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Entscheidung 8 L 674/21


Metadaten

Gericht VG Potsdam 8. Kammer Entscheidungsdatum 27.10.2021
Aktenzeichen 8 L 674/21 ECLI ECLI:DE:VGPOTSD:2021:1027.8L674.21.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen AVBWasserV, § 123 VwGO

Tenor

1. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig untersagt, die Wasserversorgung des Grundstücks des Antragstellers einzustellen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

2. Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks P ... . Der Antragsgegner betreibt in seinem Verbandsgebiet, zu welchem die Gemeinde B ... gehört, die öffentliche Wasserversorgung.

Mit Schreiben vom 14. April 2021 stellte der Antragsgegner dem Antragsteller einen Betrag von 421,29 Euro für die Teilerneuerung des Trinkwasserhausanschlusses P ...  in Rechnung. Unter dem 26. April 2021 teilte der Antragsteller dem Antragsgegner schriftlich mit, dass er diese Rechnung weder dem Grunde noch der Höhe nach anerkenne. Nach weiterem Schriftwechsel und einer Zahlungserinnerung vom 23. Juni 2021 mahnte der Antragsgegner den Antragsteller unter dem 3. August 2021 zur Zahlung der Kosten für die Teilerneuerung des Trinkwasserhausanschlusses zuzüglich 5,00 Euro Mahngebühren. Die Mahnung enthielt den Hinweis: „Sollte die angemahnte Zahlung dennoch unterbleiben, kann zwei Wochen nach Zugang der Mahnung die Versorgung mit Trinkwasser eingestellt werden (§ 33 Abs. 2 AVB WasserV).“

Der Antragsteller hat am 17. August 2021 einstweiligen Rechtsschutz gegen die angedrohte Einstellung der Trinkwasserversorgung beantragt. Er ist der Auffassung, dass es sich bei der Rechnung zur Kostenerstattung vom 14. April 2021 um eine privatrechtliche Angelegenheit handele und der Antragsgegner seine Forderung vor den Zivilgerichten einklagen müsse. Die angedrohte Einstellung der Trinkwasserversorgung sei nicht angemessen. Die regelmäßigen Abschläge würden per Lastschrift beglichen.

Der Antragsgegner beantragt die Ablehnung des Antrags, hilfsweise die Verweisung an das Amtsgericht Brandenburg an der Havel. Der Verwaltungsrechtsweg sei nicht eröffnet, weil der Antragsgegner sich in zulässiger Weise für eine privatrechtliche Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses entschieden habe.

II.

Der sinngemäße Antrag des Antragstellers,

dem Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung vorläufig die Sperrung seines Trinkwasseranschlusses zu untersagen,

hat Erfolg.

1. Den unter Ziffer 2 der Antragsschrift formulierten Antrag auf Feststellung, dass es sich bei der Streitigkeit bezüglich der Rechnung des Antragsgegners vom 14. April 2021 um eine privatrechtliche Angelegenheit handele, legt die Kammer nach §§ 122 Abs. 1, 88 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vor dem Hintergrund, dass die privatrechtliche Natur der Rechnung vom 14. April 2021 vom Antragsgegner weder im gerichtlichen Verfahren noch vorgerichtlich in Frage gestellt wurde, dahingehend aus, dass der insgesamt auf die Fortsetzung der Trinkwasserversorgung des Grundstücks des Antragstellers bzw. auf Untersagung der Einstellung derselben gerichtete Antrag im einstweiligen Rechtsschutz vor allem darauf gestützt wird, dass der Antragsgegner nach Auffassung des Antragstellers nicht berechtigt sei, zur Durchsetzung seiner – privatrechtlichen – Forderung zur Kostenerstattung die Trinkwasserversorgung einzustellen oder dies anzudrohen. Der Antragsteller hat erkennbar kein eigenständiges, von dem Antragsbegehren der Aufrechterhaltung der Trinkwasserversorgung losgelöstes Interesse an der Feststellung der Zuordnung der Kostenerstattungsforderung zum Privatrecht, für welche es ohnehin an einem Rechtsschutzbedürfnis fehlen würde.

2. Der so verstandene Antrag ist zulässig. Insbesondere ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art, für die keine abdrängende Sonderzuweisung besteht.

Der Antragsgegner betreibt in seinem Verbandsgebiet die Trinkwasserversorgungsanlage als öffentliche Einrichtung nach § 1 Abs. 1 der Satzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes (WAZV) „Z ... über die Wasserversorgung und den Anschluss an die öffentlichen Wasserversorgungseinrichtungen vom 28. Januar 2009 in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 23. November 2020 (Wasserversorgungssatzung, im folgenden WVS). Nach § 3 Abs. 1 WVS ist jeder Eigentümer eines im Gebiet des Zweckverbandes liegenden Grundstückes berechtigt, den Anschluss des Grundstücks an die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung und die Belieferung mit Trinkwasser nach Maßgabe der Satzung zu verlangen. Für die Begründung, Ausgestaltung und Beendigung der Benutzungsverhältnisse gelten nach § 9 Abs. 1 WVS die Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) vom 20. Juni 1980 sowie die Ergänzenden Bestimmungen des Antragsgegners zu den Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (im Folgenden ErgBest AVBWasserV) vom 28. Januar 2009 in der Fassung der 7. Änderung von 23. November 2020.

Der Zugang zur öffentlichen Einrichtung der Trinkwasserversorgungsanlage („ob“) ist damit – nach der sogenannten Zweistufenlehre bzw. § 12 Abs. 1 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (KV) i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit im Land Brandenburg (GKG Bbg) ohnehin zwingend – öffentlich-rechtlich ausgestaltet (vgl. VG Cottbus, Beschluss vom 31. Juli 2020 - 6 L 364/20 -, juris Rn. 9; VG Magdeburg, Beschluss vom 27. August 2015 - 9 B 673/15 -, juris Rn. 5; VG Berlin, Beschluss vom 17. September 2010 - 1 L 174.10 -, juris Rn. 17; VG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 4. Dezember 2009 - 5 L 264/09 -, juris Rn. 6; Beschluss vom 10. September 2007 - 5 L 96/07 -, juris Rn. 5). Eine Satzung als Rechtsform ist zwingend dem öffentlichen Recht zuzuordnen (VG Cottbus a.a.O.; VG Stade, Beschluss vom 10. Januar 2013 - 1 B 2772/12 -, juris Rn. 17; VG Leipzig, Beschluss vom 10. November 2011 - 6 L 676/11 -, juris Rn. 15). Da die angedrohte Einstellung der Wasserversorgung einem vollständigen Ausschluss von der Nutzung der öffentlichen Trinkwasserversorgungseinrichtung gleichkommt, ist die Frage des Zugangs zur öffentlichen Einrichtung berührt, so dass es keiner Entscheidung der Kammer zu der Frage bedarf, ob § 9 Abs. 1 WVS, wonach für die Begründung, Ausgestaltung und Beendigung der Benutzungsverhältnisse zwischen dem Antragsgegner und den einzelnen Abnehmern im Übrigen die AVB WasserV und die ergänzenden Bestimmungen des Antragsgegners gelten, zur Annahme eines in der Form des privatrechtlichen Vertrages ausgestalteten Benutzungsverhältnisses führten (vgl. zu dieser Fragestellung VG Cottbus a.a.O.; VG Lüneburg, Beschluss vom 10. Juni 2003 - 3 B 43/03 -, juris Rn. 18 f.). Selbst wenn dies der Fall sein sollte, wäre der Verwaltungsrechtsweg vor dem Hintergrund der Regelung des § 17 Abs. 2 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG), wonach das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten entscheidet, eröffnet, weil jedenfalls der Anspruch auf Trinkwasserversorgung („ob“) als Teil der Daseinsvorsorge öffentlich-rechtlicher Natur ist (VG Cottbus a.a.O.; VG Magdeburg, Beschluss vom 13. November 2014 - 9 B 415/14 -, juris Rn. 4).

Der Antrag ist auch nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO statthaft. In einem
- noch nicht anhängigen - Hauptsacheverfahren wäre der Antragsteller darauf verwiesen, sich gegen die drohende Einstellung der Wasserversorgung als Realakt (vgl. OVG Münster, Urteil vom 5. Februar 1992 - 22 A 1832/90 -, juris Rn. 3; VG Magdeburg, Beschluss vom 13. November 2014 - 9 B 415/14 -, juris Rn. 5; offen gelassen in VGH Mannheim, Beschluss vom 4. November 2014 - 2 S 1926/14 -, juris Rn. 3 f.; dem dort zitierten Beschluss der Kammer vom 25. April 2008 - 8 L 75/08 -, juris Rn. 8, lag ein Fall zugrunde, in dem die Einstellung der Trinkwasserversorgung durch Verwaltungsakt verfügt wurde) mit einer allgemeinen Leistungsklage in Form der Unterlassungsklage zur Wehr zu setzen. Diese Klage wäre gegen den Antragsgegner zu richten und nicht gegen dessen Verbandsvorsteher, da § 8 Abs. 2 des Brandenburgischen Verwaltungsgerichtsgesetzes (VwGG Bbg) nur für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen gilt.

Der Antragsteller bedarf auch des Rechtsschutzes. Die Formulierung in der Mahnung vom 3. August 2021 („Sollte die angemahnte Zahlung dennoch unterbleiben, kann zwei Wochen nach Zugang der Mahnung die Versorgung mit Trinkwasser eingestellt werden (§ 33 Abs. 2 AVB WasserV)“) stellt eine hinreichend konkrete Androhung der Einstellung der Trinkwasserversorgung dar. Die Formulierung lässt für den Antragsteller nicht erkennen, dass und gegebenenfalls welche weitere Verfahrensschritte einer Wassersperrung vorausgehen. Nach der vom Antragsgegner gewählten Formulierung muss der Antragsteller vielmehr davon ausgehen, dass bei Eintritt der Bedingung – keine Zahlung auf die Mahnung – die Trinkwasserversorgung jedenfalls ohne weiteres eingestellt werden kann, wenn auch nicht zwingend eingestellt werden wird.

3. Der Antrag ist auch begründet. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 der Zivilprozessordnung - ZPO).

a. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ihm steht gegen den Antragsgegner ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch zu bezüglich der drohenden rechtswidrigen Beeinträchtigung seines Rechts aus § 3 Abs. 1 WVS, vom Antragsgegner die Belieferung mit Wasser nach Maßgabe der WVS zu verlangen. Der Antragsgegner ist daher auch nicht berechtigt, dem Antragsteller die Einstellung der Versorgung anzudrohen.

Nach der Vorschrift des § 33 Abs. 2 AVBWasserV (i.V.m. § 9 Abs. 1 WVS) ist der Wasserversorger berechtigt, bei anderen als den in § 33 Abs. 1 AVBWasserV genannten Zuwiderhandlungen, insbesondere bei Nichterfüllung einer Zahlungsverpflichtung trotz Mahnung, die Versorgung zwei Wochen nach Androhung einzustellen. Nach § 33 Abs. 2 Satz 2 AVBWasserV gilt dies nicht, wenn der Kunde darlegt, dass die Folgen der Einstellung außer Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung stehen und hinreichende Aussicht besteht, dass der Kunde seinen Verpflichtungen nachkommt. Die Regelung begründet jedoch, wie sich schon aus ihrem Wortlaut ergibt, keine Verpflichtung des Wasserversorgers zur Einstellung der Wasserversorgung, sondern stellt dieses in dessen Ermessen (VG Cottbus, Beschluss vom 31. Juli 2020 - 6 L 364/20 -, juris Rn. 15 f.; VG Magdeburg, Beschluss vom 13. November 2014 - 9 B 415/14 -, juris Rn. 9). Die Nichtzahlung bereits entstandener und fälliger Forderungen des Versorgers oder die drohende Nichtzahlung seiner zukünftigen Forderungen können eine Versorgungseinstellung nur rechtfertigen, wenn es um Forderungen gerade aus dem Wasserversorgungsverhältnis und nicht um „artfremde“ Forderungen z.B. aus der Abwasserentsorgung geht. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller vor einer rechtmäßigen Versorgungseinstellung mitzuteilen, dass jedenfalls die Zahlung - allein - der trinkwasserbezogenen Forderungen ausreicht, um die Versorgungseinstellung abzuwenden. Zuvor hat der Antragsgegner darüber zu entscheiden, ob die offenen trinkwasserbezogenen Forderungen überhaupt ausreichen, um eine Versorgungseinstellung als verhältnismäßig erscheinen zu lassen. Wegen der überragenden Bedeutung der Wasserversorgung lässt § 33 AVBWasserV deren Unterbrechung nur zu, soweit eine Fortsetzung der Versorgung für den Wasserversorger unter Berücksichtigung seiner berechtigten Interessen unzumutbar wäre. Hierbei hat der Wasserversorger die Folgen der Versorgungseinstellung für den Anschlussnehmer, die Schwere der Zuwiderhandlung gegen seine Pflichten aus dem Versorgungsverhältnis und die Aussicht auf künftige Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten zu berücksichtigen und abzuwägen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. November 2011 - OVG 9 S 40.11 -, juris Rn. 6; Beschluss vom 21. April 2010 - OVG 9 S 121.09 -, juris Rn. 4; vgl. auch VG Cottbus, Beschluss vom 31. Juli 2020 - 6 L 364/20 -, juris Rn. 17; zur vergleichbaren Vorschrift der AVBFernwärmeV BGH, Urteil vom 26. April 1989 - VIII ZR 12/88 -, juris Rn. 13, 18).

Auf der Grundlage dieser Maßstäbe stellt sich die vom Antragsgegner angedrohte Einstellung der Trinkwasserversorgung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls als unverhältnismäßig dar. Zwar dürfte die zwischen den Beteiligten streitige Forderung des Antragsgegners auf Erstattung der Kosten für die Teilerneuerung des Trinkwasserhausanschlusses im Zusammenhang mit der Trinkwasserversorgung stehen und daher nicht als „artfremd“ anzusehen sein.

aa. Dem Antragsgegner steht jedoch die Möglichkeit offen, die offene Forderung aus der Rechnung zur Kostenerstattung vom 14. April 2021 gerichtlich vor dem zuständigen Amtsgericht geltend zu machen. Das gerichtliche Mahnverfahren (§§ 688 ff. ZPO) bzw. ein Klageverfahren vor dem Amtsgericht beeinträchtigen den Antragsteller offensichtlich weniger stark als die Einstellung der Trinkwasserversorgung für sein Wohngrundstück und stellen daher mildere Mittel dar. Hier ist eine solche Einleitung eines zivilrechtlichen Zwangsvollstreckungsverfahrens nach der Stellungnahme des Antragsgegners wohl geplant, aber noch nicht erfolgt. Dass dieses Mittel von vornherein weniger geeignet oder erfolgversprechend wäre, die streitige Forderung durchzusetzen, wurde vom Antragsgegner weder vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich. Dafür spricht hier auch maßgeblich, dass der Antragsgegner in Ziff. 8.6 ErgBest AVBWasserV satzungsrechtlich selbst vorgesehen hat, nach erfolgloser schriftlicher Mahnung den Weg des gerichtlichen Mahnverfahrens zu beschreiten. Nr. 8.6 Sätze 1 bis 4 ErgBest AVBWasserV lauten:

„Bei Zahlungsverzug werden fällige Rechnungen und Abschläge schriftlich angemahnt. Hierfür berechnet der Zweckverband pro Mahnung einen Betrag von 5 Euro. Werden die Forderungen nach erfolgter Mahnung nicht bezahlt, wird beim zuständigen Amtsgericht ein Mahnbescheid, später ein Vollstreckungsbescheid beantragt. Der Vollstreckungsbescheid wird dann vom Gerichtsvollzieher vollzogen. Weitere Schritte wie bspw. die Sperrung des Wasseranschlusses behält sich der Zweckverband vor.“

bb. Hinsichtlich der Schwere der Zuwiderhandlung gegen die aus dem Versorgungsverhältnis folgenden Pflichten des Antragstellers ist zu berücksichtigen, dass dieser nach eigenen Angaben – welchen der Antragsgegner nicht entgegengetreten ist – die regelmäßigen Abschläge für den Trinkwasserbezug per Lastschrift begleicht und sich lediglich isoliert gegen die Forderung der Kostenerstattung für die Teilerneuerung des Trinkwasserhausanschlusses wendet, welche er weder dem Grunde noch der Höhe nach anerkennt. Zwar hat der Antragsgegner dem Antragsteller die aus seiner Sicht maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen dieser Forderungen in den Schreiben vom 10. Mai 2021 und vom 1. Juni 2021 erläutert und ihm jeweils ein persönliches Gespräch angeboten. Gleichwohl rechtfertigt unter diesen Umständen die Nichtzahlung des Antragstellers auf eine von ihm bestrittene Forderung, die im Übrigen zwar ihren Ursprung im Trinkwasserversorgungsverhältnis mit dem Antragsgegner hat, aber nicht aus der Belieferung mit Trinkwasser selbst herrührt, nicht die Durchsetzung dieser Forderung im Wege der Androhung der Einstellung der Trinkwasserversorgung, ohne zuvor den den Antragsteller weniger belastenden Weg der zivilrechtlichen Zwangsvollstreckung (wie satzungsrechtlich vorgesehen) zu beschreiten. Denn die Liefersperre ist kein außerordentliches Mittel der Zwangsvollstreckung (vgl. VG Magdeburg, Urteil vom 22. Juni 2012 - 9 A 166/11 -, juris Rn. 19; VG Dresden, Urteil vom 17. April 2012 - 2 K 816/10 -, juris Rn. 27; VG Meiningen, Urteil vom 21. Februar 2006 - 2 K 110/03.Me -, juris Rn. 28; VG Lüneburg, Beschluss vom 10. Juni 2003 - 3 B 43/03 -, juris Rn. 29).

cc. Unabhängig davon wäre die dem Antragsteller angedrohte Einstellung der Trinkwasserversorgung unzumutbar bzw. unangemessen. Es liegt auf der Hand, dass die Einstellung der leitungsgebundenen Trinkwasserversorgung bei einem zu Wohnzwecken genutzten Grundstück dessen Nutzung erheblich erschwert, wenn nicht vollständig unmöglich macht. Eine alternative Möglichkeit der Versorgung mit Trinkwasser steht für den Antragsteller – gegebenenfalls abgesehen von dem Wasserbedarf für die Zubereitung von Getränken und Speisen – ersichtlich nicht zur Verfügung, so dass die in einem zu Wohnzwecken genutzten Haushalt üblichen sanitären Anlagen nicht weiter betrieben werden können und das Grundstück in der Folge allenfalls unter Inkaufnahme gravierender Beschränkungen weiter bewohnt werden kann. Diese Folgen stehen offensichtlich außer Verhältnis zu dem damit verfolgten Zweck, den Antragsteller zur Begleichung einer Forderung i.H.v. 426,29 Euro anzuhalten, insbesondere wenn die Bezahlung des laufenden Trinkwasserbezugs gesichert ist. Selbst im Falle einer Forderung, welche die Einstellung der Trinkwasserversorgung zu rechtfertigen vermag, darf die Versorgung je nach den Umständen des Einzelfalls gegebenenfalls nur eingestellt werden, wenn der Versorger eine Notversorgung sicherstellt (VG Dresden, Urteil vom 17. April 2012 - 2 K 816/10 -, juris Rn. 26 m.w.N.).

Dem Recht des Antragstellers auf Wasserversorgung durch den Antragsgegner droht durch die in der Mahnung des Antragsgegners vom 3. August 2021 in Aussicht gestellte Sperrung des Trinkwasseranschlusses auch eine konkrete Beeinträchtigung (zu diesem Erfordernis im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs vgl. OVG Bautzen, Beschluss vom 7. August 2013 - 4 B 383/12 -, juris Rn. 6; OVG Münster, Beschluss vom 2. Dezember 2008 - 13 E 1108/08 -, juris Rn. 3).

b. Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, der im Falle einer Sicherungsanordnung vorliegt, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies wäre vorliegend der Fall, weil es für den Antragsteller nicht zumutbar ist, bis zur Durchsetzung seines Rechts auf Trinkwasserversorgung durch den Antragsgegner eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten und während der gegebenenfalls mehrjährigen Verfahrensdauer seinen Wasserbedarf nicht mit Leitungswasser decken zu können (vgl. VG Cottbus, Beschluss vom 31. Juli 2020 - 6 L 364/20 -, juris, Rn. 12; Beschluss vom 16. September 2016 - VG 4 L 453/16 -, juris Rn. 12; VG Magdeburg, Beschluss vom 13. November 2014 - 9 B 415/14 -, juris Rn. 7).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

5. Die Streitwertfestsetzung entspricht der Bedeutung der Sache für den Antragsteller, § 52 Abs. 1, Abs. 2 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Die Kammer legt in Anlehnung an Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit die Hälfte des gesetzlichen Auffangwerts zugrunde.