Gericht | VG Frankfurt (Oder) 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 15.12.2021 | |
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Aktenzeichen | VG 3 K 1357/17 | ECLI | ECLI:DE:VGFRANK:2021:1215.3K1357.17.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 8 KAG BB |
Der Beitragsbescheid des Beklagten vom 3. September 2015 und der
hierzu ergangene Widerspruchsbescheid vom 28. März 2017 werden aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe der beizutreibenden Forderung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin ist Eigentümerin eines mehr als 37.000 m2 umfassenden Grundstücks (eingetragen im Grundbuch von als Flurstücke ), auf dem sich Wald befindet, in dem die Klägerin seit dem Jahr 2009 eine Sommerrodelbahn betreibt. Im Norden des Grundstücks befinden sich zwei kleinere Gebäude. Das Grundstück liegt in der von dem Beklagten vertretenen Gemeinde und grenzt unmittelbar an die Straße.
Die Straße ist Teil eines Straßenzuges, der im Süden an der in beginnt, zunächst unter dem Namen durch diesen Ortsteil verläuft und sich sodann unter dem Namen außerhalb der geschlossenen Ortslage in etwa parallel zur Richtung Norden bis zum Grundstück der Klägerin fortsetzt. Etwa 200 m nördlich der Einfahrt zum Grundstück der Klägerin befindet sich eine Kreuzung, in der die von Süden, die Straße von Osten und Westen und die von Norden her aufeinandertreffen. Die stellt sich dabei als geradlinige Fortsetzung der nach Norden dar und führt weiter nach F ... . Auch eine von der Gemeinde aufgestellte „Netzknotenkarte“ der öffentlichen Straßen ließ erkennen, dass die eine Verkehrsverbindung von P ... nach F ... darstellte (Beiakte 2 zu VG 3 K 1378/17, hinter Einleger 2.). In westlicher Richtung führt die Straße auf ein großes ehemaliges Kasernengelände mit umfangreicher Bebauung. Biegt man an dieser Kreuzung hingegen von der nach Osten in die Straße ein (diese Teilstrecke wird im Weiteren als Straße bezeichnet), passiert man ein Grundstück, das von einer großen Spedition genutzt wird und erreicht nach knapp 600 m die
Die nördliche Grenze des Flurstücks, auf dem die öffentliche Straße zwischen dieser Kreuzung und verläuft, stellt zugleich die Grenze der vom Beklagten vertretenen Gemeinde dar; die nördlich an die Straße angrenzenden Grundstücke, auf denen sich zu einem großen Teil Wald befindet, die aber auch zu einem nicht unerheblichen Teil baulich und/oder gewerblich genutzt werden, liegen bereits vollständig auf dem Gebiet der Stadt F ... . Über den Straßenzug kann ein etwa 2 km langes Teilstück der umfahren werden.
In der vom Beklagten vertretenen Gemeinde galt bereits seit dem Jahr 2005 eine Satzung über die Erhebung von Beiträgen für straßenbauliche Maßnahmen (Straßenbaubeitragssatzung). In dieser Satzung war bis ins Jahr 2014 vorgesehen, dass der Gemeindeanteil bei Anliegerstraßen 50 % betragen solle.
Da eine solche Anteilsregelung in verschiedenen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte im Land Brandenburg als ungeeignet für die Abrechnung von Anliegerstraßen angesehen wurde, beschloss die Gemeindevertretung der vom Beklagten vertretenen Gemeinde am 14. April 2014 eine neue „Satzung über die Erhebung von Beiträgen für straßenbauliche Maßnahmen der Gemeinde (einschließlich ihrer Ortsteile und ) – Straßenbaubeitragssatzung –“ (nachfolgend als SBS 2014 bezeichnet). Nach § 1 dieser Satzung erhebt die Gemeinde zum teilweisen Ersatz des Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Erneuerung und Verbesserung von Einrichtungen und Anlagen im Bereich der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze (Verkehrsanlagen) oder Teilen davon von den gemäß § 8 dieser Satzung Beitragspflichtigen Beiträge nach Maßgabe dieser Satzung. Gemäß § 3 Abs. 2 SBS 2014 legte die Gemeinde ihren Anteil am beitragsfähigen Aufwand für die Teileinrichtungen von vier unterschiedlichen Straßenkategorien unterschiedlich fest.
Gemäß § 3 Abs. 4 SBS 2014 gelten für die vier Straßenkategorien die folgenden Definitionen:
„1. Anliegerstraßen:
Straßen, Wege und Plätze, die überwiegend der Erschließung der angrenzenden oder der durch eine Zuwegung mit ihnen verbundenen Grundstücke dienen; dazu gehören auch die Wohnwege
2. Haupterschließungsstraßen:
Straßen, die der Erschließung von Grundstücken und gleichzeitig dem Verkehr innerhalb von Baugebieten oder innerhalb von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen dienen, soweit sie nicht Hauptverkehrsstraßen nach Nr. 3 sind
3. Hauptverkehrsstraßen:
Straßen, die dem durchgehenden innerörtlichen Verkehr oder dem überörtlichen Durchgangsverkehr dienen, insbesondere Bundes-, Landes- und Kreisstraßen mit Ausnahme der Strecken, die außerhalb von Baugebieten und von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen liegen
4. Öffentliche Feld- und Waldwege (Wirtschaftswege):
Wege in der Baulast der Gemeinde, die vornehmlich die Zufahrt zu land- oder forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken im Außenbereich ermöglichen oder erleichtern, aber in der Regel auch von Dritten in Anspruch genommen werden.“
Die SBS 2014 wurde im Amtsblatt des vom Beklagten vertretenen Amtes vom 28. April 2014 bekannt gemacht und sollte nach ihrem § 14 rückwirkend zum 1. Oktober 2013 in Kraft treten.
Bereits im Jahr 2010 plante der Beklagte den Ausbau des gesamten Straßenzuges als verkehrswichtige Umleitungsstrecke für die, wobei er diesen Straßenzug in drei Teilstrecken gliederte und zwar in:
- die in der Ortslage P ..., in der neben der Erneuerung der zuvor mit Natursteinpflaster versehenen Fahrbahn auch die Erneuerung eines Gehweges entlang der insgesamt 5,55 m (4,75 m Asphalt und 80 cm überfahrbares Pflaster) breiten Fahrbahn und die Errichtung eines Regenwasserkanals beabsichtigt war,
- die, in der das verantwortliche Ingenieurbüro eine Erneuerung und Erweiterung der 4 m breiten, schon zuvor asphaltierten, zwischenzeitlich aber schadhaft gewordenen Fahrbahn auf eine Breite von 4,75 m sowie den grundhaften Ausbau der Seitenstreifen plante und
- die Straße, in der die ebenfalls bereits vorhandene, aber schadhafte Asphaltfahrbahn in einer Breite von 6 m neu asphaltiert werden sollte.
Vorgesehen war, die Kreuzung so auszubauen, dass der Verkehr von der leicht in die Straße abbiegen kann. Zu diesem Zweck sollte die „Einmündung“ der Straße von Osten her sehr breit (30 m) ausgebaut werden, sodass der Verkehr von der zur Straße in einer möglichst sanften Kurve fließen konnte. Dementsprechend war auch geplant, die Fahrbahnmarkierung so aufzubringen, dass der regelmäßige Verlauf des Verkehrs entlang der Kurve von der auf die Straße in der Örtlichkeit erkennbar wird. Der Straßenzug sollte als abbiegende Hauptstraße ausgewiesen werden.
In der Begründung der Ausführungsplanung führte das verantwortliche Ingenieurbüro aus:
„Die und Straße sind im sehr schlechten straßenbaulichen Zustand und nur mit erheblichen Einschränkungen zu nutzen. Die Funktion einer Straße hinsichtlich der Sichtverhältnisse, Niederschlagswasserabfluss, gefahrloses Überholen, Griffigkeit der Straße, Nutzung in der Winterzeit usw. sind nicht mehr gegeben, daher kann die Straße nur noch mit stark verminderter Geschwindigkeit genutzt werden.
…
Die Havariestraße für Umleitungen von und zum Klinikum bzw. für sonstige verkehrsbedingte Maßnahmen ist mit den o. g. Unzulänglichkeiten ebenfalls als nur eingeschränkt nutzbar anzusehen.
…
Die zu beplanenden Straßen sind ortsverbindende Straßen, Erschließungsstraßen für die Ortslage, wichtige (und einzige) Havariestraßen zum Anliegerstraßen für verschiedene Gewerbebetriebe (Logistik) bzw. im Bereich Straße zum Bunker und dem hier angesiedelten Gewerbe sowie Freizeiteinrichtungen.“
Die Gemeindevertretung beschloss am 1. März 2010, die für den Ausbau der Straßen erforderlichen finanziellen Mittel in den Haushaltsplan der Gemeinde aufzunehmen.
Beginnend im August 2012 wurden die Straßenbaumaßnahmen wie geplant durchgeführt. Eine Bauabnahme der Straßenbauleistungen erfolgte am 30. Oktober 2013. Am 30. April 2014 erfolgt eine weitere Abnahme von „Restleistungen und Mängeln der Abnahme vom 30. Oktober 2013“ und am 5. Oktober 2016 gab es schließlich eine Abnahme bezogen auf den „Titel 7 Baumpflanzung und Entwicklungspflege“.
Für die Baumaßnahmen entstanden Gesamtkosten in Höhe von mehr als 1,7 Millionen Euro, auf die Fördermittel in Höhe von mehr als 780.000 € gezahlt wurden. Einen anderen Teil der Kosten, die der zugutekamen, trug der Landesbetrieb Straßenwesen.
Die Gemeinde legte den beitragsfähigen Aufwand nach Abzug des für Haupterschließungsstraßen in der SBS 2014 vorgesehenen Gemeindeanteils i. H. v. 70 % für die Fahrbahn und 50 % für den Gehweg auf alle entlang der und der gelegenen Grundstücke um. Im Bereich der Straße bezog er nur die südlich dieser Straße gelegenen Grundstücke in die Verteilung ein. Die auf dem Gebiet der Stadt F ... gelegenen Grundstücke nördlich der Straße blieben unberücksichtigt.
Mit einem „Bescheid über die Erhebung eines Straßenbaubeitrages für den Ausbau der und in der Gemeinde vom 3. September 2015 zog der Beklagte die Klägerin als Eigentümerin der Flurstücke zu einem Straßenbaubeitrag i. H. v. 86.447,95 € heran. Er stützte diese Veranlagung auf die SBS 2014 und legte den von ihm errechneten Anliegeranteil am beitragsfähigen Aufwand in Höhe von 478.236,95 € auf eine Verteilungsfläche von 140.561,34 m² um, die er ohne die Einbeziehung der gemeindegebietsfremden Grundstücke nördlich der Straße ermittelte. Aus der Division „Aufwand geteilt durch Fläche“ errechnete sich ein Beitragssatz von 3,40234 €/m2. Diesen Beitragssatz multiplizierte er mit der von ihm errechneten Abrechnungsfläche des Grundstücks der Klägerin in Höhe von 25.408,38 m2, wobei er die Flächen der Flurstücke von insgesamt 12.568 m² mit dem Faktor für Wald (0,0167) multiplizierte und den größten Teil der Fläche des Flurstücks (24.858 m²) mit dem Faktor 1,00 für eine gewerbliche Nutzung ohne Bebauung. Lediglich die mit Gebäuden bebaute Teilfläche des Flurstücks mit einem Umfang von 227 m² veranlagte er mit dem Faktor 1,5 für eine eingeschossige bauliche und gewerbliche Nutzung.
Gegen den Beitragsbescheid legte die Klägerin unter dem 10. September 2015 Widerspruch ein. Zur Begründung erklärte sie u.a., es handele sich bei ihren Grundstücken um eine Sportanlage im Sinne von § 4 Abs. 3 Nr. 2 SBS 2014, weshalb die Flächen mit dem niedrigeren Faktor von 0,5 zu veranlagen seien. Außerdem sei auch der größte Teil der Fläche des Flurstücks als Wald zu veranlagen. Denn ausweislich der erteilten Genehmigung zur Umwandlung von Wald auf diesem Flurstück, seien lediglich Teilflächen von 2.183 m² von Wald in eine andere Nutzungsart umgewandelt worden. Hierbei handele es sich um die Fläche der Rodelbahn, des Bahnhofsgebäudes und der Pkw-Stellplätze. Die restliche Fläche sei hingegen Wald geblieben und als solcher zu veranlagen. Daraus ergebe sich eine Beitragshöhe von 7.814,66 €. Sie rügt ferner, dass der Beklagte verschiedene Grundstücke zu Unrecht als Waldgrundstücke veranlagt habe, obwohl diese landwirtschaftlich genutzt würden und dass er auch erschlossene Grundstücke an den unselbstständigen Stichstraßen unberücksichtigt gelassen habe. Ferner rügt sie die Anlagenbestimmung. Sie ist der Meinung, dass es sich bei den ausgebauten Straßen um drei selbstständige Anlagen handele. Außerdem werde verschiedentlich die Auffassung vertreten, dass Ortsverbindungsstraßen wie die überhaupt keine Beitragspflicht auslösen könnten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. März 2017 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
Die Klägerin hat am 7. April 2017 Klage erhoben und zur Begründung auf ihren Vortrag im Widerspruchsverfahren verwiesen
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 3. September 2015 und den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 28. März 2017 aufzuheben.
Der Beklagte verteidigt die angefochtenen Bescheide und beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 10. Dezember 2021 auf den
Berichterstatter zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die – soweit wesentlich – Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung des Einzelrichters waren.
A. Die Klage ist zulässig und begründet.
Der angegriffene Beitragsbescheid und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
Mit diesen Bescheiden hat der Beklagte die Klägerin zur Zahlung eines
Straßenbaubeitrags für die Erneuerung und Verbesserung des in Höhe von 86.447,95 € verpflichtet. Diese Beitragsfestsetzung erweist sich als rechtswidrig, denn der Beklagte hat die abzurechnende Anlage unzutreffend bestimmt und für die Abrechnung der zutreffend bestimmten Anlage fehlt die gemäß § 2 Absatz 1 S. 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) erforderliche Rechtsgrundlage in Gestalt einer wirksamen Satzung, da die SBS 2014 keine (zum Mindestinhalt gehörende) Regelung des Gemeindeanteils für die Straßenart enthält, der die Anlage zuzuordnen ist (I.). Hinzu kommt, dass die Straßenbaubeitragssatzung, auf die der Beklagte die vorliegende Veranlagung stützt, auch deshalb nicht Grundlage für eine Beitragserhebung sein kann, weil durch die abgerechnete Ausbaumaßnahme auch gemeindegebietsfremde Grundstücke bevorteilt werden und die Satzung eine Beitragserhebung gegenüber den Eigentümern der Grundstücke auf dem Gebiet der Nachbargemeinde nicht vorsieht (II.).
I. Die Entscheidung des Beklagten, die gesamte Umleitungsstrecke zwischen den beiden Einmündungen in die als eine Anlage abzurechnen, ist rechtswidrig.
1. Zwar ist der Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass die Straßenbaubeitragssatzung, die sich Geltung für den Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht (Bauabnahme) beilegt, den weiten Anlagenbegriff vorgibt, weshalb im Ausgangspunkt das – auf den gesamten Straßenzug bezogene – Bauprogramm bestimmt, was als Anlage in den Blick zu nehmen ist. Es erscheint angesichts der konkreten Gestaltung der Kreuzung ebenfalls nicht ausgeschlossen, auch bei natürlicher Betrachtungsweise davon auszugehen, dass der Straßenzug eine – nicht durch örtlich erkennbare Zäsuren unterbrochene – einheitliche Anlage darstellt.
2. Der Beklagte hat allerdings übersehen, dass auch eine nach dem Bauprogramm und/oder bei natürlicher Betrachtungsweise einheitliche Anlage gleichwohl aus Rechtsgründen in zwei Anlagen zerfällt, wenn erhebliche Teilstrecken dieser Anlage unterschiedlichen Straßenkategorien (oder Straßenarten) zuzuordnen sind, die die maßgebliche Beitragssatzung vorgibt. Denn verschiedene Straßentypen mit unterschiedlichen Gemeinde-/Anliegeranteilssätzen können sachgerecht nur gesondert als selbstständige öffentliche Einrichtungen abgerechnet werden (OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. Dezember 2008 – 9 LA 99/06 –, juris Rn. 4). Dies gilt erst recht, wenn für eine Teilstrecke einer Anlage ein Anteilssatz bestimmt ist, für eine andere Teilstrecke aber nicht.
3. So liegt es im vorliegenden Fall.
Die SBS 2014 enthält nur für die Teilstrecken der und der, die innerhalb der geschlossenen Ortslage des Ortsteiles P ... verlaufen, eine wirksame Festlegung der Anteile am veranschlagten Beitragsaufkommen. Nur insoweit weist sie den nach § 2 Abs. 1 S. 2 und 3 KAG (in der im Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht maßgeblichen alten Fassung) erforderlichen Mindestinhalt auf, zu dem entweder der Satz der Abgabe oder – in Satzungen über die Erhebung von Straßenbaubeiträgen – der Gemeindeanteil am veranschlagten Beitragsaufkommen nach § 8 Abs. 4 S. 7 KAG gehört.
Bezogen auf die Teilstrecke des Straßenzuges außerhalb der geschlossenen Ortslage des Ortsteils P ... enthält die SBS 2014 hingegen weder die Angabe eines Beitragssatzes noch eine Angabe des Gemeindeanteils am veranschlagten Beitragsaufkommen. Bei dieser Teilstrecke handelt es sich nämlich um eine „Gemeindeverbindungsstraße“ und für diese Straßenart fehlt eine Anteilsregelung in der Satzung.
a. Dass dem Satzungsgeber der SBS 2014 die Straßenart „Gemeindeverbindungsstraße“ bekannt war, zeigt die Regelung in § 1 Abs. 2 der Satzung, wonach zu den Verkehrsanlagen, für deren Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Erneuerung und Verbesserung Beiträge nach § 1 Absatz 1 SBS 2014 erhoben werden sollen, ausdrücklich auch die „außerhalb der geschlossenen Ortslage (Außenbereich) verlaufenden Gemeindeverbindungsstraßen (§ 3 Abs. 4 Nr. 1 des Brandenburgischen Straßengesetzes)“ zählen sollen.
Die straßenrechtliche Definition, auf die der Satzungsgeber mit dieser Vorschrift selbst verweist, lautet: „Gemeindeverbindungsstraßen… sind Straßen außerhalb der geschlossenen Ortslage und außerhalb eines im Bebauungsplan festgesetzten Baugebietes, die überwiegend dem Verkehr zwischen benachbarten Gemeinden oder Gemeindeteilen dienen oder zu dienen bestimmt sind, ferner die dem im Gemeindegebiet befindlichen Anschluss an das überörtliche Straßennetz dienenden Straßen.“
Die Teilstrecke der vorliegend abgerechneten Anlage zwischen dem nördlichen Ortsausgang des Ortsteils P ... und der Einmündung der Straße in die stellt eine solche Straße dar. Denn sie verläuft außerhalb der geschlossenen Ortslage und außerhalb eines im Bebauungsplan festgesetzten Baugebietes und ist dazu bestimmt, dem Verkehr zwischen Gemeindeteilen zu dienen sowie dem im Gemeindegebiet befindlichen Anschluss an das überörtliche Straßennetz (hier an die ).
b. Während für die ebenfalls in § 1 Abs. 2 SBS 2014 angesprochenen Wirtschaftswege eine Festlegung der Anteile am veranschlagten Beitragsaufkommen in § 3 Abs. 2 Nr. 4 SBS 2014 ebenso enthalten ist, wie sich eine Definition dieser Straßenart in § 3 Abs. 4 Nr. 4 SBS 2014 findet, fehlt beides für die Straßenart „Gemeindeverbindungsstraße“. Diese Straßenart und damit auch die außerhalb der geschlossenen Ortslage verlaufenden Teilstrecken der und der Straße können auch nicht unter die anderen in der Satzung geregelten Straßenarten subsumiert werden.
aa. Eine Einordnung als Wirtschaftsweg scheitert schon an dem Ausbauzustand der fraglichen Teilstrecke, die nach Ausstattung und Breite eindeutig keinen (regelmäßig nur einspurig befahrbaren) Weg darstellt, sondern eine Straße (vgl. zum Ausbauzustand als Unterscheidungsmerkmal zwischen Verbindungsstraße und Wirtschaftsweg: VG Lüneburg, Urteil vom 10. März 2004 – 3 A 158/03 –, juris Rn. 36).
bb. Die Einordnung als Hauptverkehrsstraße im Sinne der Definition gemäß § 3 Abs. 4 Nr. 3 SBS 2014 scheidet aus, da die fragliche Teilstrecke außerhalb von Baugebieten und von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen verläuft und solche Strecken nach der satzungsgemäßen Definition gerade keine Hauptverkehrsstraßen sein sollen.
cc. Aus dem gleichen Grund kommt auch eine Einordnung als Haupterschließungsstraße nicht in Betracht. Denn dies würde voraussetzen, dass die fragliche Strecke dem Verkehr innerhalb von Baugebieten oder innerhalb von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen dient, was bezogen auf die im Außenbereich verlaufende Teilstrecke nicht der Fall ist.
dd. Schließlich kann auch nicht festgestellt werden, dass es sich bei der fraglichen Teilstrecke um eine Anliegerstraße handeln würde, die gemäß § 3 Abs. 4 Nr. 1 SBS 2014 dadurch gekennzeichnet ist, dass sie überwiegend der Erschließung der angrenzenden oder der durch eine Zuwegung mit ihr verbundenen Grundstücke dient.
Denn abgesehen davon, dass Anliegerstraßen typischerweise innerorts verlaufen, kommt der ausgebauten Anlage jedenfalls neben ihrer Funktion für die Erschließung der anliegenden Außenbereichsgrundstücke auch eine erhebliche Verbindungsfunktion zu. Sie verbindet nämlich den Ortsteil P ... zum einen mit der und dient damit dem Anschluss an das überörtliche Straßennetz. Zum anderen stellt sie aber zugleich auch – über die als geradlinige nördliche Fortsetzung der – eine direkte Verbindung mit dem Stadtgebiet von F ... dar (vgl. auch die grafische Darstellung des Straßennetzes der Gemeinde P ... vom 11. Dezember 2000, die mit einem Pfeil die Richtung des Verkehrs auf der Richtung F ... zum Ausdruck bringt, Beiakte 2 hinter dem Einleger 2.). Folgerichtig hat auch der Beklagte die Straße nicht als Anliegerstraße eingeordnet.
ee. Eine einfache Übernahme der für Innerortsstraßen vorgesehenen Anteilssätze scheitert im Übrigen aber auch daran, dass der Gemeindeanteil für eine Außenbereichsstraße höher sein muss (vgl. OVG Weimar, Beschluss vom 5. März 2014 – 4 EO 779 /09 –, zitiert nach Driehaus, § 8 KAG Rn. 369b), da es im (nur gering bebauten) Außenbereich typischerweise weniger Anliegerverkehr geben wird.
c. Im Ergebnis fehlt für – definitionsgemäß außerorts verlaufende – Gemeindeverbindungsstraßen die erforderliche Regelung über den Teil des beitragsfähigen Aufwands, der dem der Allgemeinheit durch den Straßenausbau vermittelten besonderen Vorteil entspricht und daher bei der Ermittlung des von den Grundstückseigentümern geschuldeten Beitrags außer Ansatz zu bleiben hat. § 3 Abs. 4 der Satzung bestimmt den „Anteil der Beitragspflichtigen am Aufwand“ nur für (drei Arten von) Innerortsstraßen sowie für Wirtschaftswege.
Fehlt danach in der SBS 2014 bezogen auf Gemeindeverbindungsstraßen die durch § 2 Abs. 1 S. 2 und 3 KAG a.F. geforderte Satzungsregelung über die Höhe des Anliegeranteils / Gemeindeanteils, können im zeitlichen Geltungsbereich der Straßenbaubeitragssatzung vom 14. April 2014 Straßenbaubeiträge für den Ausbau von Außenbereichsstraßen im Gebiet der vom Beklagten vertretenen Gemeinde nicht erhoben werden (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. Dezember 2008 – 9 LA 99/06 –, juris Rn. 9).
4. Wegen der danach festzustellenden unterschiedlichen Anteilsregelungen für die beiden Teilstrecken zerfällt die ausgebaute Anlage vorliegend aus Rechtsgründen in zwei verschiedene Anlagen, von denen auf der Grundlage der SBS 2014 nur für die eine, nämlich die innerorts durch P ... verlaufende Teilstrecke, Beiträge für deren Erneuerung/ Verbesserung erhoben werden dürfen. Diese – danach selbstständig zu betrachtende – Teilstrecke kann vom Grundstück der Klägerin aus nicht in Anspruch genommen werden. Insoweit fehlt der beitragsauslösende Vorteil. Auch die Erhebung von Beiträgen für die Erneuerung / Verbesserung der anderen Anlage, nämlich der außerorts verlaufenden Teilstrecke, an der auch das Grundstück der Klägerin liegt, scheidet wegen Fehlens der erforderlichen wirksamen Satzungsgrundlage vollständig aus.
II. Die SBS 2014 kann die angefochtene Beitragserhebung aber auch deshalb nicht rechtfertigen, weil durch die abgerechnete Ausbaumaßnahme auch gemeindegebietsfremde Grundstücke bevorteilt werden und die Satzung eine Beitragserhebung gegenüber den Eigentümern der Grundstücke auf dem Gebiet der Nachbargemeinde nicht vorsieht (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Juni 2010 – BVerwG 9 C 3.09 –, BVerwGE 137, 95, juris Rn. 17 ff. und OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. Juni 2015 – OVG 9 N 115.12 –, juris Rn. 5).
1. Der von der Gemeinde als einheitliche Anlage abgerechnete Straßenzug erschließt auch die nördlich der Straße gelegenen Grundstücke. Diese Grundstücke liegen vollständig auf dem Gebiet der Nachbargemeinde, der Stadt F ... . Diese gemeindegebietsfremden Grundstücke werden durch die abgerechneten Baumaßnahmen in gleicher Weise bevorteilt, wie die südlich der Straße gelegenen Grundstücke. Sie müssen deshalb aus Gründen der Abgabengleichheit und der Vorteilsgerechtigkeit, von denen das Straßenbaubeitragsrecht (ebenso wie das Erschließungsbeitragsrecht) beherrscht wird (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. Juni 2015 – OVG 9 N 115.12 –, juris Rn. 5) in gleicher Weise veranlagt werden.
2. Eine Beitragserhebung für solche gemeindegebietsfremden Grundstücke sieht die Satzung aber nicht vor. Denn ihr Geltungsbereich erstreckt sich nicht auf das Gebiet der Nachbargemeinde. Eine Erstreckung des Geltungsbereichs der Satzung ist rechtlich nur möglich durch den Abschluss einer Vereinbarung zwischen den beiden Gemeinden, der sich die die Nachbargemeinde nicht verweigern könnte. Die vom Beklagten vertretene Gemeinde hat eine solche Vereinbarung jedoch nicht geschlossen und die gemeindegebietsfremden Grundstücke nicht in die Beitragskalkulation einbezogen.
3. Die Gemeinde durfte von einer Erstreckung des Geltungsbereichs der Satzung auf die gemeindegebietsfremden Grundstücke auch nicht ausnahmsweise aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität absehen, weil der Beitragsausfall im konkreten Fall wegen der Lage und Beschaffenheit der gemeindegebietsfremden Grundstücke vernachlässigt werden könnte (vgl. zu dieser Ausnahme: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. Juni 2015 – OVG 9 N 115.12 –, juris Rn. 6). Denn die zahlreichen, nördlich der Straße gelegenen gemeindegebietsfremden Grundstücke weisen ganz überwiegend eine erhebliche Größe auf und sind zu einem nicht unerheblichen Teil auch baulich und/oder gewerblich genutzt.
III. Die erforderliche Satzungsgrundlage für die umstrittene Beitragserhebung findet sich auch nicht in früheren Straßenbaubeitragssatzungen der vom Beklagten vertretenen Gemeinde. Denn auch diese Satzungen enthielten weder Regelungen über den Gemeindeanteil bei Gemeindeverbindungsstraßen noch erstreckten sie ihren Geltungsbereich auf die gemeindegebietsfremden Grundstücke nördlich der Straße
Von der in § 3 Abs. 5 SBS 2014 vorgesehenen Möglichkeit, für die im Außenbereich verlaufende Teilstrecke des Straßenzuges die in § 3 Abs. 2 SBS 2014 nicht erfasst ist, die Anteile der Beitragspflichtigen im Einzelfall durch Satzung zu bestimmen, hat die Gemeindevertretung der vom Beklagten vertretenen Gemeinde keinen Gebrauch gemacht.
B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt, § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO.