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Entscheidung S 26 AS 2374/17


Metadaten

Gericht SG Neuruppin 26. Kammer Entscheidungsdatum 29.10.2021
Aktenzeichen S 26 AS 2374/17 ECLI ECLI:DE:SGNEURU:2021:1029.S26AS2374.17.00
Dokumententyp Gerichtsbescheid Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Beklagte wird unter Abänderung seiner mit dem Bescheid vom 06. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2017 verlautbarten als endgültig geltenden Leistungsverfügungen verpflichtet, den endgültigen Leistungsanspruch der Klägerin für den Zeitraum vom 01. August 2017 bis zum 31. Dezember 2017 in Höhe eines Betrages von insgesamt jeweils monatlich 892,50 Euro sowie für den Zeitraum vom 01. Januar 2018 bis zum 31. Januar 2018 in Höhe von insgesamt 899,50 Euro abschließend festzustellen und entsprechende Leistungen unter Berücksichtigung der für den genannten Zeitraum bereits zuerkannten Leistungen zu gewähren.

Der Beklagte hat der Klägerin die ihr entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach in voller Höhe zu erstatten.

Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf endgültige Gewährung höherer passiver Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für den Zeitraum vom 01. August 2017 bis zum 31. Januar 2018.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes verweist die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) iVm § 136 Abs 2 S 1 SGG auf die Ausführungen auf Seite 1 (dort unter „I.“) des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 14. November 2017, mit dem der Beklagte den Widerspruch der Klägerin vom 04. August 2017 gegen die vorläufigen Festsetzungsverfügungen des Beklagten vom 06. Juli 2017, mit dem der Beklagte der Klägerin einen Betrag in Höhe von monatlich 409,00 Euro – ohne Berücksichtigung von Bedarfen für die Kosten der Unterkunft und Heizung – gewährt hatte, als unbegründet zurückwies. Wegen der Begründung des Beklagten verweist die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 136 Abs 2 S 1 SGG auf die Ausführungen auf Seite 2 (dort unter „II.“) bis Seite 4 (dort bis zu dem Wort „Rechtsbehelfsbelehrung“) des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 14. November 2017.

Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2017 – bei dem Sozialgericht Neuruppin eingegangen am gleichen Tage – hat die Klägerin bei dem erkennenden Gericht Klagen erhoben. Zur Begründung ihrer auf Gewährung von höheren Leistungen nach dem SGB II gerichteten Begehren führt sie im Wesentlichen aus, die vorläufige Nichtgewährung von Kosten der Unterkunft und Heizung schon an sich rechtswidrig; im Übrigen stelle der Beklagte lediglich Mutmaßungen an, zumal das von dem Beklagten ins Feld geführte Zahlenmaterial für den hier maßgeblichen Zeitraum nichts herzugeben vermöge. Darüber hinaus legte sie eine schriftliche Erklärung ihres Vaters – des Herrn C. – vom 09. Februar 2021 vor, wonach er die Mietzahlungen seiner Tochter seit Juni 2015 darlehensweise übernommen habe, das Familiendarlehen zinsfrei sei und umgehend nach erfolgter Leistungszahlung vom Jobcenter zurück gezahlt werden solle.

Die Klägerin beantragt (nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß),

den Beklagten unter Abänderung seiner mit dem Bescheid vom 06. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2017 verlautbarten als endgültig geltenden Leistungsverfügungen zu verpflichten, den endgültigen Leistungsanspruch der Klägerin für den Zeitraum vom 01. August 2017 bis zum 31. Januar 2018 unter Berücksichtigung der der Klägerin entstandenen Unterkunfts- und Heizkostenbedarfe abschließend festzustellen und zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Zur Begründung seines Antrages vertieft er im Wesentlichen seine Ausführungen in dem – auch – angegriffenen Widerspruchsbescheid vom 14. November 2017. Ergänzend hebt er insbesondere hervor, dass die Klägerin auch im hier streitgegenständlichen Zeitraum erheblich unterdurchschnittliche Heiz-, Wasser- und Stromkosten verbraucht habe. Im Übrigen schließe er sich den in den zwischen den Beteiligten ergangenen Beschlüssen des Sozialgerichts Neuruppin und des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg dargelegten Zweifeln an.

Das Gericht hat die Klägerin im zwischen den gleichen Beteiligten geführten Verfahren mit dem gerichtlichen Aktenzeichen S 26 AS 1052/16 im Rahmen eines Termins zur Erörterung des Sachverhaltes und zur Beweisaufnahme vom 29. September 2021 persönlich angehört und den Vater der Klägerin als Zeugen vernommen sowie die Beteiligten schließlich mit Verfügungen vom 22. Oktober 2021 zu der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Prozess- und der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen; diese haben vorgelegen und waren Gegenstand der Entscheidungsfindung. Wegen des Ergebnisses der persönlichen Anhörung der Klägerin und der Beweisaufnahme wird ergänzend auf das Protokoll des Termins zur Erörterung des Sachverhaltes und zur Beweisaufnahme vom 29. September 2021 im zwischen den gleichen Beteiligten geführten Verfahren mit dem gerichtlichen Aktenzeichen S 26 AS 1052/16 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klagen haben Erfolg.

1. Über die Klagen konnte die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist, der Sachverhalt geklärt ist, die Beteiligten gemäß § 105 Abs 1 S 2 SGG zuvor mit gerichtlichen Verfügungen vom 22. Oktober 2021 zu dieser beabsichtigten Entscheidungsform ordnungsgemäß angehört worden sind, eine ausdrückliche Zustimmung der Beteiligten hierzu nicht erforderlich ist und weil das Gericht vor seiner Entscheidung – ebenso wie im Rahmen der mündlichen Verhandlung – weder zur vorherigen Darstellung seiner Rechtsansicht (vgl Bundessozialgericht, Beschluss vom 03. April 2014 – B 2 U 308/13 B, RdNr 8 mwN) noch zu einem vorherigen umfassenden Rechtsgespräch verpflichtet ist (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 R 8/14 R, RdNr 23).

2. a) Streitgegenstand ist der Anspruch der Klägerin auf abschließende Feststellung eines höheren Anspruches auf passive Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach Maßgabe der Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für jeden Monat des Zeitraums vom 01. August 2017 bis zum 31. Januar 2018 (vgl zum sog Monatsprinzip die Regelungen des § 11 Abs 2 S 1 SGB II, § 11 Abs 3 S 1 SGB II, § 20 Abs 1 S 3 SGB II, § 37 Abs S 2 SGB II sowie § 41 Abs 1 S 2 SGB II; vgl dazu auch Bundessozialgericht, Urteil vom 30. März 2017 – B 14 AS 18/16 R, RdNr 18 sowie Bundessozialgericht, Urteil vom 30. Juli 2008 – B 14 AS 26/07 R, RdNr 28).

b) Gegenstand des Klageverfahrens sind dabei die vorläufigen bewilligenden Verfügungen des Beklagten vom 06. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2017, die als abschließend festgesetzt gelten, weil die Regelung des § 41a Abs 5 S 1 SGB II zu beachten ist, wonach die vorläufig bewilligten Leistungen als abschließend festgesetzt gelten, wenn innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Bewilligungszeitraums keine abschließende Entscheidung ergeht und – wie hier – die in § 41a Abs 5 S 2 SGB II geregelten Ausnahmetatbestände nicht vorliegen. Weil mit dem Ablauf der Jahresfrist am 31. Januar 2019 (vgl zur Fristberechnung: § 26 Abs 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – <SGB X> iVm § 188 Abs 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches <BGB> iVm § 187 Abs 2 S 1 BGB) keine abschließende Entscheidung ergangen ist, gelten die vorläufig festgesetzten Leistungsansprüche mit diesem Zeitpunkt als endgültig festgesetzt.

Diese als endgültig geltenden vorläufigen Verfügungen sind gemäß § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden, weil sie die zuvor ergangenen vorläufigen Entscheidungen ersetzten, die sich durch den Eintritt der sog Endgültigkeitsfiktion auf sonstige Weise erledigt haben (§ 39 Abs 2 Regelung 5 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – <SGB X>; vgl hierzu nur Bundessozialgericht, Urteil vom 08. Februar 2017 – B 14 AS 22/16 R, RdNr 9 unter Hinweis auf Bundessozialgericht, Urteil vom 22. August 2013 – B 14 AS 1/13 R, RdNr 13; vgl auch Bundessozialgericht, Urteil vom 30. Oktober 2019 – B 14 AS 2/19 R, RdNr 9). Die Verpflichtung des Beklagten, nach Klärung der Verhältnisse die Leistungsansprüche endgültig festzustellen, ist durch den Eintritt der Endgültigkeitsfiktion entfallen (vgl zu dieser trotz des insoweit engeren Wortlauts des § 328 Abs 2 SGB III bestehenden Verpflichtung des Beklagten: Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Oktober 2016 – B 4 AS 60/15 R, RdNr 20 unter Verweis auf Bundessozialgericht, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 31/14 R, RdNr 21), weshalb die Klägerin nur noch geltend machen kann, dass ihr endgültig noch höhere Leistungsansprüche zustehen, ohne dass noch entscheidungserheblich ist, ob der Beklagte zu Recht nur vorläufig entschieden hat, was indes zweifelhaft ist.

c) Die Klägerin verfolgt ihr Begehren – in sinnentsprechender Auslegung ihres Vorbringens (vgl § 123 SGG) – zutreffend im Wege (kombinierter) Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklagen (§ 54 Abs 1 S 1 Regelung 2 SGG, § 54 Abs 1 S 1 Regelung 3 SGG, § 54 Abs 4 SGG, § 56 SGG). Durch die angegriffenen Verfügungen hat der Beklagte der Klägerin – fingiert – endgültig Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gewährt. Mit den Klagen hiergegen beansprucht die Klägerin im Ergebnis eine Korrektur der fingierten Entscheidungen des Beklagten über die „abschließend festzustellende Leistung“ im Sinne des § 41a Abs 3 S 1 SGB II, jeweils in der Fassung, die die genannten Vorschriften vor dem Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums hatten, weil in Rechtsstreitigkeiten über bereits abgeschlossene Bewilligungszeiträume das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden ist (sog Geltungszeitraumprinzip, vgl dazu nur Bundessozialgericht, Urteil vom 24. Juni 2020 – B 4 AS 8/20 R, RdNr 21 mwN), was auch für die weiteren zitierten Vorschriften gilt. Demgemäß richtet sich das Klageziel neben der Änderung der Leistungsverfügungen auch darauf, den Beklagten zu verpflichten auszusprechen, dass ihr – der Klägerin – abschließend höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zustehen, als mit den angegriffenen Verfügungen fingiert festgesetzt worden sind (vgl hierzu nur Bundessozialgericht, Urteil vom 08. Februar 2017 – B 14 AS 22/16 R, RdNr 10f unter Hinweis auf die ähnliche ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Klage auf Zuschuss statt Darlehen: Bundessozialgericht, Urteil vom 13. November 2008 – B 14 AS 36/07 R, RdNr 13; Urteil vom 19. Mai 2009 – B 8 SO 7/08 R, RdNr 10 sowie Urteil vom 06. August 2014 – B 4 AS 57/13 R, RdNr 12). Mit den Leistungsklagen im Sinne von § 54 Abs 4 SGG begehrt sie schließlich die Gewährung von entsprechenden höheren Leistungen.

d) Die so verstandenen statthaften Klagen sind auch im Übrigen zulässig.

3. Die danach insgesamt zulässigen Klagen sind auch begründet.

a) Die insgesamt zulässigen Anfechtungsklagen sind im Sinne der Regelung des § 54 Abs 1 S 1 Regelung 2 SGG begründet, denn die mit dem angegriffenen Bescheid des Beklagten verlautbarten endgültigen Leistungsfestsetzungen im Sinne von Höchstbetragsfestsetzungen sind rechtswidrig und beschweren die Klägerin in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten (vgl § 54 Abs 2 S 1 SGG). Entgegen der Auffassung des Beklagten steht der Klägerin nämlich jeweils ein höherer monatlicher Anspruch auf Leistungen zu, weil der Beklagte zu Unrecht die von der Klägerin begehrten Bedarfe für die Kosten der Unterkunft und Heizung – hier im Umfang des von dem Vater der Klägerin an die Vermieterin gezahlten monatlichen Betrages in Höhe von jeweils 483,50 Euro – unberücksichtigt gelassen hat.

aa) Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf abschließende Feststellung von höheren Leistungsansprüchen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den hier streitgegenständlichen Zeitraum ist die Regelung des § 41a Abs 3 S 1 SGB II sowie § 19 SGB II iVm §§ 7 ff SGB II und §§ 20 ff SGB II. Gemäß § 41a Abs 3 S 1 SGB II entscheiden die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende abschließend über den monatlichen Leistungsanspruch, sofern die vorläufig bewilligte Leistung nicht der abschließend festzustellenden entspricht oder die leistungsberechtigte Person eine abschließende Entscheidung beantragt. Indes ist – wie bereits dargelegt – vorliegend die Regelung des § 41a Abs 5 S 1 SGB II zu beachten, wonach die vorläufig bewilligten Leistungen als abschließend festgesetzt gelten, wenn – wie hier – innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Bewilligungszeitraums keine abschließende Entscheidung ergeht. Weil mit dem Ablauf der Jahresfrist am 31. Januar 2019 aber keine abschließende Entscheidung ergangen ist, gelten die vorläufig festgesetzten Leistungsansprüche mit diesem Zeitpunkt als endgültig festgesetzt und die Verpflichtung des Beklagten, nach Klärung der Verhältnisse die Leistungsansprüche endgültig festzustellen, ist – wie ebenfalls bereits dargelegt – durch den Eintritt der Endgültigkeitsfiktion entfallen, weshalb die Klägerin nur noch geltend machen kann, dass ihr endgültig noch höhere Leistungsansprüche zustehen. Daraus folgt konsequenterweise auch, dass es nur noch darauf ankommt, ob die leistungsrechtlichen Voraussetzungen des § 19 SGB II iVm mit §§ 7, 9, 11 ff, 20 ff SGB II dem Grunde und der Höhe nach vorliegen.

Gemäß § 19 Abs 1 S 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Arbeitslosengeld II, das gemäß § 19 Abs 1 S 3 SGB II den Regelbedarf, die Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung umfasst. Die Grundvoraussetzungen, um Arbeitslosengeld II zu erhalten (§ 7 Abs 1 S 1 SGB II), erfüllte die Klägerin (vgl § 7 Abs 3 Nr 1 SGB II), die im streitgegenständlichen Zeitraum 46 Jahre bzw 47 Jahre alt war (vgl § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II), erwerbsfähig war (vgl § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatte (vgl § 7 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB II); auch ein von Leistungen nach dem SGB II ausschließender Tatbestand lag nicht vor, insbesondere liegen die Voraussetzungen des § 7 Abs 4a S 1 SGB II nicht vor, weil sich die Klägerin angesichts der nur 10 Kilometer entfernt befindlichen Wohnungen ihrer Eltern nicht außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs aufgehalten hat, den in § 36 Abs 1 SGB II bis § 36 Abs 3 SGB II normierten Tatbeständen kommt keine „anspruchsvoraussetzungsregelnde Funktion“ zu (Bundessozialgericht, Urteil vom 23. Mai 2012 – B 14 AS 133/11 R, RdNr 19 mwN).

bb) Die Klägerin war auch – in einem größeren Umfang als der Beklagte angenommen hat – hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II.

aaa) Neben dem für den Zeitraum vom 01. August 2017 bis zum 31. Dezember 2017 zugrunde zu legenden Regelbedarf in Höhe von monatlich 409,00 Euro (vgl § 20 Abs 1 SGB II, § 20 Abs 1a SGB II iVm § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe – <SGB XII> iVm dem Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen sowie zur Änderung des Zweiten und des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 2016 <BGBl I S 3159>) bzw für den Zeitraum vom 01. Januar 2018 bis zum 31. Januar 2018 in Höhe von 416,00 Euro <vgl § 20 Abs 1 SGB II, § 20 Abs 4 SGB II sowie § 20 Abs 5 S 1 SGB II iVm § 28a SGB XII iVm § 40 S 1 Nr 1 SGB XII iVm der Verordnung zur Bestimmung des für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach den §§ 28a und 134 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch maßgeblichen Prozentsatzes sowie zur Ergänzung der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch für das Jahr 2018 <Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2018 – RBSFV 2018> vom 08. November 2017 <BGBl I S 3767>) sind bei der Klägerin im streitigen Zeitraum – entgegen der Auffassung des Beklagten – auch Bedarfe für die Kosten der Unterkunft und Heizung im Umfang des von dem Vater der Klägerin verauslagten monatlichen Betrages in Höhe von jeweils 483,50 Euro zu berücksichtigen.

Gemäß § 22 Abs 1 S 1 SGB II werden Bedarfe für Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs 1 S 3 SGB II). Hierbei sind nur die tatsächlich anfallenden Unterkunftskosten eines Leistungsberechtigten für eine Unterkunft berücksichtigungsfähig, mit der dieser sein Grundbedürfnis „Wohnen“ bezogen auf den streitgegenständlichen Zeitraum tatsächlich befriedigt (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 23. Mai 2012 – B 14 AS 133/11 R RdNr 20 mwN sowie Bundessozialgericht, Urteil vom 03. März 2009, – B 4 AS 37/08 R, RdNr 24 mwN).

Für die Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs 1 S 1 SGB II ist grundsätzlich Voraussetzung, dass der Leistungsberechtigte einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 03. März 2009, – B 4 AS 37/08 R, RdNr 24). Erfasst sind dabei sämtliche Zahlungsverpflichtungen, die sich aus einem Mietvertrag bzw einer mit dem Vermieter getroffenen Vereinbarung für die Unterkunft ergeben und tatsächlich gezahlt werden. Angeknüpft wird an die rechtliche und tatsächliche Verpflichtung zur Mietzinszahlung im Rahmen des Mietverhältnisses (Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Februar 2016 – B 4 AS 2/15 R, RdNr 14 mwN). Kann eine leistungsberechtigte Person zwei Unterkünfte zu Wohnzwecken nutzen, können – abgesehen von vorübergehenden Situationen wie bei einem Umzug – nur die Kosten für die vorrangig genutzte Wohnung als Bedarf anerkannt werden. Dies ist regelmäßig die Unterkunft am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts (Bundessozialgericht, Urteil vom 23. Mai 2012 – B 14 AS 133/11 R, RdNr 20 mwN).

Das Gericht ist mit der erforderlichen Gewissheit davon überzeugt (vgl § 128 Abs 1 S 1 SGG und § 128 Abs 1 S 2 SGG), dass die Klägerin in der strittigen Zeit vom 01. Februar 2017 bis zum 31. Juli 2017 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Glienicke/Nordbahn und nicht – wie der Beklagte meint – in Berlin hatte. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (so die Legaldefinition in § 30 Abs 3 S 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil <SGB I> für das gesamte SGB <§ 37 SGB I>). Maßgebend für die Beurteilung eines gewöhnlichen Aufenthaltes sind ein zeitliches Element („nicht nur vorübergehend“), der Wille der Person als subjektives Element und die objektiven Gegebenheiten („unter Umständen“) mit einer vorausschauenden Betrachtung künftiger Entwicklungen, die eine gewisse Stetigkeit und Regelmäßigkeit des Aufenthaltes erfordern, nicht jedoch eine Lückenlosigkeit (Bundessozialgericht, Urteil vom 23. Mai 2012 – B 14 AS 133/11 R, RdNr 21 unter Verweis auf Bundessozialgericht, Urteil vom 28. Juli  1967 – 4 RJ 411/66).

Ausgehend von den in der strittigen Zeit geltenden gesetzlichen Voraussetzungen folgert das Gericht das Vorliegen des gewöhnlichen Aufenthalts der Klägerin in dieser Zeit aus der persönlichen Anhörung der Klägerin und der Einvernahme des Vaters der Klägerin als Zeugen. Diese haben insoweit in den wesentlichen Punkten übereinstimmend – und ohne dass für das Gericht Widersprüchlichkeiten aufgetreten wären – bekundet, dass sich die Klägerin in der strittigen Zeit aufgrund des nach dem Krankenhausaufenthalt des Vaters der Klägerin ergebenden erhöhten Unterstützungsbedarfes zwar täglich in dessen Wohnung aufgehalten habe, um ihn zu versorgen, sie jedoch – von wenigen Ausnahmen abgesehen – täglich in ihre Wohnung nach Glienicke/Nordbahn zurückgekehrt sei, um dort zu schlafen, was nach Auffassung des Gerichts einen elementaren Bestandteil des Grundbedürfnisses „Wohnen“ darstellt und deshalb auch ausreichend ist, um den gewöhnlichen Aufenthalt am Ort der regelmäßigen Übernachtungen zu verorten.

Soweit der Beklagte den gewöhnlichen Aufenthalt der Klägerin in Glienicke/Nordbahn aufgrund der deutlich unterdurchschnittlichen Verbrauchswerte für Heizung, Strom und Wasser bezweifelt, hält das Gericht diesen Einwand des Beklagten zwar im Ausgangspunkt für nachvollziehbar, jedoch letztlich nicht für durchgreifend. Zwar ist der volle Beweis für eine Tatsache – hier also der gewöhnliche Aufenthalt der Klägerin in Glienicke/Nordbahn – erst dann erbracht, wenn sie für das erkennende Gericht mit Gewissheit feststeht, wobei Gewissheit in diesem Sinn bedeutet, dass ein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch keinen Zweifel hat (vgl G. Becker in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Auflage 2021, § 7, RdNr 117 mwN). Indes kann und darf sich das Gericht mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl zu diesem Aspekt des Vollbeweises erneut G. Becker in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Auflage 2021, § 7, RdNr 117 mwN). Da die deutlich unterdurchschnittlichen Verbrauchswerte nach Auffassung des Gerichts durchaus im Einklang mit den durch die Klägerin und ihren Vater bekundeten Aufenthaltszeiten der Klägerin in ihrer Wohnung stehen und für das Gericht durch die von der Klägerin geschilderten länger andauernden Reparaturerfordernisse (auch und gerade im Bereich von Wasser verbrauchenden Geräten) in ihrer Wohnung, die im Übrigen auch der Vater der Klägerin bestätigt hat, zusätzlich plausibilisiert werden, begnügt sich das Gericht mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit, der den insbesondere aus den deutlich unterdurchschnittlichen Verbrauchswerten herrührenden Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen, zumal sich aus den Angaben der (letztlich unbekannt gebliebenen) Nachbarin, die der Beklagte zur Stützung seiner Auffassung zitiert hat, jedenfalls schlechterdings nichts dafür entnehmen lässt, wo die Klägerin in der strittigen Zeit überwiegend geschlafen hat. Das Gericht vermag im Ergebnis jedenfalls keinen vernünftigen Grund dafür zu erkennen, warum der Vater der Klägerin (übergangsweise) Kosten für eine Wohnung übernehmen sollte, die von ihr nicht bewohnt wird, wenn sie – wie der Beklagte meint – ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Wohnung ihres Vaters hatte, zumal sich die Wohnung der Klägerin ohnehin nur 10 Kilometer von dieser Wohnung entfernt befindet.

Wenn nach alledem zugunsten der Klägerin auch Bedarfe für die Kosten der Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen sind, war es der Klägerin im Sinne der Regelung des § 22 Abs 1 S 3 SGB II auch trotz gegebenenfalls bereits zuvor erfolgter Kostensenkungsaufforderungen durch den Beklagten angesichts dessen rechtswidriger Weigerung, der Klägerin im streitigen Zeitraum überhaupt Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren, unzumutbar, ihre gegebenenfalls unangemessenen Aufwendungen für ihre Unterkunft und Heizung zu senken, weshalb die von dem Vater der Klägerin verauslagten Kosten der Unterkunft und Heizung vollständig zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen sind.

bbb) Die Klägerin verfügte im streitigen Zeitraum auch nicht über anzurechnendes Einkommen gemäß § 11 SGB II. Gemäß § 11 Abs 1 S 1 SGB II waren in der strittigen Zeit Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen als Einkommen zu berücksichtigen. Indes sind die Zahlungen des Vaters der Klägerin auf die Mietzinszahlungsverpflichtung der Klägerin gegenüber ihrem Vermieter nicht als Einnahme in Geld zu bewerten, die den geltend gemachten Unterkunfts- und Heizkostenbedarf entfallen lässt. Aus dem Wortlaut des § 11 Abs 1 S 1 SGB II folgt zwar keine Definition dessen, was Einkommen ist. Lediglich die im zweiten Satzteil genannten Leistungen sind von vornherein von der Berücksichtigung ausgenommen. Mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Arbeitslosenhilfe und des Bundesverwaltungsgerichts zum Einkommensbegriff im Wohngeldrecht kann auch im Anwendungsbereich des § 11 Abs 1 S 1 SGB II nach Sinn und Zweck der Norm eine von einem Dritten lediglich vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung jedoch nicht als Einkommen qualifiziert werden. Nur der „wertmäßige Zuwachs“ stellt Einkommen im Sinne des § 11 Abs 1 S 1 SGB II dar; als Einkommen sind nur solche Einnahmen in Geld anzusehen, die eine Veränderung des Vermögensstandes dessen bewirken, der solche Einkünfte hat. Dieser Zuwachs muss dem Leistungsberechtigten zur endgültigen Verwendung verbleiben, denn nur dann lässt er seine Hilfebedürftigkeit in Höhe der Zuwendungen dauerhaft entfallen. Insoweit ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu unterscheiden zwischen (1.) Geldzahlungen oder Sachleistungen, die einem SGB II-Leistungsberechtigten zum endgültigen Verbleib zugewendet werden, und (2.) einem Darlehen, das mit einer Rückzahlungsverpflichtung im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gegenüber dem Darlehensgeber belastet ist (vgl zu alledem Bundessozialgericht, Urteil vom 06. Oktober 2011 – B 14 AS 66/11 R, RdNr 17 mwN).

Dieser Systematik entsprechend stellen (3.) auch Zuwendungen Dritter, die eine rechtswidrig vom Grundsicherungsträger abgelehnte Leistung wegen der Ablehnung bis zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes substituieren und nur für den Fall des Obsiegens zurückgezahlt werden sollen, kein Einkommen im Sinne des § 11 Abs 1 S 1 SGB II dar. Sie entbinden den Grundsicherungsträger nicht von seiner Leistungsverpflichtung. Wie im Anwendungsbereich des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und des Bundessozialhilfegesetzes kann dem Hilfesuchenden eine zwischenzeitliche Selbstbeschaffung der begehrten Leistung unter dem Gesichtspunkt einer „Zweckverfehlung“ der ursprünglich beantragten Leistung nicht entgegengehalten werden. Gerade wegen der Unaufschiebbarkeit des Bedarfs muss vom Hilfebedürftigen bis zur endgültigen Klärung der Leistungspflicht des Trägers der Grundsicherung übergangsweise eine andere Regelung gefunden werden. Soweit es nicht möglich ist, die Verpflichtungen aus eingegangenen Verbindlichkeiten stunden zu lassen, bleibt es dem Hilfebedürftigen etwa unbenommen, zu marktüblichen Konditionen ein verzinsliches Darlehen aufzunehmen. Soweit dadurch unabwendbar Mehrkosten entstehen, sind auch sie gegebenenfalls von dem Träger der Grundsicherung zu erstatten. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, wenn Hilfebedürftige vorrangig auf freiwillige und kostengünstigere Angebote Dritter zurückzugreifen, die auf freundschaftlicher oder familiärer Verbundenheit beruhen (vgl zu alledem Bundessozialgericht, Urteil vom 06. Oktober 2011 – B 14 AS 66/11 R, RdNr 18 mwN).

Einen ursprünglich bestehenden Anspruch lassen solche Bemühungen dann nicht entfallen, wenn feststeht, dass dem Dritten im Falle des Obsiegens die zugewandten Leistungen zurückerstattet werden. Hiervon ist das Gericht aufgrund der Bekundungen der Klägerin und ihres Vaters überzeugt (vgl § 128 Abs 1 S 1 SGG und § 128 Abs 1 S 2 SGG). Diese haben übereinstimmend – und erneut ohne dass für das Gericht Widersprüchlichkeiten zu Tage getreten wären – bekundet, dass der Vater der Klägerin seinerseits davon überzeugt gewesen ist, der Klägerin stehe gegenüber dem Beklagten auch ein Leistungsanspruch in Höhe der ihr entstandenen Kosten der Unterkunft und Heizung zu und er nur deshalb anstelle des Beklagten die Mietzinszahlungsverpflichtungen der Klägerin zunächst übernommen habe. Er hat darüber hinaus auch darauf hingewiesen, es könne keine Rede davon sein, dass er die Geldmittel als Geschenk an die Klägerin betrachte. Dass der Vater der Klägerin dabei einräumte, seine Darlehensrückzahlungsansprüche möglicherweise aufgrund der prekären wirtschaftlichen Situation der Klägerin nicht durchsetzen zu können, spricht dabei nach Auffassung des Gerichts für die Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen und für dessen Glaubwürdigkeit und wird auch durch die damit übereinstimmenden Angaben der Klägerin selbst plausibilisiert. Abgesehen davon, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der die Kammer insoweit folgt, weil sie sie für überzeugend hält, unerheblich ist, welche Vereinbarungen zwischen ihr und ihrem Vater für den Fall getroffen worden sind, dass ein Anspruch gegenüber dem Beklagten im Ergebnis eines Widerspruchs- und Klageverfahrens nicht besteht (vgl zu diesem Aspekt Bundessozialgericht, Urteil vom 06. Oktober 2011 – B 14 AS 66/11 R, RdNr 19), sollte die Zuwendung jedenfalls gerade nicht im oben dargestellten Sinne zum endgültigen Verbleib bei der Klägerin und einem wertmäßigen Zuwachs ihres Vermögens führen, sondern sie vielmehr – wie der Vater der Klägerin es ausdrückte – vor Obdachlosigkeit bewahren.

Im Übrigen gilt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich die Kammer anschließt, weil sie sie für überzeugend hält, auch noch Folgendes: Die Berücksichtigung von zur Bestreitung des Lebensunterhalts erhaltenen Darlehen als Einkommen widerspricht – abgesehen von dem in § 11 Abs 1 S 3 SGB II geregelten Sonderfall, wonach als Einkommen auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen, zu berücksichtigen sind – der Aufgabe und dem Ziel der Grundsicherung: Nach § 1 Abs 2 S 1 SGB II soll ua die Eigenverantwortung von Leistungsberechtigten gestärkt werden. Davon ist nach § 20 Abs 1 S 4 SGB II ausdrücklich umfasst, eigenverantwortlich zu entscheiden, wie Grundsicherungsleistungen konkret verwendet werden, was wiederum mit dem Regelungskonzept des SGB II korrespondiert, nach dem einzelne Bedarfe – anders als noch nach dem Bundessozialhilfegesetz – pauschal befriedigt werden. Voraussetzung für eigenverantwortliches Handeln in diesem Sinne ist indessen die Freiheit, Grundsicherungsleistungen auch für Bedarfe einzusetzen, die nicht oder nicht vollständig durch die gewährten Leistungen abgedeckt sind (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 08. Dezember 2020 – B 4 AS 30/20 R, RdNr 21 mwN). Gelingt es einem Leistungsempfänger, Darlehen zur Finanzierung weitergehender Bedarfe zu erhalten, darf dies nicht den Grundsicherungsträger entlasten. Wäre dies der Fall, würde sich die Aufnahme eines Darlehens in der Regel für Leistungsempfänger als wirtschaftlich sinnlos erweisen. Diese setzten sich persönlich einer Rückzahlungspflicht aus, ohne dass ihnen letztlich mehr Mittel zur Verfügung stünden. Dementsprechend können auch Einsparungen, die der Leistungsempfänger bei einzelnen Bedarfen des Lebensunterhalts vornimmt, um Leistungen anderweitig zu verwenden, nicht den Leistungsträger entlasten, weil dies dem Konzept pauschaler Befriedigung von Bedarfen widerspricht (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 08. Dezember 2020 – B 4 AS 30/20 R, RdNr 22).

Weil die Klägerin schließlich auch nicht über einzusetzendes Vermögen gemäß § 12 SGB II verfügte, steht ihr jeweils ein monatlicher Anspruch auf endgültige Gewährung höherer passiver Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach den Bestimmungen des SGB II unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft und Heizung im Umfang der von dem Vater der Klägerin verauslagten Mietzinsbeträge gegen den Beklagten zu, weshalb sich die angegriffenen Höchstbetragsfestsetzungen des Beklagten als rechtswidrig erweisen und die Klägerin in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten beschweren (vgl § 54 Abs 2 S 1 SGG); daher erweisen sich auch die Anfechtungsklagen im Sinne des § 54 Abs 1 S 1 Regelung 2 SGG als begründet.

b) Wenn danach die Anfechtungsklagen begründet sind, erweisen sich auch die mit ihnen kombinierten Verpflichtungsklagen im Sinne des § 54 Abs 1 S 1 Regelung 3 SGG iVm § 56 SGG als begründet, weil der Klägerin – wie aufgezeigt – ein Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SGB II und damit ein Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten zur abschließenden Feststellung entsprechend höherer Leistungen zusteht.

c) Weil die miteinander kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen begründet sind, erweisen sich auch die mit ihnen kombinierten Leistungsklagen im Sinne des § 54 Abs 4 SGG iVm § 56 SGG als begründet, weil der Klägerin aus der durch den Beklagten aufgrund der sozialgerichtlichen Entscheidung zu bewirkenden Festsetzung höherer Leistungsansprüche auch ein Gewährungsanspruch in dem tenorierten Umfang zusteht.

4. a) Die Kostenentscheidung folgt aus § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 193 Abs 1 S 1 SGG. Es entsprach dabei der Billigkeit, dass der Beklagte der Klägerin die ihr entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach in voller Höhe zu erstatten hat, weil die Klägerin vollumfänglich obsiegte.

b) Die Aufwendungen des Beklagten sind schon von Gesetzes wegen nicht erstattungsfähig (vgl § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 193 Abs 4 SGG iVm § 184 Abs 1 SGG).

5. Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben (§ 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 183 S 1 SGG).