26. Januar 2011 - OVG 9 B 14.09 -, juris Rn. 35). Aus der vorzulegenden Kalkulation muss nachvollziehbar hervorgehen, dass der Beitragssatz bereits aus der Sicht des Satzungsinkrafttretens dem Aufwandsüberschreitungsverbot gerecht geworden ist. Insoweit besteht eine Bringschuld der Gemeinde oder des Gemeindeverbandes (vgl. Urteil des Senats vom 15. Juni 2021 - OVG 9 A 5.12 -, juris Rn. 19 ff.). Gelingt es der abgabenerhebenden Stelle mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln (wozu auch die Beauftragung eines Sachverständigen zählen kann) nicht, die Erforderlichkeit der angesetzten Aufwendungen spätestens im Gerichtsverfahren zu plausibilisieren, dann geht dies zu ihren Lasten und ist schon deshalb von der Ungültigkeit der entsprechenden Regelung auszugehen (vgl. Urteil vom 15. Juni 2021, a. a. O., Rn. 21).

So liegt der Fall hier. Der Antragsgegner hat seine Beitragskalkulation aus dem Jahr 2010 zwar im Laufe des Verfahrens ergänzt. Auch danach sind indessen auf der Aufwandsseite der Kalkulation Anschaffungs- und Herstellungskosten angesetzt worden, die hinsichtlich ihrer Höhe nicht plausibilisiert worden sind (A). Darüber hinaus sind bereits über Gebühren finanzierte Kostenanteile abzusetzen (B). Das führt unbeschadet der Frage, ob auch die weiteren Rügen der Antragstellerin berechtigt sind, dazu, dass der satzungsmäßige Beitragssatz in einem Maße überhöht ist, das nicht mehr als unbeachtlich angesehen werden kann (C).

A. Auf der Aufwandsseite der Kalkulation dürfen nur beitragsfähige Kosten angesetzt werden. Das betrifft nicht nur die abstrakte Beitragsfähigkeit, sondern auch die Frage, ob die Aufwendungen der Sache und der Höhe nach erforderlich gewesen sind (sachbezogene und kostenbezogene Erforderlichkeit). Die insoweit zu prüfende Erforderlichkeit ist nicht im Sinne einer Beschränkung auf das Notwendigste zu verstehen. Nach dem Grundsatz der kostenbezogenen Erforderlichkeit, der auch im Anschlussbeitragsrecht gilt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. April 1997 - 8 B 105.97 -, juris Rn. 6; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Januar 2011 - OVG 9 B 14.09 -, juris Rn. 41 ff.), steht der abgabenerhebenden Stelle bei der Beurteilung der Angemessenheit der Kosten ein weiter Entscheidungsspielraum zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - 9 C 11.11 -, juris Rn. 24; vgl. auch Urteil des Senats vom 26. Januar 2011, a. a. O., Rn. 42). Demgemäß wird auch insoweit für die Erforderlichkeit der aufgewendeten Kosten lediglich eine äußerste Grenze markiert. Diese ist erst dann überschritten, wenn sich die abgabenerhebende Stelle ohne rechtfertigende Gründe nicht an das Gebot der Wirtschaftlichkeit gehalten hat und dadurch augenfällige Mehrkosten entstanden sind, das heißt, wenn die Kosten in für die abgabenerhebenden Stelle erkennbarer Weise eine grob unangemessene Höhe erreicht haben, also sachlich schlechthin unvertretbar sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013, a. a. O.; Beschluss vom 30. April 1997, a. a. O.). Dabei ist auch bei einer nachträglichen Rechtfertigung des Beitragssatzes eine „ex ante-Perspektive“ einzunehmen, d. h. es ist auf die Verhältnisse und Erkenntnisse zum Zeitpunkt der Erstellung der Kalkulation bzw. des Inkrafttretens der Satzung (hier: 1. Januar 2011) abzustellen (vgl. etwa Urteil des Senats vom 1. Dezember 2005 - OVG 9 A 3.05 -, juris Rn. 29). Maßgeblich ist, was ein verständiger Beitragsgläubiger zu diesem Zeitpunkt für angemessen halten durfte. Beruht die Auftragsvergabe auf einem ordnungsgemäß durchgeführten Vergabeverfahren, dann indiziert dies die Erforderlichkeit der Kosten (vgl. BVerwG, a. a. O., Rn. 26). Fehlt es mangels ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens an der entsprechenden Indizwirkung, ist im gerichtlichen Verfahren zu klären, ob durch den Vergaberechtsverstoß augenfällige Mehrkosten entstanden sind (vgl. BVerwG, a. a. O, Rn. 27). Dabei ist es in erster Linie Sache der abgabenerhebenden Stelle darzutun, dass die angefallenen Kosten sach- und marktgerecht gewesen sind. Denn die zur Beurteilung der Erforderlichkeit der Kosten notwendigen Kenntnisse und Informationen liegen in ihrer Sphäre (vgl. BVerwG, a. a. O., Rn. 29).

Dem wird die Kalkulation - auch unter Berücksichtigung der im gerichtlichen Verfahren erfolgten Ergänzungen - nicht gerecht, soweit es um Aufwendungen für Maßnahmen aus den Jahren 1992 bis 1997 geht.

Der Antragsgegner hat hierzu mit Schriftsatz vom 14. Mai 2021 eine Übersicht eingereicht, aus der hervorgeht, welche Kosten für Maßnahmen aus diesen Jahren in die Kalkulation eingegangen sind. In dieser sog. „A-3-Tabelle“ sind 18 örtliche Maßnahmenbereiche aus den Jahren 1992 bis 1997 aufgeführt und die Kosten angegeben worden, die hierfür in die Beitragskalkulation eingegangen sind. Danach summieren sich diese Kosten auf einen Betrag i. H. v. 14.940.094,72 Euro (= 29.220.285,46 DM). Nach den Angaben des Antragsgegners handelt es sich hierbei – wie auch bei den Werten in der Beitragskalkulation – um einen Nettobetrag.

Soweit im Gutachten des Unternehmens ... angegeben worden ist, dass die betrachteten Maßnahmen mit (netto) 17.194.993,60 Euro (= 33.630.484,34 DM) in die Beitragskalkulation eingeflossen seien, hat der Antragsgegner die Differenz i. H. v. 2.254.898,88 Euro (= 4.410.198,88 DM) zur „A-3-Tabelle“ auf Nachfrage des Senats nachvollziehbar damit erklärt, dass nicht alle von dem Unternehmen ... aufgeführten Kosten tatsächlich in die Beitragskalkulation eingeflossen seien. Dies betreffe insbesondere die Maßnahme AIB 80301 (Wasserwerk Lindenbrück), die nur teilweise in der Beitragskalkulation berücksichtigt worden sei. Wegen der unentgeltlichen Übernahme seien in die Beitragskalkulation nur die Kosten aufgenommen worden, die der Verband selbst im Zusammenhang mit dem Wasserwerk gehabt habe. Im Hinblick auf diese Ausführungen ist daher davon auszugehen, dass die Maßnahmen aus den Jahren 1992 bis 1997 mit dem in der A-3-Tabelle angegebenen Betrag von 14.940.094,72 Euro (= 29.220.285,46 DM) in die Kalkulation eingeflossen sind.

Weiterhin hat der Antragsgegner ausgeführt, dass der in der A-3-Tabelle genannte Betrag nicht die Wasserzähler berücksichtige. Diese habe der Verband laut den Aktivierungsprotokollen zunächst aktiviert und in die Anschaffungs- und Herstellungskosten aufgenommen. Nach Ablauf der sechsjährigen Eichfrist seien diese ausgesondert worden. Die Kosten für den Turnuswechsel seien nicht aktiviert worden. Im Zuge der Beitragskalkulation seien die ausgesonderten Wasserzähler mit einem Betrag i. H. v. 90.383,96 Euro (= 176.775,66 DM) aufgenommen worden, damit sie dort einmal enthalten gewesen seien. Da die Wasserzähler nach § 12 Abs. 1 Satz 3 der Wasserversorgungssatzung des Antragsgegners zur Anlage gehören, bestehen hiergegen weder dem Grunde noch der Höhe nach rechtliche Bedenken.

I. Die sachbezogene Erforderlichkeit der Maßnahmen aus dem Zeitraum 1992 bis 1997 wird nicht dadurch in Zweifel gezogen, dass es für die Zeit vor 1998 noch kein (förmliches) Trinkwasserversorgungskonzept des Antragsgegners gegeben hat. Hierauf kommt es für die Rechtmäßigkeit des satzungsmäßigen Beitragssatzes nicht an. Ein solches Konzept ist zwar Beurteilungsgrundlage dafür, welche Maßnahmen auf absehbare Zeit noch auszuführen sind und wie der Erfüllungsstand laufender Maßnahmen ist; soweit das Konzept zugleich einen Endzeitpunkt erkennen lässt, ist seine vollständige Erfüllung auch Voraussetzung, um für einen bestimmten Zeitpunkt die Fertigstellung der Anlage bejahen zu können, weil solange nicht von einer fertiggestellten Anlage ausgegangen werden kann, wie ein (erfülltes) Konzept oder eine sonstige gleichwertige und eindeutige Erklärung des Verbandes fehlt (vgl. Urteil des Senats vom 14. November 2013 - OVG 9 B 34.12 -, juris Rn. 25, m. w. N.). Hingegen ist das Bestehen eines solchen förmlichen Konzepts keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für Maßnahmen des Verbandes bzw. für die Beitragsfähigkeit von Kosten dieser Maßnahmen. Die Beitragsfähigkeit von vor bzw. außerhalb eines Konzepts ausgeführten Maßnahmen bestimmt sich vielmehr nach den allgemeinen abgabenrechtlichen Maßstäben, wie etwa der anlagen- und kostenbezogenen Erforderlichkeit.

II.1. Hinsichtlich der kostenbezogenen Erforderlichkeit der in Rede stehenden Maßnahmen fehlt es an der Indizwirkung eines fehlerfrei durchgeführten Vergabeverfahrens. In dem auch den Trinkwasserbereich umfassenden Sanierungskonzept Zweckverband KMS der ARGE Mittelrheinische Treuhand / U.T.G. Control, Rechtlicher und wirtschaftlicher Teil, Ausfertigung vom 30. August 1999 sind für diesen Zeitraum erhebliche Verfahrensfehler bei der Ausschreibung und der Vergabe von Baumaßnahmen festgestellt worden (vgl. BA 33, Bl. 63 und 111). Dies deckt sich mit den Feststellungen in der Hauptstudie zum Sanierungskonzept, Abschlussbericht Technischer Bereich – Stand 24. März 1999 – (Beiakte 35, Bl. 10) sowie in den für den Antragsgegner erstellten Jahresabschlussprüfungen 1992 bis 1997 der Mittelrheinischen Treuhand (vgl. insbesondere Bl. 393, 238R, 219R, 165, 137, 118 und 77 der Beiakte 42). Zwar bezieht sich ein Teil der Jahresabschlussprüfungen, nämlich die für die Jahre 1992 bis 1994 erstellten Berichte, nur auf den Geschäftsbereich Abwasserentsorgung. Die dort festgestellten strukturellen Mängel stehen aber in Übereinstimmung mit den übrigen Prüfberichten. Zudem wäre es lebensfremd anzunehmen, dass sich die wiederholt und fortlaufend festgestellten Verstöße gegen das Vergaberecht zeitweise auf den Abwasserbereich beschränkten; Entsprechendes hat auch der Antragsgegner nicht behauptet.

2. Die in den oben genannten Berichten getroffene Feststellung, die vom Antragsgegner durchgeführten Vergabeverfahren seien fehlerhaft gewesen, wird nicht durch die vom Antragsgegner mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2016 im (die Schmutzwasserbeitragssatzung betreffenden) Verfahren OVG 9 A 5.12 eingereichten Submissionsprotokolle (für den Schmutzwasser- und Trinkwasserbereich) entkräftet. Diese Submissionsprotokolle umfassen nur einige der Maßnahmen aus den Jahren 1992 bis 1997, so dass sich die Behauptung, aus ihnen ergebe sich bis auf eine Ausnahme die Auswahl des jeweils billigsten Anbieters, von vornherein nur auf diesen Teil der Maßnahmen beziehen kann. Außerdem ist sie nicht näher erläutert worden. Soweit es möglich ist, die Submissionsprotokolle bestimmten Aktivierungsprotokollen – und damit bestimmten in die Beitragskalkulation eingegangenen Kosten – zuzuordnen, scheint zwar nach kursorischer Durchsicht in der Regel tatsächlich der billigste Anbieter ausgewählt worden zu sein. Das entkräftet indessen nicht die in den Berichten wiederholt getroffene und – wie ausgeführt – auch den Trinkwasserbereich betreffende Feststellung, der Antragsgegner habe Bauleistungen entgegen den Vorgaben der VOB/A nur beschränkt ausgeschrieben (vgl. neben den Jahresabschlussprüfungen nochmals das Sanierungskonzept, Rechtlicher und wirtschaftlicher Teil, BA 33, Bl. 63, 111). Nach § 3 VOB/A in der im maßgeblichen Zeitraum geltenden Fassung musste grundsätzlich eine öffentliche Ausschreibung stattfinden, bei der die Bauleistungen nach öffentlicher Aufforderung einer unbeschränkten Zahl von Unternehmern zur Einreichung von Angeboten vergeben werden. Eine beschränkte Ausschreibung (gegebenenfalls nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb) war nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, die nach Einschätzung der Prüfberichte nicht vorlagen. Schon deshalb kann auch hinsichtlich der Maßnahmen, die Gegenstand der eingereichten Submissionsprotokolle waren, kein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren angenommen werden.

3. Die fehlende Indizwirkung ordnungsgemäßer Vergabeverfahren wird nicht dadurch ausgeglichen, dass die Angemessenheit der Kosten aus den Jahren 1992 bis 1997 schon in anderen Verfahren geprüft worden wäre.

a. Dies gilt zunächst für den Vortrag des Antragsgegners, im Zuge der Bewilligung von Fördermitteln sei die Angemessenheit der Kosten geprüft worden. Nach seinen Angaben wurden im Trinkwasserbereich für neun (Einzel-)Maßnahmen Fördermittel ausgereicht. Schon danach ist dieser Gesichtspunkt nur für einen Teil der in Rede stehenden Maßnahmen relevant. Hinzu kommt, dass die vom Antragsgegner eingereichten Fördermittelunterlagen (Verwendungsnachweise/Zuwendungsbescheide) überwiegend Maßnahmen betreffen, die außerhalb des hier interessierenden Zeitraums (August 1992 bis 1997) durchgeführt worden sind. Einen erkennbaren Bezug zu den hier relevanten Maßnahmen und dem maßgeblichen Zeitraum weisen nur die Unterlagen zu den Nrn. 7 (Nächst Neuendorf), 8 und 16 (Kummersdorf-Alexanderdorf), 17 (Saalow), 19 (Rehagen) und 26 (Glienick – Erschließung Schulstraße) auf. Dabei ist der Verwendungsnachweis für Saalow (Nr. 17) am 31. Juli 1997 von der damaligen Verbandsvorsteherin mit dem handschriftlichen Zusatz unterzeichnet wurde, dass sie die Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nicht versichern könne. Der Verwendungsnachweis für Rehagen (Nr. 19) wurde überhaupt nicht unterzeichnet.

Im Übrigen sahen die Zuwendungsbescheide zwar u.a. vor, dass die Ausschreibungsunterlagen zur Bestätigung dem damaligen Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung (MUNR) vorgelegt werden mussten. Es fehlt aber jeder Anhaltspunkt dafür, dass die Einhaltung der vergaberechtlichen Vorschriften in diesem Zusammenhang tatsächlich näher geprüft wurde. Dies gilt namentlich für die Beachtung des § 3 VOB/A. Entsprechende Bestätigungs- oder Prüfvermerke des MUNR sind nicht eingereicht worden. Damit entkräften auch die eingereichten Fördermittelunterlagen nicht die in den Prüfberichten getroffenen Feststellungen.

b. Der Antragsgegner hat zeitweise geltend gemacht, dass die Angemessenheit der Kosten für die in den Jahren 1992 bis 1997 durchgeführten Maßnahmen im Rahmen des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 2008 durch ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen geprüft worden sei. Der Prüfvermerk zum Jahresabschluss bestätige, dass die Buchführung und der Anlagespiegel ordnungsgemäß seien. Diesem Prüfvermerk lässt sich aber gerade nicht entnehmen, dass den Beanstandungen in früheren Jahresabschlüssen bzw. in der Hauptstudie zum Sanierungskonzept nachträglich abgeholfen wurde. Nach dem genannten Vermerk beschränkte sich die Prüfung auf die Wirksamkeit des rechnungslegungsbezogenen Kontrollsystems sowie der Nachweise für die Angaben in Buchführung, Jahresabschluss und Lagebericht, wobei „überwiegend“ nur eine stichprobenweise Beurteilung stattgefunden hatte. Dementsprechend kann nicht angenommen werden, dass im Rahmen der Beitragskalkulation ein Abschlag für (eventuelle) Kostenüberhöhungen bzw. entsprechende Sonderabschreibungen vorgenommen wurde.

4. Die kostenbezogene Erforderlichkeit der ausweislich der A-3-Tabelle angesetzten Aufwendungen aus den Jahren 1992 bis 1997 ist vom Antragsgegner auch während des gerichtlichen Verfahrens nicht plausibilisiert worden.

a. Von der im Laufe des Verfahrens erörterten Option, die Anschaffungs- und Herstellungskosten anhand vergleichbarer Ausschreibungspreise aus den Jahren 1992 bis 1997 zu überprüfen, hat der Antragsgegner letztlich keinen Gebrauch gemacht. Ein entsprechender Abgleich war zwar Gegenstand des von ihm ausgeschriebenen Gutachtenauftrags, ist in dem mit Schriftsatz vom 14. Mai 2021 vorgelegten Gutachten der ... GmbH aber nicht durchgeführt worden. Auch der schon mit Schriftsatz vom 28. Mai 2014 angestellte Vergleich mit Durchschnittspreisen aus einem nicht näher bezeichneten Nachbarverband ist nicht ausreichend. Zur Vergleichbarkeit der betreffenden Baumaßnahmen mit den zu überprüfenden Maßnahmen des Antragsgegners ist nichts vorgetragen worden. Abgesehen hiervon wäre der Preisvergleich mit nur einem Nachbarverband allenfalls dann aussagekräftig, wenn davon auszugehen wäre, dass dieser das Gebot der kostenbezogenen Erforderlichkeit beachtet hat. Auch hierfür hat der Antragsgegner nichts dargetan.

b. Dem Antragsgegner ist es nicht gelungen, die kostenbezogene Erforderlichkeit der Maßnahmen aus den Jahren 1992 bis 1997 mittels des angestellten Vergleichs mit Daten des Unternehmens ... zu plausibilisieren.

aa. Im vom Antragsgegner eingeholten Gutachten erfolgte ein Kostenvergleich mit Daten der „...-online-Plattform“. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass nach den Angaben im Gutachten ein nicht unerheblicher Teil der Baukosten schon mangels Vergleichsdaten nicht überprüft und damit auch nicht plausibilisiert werden konnte. Hierbei soll es sich in erster Linie um die Herstellungskosten für den Hochbehälter Mühlenberg-Zossen handeln, für die keine Vergleichsbasis im Datenpool vorhanden gewesen sei (S. 16 des Gutachtens). Hinzu kommt, dass die Kosten für Ingenieur- und Projektsteuerungsleistungen überhaupt nicht betrachtet wurden, da sich die Vergleichswerte von ... nur auf die reinen Bauleistungskosten beziehen. Dass die Angemessenheit dieses Kostenblocks ohne weiteres unterstellt wird (vgl. S. 12 des Gutachtens), erscheint nicht gerechtfertigt. So wird etwa in dem Sanierungskonzept – rechtlicher und wirtschaftlicher Teil – ausdrücklich beanstandet, dass eine Kontrolle des für den Verband tätigen Ingenieur- und Architektenbüros nur unzureichend erfolgt sei (BA 33, Bl. 63; entsprechende Feststellungen finden sich - für den Geschäftsbereich Abwasserentsorgung - auch in den Jahresabschlussprüfungen 1993 und 1994, BA 42, Bl. 218, 137). In den Jahresabschlussprüfungen für die Jahre 1996 und 1997 wird zudem beanstandet, dass der Vertrag mit diesem Büro wegen des Auftragsvolumens hätte öffentlich ausgeschrieben und von der Verbandsversammlung beschlossen werden müssen; beides sei nicht erfolgt (BA 42, Bl. 272, 467).

bb. Die für den Kostenvergleich herangezogenen Daten der online-Plattform sind vom Unternehmen ... im Rahmen von Benchmarkingprojekten erhoben worden, wobei für den Bereich Rohrleitungsbau 48 solcher Projekte in der Datenbank vorhanden waren (S. 9 f. des Gutachtens). Der in der mündlichen Verhandlung informatorisch befragte Projektleiter des Unternehmens ... hat hierzu ergänzend ausgeführt, dass vier dieser Projekte unberücksichtigt geblieben seien, weil es sich um Ausreißer gehandelt habe oder sie eine unübliche Tiefenlage aufwiesen. Basierend auf den ausgewählten Daten aus der online-Plattform seien mittels Regressionsanalysen empirische Kostenfunktionen für verschiedene Bauwerkstypen ermittelt worden, um für die zu untersuchenden Baumaßnahmen typische Bauleistungskosten zu bestimmen (S. 10 f. des Gutachtens).

Nach dem vorgelegten Gutachten sind im oben genannten Zeitraum vom Antragsgegner Netto-Investitionen in Höhe von 38.638.096,38 DM getätigt worden. Hiervon seien 33.630.484,34 DM in der Beitragskalkulation enthalten. Dieser Betrag ist – wie bereits oben dargelegt – insbesondere im Hinblick auf das Wasserwerk Lindenbrück zu korrigieren. Dieses ist nur mit 1.552.255,76 DM (das sind 26,66 % des von ... angenommenen Betrages) in die Beitragskalkulation eingeflossen (vgl. Schriftsatz des Antragsgegners vom 9. August 2021). Die im Gutachten für das Wasserwerk Lindenbrück genannten Beträge sind deshalb entsprechend zu reduzieren, dies ist in den nachfolgend genannten Werten bereits rechnerisch berücksichtigt worden.

Da sich die Vergleichswerte der ...-online-Plattform – wie bereits ausgeführt – nur auf die reinen Bauleistungskosten beziehen, sind in dem Gutachten die in den aktivierten Anschaffungs- und Herstellungskosten enthaltenen Honoraranteile für die HOAI-Leistungsphasen und die Projektsteuerung abgezogen worden. Der sich danach ergebenden Betrag – im Gutachten als „anrechenbare Kosten enthalten in der Beitragskalkulation“ bezeichnet – wird mit 27.535.695,50 DM (14.078.778 Euro) angegeben. Hiervon hätten Kosten i. H. v. 22.497.493.60 DM bzw. 11.502.785,80 Euro (im Gutachten als „anrechenbare Kosten betrachtet“ bzw. als „maßgebliche Kosten“ bezeichnet) mit den ...-Werten verglichen werden können. Dem Gutachten zufolge ergeben sich bei diesem Kostenvergleich für einige untersuchte Einzelmaßnahmen Kostenüberschreitungen, die sich insgesamt auf einen Betrag von 219.932,72 DM (= 112.449,81 Euro) summieren. Bei einer saldierten Betrachtungsweise (Verrechnung von Kostenüber- und -unterschreitungen) kommt das Gutachten demgegenüber zu dem Ergebnis, dass der Antragsgegner im Zeitraum 1992 bis 1997 knapp 23 Mio DM (= 11,75 Mio Euro) billiger gebaut hat als es preislich angemessen gewesen wäre.

Das vorgenannte Ergebnis des Gutachtens ist allerdings schon deshalb nicht zur Plausibilisierung der Aufwendungen aus den Jahren 1992 bis 1997 geeignet, weil die zugrunde gelegten Vergleichsdaten aus der ...-online-Plattform nach den Angaben sowohl des Antragsgegners als auch des zuständigen Projektleiters in wesentlichen Teilen nicht offengelegt werden können. So dürfen die Datenquellen, d.h. die Auftraggeber, die die Daten geliefert haben, wegen des vertraglich zugesicherten Datenschutzes nicht benannt werden. Damit kann die Aussagekraft der verwendeten Daten für die zu betrachtenden Maßnahmen des Antragsgegners keiner auch nur überschlägigen Prüfung auf sich aufdrängende Plausibilitätsmängel (etwa im Hinblick auf die Auswahl der in das Gutachten eingeflossenen Benchmarkingprojekte) unterzogen werden. Eine solche Prüfung hat das Gericht aber bei jeder vorgelegten Kalkulation von Amts wegen vorzunehmen (vgl. Urteil des Senats vom 14. November 2013, - OVG 9 B 34.12 -, juris Rn. 30). Zugleich wird der Antragstellerin und anderen Beitragsschuldnern durch die nicht mögliche Offenlegung der Datenquellen in nicht unerheblichem Umfang die Möglichkeit abgeschnitten oder jedenfalls erheblich erschwert, die Tragfähigkeit des die Kalkulation ergänzenden Gutachtens durch substantiierte Rügen zu erschüttern (vgl. auch hierzu das Urteil vom 14. November 2013, a. a. O.). Der Bürger muss sich aber durch Akteneinsicht oder aufgrund sonstiger Informationsansprüche gegenüber der abgabenerhebenden Stelle die Kenntnisse verschaffen können, die er für die Erhebung substantiierter Rügen benötigt. Dass dem Abgabenschuldner diese Möglichkeit offensteht, soll nicht zuletzt das durch § 12d KAG gestärkte Akteneinsichtsrecht gewährleisten, das nach der Gesetzesbegründung „auch die kalkulationsbegründenden Unterlagen umfasst, soweit diese für die Nachvollziehbarkeit der Höhe der Abgabe erforderlich sind“ (LT-Ds. 5/6023, S. 28 f.). Dies schließt es aus, die Erforderlichkeit von in die Beitragskalkulation eingestellten Aufwendungen mit Vergleichsdaten Dritter zu begründen, die ganz oder in wesentlichem Umfang nicht offengelegt werden dürfen.

cc. Unabhängig hiervon kann das Gutachten der ...-GmbH auch sonst nicht die kostenbezogene Erforderlichkeit der in Rede stehenden Maßnahme belegen. Das Gutachten hat auch im Trinkwasserbereich (zum Schmutzwasserbereich vgl. Urteil des Senats vom 15. Juni 2021 - OVG 9 A 5.12 -, juris Rn. 46 ff.) zu einem sehr verblüffenden Ergebnis geführt. Das Ergebnis des Kostenvergleichs anhand der ...-Daten ist nicht in Übereinstimmung zu bringen mit den zahlreichen Beanstandungen, die sich in Bezug auf die Tätigkeit des Antragsgegners im Zeitraum 1992 bis 1997 insbesondere im Sanierungskonzept und den von der Mittelrheinischen Treuhand erstellten Jahresabschlussprüfungen finden (vgl. hierzu im Einzelnen Urteil des Senats vom 15. Juni 2021 - OVG 9 A 5.12 -, juris Rn. 26, 50). Den insoweit getroffenen und auch den Trinkwasserbereich betreffenden Feststellungen zu kontinuierlichen Verstößen gegen das Vergaberecht, zu erheblichen Kostenüberschreitungen bei überprüften Baumaßnahmen und zu schwerwiegenden organisatorischen Defiziten ist der Antragsgegner zu keinem Zeitpunkt substantiiert entgegengetreten. Dass er gleichwohl nach dem angestellten Kostenvergleich im fraglichen Zeitraum erheblich billiger gebaut haben soll als es nach den ...-Daten angemessen gewesen wäre, ist nicht nachvollziehbar (vgl. oben: saldiert Minderkosten i. H. v. fast 23 Mio DM bei betrachteten Kosten von rund 22,5 Mio DM). Das gilt umso mehr, als bei dem Vergleich mit den ...-Daten nach den Ausführungen im Gutachten (Seite 5) die in den 1990er Jahren tendenziell höheren Grundwasserstände und die damit verbunden Kosten überhaupt noch nicht berücksichtigt sein sollen.

Die Annahme, der Antragsgegner habe in diesen Jahren trotz der vorgenannten Beanstandungen in Wahrheit bei vielen Einzelmaßnahmen und per Saldo auch insgesamt deutlich billiger gebaut als es eigentlich angemessen gewesen wäre, ist schon vom Ergebnis her alles andere als überzeugend. Darüber hinaus wird diese Annahme – soweit dies im Hinblick auf den nicht vollständig offengelegten Datenpool überhaupt beurteilbar ist - nicht durch eine in jeder Hinsicht nachvollziehbare und überzeugende Methodik getragen, so dass das Ergebnis des Kostenvergleichs anhand der ...-Daten auch aus diesem Grund nicht geeignet ist, die kostenbezogene Erforderlichkeit der Aufwendungen aus den Jahren 1992 bis 1997 zu plausibilisieren.

α) Wie bereits ausgeführt, obliegt der abgabenerhebenden Stelle im Falle eines vergaberechtswidrigen Verfahrens die Darlegung, dass die entstandenen Kosten sach- und marktgerecht gewesen sind. Dementsprechend müssen Argumente vorgetragen werden, die trotz der Nichtbeachtung des Vergaberechts die Schlussfolgerung auf die Angemessenheit der Kosten ermöglichen. Dass die zum Vergleich herangezogenen Daten der online-Plattform einen solchen Schluss zulassen, hat der Antragsgegner nicht hinreichend dargelegt. Zwar hat er ergänzend zu der im Gutachten nicht näher erläuterten Zielsetzung des Kostenvergleichs sowie zu der Frage vorgetragen, was unter „angemessenen Baukosten“ im Sinne der gutachterlichen Untersuchung zu verstehen sei (vgl. S. 2 des Schriftsatzes vom 1. November 2021). Ferner hat er angegeben, dass die einbezogenen Daten aus der online-Plattform einem „mehrstufigen Qualitätssicherungsprozess“ unterlägen. So werde geprüft, ob sich die errechneten Kenndaten in den üblichen Wertebereichen bewegten, ob es signifikante Abweichungen zu Vorjahreswerten bzw. zur Vergleichsgruppe gebe und ob Abweichungen nachvollziehbar erklärt werden könnten. Erst wenn diese Prüfung vorgenommen sei, würden die Daten für den Vergleich beim Benchmarking freigegeben (vgl. S. 1 des Schriftsatzes vom 27. Oktober 2021). Allerdings bleibt auch unter Berücksichtigung dieser ergänzenden Ausführungen unklar, was unter „üblichen Wertebereichen“ zu verstehen ist, nach welchen Kriterien „Vergleichsgruppen“ gebildet werden und welche Gründe eine Abweichung von deren Werten rechtfertigen können (vgl. hierzu bereits das Urteil des Senats vom 15. Juni 2021, a. a. O., Rn. 53).

β) Soll die (Markt-)Angemessenheit von Baukosten anhand von Vergleichswerten aus anderen Baumaßnahmen belegt werden, so müssen die Vergleichswerte regelmäßig einen entsprechenden örtlichen und zeitlichen Bezug zu den in Rede stehenden Maßnahmen aufweisen. Fehlt es hieran, dann muss zumindest dargelegt werden, dass und weshalb die Vergleichswerte auf die in Rede stehenden Baukosten übertragbar sind. Zu der dem Antragsgegner obliegenden Plausibilisierung der Erforderlichkeit der in die Beitragskalkulation eingestellten Kosten gehört auch, dass das hierfür angewandte methodische Vorgehen plausibilisiert wird. Deshalb hätte die Geeignetheit der dem Gutachten zugrunde liegenden Methodik nachvollziehbar erläutert werden müssen. Dies ist nicht erfolgt.

Dem Gutachten lässt sich entnehmen, dass die Daten für den Rohrleitungsbau aus den Jahren 2017-2018 und für das Prozessbenchmarking Wasserwerksbetrieb (das betrifft nur das Wasserwerk Lindenbrück) aus den Jahren 2005 – 2010 stammen (S. 10 des Gutachtens). Ergänzend hierzu hat der Antragsgegner schriftsätzlich noch vorgetragen, dass die den Rohrleitungsbau betreffenden Projekte in Norddeutschland, Hessen und Sachsen durchgeführt worden sind (vgl. Seite 2 des Schriftsatzes vom 27. Oktober 2021). Nach den Ausführungen des in der mündlichen Verhandlung befragten Projektleiters sind mit Norddeutschland insbesondere die Bundesländer Niedersachsen und Schleswig-Holstein gemeint.

Damit ist schon nicht erkennbar, dass die Vergleichsdaten aus der ...-online-Plattform auf die maßgeblichen örtlichen Gegebenheiten im Bereich des Antragsgegners übertragbar sind. Der Antragsgegner hat sich insoweit ohne weitere Nachweise auf die Behauptung beschränkt, die oft vermuteten regionalen Unterschiede bei den Baukosten bestünden nicht. Dies genügt nicht. Die Frage der Übertragbarkeit der Vergleichsdaten in örtlicher Hinsicht hat sich bereits in dem die Schmutzwasserbeitragssatzung des Antragsgegners betreffenden Normenkontrollverfahren gestellt. Mit dem vom Senat im Urteil vom 15. Juni 2021 (a. a. O., Rn. 56) angesprochenen Umstand, dass etwa nach den Angaben des Baukosteninformationszentrums Deutscher Architektenkammern (BKI) die Baukosten-Niveaus innerhalb Deutschlands um über 40% differieren, hat sich der Antragsgegner gleichwohl nicht auseinandergesetzt.

Darüber hinaus stammen die herangezogenen ...-Daten aus Zeiträumen, die (deutlich) nach dem hier interessierenden Zeitraum 1992-1997 liegen. Im hier hauptsächlich relevanten Bereich Rohrleitungsbau beträgt der zeitliche Abstand angesichts des aus den Jahren 2017 und 2018 stammenden Datensatzes mindestens 20 Jahre. Zwar sollen die entsprechenden Datensätze anhand von Preisindizes des Statistischen Bundesamtes (Bauleistungen am Bauwerk, Tiefbau; Fachserie 17, Reihe 4) auf die Bezugsjahre 1996 bzw. 1994 bereinigt worden sein (vgl. S. 9 des Gutachtens). Der Antragsgegner hat aber nicht nachvollziehbar darlegen können, dass dieses methodische Vorgehen zu verlässlichen Ergebnissen führt.

Bei den im Gutachten angewandten Regressionsanalysen handelt es sich – wie vom Projektleiter in der mündlichen Verhandlung erläutert worden ist – um statistische Verfahren, mit denen ermittelt werden soll, ob bestimmte Eingangswerte mit bestimmten Ausgangswerten korrelieren. Auf diese Weise soll eine Aussage getroffen werden können, wie sich bestimmte Parameter einer Baumaßnahme (z. B. Verlegungstiefe oder Bodenklasse) auf die Preise auswirken. Der Senat geht auch davon aus, dass im Grundsatz solche Schlussfolgerungen mittels Regressionsanalysen gezogen werden können. Allerdings ist unklar geblieben, ob sich die für Rohrleitungsbaumaßnahmen aus den Jahren 2017 und 2018 festgestellten statistischen Zusammenhänge zwischen bestimmten Parametern einer Baumaßnahme und deren Kosten tatsächlich auf die in Rede stehenden Baumaßnahmen aus den Jahren 1992 bis 1997 übertragen lassen.

Die vorgenommene „Rückrechnung“ mittels des oben genannten Preisindex ist mit erheblichen Unsicherheiten verbunden. Die vom Statistischen Bundesamt ermittelten Indizes für Bauleistungspreise stellen u. a. für den Bereich „Ortskanäle“ dar, wie sich die Preise mit Bezug auf ein Basisjahr entwickelt haben. Die Indizes werden für das gesamte Bundesgebiet ausgewiesen. Sie beruhen auf Preiserhebungen der Statistischen Ämter der Länder bei einer repräsentativen Auswahl baugewerblicher Unternehmen. Erfragt werden dabei die vertraglich vereinbarten Preise für ausgewählte Bauleistungen. Aus den Landesmesszahlen werden vom Statistischen Bundesamt – gewogen mit den baugewerblichen Umsätzen in den Ländern – Bundesmesszahlen für die Preisrepräsentanten berechnet. Damit die vierteljährlichen Werte einer Einzelpreisreihe nur „reine“ Preisveränderungen zum Ausdruck bringen, müssen alle für die Höhe des Preises maßgeblichen Faktoren, die sogenannten preisbestimmenden Merkmale, möglichst lange konstant gehalten werden. Ändert sich eines dieser Merkmale, so handelt es sich um eine unechte Preisveränderung, die eliminiert wird (vgl. zum Vorstehenden die Erläuterungen zur Ausgabe der Preisindizes des Statistischen Bundesamtes vom August 2021, S. 5). Damit stellt sich schon die Frage, ob der herangezogene Preisindex hinsichtlich seiner Eingangsdaten und der ihm zugrunde liegenden Methodik kompatibel ist mit den vom Unternehmen ... erstellten Regressionsanalysen. Darüber hinaus erscheint es möglich, wenn nicht sogar wahrscheinlich, dass sich der kostenmäßige Einfluss der im Rahmen der Regressionsanalysen angewandten Parameter über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren – etwa durch modernere Bauverfahren - verändert hat. Dies führt zu der weiteren Frage, ob der Preisindex tatsächlich geeignet ist, diese Veränderungen rückwirkend nachzuzeichnen. Das vorgelegte Gutachten geht auf diese Fragen nicht ein.

Unabhängig von den vorstehend angesprochenen Zweifeln ist der in der Fachliteratur auch allgemein darauf hingewiesen worden, dass es zu erheblichen Abweichungen zwischen den Indizes und den tatsächlichen Baupreisen kommen könne (vgl. Reicherter und Günthert, wwt 7/98, S. 20; hierzu bereits das Urteil des Senats vom 15. Juni 2021, a. a. O., Rn. 55). Ob die Autoren dieses Aufsatzes – wie vom Antragsgegner behauptet – die genannte Feststellung in einem nachfolgend erschienenen Buch modifiziert bzw. relativiert haben, bedarf hier keiner abschließenden Erörterung. Jedenfalls stellt der für das Gutachten herangezogene Preisindex des Statistischen Bundesamtes – wie oben ausgeführt – die durchschnittliche Preisentwicklung für das gesamte Bundesgebiet dar, d. h. er spiegelt gerade nicht die Entwicklungen und Eigenarten regionaler Baumärkte wider. Dass sich Baupreise regional unterschiedlich verändern, hat auch der vom Senat befragte Projektleiter eingeräumt. Dabei liegt es auf der Hand, dass insbesondere dann, wenn Preise – wie hier – über einen recht langen Zeitraum mittels Bundesmesszahlen transformiert werden, die Gefahr besteht, dass eine signifikante Abweichung der regionalen Entwicklung von der im Bundesgebiet unberücksichtigt bleibt. Soweit der Projektleiter in diesem Zusammenhang darauf verwiesen hat, dass es regionale Baupreisindizes erst seit 2005 gebe und auf diese deshalb hier nicht habe zurückgegriffenen werden können, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Der Umstand, dass der regionale Index für den Untersuchungsgegenstand des Gutachtens noch keine Anwendung finden konnte, belegt noch nicht die Geeignetheit des bundesweiten Index. Hinzu kommt, dass sich die Rückrechnung hier nicht auf aktuelle Daten aus dem örtlichen Bereich des Antragsgegners bezog, sondern auf Daten aus anderen Regionen (hauptsächlich Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hessen und Sachsen). Ob die Entwicklung der Baupreise in diesen Regionen vergleichbar ist mit den Entwicklungen im Verbandsgebiet des Antragsgegners oder zumindest in Brandenburg, lässt sich dem Gutachten und dem sonstigen Vorbringen des Antragsgegners nicht ansatzweise entnehmen. Dies erhöht nochmals deutlich die Wahrscheinlichkeit, dass die Rückrechnung zu unzutreffenden Ergebnissen führt.

Schließlich konnte der Projektleiter im Rahmen seiner informatorischen Anhörung keine Belege dafür benennen, dass die im Gutachten von ... praktizierte Vorgehensweise der retrospektiven Betrachtung trotz der vorstehend genannten Bedenken fachlich anerkannt ist oder sich bei anderen Untersuchungen als zuverlässig erwiesen hat. Damit kann nicht davon ausgegangen werden, dass man für die Baumaßnahmen des Antragsgegners in den Jahren 1992 bis 1997 aussagekräftige und verlässliche Ergebnisse erhält, wenn man die Werte aus der ...-online-Plattform mittels des genannten Preisindizes des Statistischen Bundesamtes auf diesen Zeitraum zurückrechnet.

B. Unbeschadet der nur teilweisen Plausibilisierung der Anschaffungs- und Herstellungskosten sind nach der Rechtsprechung des Senats zudem die in die Beitragskalkulation eingegangenen Kosten abzusetzen, die bereits über gebührenfinanzierte Abschreibungen gedeckt gewesen sind. Was bereits über Gebühren finanziert worden ist, darf nicht noch einmal über Beiträge finanziert werden (vgl. Urteile des Senats vom 26. Januar 2011 - OVG 9 B 14.09 -, juris Rn. 33, und vom 14. November 2013 - OVG 9 B 34.12 -, juris Rn. 52). Nach der vom Antragsgegner gleichfalls im gerichtlichen Verfahren vorgelegten – plausiblen – Berechnung war zum Zeitpunkt des Satzungsinkrafttretens ein Betrag von 1.501.238,74 Euro bereits über gebührenfinanzierte Abschreibungen gedeckt.

C. Damit erweist sich der in § 3 Abs. 10 WBS 2012 festgelegte Beitragssatz als rechtswidrig.

1. Der Antragsgegner ist in der im November 2010 erstellten Beitragskalkulation von umlagefähigen Anschaffungs- und Herstellungskosten i. H. v. 28.670.854,22 Euro ausgegangen. Diese Kalkulation ist vom Antragsgegner mit dem „Nachtrag zur Beitragskalkulation“ vom 20. Mai 2014 ergänzt worden. Damit sollten (weitere) Sanierungskosten i. H. v. 22.185.399 Euro (insbesondere für die Rohrnetzsanierung) berücksichtigt werden, die in der Beitragskalkulation 2010 noch nicht enthalten waren.

Nach der Rechtsprechung des Senats zählen auch Sanierungskosten zum beitragsfähigen Aufwand, wenn die Anlage des Zweckverbandes - einschließlich der sanierungsbedürftigen Teilanlagen - noch nicht den Anforderungen des Trinkwasserkonzeptes gemäß endgültig erstmalig hergestellt worden ist (vgl. Urteile vom 23. Juli 2013 - OVG 9 B 64.11 -, juris Rn. 60, und vom 14. November 2013 - OVG 9 B 34.12 -, juris Rn. 33). Diese Voraussetzung sind hier erfüllt, denn nach dem (fortgeschriebenen) Trinkwasserkonzept war ein erheblicher Sanierungsbedarf für die vor 1990 fertiggestellten wasserwirtschaftlichen Anlagen gegeben. Allerdings ist auch bei einer nachträglichen Rechtfertigung des Beitragssatzes eine „ex ante-Perspektive“ einzunehmen, d. h. es ist auf die Verhältnisse und Erkenntnisse zum Zeitpunkt der Erstellung der Kalkulation bzw. des Inkrafttretens der Satzung (hier: 1. Januar 2011) abzustellen (vgl. Urteil vom 15. Juni 2021 - OVG 9 A 5.12 -, juris Rn. 23, m. w. N.; Urteil vom 14. November 2013 - OVG 9 B 34.12 -, juris Rn. 34 f.). Deshalb müssen die entsprechenden Kosten schon zum Zeitpunkt des Satzungsinkrafttretens vorhersehbar gewesen sein. Zu den Umständen, die sich nach der ex-ante Sicht beurteilen, gehört ferner die Bestimmung des voraussichtlichen Herstellungszeitpunkts der Anlage, denn auch dies ist ein kalkulationserheblicher Gesichtspunkt, der nicht nachträglich geändert werden kann. Ausweislich des Berichts zur Kalkulation 2010 ist der Antragsgegner zum Zeitpunkt des Satzungsinkrafttretens von einem Herstellungszeitpunkt der Anlage zum 31. Dezember 2013 ausgegangen. Dementsprechend ist auch die Berücksichtigungsfähigkeit der im Nachtrag zur Beitragskalkulation angeführten zusätzlichen Sanierungskosten durch diesen vorausgesehenen Herstellungszeitpunkt begrenzt. Vorliegend können mithin nur Sanierungskosten berücksichtigt werden, mit denen aus einer ex-ante-Perspektive bis Ende 2013 zu rechnen war.

Insoweit weist der Nachtrag zur Beitragskalkulation Sanierungskosten für Anlagen mit Baujahr vor 1990 laut „Sanierungskonzept 2000-2009“ i. H. v. 2.249.684,28 Euro auf, die nur i. H.v. 1.804.200,00 Euro in der Beitragskalkulation 2010 berücksichtigt worden seien. Dies ergibt einen berücksichtigungsfähigen Differenzbetrag von 445.484,28 Euro. Ferner hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 10. Juni 2014 im (erledigten) Verfahren OVG 9 A 6.12 nachvollziehbar weitere Sanierungskosten i. H. v. 1.057.647,48 Euro (Rohrnetzsanierung) und 384.700 Euro (Differenz Wirtschaftsplan 2011 zu 2010) angeführt, mit denen vor dem 1. Januar 2014 zu rechnen war. Nicht berücksichtigungsfähig sind demgegenüber die ebenfalls im Schriftsatz vom 10. Juni 2014 geltend gemachten Kosten für die Sanierung des Reinwasserbehälters Rangsdorf (800.000,00 Euro). Der Antragsgegner hat nicht dargelegt, dass diese Kosten bereits zum Zeitpunkt des Satzungsinkrafttretens (1. Januar 2011) für die Zeit bis zum angenommenen Herstellungszeitpunkt der Anlage (31. Dezember 2013) vorhersehbar waren. Zwar trifft es zu, dass hinsichtlich des Reinwasserbehälters bereits in der Trinkwasserversorgungskonzeption 1998 ein Sanierungsbedarf angenommen wurde. Allerdings ergeben sich aus dem Vortrag des Antragsgegners keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass aus einer ex-ante-Sicht mit einer Sanierung bis Ende 2013 zu rechnen war. Vielmehr hat der Antragsgegner vorgetragen, dass die Entscheidung für die Sanierung des Reinwasserbehälters erst im Zusammenhang mit der im Mai 2014 beschlossenen 1. Fortschreibung der Trinkwasserkonzeption gefallen ist. Aus der Begründung zu diesem Beschluss geht zudem hervor, dass zuvor (erfolglos) nach neuen Wasserwerkstandorten im nördlichen Bereich des Verbandsgebiets (als Alternative zum Wasserwerk Rangsdorf) gesucht worden war. Auch hat der Antragsgegner erst nach dem Beschluss der 1. Fortschreibung der Trinkwasserkonzeption mit der konkreten Planung und Durchführung der Sanierung begonnen.

Damit sind (weitere) Sanierungskosten nur i. H. v. 1.887.831,76 Euro (1.057.647,48 Euro + 384.700 Euro + 445.484,28 Euro) berücksichtigungsfähig. Addiert mit den in der Beitragskalkulation 2010 angegebenen umlagefähigen Anschaffungs- und Herstellungskosten i. H. v. 28.670.854,22 Euro ergibt dies einen Betrag von 30.558.686 Euro.

2. Allerdings ist – wie ausgeführt – die kostenbezogene Erforderlichkeit der Maßnahmen aus den Jahren 1992 bis 1997 vom Antragsgegner nicht plausibilisiert worden. Der auf den Zeitraum nach 1997 entfallende Aufwand kann indessen für sich allein den festgelegten Beitragssatz nicht rechtfertigen. Auf diesen Zeitraum entfiel lediglich ein Betrag von 15.618.592 Euro (30.558.686 Euro abzüglich 14.940.094 Mio Euro (gemäß der „A3-Tabelle“ in die Beitragskalkulation eingestellter Aufwand für den Zeitraum 1992 bis 1997)). Bei einer nutzungsbezogenen Fläche laut Kalkulation von 30.354.808 m² ergäbe dies einen Beitragssatz von 0,51 Euro/m², wobei vom umlagefähigen Aufwand zusätzlich auch noch die gebührengedeckten Abschreibungen (oben B.) abgezogen werden müssten.

Da der Antragsgegner mithin bis zur letzten mündlichen Verhandlung keine plausible, den festgesetzten Beitragssatz rechtfertigende Kalkulation vorgelegt hat, ist die angegriffene Vorschrift nach den oben dargelegten Grundsätzen als unwirksam anzusehen. Ohne plausible Kalkulation ist von vornherein kein Raum für die Annahme, dass das Aufwandsüberschreitungsverbot gemäß § 8 Abs. 4 Satz 8 KAG beachtet worden ist. Es ist unter diesen Umständen auch nicht Aufgabe des Gerichts, selbst Ermittlungen dazu anzustellen, ob der festgesetzte Beitragssatz den gesetzlichen Vorgaben entspricht (vgl. Urteil des Senats vom 15. Juni 2021 - OVG 9 A 5.12 -, juris, Rn. 63; OVG Magdeburg, Urteil vom 27. Juli 2006 - 4 K 253/05 -, juris Rn. 36; zum Gebührenrecht vgl. auch Kluge, in: Becker (u.a.), KAG Bbg, Stand: August 2021, § 6, Rn. 387a).

Angesichts der Rechtswidrigkeit des in § 3 Abs. 10 WBS 2012 geregelten Beitragssatzes muss auf die weiteren Rügen der Antragstellerin nicht mehr eingegangen werden.

D. Dem vom Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung der Frage, ob bei bestimmten Baumaßnahmen aus dem Zeitraum 1992 bis 1997 unangemessene Mehrkosten entstanden sind, musste der Senat nicht nachgehen. Der Sachverständigenbeweisantrag durfte wegen Unerheblichkeit abgelehnt werden (§ 86 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 StPO analog, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 10. August 2015 - 5 B 48.15 -, juris Rn. 10). Nach den eingangs der Entscheidungsgründe dargelegten Grundsätzen ist die angegriffene Vorschrift schon allein deshalb für unwirksam zu erklären, weil der Antragsgegner bis zur letzten mündlichen Verhandlung keine plausible, den festgesetzten Beitragssatz rechtfertigende Kalkulation vorgelegt hat. Hierfür hatte er ausreichend Zeit. Auf das Ergebnis des beantragten Sachverständigenbeweises kommt es deshalb vorliegend nicht an. Unbeschadet dessen ist für den Senat auch nicht erkennbar, wie ein gerichtlich bestellter Sachverständiger zu besseren Erkenntnissen kommen können sollte als der Antragsgegner mit Hilfe eines von ihm selbst beauftragten Unternehmens.

E. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.