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Entscheidung 4 U 199/20


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Zivilsenat Entscheidungsdatum 26.01.2022
Aktenzeichen 4 U 199/20 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2022:0226.4U199.20.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 19.08.2020, Az. 8 O 208/19, unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert wird für den Berufungsrechtszug auf die Wertstufe bis 65.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs eines Darlehensvertrages, der zur Finanzierung eines Fahrzeugkaufs geschlossen wurde.

Am 15.09.2016 unterzeichnete der Kläger einen Darlehensantrag über einen Nettodarlehensbetrag in Höhe von 51.607,10 Euro zu einem über die gesamte Vertragsdauer gebundenen Sollzinssatz von 1,66 % p. a. über eine Laufzeit von 48 Monaten. Das Darlehen diente der Finanzierung des Kaufpreises für den privatnützigen Erwerb eines Mercedes Benz V 250, wobei die Darlehensvaluta vereinbarungsgemäß an die Verkäuferin ausgezahlt werden sollte und auch wurde.

Wegen der weiteren Einzelheiten, auch hinsichtlich der Darlehensbedingungen, wird auf den Darlehensvertrag (Anlage K 1, Bl. 17 ff. d. A.) Bezug genommen.

Ebenfalls am 15.09.2016 unterzeichnete der Kläger sowie die F… Automobil GmbH, die Verkäuferin des finanzierten Fahrzeugkaufs, eine Vereinbarung über ein sog. „verbrieftes Rückgaberecht“. Wegen der Einzelheiten dieser Vereinbarung wird auf Bl. 24 d.A. Bezug genommen.

Nach Auszahlung des Darlehens erklärte der Kläger mit Schreiben vom 30.01.2019 den Widerruf seiner auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung. Die Beklagte akzeptierte den Widerruf nicht und verwies auf den Ablauf der Widerrufsfrist.

Mit seiner Klage hat der Kläger zunächst beantragt festzustellen, dass er ab seiner Widerrufserklärung aus dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag weder Zins- noch Tilgungsleistungen schulde (Antrag zu 1). Ferner hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befinde (Antrag zu 2). Und schließlich hat der Kläger die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten begehrt, hilfsweise die Freistellung des Klägers von diesbezüglichen Forderungen seiner Prozessbevollmächtigten (Antrag zu 3).

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Widerruf sei wirksam. Die Widerrufsfrist habe nicht zu laufen begonnen, weil verschiedene Pflichtangaben nach § 356b Abs. 2 S. 1 BGB a.F. i. V. m. § 492 Abs. 2 BGB a.F., Art. 247 §§ 6 - 13 EGBGB a.F. in der Vertragsurkunde nicht enthalten bzw. - wie insbesondere die Widerrufsinformation - fehlerhaft seien.

Die Beklagte hat die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts gerügt und in der Sache im Wesentlichen vorgetragen, der Widerruf sei verfristet, denn sie habe die Widerrufsinformation sowie die anderen erforderlichen Pflichtangaben ordnungsgemäß erteilt. Für den Fall des Erfolgs der Klage hat die Beklagte hilfswiderklagend die Feststellung der Wertersatzpflicht des Klägers sowie die Feststellung der klägerischen Verpflichtung zur Zahlung eines Nutzungsersatzes für den jeweils offenen Darlehenssaldo begehrt.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 19.08.2020, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen nach § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, festgestellt, dass der Kläger nach Widerruf aus dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag weder Zins- noch Tilgungsleistungen schulde (Tenor zu 1) und die Beklagte zudem zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt (Tenor zu 2). Auf die Hilfswiderklage hat das Landgericht festgestellt, dass der Kläger verpflichtet sei, an die Beklagte Wertersatz zu leisten, soweit der Wertverlust auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und Funktionsweise des Fahrzeugs nicht notwendig war (Tenor zu 4). Im Übrigen hat das Landgericht Klage und Hilfswiderklage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Klage bereits unzulässig sei, soweit Feststellung des Annahmeverzugs begehrt werde, weil der Annahmeverzug kein zulässiger Gegenstand einer isolierten, nicht mit einem Antrag auf Verurteilung zu einer Zug-um-Zug-Leistung verbundenen, Feststellungsklage sei. Im Übrigen sei die Klage zulässig und begründet. Der Kläger habe seine Vertragserklärung noch im Jahre 2019 widerrufen können, weil der Vertrag nicht die nach Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB anzugebende, zutreffende Berechnungsmethode des Anspruchs auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung enthalte. Die hilfsweise für den Fall des Erfolgs der Klage erhobene Hilfswiderklage sei mit dem Antrag zu 1) bei der gebotenen Auslegung, dass sich der Feststellungsantrag allein auf die Feststellung einer dem Grunde nach bestehenden Wertersatzpflicht des Klägers richte, zulässig und auch begründet. Die begehrte Feststellung einer Verpflichtung des Klägers zur Zahlung des Sollzinssatzes für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens (Antrag zu 2) könne die Beklagte allerdings nicht verlangen.

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihr auf Klageabweisung gerichtetes Begehren weiter. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei die Widerrufsfrist zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung bereits abgelaufen, da auch die vom Landgericht als unzureichend monierte Pflichtangabe zur Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung ordnungsgemäß erteilt sei. Sie macht weiter geltend, dass selbst ein unterstellter Verstoß nach neuerer BGH-Rechtsprechung keine Auswirkungen auf das Anlaufen der Widerrufsfrist habe. Hinsichtlich des mit der Hilfswiderklage verfolgten Antrages zu 2) habe das Landgericht rechtsfehlerhaft festgestellt, dass die Beklagte auf den ihr zustehenden Sollzinsanspruch verzichtet habe. Im Übrigen habe der Kläger bei erfolgreichem Widerruf das Fahrzeug herauszugeben, was die Beklagte nunmehr ebenfalls hilfsweise im Berufungsrechtszug geltend mache.

Nachdem der Kläger das Fahrzeug im Rahmen der Zusatzvereinbarung über die Ratenkaufbedingungen am 02.03.2021 an die Verkäuferin zu einem Rücknahmewert von 32.618,78 € zurückgegeben hat, hat der Kläger die auf die Feststellung, dass er ab seiner Widerrufserklärung aus dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag weder Zins- noch Tilgungsleistungen schulde, gerichtete Klage für erledigt erklärt und den Klageantrag zu 1) wie folgt umgestellt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 23.576,16 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.06.2019 zu zahlen.

Die Beklagte hat sich der (Teil-)Erledigungserklärung nicht angeschlossen und beantragt unter Aufrechterhaltung ihrer Rüge der örtlichen Zuständigkeit,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 19.08.2020, Az.: 8 O 208/19, die Klage abzuweisen.

Hilfsweise für den Fall des Erfolgs der Klage beantragt die Beklagte,

1. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 19.08.2020, Az.: 8 O 208/19 festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, an die Beklagte für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des streitgegenständlichen Darlehens zur Darlehens-Nr. … durch Rückgabe des Kraftfahrzeugs Mercedes Benz V 250d ED/E, Fahrzeugidentifikationsnummer W…, Nutzungsersatz in Höhe von 1,66% p. a. auf den jeweils noch offenen Darlehenssaldo zu zahlen,

2. den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte das Kraftfahrzeug Mercedes Benz V 250 d ED/E, Fahrzeugidentifikationsnummer W…, nebst 2 Fahrzeugschlüsseln sowie Fahrzeugpapieren herauszugeben.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil in dem Umfang der von Beklagtenseite hiergegen erhobenen Angriffe unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens zu den unzureichenden Pflichtangaben. Er vertritt die Auffassung, ein rechtsmissbräuchliches Verhalten könne ihm nicht, insbesondere auch nicht wegen des Gebrauchmachens von dem verbrieften Rückgaberecht, zur Last gelegt werden. Denn hierbei habe es sich lediglich um eine schadensmindernde Maßnahme gehandelt. Zudem habe die Beklagte seit über zwei Jahren die Rücknahme des Fahrzeugs verweigert, ihm, dem Kläger, sei daher das Risiko des weiteren Wertverlustes durch die Dauer des Rechtsstreits nicht zuzumuten. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs scheitere überdies an der fehlenden Schutzbedürftigkeit der Beklagten, die überdies durch Übersendung der Zulassungsbescheinigung II an den Darlehensvermittler auch selbst die Fahrzeugrückgabe genehmigt habe. Auch die Rechtsprechung des EuGH stünde der Annahme des Rechtsmissbrauchs entgegen.

Mit seiner Anschlussberufung wendet der Kläger sich mit näherer Darlegung gegen die Abweisung des Klageantrages zu Ziffer 2) auf Feststellung des Annahmeverzugs auf Seiten der Beklagten sowie gegen die Feststellung der Wertersatzpflicht des Klägers ab dem 12.02.2019.

Im Wege der Anschlussberufung hat der Kläger zunächst beantragt,

1. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1) bezeichneten Gegenstands seit dem 12.02.2019 im Annahmeverzug befindet,

2. das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 19.08.2020, 8 O 208/19, im Tenor zu 4. dahingehend zu ändern, dass festgestellt wird, dass der Kläger verpflichtet ist, an die Beklagte hinsichtlich des genannten Fahrzeugs Wertersatz zu leisten bis zum 11.02.2019, soweit der Wertverlust auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und Funktionsweise des Fahrzeugs nicht notwendig war.

Mit Schriftsatz vom 05.07.2021 hat der Kläger den Antrag zu Ziffer 1 für erledigt erklärt.

Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen und beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsrechtszug wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend verwiesen.

II.

Sowohl Berufung als auch Anschlussberufung sind statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

1. Die Berufung hat - im Gegensatz zur Anschlussberufung - Erfolg. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

a) Es stand dem Kläger nach §§ 525, 264 Nr. 2 ZPO frei, seinen Feststellungsantrag zu Ziffer 1 in der Berufungsinstanz als Zahlungsantrag weiterzuverfolgen. Es war daher insoweit nur über diesen Leistungsantrag zu entscheiden, für eine Erledigungserklärung besteht in diesem Fall kein Raum.

aa) Geht der Kläger von einer Feststellungsklage zu einer deckungsgleichen Leistungsklage über, ohne die Feststellungsklage weiterzuverfolgen, handelt es sich um eine ohne weiteres zulässige Klageerweiterung nach § 264 Nr. 2 ZPO. Es ist dann nur noch über die Leistungsklage zu entscheiden. Für eine Erledigungserklärung ist kein Raum (vgl. BGH, Urt. v.16.05.2021 - XII ZR 199/98 - Rn. 6 zur positiven Feststellungsklage).

So liegt der Fall hier. Mit der negativen Feststellungsklage verfolgte der Kläger sein Interesse an der Rückabwicklung des streitgegenständlichen Darlehensvertrags, indem er die Feststellung begehrte, zur Erfüllung primärer Leistungspflichten (Zinsen, Tilgung) aus dem Darlehensbetrag infolge deren widerrufsbedingten Erlöschens nicht mehr verpflichtet zu sein. Der Wert dieses Feststellungsantrags ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dementsprechend nach dem Nettodarlehensbetrag zu bemessen (vgl. zuletzt BGH, Beschl. v. 23.11.2021 - XI ZR 159/21 m.w.N.). Dieser Wert geht nunmehr in dem Leistungsantrag auf (vgl. Senat, Urt. v. 21.04.2021 - 4 U 95/20 - Rn. 103), mit dem der Kläger das deckungsgleiche Interesse auf Geltendmachung der sich aus dem Rückabwicklungsverhältnis ergebenden Zahlungspflicht der Beklagten weiterverfolgt. Ausgehend von dem erkennbaren Rechtsschutzbegehren des Klägers bestand daher kein Anlass, den Erledigungsfeststellungsantrag zu bescheiden.

bb) Soweit bereits das Landgericht seine Zuständigkeit angenommen hat, bedarf dies mit Blick auf § 513 Abs. 2 ZPO keiner Erörterung mehr, weil der Senat durch diese Regelung gehindert wird, die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts zu prüfen (vgl. BGH, Urt. v. 22.10.2004 - V ZR 47/04 - Rn. 28). Hieran ändert es auch nichts, dass der Kläger in der Berufungsinstanz seine Klage von einem Feststellungsantrag auf einen Leistungsantrag umgestellt hat, für den das Landgericht Potsdam nicht zuständig wäre (vgl. Senat, Urt. v. 21.04.2021 - 4 U 95/20 - Rn. 27ff.), weil insoweit § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO eingreift, wonach die Zuständigkeit des Prozessgerichts durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt wird (§ 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO). Zwar findet die Vorschrift ihre Grenze im Falle einer Klageänderung. Als solche ist es aber gerade nicht anzusehen, wenn - wie hier - lediglich ein Fall des § 264 ZPO vorliegt (vgl. BGH, Urt. v. 26.04.2001 - IX ZR 53/00 - Rn. 12; Bacher in: BeckOK ZPO mit Stand 01.09.2021, § 261 Rn. 21).

b) Die Klage ist aber unbegründet. Dem Kläger stehen weder die begehrten Zahlungsansprüche zu, noch kann er mit Erfolg die Erledigungsfeststellung hinsichtlich des Antrags auf Feststellung des Annahmeverzugs oder die Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangen.

Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger seine auf den Abschluss des gemäß § 358 Abs. 3 BGB mit einem Kaufvertrag über ein Kraftfahrzeug verbundenen Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung vom 15.09.2016 mit Schreiben vom 30.01.2019 wirksam widerrufen hat. Denn jedenfalls ist es dem Kläger wegen widersprüchlichen Verhaltens nach § 242 BGB verwehrt, die Rechte aus dem Widerruf geltend zu machen.

aa) Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu und Glauben bildet, selbst wenn die Voraussetzungen einer Verwirkung nicht vorliegen (vgl. BGH, Urt. v. 12.07.2016 - XI ZR 564/15 - Rn. 43), eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung. So kann sich eine Rechtsausübung bei der insoweit gebotenen umfassenden Bewertung der gesamten Fallumstände als unzulässig darstellen, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (vgl. BGH, Urt. v. 12.07.2016 – XI ZR 501/15 - Rn. 18 und 20 m. w. N.), wobei auch eine Änderung der Verhältnisse dazu führen kann, dass die zunächst zulässige Rechtsausübung missbräuchlich wird. Da im Rechtsstreit auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen ist, kann der Tatrichter bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 242 BGB darüber hinaus auch solche Umstände berücksichtigen, die erst nach Erklärung des Widerrufs eingetreten sind (vgl. BGH, Urt. v. 07.11.2017 – XI ZR 369/16 - Rn. 17).

Hiervon ausgehend stellt sich - worauf der Senat die Parteien mit Beschluss vom 18.08.2021 hingewiesen hat - die Geltendmachung der auf sein Widerrufsrecht gestützten Ansprüche durch den Kläger als rechtsmissbräuchlich dar.

(1) Indem der Kläger von dem durch die F... Automobil GmbH (im Folgenden: Verkäuferin) mit Vereinbarung vom 15.09.2016 eingeräumten Rückgaberecht Gebrauch gemacht hat, hat er sich in einen nicht auflösbaren Widerspruch zu seinem mit Schreiben vom 30.01.2019 erklärten Widerruf der auf Abschluss eines Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung vom 15.09.2016 gesetzt.

Der erklärte Widerruf hatte zur Folge, dass der Kläger weder an die auf Abschluss des mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrages noch an die gegenüber der Verkäuferin abgegebene und auf Abschluss des mit dem Darlehensvertrag verbundenen Kaufvertrages über das streitgegenständliche Fahrzeug gerichtete Willenserklärung gebunden war (§§ 355 Abs. 1, 358 Abs. 2 BGB) und die wechselseitig empfangenen Leistungen zurückzugewähren sind (§ 355 Abs. 3 Satz 1 BGB), wobei die Beklagte im Verhältnis zum Kläger auch hinsichtlich der Rechtsfolgen in die Rechte und Pflichten des Verkäufers aus dem Kaufvertrag eingetreten ist, weil dem Verkäufer das Darlehen bei Wirksamwerden des Widerrufs bereits zugeflossen war (§ 358 Abs. 4 Satz 5 BGB).

Zu diesen - von ihm mit der Erklärung vom 30.01.2019 (und im vorliegenden Rechtsstreit) angestrebten - Rechtsfolgen hat sich der Kläger dadurch, dass er im März 2021 von dem ihm eingeräumten verbrieften Rückgaberecht Gebrauch gemacht hat, in einen nicht auflösbaren Widerspruch gesetzt.

Hierdurch unterscheidet sich das Gebrauchmachen von einem verbrieften Rückgaberecht von denjenigen Fällen, in denen der Verbraucher das Darlehen - unter dem Vorbehalt der Rückforderung der geleisteten Zahlungen - selbst ablöst (Senat, Urt. v. 13.10.2021 – 4 U 283/20 – Rn. 55; OLG Köln, Urt. v. 08.07.2021 - 12 U 159/20 – Rn. 12; KG, Beschl. v. 21.01.2021 - 4 U 1033/20 - Rn. 192; OLG Braunschweig, Urt. v. 08.07.2020 – 11 U 101/19 - Rn. 153). Derjenige, der nach Erklärung des Widerrufs eines Darlehensvertrages die vereinbarten Darlehensraten, einschließlich einer Schlussrate, unter Verwendung eigener Mittel unter Vorbehalt der Rückforderung weiterzahlt, verfolgt erkennbar lediglich den Zweck, Nachteile aus einem Streit mit dem Darlehensgeber über die Wirksamkeit des Widerrufs und gleichzeitig für den Fall der Richtigkeit seiner Rechtsposition die Wirkungen des § 814 BGB zu vermeiden, macht aber durch den Vorbehalt gegenüber seinem Vertragspartner gleichzeitig deutlich, dass dieser nicht darauf vertrauen könne, das Empfangene behalten zu können; er verhält sich deshalb auch nicht widersprüchlich. Derjenige, der – wie der Kläger - einen mit einem Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrag gegenüber dem Darlehensgeber widerruft und diesem gegenüber erklärt, er erbringe nachfolgende Zahlungen lediglich unter Vorbehalt, nachfolgend jedoch (zwangsläufig vorbehaltlos, da der Verkäufer anderenfalls kaum bereit sein dürfte, das Fahrzeug ohne Verhandlungsmöglichkeit zu dem bereits Jahre zuvor festgelegten Kaufpreis in Höhe der Schlussrate des Darlehens zurückzuerwerben) von einem mit dem Verkäufer vereinbarten Rückgaberecht Gebrauch macht, das diesen verpflichtet, den Rückkaufpreis „für den Kunden an die Bank auf deren offene Forderung aus dem Darlehensvertrag“ (Ziff. 7. der Vereinbarung vom 15.09.2016 - Bl. 24 d.A.) zu zahlen, möchte sich – sowohl für den Fall der Wirksamkeit als auch für den Fall der Unwirksamkeit des Widerrufs - gleichzeitig gegenüber dem Darlehensgeber die Vorteile aus dem Widerruf und diejenigen Vorteile sichern, die er mit dem Verkäufer nur für den Fall einer vereinbarungsgemäßen Durchführung des Darlehensvertrages vereinbart hat. Anders gewendet, er möchte die Vorteile des Widerrufs in Anspruch nehmen, ohne die sich hieraus ergebenden Nachteile tragen zu wollen, zu denen es - wie vorstehend ausgeführt - gehört, dass er sich auf die für den Fall eines wirksamen Vertragsverhältnisses getroffenen Abreden eben nicht (mehr) berufen kann; ein solches Verhalten ist widersprüchlich (Senat, Urt. v. 13.10.2021 – 4 U 283/20 - Rn. 55).

(2) Mit dem Gebrauchmachen von einem dem Kläger nach erklärtem Widerruf gerade nicht (mehr) zustehenden Recht, liegen zugleich auch Umstände vor, welche sein Verhalten gegenüber der Beklagten als treuwidrig erscheinen lassen. Dem kann auch nicht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 12.07.2016 – XI ZR 564/15 – Rn. 39) entgegenhalten werden, allein aufgrund eines laufend vertragstreuen Verhaltens des Verbrauchers könne der Darlehensgeber ein schutzwürdiges Vertrauen nicht bilden. Dabei bliebe unberücksichtigt, dass sich diese Sichtweise des BGH, die der Senat teilt, darauf bezieht, dass ein Rechtsmissbrauch nicht damit begründet werden kann, dass ein Verbraucher vor Ausübung seines Widerrufsrechts seinen Vertragspflichten langjährig vereinbarungsgemäß nachgekommen sei. Mit diesem Verhalten ist ein Gebrauchmachen von einem mit dem Verkäufer vereinbarten „verbrieften Rückgaberecht“ - mag dessen Einräumung dem Darlehensgeber bei Abschluss des Darlehensvertrages auch bekannt gewesen sein - nach Erklärung des Widerrufs eines mit einem Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrages schon deshalb nicht vergleichbar, weil der Verbraucher das Vertragsverhältnis durch die Ausübung seines Widerrufsrechts dahin umgestaltet hat, dass wechselseitige Rechte und Pflichten nur noch aus dem Rückabwicklungsschuldverhältnis bestehen, die ursprünglich vereinbarten Rechte und Pflichten sowohl aus dem Darlehensvertrag als auch aus dem Kaufvertrag entfallen sind und die Rückabwicklung zudem ausschließlich - ohne dass dem Verbraucher insoweit ein Wahlrecht zustünde (vgl. nur: Grüneberg in: Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 358 Rn. 21; BGH, Urt. v. 04.04.2017 – II ZR 179/16 - Rn. 18) - im Verhältnis zwischen dem Verbraucher und dem Darlehensgeber vorzunehmen ist, der gemäß § 358 Abs. 4 S. 5 BGB in die Rechte und Pflichten des Verkäufers eintritt. In dieses danach allein noch bestehende Rückabwicklungsregime greift der Verbraucher in einer schutzwürdige Interessen des Darlehensgebers beeinträchtigenden Weise ein, wenn er durch das Gebrauchmachen von dem verbrieften Rückgaberecht die infolge des Widerrufs geschuldete Rückgewähr des finanzierten Fahrzeuges an den Darlehensgeber (§ 358 Abs. 4 Satz 5 BGB a.F.) sehenden Auges (zum eigenen Vorteil) durch die Veräußerung des Fahrzeuges an den Verkäufer - vorbehaltlich eines etwaigen Rückkaufs durch den Darlehensnehmer - unmöglich macht (vgl. OLG Köln, Urt. v. 08.07.2021 - 12 U 159/20 – Rn. 13; KG, Beschl. v. 21.01.2021 - 4 U 1033/20 - Rn. 194; OLG Braunschweig, Urt. v. 08.07.2020 – 11 U 101/19 - Rn. 155; OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.03.2021 – 3 U 106/20 - sowie Beschl. v. 30.11.2020 – 3 U 106/20 -, abgedruckt unter BeckRS 2021, 21047). Insofern ist der Darlehensgeber zwar seinerseits vor einer Inanspruchnahme durch den Verbraucher insoweit geschützt, als er dessen Rückerstattungsansprüchen aus § 357 a Abs. 1 BGB gemäß § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB - soweit keine Ausnahme nach § 357 Abs. 4 Satz 2 BGB oder ein Verzug mit der Annahme des Fahrzeugs vorliegt - ein Leistungsverweigerungsrecht entgegenhalten kann. Dies ändert jedoch nichts daran, dass dem Darlehensgeber die Durchsetzung seiner Ansprüche (etwa auf Zahlung des Sollzinses aus § 357 a Abs. 3 Satz 1 BGB oder auf Erstattung des Wertverlustes aus § 358 Abs. 4 Satz 1 BGB i.V.m. § 357 Abs. 7 BGB) und Interessen (etwa an einer ggf. nach einer Klärung der Wirksamkeit des Widerrufs erfolgenden zügigen Abwicklung) im Rahmen des Rückabwicklungsverhältnisses durch das Gebrauchmachen von dem verbrieften Rückgaberecht bereits durch die Unsicherheit, ob der Verbraucher seiner Vorleistungspflicht in Bezug auf die Rückgewähr des Fahrzeugs durch dessen Rückerwerb vom Verkäufer doch noch nachkommen wird, wesentlich erschwert werden. Dem Darlehensnehmer ist es aufgrund des Streits um die Wirksamkeit des Widerrufs und des dadurch eingetretenen Schwebezustandes auch nicht unzumutbar, bis zur Klärung der Rechtslage auf die Inanspruchnahme der vertraglich vereinbarten Rückgabemöglichkeit zu verzichten. Soweit der Kläger darauf verweist, dass er seinen vertraglichen Verpflichtungen - die Bezahlung der Schlussrate über 35.078,78 € - habe nachkommen müssen, deren Nichterfüllung schwerwiegende Folgen (Schufa-Eintrag, Zwangsvollstreckung, Geltendmachung von abgetretenen Ansprüchen) gehabt hätte, wird verkannt, dass es sich hierbei um prozessimmanente Risiken handelt, die das widersprüchliche Verhalten des Klägers nicht rechtfertigen können. Der Gefahr der Aufzehrung des Wertes des Fahrzeuges durch weiteren Gebrauch zum Nachteil der Beklagten konnte der Kläger hingegen durch die - aufgrund des Widerrufs gebotene - Rückgabe des Fahrzeuges an die Beklagte begegnen. Das Vorgehen des Klägers, sich auf den Widerruf des Darlehensvertrages zu berufen, ohne etwaige Nachteile bzw. Risiken in Kauf nehmen zu wollen, bleibt nach alledem widersprüchlich. Der Kläger kann nicht einerseits mit dem Widerruf die vertragliche Bindung an den Darlehensvertrag und das Verbundgeschäft negieren und sich andererseits auf ein vertraglich eingeräumtes Rückgaberecht berufen, dessen Fortbestand voraussetzt, dass der mit der Beklagten geschlossene Vertrag wirksam bzw. nicht wirksam widerrufen ist (vgl. OLG Köln, a.a.O., Rn. 14; a.A. OLG Stuttgart, Urt. v. 02.11.2021 - 6 U 32/19 - Rn. 41).

An diesem Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ändert es auch nichts, dass die Beklagte nach Zahlung der Schlussrate selbst das ihr zur Sicherheit übertragene Eigentum an dem finanzierten Fahrzeug an den Verkäufer übertragen hat. Die Beklagte hat durchweg die Ansicht vertreten, dass der Kläger sich gerade nicht auf sein Widerrufsrecht berufen könne. Sie hat daher lediglich entsprechend den ihrer Auffassung nach fortbestehenden vertraglichen Pflichten gehandelt, ohne damit zum Ausdruck zu bringen, dass der Kläger ein etwaiges Widerrufsrecht trotz Inanspruchnahme vertraglicher Rechte weiter in Anspruch nehmen dürfe (Senat, Urt. v. 13.10.2021 – 4 U 283/20 – Rn. 57; OLG Braunschweig, Urt. v. 08.07.2020 – 11 U 101/19, - Rn. 159).

Der Kläger kann schließlich auch nicht damit gehört werden, dass es sich um eine Maßnahme zur Schadensminderung gehandelt habe. Denn der Kläger macht hier Ansprüche aus einem vermeintlichen Rückabwicklungsverhältnis und keine Schadensersatzansprüche geltend (OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.11.2020 – 3 U 106/20 - Rn. 41, abgedruckt unter BeckRS 2021, 21047; OLG Braunschweig, Urt. v. 08.07.2020 – 11 U 101/19 - Rn. 156).

bb) Eine andere Bewertung ist auch nicht deshalb geboten, weil das Widerrufsrecht europarechtlichen Ursprungs ist. Es ist durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bereits geklärt, dass die nationalen Gerichte das missbräuchliche Verhalten auf der Grundlage objektiver Kriterien in Rechnung stellen können, um einem Verbraucher gegebenenfalls das Berufen auf die geltend gemachte Bestimmung des Gemeinschaftsrechts zu verwehren, solange die Anwendung einer nationalen Vorschrift die Wirksamkeit und die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigt (vgl. EuGH, Urt. v. 23.03.2000 - C-373/97 - Ziffer 34; BGH, Urt. v. 12.07.2016 - XI ZR 501/15 - Rn. 18). Insoweit lässt sich - wie der Europäische Gerichtshof zuletzt auf verschiedene Vorlagefragen des Landgerichts Ravensburg klargestellt hat (vgl. EuGH, Urt. v. 09.09.2021 - C-33/20, C-155/20 und C-187/20, Rn. 119 f.) - im Anwendungsbereich von Art. 14 der Richtlinie 2008/48/EG, welche den Gewerbetreibenden davon abschrecken soll, gegen die ihm nach den Bestimmungen der Richtlinie obliegenden Pflichten gegenüber dem Verbraucher zu verstoßen, zwar, wenn eine der in Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48/EG vorgesehene zwingende Angabe – wie auch im vorliegenden Fall - weder im Kreditvertrag noch nachträglich ordnungsgemäß mitgeteilt worden ist und unabhängig davon, ob der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Kenntnis hatte, ein Rechtsmissbrauch nicht auf den Vorwurf stützen, zwischen dem Vertragsschluss und dem Widerruf durch den Verbraucher sei erhebliche Zeit vergangen. Um einen derartigen Vorwurf der rechtsmissbräuchlichen Ausübung des dem Verbraucher nach Art 14 der Richtlinie zustehenden Widerrufsrechts geht es bei der Annahme rechtsmissbräuchlich widersprüchlichen Verhaltens jedoch nicht, wenn – wie hier - der Verbraucher nach Erklärung des Widerrufs von einem ihm in Zusammenhang mit dem mit dem widerrufenen Darlehen verbundenen Kaufvertrag durch den Verkäufer zum Zwecke der Zahlung der in dem Darlehensvertrag vereinbarten Schlussrate eingeräumten Recht zum Rückverkauf des finanzierten Fahrzeugs Gebrauch gemacht hat. Der insoweit in Rede stehende Vorwurf des Rechtsmissbrauchs bezieht sich vielmehr allein auf die Folgen des wirksam ausgeübten Widerrufsrechts. Die Folgen des Widerrufs eines Kreditvertrages sind jedoch in der Richtlinie 2008/48/EG überhaupt nicht geregelt (vgl. die Schlussanträge des Generalanwalts zu den Rechtssachen C-33/20, C-155/20 und C-187/20 vom 15.07.2021, Rn. 126); die einzige Bestimmung der Richtlinie 2008/48/EG, die sich auf die Folgen der Ausübung eines Widerrufsrechts bei verbundenen Kreditverträgen bezieht, nämlich Art. 15 Abs. 1, betrifft den Fall, dass ein Verbraucher dieses Recht in Bezug auf einen Vertrag über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen ausübt. Die Wirkungen der Ausübung des Rechts zum Widerruf des Verbraucherkreditvertrages für durch diese finanzierte Kaufverträge zu regeln, ist danach den Mitgliedsstaaten überlassen (so zuletzt auch BGH, Urt. v. 26.10.2021 – XI ZR 608/20 – Rn. 19); diese sind dabei in ihrem Ermessen lediglich insofern beschränkt, als sie die Wirksamkeit des in der Richtlinie 2008/48/EG vorgesehenen Widerrufsrechts unangetastet lassen müssen. Daraus folgt jedoch, dass auch die Annahme eines Missbrauchs der einem Verbraucher infolge eines wirksamen Widerrufs eingeräumten Rechte, der darauf gestützt ist, dass der Verbraucher in das nationalrechtlich geregelte Regime der Rückabwicklung des mit einem Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrag eingriffen hat, die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts nicht beeinträchtigt (vgl. Senat, Urt. v. 13.10.2021, a.a.O., Rn. 58; so auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 04.11.2021 – I-16 U 291/20 – Rn. 33, 44).

2. Die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten kann der Kläger ebenfalls unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt beanspruchen.

Selbst wenn man die Wirksamkeit des Widerrufs unterstellt, befand sich die Beklagte zum Zeitpunkt der Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht gemäß § 286 BGB in Verzug. Der Kläger ist gemäß § 358 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB in Bezug auf den der Beklagten zustehenden Anspruch auf Herausgabe des Fahrzeugs vorleistungspflichtig (BGH, Urt. v. 27.10.2020 – XI ZR 498/19 – Rn. 23). Etwas anderes könnte nur gelten, wenn sich die Beklagte zum Zeitpunkt der Beauftragung der klägerischen Prozessbevollmächtigten in Annahmeverzug befunden hätte. Der Kläger hat der Beklagten das Fahrzeug allerdings nicht in einer den Annahmeverzug begründenden Weise nach §§ 293 bis 297 BGB angeboten. Im Widerrufsschreiben vom 30.01.2019 (Anlage K 2; Bl. 27 d.A.), das der Beauftragung vorausging, bittet er lediglich um Bestätigung seines Widerrufs und um Mitteilung, wo, wann und an wen er den Pkw nebst Schlüsseln herausgeben soll. Ein tatsächliches Angebot im Sinne des § 294 BGB liegt darin nicht. Auch die Voraussetzungen des § 295 BGB liegen nicht vor. Zwar reicht danach ein wörtliches Angebot des Schuldners, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde. Die Annahmeverweigerung muss jedoch vor der Abgabe des wörtlichen Angebots erfolgt sein (vgl. Grüneberg in: Grüneberg, BGB, 81. Auflage, § 295 BGB, Rn. 4 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, das Fahrzeug bei dem Kläger abzuholen (§ 295 Satz 1, 2. Alternative BGB).

3. Schließlich bleibt auch der auf Feststellung der Erledigung gerichtete Antrag des Klägers hinsichtlich des Annahmeverzugs ohne Erfolg.

Wie unter Ziffer 2. ausgeführt, hat der Kläger die Beklagte in Bezug auf das zurückzugebende Fahrzeug nicht durch sein Schreiben vom 30.01.2019 in Annahmeverzug gesetzt. Daran änderte auch das nachfolgende anwaltliche Scheiben vom 06.06.2019 (Anlage K 4, Bl. 31 ff.) nichts. Zwar hat er dort die Übergabe und Übereignung des finanzierten Fahrzeugs angeboten. Dies genügt jedoch - mangels vorherigen tatsächlichen Angebotes - nicht den Anforderungen an ein den Annahmeverzug begründendes wörtliches Angebot im Sinne des § 295 BGB. Für die Anträge und Erklärungen im Verlaufe des Rechtsstreits gilt nichts anderes. Ein Annahmeverzug der Beklagten ist auch nicht aus § 298 BGB abzuleiten. Zwar hat die Beklagte durch ihr Schreiben vom 11.02.2019 (Anlage K 3, Bl. 29 d.A.) den Widerruf als verfristet zurückgewiesen und hierdurch sowie durch den Klageabweisungsantrag zum Ausdruck gebracht, nicht zur Rückzahlung der von dem Kläger erbrachten Zahlungen bereit zu sein. Jedoch ist der Kläger - anders als § 298 BGB voraussetzt - nicht nur Zug-um-Zug gegen Rückzahlung zur Rückgabe und Übereignung verpflichtet, sondern vorleistungspflichtig (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 04.11.2021 – I-16 U 291/20 – Rn. 36).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung aufweist noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO. Die Bewertung eines Handelns als Verstoß gegen Treu und Glauben unterliegt der tatrichterlichen Würdigung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls. Die Annahme des Rechtsmissbrauchs im Falle der Geltendmachung des Widerrufs bei nachfolgender Inanspruchnahme des verbrieften Rückgaberechts ist überdies höchstrichterlich bereits gebilligt worden (vgl. BGH, Beschl. v. 27.07.2021 - XI ZR 205/21, mit dem die Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschl. des OLG Frankfurt v. 16.03.2021 - 3 U 106/20 - zurückgewiesen worden ist).

Die Wertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO. Der Wert des Feststellungsantrages entspricht dem Nettodarlehensbetrag, hier 51.607,10 Euro (vgl. BGH, Beschl. v. 21.09.2020 – XI ZR 648/18 - Rn. 3), hinter dem der zuletzt gestellte Zahlungsantrag zurückbleibt. Die nicht zur Entscheidung angefallene Hilfswiderklage bleibt bei der Wertbemessung außer Ansatz (§ 45 Abs. 1 Satz 2 GKG). Auch die zudem geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten wirken sich als Nebenforderung nach § 43 Abs. 1 GKG wertmäßig nicht aus.