Gericht | VG Cottbus 1. Kammer | Entscheidungsdatum | 13.01.2022 | |
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Aktenzeichen | VG 1 K 509/20 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2022:0113.1K509.20.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 14 Abs 5 S 2 Nr 2 S 1 Alt 3 HSchulG BB, § 54 VwVfG |
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist für die Beklagte hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Kläger wendet sich gegen seine Exmatrikulation, die mit der Nichterfüllung der in einer Studienverlaufsvereinbarung festgelegten Anforderungen begründet wurde.
Der am 13. Juli 1990 geborene Kläger studiert an der Technischen H ... (nachfolgend vereinfachend: die Hochschule) ab dem Wintersemester 2014 in dem Bachelor-Studiengang Luftfahrttechnik/Luftfahrtlogistik. Seinem Studium liegt die Studien- und Prüfungsordnung für den Bachelor-Studiengang Luftfahrttechnik/Luftfahrtlogistik Bachelor of Engineering (B. Eng.) vom 28. April 2010 (nachfolgend: StPO, Amtliche Mitteilungen der TH W ... Nr. 5/2010 vom 29. April 2010) in der Fassung ihrer 1. Änderung vom 03. November 2011 (Amtliche Mitteilungen Nr. 16/2011 vom 03. November 2011) zu Grunde. Nach § 26 StPO beträgt die Regelstudienzeit des Studiengangs im Vollzeitstudium 6 Semester.
Das seinerzeitige Sachgebiet „Studentische Angelegenheiten“ der Hochschule wies den Prüfungsausschuss des Fachbereichs Ingenieur- und Naturwissenschaften (INW) unter dem 10. April 2019 darauf hin, dass sich der Kläger nunmehr im 10. Fachsemester befinde und dass Studierende nach § 4 Abs. 3 der Rahmenordnung der TH W ... (RO) vom 14. September 2017 (Amtliche Mitteilungen Nr. 46/2017 vom 14. September 2017) eine nach dem Regelstudienplan erforderliche Prüfung innerhalb einer Frist von weiteren 4 Semestern erfolgreich abgelegt haben müssten. Dem Kläger stehe daher ein Anspruch auf eine Studienfachberatung zu.
Zu diesem Zeitpunkt waren ausweislich einer Bescheinigung über Prüfungsergebnisse vom 07. April 2020 aus dem 2. Semester die Prüfungen in den Modulen „Mathematik II“ und „Mechanik und Bauelemente der LT II“ und aus dem 4. Semester die Module „Recht in der Luftfahrt“ sowie „Safety/Security“ offen.
Hinsichtlich des Moduls „Recht in der Luftfahrt“ war der Kläger bei 4 Prüfungsterminen durch ein Attest entschuldigt, bei einem Prüfungstermin abgemeldet („AB“) und bei einem Termin unentschuldigt nicht anwesend („NA“); hinsichtlich dieses Termins am 19. September 2017 wurde das Modul dementsprechend mit „nicht bestanden“ (5,0) bewertet.
Hinsichtlich des Moduls „Safety/Security“ war der Kläger bei 2 Prüfungsterminen durch ein Attest entschuldigt, bei 2 Prüfungsterminen als anwesend („AN“) und bei einem Prüfungstermin als abwesend („AB“) verzeichnet. Der Termin am 21. September 2017 wurde ebenfalls wegen unentschuldigter Abwesenheit mit „nicht bestanden“ (5,0) bewertet.
Die Vorsitzende des Prüfungsausschusses lud den Kläger unter dem 29. April 2019 für den 27. Mai 2019 zu einer Studienfachberatung ein. Der Kläger werde darauf aufmerksam gemacht, dass er unter anderem dann zu exmatrikulieren sei, wenn er die in der Studienverlaufsvereinbarung festgelegten Anforderungen bis zum gesetzten Zeitpunkt in zu vertretender Weise nicht erfüllt habe.
Der Inhalt der Beratung vom 27. Mai 2019 geht aus einem teilweise vorgedruckten, teilweise maschinenschriftlich komplettierten Formular hervor, das von dem Studiengangsprecher und dem Kläger unterzeichnet wurde.
Unter der Rubrik „Studienverlaufsvereinbarung (Ziele, Maßnahmen, Termine)/ggf. Gründe der Ablehnung“ heißt es:
„Der Studierende ist belehrt worden und stimmt zu, dass er die folgende Prüfungen bis zum angegebenen Termin spätestens ablegen muss:
Modul/Fach Prüfung spätestens abzulegen bis zum
Mathematik II 31.8.2019
Mechanik und Bauelemente der LT II 31.8.2019
Recht in der Luftfahrt 31.8.2019
Safety/Security 31.8.2019
Der Studierende ist darüber hinaus belehrt worden, dass er sein Studium inklusive aller Prüfungen sowie der anzufertigenden Bachelorarbeit (inkl. Verteidigung dieser Arbeit) bis zum 31.1.2020 abgeschlossen haben muss.
Hält der Studierende eine der o. g. Fristen nicht ein, so erfolgt seine Exmatrikulation.
Der Studierende erhält im Anschluss an das Gespräch eine Kopie dieser Vereinbarung.“
Mit Schreiben vom 06. Juni 2019 teilte die Vorsitzende des Prüfungsausschusses dem Kläger mit, der Ausschuss habe die Studienverlaufsvereinbarung unter Berücksichtigung von dessen persönlicher Situation bestätigt. Für den Fall, dass die aufgrund der Vereinbarung wahrzunehmenden Prüfungstermine aus gesundheitlichen Gründen nicht eingehalten werden könnten, sei binnen 3 Tagen nach dem Prüfungstermin ein amtsärztliches Gutachten beizubringen, ansonsten würden die in der Studienverlaufsvereinbarung vorgesehenen Prüfungstermine als nicht erfolgreich absolviert gelten. Die abschließende Rechtsbehelfsbelehrung verweist auf die Möglichkeit des Widerspruchs.
In den Modulen „Recht in der Luftfahrt“ und „Safety/Security“ bot die Hochschule im Sommersemester 2019 am 12. Juli 2019 und 04. Juli 2019 Prüfungen an.
Hinsichtlich der Modulprüfung vom 12. Juli 2019 zeigte der Kläger am selben Tag eine Prüfungsverhinderung an und legte ein amtsärztliches Gesundheitszeugnis vom 15. Juli 2019 vor, das eine Prüfungsunfähigkeit für den Prüfungstag attestiert.
Hinsichtlich der Modulprüfung vom 04. Juli 2019 zeigte der Kläger ebenfalls am selben Tag seine Prüfungsverhinderung an und legte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Prüfungstag sowie ein amtsärztliches Gesundheitszeugnis vom 04. Juli 2019 vor.
Der Prüfungsausschuss erkannte die Verhinderungen hinsichtlich beider Module mit der Maßgabe an, dass die Prüfungen in der nächsten Prüfungsperiode durchgeführt werden.
Mit einem im Betreff als „Einhaltung Ihrer Studienverlaufsvereinbarung – Prüfungserbringung Ergänzung zur Studienverlaufsvereinbarung“ bezeichneten Schreiben vom 29. August 2019 wies die Vorsitzende des Prüfungsausschusses den Kläger im Wesentlichen auf Folgendes hin:
„… Für die Module „Recht in der Luftfahrt“ und „Safety/Security“ haben Sie Anträge für die Anzeige einer Prüfungsverhinderung gemeinsam mit dem gewünschten amtsärztlichen Attest eingereicht. Aufgrund dessen konnte die Studienverlaufsvereinbarung nicht erfüllt werden.
Für den Fall, dass im September 2019 erneut eine Verhinderung aus gesundheitlichen Gründen angezeigt wird, sieht der Prüfungsausschuss als Auflage die Ableistung der Prüfungen in den oben genannten Modulen am 1. Tag nach dem Wiedereinsetzen der Prüfungstauglichkeit vor.
Wir möchten Sie auf diese Art und Weise unterstützen und ihnen einen zeitnahen Abschluss ihrer Module, die Einhaltung der Studienverlaufsvereinbarung und letztendlich den Abschluss ihres Studiums ermöglichen.
Dazu melden Sie sich unverzüglich am ersten Tag der Prüfungstauglichkeit zu den Sprechzeiten im Dekanat des Fachbereichs INW im Haus 19. Die vorgesehenen Klausuren sind dort unter Aufsicht und Prüfungsbedingungen zu schreiben. Diese Verfahrensweise wird ebenfalls für das Modul „Mathematik II“ praktiziert, falls sie wegen Krankheit verhindert sind und dies entsprechend belegen (Hervorhebungen im Original)“.
Das Schreiben vom 29. August 2019 enthält abschließend eine Rechtsbehelfsbelehrung, die auf die Möglichkeit des Widerspruchs verweist; es wurde dem Kläger am 04. September 2019 durch Postzustellungsurkunde zugestellt.
Die ausstehenden Prüfungen des 2. Semesters in den Modulen „Mathematik II“ sowie „Mechanik und Bauelemente der LT II“ absolvierte der Kläger erfolgreich am 09. September 2019 und 08. Juli 2019.
In den Modulen „Recht in der Luftfahrt“ und „Safety/Security“ bot die Hochschule im Wintersemester 2019 am 20. September 2019 und 12. September 2019 Prüfungen an.
Hinsichtlich der Modulprüfung vom 20. September 2019 zeigte der Kläger am 19. September 2019 seine Prüfungsverhinderung für den Zeitraum 19. September bis 01. Oktober 2019 an und legte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Zeitraum 19. September bis 30. September 2019 sowie ein amtsärztliches Gesundheitszeugnis vom 19. September 2019 vor, in dem es heißt:
„Herr … stellte sich heute im Gesundheitsamt vor und wurde symptomorientiert untersucht.
Nach Bewertung der Anamnese, des vorgelegten ärztlichen Attestes vom 19.09.2019, unter Rücksicht auf die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes sowie auf die Untersuchungsbefunde liegt eine akute Erkrankung vor, die am 20.9.2019 Prüfungsunfähigkeit bedingt.
Auf Grund der vorliegenden Erkrankung ist Herr … am 20.09.2019 für die Prüfung „Recht in der Luftfahrt“ untauglich.
Mit dem Wiedereinsetzen von Prüfungstauglichkeit ist voraussichtlich ab dem 01.10.2019 zu rechnen.“
Hinsichtlich der Modulprüfung vom 12. September 2019 zeigte der Kläger am selben Tag eine Prüfungsverhinderung für den Zeitraum 11. bis 13. September 2019 an und legte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für diesen Zeitraum sowie ein amtsärztliches Gesundheitszeugnis vom 12. September 2019 vor, das eine Prüfungsunfähigkeit vom 12. September 2019 bis voraussichtlich 19. September 2019 attestiert.
Der Prüfungsausschuss erkannte die Verhinderungen hinsichtlich beider Module mit der Maßgabe an, dass die Prüfungen „in der nächsten Prüfungsperiode“ durchgeführt werden; von dieser „Maßgabe“ erhielt ausschließlich das Sachgebiet Studentische Angelegenheiten Kenntnis.
Mit E-Mail vom 21. Oktober 2019 wandte sich der Kläger an den Prüfungsausschuss.
Er habe die Klausuren wegen „gesundheitlicher und persönlicher“ Probleme nicht geschrieben und habe auf einen Brief oder eine E-Mail des Ausschusses gewartet, weil er nicht gewusst habe, was er tun solle. Er habe heute versucht, den Prüfungsausschuss telefonisch zu erreichen. Auf dem Schreiben ist handschriftlich vermerkt: „Keine Antwort, da Ex. aussteht.“.
Mit einem dem Kläger am 06. November 2019 durch Einschreiben/Rückschein zugestellten Bescheid vom 28. Oktober 2019 exmatrikulierte die Beklagte den Kläger zum 30. November 2019.
Die Beendigung der Hochschulmitgliedschaft beruhe auf § 10 Abs. 4 der Immatrikulationsordnung der Technischen Fachhochschule W ... vom 08. Februar 2001 (ImmO - Amtliche Mitteilungen Nr. 1/2001 vom 08. Februar 2001) i. V. m. § 14 Abs. 5 Nr. 2 des Brandenburgischen Hochschulgesetzes (BbgHG). Der Kläger habe die Module „Recht in der Luftfahrt“ und „Safety/Security“ entgegen seiner Verpflichtung aus der Studienverlaufsvereinbarung nicht abgeschlossen. Er habe ebenfalls nicht von der ihm mit Schreiben vom 29. August 2019 eingeräumten „Möglichkeit“ Gebrauch gemacht, die Module außerhalb der Prüfungszeit abzulegen.
Der Kläger erhob mit Schreiben vom 22. November 2019, das in Schriftform am selben Tag bei der Hochschule einging, Widerspruch gegen die Exmatrikulation.
Zur Begründung des Rechtsbehelfs führte er im Wesentlichen aus:
Er habe sich auf die Klausuren im September 2019 intensiv vorbereitet, diese jedoch nicht schreiben können, weil sein „physisches und psychisches Wohlbefinden“ und damit auch seine Prüfungsfähigkeit durch die von ihm nachfolgend bezeichneten acht Punkte – darunter finden sich: „private Schwierigkeiten“ und „die vor kurzem geschlossene Ehe“ – beeinflusst worden sei. Der Inhalt des Schreibens vom 29. August 2019 habe ihn „sehr verwirrt“, insbesondere, dass er die Klausuren im Dekanat habe nachschreiben sollen. Am 09. September 2019 habe er sich mit dem Brief zum Dekanat begeben, um die weitere Vorgehensweise abzuklären. Das Dekanat habe ihm aber nicht sagen können, wann die Klausuren geschrieben werden. Ihm sei lediglich mitgeteilt worden, dass er im Dekanat schreiben solle. Die Ärztin habe ihm empfohlen, sich auch für den Oktober 2019 krankschreiben zu lassen, er habe jedoch die Klausuren schreiben wollen. Er habe in den ersten beiden Wochen des Oktober auf einen Brief gewartet.
Der Prüfungsausschuss des Fachbereichs beschloss am 16. Dezember 2019, dem Widerspruch nicht abzuhelfen. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen, der Kläger sei am 01. Oktober 2019 wieder prüfungsfähig gewesen, habe sich jedoch weder im Dekanat gemeldet noch auf anderem Wege Kontakt aufgenommen.
Die Entscheidung des Prüfungsausschusses teilte die Beklagte dem Kläger mit einer entsprechenden Begründung in einem Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2020, dem Kläger zugestellt am 05. Februar 2020, mit.
Der Kläger hat am 02. März 2020 Klage erhoben.
Zur Begründung des Rechtsbehelfs wiederholt der Kläger persönlich – der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat sich in der Sache nicht geäußert – seinen bisherigen Vortrag und führt ergänzend aus:
Die Mitarbeiterin im Dekanat habe ihm am 09. September 2019 nicht weiterhelfen können und habe ihm empfohlen, Kontakt mit der Vorsitzenden des Prüfungsausschusses aufzunehmen, um einen Termin abzuklären. Nach dem Telefonat mit dem Prüfungsausschuss am 10. September 2019 sei das „Missverständnis“ entstanden, dass ihm ein neuer Termin für die letzten beiden Klausuren genannt werde, obwohl er für den gesamten September krankgeschrieben gewesen sei. Im Oktober 2019 sei ihm ungeachtet seiner E-Mail vom 21. Oktober 2090 kein Termin benannt worden. Er habe ein Recht auf Wiederholung der Prüfungsversuche, die er „nicht aufgebraucht“ habe. Die Studienverlaufsvereinbarung sei ungerechtfertigt und unter Druck abgeschlossen worden. An sich stünden jedem Studenten 3 Prüfungsversuche zu, ihm seien jedoch Versuche auf Anforderung des Studiengangsleiters gestrichen worden. Das habe bereits vor Unterzeichnung der Vereinbarung zu Diskussionen geführt. Bei Nicht-Bestehen „des zweiten Prüfungsversuchs sollte ein tatsächlicher Drittversuch eingeräumt werden“. Darüber hinaus sei der Abschluss des Studiums in der Vereinbarung mit 31. Januar 2020 „falsch datiert“, der Abschluss habe erst am 31. August 2020 erfolgen sollen. In den Modulen „Recht in der Luftfahrt“ und „Safety/Security“ habe er bereits Teilleistungen bestanden. Hinsichtlich des Schreibens vom 29. August 2019 sei darauf hinzuweisen, dass die Studienordnung zwei Prüfungen an einem Tag untersage. Nach einer „schweren Erkrankung“ sei das erst recht nicht zumutbar. Nach dem Gespräch im Dekanat am 10. September 2019 sei es seiner Auffassung nach „Konsens des Gesprächs“ gewesen, dass für die beiden letzten Prüfungen gesonderte Termine im Oktober veröffentlicht werden würden. Darüber hinaus sei ihm „gesagt (worden), dass er … einen Drittversuch bekommen werde, falls … (er) nicht die Prüfungen bestehen sollte“. Da der Prüfungsablauf weiterhin unklar gewesen sei, habe er auf eine Terminierung der Prüfungen gewartet.
Der Kläger hat schriftlich sinngemäß beantragt,
den Bescheid vom 28. Oktober 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2020 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Klage sei offensichtlich unbegründet. Der Kläger habe seinen Verpflichtungen aus der Studienverlaufsvereinbarung und dem Bescheid vom 29. August 2019 nicht genügt. Er habe sich schuldhaft weder am ersten Tag nach Wiederherstellung der Prüfungsfähigkeit am 01. Oktober 2019 noch anschließend bemüht, die Prüfungen abzulegen. Die Aufforderung vom 29. August 2019 sei unmissverständlich gewesen.
Die Kammer hat den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 16. September 2021 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Hochschule (1 Hefter) Bezug genommen. Die Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Gerichts.
I. 1. Das Gericht hat das Rubrum dahingehend berichtigt, dass die Präsidentin der Technischen Hochschule W ..., die den Ausgangs- und den Widerspruchsbescheid als Behörde erlassen hat, und nicht, wie in der vom Kläger persönlich formulierten Klageschrift vom 27. Februar 2020 angegeben, die Hochschule als Körperschaft des öffentlichen Rechts beklagt ist, § 78 Abs. 1 Nr. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. § 8 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 des Gesetzes über die Errichtung der Verwaltungsgerichtsbarkeit und zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung im Land Brandenburg (Brandenburgisches Verwaltungsgerichtsgesetz - BbgVwGG).
2. Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist und auch nicht vertreten war, denn sein Prozessbevollmächtigter ist am 28. September 2021 unter Hinweis auf diese Möglichkeit und auch im Übrigen ordnungsgemäß geladen worden, § 102 Abs. 2 VwGO.
II. Die Klage ist als Anfechtungsklage, § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO, statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Der Exmatrikulationsbescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
1. Rechtsgrundlage der Exmatrikulation des Klägers wegen Nichterfüllung seiner Verpflichtungen aus der Studienverlaufsvereinbarung ist in dem maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. zuletzt: Urt. d. Kammer v. 15. Juli 2021 – VG 1 K 1683/20 –, juris Rn. 34; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 12. September 1979 – IX 2919/78 –, juris Rn. 31) – ausschließlich (vgl. Urt. d. Kammer v. 15. Juli 2021 – VG 1 K 1640/20 –, juris Rn. 23 ff.) – § 14 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 3. Alt. des Brandenburgischen Hochschulgesetzes vom 28. April 2014 (GVBl. I Nr. 18), dieser zuletzt geändert durch Art. 2 Nr. 3 des Gesetzes zur Änderung hochschulrechtlicher und anderer Vorschriften vom 20. September 2018 (GVBl. I Nr. 21).
Nach dieser Bestimmung – auf die der Kläger in der Einladung zu der Studienfachberatung vom 29. April 2019 hingewiesen wurde, § 14 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 S. 2 BbgHG – sind Studierende (auch) dann zu exmatrikulieren, wenn sie die in einer Studienverlaufsvereinbarung gemäß § 20 Abs. 3 S. 3 BbgHG festgelegten Anforderungen bis zum festgesetzten Zeitpunkt in zu vertretender Weise nicht erfüllt haben.
Die Exmatrikulation eines Studierenden ist nach dieser Bestimmung damit ohne weitergehende Einschränkungen zulässig, wenn diesem nach der in der Studienverlaufsvereinbarung benannten Frist in auch nur einem Modul eine von ihm verschuldete Fristsäumnis zur Last fällt. In diesem Fall entfallen weitere Prüfungsversuche, die ihm ansonsten nach der jeweiligen Prüfungsordnung zugestanden hätten. Diese Rechtsfolgen auf der „zweiten Stufe des Sanktionssystems der §§ 14, 20, 21 BbgHG“ (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung zu einem Gesetz zur Neuregelung des Hochschulrechts des Landes Brandenburg, LT-Drs. 5/8370, Begründung S. 9 [zu § 14 Abs. 5 BbgHG n. F.]) rechtfertigen sich daraus, dass der Studierende ohnehin in der Pflicht ist, sein bereits zeitverzögertes Studium beschleunigt abzuschließen und daher nach § 21 Abs. 2 S. 2 BbgHG auch an einer Studienfachberatung teilzunehmen; gelingt es dem Studierenden ungeachtet der Hilfestellung durch die Studienfachberatung nach § 20 Abs. 3 S. 3 BbgHG weiterhin schuldhaft nicht, die Inhalte des Studiums fristgerecht und erfolgreich nachzuweisen, ist die Beendigung seiner Hochschulmitgliedschaft auch vor dem Hintergrund der Berufsfreiheit des Art 12 Abs. 1 GG bedenkenfrei (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 05. Februar 2010 – OVG 5 M 12.09 –, juris Rn. 8 [zur Verlängerung der Prüfungsfrist]).
So liegt es auch hier. Der Kläger hat seiner Verpflichtung aus § 21 Abs. 2 S. 2 BbgHG und § 4 Abs. 3 RO – Studierende, die eine nach dem Regelstudienplan in der studiengangsspezifischen Ordnung erforderliche Prüfung nicht innerhalb einer Frist von weiteren 4 Semestern erfolgreich abgelegt haben, sind verpflichtet, an einer Studienfachberatung nach § 20 Abs. 3 BbgHG teilzunehmen, deren Ergebnis in einem Studienverlaufsplan festgehalten wird, § 4 Abs. 4 RO – mit der Teilnahme an der Fachberatung vom 27. Mai 2019 genügt. Der Kläger befand sich im Sommersemester 2019 bereits in seinem 10. Fachsemester und er hatte die Regelstudienzeit des § 26 StPO von 6 Semestern damit deutlich überschritten; auch die Prüfungen in den Modulen „Recht der Luftfahrt“ und „Safety/Security“ waren dem Studienplan in seiner Fassung vom 03. November 2011 nach jeweils im 4. Semester abzulegen. Vor diesem Hintergrund ist die Behauptung des Klägers, die Studienverlaufsvereinbarung sei unter Druck abgeschlossen worden, zwar zutreffend, jedoch rechtsunerheblich; seine Auffassung, die Vereinbarung sei „ungerechtfertigt, trägt nicht.
Die Studienverlaufsvereinbarung als öffentlich-rechtlicher Vertrag (VG Cottbus, Urt. v. 15. Juli 2021 – VG 1 K 1640/20 –, juris Rn. 34) i. S. v. § 1 Abs. 1 S. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg (VwVfGBbg) i. V. m. § 54 S. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) unterliegt keinen rechtlichen Bedenken, insbesondere ist für eine Nichtigkeit im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 VwVfGBbg i. V. m. § 59 Abs. 1 und 2 VwVfG weder etwas hinreichend vorgetragen noch ersichtlich. Aus welchen Gründen der Abschluss des Studiums in der Vereinbarung auf den 31. Januar 2020 „falsch datiert“ gewesen sein sollte, erschließt sich dem Gericht ebenfalls nicht.
Die Vereinbarung ist insbesondere, anders als in vergleichbaren Verfahren, hinreichend klar dahingehend formuliert, dass die offenen Prüfungen in den bezeichneten vier Modulen innerhalb der Frist mit einem positiven Prüfungsergebnis abzuschließen sind. Zwar mag die Formulierung in der Vereinbarung, wonach der Kläger die nachfolgenden Prüfungen bis zum angegebenen Termin „spätestens ablegen“ müsse, für sich genommen nicht hinreichend deutlich machen, dass die Prüfungen nicht nur abzulegen, sondern mit einem positiven Prüfungsergebnis zu beenden sind; jedenfalls die nachfolgenden Hinweise, der Kläger habe sein Studium inklusive aller Prüfungen sowie der anzufertigenden Bachelorarbeit (und inklusive der Verteidigung dieser Arbeit) bis zum 31. Januar 2020 abzuschließen und er werde exmatrikuliert, wenn er „eine der oben genannten Fristen nicht (…) (einhalte)“, verdeutlichen dieses Erfordernis – das sich im Übrigen auch aus dem Sinn und Zweck einer Studienfachberatung ergibt (VG Cottbus, Urt. v. 15. Juli 2021 – VG 1 K 1683/20 –, juris Rn. 36) – jedoch.
Der Kläger hat die in der Studienverlaufsvereinbarung festgelegten Anforderungen bis zum gesetzten Zeitpunkt auch in von ihm zu vertretender Weise nicht erfüllt.
Zwar hat der Kläger die Prüfungen in den Modulen „Recht der Luftfahrt“ und „Safety/Security“ – den von ihm vorgelegten amtsärztlichen Zeugnissen nach – entschuldigt versäumt, die an sich bis zum 31. August 2019 fälligen Prüfungsleistungen jedoch nicht nach Beendigung seiner Krankschreibung ab dem 01. Oktober 2019 unverzüglich nachgeholt. Hierzu war er jedoch jedenfalls dem Bescheid der Vorsitzenden des Prüfungsausschusses des Fachbereichs vom 29. August 2019 nach verpflichtet.
Ob und in welchem Umfang der Bescheid vom 29. August 2019 rechtlichen Bedenken unterliegen könnte – etwa, weil nach § 8 Abs. 5 S. 2 StPO mehr als eine Prüfung pro Tag unzulässig ist –, kann dahinstehen. Die Formulierungen des Schreibens („sieht der Prüfungsausschuss als Auflage die Ableistung der Prüfungen am 1. Tag nach dem Wiedereinsetzung der Prüfungstauglichkeit vor“ [Hervorhebung durch das Gericht]) und seine sonstigen Gestaltung, etwa die Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung, verdeutlichen, dass der Prüfungsausschuss die weitere Ausgestaltung des Prüfungsverhältnisses für den Kläger verbindlich in Gestalt eines Verwaltungsaktes, § 1 Abs. 1 S. 1 VwVfGBbg i. V. m. § 35 S. 1 VwVfG, regeln wollte, und der dem Kläger am 04. September 2019 zugestellte Bescheid wurde nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist des § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO damit bestandskräftig.
Den von Seiten des Klägers vorgelegten ärztlichen Unterlagen nach bestand jedenfalls seit dem 01. Oktober 2019 Prüfungsfähigkeit und der Kläger wäre verpflichtet gewesen, sich an diesem Tag im Dekanat des Fachbereichs zu melden und die Klausuren dort unter Prüfungsbedingungen zu schreiben. Ungeachtet der Bestandskraft des Bescheides vom 29. August 2019 trägt der Verweis des Klägers auf § 8 Abs. 5 S. 2 SPO auch in diesem Zusammenhang nicht, weil ihn diese Bestimmung jedenfalls nicht davon befreite, zumindest eine Klausur wie gefordert zu schreiben und ansonsten gegebenenfalls einen Verstoß gegen die Prüfungsordnung anzuzeigen. Dem ist der Kläger zumindestens fahrlässig jedendoch nicht nachgekommen.
Die weitere Darlegungen des Klägers im Widerspruchs- und im gerichtlichen Verfahren sind ebenfalls nicht geeignet, seinem Begehren zum Erfolg zu verhelfen. Der Bescheid vom 29. August 2019 verlangt von dem Kläger eine Prüfungsleistung am 1. Tag nach Wiederherstellung seiner Prüfungsfähigkeit und diesen Tag konnte der Kläger anhand der von ihm selbst vorgelegten ärztlichen Unterlagen zweifelsfrei auf den 01. Oktober 2019 bestimmen. Vor diesem Hintergrund bedurfte es seiner Vorsprache in dem Dekanat – hier am 09. September 2019 vor der in den Attesten bescheinigten Prüfungsunfähigkeit – nicht, „um die weitere Vorgehensweise abzuklären“, und seine Behauptung, er habe auf die Benennung weiterer Termine im Oktober 2019 gewartet, ist nicht nachvollziehbar.
Auch die weitere sinngemäße Behauptung des Klägers, in dem Gespräch im Dekanat Anfang September 2019 seien ihm Auskünfte gegeben worden, die den Anforderungen des Bescheids vom 29. August 2019 widersprachen, veranlasst das Gericht nicht zu einer Beweiserhebung von Amts wegen. Der Kläger hat die Möglichkeit, sich in der mündlichen Verhandlung zu seinem schriftlichen Vortrag weiter zu erklären, ungenutzt verstreichen lassen, und er hat seine Behauptungen auch zuvor ungeachtet der rechtsanwaltlichen Vertretung weder hinreichend untersetzt noch Beweisermittlungen des Gerichts angeregt. Die gegenüber dem Widerspruchsverfahren „gesteigerten“ Behauptungen des Klägers aus dem Klageverfahren haben auch nach der Lebenserfahrung zu wenig für sich, um eine weitere Sachverhaltsaufklärung durch das Gericht auch nur zu erwägen.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 709 S. 2 und § 711 S. 1 und 2 der Zivilprozessordnung (ZPO).