Gericht | VG Cottbus 8. Kammer | Entscheidungsdatum | 23.08.2021 | |
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Aktenzeichen | VG 8 K 754/16 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2021:0823.8K754.16.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 17 Abs 1 S 1 KitaG, § 17 Abs 3 S 3 KitaG, Kitaversorgungssatzung der Stadt Königs Wusterhausen |
Die Erhebung eines Zuschusses zur Versorgung des Kindes in einer Kintertagesbetreuungseinrichtung mit Mittagessen (Essengeld) unabhängig davon, ob das Kind überhaupt zur Versorgung mit Mittagessen angemeldet ist, ist rechtswidrig (Anschluss an Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Mai 2019 - OVG 6 A 6.17 , juris Rn. 33), was umso mehr gilt, wenn das Essengeld ohne Abrechnung der tatsächlich von dem Kind beanspruchten Mahlzeiten als monatliche Pauschale erhoben wird.
Gebührenpflichtig nach § 17 Abs. 1 Satz 1 des Kindertagesstättengesetzes des Landes Brandenburg sind nur die Personensorgeberechtigten.
Der Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2016 wird aufgehoben, soweit das darin gegenüber den Klägern festgesetzte und erhobene Essengeld für die Mittagsversorgung einen Betrag in Höhe von monatlich 20,32 Euro übersteigt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen die Kläger als Gesamtschuldner zu zwei Dritteln und die Beklagte zu einem Drittel.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Beteiligten bleibt jeweils nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des nach diesem Urteil jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweils Andere vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Kläger wenden sich gegen die für die Mittagsversorgung ihres Kindes in einer Kindertagesstätte der Beklagten vorgenommene Festsetzung und Erhebung von Essengeld.
Die Kläger sind Eltern der 2011 geborenen I ..., die aufgrund des zwischen den Klägern und der Stadt K ... geschlossenen Betreuungsvertrages vom 16. Januar 2013 die von der Stadt K ... betriebene Kindertagesstätte „Z ... “ besuchte.
Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt K ... beschloss in ihrer Sitzung vom 14. Dezember 2015 die „Satzung für die Mittagsversorgung der Kinder in den kommunalen Kindertageseinrichtungen der Stadt K ... (Kitaversorgungssatzung der Stadt K ... ), welche am 1. Januar 2016 in Kraft trat und u. a. die folgenden Regelungen enthielt:
§ 1 Allgemeines
1. Die Mittagsversorgung in den sich in städtischer Trägerschaft befindlichen Kindertagesbetreuungseinrichtungen der Stadt K ... erfolgt auf der Grundlage des Versorgungsauftrages entsprechend § 1 Abs. 2 KitaG. Nach § 17 Abs. 1 KitaG haben die Personensorgeberechtigten/Eltern, deren Kind auf der Grundlage eines Betreuungsvertrages mit der Stadt K ... betreut wird, einen Zuschuss zur Versorgung des Kindes mit Mittagessen in Höhe der durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen zu entrichten.
2. Der Zuschuss, welcher als Gebühr in Form einer monatlichen Pauschale erhoben wird, wird auf der Grundlage von 250 Arbeitstagen jährlich berechnet und nur für 10 Monate erhoben. Mit der Berechnung von nur 10 Monaten sind Fehlzeiten des Kindes in der Kindertageseinrichtung (Urlaub, Krankheit u. ä.) sowie Schließzeiten der Kindertageseinrichtungen abgegolten. Die Aufrechnung erfolgt jedoch für einen Zeitraum von 12 Monaten.
(…)
§ 3 Gebührenpflicht
1. Gebührenpflichtig und damit Gebührenschuldner sind diejenigen, auf deren Veranlassung das Kind ein Kindertagesbetreuungsangebot in Anspruch nimmt (Personensorgeberechtigte/Eltern, Erziehungsberechtigte und sonstige fürsorgeberechtigte Personen). Sind mehrere Gebührenpflichtige vorhanden, so sind diese Gesamtschuldner.
2. Erfolgt die Aufnahme eines Kindes in einer Kindertagesbetreuungseinrichtung bis zum 15. eines Monats, ist die Gebühr für den vollen Monat zu entrichten. Bei Aufnahme eines Kindes nach dem 15. eines Monats werden nur 50 v. H. der Gebühren für diesen Monat erhoben.
§ 4 Höhe, Fälligkeit
1. Der monatliche Zuschuss beträgt 31,25 €.
(…)
Mit Bescheid vom 22. Februar 2016 setzte die Beklagte auf Grundlage dieser Kitaversorgungssatzung für die Mittagsversorgung der Tochter der Kläger in der Kindertagesstätte das von den Klägern ab dem 1. Januar 2016 zu entrichtende Essengeld auf einen Betrag in Höhe von monatlich 31,25 Euro fest.
Hiergegen erhob die Klägerin zu 1. mit Schreiben vom 7. März 2016 Widerspruch, mit dem sie sich gegen die Höhe und die Berechnung der mit 1,80 Euro pro Mittagsmahlzeit angesetzten durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen wandte. Die dem Gebührenbescheid zugrundeliegende Kitaversorgungssatzung enthalte hierfür keine nachvollziehbare Grundlage. Vielmehr sei im Rahmen einer zwischen den Klägern mit dem Jugendamt bzw. der Stadt K ... geführten Korrespondenz mitgeteilt worden, dass der angesetzte Wert auf der vom Landesamt für Soziales und Versorgung des Landes Brandenburg (LASV) im Jahre 2003 für Integrations-Kitas festgelegten häuslichen Ersparnis in Höhe von 1,50 Euro beruhe, welcher die Beklagte die jährliche Inflationsrate hinzugerechnet habe. Damit basiere der Gebührenbescheid auf einer gesetzlichen Berechnungsgrundlage, die nicht mehr möglich sei, da das LASV den Wert aus dem Bundessozialhilfegesetz hergeleitet habe, dieses jedoch bereits im Jahr 2005 von dem SGB XII abgelöst worden sei. Eine entsprechende Empfehlung des Landkreises D ..., diese Berechnungsgrundlage anzuwenden, habe es nach Aussage des Jugendamtes nicht gegeben. Zudem sei die in der Kitaversorgungssatzung angekündigte zweite Satzung, die eine Berechnungsgrundlage für die Höhe der durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen aufzeigen sollte, nie von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen worden. Dafür habe sich aber der Bundestag im Jahr 2010 in einer Sonderauswertung zur Einführung des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes zu § 28 SGB XII mit dem Thema befasst, indem aus allen Altersstufen die durchschnittlichen täglichen Verbrauchsausgaben für Ernährung ermittelt und daraus anteilig das Mittagessen berechnet worden sei. Eine nachvollziehbare Berechnungsgrundlage für die durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen könne sich daher aus dem aktuellen Satz der Regelbedarfe ergeben. Eine Anwendbarkeit ergebe sich insbesondere auch deshalb, weil das Bundesverfassungsgericht hier eine mögliche Ernährung mit „Vollkost“ – quasi „gesunder Mischkost“ - rechnerisch dargestellt habe und das Kitagesetz fast synonym von „gesunder Ernährung“ spreche. Ebenfalls werde auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Bremen vom 22. Oktober 2014 (2 D 106/13) verwiesen. Für Kinder der entsprechenden Altersgruppe seien daher seit dem 1. Januar 2016 durchschnittlich ersparte Eigenaufwendungen in Höhe von 1,17 Euro anzusetzen, woraus sich eine monatliche Pauschale in Höhe von 20,32 Euro ergebe, die sie, die Klägerin zu 1., ab sofort überweisen werde.
Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. April 2016, der Klägerin zu 1. zugestellt am 27. April 2016, zurück. Zur Begründung trugt sie im Wesentlichen vor, die monatliche Pauschale berechne sich, indem die täglich durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen der Personensorgeberechtigten/Eltern in Höhe von 1,80 Euro für 250 Arbeitstage angesetzt, zur Abgeltung von Fehlzeiten aber nur für zehn Monate erhoben würden. Die Abrechnung erfolge für zwölf Monate. Diese Vorgehensweise sei nicht zu beanstanden, da sie einerseits der Vereinfachung des Verwaltungshandelns diene und andererseits auf keinerlei sachfremden Erwägungen beruhe. Im Falle von längerfristigen, zeitlich zusammenhängenden Fehlzeiten bestünde insbesondere nach § 5 der Kitaversorgungssatzung für die Personensorgeberechtigten/Eltern die Möglichkeit, sich von der Zahlungsverpflichtung befreien zu lassen.
Am 27. Mai 2016 haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben, die sie im Wesentlichen wie folgt begründen: Die Höhe der durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen sei zu kalkulieren, der Durchschnitt berechne sich nach den ersparten Eigenaufwendungen aller Eltern. Eine solche Kalkulation fehle ausweislich der Beschlussvorlage der Stadtverordnetensammlung von K ... aus dem Jahr 2015 noch und sei bislang auch nicht vorgelegt worden. Die tatsächlichen Kosten der Versorgung seien nicht näher betrachtet worden. Ausweislich Presseberichtes vom 17. Dezember 2015 habe die Beklagte einen überdurchschnittlichen Betrag gewählt, da ein hoher Anteil der Eltern so einkommensstark sei, dass der Höchstbetrag für die Kitabetreuung gezahlt werde. Der Betrag von 1,80 Euro pro Tag sei rein willkürlich festgelegt, zudem sei ein zu langer Zeitraum der Abwesenheit festgeschrieben worden. Die Zugrundelegung von 250 Arbeitstagen widerspreche den bekannten Grundsätzen zum Beispiel des Steuerrechts. Anhaltspunkte, in welcher Höhe Eigenaufwendungen erspart werden, könnten der Sonderauswertung BT-Drucksache 17/3404, 53 ff., 90 entnommen werden. So verfahre auch die bisherige Rechtsprechung – beispielsweise das Oberverwaltungsgericht Bremen in seinen Entscheidungen vom 22. Oktober 2014 (2 D 106/13) bzw. vom 23. Januar 2013 (2 A 288/10) –, soweit es um die Feststellung der zumutbaren Belastung i. S. d. § 90 Abs. 4 SGB VIII i. V. m. § 92a SGB XII gehe. Auf Grundlage der Sonderauswertung ergebe sich eine häusliche Ersparnis i. H. v. 1,16 Euro für ein Mittagessen. Auch die Empfehlung zur Kostenbeteiligung in der Kinder- und Jugendhilfe Baden-Württemberg gehe – Stand 1. Januar 2014 - von den Regelbeträgen in der Sozialhilfe aus und ermittele eine häusliche Ersparnis für die Mittagsversorgung in der Kindertagesbetreuung von 22,00 Euro monatlich, was 1,16 Euro pro Mittagessen entspreche. Auch die „Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe, 4. Auflage 2014“ sehe gesunde Vollkost bzw. Mischkost durch den Anteil des Essens im Regelsatz abgedeckt. Selbst Krankheiten wie Laktose- oder Fruktoseintoleranz erforderten demnach keine kostenaufwändigere Ernährung. Der bloße Rückgriff auf Orientierungshilfen sei demzufolge weder erforderlich noch angezeigt. Die von der Beklagten verwendete sei zudem inzwischen ca. 13 Jahre alt und daher kaum tauglich, die heutigen Kosten widerzuspiegeln. Außerdem sei die Anpassung an die allgemeine Teuerungsrate sachfremd, da sie nicht die Entwicklung der relevanten Lebensmittelpreise widerspiegele, sondern auch die Entwicklung sonstiger Kosten enthalte. Auch seien die Kosten teilstationärer Integrationskindertagesstätten nicht repräsentativ für normale Kitas. In diesem Zusammenhang werde nochmals darauf aufmerksam gemacht, dass die 1,80 Euro mit der sehr guten Einkommenssituation der Einwohner begründet worden sei.
Die Kläger beantragen,
den Gebührenbescheid der Beklagten vom 22. Februar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2016 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung vertieft sie im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und führt ergänzend wie folgt aus: Die Erhebung einer Pauschale in Höhe von 31,25 Euro auf Grundlage der Kitaversorgungssatzung der Stadt K ... sei rechtmäßig. Die Essenversorgung in der Kita „Z ... “ erfolge über einen Essenanbieter (Caterer), der bis Dezember 2015 hierzu entsprechende Verträge mit den Personensorgeberechtigten abgeschlossen und mit diesen direkt abgerechnet habe. Aufgrund des Urteils des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 20. September 2014 (Az.: VG 10 K 4203/14) werde seit dem 1. Januar 2016 das monatliche Essengeld nunmehr per Bescheid auf Grundlage der am 14. Dezember 2015 beschlossenen Kitaversorgungssatzung Stadt K ... erhoben. Hinsichtlich der Berechnung der monatlichen Essengeldpauschale werde auf die Beschlussvorlage Nr. 40-15-122 verwiesen. Maßstab für die Höhe der täglich durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen seien nicht die Herstellungskosten, sondern die Aufwendungen, die die Personensorgeberechtigten dadurch einsparten, dass ihre Kinder in der Kindertagesstätte zu Mittag essen würden. Der tatsächliche Durchschnitt sei anhand der ersparten Eigenaufwendungen aller Nutzer zu berechnen, was mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden sei. Derzeit lägen auch keine verlässlichen Daten darüber vor, welcher Betrag durch eine Durchschnittsfamilie für ein ausgewogenes Mittagessen aufgewendet werden müsste. Die Höhe der häuslichen Ersparnis sei auch nicht gesetzlich festgelegt. Daher hätte bei der Ermittlung bzw. Festsetzung dieses Betrages nur auf Orientierungshilfen zurückgegriffen werden können. Die Vorlage einer Kalkulation, d. h. einer detaillierten Kostenrechnung sei somit derzeit nicht möglich. Sie, die Beklagte, habe sich im Vorfeld umfassend mit der Problematik auseinandergesetzt. So habe sie sich in der vom Landkreis D ... als Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach § 78 SGB VIII gebildeten Arbeitsgemeinschaft Kindertagesbetreuung mehrfach mit anderen Kommunen, freien Trägern und Vertretern des Landkreises beraten. In diesen Beratungen seien verschiedene Vorschläge und Varianten zur Berechnung bzw. Ermittlung der Höhe der durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen besprochen worden. Im Ergebnis dessen hätten sich die Teilnehmer darauf verständigt, dass als Orientierung zur Festlegung der Höhe der durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen für ein Mittagessen die im Jahr 2003 für anerkannte teilstationäre Integrations-Kitas festgelegte häusliche Ersparnis in Höhe von 1,50 Euro herangezogen werden könne. Unter Hinzurechnung der allgemeinen Teuerungsrate seien die durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen je Mittagessen in Höhe von 1,80 Euro errechnet worden. Der Landkreis D ... habe dann mit Schreiben vom 17. September 2015 allen kreisansässigen Trägern von Kindertagesstätten empfohlen, bei der Berechnung des Zuschusses nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KitaG für die häusliche Ersparnis einen Betrag von 1,80 Euro zugrunde zu legen. Alle zwei Jahre solle eine Anpassung des Betrages an die Preissteigerungen erfolgen. Aus diesem Schreiben sei nachvollziehbar, wie dieser Betrag errechnet worden sei. Da der die häusliche Ersparnis für anerkannte teilstationäre Integrationskindertagesstätten betreffende Sachverhalt auch auf den vorliegenden zutreffe, habe sie, die Beklagte, sich daran orientieren dürfen und somit bei der Ausgestaltung der Satzung nachweisbar sachgerechte Erwägungen angestellt. Die derzeit erhobene Essengeldpauschale liege zudem unterhalb der für die Herstellung eines warmen Mittagessens erforderlichen Kosten, welche sich noch bis zum Ende des Jahres 2016 in ihren Kindertagesstätten ohne Personalkosten durchschnittlich auf einen Betrag von 2,10 Euro und ab Januar 2017, nach Übernahme der Vollverpflegung durch einen neuen Caterer, auf voraussichtlich 2,50 Euro beliefen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge (2 Hefte) Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Die als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthafte und fristgemäß erhobene Klage ist nur teilweise zulässig. Soweit ausdrücklich nur die Klägerin zu 1. im eigenen Namen den nach § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderlichen Widerspruch erhoben hat, hat sich die Beklagte zwar rügelos eingelassen (vgl. hierzu Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26. September 1989 – 8 B 39/89 –, juris Rn. 4 m.w.N.). Allerdings ist der Widerspruch seinem objektiven Erklärungsinhalt nach nicht vollumfänglich, sondern nur insoweit erhoben worden, als die Beklagte mit dem Gebührenbescheid vom 22. Februar 2016 ein den Betrag in Höhe von 20,32 Euro übersteigendes Essengeld festgesetzt und erhoben hat. Denn das ausführlich begründete Widerspruchsschreiben vom 7. März 2016 wendet sich aus Sicht eines – insoweit maßgeblichen – objektiven Empfängerhorizonts nicht gegen die Erhebung des Essengeldes an sich, sondern moniert lediglich dessen Höhe und die zugrundeliegende Berechnung. So lassen insbesondere die rechnerische Herleitung des von den Klägern ersichtlich als rechtmäßig erachteten monatlichen Betrages in Höhe von 20,32 Euro und der Hinweis, diesen „selbstverständlich“ ab sofort zu überweisen, erkennen, dass der verfahrensgegenständliche Gebührenbescheid nur hinsichtlich des darüberhinausgehenden Teilbetrages beanstandet werden sollte. Im Übrigen ist der Bescheid daher bereits bestandskräftig geworden und damit nicht zulässiger Gegenstand der Anfechtungsklage.
Soweit die Anfechtungsklage hiernach zulässig ist, ist sie auch begründet.
Der Gebührenbescheid der Beklagten vom 22. Februar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2016 ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Es fehlt bereits an einer wirksamen rechtlichen Grundlage zur Erhebung des Essengeldes.
Rechtsgrundlage für die Erhebung des Essengeldes ist § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 3 des Kindertagesstättengesetzes (KitaG) i.V.m. der Satzung für die Mittagsversorgung der Kinder in den kommunalen Kindertageseinrichtungen der Stadt K ... vom 14. Dezember 2015 (Kitaversorgungssatzung 2016).
Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KitaG haben die Personensorgeberechtigten Beiträge zu den Betriebskosten der Einrichtung (Elternbeiträge) sowie einen Zuschuss zur Versorgung ihres Kindes mit Mittagessen in Höhe der durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen (Essengeld) zu entrichten. Absatz 3 Satz 3 der Regelung räumt Gemeinden und Gemeindeverbänden, die selbst TrägerInnen von Kindertageseinrichtungen sind, im Hinblick auf die Finanzierung ein Wahlrecht ein, ob sie das Benutzungsverhältnis privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich ausgestalten wollen. Gestaltet eine Gemeinde – wie hier die Stadt K ... ausweislich sowohl der von ihr mit den Eltern geschlossenen Betreuungsverträge als auch des streitgegenständlichen Bescheides – das Benutzungsverhältnis öffentlich-rechtlich aus, kann sie die Elternbeiträge und das Essensgeld nur durch Verwaltungsakt auf Grundlage einer Satzung erheben (vgl. Braun, Empfehlungen zur Ausgestaltung von Elternbeiträgen für Einrichtungen der Kindertagesbetreuung im Land Brandenburg gemäß § 17 KitaG, 2017, S. 4 u. 6; Diskowski/Wilms, Kindertagesstätten in Brandenburg, 2014, § 17 KitaG, Anm. 3.5). Von ihrer Satzungsbefugnis hat die Stadt K ... Gebrauch gemacht. Ihre Kitaversorgungssatzung vom 14. Dezember 2015 ist am 1. Januar 2016 in Kraft getreten und erfasst damit den streitgegenständlichen Bescheid in zeitlicher Hinsicht.
Formelle Bedenken hinsichtlich der im Amtsblatt für die Stadt K ... vom 23. Dezember 2015 ordnungsgemäß veröffentlichten Satzung sind weder geltend gemacht worden noch drängen sie sich auf.
In materieller Hinsicht hält die Satzung einer rechtlichen Überprüfung dagegen nicht stand.
1. Dies gilt zum einen, soweit die Verpflichtung zur Entrichtung eines Zuschusses zur Mittagsversorgung in § 1 Abs. 1 Satz 2 und § 3 der Kitaversorgungssatzung 2016 lediglich an die Inanspruchnahme des Betreuungsangebotes in einer Kindertageseinrichtung der Stadt anknüpft. Diese Regelung ist von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 17 Abs. 1 Satz 1 KitaG nicht gedeckt.
Bei dem Essengeld nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KitaG handelt es sich – wie bereits dargelegt – um einen Zuschuss der Personensorgeberechtigten zur Versorgung des Kindes mit Mittagessen in Höhe der durchschnittlich ersparten Aufwendungen. Der Gesetzgeber wollte diese – die Regelung über die Erhebung von Elternbeiträgen ergänzende – Kostenbeteiligung der Höhe nach auf die von den Eltern durchschnittlich ersparten Aufwendungen beschränken. Das Essengeld ist daher auch nur dann zu entrichten, wenn das Kind zur Versorgung mit Mittagessen angemeldet ist. Denn nur in diesem Fall ersparen die Personensorgeberechtigten Aufwendungen für das Mittagessen (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Mai 2019 – OVG 6 A 6.17 –, juris Rn. 33). Insofern ist der von den Personensorgeberechtigten zu leistende Zuschuss zur Versorgung ihres Kindes mit Mittagessen strikt von den nach Abzug des Essengeldes bei den Einrichtungsträgern verbleibenden Kosten der Mittagsversorgung zu unterscheiden, bei denen es sich - ebenso wie bei den Kosten für Frühstück und Vesper - als Verpflegungskosten im Sinne von § 2 Abs. 1 lit. k) der Kindertagesstätten-Betriebskosten- und Nachweisverordnung (KitaBKNV) um umlagefähige Betriebskosten handelt, die die Einrichtungsträger im Rahmen der Erhebung von Elternbeiträgen gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KitaG nach Maßgabe des Absatzes 2 anteilig auf alle Personensorgeberechtigten umlegen können, also auch auf diejenigen, deren Kinder nicht für das Mittagessen angemeldet sind (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Mai 2019 – OVG 6 A 6.17 –, juris Rn. 32 ff.; sowie Urteil der Kammer vom 31. Mai 2021 – VG 8 K 2149/15 –, juris Rn. 29). Die Kostenbeiträge im Sinne von § 90 Abs. 1 des Achten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VIII) i. V. m. § 17 KitaG sind öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die den Schuldnern aus Anlass individuell zurechenbarer öffentlicher Leistungen durch eine öffentlich-rechtliche Norm auferlegt werden und dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistung deren Kosten ganz oder teilweise zu decken. Die Elternbeiträge, die zu den Betriebskosten der Einrichtungsträger zu entrichten sind, beziehen sich gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 KitaG auf alle mit der Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung des Kindes verbundenen Leistungen, also auf die das Betreuungsangebot insgesamt stützende Infrastruktur, ohne dass es darauf ankommt, ob das einzelne Kind die in der Betreuungseinrichtung angebotenen Leistungen tatsächlich in Anspruch nimmt. Das gilt auch für die in der Einrichtung vorgehaltene sachliche und personelle Infrastruktur für die Versorgung mit Mittagessen. Demgegenüber ist das Essengeld eine den Elternbeitrag ergänzende Position gerade nur für den Fall, dass ein Kind zur Versorgung mit Mittagessen angemeldet ist (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Mai 2019 – OVG 6 A 6.17 –, juris Rn. 33 f.).
Die Regelungen in § 1 Abs. 1 Satz 2 und § 3 Abs. 1 der Kitaversorgungssatzung 2016 der Stadt K ... knüpfen dagegen für die Verpflichtung der Entrichtung des Essengeldes ausschließlich an den Umstand an, dass das Kind auf der Grundlage eines Betreuungsvertrages mit der Stadt betreut wird, ohne dass es darauf ankommt, ob das Kind auch zur Versorgung mit Mittagessen angemeldet ist. Dies ist mit dem Regelungsgehalt des § 17 Abs. 1 Satz 1 KitaG und dem abgabenrechtlichen Äquivalenzprinzip nicht vereinbar. Denn die hierdurch von der Stadt K ... begründete Pflicht zur Entrichtung eines Zuschusses für die Mittagsversorgung besteht mithin unabhängig davon, ob die Personensorgeberechtigten tatsächlich Aufwendungen für die Mittagsversorgung ihres Kindes ersparen, so dass es – entgegen den Intentionen des Gesetzgebers – an einer sachgerechten Verknüpfung der erhobenen Gebühren mit der Aufwendungsersparnis fehlt.
Dies unterliegt umso mehr rechtlichen Bedenken, als die Stadt K ... das Essengeld zudem gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1, § 4 Abs. 1 der Kitaversorgungssatzung 2016 als monatliche Pauschale erhebt und also auch insoweit unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme der Mittagsversorgung im Einzelfall. Es erfolgt seitens der Stadt gegenüber den Personensorgeberechtigten also keine Abrechnung anhand der jeweils dem Kind zur Verfügung gestellten Mahlzeiten, so dass es letztlich an jeglichem Bezug zu Sinn und Zweck der (gesonderten) Erhebung eines Essengeldes fehlt. Besonders augenfällig ist dies im Hinblick auf die Regelung des § 3 Abs. 2 Satz 1 der Kitaversorgungssatzung 2016. Hiernach ist das als monatliche Pauschale erhobene Essengeld für ein Kind, das bis zum 15. eines Monats in eine Kinderbetreuungseinrichtung aufgenommen wird, für den vollen Monat zu entrichten, mithin auch für diejenigen Tage des Aufnahmemonats, in denen es noch gar nicht in der Einrichtung, sondern etwa zuhause von seinen Eltern betreut und dort auch – auf deren Kosten – mit Mittagessen versorgt worden ist. Den Eltern auch für diesen Zeitraum ein Essengeld in Rechnung zu stellen, das sich nach der gesetzlichen Wertung an dem Gegenwert bemessen soll, den die Eltern dadurch einsparen, dass ihre Kinder in der Kindertagesstätte zu Mittag essen (vgl. Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 13. September 2016 – OVG 6 B 87.15 –, juris Rn. 26), entbehrt jeglicher Rechtfertigung.
Dem kann die Beklagte auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass es bei einer Mindestbetreuungszeit von vier bis sechs Stunden praktisch fernliegend sei, dass ein Kind nicht am Mittagessen teilnehme, weshalb die Satzungsgeberin hier unterstellen habe dürfen, dass ein betreutes Kind auch am Mittagessen teilnehme.
Abgesehen davon, dass sich jedenfalls eine Betreuungszeit von vier Stunden auf den Vormittag beschränken kann und es auch im Übrigen keinesfalls fernliegend erscheint, dass ein Kind etwa aus familiären, religiösen oder gesundheitlichen Gründen nicht bzw. nicht regelmäßig an der Mittagsversorgung in der Einrichtung teilnimmt, widerspricht diese Auffassung nicht nur der vom Gesetzgeber in 17 Abs. 1 Satz 1 KitaG vorgenommenen Differenzierung zwischen den für die Inanspruchnahme der Kindertagesbetreuung zu den Betriebskosten zu entrichtenden Elternbeiträgen und dem ausschließlich auf die Versorgung mit Mittagessen bezogenen Essengeld, sondern auch dem auf Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes beruhendem Gebot der Beitragsgerechtigkeit. Dieses erlaubt es zwar, im Zuge verallgemeinernder und pauschalierender Regelungen die Besonderheiten atypischer Konstellationen zu vernachlässigen. Dieser Grundsatz der Typengerechtigkeit dient der Erhaltung der dem Normgeber im Abgabenrecht in Bezug auf das Gleichbehandlungsgebot eingeräumten Gestaltungsfreiheit. Danach ist es dem Normgeber gestattet, bei der Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen in der Weise zu typisieren und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereiches angeknüpft wird und dabei die Besonderheiten von Einzelfällen (Ausnahmefällen) außer Betracht bleiben (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15. Mai 2018 – OVG 6 A 2.17 –, juris Rn. 44).
Mit der hier normierten Verpflichtung zur Entrichtung des Essengeldes gänzlich unabhängig davon, ob das in der Einrichtung betreute Kind zu der Versorgung mit Mittagessen überhaupt angemeldet ist, überschreitet die Satzungsgeberin diesen Gestaltungsfreiraum jedoch in einer die Beitragsgerechtigkeit nicht mehr wahrenden Weise. Denn hierbei geht es nicht um die typisierende und pauschalierende Vernachlässigung von Einzelfällen mit Ausnahmecharakter, die betreffenden Regelungen der Kitaversorgungssatzung 2016 vernachlässigen vielmehr die gesetzlichen Voraussetzungen, die an die Erhebung des Essengeldes geknüpft sind
Nur am Rande verweist die Kammer in diesem Zusammenhang darauf, dass auch die Erhebung des Essengeldes als monatliche Pauschale jedenfalls insoweit rechtlichen Bedenken unterliegen dürfte, als die Beklagte im Termin der mündlichen Verhandlung dargelegt hat, dass der externe Essenversorger der Stadt K ... gegenüber die jeweils genaue Anzahl der zur Verfügung gestellten Mittags-portionen abrechne und dass deshalb in den Betreuungseinrichtungen anhand der Rückmeldungen der Eltern genau nachgehalten werde, wieviele Mahlzeiten tatsächlich benötigt würden. Angesichts dieser Praxis und insbesondere des Umstandes, dass der Stadt als Trägerin der Einrichtungen durch den externen Essenversorger die Kosten der Bereitstellung des Mittagessens nur anhand der tatsächlich benötigten und gelieferten Portionen in Rechnung gestellt werden, sind keine hinreichenden Gründe namentlich der Verwaltungspraktikabilität ersichtlich, die es sachlich gerechtfertigt erscheinen lassen würden, von den Personensorgeberechtigten nichtsdestotrotz eine pauschalierte Monatsgebühr zu erheben.
2. Durchgreifenden materiellen Rechtmäßigkeitsbedenken unterliegt die Kitaversorgungssatzung 2016 zudem auch hinsichtlich der Bestimmung der Gebührenpflichtigen in § 3 Abs. 1 Satz 1. Auch insoweit steht die Satzung nicht im Einklang mit der gesetzlichen Regelung des § 17 Abs. 1 Satz 1 KitaG.
Hiernach haben die Personensorgeberechtigten das Essengeld zu entrichten. Die Erweiterung des Personenkreises der Gebührenpflichtigen in § 3 Abs. 1 Satz 1 der Kitaversorgungssatzung 2016 auf „Eltern, Erziehungsberechtigte und sonstige fürsorgeberechtigte Personen“, auf deren Veranlassung das Kind ein Kinderbetreuungsangebot in Anspruch nimmt, umfasst in rechtswidriger Weise nicht personensorgeberechtigte und damit nach der gesetzlichen Bestimmung des § 17 Abs. 1 Satz 1 KitaG nicht gebührenpflichtige Personen. Dass diese Abweichung, wie die Beklagte meint, angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelung unschädlich und die Satzung vielmehr geltungserhaltend im Lichte des § 17 Abs. 1 Satz 1 KitaG auszulegen wäre, vermag nicht zu überzeugen. Für eine Auslegung ist schon im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut der in Klammern gesetzten Aufzählung der Gebührenpflichtigen kein Raum.
3. Die Rechtswidrigkeit dieser Regelungen führt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24. Februar 2012 - 9 B 80.11 - juris Rn. 11) zur Gesamtnichtigkeit der Kitaversorgungssatzung 2016, da der verbleibende Teil ohne die zum Mindestinhalt einer Abgabensatzung gehörenden Regelungen zum Gebührentatbestand und zu den Gebührenpflichtigen nicht sinnvoll bestehen bleiben kann (Grundsatz der Teilbarkeit) und nicht mit Sicherheit anzunehmen ist, dass er auch ohne die beanstandeten Regelungen erlassen worden wären (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 188 Satz 2 VwGO.
Die Entscheidung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO i. V. m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.