Gericht | OLG Brandenburg 12. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 09.11.2021 | |
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Aktenzeichen | 12 U 226/20 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2021:1109.12U226.20.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers durch einstimmig gefassten Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme und gegebenenfalls auch zur Rücknahme der Berufung mit der damit verbundenen Reduzierung der Kosten für das Berufungsverfahren binnen 4 Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.
I.
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schmerzensgeld, materiellen Schadensersatz sowie auf Feststellung einer Ersatzpflicht der Beklagten für jeden weiteren Schaden des Klägers aus einem Verkehrsunfall vom 23.08.2016 gegen 6:50 Uhr auf der … in … in Anspruch. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach steht zwischen den Parteien nicht im Streit. In der Berufungsinstanz streiten die Parteien über die Höhe des dem Kläger zustehenden Schmerzensgeldes und Ansprüchen des Klägers auf Zahlung einer weiteren Nutzungsausfallentschädigung, sowie Erstattung der ihm durch weitere Behandlungen entstandenen Kosten (Zuzahlungen und Fahrtkosten), wobei sich der Kläger auch gegen den vom Landgericht angesetzten Betrag von 0,25 € je Kilometer wendet. Schließlich besteht Streit über den Gegenstandswert, der dem Ausgleichsanspruch betreffend die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zugrundezulegen ist. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Mit am 22.09.2020 verkündetem Urteil hat das Landgericht unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beklagte zur Zahlung eines Schmerzensgeldes i. H. v. 500,00 €, sowie zur Zahlung von materiellen Schadensersatz von 1.250,00 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.10.2016, sowie zur Zahlung weiteren materiellen Schadenersatzes von 34,75 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Zinssatz seit dem 23.02.2018 verurteilt und der Feststellungsklage stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dem Kläger stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz aus § 7 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG zu. Für die vom Kläger durch den Unfall erlittene HWS-Distorsion I. Grades mit Nackenschmerzen, Schmerzen im Bereich der Brustwirbelsäule sowie der Rückenmuskulatur und einer Arbeitsunfähigkeit von rund 6 Wochen sei ein Schmerzensgeld i. H. v. 1.500,00 € angemessen, auf das die vorgerichtliche Zahlung der Beklagten von 1.000,00 € anzurechnen sei. Nach den überzeugenden Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen seien hingegen die vom Kläger angegebenen Beeinträchtigungen nach dem 30.09.2016 nicht auf den Verkehrsunfall zurückzuführen. Ferner könne der Kläger die Zahlung eines weiteren Betrages von 1.250,00 € wegen des wirtschaftlichen Totalschadens seines Fahrzeuges verlangen. Eine weitere Nutzungsausfallentschädigung sei dem Kläger nicht zu zahlen. Entsprechend den Angaben des vom Kläger beauftragten Schadensgutachters sei eine Wiederbeschaffungsdauer von 20 Kalendertagen für das Fahrzeug bei einem Tagessatz von 79,00 € anzusetzen. Der sich daraus ergebende Betrag von 1.580,00 € sei durch die vorgerichtliche Zahlung der Beklagten von 1.625,00 € auf diese Schadensposition vollständig reguliert. Der Kläger habe nicht hinreichend dargelegt, weshalb für die Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs eine Dauer von 70 Tagen notwendig gewesen sei. Ausreichendes Vorbringen sowohl zu den Auswirkungen seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen als auch zu den fehlenden finanziellen Mitteln für die Beschaffung eines Ersatzfahrzeuges sei nicht erfolgt. Zuzahlungen für Heilbehandlungen könne der Kläger ebenfalls nicht verlangen, da die Behandlungen nicht in dem Zeitraum gelegen hätten, in dem unfallkausale Beeinträchtigungen beim Kläger bestanden hätten. Auch Fahrtkosten könne der Kläger nur für die bis zum 30.09.2016 wahrgenommenen Behandlungstermine und Arztkosten verlangen, wobei ein Kilometersatz von 0,25 € anzusetzen sei. Auch einen Anspruch auf Zahlung weiterer Rechtsanwaltskosten bestehe nicht. Auszugehen sei von einem Gegenstandswert von 15.981,71 € und mithin von Rechtsanwaltskosten von 1.029,35 €, die von der Beklagten vollständig reguliert worden seien. Wegen der Begründung im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 28.09.2020 zugestellte Urteil mit am 28.10.2020 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel nach Verlängerung bis zum 30.12.2020 mit am 29.12.2020 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Der Kläger bezieht sich auf sein erstinstanzliches Vorbringen nebst Beweisangeboten. Er ist weiterhin der Ansicht, die von ihm erlittenen Beeinträchtigungen rechtfertigten ein Schmerzensgeld in Höhe von zumindest weiteren 13.500,00 €. Entgegen der Ansicht des Landgerichtes habe er nicht nur vergleichsweise geringfügige Verletzungen erlitten. Vielmehr habe die bestehende Schmerzsymptomatik bei jeglicher Bewegung zu Schmerzimpulsen und einer Beeinträchtigung bei jeder Verrichtung geführt. Jedes Handeln und Tun habe ihm, dem Kläger, das Unfallgeschehen vor Augen geführt. Auch habe das Landgericht die völlig rücksichtslose Herbeiführung des Unfallgeschehens durch den Unfallgegner nicht einbezogen, der als Linksabbieger um seines eigenen schnelleren Fortkommens willen, ihm, dem Kläger, die Vorfahrt genommen habe. Bereits in der Zeit für den Zeitraum bis zum 30.09.2016 sei das vom Landgericht zuerkannte Schmerzensgeld zu niedrig bemessen. Zudem habe das Landgericht im Rahmen der Zurechnung der über diesen Zeitpunkt hinausgehenden Schmerzen verkannt, dass auf den Beweismaßstab des § 287 ZPO abzustellen sei. Bei ihm seien auch zu einem späteren Zeitraum weiterhin unfallbedingte Beeinträchtigungen aufgetreten. Nicht hinreichend berücksichtigt habe das Landgericht schließlich die von ihm angeführten Referenzentscheidungen. Zu Unrecht habe das Landgericht die Nutzungsausfallentschädigung auf einen Zeitraum von 20 Tagen begrenzt und dabei verkannt, dass es ihm, dem Kläger, aufgrund von Schmerzen und Bewegungseinschränkungen vor dem 30.09.2016 nicht zumutbar gewesen sei, sich um die Beschaffung eines Ersatzfahrzeuges zu bemühen, zumal es wegen des Wertes des beschädigten Fahrzeuges und dessen individueller Ausstattung erforderlich gewesen sei, in einem weiteren Umkreis nach adäquaten Fahrzeugen zu suchen. Zudem habe er von der Beklagten keine Schadensersatzleistungen erhalten, die ihn wirtschaftlich in die Lage versetzt hätten, ein adäquates Ersatzfahrzeug zu beschaffen. Nicht berücksichtigt habe das Landgericht ferner, dass die Beklagte selbst für einen Zeitraum von 25 Tagen eine Nutzungsausfallentschädigung geleistet habe, allerdings zu dem zu geringen Tagessatz von 65,00 €. Zu Unrecht habe das Landgericht auch die physiotherapeutischen Behandlungen und die bei der Wahrnehmung der Termine angefallenen Fahrtkosten nicht als unfallkausal anerkannt und zudem hinsichtlich der Fahrtkosten einen zu geringen Kilometersatz berücksichtigt. Auch die weiteren Rechtsverfolgungskosten seien in der beantragten Höhe zuzusprechen, wobei zu berücksichtigen sei, dass bereits vorgerichtlich ein deutlich höheres Schmerzensgeld als vom Landgericht zuerkannt gefordert worden sei und er auch die weiteren materiellen Schadensersatzpositionen geltend gemacht habe. Bei der Ermittlung des Gegenstandswertes sei schließlich wegen der beschädigten Kindersitze ein Betrag von 350,00 € einzubeziehen, da der entsprechende Schaden von der Beklagten reguliert worden sei.
Der Kläger hat sinngemäß den Antrag angekündigt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 22.09.2020 wird die Beklagte verurteilt,
1. an ihn ein weiteres Schmerzensgeld nicht unter einem Betrag i. H. v. 13.500,00 € zuzüglich Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich seit dem 28.10.2016 zu zahlen,
2. an ihn eine weitere Nutzungsausfallentschädigung i. H. v. 3.905,00 € zuzüglich Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich seit dem 28.10.2016 zu zahlen,
3. an ihn einen weiteren Aufwendungsersatz für physiotherapeutische Heilbehandlungen und Fahrtkosten i. H. v. 422,73 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich seit dem 28.10.2016 zu zahlen, sowie
4. an ihn einen weiteren Betrag für vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten i. H. v. 213,49 € zuzüglich Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2017 zu zahlen.
Die Beklagte hat sinngemäß den Antrag angekündigt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil. Ein weiterer Schmerzensgeldanspruch sei nicht gerechtfertigt. Der Kläger habe nicht einmal das Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit für den Zeitraum von sechs Wochen nachgewiesen. Selbst wenn man diesen Zeitraum zugrunde lege, sei das vom Landgericht zuerkannte Schmerzensgeld von 1.500,00 € hinreichend. Eine länger andauernde, unfallbedingte Beeinträchtigung des Klägers - auch hinsichtlich der angeführten psychischen Beeinträchtigung - sei nicht überwiegend wahrscheinlich. Die vom Kläger angeführten Referenzentscheidungen beträfen Sachverhalte, die der vorliegenden Situation nicht vergleichbar seien. Da der Unfall auch nicht vorsätzlich verursacht worden sei, trete die Genugtuungsfunktion bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zurück. Ein weitergehender Nutzungsausfall stehe dem Kläger ebenfalls nicht zu. Es sei zu bestreiten, dass der Kläger aus wirtschaftlichen wie gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, eine frühere Ersatzbeschaffung hinsichtlich des Pkw vorzunehmen. Auch Ansprüche auf Fahrtkostenerstattung und Ersatz von Zuzahlungen bestünden über die bisher regulierten bzw. vom Landgericht zuerkannten Positionen hinaus nicht, wobei der vom Landgericht zuerkannte Kilometersatz ohnehin überhöht sei. Schließlich seien weitere Rechtsanwaltskosten nicht auszugleichen. Bei der Bemessung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit sei nicht die aufgestellte Forderung, sondern der nachgewiesene Anspruch maßgeblich.
II.
Die Berufung hat in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Da der Rechtsstreit auch nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil nicht erfordert und auch ansonsten eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist, ist die Zurückweisung der Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO beabsichtigt.
Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes über den zuerkannten Betrag von 500,00 € hinaus aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 VVG wie auch aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, § 8 Abs. 1 StVO besteht nicht. Maßgeblich für die Bemessung des Schmerzensgeldes sind Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden, Entstellungen und psychischen Beeinträchtigungen, die Art der Primärverletzungen, Anzahl und Schwere der Eingriffe, Dauer der stationären und ambulanten Heilbehandlung, der Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit und die Höhe des Dauerschadens (vgl. BGH VersR 2017, S. 180; VersR 1955, 615; Küppersbusch/Höher, Ersatzansprüche bei Personenschäden, 13. Aufl., Rn. 274 ff). Dabei muss die Entschädigung zu Art und Dauer der erlittenen Schäden in eine angemessene Beziehung gesetzt werden (vgl. BGH VersR 1976, 968; OLG Hamm MDR 2003, 1249). Im Rahmen der Genugtuungsfunktion ist insbesondere die Schwere des Verschuldens des Schädigers in Ansatz zu bringen (vgl. BGH NJW 1955, 1675; NJW 1982, 985; VersR 1982, 1410). Ferner hat sich das Schmerzensgeld an Urteilen für vergleichbare Fälle zu orientieren (vgl. BGH VersR 1970, 134; VersR 1976, 967). Eine taggenaue Bemessung der Schmerzensgeldhöhe (vgl. hierzu OLG Frankfurt, 22. Zivilsenat, VersR 2019, S. 435, VersR 2021, S. 127; ZfS 2020, S. 617) wird hingegen von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht verlangt (vgl. BGH, a. a. O.) und erscheint im Hinblick auf die auch bei dieser Methode erforderlichen Anpassungen in Form von Abschlägen bzw. Zuschlägen hinsichtlich der jeweiligen Verletzungsfolgen und Beeinträchtigungen, sowie wegen der grundsätzlich eröffneten Möglichkeit, auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers und des Geschädigten in die Bemessung einzubeziehen, nicht geeignet, gerechtere oder untereinander besser vergleichbare Ergebnisse herbeizuführen als die „konventionelle“ Berechnungsmethode (vgl. auch die Ablehnung der taggenauen Bemessung der Schmerzensgeldhöhe in den Entscheidungen OLG Düsseldorf DAR 2019, S. 450, OLG Celle VersR 2019, S. 1157; KG, Urteil vom 22.05.2019, Az. 25 O 118/18 – Nichtzulassungsbeschwerde mangels grundsätzlicher Bedeutung zurückgewiesen vom BGH durch Beschluss vom 14.07.2020, Az. VI ZR 249/19; Brandenburgisches OLG, 3. Zivilsenat, DAR 2020, S. 25, mit zustimmender Anmerkung Wellner; OLG München ZfS 2020, S. 200; OLG Frankfurt, 15. Zivilsenat, Beschluss vom 14.04.2020, Az. 15 W 18/20; OLG Koblenz VersR 2021, S. 1311).
Vorliegend sind bei der Bemessung des Schmerzensgeldes die vom Landgericht festgestellte HWS-Distorsion I. Grades mit Nackenschmerzen, Schmerzen im Bereich der Brustwirbelsäule sowie der Rückenmuskulatur zu berücksichtigen, die verschiedentlich ambulante Behandlungen des Klägers erforderlich gemacht haben. Ferner kann zugunsten des Klägers mit dem Landgericht unterstellt werden kann, dass unfallbedingt eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers bis einschließlich 30.09.2016 bestanden hat. Eine unfallkausale Beeinträchtigung des Klägers über diesen Zeitraum hinaus ist hingegen nicht bewiesen. Das Landgericht hat sich insoweit überzeugend den gut begründeten Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. med. Jörg Braun in dessen Gutachten vom 10.04.2019 angeschlossen, wonach die vom Kläger weiter ausgeführte Beschwerdesymptomatik, die zu weiteren Krankschreibungen des Klägers ab dem 15.02.2017 geführt hat, nicht mit der erforderlichen Sicherheit auf das Unfallgeschehen zurückgeführt werden kann. Das insoweit zu berücksichtigende Beweismaß des § 287 ZPO rechtfertigt diesbezüglich eine andere Bewertung nicht. Auch nach § 287 ZPO ist es erforderlich, dass die Unfallursächlichkeit jedenfalls überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. Foerste in Musielak/Voit, ZPO, Kommentar, 14. Aufl., § 287, Rn. 7). Hieran fehlt es nach den Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen im Hinblick auf die vergleichsweise leichte HWS-Distorsion des Klägers und des fehlenden Nachweises von strukturellen Schäden im Bereich der Wirbelsäule infolge des Unfalls, sowie des mehrmonatigen beschwerdearmen bzw. beschwerdefreien Intervalls beim Kläger, in dem Arbeitsfähigkeit bestanden hat. Nicht bewiesen ist auch die erstmals in der Berufungsinstanz aufgestellte Behauptung des Klägers, jegliche Bewegung habe zu Schmerzimpulsen geführt und er sei bei jeder Verrichtung beeinträchtigt gewesen. Auch fehlt es insoweit bereits an einer hinreichenden Substantiierung des zudem nicht unter Beweis gestellten Vortrags des Klägers. Im Rahmen der Genugtuungsfunktion ist ein fahrlässiges Fehlverhalten des Unfallgegners einzubeziehen. Ein besonders rücksichtsloses oder gar vorsätzliches Verhalten des Unfallgegners vermag der Senat hingegen nicht festzustellen. Auch insoweit fehlt es an hinreichend substantiierten und unter Beweis gestellten Vortrag des Klägers. Nach allem folgt der Senat der Bewertung des Landgerichtes, dass im vorliegenden Fall ein Schmerzensgeld von insgesamt 1.500,00 € einen angemessenen Ausgleich für die zu berücksichtigenden Schmerzen und Beeinträchtigungen des Kläger darstellt (vergleiche diesbezüglich auch die Entscheidungen OLG Karlsruhe VersR 2016, S. 135 und KG VersR 2007, S. 1708). Eine andere Beurteilung ist schließlich nicht aufgrund der vom Kläger zitierten Referenzentscheidungen (OLG Frankfurt VersR 2019, a. a. O.; OLG München SchadPrax 2015, S. 6) veranlasst. Die Geschädigten in den genannten Entscheidungen erlitten erheblich schwerwiegendere Verletzungen, die zudem zu dauerhaften Beeinträchtigungen geführt haben, während solche Beeinträchtigungen beim Kläger gerade nicht nachgewiesen sind.
Auch weitergehender materieller Schadensersatz steht dem Kläger gegen die Beklagte weder aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 VVG noch aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, § 8 Abs. 1 StVO zu.
Zu Recht hat das Landgericht eine Nutzungsausfallentschädigung für einen Zeitraum von mehr als 20 Kalendertagen verneint, sodass sich bei dem vom Landgericht angesetzten Tagessatz von 79,00 € jedenfalls kein Betrag von mehr als 1.580,00 € ergibt.
Der Geschädigte kann die Erstattung einer Nutzungsausfallentschädigung bis zur Schadensbehebung für einen angemessenen Zeitraum verlangen (BGH NJW 2008, S. 915; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 46. Aufl., § 12 StVG, Rn. 43). Erforderlich ist hierfür ein Nutzungswille und eine hypothetische Nutzungsmöglichkeit des Geschädigten für die gesamte Dauer, für die der Anspruch geltend gemacht wird, wobei insoweit der Geschädigte grundsätzlich darlegungs- und beweisbelastet ist (Knerr in Geigel, Der Haftpflichtprozess, 28. Aufl., 3. Kap., Rn. 183). Hinsichtlich der Bemessung des für die Nutzungsentschädigung zu berücksichtigenden Zeitraums ist dem Geschädigten zunächst grundsätzlich ein Ersatz für die Zeit der Schadensbegutachtung zuzubilligen (Hentschel/König/Dauer, a. a. O., Rn. 43, 37; Knerr, a. a. O., Rn. 193). Weiterhin ist dem Geschädigten je nach Ausmaß des Schadens regelmäßig eine gewisse Zeit für die Wahl zwischen Reparatur und Ersatzbeschaffung zuzugestehen (OLG Köln SchadPrax 2007, S. 13; Grabenhorst in Himmelreich/Halm, Verkehrsrecht, 3. Aufl., Kapitel 5, Rn. 17; Knerr, a. a. O.). Im Übrigen muss sich der Geschädigte um eine zügige Reparatur bzw. Ersatzbeschaffung bemühen (BGH NJW 1986, S. 2945; NJW 1974, S. 160; Hentschel/König/Dauer, a. a. O., Rn. 37). Er darf daher grundsätzlich nicht die Übernahmebestätigung durch den Haftpflichtversicherer der Gegenseite abwarten (KG VersR 2004, S. 78; Hentschel/König/Dauer, a. a. O., Rn. 37, 22). Ist der Geschädigte aus finanziellen Gründen nicht in der Lage, die Durchführung der Reparatur oder Ersatzbeschaffung zu veranlassen, so hat er dies dem Schädiger bzw. dessen Versicherer anzuzeigen und einen Vorschuss bzw. eine Reparaturkostenübernahmeerklärung einzufordern (KG NZV 2010, S.209; OLG Nürnberg, DAR 1981, S. 14; LG Frankfurt a. M. NJW-RR 1992, S. 1183; Hentschel/König/Dauer, a. a. O., Rn. 43). Unterlässt er eine entsprechende Anzeige gegenüber den Unfallgegnern, so verstößt der Geschädigte gegen seine Schadensminderungsobliegenheit und kann für den entsprechenden Zeitraum eine Nutzungsausfallentschädigung nicht verlangen (KG, a. a. O.; LG Frankfurt a. M., a. a. O.; Hentschel/König/Dauer, a. a. O.). Nach diesen Grundsätzen ist zugunsten des Klägers lediglich eine Nutzungsausfallentschädigung für 9 Tage zu berücksichtigen. Vorliegend folgt aus dem vom Kläger vorgelegten Schadensgutachten vom 26.08.2016, dass er weder eine besondere Überlegungszeit für die Entscheidung für eine Neubeschaffung eines Fahrzeuges benötigte noch die Erstellung des Schadensgutachtens abwarten musste. Vielmehr hat der Schadensgutachter festgehalten, dass bereits am 24.08.2016, also einen Tag nach dem Unfall, im Rahmen der Besichtigung des Fahrzeuges festgestellt wurde, dass eine Instandsetzung des Fahrzeuges nicht sinnvoll erscheint. Weiter beruft sich der Kläger selbst darauf, erst nach der Zahlung der Beklagten vom 27.10.2016 aus wirtschaftlichen Gründen in der Lage gewesen zu sein, ein Ersatzfahrzeug zu beschaffen, was dann am 02.11.2016 erfolgte. Zugleich fehlt es an einer Anzeige des Klägers an die Beklagte, dass ohne Vorschussleistung eine Neubeschaffung des Fahrzeuges nicht erfolgen konnte, sodass schon aus diesem Grunde der Zeitraum bis zum 27.10.2016 - mit Ausnahme der dem Kläger zuzugestehenden Zeit bis zur Entscheidung über eine Neuanschaffung am 24.08.2016 - bei der Ermittlung der Nutzungsausfallentschädigung nicht zu berücksichtigen ist. Sodann hat der Kläger tatsächlich lediglich einen Zeitraum von 7 Tagen zum Erwerb eines Ersatzfahrzeugs benötigt. Unerheblich ist insoweit, dass die Beklagte vorgerichtlich einen größeren Zeitraum bei der Berechnung der Nutzungsausfallentschädigung berücksichtigt hat.
Aus den im Rahmen der Erörterung des Schmerzensgeldanspruchs aufgeführten Gründen hat das Landgericht ferner zutreffend Zuzahlungen zu Behandlungen und Fahrtkosten nicht über den 30.09.2016 hinaus als unfallkausal angesehen und diese unberücksichtigt gelassen. Ebenso begegnet der Ansatz von 0,25 € je Kilometer zur Abgeltung der Betriebskosten und der Abnutzung des Fahrzeuges im Hinblick auf die entsprechende Regelung in § 5 Abs. 2 Nr. 1 JVEG keinen Bedenken.
Schließlich hat das Landgericht dem Kläger für die vorgerichtliche Tätigkeit seines Prozessbevollmächtigten weitere Kosten nicht zugesprochen und ist auf der Basis eines Gegenstandswertes der vorgerichtlichen Tätigkeit von bis zu 16.000,00 € und den vom Prozessbevollmächtigten des Klägers in Ansatz gebrachten Gebührensatz von 1,3 von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten i. H. v. 1.029,35 € ausgegangen, die von der Beklagten bereits vorgerichtlich beglichen worden sind. Nicht zu beanstanden ist, dass das Landgericht den von der Beklagten erstatteten Betrag für die Kindersitze i. H. v. 350,00 € bei der Ermittlung des Gegenstandswertes nicht einbezogen hat, da eine entsprechende außergerichtliche Geltendmachung durch den vom Kläger beauftragten Rechtsanwalt bereits nicht dargelegt ist. Darüber hinaus ist der vom Landgericht ermittelte Gegenstandswert von 15.981,71 € im Hinblick auf die Nutzungsausfallentschädigung jedenfalls um einen Betrag von 869,00 € auf 15.112,71 € zu verringern, da - wie ausgeführt – statt des vom Landgericht angesetzten Zeitraums von 20 Tagen eine Nutzungsausfallentschädigung lediglich für 9 Tage geschuldet war.
Schließlich weist der Senat darauf hin, dass beabsichtigt ist, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 17.827,73 € festzusetzen, §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 S. 1 GKG, § 3 ZPO (Schmerzensgeldforderung: 13.500,00 €, materielle Schadensersatzansprüche: 4.327,73 €).