Gericht | LG Cottbus 6. Zivilkammer | Entscheidungsdatum | 08.11.2021 | |
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Aktenzeichen | 6 O 61/21 | ECLI | ECLI:DE:LGCOTTB:2021:1108.6O61.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger haben gesamtschuldnerisch die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens vor dem Landgericht Cottbus mit dem Aktenzeichen 6 OH 16/16 zu tragen. Ausgenommen davon sind 50 % der gerichtlichen Kosten, 50 % der außergerichtlichen Kosten der Kläger sowie die außergerichtlichen des Antragsgegners zu 1) des selbstständigen Beweisverfahrens 6 OH 16/16, bezüglich derer eine Kostenentscheidung weiter vorbehalten bleibt.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 32.465,96 € festgesetzt.
Die Kläger sind private Bauherren, die gegen den beklagten Objektplaner Schadensersatzansprüche aufgrund fehlerhafter Planungsleistungen im Bereich des Schallschutzes geltend machen.
Die Kläger schlossen am 02.02.2011 mit dem Unternehmen ... .. (im Folgenden die „Insolvenzschuldnerin“) einen Vertrag über die Errichtung eines Einfamilienhauses in der Nähe des ………. Flughafens ……….. Der Beklagte war Mitgeschäftsführer der Insolvenzschuldnerin und übernahm für diese beim streitgegenständlichen Vertrag als Nachunternehmer Aufgaben der Objektplanung. Eine unmittelbare vertragliche Beziehung mit dem Beklagten bestand nicht.
Der Beklagte rechnete gegenüber der Insolvenzschuldnerin ausweislich der Rechnung vom 30.03.2011 „die Erstellung der vorhandenen Bauvorlagen“ ab (vgl. Anlage B2). Die Rechnung trägt einen handschriftlichen Vermerk „Eingang 12/04/2011“. Die Baugenehmigung für das Gebäude datiert vom 23.06.2011. Die Insolvenzschuldnerin stellte gegenüber den Klägern Schlussrechnung mit Datum vom 22.11.2011, die durch die Kläger ausgeglichen wurde.
Über die behaupteten Mängel des Schallschutzes führten die Kläger ein selbstständiges Beweisverfahren vor dem Landgericht Cottbus mit dem Aktenzeichen 6 OH 16/16 sowohl gegen die Insolvenzschuldnerin als auch gegen den hiesigen Beklagten.
Das in diesem Verfahren erstellte Gutachten des Dipl.-Ing. . ... . vom 03.04.2018 kommt zu dem Ergebnis, dass die Anforderungen an den Schallschutz nicht erfüllt wurden und Grund dafür fehlerhafte Planungsleistungen seien. Das Gutachten enthält eine Kostenschätzung zur Mängelbeseitigung in Höhe von brutto 32.487,00 €.
Zu einem unbekannten Zeitpunkt im Jahr 2017 wurde über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde der Rechtsanwalt ......... bestellt. Dieser Insolvenzverwalter trat mit Abtretungserklärung vom 22.10.2018 unter anderem Ansprüche der Insolvenzschuldnerin wegen Gewährleistungsansprüchen gegen den Beklagten bezüglich des geschlossenen Bauvertrags vom 02.02.2011 an die Kläger ab.
Die Kläger behaupten, dass sie für Ansprüche gegen den Beklagten aktiv legitimiert sind. Der Beklagte habe fehlerhafte Planungsleistungen erbracht und den Klägern damit einen Schaden in der geltend gemachten Höhe zugefügt.
Die Kläger beantragen,
1. Den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger 32.465,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.04.2018 zu zahlen,
2. Den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.242,91 EUR zu zahlen sowie
3. Den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger gerichtliche Rechtsgebühren für das Beweissicherungsverfahren am Landgericht Cottbus 6 OH 16/16 in Höhe von 2.168,50 EUR zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, dass mangels vertraglicher Beziehung zwischen den Parteien bereits keine Passivlegitimation vorliegt. Eine vertragliche Pflicht des Beklagten zur Erstellung eines Schallschutznachweises habe gegenüber der Insolvenzschuldnerin nicht bestanden. Der Beklagte sei allein mit der Erstellung von Bauvorlagen beauftragt worden. Sämtliche bautechnischen Nachweise, insbesondere der Schallschutz, sei gegenüber Fachplanern beauftragt worden.
Die Rechnung des Beklagten vom 30.03.2011 (Anlage B2) sei ausweislich des handschriftlichen Zahlungsvermerks durch die Insolvenzschuldnerin vorbehaltlos am 12.04.2011 bezahlt worden.
Im Übrigen wird die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Beiziehung der Verfahrensakte des Landgerichts Cottbus zum selbstständigen Beweisverfahren unter dem Aktenzeichen 6 OH 16/16. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Sachverständigengutachtens vom 03.04.2018 sowie das Protokoll der Sachverständigenanhörung vom 07.02.2020 Bezug genommen.
Für das weitere Parteivorbringen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Akte des selbstständigen Beweisverfahrens 6 OH 16/16 vor dem Landgericht Cottbus sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.09.2021 verwiesen.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Einwand der Verjährung greift durch.
I. Zulässigkeit
An der Zulässigkeit der Klage bestehen keine Zweifel.
II. Begründetheit
Die Klage ist jedoch unbegründet. Es bestehen keine eigenen Ansprüche. Abgetretene Ansprüche sind zumindest wegen entgegenstehender Verjährung nicht durchsetzbar.
II. Eigene Ansprüche
Es bestehen keine eigenen Ansprüche der Kläger. Es fehlt bereits an einer Vertragsbeziehung. Besonderheiten, die vorliegend für das Bestehen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter sprechen würden, sind nicht ersichtlich. Auch beide Parteivertreter haben in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass eigene Ansprüche nicht bestehen dürften. Eine solche Schutzwirkung liegt bei Werkverträgen auch regelmäßig nicht vor (BGH NJW 1970, 38). Es fehlt zumindest an Vortrag für das Vorliegen eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Das Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen kann damit bereits nicht sinnvoll geprüft werden.
II. Abgetretene Ansprüche
Die den Klägern gemäß Schreiben vom 22.10.2018 abgetretenen Ansprüche wurden zwar wirksam abgetreten, soweit sie bestehen, sind aber zumindest wegen der Erhebung der Einrede der Verjährung nicht durchsetzbar.
An der Wirksamkeit der Abtretung bestehen dabei keine Zweifel.
Die Ansprüche sind jedoch zumindest verjährt und damit nicht durchsetzbar. Der Beklagte kann den Einwand der Verjährung auch nach der Abtretung gemäß § 404 BGB den neuen Anspruchsinhabern entgegenhalten.
Ansprüche aus (Bau-)Werkverträgen verjähren gemäß § 634a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BGB regelmäßig in 5 Jahren ab dem Zeitpunkt der Abnahme. Abzustellen ist im vorliegenden Fall auf den entsprechenden Werkvertrag zwischen der Insolvenzschuldnerin und dem Beklagten.
a) Beginn der Verjährung
Dabei kann das exakte Datum der Abnahme vorliegend dahinstehen. Die Verjährung hat in jedem Fall im Jahr 2011 zu laufen begonnen.
Zwar kommt in Betracht, dass die behauptete Bezahlung der Rechnung am 12.04.2011 eine konkludente vorbehaltlose Abnahme darstellt. Dagegen spricht freilich im Ansatz, dass die entsprechende Rechnung nur die Erstellung von Bauvorlagen zum Gegenstand hat. (Der Vortrag des Beklagten ist insoweit konsequent als er behauptet, dass er einen Schallschutz überhaupt nicht schuldete.)
Der Schallschutz ist jedoch Teil der zum Bauantrag einzureichenden bautechnischen Nachweise, sodass zur Überzeugung des Gerichts sicher darauf geschlossen werden kann, dass zumindest mit Erteilung der Baugenehmigung am 23.06.2011 die Schallschutz-Planung (so sie denn vom Beklagten überhaupt geschuldet gewesen wäre) abgenommen worden sein muss. Allerspätestens mit Stellung der Schlussrechnung vom 22.11.2011 durch die Insolvenzschuldnerin an die Kläger liegt es vollkommen fern, dass noch Leistungen des Beklagten durch die Insolvenzschuldnerin hätten abgenommen werden müssen.
Der Anspruch der Insolvenzschuldnerin (unterstellt er hätte bestanden) gegen den Beklagten wäre damit spätestens am 22.11.2016 verjährt.
b) Hemmung der Verjährung
Eine Hemmung der Verjährung im Verhältnis von Insolvenzschuldnerin zum Beklagten ist vorliegend nicht ersichtlich.
Zwar wurde durch die Kläger am 02.11.2016 ein selbstständiges Beweisverfahren gegen die Insolvenzschuldnerin und gegen den Beklagten eingeleitet. Dabei ist davon auszugehen, dass die Hemmung der Verjährung auch auf diesen Zeitpunkt zurückwirkt gemäß § 167 ZPO.
Zu diesem Zeitpunkt konnten aber denklogisch nur eigene Ansprüche der Kläger geltend gemacht worden sein, da die Abtretung von Ansprüchen durch den Insolvenzverwalter ......... erst am 22.10.2018 erfolgte. Zum Zeitpunkt des Ablaufs der Verjährung (spätestens) im November 2016 war noch die Insolvenzschuldnerin aktiv legitimiert, sodass die Verjährung weiter in ihrer Person lief und entsprechend auch durch sie verjährungshemmende Maßnahmen hätten eingeleitet werden müssen. Es sind aber keine verjährungshemmenden Maßnahmen zwischen Insolvenzschuldnerin und Beklagtem erkennbar. Insbesondere führt die Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens gegen die Insolvenzschuldnerin und den Beklagten gleichzeitig nicht zu einer Verjährungshemmung zwischen Insolvenzschuldnerin und Beklagtem. Eine Streitverkündung der Insolvenzschuldnerin gegen den Beklagten lag nicht vor. Es ist streng nach Prozessrechtsverhältnissen zu trennen. Ob die Insolvenzschuldnerin verjährungshemmende Maßnahmen für ihre eigenen Ansprüche einleiten würde, war im Jahr 2016 noch allein eine Frage der Insolvenzschuldnerin (und später eine Frage des Insolvenzverwalters). In keinem Fall konnten die Beklagten über die Verjährung von Ansprüchen der Insolvenzschuldnerin dergestalt verfügen, dass diese die Verjährung dieser Ansprüche hemmten.
Vorliegend handelt es sich darum auch nicht um eine Frage der „materiell-rechtlichen Wesensgleichheit“ nach der Rechtsprechung des BGH. Im vorliegenden Fall geht es stattdessen um die Aktivlegitimation, das heißt um die Frage, wer in der Lage ist, einen Anspruch verjährungshemmend geltend zu machen. Aus Sicht des erkennenden Gerichts ist das allein der jeweilige aktivlegitimierte Anspruchsinhaber, also im Jahr 2016 noch die Insolvenzschuldnerin.
Da somit keine Hemmung eingetreten ist, ist der später abgetretene Anspruch spätestens im November 2016 verjährt.
II. Ergebnis
Der Insolvenzverwalter hat damit am 22.10.2018 somit einen bereits verjährten Anspruch gegen den Beklagten an die Kläger abgetreten.
Der Beklagte kann sich in diesem Fall weiterhin, auch gegenüber dem Zessionar, auf die Verjährung berufen, § 404 BGB.
Der klägerische Hauptanspruch ist somit unbegründet.
III. Nebenforderungen
Die Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung.
IV. Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 100 ZPO.
Bezüglich der Kosten des einbezogenen selbstständigen Beweiserfahrens, die grundsätzlich auch Teil der Kosten des Rechtsstreits werden, war vorliegend zu differenzieren. Grund dafür ist, dass im selbstständigen Beweisverfahren nicht nur gegen den hiesigen Beklagten, sondern auch gegen Insolvenzschuldnerin vorgegangen wurde. Da vorliegend nur ein Rechtsstreit gegen den Beklagten, den damaligen Antragsgegner zu 2) geführt wurde, können entsprechend auch nur die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens aus dem Prozessrechtsverhältnis gegen den heutigen Beklagten in die Kosten des Rechtsstreits des hiesigen Verfahrens einbezogen werden.
Gemäß der sogenannten „Baumbach`schen Formel“ ist der Rechtsstreit dafür in verschiedene Prozessrechtsverhältnisse aufzuspalten und das jeweilige Obsiegen und Unterliegen zu prüfen. Entsprechend konnten vorliegend nur 50 % der gerichtlichen Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens, die außergerichtlichen Kosten des hiesigen Beklagten sowie 50 % der außergerichtlichen Kosten der Kläger in diesen Rechtsstreit einbezogen werden.
Dies ändert freilich nichts an der Zweitschuldnerschaft der Kläger bezüglich der weiter vorbehaltenen Kosten gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, 2 ZPO.