Gericht | OLG Brandenburg 4. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 26.01.2022 | |
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Aktenzeichen | 4 U 168/21 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2022:0126.4U168.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 16.06.2021, Az. 8 O 377/20, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Potsdam und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung abwenden gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
I.
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs eines Darlehensvertrages, der zur Finanzierung eines Fahrzeugkaufs geschlossen wurde.
Der Kläger unterzeichnete am 20. Dezember 2014 einen – von der Beklagten angenommenen – Darlehensantrag für einen Verbraucherdarlehensvertrag über einen Nettodarlehensbetrag in Höhe von 22.696,00 € zu einem über die gesamte Vertragsdauer gebundenen Sollzinssatz von 1,88 % p. a. über eine Laufzeit von 84 Monaten. Das Darlehen diente der Finanzierung des Kaufpreises für den privatnützigen Erwerb eines gebrauchten Pkw Audi A5 Sportback 2.0 TDI 130 multitronic, wobei die Darlehensvaluta - ebenso wie die vom Kläger geleistete Anzahlung i.H.v. 6.000,00 € - vereinbarungsgemäß an die Verkäuferin ausgezahlt werden sollte und auch wurde. Mit E-Mail vom 10. August 2020 widerrief der Kläger seine auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, das Landgericht Potsdam sei gemäß § 29 ZPO für die von ihm geltend gemachte Zahlungsklage örtlich zuständig und hat in der Sache geltend gemacht, der Widerruf sei wirksam. Die Widerrufsfrist von 14 Tagen habe nicht zu laufen begonnen, weil verschiedene Pflichtangaben nach § 356b Abs. 2 S. 1 BGB a.F. i. V. m. § 492 Abs. 2 BGB a.F., Art. 247 §§ 6 - 13 EGBGB a.F. in der Vertragsurkunde nicht enthalten bzw. - wie insbesondere die Widerrufsinformation - fehlerhaft seien. Ein Wertersatzanspruch stehe der Beklagten nicht zu.
Die Beklagte hat die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Potsdam gerügt und in der Sache im Wesentlichen vorgetragen, der Widerruf sei verfristet, denn sie habe die Widerrufsinformation sowie die anderen erforderlichen Pflichtangaben ordnungsgemäß erteilt. Die Ausübung des Widerrufs sei rechtsmissbräuchlich. Für den Fall des Erfolgs der Klage hat die Beklagte hilfswiderklagend die Feststellung der Wertersatzpflicht des Klägers in Bezug auf das Fahrzeug begehrt.
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 16. Juni 2021, auf dessen tatsächliche Feststellungen hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 ZPO ), abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass das Gericht örtlich nicht zuständig sei, insbesondere nicht nach § 29 ZPO.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei dieses für sämtliche geltend gemachten Ansprüche nach § 29 ZPO zuständig.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 16. Juni 2021 - 8 O 377/20 - abzuändern und
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 29.835,78 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, nach Rückgabe und Übereignung des Kraftfahrzeugs der Marke Audi A5 2.0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ….
2. festzustellen, dass sich die Beklagte spätestens seit dem Tage der letzten mündlichen Verhandlung mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. näher bezeichneten Fahrzeugs im Annahmeverzug befindet,
3. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Herrn Rechtsanwalts …., …. …., i.H.v. 1.324,60 € nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und hilfsweise
festzustellen, dass die Klagepartei im Falle eines wirksamen Widerrufs verpflichtet ist, der Beklagten Wertersatz für den Wertverlust des PKW Audi A5 2.0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer …. zu leisten, der auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war,
sowie vorsorglich,
das Verfahren an das Landgericht zurückzuverweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung in Bezug auf die Unzuständigkeit des Landgerichts Potsdam, wiederholt und vertieft ihre Ausführungen zur Rechtsmissbräuchlichkeit des Widerrufs und tritt dem Antrag auf Aussetzung des Verfahrens mit näheren Ausführungen entgegen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere gemäß §§ 517 ff. ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg.
1.
Zu Recht hat das Landgericht seine örtliche Zuständigkeit für die Zahlungsanträge sowie die als Annexanträge hierzu zu beurteilenden Anträge auf Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie auf Feststellung des Annahmeverzuges mit der Folge verneint, dass die Klage insoweit bereits unzulässig ist.
Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Potsdam ist - wie der Senat bereits u. a. mit Urteilen vom 20. Januar 2021 - 4 U 94/20 - juris Rn. 87 ff., und 21. April 2021 - 4 U 95/20 -) ausgeführt hat - nicht nach dem allein in Betracht kommenden § 29 Abs. 1 ZPO (Gerichtsstand des Erfüllungsorts) begründet. Gemäß § 269 Abs. 1 BGB, § 29 Abs. 1 ZPO befindet sich in der Regel der Erfüllungsort dort, wo der Schuldner der jeweils in Rede stehenden Leistung bei Entstehung des (Rückgewähr-)Schuldverhältnisses seinen (Wohn-)Sitz hatte; der gemeinsame (oder einheitliche) Erfüllungsort ist hingegen die vereinbarte oder sich aus den Umständen wie insbesondere der Natur des Schuldverhältnis ergebende Ausnahme. In der gefestigten obergerichtlichen Rechtsprechung ist eine solche Ausnahme anerkannt für die Rückabwicklung der wechselseitigen Leistungen nach Ausübung des gesetzlichen Rücktritts vom Kaufvertrag; der gemeinsame Erfüllungsort ist danach der Ort, an dem sich die Kaufsache nach dem Vertrag bestimmungsgemäß befindet, mithin regelmäßig der Wohnsitz des Käufers (anstelle vieler: OLG Schleswig, Urteil vom 4. September 2012 - 3 U 99/11, juris Rn. 18).
Das Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 27. November 2019 - 31 U 114/18, juris Rn. 78 f.) und nachfolgend OLG Saarbrücken (Urteil vom 13. August 2020 - 4 U 100/19, juris Rn.174 ff.) sowie das OLG Celle (Urteil vom 22. Juli 2020 - 3 U 3/20, juris Rn 64 ff.) erstrecken diese Ausnahme auf die Rückabwicklung des widerrufenen und mit einem Kauf verbundenen Darlehensvertrags mit der Begründung, nach § 358 Abs. 4 S. 5 BGB trete der Darlehensgeber an die Stelle des Verkäufers; die Rückabwicklung erfolge daher - wie beim Kauf - nur zwischen dem Darlehensnehmer und Käufer einerseits und dem Darlehensgeber in der Rolle des Verkäufers andererseits. Nicht von der Hand zu weisen sind die praktischen Vorteile, mit denen ein solcher gemeinsamer Erfüllungsort einherginge; insbesondere würde der Zuständigkeitsaufspaltung entgegenwirkt.
Indes unterscheiden sich gesetzlicher Rücktritt und Widerruf in ihren Voraussetzungen und der Abwicklung ihrer Folgen nicht unerheblich. Hervorzuheben ist insoweit, dass das Rücktrittsrecht Folge einer Pflichtverletzung des Verkäufers ist. Daran anknüpfend wird verbreitet argumentiert, weil der Verkäufer eine mangelhafte Sache geliefert und den Rücktritt zu vertreten habe, sei es keine unangemessene Bevorzugung des Käufers, wenn neben dem Anspruch des Verkäufers auf Rückgabe auch der Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises dort zu erfüllen sei, wo sich der Kaufgegenstand vertragsgemäß befinde, mithin in der Regel am Wohnsitz des Käufers (OLG Schleswig, Urteil vom 4. September 2012 - 3 U 99/11, juris Rn. 18, 32 ff.; OLG Bamberg, Beschluss vom 14. April 2013 - 8 SA 9/13, juris Rn. 21 f; OLG München, Urteil vom 13. Januar 2014 - 19 U 3721/13, juris Rn. 14, 16; OLG Stuttgart, Urteil vom 13. Januar 2016 - 9 U 183/15, juris Rn. 6 f). Das Widerrufsrecht hingegen ist dem Darlehensnehmer nicht als Reaktion auf eine Pflichtverletzung des Darlehensgebers eingeräumt; vielmehr kann es der Darlehensnehmer nach freiem Belieben ausüben (vgl. Kaiser, in: Staudinger, BGB, Stand 2012, § 357 Rn. 9). Auf eine etwaige Verletzung von Pflichtangabepflichten aus Art. 247 §§ 6 - 13 EGBGB kann insoweit nicht abgestellt werden, weil diese lediglich den Lauf der Widerrufsfrist betreffen, welche wiederum keine inhaltliche Voraussetzung des Widerrufs ist.
Ferner wird zum Rücktritt angeführt, den Verkäufer treffe neben der Pflicht zur Kaufpreisrückzahlung auch diejenige zur Rücknahme der Kaufsache durch Abholung; mit deren Erfüllung erfülle der Käufer zugleich seine Rückgabepflicht, so dass Zug um Zug auch die Rückzahlung des Kaufpreises zu erfolgen habe (OLG Hamm, Urteil vom 20. Oktober 2015 - I-28 U 91/15, 28 U 91/15 - juris Rn. 32 f; OLG München, Urteil vom 13. Januar 2014 - 19 U 3721/13, juris Rn. 14, 16). Demgegenüber besteht beim Widerruf keine Pflicht des Darlehensgebers, die finanzierte Kaufsache durch Abholung zurückzunehmen (vgl. Kaiser, in: Staudinger, BGB, Stand 2012, § 357 Rn. 11). Nach § 358 Abs. 4 S. 1 BGB i. V. m. § 357 Abs. 4 S. 4 BGB hat der Verbraucher die Sache zurückzusenden, wovon er auch bei fehlender Eignung der Sache zur Versendung per Post nicht befreit ist (Hönninger, in: jurisPK, 9. Aufl. Stand 1. Februar 2020, § 357 BGB Rn. 13). Ein Austausch der wechselseitigen Rückgewährleistungen Zug um Zug, wie § 348 BGB dies für den Rücktritt regelt, findet von Gesetzes wegen ebenfalls nicht statt (§ 355 Abs. 3 BGB; vgl. Hönninger, in: jurisPK, 9. Aufl. Stand 1. Februar 2020, § 355 BGB Rn. 71); der Käufer ist vielmehr grundsätzlich vorleistungspflichtig (§ 357 Abs. 4 S. 1 BGB).
Der Erwägung, ein einheitlicher Erfüllungsgerichtsstand am Wohnort des Darlehensnehmers für die Rückabwicklung eines mit einem Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrages sei aus Praktikabilitätsgründen und zum Zwecke des Schutzes des Verbrauchers vor den Risiken, die durch eine Aufspaltung von Erwerbs- und Finanzierungsgeschäft drohen, geboten, ist entgegenzuhalten, dass es der Verbraucherdarlehensnehmer selbst in der Hand hat, eine Aufspaltung der an verschiedenen Gerichten zu führenden Prozesse dadurch zu vermeiden, dass er die Darlehensgeberin an dem für deren Sitz (§ 12 ZPO) zuständigen Gericht verklagt. Als Schutz des Verbrauchers bei verbundenen Verträgen vor den Risiken, die durch eine Aufspaltung von Erwerbs- und Finanzierungsgeschäft drohen, hat der Gesetzgeber für ausreichend erachtet, dass nach § 358 Abs. 4 Satz 1 BGB bei einem Widerruf des Darlehensvertrages der Darlehensgeber hinsichtlich der Rechtsfolgen an die Stelle des Verkäufers tritt. Hätte der Gesetzgeber neben dieser materiellrechtlichen Folge auch verfahrensrechtlich den Schutz des Verbrauchers verbessern wollen, hätte er dies durch eine entsprechend umfassendere Regelung des mit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts eingeführten und mit Wirkung zum 13. Juni 2014 neugefassten Verbrauchergerichtsstandes gemäß § 29c ZPO geregelt und diese Norm nicht auf Klagen, die auf außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (§ 312b BGB) beruhen, beschränkt. Der Gesetzgeber sah indes hierzu weder bei der Einführung des § 29c ZPO durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26. November 2001, noch im Zuge der Neufassung bei der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie Veranlassung; vielmehr hat er bei der Einführung des § 29c ZPO ausdrücklich betont, der Verbraucher werde wie bisher geschützt, und der Anwendungsbereich der Vorschrift sei nicht auf andere Verträge mit Verbrauchern erweitert (BT-Drucks.14/6040 S. 278; BT-Drucks.17/12637 S. 66).
Mit der Einführung des § 358 BGB durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz sollten die bisherigen § 9 Abs. 1 und 2 VerbrKrG, § 4 FernAbsG und § 6 TzWrG in einer Vorschrift zusammengefasst werden und eine einheitliche Vorschrift über verbundene Verträge "ohne Änderung der bisherigen Rechtslage" (BT-Drucks. 14/6040 S. 200) geschaffen werden. Für das VerbrKrG hatte der seinerzeitige Gesetzgeber allerdings bewusst von einer besonderen verbraucherschützenden Zuständigkeitsregelung abgesehen (BT-Drucks. 11/5462 S. 16); für einen "ausschließlichen Gerichtsstand für Klagen nach dem Verbraucherkreditgesetz" sah er keinen Bedarf, "weil der Schutz des Verbrauchers bei Klagen gegen ihn durch den Grundsatz des Prorogationsverbotes aus § 38 ZPO (...) ausreichend sichergestellt" sei und ein von den allgemeinen Vorschriften abweichender ausschließlicher Gerichtsstand für Klagen des Verbrauchers gegen den Kreditgeber erschien ihm "nicht erforderlich". Auch im FernAbsG und im TzWrG war eine (verbraucherfreundliche) Zuständigkeitsregelung nicht enthalten. Mangels planwidriger Regelungslücke ist mithin auch kein Raum für eine analoge Anwendung des § 29c ZPO.
Einen - auch nur hilfsweisen - Verweisungsantrag hat der Kläger auch im Berufungsrechtszug nicht gestellt.
2.
Die Klage ist aber auch ungeachtet der fehlenden örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts nicht begründet.
a) Der Zahlungsantrag zu 1. des Klägers ist selbst bei zu seinen Gunsten unterstellter Wirksamkeit seines Widerrufs jedenfalls derzeit unbegründet, weil der Kläger gemäß § 358 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB in Bezug auf den der Beklagten zustehenden Anspruch auf Herausgabe des Fahrzeugs vorleistungspflichtig ist (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 – XI ZR 498/19 – Rn. 23, siehe auch Urteil vom 15. Juni 2021 - XI ZR 365/20 - Rn 21) und der Beklagten daher insoweit ein - mit der Klageerwiderung (dort S. 29, Bl. 157 d.A.) auch geltend gemachtes - Leistungsverweigerungsrecht zusteht, bis sie das finanzierte Fahrzeug zurückerhalten hat oder der Kläger den Nachweis erbracht hat, dass er das Fahrzeug abgesandt hat (BGH, Urteil vom 10. November 2020 - XI ZR 426/19 - Rn 21). Etwas anderes könnte nur gelten, wenn sich die Beklagte in Annahmeverzug befände. Der Kläger hat der Beklagten das Fahrzeug allerdings nicht in einer den Annahmeverzug begründenden Weise angeboten haben.
aa) In seiner Widerrufs-E-Mail vom 10. August 2020 (Anlage K 2; Bl. 56 d.A.) bittet er lediglich um Bestätigung seines Widerrufs und bietet die Rückgabe des Fahrzeugs unter Hinweis darauf an, dass die Rückabwicklung "gegen Zahlung aller bislang geleisteten Raten und Anzahlung" binnen 30 Tagen zu erfolgen habe. In einem - nicht vorliegenden - späteren Anwaltsschreiben forderte er die Beklagte lediglich auf, das Verbundgeschäft rückabzuwickeln. Dies genügt weder formal (kein vorheriges tatsächliches Angebot) noch in Bezug auf die die Vorleistungspflicht nicht berücksichtigende Art der Leistung und schließlich wegen der ohne Berücksichtigung des Abzuges für den Wertverlust des Fahrzeugs (§ 358 Abs. 4 S. 1 i.V.m. § 357 Abs. 7 BGB) überhöhten Forderung den Anforderungen an ein wörtliches Angebot im Sinne des § 295 BGB. Denn wie der BGH bereits mit Urteil vom 27. Oktober 2020 (XI ZR 489/19 – juris Rn. 30 ff.) überzeugend ausgeführt hat, hat der Darlehensnehmer nach den vorgenannten Vorschriften im Rahmen der Rückabwicklung des mit dem Verbraucherdarlehensvertrag verbundenen Vertrages unter den dort genannten Voraussetzungen Wertersatz für einen Wertverlust der Ware – hier des Fahrzeugs – zu leisten. Die lediglich entsprechende Anwendung des § 357 Abs. 7 BGB führt indes – entgegen der auch im vorliegenden Rechtsstreit vertretenen Auffassung des Klägers – im Fall des Verbunds eines Darlehensvertrages mit einem – wie hier – im stationären Handel geschlossenen Kaufvertrages nicht dazu, dass die Wertersatzpflicht nur dann besteht, wenn der Darlehensgeber – wie dies § 357 Abs. 7 Nr. 2 BGB voraussetzt – den Darlehensnehmer „nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche über sein Widerrufsrecht unterrichtet hat“. Vielmehr genügt es, wenn der Darlehensgeber den Verbraucher über eine mögliche Wertersatzpflicht unterrichtet, was hier im Rahmen der Widerrufsinformation sowie in Ziffer 6 a der in den Darlehensvertrag einbezogenen Darlehensbedingungen der Beklagten erfolgt ist.
bb) Für die Klage- und Berufungsanträge gilt nichts anderes. Die Verpflichtung zum Wertersatz erkennt der Kläger im Berufungsrechtszug mit Schriftsatz vom 9. November 2021 (Bl. 440 d.A.) zwar "grundsätzlich" an, vertritt jedoch gleichzeitig (u.a.) die Auffassung, die Wertersatzpflicht verstoße gegen europäisches Recht und hält an seinem bisherigen Zahlungsbegehren fest. Der Umstand, dass der Kläger nur Zahlung "nach" Übergabe des Fahrzeugs begehrt, ändert daran nichts, da dies in entsprechender Anwendung des § 322 Abs. 2 BGB voraussetzt, dass sich die Beklagte mit der Entgegennahme des Fahrzeugs bereits in Annahmeverzug befindet (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 – XI ZR 498/19 – Rn. 29).
Ein Anlass den Rechtsstreit – wie vom Kläger beantragt - auszusetzen und dem EuGH die Frage zur Vereinbarkeit der Berechnung des Wertersatzes nach der Vergleichswertmethode vorzulegen, besteht bereits deshalb nicht, weil sich diese Frage für die Entscheidung über das Vorliegen des Annahmeverzuges nicht stellt.
b) Aus den unter Ziffer 2.a) ausgeführten Erwägungen ist der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzuges (Berufungsantrag zu 2.) unbegründet.
c) Der Antrag auf Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (Berufungsantrag zu 3.) könnte nur aus Verzug gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 BGB bestehen. Zum Zeitpunkt der Beauftragung der Rechtsanwälte, d.h. jedenfalls vor dem 04. Dezember 2020, befand die Beklagte sich aber bereits deshalb nicht in Verzug, weil der Kläger die Rückgabe des Fahrzeugs – wie ausgeführt - nicht in einer den Annahmeverzug begründenden Weise angeboten hat. Er hat in seinem Schreiben vom 10. August 2020 insbesondere seine Vorleistungspflicht nicht beachtet.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung aufweist noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 29.835,78 festgesetzt, §§ 47, 48 GKG i. V. m. § 3 ZPO. Der Streitwert für den Leistungsantrag zu 1. bestimmt sich nach dem geltend gemachten Betrag. Dem Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs (Berufungsantrag zu 2.) kommt keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zu (BGH, Beschluss vom 9. Mai 2017 – XI ZR 484/15). Die mit dem Antrag zu Ziffer 3 geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten bleiben als Nebenforderung nach § 43 Abs. 1 GKG außer Ansatz. Der Wert der Hilfswiderklage bleibt gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG außer Betracht, da über diese nicht entschieden wurde.