Gericht | VG Frankfurt (Oder) 5. Kammer | Entscheidungsdatum | 18.11.2021 | |
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Aktenzeichen | VG 5 K 1469/20 | ECLI | ECLI:DE:VGFRANK:2021:1118.5K1469.20.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Kläger wendet sich gegen zwei Pfändungs- und Einziehungsverfügungen des Beklagten.
Ursprünglich hatte der Kläger unter dem Az. VG 5 K Anfechtungsklage erhoben. Gegenstand dieser Klage waren diverse Beitragsbescheide des Wasser- und Abwasserverbandes betreffend die Wasserversorgung und die Abwasserbeseitigung. Der Kläger nahm diese Klage für insgesamt vier Beitragsbescheide zurück; das Verfahren wurde mit Beschluss vom 07. Dezember 2017 eingestellt. Dem Kläger wurden die Verfahrenskosten auferlegt.
Die Prozessbevollmächtigten des Wasser- und Abwasserverbandes beantragten sodann die Kostenfestsetzung, worauf die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle mit Kostenfestsetzungsbeschluss (KfB) vom 21. August 2018 die vom Kläger an den Beklagten des Verfahrens VG zu erstattenden und bereits mitgeteilten Kosten auf 650,34 € festsetzte. Der KfB erwuchs in Rechtskraft.
Unter dem 11. September 2019 erteilten die Verfahrensbevollmächtigten des Wasser- und Abwasserverbandes dem Verwaltungsgericht einen Zwangsvollstreckungsauftrag zur Vollstreckung aus dem KfB vom 21. August 2018 und zwar in Höhe der zu erstattenden Kosten. Am 27. Februar 2020 erließ der Vorsitzende des Gerichts des ersten Rechtszuges einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (Az. 5 ), mit dem Guthabenansprüche des Klägers gegen die Sparkasse und die D... in Höhe der Hauptforderung nebst Zinsen bis zur vollständigen Erfüllung gepfändet wurden. Mit der Durchführung der Vollstreckung wurde die Stadt B... beauftragt (Tenorpunkt 2). Die sinngemäß erhobene Beschwerde des Schuldners/Klägers blieb ohne Erfolg (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. April 2020 – 3 K ).
Der Beklagte (Stadtkasse als Vollstreckungsbehörde) erließ darauf die streitigen Pfändungs- und Einziehungsverfügungen vom 16. März 2020, mit der öffentlich-rechtliche Forderungen in Höhe von 786,18 € durch Pfändung und Einziehung der gegenwärtigen und künftigen Forderungen, Ansprüche und Rechte des Vollstreckungsschuldners/Klägers gegen die B... und die D... (Drittschuldner) jeweils i. H. von nunmehr insgesamt 786,18 € beigetrieben werden sollten. Den am 31. erhobenen Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02. als unbegründet zurück. Nach Ansicht des Beklagten lagen alle Vollstreckungsvoraussetzungen vor.
Der Kläger hat am 21. unter dem Az. 5 K Klage erhoben. Dieses Verfahren wurde nach einer Betreibensaufforderung mit Beschluss vom 29. eingestellt und wird nunmehr aufgrund des nachfolgenden Beschlusses vom 04. unter dem rubrizierten Az. fortgeführt. Der Kläger hält u.a. das erkennende Gericht wegen seines Wohnsitzes in B... für unzuständig und bestreitet die Rechtmäßigkeit der zu vollstreckenden Forderungen. Mit Blick auf die besonderen Verhältnisse in der COVID-19-Pandemie habe der Beklagte die Geldforderung nicht rechtmäßig beitreiben können. Außerdem sei er seit dem Jahr 2015 nicht mehr Eigentümer der von der Klage betroffenen Grundstücke. Auf den am 29. ergangenen Gerichtsbescheid hat der Kläger am 25. mündliche Verhandlung beantragt.
Sinngemäß beantragt er,
die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen vom 16. und den Widerspruchsbescheid vom 02. aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält die angegriffenen Pfändungs- und Einziehungsverfügungen für rechtmäßig und verweist auf die anwendbaren Bestimmungen des Vollstreckungsrechts. Der Kostenfestsetzungsbeschluss sei ein geeigneter vollstreckbarer Titel. Schließlich stehe auch das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht den hier vorliegenden Pfändungs- und Einziehungsverfügungen nicht entgegen, da öffentlich-rechtliche Forderungen und Verwaltungsvollstreckungsmaßnahmen hiervon nicht erfasst würden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf den Verwaltungsvorgang des Beklagten (1 Heftung) verwiesen.
A.
Das Gericht konnte hier verhandeln und entscheiden, obschon der Kläger nicht erschienen und auch nicht vertreten war. Denn er ist ordnungsgemäß geladen (Bl. 81 GA) und in der Ladung darauf hingewiesen worden, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO. Einen Antrag auf Terminsaufhebung und Verlegung aus erheblichen Gründen i. S. von § 227 Abs. 1 Zivilprozessordnung – ZPO hat der Kläger nicht gestellt. Da der Kläger rechtzeitig innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids mündliche Verhandlung beantragt hat (§ 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), gilt der Gerichtsbescheid als nicht ergangen, und es ist durch Urteil zu entscheiden, § 84 Abs. 3 VwGO. Die Übertragung auf den Einzelrichter erfolgte nach § 6 Abs. 1 VwGO.
B.
Das erkennende Gericht ist örtlich zuständig. Denn bei Anfechtungsklagen ist grundsätzlich das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde, § 52 Nr. 3 Satz 1 VwGO. Vorliegend sind die streitigen Pfändungs- und Überweisungsverfügungen von der Stadtkasse/Vollstreckungsbehörde der Stadt erlassen worden. Mit Blick auf die Belegenheit der Stadt im Landkreis B... folgt die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) aus § 2 Abs. 1 Nr. 2 des Brandenburgischen Verwaltungsgerichtsgesetzes.
C.
Die Klage hat keinen Erfolg. Zweifel bestehen schon am Bestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses insoweit, als nach der Drittschuldnererklärung der Postbank vom 27. die Pfändung ins Leere geht, da die gepfändeten Ansprüche nicht bestehen und auch nicht in Aussicht stehen. Dies mag im Folgenden offenbleiben:
Denn die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen des Beklagten vom 16. und der Widerspruchsbescheid vom 02. sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Insbesondere durfte der Beklagte gemäß § 169 Abs. 1 Satz 2 VwGO, § 5 Abs. 1 und 2 Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz (des Bundes) – VwVG und §§ 22 Abs. 1 Nr. 3, 23 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das L... – VwVGBbg die Geldforderung aus dem rechtskräftigen Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 21. – VG 5 K beitreiben. Im Einzelnen:
1. Im Falle der Vollstreckung einer Geldforderung zugunsten der öffentlichen Hand - hier zugunsten des Wasser- und Abwasserverbandes – kann der Vorsitzende des Gerichts des ersten Rechtszuges die Vollstreckung selbst ausführen und nach § 5 Abs. 1 VwVG und den dort genannten Vorschriften der Abgabenordnung – AO verfahren. Er kann für die Ausführung der Vollstreckung aber auch eine andere Vollstreckungsbehörde (des Bundes) oder einen Gerichtsvollzieher in Anspruch nehmen, § 169 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO.
2. Vorliegend hat der Vorsitzende des Gerichts des ersten Rechtszuges gemäß Tenorpunkt 2 im rechtskräftigen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 27. die Stadt B... – Stadtkasse-Vollstreckung - mit der Durchführung der Vollstreckung, d.h. mit der Beitreibung der Geldforderung beauftragt. Wird indes die Vollstreckung im Wege der Amtshilfe von Organen der Länder oder – wie hier – einer Kommune des Landes Brandenburg übernommen, so wird sie nach landesrechtlichen Bestimmungen ausgeführt, § 5 Abs. 2 VwVG. Bei einer solchen Vollstreckungshilfe bzw. Amtshilfe tritt die andere Vollstreckungsbehörde, soweit sie Vollstreckungsmaßnahmen ausführt, an die Stelle des Vorsitzenden des Gerichts des ersten Rechtszuges; dieser bleibt allerdings für die Vollstreckbarkeit des Anspruchs verantwortlich (vgl. Eyermann/Kraft, VwGO, 15. Auflage, § 169 Rn. 6).
Für das demgemäß von der Stadt B... – Stadtkasse-Vollstreckung einzuhaltende Beitreibungsverfahren gelten die §§ 309 bis 321 AO für die Vollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte entsprechend, § 22 Abs. 1 Nr. 3 VwVGBbg. Mithin hatte die beauftragte Behörde nach §§ 309, 314 AO eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung zu erlassen, um dem Beitreibungsauftrag des Vorsitzenden des Gerichts des ersten Rechtszuges nachzukommen.
3. Nach dem Wortlaut der Pfändungs- und Einziehungsverfügungen vom 16. März 2020 ergibt sich auch kein Anhaltspunkt für die Annahme, dass dadurch der Pfändungs- und Einziehungsbeschluss vom 27. Februar 2020 – VG 5 M aufgehoben oder ersetzt werden sollte. Vielmehr spricht der eindeutige Wortlaut dafür, dass die Stadtkasse/Vollstreckungsbehörde der Stadt damit keine neue Pfändung ausgebracht hat, sondern lediglich im Rahmen der beauftragten Beitreibung die bereits gepfändete Forderung deutlicher beschreiben wollte und hierfür das nach § 22 Abs. 1 Nr. 3 VwVGBbg einzuhaltende Verfahren beachtet hat. Die gepfändete Forderung aus dem KfB ist denn auch im Kern die gleiche geblieben; nur hat die Stadtkasse/Vollstreckungsbehörde eine präzise Beschreibung der Forderung gegeben und diese rechtlich zutreffend bezeichnet. Eine Auswechslung der gepfändeten Forderung liegt darin ebenso wenig, wie eine Erweiterung. Insoweit liegt lediglich eine wiederholende Verfügung vor (vgl. BFH, Beschluss vom 19. März 1998 – VII B 175/97 –, Rn. 23, juris).
4. Im Einklang mit § 23 Satz 1 VwVGBbg hat die Stadtkasse/Vollstreckungsbehörde in den Pfändungs- und Einziehungsverfügungen vom 16. März 2020 für die beizutreibenden Geldbeträge auch den Schuldgrund - nämlich den KfB vom 21. August 2018 - angegeben. Die Einwendungen des Klägers (Vollstreckungsschuldners) greifen hingegen nicht durch. Soweit der Kläger sinngemäß Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des den streitigen Pfändungs- und Einziehungsverfügungen zugrunde liegenden Kostenfestsetzungsbeschlusses u.a. aus den im Verfahren VG 5 K vorgetragenen Klagegründen sinngemäß geltend macht, ist der Kläger mit Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Kostenfestsetzungsbeschluss vom 21. August 2018 – VG 5 K bzw. gegen die o.g. vier Beitragsbescheide jedoch im Vollstreckungsverfahren ausgeschlossen, da solche Einwendungen außerhalb des Vollstreckungsverfahrens mit den hierfür zugelassenen Rechtsbehelfen zu verfolgen sind (vgl. auch § 256 AO). Dies gilt insbesondere für die vom Kläger angeführten Eigentumsverhältnisse. Diese sind hier im Übrigen schon deswegen unmaßgeblich, als der Kläger selbst Schuldner der Geldforderung aus dem rechtskräftigen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 21. August 2018 ist. Auch das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27. März 2020 (BGBl I Nr. 14) gibt für eine „Aussetzung“ der Vollstreckung von öffentlich-rechtlichen Geldforderungen nichts her.
D.
1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
2. Gründe, die Berufung zuzulassen, §§ 124, 124a Abs. 1 VwGO, sind nicht ersichtlich.