Gericht | OLG Brandenburg 4. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 26.01.2022 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | 4 U 92/21 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2022:0126.4U92.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 30.03.2021, Az. 13 O 304/20, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf bis 13.000,00 € festgesetzt.
I.
Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem sog. „Diesel-Abgasskandal“.
Der Kläger erwarb am 03.11.2014 von der Autodiscount O… B… F… mbH das Fahrzeug des Models Skoda Superb 2.0 TDI Green Tec Combi 2015 für einen Kaufpreis von 23.690,00 € brutto. Nach der Zulassungsbescheinigung Teil II handelte es sich um eine Erstzulassung, datierend auf den 12.11.2014. Am Ende der Zulassungsbescheinigung findet sich unter „Zusätzliche Vermerke der Zulassungsbehörde“ folgende Eintragung:
„Eintragung auf Grund Gutachten … vom 14.11.2014 der Prüfstelle DEKRA Frankfurt für das aus Tschechische Repub. eingeführte Gebrauchtfahrzeug“.
In dem Fahrzeug ist der von der Beklagten hergestellte Dieselmotor EA 189 verbaut, dieser wurde nach Veröffentlichungen seit 2005 entwickelt, freigegeben und sodann im Fahrzeugbau eingesetzt. Er hatte eine Software, die die Prüfungssituation im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) erkannte und die Abgasaufbereitung in diesen Fällen durch Umschalten so steuerte, dass in dem Modus 1 aufgrund einer höheren Abgasrückführungsrate weniger Stickoxide entstanden, während sie im Normalbetrieb des Modus 0 aufgrund einer geringeren Abgasrückführungsrate erheblich höher lagen.
Das Kraftfahrzeugbundesamt bewertete die verwendete Software als unzulässige Abschalteinrichtung. Dem VW-Konzern wurde u. a. in einem verbindlichen Bescheid von Oktober 2015 nach § 25 Abs. 2 EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung auferlegt, die Fahrzeuge zurückzurufen und die Software aus allen Fahrzeugen zu entfernen und geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit zu ergreifen und diese zu belegen. Von dem Entzug bestehender Zulassungen sah es ab.
Ab Februar 2016 versandten die Beklagte und ihre Tochterunternehmen an die betroffenen Fahrzeughalter von Fahrzeugen mit dem Motor EA 189 folgendes Rückrufschreiben, das auch der Kläger in diesem Jahr erhielt:
„[...] Wir möchten Sie darüber informieren, dass der in Ihrem Fahrzeug eingebaute Dieselmotor von einer Software betroffen ist, durch welche die Stickoxidwerte (NOx) im Vergleich zwi-schen Prüfstandlauf (NEFZ) und realem Fahrbetrieb verschlechtert werden. Diesbezüglich versichern wir Ihnen als allererstes, dass Ihr Fahrzeug technisch sicher und fahrbereit ist! Sie dürfen Ihr Fahrzeug ohne jegliche Einschränkung in gewohnter Weise weiter nutzen! Dies bezieht sich auch auf eine gegebenenfalls bevorstehende Hauptuntersuchung oder auf das Einfahren in eine für ihr Fahrzeug zugelassene Umweltzone.“
Die betroffenen Dieselmotoren EA 189 erhielten in der Folge innerhalb maximal einer halben Stunde Arbeitszeit ein Software-Update, was für den Fahrzeugkäufer kostenfrei war. Die Maßnahme wurde vom Kraftfahrzeugbundesamt freigegeben. Sie bewirkt, dass nunmehr ein durchgängiger Fahrbetrieb in dem Modus erfolgt, wie er im Rahmen der Prüfsituation aktiv war. Durch das Update wurde auch eine Software aufgespielt, welche in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur die Abgasrückführung reguliert, d. h. außerhalb eines bestimmten Temperaturfensters wird die Abgasrückführung abgeschaltet (sog. Thermofenster). Das sog.Thermofenster lässt bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug einen „Normalbetrieb“ bei einer Umgebungstemperatur zwischen +10 Grad Celsius und +32 Grad Celsius zu. Oberhalb bzw. unterhalb dieser Temperaturspanne wird die Abgasrückführung reduziert. Dieses Update erfolgte im Jahr 2018 auch beim streitgegenständlichen Fahrzeug.
Der Kläger schloss sich der am 01.11.2018 erhobenen Musterfeststellungsklage gegen die Beklagte vor dem OLG Braunschweig (Az. 4 Mk1/18) nicht an.
Mit Schreiben vom 05.12.2020 forderten die nunmehrigen Prozessbevollmächtigten des Klägers die Beklagte u. a. auf, einen (noch unbezifferten) Schadensersatzanspruch des Klägers anzuerkennen.
Der Kläger hat behauptet, er sei beim Fahrzeugkauf von einem gesetzmäßigen Betriebssystem ausgegangen, was bei 39-fach höheren Stickoxidwerten als zulässig nicht gegeben sei. Es liege nach seiner Ansicht eine unzulässige Abschalteinrichtung vor. Die Typgenehmigung hätte nicht erteilt werden dürfen. Er hat behauptet, dass der Vorstand und andere Mitarbeiter die Funktionsweise der Softwaresteuerung und insbesondere auch die Rechtswidrigkeit der eigenen Vorgehensweise aus Gründen des Gewinnstrebens gekannt und in Kauf genommen hätten. Eine folgenlose Nachbesserung durch Aufspielen des Software-Updates sei nicht möglich. Das Software-Update führe zu einem höheren Kraftstoffverbrauch. Der CO²-Ausstoß sei durch das Update gestiegen. Es werde zudem vermehrt Ruß produziert, sodass es zur Verrußung des Partikelfilters komme und das AGR-Ventil, das AGR-Kühlsystem sowie weitere Bauteile einem schnelleren Verschleiß unterliegen würden. Der Kläger hat gemeint, bei dem sog. Thermofenster handele es sich ebenfalls um eine illegale Abschaltvorrichtung i. S. d. Art. 5 Abs. 2 EGVO 715/2007. Sein Anspruch sei auch nicht verjährt. Die Medienberichterstattung über den Dieselskandal ab Herbst 2015 habe dem Kläger keine konkrete Kenntnis über die Betroffenheit seines Fahrzeugs verschafft. Aus dem Rückrufschreiben von Februar 2016 lasse sich eine seitens der Beklagten erfolgte bewusste Manipulation ebenfalls nicht ableiten. Selbst wenn der Anspruch verjährt sei, greife zugunsten des Klägers jedenfalls die Nachhaftung nach § 852 BGB.
Die am 10.12.2020 bei Gericht eingegangene Klage ist der Beklagten am 22.01.2021 zugestellt worden.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs Hersteller: Skoda Fahrzeug-Identifizierungs-Nummer (FIN): T… an die Klagepartei einen Betrag in Höhe von 23.690,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung für die Nutzung des Fahrzeugs zu erstatten, die sich aus folgender Formel ergibt: 75 % x 23.690,00 € x (Kilometerstand im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ‐ Kilometerstand bei Kauf) / (in das Ermessen des Gerichts gestellte Gesamtlaufleistung ‐ Kilometerstand bei Kauf),
2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in dem Klageantrag zu 1 genannten Zug-um-Zug-Leistung im Annahmeverzug befindet,
3. die Beklagte zu verurteilen, die Kosten des außergerichtlichen Vorgehens in Höhe von 1.851,36 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben und hierzu behauptet, der Kläger habe bereits 2015 Kenntnis von der EA-189 Thematik und von der Betroffenheit seines Fahrzeugs erlangt. Spätestens im Februar 2016 habe der Kläger aufgrund eines Informationsschreibens der Beklagten an alle Fahrzeughalter positive Kenntnis von der individuellen Betroffenheit seines Fahrzeugs erhalten; zumindest sei der Kläger grob fahrlässig in Unkenntnis von der Möglichkeit der Klageerhebung geblieben. Ein Anspruch aus § 852 BGB scheide ebenfalls aus. Die Beklagte hat ferner behauptet, dass eine Veränderung der Leistungs- oder Verbrauchsparameter durch das Update nach den Angaben des Kraftfahrzeugbundesamtes ausgeschlossen sei. Das Thermofenster sei zum Schutz der Bauteile zwingend erforderlich. Insbesondere bei niedrigen Temperaturen bestehe die Gefahr der Versottung u. a. des Abgasrückführungs-Kühlers, sofern die Abgasrückführungsrate nicht angepasst werde. Der Einsatz sei in allen Dieselfahrzeugen aller Hersteller üblich.
In der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung vom 16.03.2021 hat der Klägervertreter nicht mitteilen können, ob es sich bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug um einen Neu- oder Gebrauchtwagen handele, auch zum Kilometerstand des Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Kaufes sind keine Angaben erfolgt.
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 30.03.2021 hinsichtlich des Klageantrags zu 1 als unzulässig und im Übrigen als unbegründet abgewiesen: Der Antrag zu 1. genüge nicht den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Klageantrag sei zu unbestimmt, da der Kläger keinen bezifferten Antrag gestellt habe. Zahlungsanträge seien grundsätzlich zu beziffern. Bei der Frage, ob ein Antrag beziffert sei, habe das Gericht auch die Begründung des Antrags heranzuziehen und den begehrten Betrag ggf. durch Auslegung zu ermitteln. Diesem Erfordernis genüge die Formulierung im Antrag „unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung für die Nutzung des Fahrzeugs zu erstatten, die sich aus folgender Formel ergibt: 75 % x 23.690,00 € x (Kilometerstand im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung - Kilometerstand bei Kauf) / (in das Ermessen des Gerichts gestellte Gesamtlaufleistung - Kilometerstand bei Kauf)“ nicht. Dem Gericht sei es weder anhand des Antrags noch unter Beachtung der Antragsbegründung möglich, die konkret vom Kläger begehrte Schadenersatzhöhe zu bestimmen. Der Kläger habe in den eingereichten Schriftsätzen die nach seinem Antrag erforderliche Angabe zum Kilometerstand beim Kauf des streitgegenständlichen Fahrzeuges nicht mitgeteilt. Auch in der mündlichen Verhandlung sei hierzu keine Angabe durch den Kläger erfolgt. Auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 16.03.2021 habe der Prozessbevollmächtigte der Klagepartei lediglich mitgeteilt, dass „der Kilometerstand zum Zeitpunkt des Kaufes… nicht bekannt“ sei. Auch im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 23.03.2021 habe der Kläger den Kilometerstand zum Zeitpunkt des Erwerbes nicht mitgeteilt. Ein weiterer Hinweis oder eine Fristsetzung des Gerichts zur Nennung des Kilometerstandes bei Kauf sei daher nicht erforderlich gewesen. Dem Kläger müsse es durch die ausdrückliche Nennung im Antrag „Kilometerstand bei Kauf“ bewusst gewesen sein, dass diese Angabe für seinen Zahlungsantrag zwingend erforderlich sei. Der Antrag sei auch nicht ausnahmsweise als unbezifferter Antrag zulässig, da mangels Angabe des Kilometerstandes bei Erwerb auch eine Schätzung der Nutzungsentschädigung nicht möglich sei. Der Klageantrag zu 2. sei jedenfalls unbegründet, da der Kläger die Voraussetzungen des Annahmeverzuges nicht dargelegt habe. Der Klageantrag zu 3. bleibe ebenfalls ohne Erfolg. Unabhängig von der Frage, ob dem Kläger überhaupt ein Anspruch auf Zahlung Zug um Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeuges zustehe, sei das Vorbringen des Klägers hierzu unsubstantiiert. Die außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühr sei nach dem Gegenstandswert zum Zeitpunkt des Anspruchsschreibens zu bestimmen. Da dem Kläger ein Schadensersatz nur unter Abzug der Nutzungsvorteile zustehe und bei der Bemessung des Gegenstandswerts nur berechtigt geltend gemachte Positionen einzustellen seien, hätte hierzu zwingend der Vortrag zum Kilometerstand des Fahrzeuges bei Kauf erfolgen müssen. Dies sei - wie dargelegt - indes nicht geschehen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlichen Forderungen im Wesentlichen weiterverfolgt und zur Begründung Folgendes ausführt: Der Klageantrag zu Ziffer 1. sei entgegen der Auffassung des Landgerichts zulässig gewesen; das Gericht hätte vorliegend statt eines konkreten Betrages die sog. „Karlsruher Formel“ tenorieren können. Zudem handele es sich bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug um einen Neuwagen. Aus dem als Anlage K 2 eingereichten Fahrzeugbrief ergebe sich, dass die Erstzulassung des Fahrzeugs ein paar Tage nach Erwerb des Fahrzeugs erfolgt sei. Hieraus lasse sich schließen, dass es sich um ein Neufahrzeug gehandelt habe. Zulasten des Klägers hätte zumindest von einer Laufleistung von Null Kilometern zum Erwerbszeitpunkt ausgegangen werden können. Überdies sei auch aus europarechtlichen Gründen von einer Vorteilsausgleichung abzusehen. Nur so könne den verbraucherschützenden sowie zulassungs- und emissionsrechtlichen europarechtlichen Normen zu ihrer praktischen Wirksamkeit verholfen werden. Auch unter Berücksichtigung des nationalen Rechts sei eine Nutzungsentschädigung jedenfalls nicht in vollem Umfang abzuziehen. Der Anspruch sei auch nicht verjährt. Zum einen handele es sich bei dieser Einrede um eine unzulässige Rechtsausübung der Beklagten, die durch ihr Verhalten den Eindruck erweckt habe, die vom KBA beanstandete Abschalteinrichtung rechtzeitig zu beseitigen. Hierdurch habe sie den Kläger abgehalten, verjährungshemmende Schritte zu ergreifen. Der Kläger habe im Jahr 2015 auch keine Kenntnis von der Betroffenheit seines Fahrzeugs gehabt. Jedenfalls aber bestehe ein Anspruch aus § 852 BGB.
Zu Unrecht habe das Landgericht die Voraussetzungen des Annahmeverzugs verneint. Denn die Beklagte habe sämtliche Ansprüche des Klägers zurückgewiesen, worin eine endgültige Erfüllungsverweigerung zu sehen sei. Spätestens in dem Klageantrag zur Zug-um-Zug-Verurteilung sei das Angebot des Klägers enthalten, das Fahrzeug im Falle der Rückabwicklung zurückzugeben. Entgegen der Auffassung des Landgerichts habe der Kläger auch einen Anspruch auf Erstattung ihm entstandener außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Das außergerichtliche Vorgehen sei zweckmäßig und notwendig gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 30.03.2021 teilweise abzuändern und
1. die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs Hersteller: Skoda Fahrzeug-Identifizierungs-Nummer (FIN): T… an die Klagepartei einen Betrag in Höhe von 23.690,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung für die Nutzung des Fahrzeugs, die sich aus folgender Formel ergibt: Kaufpreis x (aktueller Kilometerstand ‐ Kilometerstand bei Kauf) / (geschätzte Gesamtlaufleistung ‐ Kilometerstand bei Kauf), zu zahlen,
2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in dem Klageantrag zu 1 genannten Zug-um-Zug-Leistung im Annahmeverzug befindet,
3. die Beklagte zu verurteilen, die Kosten des außergerichtlichen Vorgehens in Höhe von 1.851,36 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
Auf den Hinweis des Senats vom 22.11.2021 hat der Kläger unter Vorlage eines DEKRA-Datenblattes vorgetragen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug um ein importiertes Neufahrzeug handele, das zum Zeitpunkt des Erwerbs des Klägers eine Laufleistung von 5 km gehabt habe.
II.
Die Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere gemäß §§ 517 ff. ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
In der Sache bleibt sie jedoch ohne Erfolg.
1. Allerdings ist – jedenfalls in der Berufungsinstanz - der Klageantrag zu Ziffer 1. zulässig.
a) Der Antrag ist bestimmt genug im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn er den Anspruch des Gläubigers ausweist und Inhalt und Umfang seiner Leistungspflicht bezeichnet. Die Höhe des Anspruchs kann dabei auch durch Auslegung unter Berücksichtigung der Klagebegründung ermittelt werden (vgl. Greger in: Zöller, ZPO, 34. Auflage (2022), § 253 ZPO, Rn. 13 m.w.N.).
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist trotz zunächst fehlender Angabe des Kilometerstandes zum Zeitpunkt des Erwerbs des Fahrzeugs der Antrag hinreichend bestimmt. So behauptet der Kläger jedenfalls im Berufungsverfahren unter Verweis auf die eingereichte Zulassungsbescheinigung Teil II sowie dem DEKRA-Datenblatt, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug um ein Neufahrzeug handelt und bei Übergabe des Fahrzeugs einen Kilometerstand von 5 km - so der schriftsätzliche Vortrag des Klägers – bzw. 10 km – so die Angaben des persönlich angehörten Klägers – gehabt habe. Mit diesen Angaben, die eine Berechnung der Nutzungsentschädigung nach der von dem Kläger verwendeten Formel ermöglichen, sind die Bedenken zur hinreichenden Bestimmtheit behoben. Da dieses Vorbringen unstreitig geblieben ist – die Beklagte hat insoweit lediglich Verspätung gerügt -, ist es ungeachtet der Zulassungsgründe des § 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 18.11.2004 – IX ZR 229/03 – Rn. 11ff.).
Soweit der Kläger auf die „sog. Karlsruher Formel“ Bezug nimmt, hat diese mit dem vorliegenden Klageantrag hingegen nichts zu tun. Eine Tenorierung nach dieser Formel stellt bei der Berechnungsformel für die Nutzungsentschädigung auf den Zeitpunkt der Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs ab, der zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ungewiss ist. Die von der Klägerpartei verwendete Formel berechnet die Nutzungsentschädigung hingegen in Abhängigkeit der zurückgelegten Laufleistung zwischen Erwerb des Fahrzeugs und dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, die vollstreckungsrechtlich – wie zuvor ausgeführt - nach Auffassung des Senats unbedenklich ist. Auf die Frage der hinreichenden Bestimmtheit der sog. „Karlsruher Formel“ (hierzu verneinend: OLG Karlsruhe, Urt. v. 31.03.2021 – 13 U 546/20 – Rn. 24ff.) kommt es hier demnach nicht an.
2. Die Klage ist indes unbegründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Schadensersatz. Der Anspruch des Klägers aus §§ 826, 31 BGB ist verjährt (Ziffer a), auch sonstige Anspruchsgrundlagen wegen unerlaubter Handlung scheiden aus (Ziffer b). Dies gilt auch für einen Anspruch aus § 852 BGB (Ziffer c). Dementsprechend kann der Kläger weder die Feststellung des Annahmeverzugs noch die Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten von der Beklagten verlangen (Ziffer d).
a) Ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB ist verjährt.
aa) Die Beklagte hat zwar zumindest mit Billigung eines verfassungsmäßig berufenen Vertreters – und ihr deshalb gemäß § 31 BGB zurechenbar - die Entscheidung getroffen, die Motoren der Baureihe EA189 – ein solcher Motor ist auch in dem streitgegenständliche Fahrzeug verbaut - mit der hier in Rede stehenden Software und ihrer „Umschaltlogik“ auszustatten, diese Motoren in unzählige von der Beklagten und von anderen Unternehmen ihres Konzerns hergestellte Fahrzeuge einzubauen bzw. einbauen zu lassen, für diese Fahrzeuge so eine Typgenehmigung zu erschleichen, und schließlich diese Fahrzeuge, zu denen auch das streitgegenständliche gehört, in den Verkehr zu bringen, um durch verfälschte Messergebnisse die Kaufentscheidungen von potentiellen Kaufinteressenten manipulierend zu beeinflussen und dadurch Kosten zu ersparen, sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen und ihren Umsatz zu erhöhen. Ein solches Verhalten ist auch im Verhältnis zum Kläger, der das Fahrzeug im November 2014 erworben hat, als objektiv und subjektiv sittenwidrig zu bewerten und steht wertungsmäßig einer unmittelbaren arglistigen Täuschung des Klägers gleich (vgl. nur: BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19 - und vom 30.07.2020 – VI ZR 367/19).
Durch dieses einer arglistigen Täuschung gleichstehende sittenwidrige Verhalten ist der Kläger veranlasst worden, im November 2014 den Kaufvertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug zu schließen, den er, hätte er Kenntnis von der illegalen Abschalteinrichtung gehabt, nicht geschlossen hätte. Der dem Kläger aus §§ 826, 249 BGB zustehende Schadensersatzanspruch ist deshalb darauf gerichtet, ihn so zu stellen, als hätte er den Kaufvertrag nicht geschlossen (BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19 – Rn. 55).
bb) Gemäß § 214 Satz 1 BGB ist jedoch die Beklagte berechtigt, die Leistung von Schadensersatz zu verweigern. Denn sie kann sich mit Erfolg auf die Einrede der Verjährung berufen. Die dreijährige Verjährung des § 195 BGB begann nach § 199 Abs. 1 BGB jedenfalls am 31.12.2016 und endete am 31.12.2019. Bei Klageerhebung im Jahr 2020 waren etwaige Ansprüche damit verjährt.
(1) Die Verjährungsfrist des Anspruchs aus § 826 BGB, die sich nach §§ 195, 199 BGB richtet, beträgt drei Jahre und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt die nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderliche Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen im Allgemeinen vor, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich ist (BGH, Versäumnisurt. v. 17.06.2016 - V ZR 34/15 – Rn. 10; BGH, Urt. v. 17.12.2020 – VI ZR 739/20 –Rn. 9ff.). Es ist weder erforderlich, dass der Gläubiger alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können. Auf eine zutreffende rechtliche Würdigung kommt es dabei grundsätzlich nicht an (BGH Urt. vom 08.05.2014 - I ZR 217/12 - Rn. 38). Die Kenntnis ist aber nicht schon dann gegeben, wenn der Geschädigte lediglich von Anknüpfungstatsachen weiß. Für eine Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände muss vielmehr hinzukommen, dass der Geschädigte aus den Anknüpfungstatsachen den Schluss auf eine Pflichtverletzung durch eine bestimmte Person zieht oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gezogen hat. Die Darlegungs- und Beweislast für Beginn und Ablauf der Verjährung und damit für die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB trägt der Schuldner. Soweit es um Umstände aus der Sphäre des Gläubigers geht, hat er an der Sachaufklärung mitzuwirken und erforderlichenfalls darzulegen, was er zur Ermittlung der Voraussetzungen seiner Ansprüche und der Person des Schuldners getan hat (BGH, Versäumnisurt. v. 17.06.2016 - V ZR 34/15 – Rn. 10 ff.).
(2) Ausgehend von diesen Grundsätzen hatte der Kläger jedenfalls im Jahr 2016 Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen des im Jahr 2014 entstandenen deliktischen Anspruchs.
Wie die Beklagte unbestritten vorgetragen hat, hat sie die Halter der betroffenen Fahrzeuge im Februar 2016 über die in ihrem Fahrzeug installierte Abschalteinrichtung sowie das Update und den mit dem KBA abgestimmten Zeit- und Maßnahmenplan informiert. Damit erlangte der Kläger als Kfz-Halter, der das Fahrzeug bereits im Jahr 2014 erworben hatte, spätestens mit diesem Schreiben im Februar 2016 Kenntnis von der konkreten Betroffenheit seines Fahrzeugs sowie von dem Dieselskandal allgemein; letzteres war ihm – auch insoweit unstreitig – auch aufgrund der omnipräsenten Presseberichterstattung seit September 2015 bekannt.Das reicht aus, um die Verjährung mit Ablauf des 31.12.2016 beginnen zu lassen (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2020, VI ZR 739/20 - Rn. 17).
Unabhängig davon wäre dem Kläger wenigstens grob fahrlässige Unkenntnis zur Last zu legen, wenn er den Inhalt des ihm übersandten Schreibens nicht verstanden hätte und gleichwohl untätig geblieben wäre, also beispielsweise Nachfragen bei der Beklagten oder dem Autohaus, in dem er das Fahrzeug erworben hat, unterlassen hatte (so auch OLG Bamberg, Urt. v. 22.09.2021 – 3 U 269/21 – Rn. 39).
(3) Die Verjährung begann auch weder nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB noch nach § 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit der Installation des Software-Updates neu. Unabhängig davon, dass die Beklagte den Schadensersatzanspruch weiterhin nicht anerkennt und der im ungewollten Vertragsschluss liegende Schaden mit dem Software-Update gerade nicht beseitigt wird, liegt darin schon deshalb kein Anerkenntnis, weil die Beklagte das Update – wie der Kläger selbst betont - nach dem verpflichtenden Rückruf auf Anordnung des KBA installieren ließ.
Ein Neubeginn der Verjährung ist aber auch nicht in der Anordnung des KBA zu sehen. Denn diese bezog sich nicht auf den geltend gemachten Schadensersatzanspruch. Überdies erfolgte die Anordnung bereits im September 2015 bzw. spätestens mit Freigabe des Updates im Jahr 2016. Die dreijährige Verjährung wäre selbst dann ebenfalls Ende 2019 abgelaufen, wenn auf die Anordnung des KBA abzustellen wäre (OLG Stuttgart, Urt. v. 12.05.2021 – 9 U 17/21 – Rn. 54f.).
(4) Entgegen der Auffassung des Klägers ist es der Beklagten auch nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen.
Der Kläger meint, die Beklagte habe durch das mit Genehmigung des KBA aufgespielten Software-Updates den Eindruck erweckt, dass die im Fahrzeug installierte Abschalteinrichtung beseitigt worden sei, und damit bewirkt, dass die Klage nicht rechtszeitig erhoben werde. Inwieweit der Kläger hier durch die im Jahre 2016 erfolgte Ankündigung des Software-Updates und das zu einem nicht näher mitgeteilten Zeitpunkt sodann erfolgte Aufspielen des Software-Updates davon abgehalten worden sein soll, bis Ende des Jahres 2019 Klage zu erheben, ist jedoch nicht nachvollziehbar, zumal der eingetretene und mit der Klage geltend gemachte Schaden des Klägers – das Eingehen einer ungewollten Verbindlichkeit – durch das Aufspielen eines Software-Updates nicht zu beseitigen war (ähnlich OLG Karlsruhe, Urt. v. 31.03.2020 – 13 U 693/20 – Rn. 34).
Das Aufspielen des Software-Updates begründet - ungeachtet der Frage, ob damit eine weitere unzulässige Abschalteinrichtung installiert worden ist – auch nicht einen eigenen Anspruch aus § 826 BGB; hierzu fehlt es an jeglichem Tatsachenvortrag dazu, dass für die Beklagte handelnde Personen bei der Entwicklung und/oder Applikation der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine (weitere) unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den - unterstellt - darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen (vgl. BGH, Beschl. v. 09.03.2021 –VI ZR 889/20 – Rn 23ff.; Urt. v. 16.09.2021 – VII ZR 190/20 – Rn 16 f und v. 23.09.2021 – III ZR 200/20 – Rn 21ff.). Im Übrigen fehlt es an der Kausalität zwischen dieser (angeblichen) unerlaubten Handlung in Zusammenhang mit dem Aufspielen des Software-Updates, das frühestens Ende 2016 erfolgt ist, und dem von dem Kläger geltend gemachten Schaden, der in dem Abschluss des (ungewollten) Kaufvertrages vom 03.11.2014 liegt.
b) Der Kläger kann sein Begehren auch nicht auf andere Anspruchsgrundlagen stützen. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, der ebenfalls der dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB unterliegt, ist ebenfalls verjährt und damit nicht mehr durchsetzbar. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 5 VO (EG) Nr. 715/2007 bzw. mit §§ 6, 27 EG-FGV scheitert daran, dass es sich dabei nicht um Schutzgesetze handelt (vgl. BGH, Urt. v. 25.05.2020, VI ZR 252/19 – Rn. 74, sowie Urt. v. 30.07.2020, VI ZR 5/20 – Rn. 13).
c) Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Restschadensersatz aus § 852 Satz 1 BGB, da diese durch Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeugs nichts erlangt hat.
Nach § 852 BGB ist der Ersatzpflichtige auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet (§ 852 Satz 1 BGB). Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf seine Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an (§ 852 Satz 2 BGB). Sobald die Verjährungseinrede erhoben wird, muss das entscheidende Gericht von sich aus auch prüfen, ob ein Anspruch aus § 852 Satz 1 BGB gegeben ist (BGH, Urt. v. 13.10.2015 - II ZR 281/14 – Rn. 31).
aa) Der Anspruch aus § 852 BGB (auch als „Restschadensersatzanspruch“ genannt, vgl. etwa Eichelberger in: Beck-Online, Großkommentar zum BGB, Stand: 01.12.2021, § 852 BGB, Rn. 1 m.w.N.) soll es dem Geschädigten ermöglichen, eine durch die unerlaubte Handlung verursachte Bereicherung des Ersatzpflichtigen auch dann noch abzuschöpfen, wenn der Schadensersatzanspruch bereits verjährt ist. Dem Verletzter sollen nicht die Früchte seines rechtswidrigen Handelns verbleiben (BGH, Urt. v. 26.03.2019 – X ZR 109/16 – Rn. 23).
bb) Ob diese Norm auch in den sogenannten „Dieselfällen“ anwendbar ist (vgl. hierzu die Übersicht in OLG Celle, Urt. v. 04.11.2021 – 7 U 4/21 – Rn. 42, 47ff.) und ob sie nur beim Neuwagenkauf oder auch bei Erwerb eines Gebrauchtwagens (vgl. hierzu zuletzt OLG Köln, Urt. v. 15.12.2021 – 16 U 63/21 – Rn. 51ff., 62ff.) oder – wie hier - eines Importfahrzeugs eingreift, kann hier offen bleiben. Denn jedenfalls hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger nicht hinreichend dargelegt, was die Beklagte, die nicht Herstellerin des streitgegenständlichen Fahrzeugs ist, durch die Veräußerung des Fahrzeugs an den Kläger „erlangt“ hat.
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt die Vorschrift des § 852 Satz 1 BGB eine Rechtsfolgenverweisung auf das Bereicherungsrecht dar. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Bereicherungshaftung nach den Vorschriften der §§ 812 ff. BGB müssen daher nicht gegeben sein (vgl. BGH, Urt. v. 26.03.2019 – X ZR 109/16 – Rn. 15 m.w.N.). Die Verpflichtung des Bereicherungsschuldners besteht darin, das auf Kosten des Gläubigers erlangte Etwas, also genau jenen Vorteil herauszugeben, der ihm unerlaubt zugeflossen ist (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 29.07.2021 – 6 U 934/20 - Rn. 65). Ist die Herausgabe dieses Vorteils seiner Natur nach nicht möglich, ist nach § 818 Abs. 2 BGB grundsätzlich der Wert zu ersetzen (vgl. BGH, Urt. v. 26.03.2019 – X ZR 109/16 - Rn. 16). Das Erlangte im Sinne von § 852 Satz 1 BGB unterscheidet sich von dem Erlangten im Sinne von § 812 BGB allerdings insoweit, dass es nicht auf eine unmittelbare Vermögensverschiebung zwischen Schädiger und Geschädigtem beschränkt ist. Es reicht aus, dass der Erwerb des Schuldners im Verhältnis zu dem Geschädigten unrechtmäßig war und die dadurch entstandene Vermögensvermehrung auf dessen Kosten geht (vgl. BGH, Urt. v. 10.06.1965 – VII ZR 198/63 - Rn. 66 und v. 26.03.2019 – X ZR 109/16 - Rn. 21). Für die Vermögensverschiebung ist eine wirtschaftliche Betrachtung maßgebend. Steht dem Vermögensverlust beim Geschädigten ein entsprechender Vermögenszuwachs beim Schädiger gegenüber, trifft ihn die Herausgabepflicht daher auch dann, wenn ihm die Bereicherung erst durch einen anderen an der Tat Beteiligten zugeflossen oder durch seinen Vertragspartner vermittelt worden ist. Mit dem Begriff „auf Kosten … erlangt” ist in § 852 BGB auf die Handlung abgestellt, durch die die Vermögensverschiebung bewirkt worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 14.02.1978 – X ZR 19/76 - Rn. 62 f.). § 852 Satz 1 BGB sieht danach gleichwohl eine nicht unwesentliche Einschränkung des Schadensersatzanspruchs vor, weil der Verletzer nunmehr nur noch dasjenige herauszugeben hat, was er durch die Verletzung auf Kosten des Verletzten erlangt hat; für einen Schaden, dem kein eigener wirtschaftlicher Vorteil entspricht, muss er dagegen nicht mehr einstehen (vgl. BGH, Urt. v. 26.03.2019 – X ZR 109/16 – Rn. 23).
(2) Ausgehend von diesen Grundsätzen fehlt es – trotz Hinweises des Senats im Termin am 08.12.2021 und auch unter Berücksichtigung des ergänzenden Vortrages des Klägers mit dem insoweit nachgelassenen Schriftsatz vom 17.12.2021 - an hinreichendem Vortrag des Klägers zu einem von der Beklagten auf seine Kosten erlangten wirtschaftlichen Vorteil.
(a) Dies gilt zunächst, soweit der Kläger darauf abstellt, die Beklagte habe, obwohl nicht sie, sondern ihre Tochtergesellschaft, die Skoda Auto a.s., Herstellerin und Erstverkäuferin des streitgegenständlichen Fahrzeugs ist, den Kaufpreis abzüglich der Händlermarge erlangt.
Aus dem vom Kläger angeführten Umstand, dass die Herstellerin eine 100%ige Tochtergesellschaft der Beklagten sei, die wirtschaftlich und finanziell unselbständig sei, folgt zunächst nur, dass die Beklagte sämtliche Geschäftsanteile an der Herstellerin hält. Der Umsatzerlös aus dem Verkauf eines von der Tochtergesellschaft hergestellten Fahrzeugs begründet weder unmittelbar noch mittelbar einen damit deckungsgleichen Wertzuwachs des Geschäftsanteils der Muttergesellschaft.
Auch aus der konzernrechtlichen Verbundenheit der Beklagten und der Herstellerin und (Erst-)Verkäuferin des Fahrzeugs lässt sich nichts anderes herleiten. Dies ändert nichts daran, dass es sich jeweils um rechtlich selbständige (Konzern)gesellschaften handelt. So ist es nicht etwa die Konzernverbundenheit, die die dem Anspruch aus § 852 BGB zugrunde liegende Haftung der Beklagten als Herstellerin des Motors aus § 826 BGB für einen in dem ungewollten Kaufvertrag über ein von der Tochtergesellschaft hergestelltes Fahrzeug liegenden Schaden des Käufers begründet, sondern der Umstand, dass die Beklagte mit der Herstellung des Motors auch für Fahrzeugmodelle ihrer Tochtergesellschaften die Typgenehmigungsbehörde – je nach Kenntnisstand der Verantwortlichen der Tochtergesellschaften als mittelbare Täterin oder als Mittäterin/Teilnehmerin (§ 830 BGB) - arglistig getäuscht hat (vgl. nur: BGH, Urt. v. 11.05.2021 – VI ZR 80/20 – Rn. 12). Ebenso kann nach der Rechtsprechung des BGH, die der Senat teilt, die Haftung einer Tochtergesellschaft für einen von der Beklagten hergestellten Motor nicht im Wege einer Wissenszurechnung gemäß § 166 BGB aus der Konzernverbundenheit der beiden Unternehmen hergeleitet werden (BGH, Urt. v. 25.11.2021 – VII ZR 238/20 – Rn. 23). Für die wirtschaftliche Zuordnung eines – wie hier – von einer Konzerntochter vereinnahmten Veräußerungserlöses zum Vermögen der Beklagten gilt, selbst wenn man – konkreten Vortrag dazu hält der Kläger in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 17.12.2021 nicht - davon ausgeht, dass zwischen der Beklagten und ihren Tochtergesellschaften Gewinnabführungsverträge geschlossen worden sind, nichts anderes. Selbst in diesem Fall könnte die Beklagte allenfalls einen Anteil an einem etwaigen Gesamtgewinn der Skoda Auto a.s. im Geschäftsjahr 2014 erlangt haben, der auf einen Gewinn aus dem streitgegenständlichen Veräußerungsgeschäft entfällt, nicht jedoch einen solchen im Wert des an die Skoda Auto a.s. gezahlten Kaufpreises (abzüglich Händlermarge). Ein derartiger Vermögensvorteil der Beklagten, der zudem bezogen auf einen einzelnen Kaufvertrag lediglich marginal und zudem kaum ermittelbar wäre, wird vom Kläger jedoch nicht geltend gemacht.
Der Verweis auf Geschäftsberichte der Beklagten, in denen die Ergebnisse der Fahrzeugverkäufe aller Marken und der Beklagen und ihrer Tochtergesellschaften konsolidiert werden, steht dieser Beurteilung nicht entgegen, da die Beklagte hiermit lediglich ihrer bilanzrechtlichen Verpflichtung nachkommt, die Vermögenslage so darzustellen, als ob diese Unternehmen insgesamt ein einziges Unternehmen wären (§ 297 Abs. 3 Satz 1 HGB). Die Funktion eines solchen Konzernabschlusses ist jedoch nicht etwa die Zuordnung von Vermögenswerten der Tochtergesellschaften oder Gläubigeransprüchen zum Vermögen der Muttergesellschaft, sondern lediglich die informatorische Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der größeren Wirtschaftseinheit Konzern (Baumbach/Hopt, HGB, 40. Aufl., § 297 Rn. 2).
(b) Der Kläger kann seinen Anspruch aus § 852 BGB auch nicht – teilweise - darauf stützen, die Beklagte habe jedenfalls den Anteil an dem an die Skoda Auto a.s. geflossenen Kaufpreises erlangt, der auf die von ihr hergestellten Bauteile des Fahrzeugs entfalle, insbesondere den von ihr hergestellten Motor, der allein 15 % des Kaufpreises ausmache. Dieser Vortrag reicht ersichtlich nicht aus.
Soweit der Kläger geltend macht, es sei davon auszugehen, dass die Beklagte außer dem Motor noch weitere Teile des Fahrzeugs hergestellt habe, handelt es sich allenfalls um eine Vermutung ohne jeglichen greifbaren Anhaltspunkt.
Für die Behauptung, der Motor mache 15 % des Kaufpreises aus, gilt nichts anderes. Diese Behauptung ist bereits deshalb unbehelflich, weil sich diese Angabe in dem am 02.06.2013 in Welt-Online veröffentlichten Artikel auf den durchschnittlichen Anteil des Motors an einem vom Käufer zu zahlenden Nettokaufpreis eines Autos, gleich welchen Herstellers bezieht. In einem mittelbaren Zusammenhang zu dem konkreten Verkauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs durch die Skoda Auto a.s. kann die Beklagte aber für den von ihr hergestellten Motor nur den zwischen ihr und ihren Tochtergesellschaften vereinbarten Verrechnungspreis erlangt haben. Dass dieser für ein und denselben Motor EA189 nach dem Anteil an dem für unterschiedliche Fahrzeugmodelle der Tochtergesellschaften der Beklagten unterschiedlichen Verkaufspreis bemessen wird, ist jedoch – auch für den Kläger erkennbar - nicht plausibel. Dem kann der Kläger auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass er keinen Einblick in die internen Strukturen der Beklagten habe, so dass eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten greife. Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des in Anspruch genommenen, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Sie befreit die primär darlegungsbelastete Partei auch nicht davon, hinreichende Anhaltspunkte für die von ihr behauptete Tatsache darzulegen (vgl. BGH, Urt. v. 08.03.2021 – VI ZR 505/19 – Rn. 25 ff. m.w.N.).
d) Einen Anspruch auf Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs im Annahmeverzug befand, hat der Kläger mangels Bestehens eines Hauptanspruchs nicht. Der geltend gemachte Nebenanspruch auf Erstattung ihm entstandener außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten teilt ebenfalls das Schicksal der Hauptforderung.
III.
1. Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
2. Eine Revisionszulassung ist nicht veranlasst, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch die Revision zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen ist (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Entscheidung orientiert sich an den gefestigten Grundsätzen der obergerichtlichen Rechtsprechung.
3. Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO.