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Entscheidung 6 A 7/21


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat Entscheidungsdatum 12.01.2022
Aktenzeichen 6 A 7/21 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2022:0112.6A7.21.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 4 Abs 1 FluLärmG, § 1 FlugLSV 2, FluLärmBerlinBbgV BB, § 47 Abs 2 BauO BB 2018, § 280 BGB, § 6 FluLärmG, § 286 BGB

Leitsatz

1. Für das Vorliegen des Ausschlussgrundes nach Teil A II 5.1.7 Nr. 6 des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld vom 13. August 2004 in der Gestalt des Planergänzungsbeschluss vom 20. Oktober 2009 - PFB BER -, wonach die Verpflichtung zur Gewährung von Schallschutz nach Maßgabe der Lärmschutzauflagen entfällt, soweit aufgrund von Vorschriften des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm bei Errichtung des Gebäudes Vorrichtungen zum Schutz vor Fluglärm einzubauen waren und der Grundstückseigentümer oder Bauherr dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist, ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Errichtung bzw. auf den einer baurechtlich oder für die Anwendung der Lärmschutzauflagen des Planfeststellungsbeschlusses relevanten Nutzungsänderung abzustellen.
2. Von einem nicht rechtmäßig errichteten Gebäude im Sinne der Lärmschutzauflage nach Teil A II 5.1.7 Nr. 7 PFB BER kann bei einer wirksam erteilten Baugenehmigung nicht ausgegangen werden.
3. Der (nachträglichen) Änderung der Nutzung eines Wohnraums, für deren Berücksichtigungsfähigkeit die Vorhabenträgerin auf den Zeitpunkt der Übersendung der Anspruchsermittlung abstellen darf (vgl. Senatsurteil vom 9. April 2019 - OVG 6 A 4.17 -, Rn. 22), steht die Herstellung baurechtmäßiger Zustände und die baurechtmäßige Nutzung der Räume, für die Schallschutz begehrt wird, gleich.

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, bei der schalltechnischen Objektbeurteilung und der Umsetzung des Schallschutzkonzepts nach den planfestgestellten Lärmschutzauflagen in Teil A II 5.1.2 des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld vom 13. August 2004 in der Gestalt des Planergänzungsbeschlusses vom 20. Oktober 2009 in der derzeit gültigen Fassung baulichen Schallschutz im Wohnhaus der Kläger (J ... ) auch für den Wintergarten (Raum A 12) vorzusehen und den Klägern die Höhe der erstattungsfähigen Aufwendungen mitzuteilen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens tragen die Beklagte 4/5 und die Kläger 1/5.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleitung in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger begehren die Anerkennung von Ansprüchen auf passiven Schallschutz für ihren Wintergarten und ein (weiteres) Kinderzimmer sowie andere als die von der Beklagten vorgesehenen Schallschutzmaßnahmen für ein Arbeitszimmer.

Sie erwarben im Jahr 2017 das 1.010 qm große, mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück J ... in 1 ... . Das Grundstück liegt in dem für den Flughafen Berlin-Brandenburg durch den Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld vom 13. August 2004 in Gestalt des Planergänzungsbeschlusses vom 20. Oktober 2009 festgesetzten Tag- und Nachtschutzgebiet sowie in der Tag-Schutzzone 2 und in der Nacht-Schutzzone des für den Flughafen Berlin-Brandenburg nach dem Fluglärmschutzgesetz festgesetzten Lärmschutzbereichs.

Es ist mit einem in den 1930er Jahren errichteten und 1987 durch Anbau erweiterten Einfamilienhaus bebaut. Im Jahr 1998 beantragte der damalige Eigentümer die Errichtung eines Wintergartens im Obergeschoss. Auf Nachfrage der Bauaufsichtsbehörde teilte er am 5. März 1998 mit, dass der Wintergarten keinen Eingriff in die Dachkonstruktion erfordere. Daraufhin teilte die untere Bauaufsichtsbehörde mit Schreiben vom 1. April 1998 mit, die Errichtung des Wintergartens sei nach § 67 BbgBO genehmigungsfrei.

Im Mai 2008 beantragte der Voreigentümer Schallschutzmaßnahmen für das Gebäude. Eine von der Beklagten 2014 übersandte Anspruchsermittlung wurde nach Beanstandungen des Voreigentümers überarbeitet und durch eine Anspruchsermittlung vom 20. Dezember 2016 ersetzt. Dabei wurden die Wohnküche (A 01), das Arbeitszimmer (A 02), das Wohnzimmer (A 11) und zwei Schlafzimmer (A 03 und A 13) als anspruchsberechtigte Räume anerkannt.

Mit Schreiben vom 14. Januar 2017 zeigten die Kläger gegenüber der Beklagten den Eigentümerwechsel an und machten Schallschutzansprüche unter Berücksichtigung teilweise geänderter Raumnutzung geltend. Das vormalige Arbeitszimmer (A 02) werde als Schlafzimmer genutzt, die vormaligen Schlafzimmer (A 03 und A 13) als Kinderzimmer und die vormalige nicht als anspruchsberechtigt anerkannte Abstellkammer als Arbeitszimmer.

Daraufhin führte die Beklagte am 6. Juni 2017 eine erneute Schalltechnische Objektbeurteilung - STOB - durch, die sie den Klägern mit Anspruchsermittlung vom 24. August 2017 übersandte. Dabei wurden unter Berücksichtigung der angezeigten Nutzugsänderungen als anspruchsberechtigte Räume die Wohnküche (A 01), das Schlafzimmer (A 02), ein Kinderzimmer (A 03) und zwei Wohnzimmer (A 04 und A 11) anerkannt. Der Erstattungsbetrag für Aufwendungen für Schallschutzeinrichtungen wurde mit 41.964,46 Euro brutto beziffert. Nicht als anspruchsberechtigt anerkannt wurde das Kinderzimmer im Obergeschoss (A 13) wegen mangelnder Belichtung und das Arbeitszimmer (A 14, ehemalige Abstellkammer) wegen zu geringer Raumhöhe. Außerdem wurde der Wintergarten (A 12) nicht als anspruchsberechtigt anerkannt, weil für ihn keine Baugenehmigung als Wohn- bzw. Aufenthaltsraum vorliege (vgl. Schreiben der Beklagten vom 14. September 2017).

Nachdem die untere Bauaufsichtsbehörde auf entsprechende Anfrage der Kläger mitgeteilt hatte, dass die Mitteilung aus dem Jahr 1998, wonach die Errichtung des Wintergartens genehmigungsfrei sei, nicht zutreffe, wenn entgegen dem damals zugrunde gelegten Sachstand der Wintergarten jetzt beheizbar sei und als Daueraufenthaltsraum genutzt werde, beantragten die Kläger am 17. Juli 2018 die nachträgliche Erteilung einer Baugenehmigung für ihren Wintergarten als „Wohnraumerweiterung eines Einfamilien-Wohnhauses“. Im Antragsformular führten sie unter Ziffer 7. zur Begründung aus, der Bauantrag werde nur aus Gründen der nachträglichen Legalisierung der bereits durch den Voreigentümer durchgeführten Wohnraumerweiterung durch die Baubehörde zur Sicherung des Entschädigungsanspruchs gegenüber der Vorhabenträgerin gestellt.

Diese (nachträgliche) Baugenehmigung wurde mit Bescheid vom 19. Dezember 2018 erteilt. Darin wird u.a. auf das von den Klägern eingereichte Schreiben des Ingenieurbüros für Tragwerksplanung und Baukonstruktionen Dipl.-Ing. W ... vom 16. August 2018 verwiesen, wonach das Bauvorhaben nicht den Schallschutzanforderungen der 2. FlugLSV genüge. Das Grundstück befinde sich in den Tag-Schutzzonen und/oder der Nachtschutzzone des Lärmbereichs für den Verkehrsflughafen Berlin-Brandenburg gemäß der FluglärmSBBbgV. Die bauliche Anlage bestehe als genehmigungsfreier Wintergarten seit 1997. Der Bauantrag diene lediglich der geänderten Rechtsauffassung der Baubehörde im Jahr 2017 zur Integration des Wintergartens in eine Wohnraumerweiterung des Einfamilienhauses.

Auf Einwendungen der Kläger ersetzte die Beklagte die Anspruchsermittlung vom 24. August 2017 durch eine erneute Anspruchsermittlung vom 2. Oktober 2019, in der sie nunmehr mit Blick auf die Rechtsprechung des Senats zu den Raumhöhen in Brandenburg auch das Arbeitszimmer (A 14, ehemalige Abstellkammer) im Obergeschoss als anspruchsberechtigt anerkannte. Überdies sah sie für das Wohnzimmer (A 11) eine weitere Gaubendämmung sowie ein weiteres Schallschutzfenster vor. Den erstattungsfähigen Betrag der Aufwendungen für Schallschutzeinrichtungen bezifferte sie nunmehr mit 59.615,60 Euro brutto.

Anspruch auf Schallschutz für den Wintergarten verneinte die Beklagte weiter mit der Begründung, die zwischenzeitlich erteilte nachträgliche Baugenehmigung sei aus ihrer Sicht rechtswidrig (vgl. Schreiben vom 13. Juni 2019). Schallschutz für das Kinderzimmer A 13 lehnte sie nach wie vor wegen unzureichender Belichtung ab (vgl. Schreiben vom 19. Dezember 2018).

Mit Schreiben vom 28. August 2020 machten die Kläger geltend, das Arbeitszimmer A 14 sei zwischenzeitlich zwar als anspruchsberechtigt anerkannt. Die vorgesehene Dämmung in einer Stärke von >= 160 mm, systemgerechter Dampfsperre sowie Beplankung mit 12,5 mm Gipskartonplatten auf Holzunterkonstruktion führe jedoch dazu, dass der Raum um ca. 14 % und dadurch derart verkleinert werde, dass in der Folge eine erwachsene Person das Arbeitszimmer nur noch in einer Breite von ca. einem Meter aufrecht stehend nutzen könne. Damit verbleibe keine zumutbare Nutzungsmöglichkeit.

Nachdem die Bauaufsichtsbehörde den Klägern mit Schreiben vom 15. Oktober 2020 auf entsprechende Anfrage mitgeteilt hatte, dass die Vergrößerung der Belichtungsfläche des Kinderzimmers A 13 ein genehmigungsfreies Vorhaben gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 11c BbgBO sei, ließen die Kläger in das Kinderzimmer ein größeres Fenster einbauen.

Am 6. Januar 2021 haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben. Mit ihr begehrten sie Schallschutz für den Wintergarten A 12, das Kinderzimmer A 13 sowie geänderten Schallschutz für das Arbeitszimmer A 14. Zur Begründung tragen sie vor: Der seit seiner Errichtung 1998 zu Wohnzwecken genutzte Wintergarten ihres Wohnhauses sei bereits damals materiell rechtmäßig, weil genehmigungsfähig errichtet worden. Im Übrigen sei er aufgrund der Baugenehmigung vom 19. Dezember 2018 auch formell rechtmäßig. Die Baugenehmigung habe auch im Jahr 2018 erteilt werden können, ohne dass die sich aus den gesetzlichen Vorschriften zum Fluglärmschutz ergebenden genehmigungsrechtlichen Anforderungen hätten eingehalten werden müssen, da sie die Errichtung nachträglich legalisiert habe. Das müsse die Beklagte gegen sich gelten lassen.

Das Kinderzimmer entspreche durch den Einbau des neuen, größeren Fensters den bauordnungsrechtlichen Vorgaben an das Mindestbelichtungsmaß nach § 47 Abs. 2 BbgBO. Ob der Raum ursprünglich baurechtswidrig genutzt worden sei, sei unerheblich, da inzwischen baurechtskonforme Zustände hergestellt worden seien. Die Beklagte könne die Anspruchsberechtigung des Kinderzimmers daher nicht unter Verweis auf eine baurechtswidrige Errichtung und Nutzung des Raumes verweigern. Soweit die Beklagte eine nachträgliche Legalisierung baurechtswidriger Zustände während des Schallschutzverfahrens als Nutzungsänderung ansehe, verkenne sie, dass sich die Vorgaben der 2. FlugLSV lediglich auf neu zu errichtende Vorhaben insgesamt, aber nicht auf den Austausch lediglich einzelner Bauteile bei Bestandsbauten bezögen. Im Übrigen beachte das eingebaute Fenster das notwendige Bauschalldämm-Maß.

Die Kläger könnten außerdem alternative Schalldämmmaßnahmen für das Arbeitszimmer verlangen. Der Raum sei wegen seiner geringen Größe (3,85 m x 2,16 m) und seines besonderen Zuschnitts (Dachschrägen an der Längsseite) mit den vorgesehenen Schalldämm-Maßnahmen nicht mehr sinnvoll nutzbar. Werde die Dachdämmung als Zwischensparrendämmung auf die vorhandene Dämmung aufgebracht, verringere sich die Deckenhöhe des Raumes um ca. 14 bis 23 cm, abhängig davon, wie die vorhandenen Sparren beschaffen seien. Die Beklagte sei daher verpflichtet, anstatt der Dachdämmung alternative Schallschutzmaßnahmen vorzusehen, um so eine unzumutbare Verkleinerung der nutzbaren Fläche zu vermeiden.

Schließlich könnten die Kläger Erstattung ihrer vorgerichtlichen Anwaltskosten als Verzugsschaden beanspruchen. Das anwaltliche Schreiben vom 21. Februar 2019 stelle eine Mahnung dar.

Die Kläger beantragen,

1. Die Beklagte zu verurteilen, bei der schalltechnischen Objektbeurteilung und der Umsetzung des Schallschutzkonzepts nach den planfestgestellten Lärmschutzauflagen in Teil A II Ziffer 5.1.2 des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau des Flughafens Berlin Schönefeld vom 13.08.2004 in der Gestalt des Planergänzungsbeschlusses vom 20.10.2009 in der derzeitigen gültigen Fassung baulichen Schallschutz im Wohnhaus der Kläger (J ... ) auch für den Wintergarten (Raum A 12) und das Kinderzimmer im Obergeschoss (Raum A 13) vorzusehen und den Klägern die Höhe der erstattungsfähigen Aufwendungen mitzuteilen.

2. Die Beklagte zu verurteilen, eine geänderte Planung von Schallschutzmaßnahmen nach den planfestgestellten Lärmschutzauflagen in Teil A II Ziffer 5.1.2 des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau des Flughafens Berlin Schönefeld vom 13.08.2004 in der Gestalt des Planergänzungsbeschlusses vom 20.10.2009 in der derzeitigen gültigen Fassung baulichen Schallschutz im Wohnhaus der Kläger (J ... ) für das Arbeitszimmer im Obergeschoss (Raum A 14) vorzusehen, die sicherstellt, dass es nicht zu einer Reduzierung der Innenmaße des Raumes kommt.

3. Die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.489,88 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 11.09.2020 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die Klage insgesamt für unbegründet. Die Nutzung des Wintergartens zu Wohnzwecken sei zum Zeitpunkt der ursprünglichen Anspruchsermittlung im Jahr 2014 formell und materiell illegal gewesen. Die an sich erforderliche Baugenehmigung habe nicht vorgelegen. Die am 19. Dezember 2018 nachträglich erteilte Baugenehmigung begründe keine Anspruchsberechtigung, weil die zu diesem Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Anforderungen zum Schutz vor Fluglärm nicht beachtet worden seien. Daher entfalle nach Teil A II 5.1.7 Nr. 6 PFB die Verpflichtung der Beklagten, den Wintergarten schallschutztechnisch zu ertüchtigen. Bei zunächst formell illegal erfolgten Wohnraumerweiterungen könne dabei nicht auf einen Zeitpunkt vor Erteilung der Baugenehmigung abgestellt werden, denn der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens sei der Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung. Daran ändere auch die Bezeichnung als „nachträgliche“ Baugenehmigung nichts, wenn die von der Genehmigung betroffene Änderungsbaumaßnahme bereits zu einem früheren Zeitpunkt errichtet worden sei. Eigentümer, die einen Wintergarten oder einen anderen Anbau errichteten und formell illegal zu Wohnzwecken nutzten, könnten nach dem Planfeststellungsbeschluss nicht bessergestellt sein. Die gegenteilige Rechtsauffassung würde Schwarzbauten privilegieren. Die Voraussetzungen für die Nutzung des Wintergartens zu Wohnzwecken hätten erst mit der Anzeige der Kläger über die Aufnahme der Nutzung der baulichen Anlage zu Wohnzwecken am 25. Januar 2019 vorgelegen. Daher könne hinsichtlich des Ausschlussgrundes nach Teil A II 5.1.7 Nr. 6 PFB in Bezug auf den Zeitpunkt des Umbaus nicht auf einen früheren Zeitpunkt abgestellt werden. Die vorliegenden Unterlagen ließen nicht erkennen, ob der Rechtsvorgänger der Kläger schon zum Zeitpunkt des ersten Bauantrages 1997 für den Anbau des Wintergartens eine damit beabsichtigte Wohnraumerweiterung angezeigt habe. Ebenfalls ungeklärt sei, ob der Rechtsvorgänger schon in seinem ursprünglichen Bauantrag eine Beheizung des Wintergartens vorgesehen habe. Überdies sei die nunmehr genehmigte Wohnraumerweiterung nicht mit der im Jahr 1997 angezeigten Änderung identisch. Die rückwärtige Außenwand im Dachgeschoss und auch die Dachkonstruktion seien ersichtlich anders als nach den Planunterlagen ausgeführt worden. Daher sei nicht die 1997 angezeigte Änderung, sondern eine hiervon abweichende Baumaßnahme legalisiert worden, die zuvor als Schwarzbau errichtet worden sei. Auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Errichtung des Schwarzbaus könne es nicht ankommen. Die frühere Erklärung der Bauaufsichtsbehörde zur Genehmigungsfreiheit des Anbaus habe keine rechtliche Bedeutung, weil diese zu einer anderen, nicht realisierten Änderungsbaumaßnahme ergangen sei. Daher sei auf den Zeitpunkt der Erteilung der „nachträglichen“ Baugenehmigung abzustellen. Der vorliegende Fall sei daher mit einer Nutzungsänderung vergleichbar, die erst nach der Festsetzung des Lärmschutzbereichs erfolgt sei. Derartige Nutzungsänderungen seien einer Neuerrichtung gleichzusetzen, so dass die Umfassungsbauteile von geschützten Räumen den Anforderungen der 2. FlugLSV zum Zeitpunkt der Nutzungsänderung entsprechen müssten. Bei der ursprünglichen Antragstellung und der Anspruchsermittlung der Beklagten habe eine zulässige Wohnnutzung des Wintergartens nicht vorgelegen. Als die Wohnnutzung des Wintergartens erstmalig gegenüber der Baugenehmigungsbehörde angezeigt und von der Bauaufsicht zugelassen worden sei, seien die Kläger ihrer gesetzlichen Verpflichtung zum Einbau von Vorrichtungen zum Schutz vor Fluglärm nicht nachgekommen. Die Kläger könnten sich nicht auf eine Tatbestandswirkung der Baugenehmigung berufen, denn der Schutzanspruch entfalle gemäß Teil A II 5.1.7 Nr. 6 PFB unabhängig vom Vorliegen einer Baugenehmigung. Zum anderen enthalte die erteilte Genehmigung erkennbar nicht die Feststellung, dass der Wintergarten die Schallschutzanforderungen der 2. FlugLSV einhalte. Die Vereinbarkeit des Wintergartens mit den Anforderungen der 2. FlugLSV sei von ihr nicht geprüft worden. Es könne nicht sein, dass ein Antragsteller und die zuständige Bauaufsichtsbehörde im Wege eines kollusiven zielgerichteten Zusammenwirkens einen vermeintlich nach dem Planfeststellungsbeschluss schutzbedürftigen Raum nachträglich legalisierten, um die Anspruchsberechtigung der Antragsteller gegenüber der Beklagten herbeizuführen, ohne dabei die zum Zeitpunkt der Baugenehmigung geltenden Rechtsvorschriften zum Schutz gegen Fluglärm anzuwenden.

Auch für das Kinderzimmer (A 13) könnten die Kläger keinen Schallschutz nach dem PFB beanspruchen. Im Zeitpunkt der Übersendung der Anspruchsermittlung an die Kläger sei der Raum formell und materiell rechtswidrig genutzt worden, weil er nicht nach Maßgabe des § 47 Abs. 2 BbgBO hinreichend mit Tageslicht belichtet gewesen sei. Die Anspruchsberechtigung ergebe sich auch nicht aus dem zwischenzeitlich erfolgt Rückbau des alten Fensters, dem Teilabbruch der Gebäudeaußenwand und dem Einbau des neuen, bodentiefen Fensters, denn hierdurch seien keine materiell rechtmäßigen Zustände hergestellt worden. Die Kläger hätten nicht den Nachweis erbracht, dass die baulichen Veränderungen unter Beachtung der Anforderungen des gesetzlichen Lärmschutzes nach der 2. FlugLSV erfolgt seien. Das Schalldämm-Maß des eingebauten Fensters sei ebenso wenig erkennbar wie das Vorhandensein von Belüftungseinrichtungen.

Hinsichtlich des Arbeitszimmers (A 14) ließen die Kläger außer Acht, dass neben dem Einbau der neuen Zwischensparrendämmung auch der Rückbau und die Entsorgung der vorhandenen Dachinnenverkleidung und der vorhandenen Dämmung als Leistungspositionen vorgesehen sei. Der neue Wandaufbau wäre aufgrund der zu erreichenden Schallschutzwirkung nur zwischen 8 und 10 cm dicker als der im Bestand vorhandene Aufbau und nicht wie von den Klägern behauptet 13 bis 24 cm. Der Raum verfüge an der zum Wohnzimmer gelegenen, ca. 3,85 m langen Innenwand über eine lichte Höhe von 2,24 m. Die bislang erfolgte Wohnnutzung wäre daher auch nach Durchführung der Maßnahmen weiterhin möglich.

Vorgerichtliche Anwaltskosten könnten die Kläger nicht verlangen, da die vorgerichtlichen Schreiben nicht als Mahnungen in Bezug auf die nunmehr gerichtlich geltend gemachten Ansprüche zu verstehen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Streitakte nebst Anlagen sowie des Schallschutzvorgangs der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Klage, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Sie ist insgesamt zulässig, aber nur teilweise begründet.

I. Die Klage ist als Leistungsklage zulässig.

Die Kläger sind klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Die planfestgestellten Lärmschutzauflagen begründen einen Anspruch des betroffenen Eigentümers gegenüber der Vorhabenträgerin. Diese wird durch die Schutzauflagen verpflichtet, die angeordneten Schutzmaßnahmen zu erfüllen, indem sie die Schallschutzeinrichtungen selbst einbauen lässt oder dem Betroffenen auf Nachweis die Aufwendungen für den Einbau der erforderlichen Schutzeinrichtungen erstattet (vgl. Teil A II 5.1.7 Nr. 1, S. 108 des Planfeststellungsbeschlusses für den Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld vom 13. August 2004 - PFB - in der Gestalt des Planergänzungsbeschlusses vom 20. Oktober 2009 - PEB). Die Kläger möchten im vorliegenden Verfahren geklärt wissen, ob für den Wintergarten (A 12) und das Kinderzimmer (A 13) ihres Wohnhauses ein Anspruch auf Schallschutzvorkehrungen besteht bzw., ob für das Arbeitszimmer (A 14) andere als die von der Beklagten vorgesehenen Schallschutzmaßnahmen verlangt werden können. Hierzu begehren sie eine neue Anspruchsermittlung, die dies berücksichtigt.

Die Kläger haben für dieses Begehren das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, da im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits eine Entscheidung der Beklagten über ihren Antrag auf Kostenerstattung in Gestalt einer Anspruchsermittlung und einem darauf basierenden Kostenerstattungsangebot vorgelegen hat.

II. Die Klage ist begründet, soweit die Kläger baulichen Schallschutz für ihren Wintergarten begehren. Hinsichtlich des baulichen Schallschutzes für das Kinderzimmer und der abweichenden Schallschutzmaßnahmen für das Arbeitszimmer sowie hinsichtlich der außergerichtlichen Anwaltskosten ist die Klage dagegen unbegründet.

1. Nach der Lärmschutzauflage in Teil A II 5.1.2 PFB (S. 105 f.) sind für Wohnräume, Büroräume, Praxisräume und sonstige nicht nur vorübergehend betrieblich genutzte Räume in der Umgebung des Flughafens geeignete Schallschutzvorrichtungen vorzusehen. Nach Ziffer 5.1.3 gilt entsprechendes für Schlafräume auf Grundstücken innerhalb des Nachtschutzgebietes.

a) Hinsichtlich des Wintergartens liegen diese Voraussetzungen vor.

aa) Der Wintergarten des klägerischen Wohnhauses ist ein schützenswerter Wohnraum im Sinne der Schallschutzauflage in Teil A II 5.1.2 PFB (Tagschutz).

Nach der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses zählen zu den Wohnräumen alle Räume, die zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind und die am 15.05.2000 in bereits errichteten Gebäuden liegen oder auf zu diesem Zeitpunkt bebaubaren Grundstücken in Gebäuden errichtet werden.

Ob ein Raum in diesem Sinne als schützenswerter Wohnraum anzusehen ist, bestimmt sich danach, ob er nach allgemeiner Verkehrsauffassung für eine Nutzung als Wohnraum geeignet ist (für als Arbeitszimmer bzw. als Esszimmer genutzte Hauseingangsbereiche siehe Senatsurteile vom 3. Juli 2018 - OVG 6 A 1.17 -, Rn. 40 bei juris sowie vom 9. April 2019 - OVG 6 A 4.17 -, Rn. 27 bei juris). Danach ist der Wintergarten als Wohnraum anzusehen.

Er dient unstreitig dem nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen. Er wird ausweislich der aktenkundigen Fotografien nicht nur tatsächlich als Wohnraum genutzt, sondern ist auch objektiv hierfür geeignet. Er ist beheizt, mit einem Holzdielenfußboden versehen, der demjenigen der benachbarten Wohnräume vergleichbar ist und mit Wohnzimmermöbeln (Sessel, Couch, Couchtisch) ausgestattet. Er ist im Jahr 1998 als Anbau im ersten Obergeschoss eines bereits vorhandenen Wohnhauses und damit auf einem am Stichtag 15. Mai 2000 bebaubaren Grundstück errichtet worden.

bb) Die daraus folgende Anspruchsberechtigung ist nicht nach Teil A II 5.1.7. Nr. 6 PFB ausgeschlossen.

Danach entfällt die Verpflichtung der Träger des Vorhabens gemäß den Auflagen, soweit aufgrund von Vorschriften des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm, eines Bebauungsplans oder Auflagen in der Baugenehmigung bereits zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes Vorrichtungen zum Schutz gegen Fluglärm einzubauen waren und der Grundstückseigentümer oder Bauherr dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Im maßgeblichen Zeitpunkt bestand eine Verpflichtung zum Einbau von Vorrichtungen zum Schutz vor Fluglärm nicht.

Zwar liegt das Grundstück der Kläger in der Tag-Schutzzone 2 und in der Nacht-Schutzzone des aufgrund des § 4 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Oktober 2007 - FluLärmG - (BGBl. I S. 2550) festgesetzten Lärmschutzbereichs für den Verkehrsflughafen Berlin-Brandenburg nach der Brandenburgischen Verordnung über die Festsetzung des Lärmschutzbereichs für den Verkehrsflughafen Berlin-Brandenburg vom 7. August 2013 - FlugLärmSBBbgV - (GVBl. II/13, [Nr. 61]). Die danach zu beachtenden Schallschutzanforderungen gelten gemäß § 1 Satz 1 der Zweiten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm (Flugplatz-Schallschutzmaßnahmenverordnung - 2. FlugLSV) vom 8. September 2009 (BGBl. I S. 2992) allerdings nur „für die Errichtung“ von schutzbedürftigen Einrichtungen und Wohnungen. Bei Bestandsbauten gilt die Verordnung gemäß § 1 Satz 2 dagegen nur „für die Erstattung von Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen an schutzbedürftigen Einrichtungen und Wohnungen“. Dem entspricht, dass § 6 FluLärmG die Beachtung von Schallschutzvorschriften ebenfalls nur für Wohnungen vorsieht, die in der Tag-Schutzzone 2 „errichtet werden“. Hieran knüpft der Planfeststellungsbeschluss in Teil A II 5.1.7. Nr. 6 PFB an, indem er darauf abstellt, ob Lärmschutzvorrichtungen „bereits zum Zeitpunkt der Errichtung, des Um- oder Anbaus des Gebäudes“ einzubauen waren. Als Errichtung in diesem Sinne sind auch Nutzungsänderungen erfasst, sofern sie baurechtlich oder für die Anwendung der Lärmschutzauflagen des Planfeststellungsbeschlusses relevant sind, etwa wenn ein ursprünglich zu anderen Zwecken errichtetes Gebäude erstmals zu Wohnzwecken genutzt wird. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe waren die Regelungen über den gesetzlichen Schallschutz seinerzeit auf den Wintergarten der Kläger nicht anwendbar.

Im demnach maßgeblichen Zeitpunkt der Errichtung im Jahr 1998 bestimmten sich die Lärmschutzbereiche des FluLärmG nach der Verordnung über die Festsetzung des Lärmschutzbereichs für den Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld vom 16. Juni 1997 (BGBl. I S. 1374). Das Grundstück der Kläger lag außerhalb der darin festgelegten Schutzzone. Damit galten auch die Anforderungen an den Schallschutz damals nicht. Da der Wintergarten der Kläger nach deren - von der Beklagten nicht bestrittenem - Vortrag in der seither unverändert bestehenden Form im Jahr 1998 errichtet und zu Wohnzwecken genutzt wurde, ist auch nicht von einer Nutzungsänderung auszugehen, die die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zum Schutz vor Fluglärm erforderlich gemacht hätte.

Der Umstand, dass die Baugenehmigung für die Nutzung zu Wohnzwecken erst beantragt wurde, als die gesetzlichen Lärmschutzanforderungen zu erfüllen waren, weil das Grundstück in den von der FluglärmSBBgV vom 7. August 2013 festgesetzten Lärmschutzzonen liegt, und diese Nutzung von den Klägern erst am 25. Januar 2019 nach Erteilung der Baugenehmigung am 19. Dezember 2018 gegenüber der zuständigen Behörde angezeigt wurde, rechtfertigt keine andere Einschätzung. Denn der Ausschlussgrund nach Ziffer 5.1.7 Nr. 6 PFB stellt auf die tatsächliche Errichtung bzw. Nutzungsänderung ab. Die Frage, ob und inwieweit für ein Gebäude eine Baugenehmigung erforderlich ist und wie sich diese bzw. deren Fehlen auf die Beurteilung der Ansprüche auf baulichen Schallschutz nach dem Planfeststellungsbeschluss ggf. auswirkt, beurteilt sich dagegen nach Teil A II 5.1.7 Nr. 7 PFB. Danach entfällt die Verpflichtung der Träger des Vorhabens nach den Lärmschutzauflagen u.a., soweit das Grundstück zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs nicht bebaubar und nicht mit einem rechtmäßig errichteten Gebäude bebaut ist. Dieser Ausschlussgrund steht selbstständig neben dem Ausschlussgrund nach Ziffer 5.1.7 Nr. 6 PFB (Senatsurteil vom 22. November 2021 - OVG 6 A 10/21 -, Rn. 40).

Die Beklagte macht mit ihrem Einwand, es sei auf den Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung am 19. Dezember 2018 abzustellen, sinngemäß geltend, von einer „Errichtung“ im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz vor Fluglärm bzw. des Ausschlussgrundes nach Ziffer 5.1.7 Nr. 6 PFB sei nur bzw. erst ab einer formell legalen Nutzung, wenn also eine Baugenehmigung erteilt ist, auszugehen. Das überzeugt nicht. Es hätte zur Konsequenz, dass der Ausschlussgrund auch dann einschlägig wäre, wenn ein Gebäude ohne Baugenehmigung und damit formell illegal errichtet wurde, die gesetzlichen Schallschutzanforderungen in materieller Hinsicht allerdings beachtet. Das wäre schwerlich vom Zweck des Ausschlussgrundes gedeckt. Dieser zielt darauf ab, die Beklagte als Vorhabenträgerin vor Mehrkosten zu schützen, die für Schallschutzmaßnahmen nach dem Planfeststellungsbeschluss entstehen, weil nicht auf nach den gesetzlichen Bestimmungen erforderliche Schallschutzvorrichtungen aufgesattelt werden kann; sie zielt aber nicht darauf ab, Verstöße gegen (baurechtliche) Genehmigungserfordernisse zu sanktionieren.

Dem entspricht, dass der Senat mit Urteil vom 22. November 2021 - OVG 6 A 10/21 - bereits entschieden hat, dass der Planfeststellungsbeschluss hinsichtlich der Einhaltung der Schallschutzvorgaben (anders als bei Ziffer 5.1.7 Nr. 7 PFB) unabhängig von der eventuellen Legalisierungswirkung einer Baugenehmigung hinsichtlich der gesetzlichen Vorgaben nach dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm in der Variante 1 der Ziffer 5.1.7 Nr. 6 allein darauf abstellt, ob die gesetzlichen Anforderungen tatsächlich erfüllt wurden.

Überdies hat der Senat entschieden, dass sich die Frage, ob ein Gebäude rechtmäßig errichtet ist, zwar zunächst nach dem Inhalt der Baugenehmigung bzw. den dieser zugrunde liegenden Angaben in den Bauvorlagen beurteilt, dass in Ermangelung einer Baugenehmigung aber darauf abzustellen ist, ob das Gebäude im Zeitpunkt der Errichtung genehmigungsfähig gewesen wäre (Urteile vom 9. April 2019 - OVG 6 A 12.16 -, Rn. 34, und vom 3. Juli 2018 - OVG 6 A 13.17 -, Rn. 26). Auch hiermit lässt sich ein Verständnis des Begriffs „Errichtung“ im Sinne der Ziffer 5.1.7 Nr. 6 PFB, das die formelle Legalität erfordert, nicht vereinbaren.

Dies erhellt zugleich, dass die Einschätzung des Beklagten, eine Anspruchsberechtigung der Kläger für den Wintergarten würde einen Schwarzbau privilegieren, nicht zutrifft. Denn ein „Schwarzbau“ im Sinne der planfestgestellten Lärmschutzauflagen läge nur dann vor, wenn er nicht genehmigungsfähig wäre. Daran fehlt es vorliegend. Es ist nicht ersichtlich oder dargelegt, dass der Wintergarten in der gegenwärtig vorliegenden Form und mit der gegebenen Nutzung zu Wohnzwecken bei Errichtung im Jahr 1998 nicht hätte genehmigungsfähig werden können. Das gilt unabhängig von der Frage, ob der damalige Eigentümer seinerzeit gegenüber der Bauaufsichtsbehörde zutreffende Angaben zur beabsichtigten Wohnnutzung und zum Einbau eines Heizkörpers gemacht hat und dass die von ihm eingereichten Planungsunterlagen mit der tatsächlichen Bauausführung nicht vollständig übereinstimmen.

c) Die Beklagte kann sich wegen des Anspruchs auf baulichen Schallschutz für den Wintergarten der Kläger auch nicht auf den Ausschlussgrund nach Teil A II 5.1.7. Nr. 7 PFB berufen. Insoweit muss sie sich die Legalisierungswirkung der Baugenehmigung vom 19. Dezember 2018 entgegenhalten lassen. Der Senat hat bereits entschieden, dass von einem nicht rechtmäßig errichteten Gebäude im Sinne der Lärmschutzauflage 5.1.7 Nr. 7 PFB bei einer wirksam erteilten Baugenehmigung nicht ausgegangen werden kann (Urteil vom 13. Dezember 2021 - OVG 6 A 8/20 -, S. 30 UA).

Der Hinweis des Beklagten auf das Senatsurteil vom 22. November 2021 - OVG 6 A 10/21 -, Rn. 41), wonach die in jenem Fall erteilte bestandskräftige Baugenehmigung nicht dazu führe, dass der beauflagte Nachweis gemäß der Schallschutzverordnung als erbracht zu gelten habe, weil die Baugenehmigung eine entsprechende Feststellung nicht enthalte, führt im vorliegenden Fall schon deshalb zu keinem anderen Ergebnis, weil die hier erteilte Baugenehmigung vom 19. Dezember 2018 die gesetzlichen Schallschutzanforderungen ausdrücklich in den Blick nimmt, deren Einhaltung aber nicht für erforderlich hält, weil es sich um die „nachträgliche“ Genehmigung eines bereits verwirklichten Vorhabens handele. Im Übrigen bedarf jener Fall eine andere Fragestellung, nämlich, der die Nichtbeachtung von Schallschutzvorgaben bei Errichtung dem Grundstückseigentümer nicht entgegengehalten werden kann, wenn ihm gleichwohl für die Errichtung eine Baugenehmigung erteilt worden ist. Der Fall betraf mithin dem Ausschlussgrund nach Ziffer 5.1.7 nr. 6 PFB.

b) Hinsichtlich des Kinderzimmers A 13 im Obergeschoss ist die Klage unbegründet. Die Kläger haben insoweit keinen Anspruch auf baulichen Schallschutz nach den Lärmschutzauflagen des Planfeststellungsbeschlusses.

aa) Einem solchen Anspruch steht der Ausschlussgrund nach Teil A II 5.1.7 Nr. 7 PFB (S. 109) entgegen. Wie bereits ausgeführt, entfällt danach die Verpflichtung zur Erfüllung von Lärmschutzauflagen, soweit das betroffene Gebäude zum Abriss bestimmt ist oder nur vorübergehend für die entsprechenden Zwecke genutzt wird oder das Grundstück zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr bebaubar oder nicht einem rechtmäßig errichteten Gebäude bebaut ist. Diese Regelung nimmt nicht nur Schwarzbauten insgesamt, sondern auch im Widerspruch zu bauordnungsrechtlichen Vorgaben errichtete und nicht genehmigte bzw. nicht genehmigungsfähige Räume aus der Verpflichtung der Vorhabenträgerin zur schalltechnischen Ertüchtigung aus (Senatsurteile vom 9. April 2019 n- OVG 6 A 12.16 -, Rn. 29 und vom 3. Juli 2018 - OVG 6 A 3.17 -, Rn. 24).

Das Kinderzimmer A 13 entsprach zum (maßgeblichen) Zeitpunkt der letzten Anspruchsermittlung vom 2. Oktober 2019 materiell nicht den bauordnungsrechtlichen Vorgaben.

Nach der aktuellen Brandenburgischen Bauordnung war das Fenster nicht groß genug, um für eine ausreichende Belichtung eines Raumes mit der vorhandenen Größe von 16,24 m² zu sorgen. Nach § 47 Abs. 2 Satz 2 BbgBO müssen Fenster ein Rohbaumaß der Fensteröffnungen von mindestens 1/8 der Grundfläche des Raumes haben. Dies entspricht bei der vorhandenen Raumgröße 2,03 m². Das zum Zeitpunkt der Anspruchsermittlung vorhandene Fenster hatte demgegenüber lediglich eine Größe von 1,30 m².

Eine Baugenehmigung, die diesen Verstoß gegen die Bauordnung legalisieren könnte, haben die Kläger nicht vorgelegt. Sie ergibt sich auch nicht aus den vorliegenden Unterlagen. Der fragliche Raum ist bei der Erweiterung des Wohnhauses im Jahr 1987 im Zuge des damals erfolgten Ausbaus des Dachgeschosses errichtet worden. Für diesen Ausbau liegt eine Baugenehmigung vom 15. Februar 1987 vor. Allerdings stimmen die der Baugenehmigung zugrunde liegenden Planungsunterlagen nicht mit dem vorhandenen, der Anspruchsermittlung der Beklagten zugrunde liegenden Raum überein. Nach dem Vortrag der Kläger wurde das Kinderzimmer in den damaligen Bauplänen als Raum „D 5“ bezeichnet. Er hätte nach den Planungsunterlagen eine Größe von 10,90 m² haben sollen. Die tatsächliche bzw. aktuelle Größe des Kinderzimmers beträgt demgegenüber 16,24 m². Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass eine Baugenehmigung für das Kinderzimmer in der bestehenden Form nicht vorliegt.

Das Zimmer wäre mit dem gegenwärtigen Zuschnitt und der im Zeitpunkt der Anspruchsermittlung vorhandenen Fenstergröße auch bei seiner Errichtung nicht genehmigungsfähig gewesen. Nach dem 1987 geltenden § 366 Abs. 1 Deutsche Bauordnung vom 2. Oktober 1958 war seinerzeit für Räume der Gruppe 1 (Wohnräume) eine Fensterfläche von 1/10 der Grundfläche des Raumes vorgeschrieben. Bei einer Raumgröße von 16,24 m² erfüllt das Fenster mit 1,30 m² dieses Erfordernis nicht.

bb) An dieser Betrachtung ändert auch der Umstand nichts, dass die Kläger zwischenzeitlich im Jahr 2020 ein Fenster mit einer Größe von 2,12 m² eingebaut haben, das den dargelegten Mindestanforderungen der Bauordnung genügt.

Denn für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist auf den Zeitpunkt der Übersendung der Anspruchsermittlung vom 2. Oktober 2019 abzustellen. Das ergibt sich aus der Rechtsprechung des Senats zu Nutzungsänderungen, die erst nach Versendung der Anspruchsermittlung erfolgen und die auf die vorliegende Konstellation übertragbar ist.

Hinsichtlich der Art der Nutzung eines Raumes, für den baulicher Schallschutz begehrt wird, hat der Senat entschieden, es sei nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte auf den Zeitpunkt der Versendung der Anspruchsermittlung abstelle. Eine nach dem Zeitpunkt der Versendung der Anspruchsermittlung erfolgende Nutzungsänderung liege allein in der Verantwortungssphäre des Lärmbetroffenen. Dies habe nach der Begründung des Planergänzungsbeschusses (S. 238) zur Folge, dass er die Kosten für durch den Nutzungswechsel erforderlich werdende weitere Schallschutzvorkehrungen selbst zu tragen habe (Urteil vom 9. April 2019 - OVG 6 A 4.17 -, Rn. 22). Die Lärmbetroffenen hätten es in der Hand, für ihren Antrag auf Schallschutzmaßnahmen den Zeitpunkt zu wählen, der ihnen unter Berücksichtigung der Verhältnisse auf dem Grundstücksmarkt für die Ermittlung des Verkehrswertes günstig erscheine. Maßgeblich für die Verkehrswertermittlung sei insoweit der Zeitpunkt, zu dem der Anspruchsberechtigte erstmals an die Flughafengesellschaft herantrete, um Schallschutz zu beantragen (vgl. Senatsurteil vom 22. November 2018 - OVG 6 A 1.16 -, unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116 ff., Rn. 415). Das müsse entsprechend für den Zeitpunkt der Anspruchsermittlung gelten. Es entspreche dem berechtigten Interesse der Vorhabenträgerin, Lärmschutzmaßnahmen und Entschädigungsleistungen in überschaubarer Zeit abzuwickeln. Erfolge eine Anspruchsermittlung durch ein von der Beklagten beauftragtes Ingenieurbüro nicht unmittelbar nach der Antragstellung, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt, sei die von der Beklagten geschilderte Praxis nicht zu beanstanden, zugunsten der Anspruchsberechtigten auf die zu diesem Zeitpunkt feststellbare Raumaufteilung bzw. Raumnutzung abzustellen und nachträgliche Änderungen bis zum Zeitpunkt der Versendung der Anspruchsermittlung an die Betroffenen zu berücksichtigen (Urteil vom 9. April 2019 - OVG 6 A 4.17 -, Rn. 23). Die Lärmbetroffenen müssen sich demnach bei der Beurteilung ihres Gebäudes an dem Sachverhalt festhalten lassen, der zum Zeitpunkt der Anspruchsermittlung bzw. deren Übersendung besteht.

Dieser Gedanke kommt auch in der hier gegebenen Fallkonstellation zum Tragen. Die Herstellung baurechtmäßiger Zustände und die baurechtmäßige Nutzung der Räume, für die Schallschutz begehrt wird, liegt ausschließlich in der Sphäre der Lärmbetroffenen. Sie allein haben es in der Hand, baurechtmäßige Zustände herzustellen. Erfolgt dies erst nach der Anspruchsermittlung bzw. deren Versendung, stellt dies der Sache nach einen erneuten Schallschutzantrag dar, weil - ebenso wie in den Fällen der Nutzungsänderung - der Sachverhalt, der zur Prüfung einer Anspruchsberechtigung unterbreitet wird, ein anderer ist.

Für ihre gegenteilige Ansicht können sich die Kläger nicht auf das Senatsurteil vom 9. April 2019 - OVG 6 A 12.16 - berufen. Zwar hat der Senat darin ausgeführt, Lärmbetroffenen bleibe bei baurechtswidriger Nutzung die Möglichkeit, durch Umbaumaßnahmen einen baurechtskonformen Zustand herzustellen, wenn eine nachträgliche Legalisierung bzw. Duldung durch die Bauordnungsbehörde ausscheide (Rn. 34 a.E.). Diese Aussage lässt sich im Kontext des zitierten Urteils allerdings nicht in der allgemeinen Form verstehen, die die Kläger ihr beigeben wollen. Der Senat knüpft mit dieser Aussage an sein Urteil vom 3. Juli 2018
- OVG 6 A 3.17 - an. In jener Entscheidung hatte er über ein rechtmäßig errichtetes Gebäude zu befinden, in dem ein nachträglich eingefügter Fußbodenaufbau zu einer Unterschreitung der bauordnungsrechtlich vorgeschriebenen Raumhöhe führte. Dieser Fußbodenaufbau hatte nach den Angaben des zuständigen Baubezirksstadtrats in der dortigen mündlichen Verhandlung die bei Errichtung des Gebäudes vorhandene erforderliche Raumhöhe nicht dauerhaft beseitigt, die zuständige Bauaufsichtsbehörde sah daher keinen Anlass zu einem bauordnungsrechtlichen Einschreiten. Hierüber könne sich die Vorhabenträgerin nicht hinwegsetzen, indem sie die Gewährung von Schallschutz für die betroffenen Räume davon abhängig mache, dass zunächst der Fußbodenaufbau beseitigt und dadurch die ursprüngliche Raumhöhe wiederhergestellt werde. Maßgeblich sei, dass das Gebäude einschließlich der in Rede stehenden Wohnräume legal errichtet worden sei, es sich somit nicht um einen Schwarzbau handle. Es sei allein Aufgabe der Bauaufsichtsbehörde zu prüfen, ob eine Unterschreitung der genehmigten Raumhöhe durch nachträgliche Einbauten Anlass zu einem ordnungsbehördlichen Einschreiten biete (Rn. 28). Hieran anknüpfend hat der Senat im Urteil vom 9. April 2019, bei dem die Kläger ebenfalls angeführt hatten, die vorgeschriebene lichte Raumhöhe werde allein durch nachträgliche Einbauten unterschritten, ausgeführt, dass die Möglichkeit bestehe, durch Umbaumaßnahmen einen baurechtskonformen Zustand herzustellen.

Die Rechtsprechung des Senats bezieht sich daher auf Fallkonstellationen, in denen ursprünglich tatsächlich oder vermeintlich rechtmäßige Zustände durch nachträgliche, aber reversible Umbauten beseitigt werden. Eine solche Konstellation liegt hier nicht vor.

Die Kläger haben nicht nachgewiesen, dass das fragliche Kinderzimmer rechtmäßig errichtet oder zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem Einbau des größeren Fensters rechtmäßig genutzt wurde. Ebenso wenig haben sie dargelegt, dass die baurechtswidrigen Zustände erst durch nachträgliche, aber reversible Umbauten eingetreten sind.

Dessen ungeachtet ist den Klägern auch entgegenzuhalten, dass der Senat sich im Urteil vom 9. April 2019 zudem nicht zu der Frage verhält, bis zu welchem Zeitpunkt die Möglichkeit besteht, durch Umbaumaßnahmen einen baurechtskonformen Zustand herzustellen.

cc) Etwas anderes gilt auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes. Zwar war das Zimmer A 13 in der Anspruchsermittlung vom 20. Dezember 2016, die noch an den Voreigentümer des Grundstücks gerichtet war und auf dessen Angaben beruhte, wonach es sich um ein Schlafzimmer handele, als anspruchsberechtigt anerkannt. Hieraus konnten die Kläger für die auf ihren eigenen Wunsch infolge der mit Schreiben vom 14. Januar 2017 angezeigten Nutzungsänderungen verschiedener Räume des Gebäudes durchgeführte erneute Anspruchsermittlung nicht die Annahme herleiten, die grundsätzliche Anspruchsberechtigung bleibe bestehen und werden durch die Beklagte nicht mehr überprüft. Hierzu hätte es eines Verhaltens der Beklagten bedurft, das geeignet ist, bei den Klägern ein entsprechendes Vertrauen hervorzurufen. Hierfür ist nichts dargelegt oder ersichtlich.

Überdies war das Zimmer A 13 auch in der zunächst gegenüber den Klägern erstellten Anspruchsermittlung vom 24. August 2017 nicht als anspruchsberechtigt anerkannt. Dies begründete die Beklagte durch Schreiben vom 14. September 2017 schon damals mit unzureichender Belichtung. Die Kläger hätten daher bis zur Übersendung der endgültigen Anspruchsermittlung vom 2. Oktober 2019 ausreichend Gelegenheit gehabt, baurechtmäßige Zustände herzustellen.

Auf die zwischen den Beteiligten strittige Frage, ob das nachträglich eingebaute Fenster die Anforderungen an den gesetzlichen Schallschutz im Sinne des Ausschlussgrundes in Ziffer 5.1.6 Nr. 6 PFB erfüllen muss und erfüllt, kommt es vor diesem Hintergrund nicht (mehr) an.

c) Unbegründet ist die Klage zudem hinsichtlich der für das Arbeitszimmer (A 14) im Obergeschoss begehrten alternativen Schallschutzmaßnahmen. Die Kläger haben keinen Anspruch darauf, für dieses Zimmer Schallschutz vorzusehen, der sicherstellt, dass es nicht zu der von der Beklagten vorgesehenen Reduzierung der Innenmaße des Raumes kommt.

Der Senat hat mit Urteil vom 3. Juli 2018 - OVG 6 A 1.17 - ausgeführt, der Planfeststellungsbeschluss enthalte keine Vorgaben, durch welche konkreten Maßnahmen (in jenem Fall: Innen- oder Außendämmung) Schallschutz zu gewähren sei. In den planfestgestellten Schutzauflagen sei lediglich von „geeigneten Schallschutzvorrichtungen“ die Rede. Das seien solche, die die Einhaltung der Schutzziele für den Tag- und für den Nachtzeitraum gewährleisteten. Hinsichtlich der Bewertung von Schallschutzeinrichtungen als geeignet komme der Beklagten kein Ermessen zu. Es handele sich insoweit um einen der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegenden unbestimmten Rechtsbegriff. Bei der Bestimmung dessen, was unter geeigneten Schallschutzeinrichtungen zu verstehen sei, sei zunächst die Zielrichtung der Schutzauflage zu berücksichtigen (Rn. 71). Eine Verkleinerung der Wohnfläche in den anspruchsberechtigten Räumen, sei hinzunehmen, da der Schallschutzanspruch raumbezogen konzipiert sei. Dem Planfeststellungsbeschluss lasse sich nicht entnehmen, dass eine Beeinträchtigung des Innenraums durch Schallschutzvorkehrungen auszuschließen sei. Eine Innendämmung könne allerdings dann unzumutbar und damit ungeeignet sein, wenn sie im Einzelfall dazu führe, dass ein Wohnraum - etwa wegen seiner sehr geringen Größe oder seines besonderen Zuschnitts - nicht mehr sinnvoll nutzbar sei (Rn. 74; s.a. Senatsurteil vom 9. April 2019 - OVG 6 A 16.17 -, Rn. 30). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe können die Kläger keine anderen als die angebotenen Schallschutzmaßnahmen verlangen.

Die den Klägern in dem hier maßgeblichen Leistungsverzeichnis vom 2. September 2019, das der Anspruchsermittlung vom 2. Oktober 2019 beigefügt war, angebotenen Schallschutzvorrichtungen sind geeignet, die Einhaltung der im planfestgestellten Lärmschutzauflagen vorgesehenen Schutzziele zu gewährleisten. Dass durch die vorgesehenen Schallschutzmaßnahmen die Nutzung des Raumes in unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird, wie die Kläger geltend machen, ist nach Aktenlage und dem Vortrag der Beteiligten nicht ersichtlich.

Der Vortrag der Kläger, durch die vorgesehenen Schallschutzmaßnahmen verringere sich die Deckenhöhe des ohnehin kleinen Raumes um ca. 14 bis 23 cm, abhängig davon, wie die vorhandenen Sparren beschaffen seien, ist sachlich unrichtig. Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass die Kläger bei ihren Überlegungen außer Betracht lassen, dass die im Leistungsverzeichnis vorgesehene Dachdämmung an die Stelle der aktuell vorhandenen Wanddämmung tritt. Im Leistungsverzeichnis heißt es unter sämtlichen Ziffern, die Angaben zur Zwischensparrendämmung (Ziffer 3.1) enthalten: „Rückbau und Entsorgung der vorh. Dachinnenverkleidung sowie der vorh. Dämmung“ (vgl. Ziffern 3.1.1.1.1, 3.1.1.2.2 und 3.1.1.2.3).

Dem vor diesem Hintergrund ohne weiteres plausiblen Vortrag der Beklagten, wonach der neue Wandaufbau aufgrund der zu erreichenden Schallschutzwirkung nur zwischen acht und zehn Zentimeter dicker als der im Bestand vorhandene Aufbau sei, sind die Kläger nicht entgegengetreten. Dass eine Innendämmung in dieser Stärke zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit des Arbeitszimmers A 14 führen würde, tragen sie nicht vor. Es ist auch nicht ersichtlich.

Das vormals als Abstellkammer vorgesehene Zimmer verfügt über eine lichte Höhe von 2,24 m (Anlage 1 zur Anspruchsermittlung vom 2. Oktober 2019). Bei einer Reduzierung um zehn Zentimeter verbliebe eine Höhe von 2,14 m. Der Umstand, dass der Raum eine geringe Größe aufweist und nahezu vollständig unter einer Dachschräge liegt, führt für sich genommen nicht zu der Annahme, seine Nutzung als Arbeitszimmer sei bei Einbau der Dämmung und der dies nach sich ziehenden Verkleinerung von acht bis zehn Zentimeter im Vergleich zur jetzigen Raumsituation unzumutbar.

Ob die Auffassung der Kläger zutrifft, bei einer Dämmstärke von 14 bis 23 cm sei die Nutzungsmöglichkeit des Raumes unzumutbar beeinträchtigt, kann vor diesem Hintergrund auf sich beruhen.

2. Erfolglos bleibt die Klage auch, soweit die Kläger von der Beklagten die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten begehren. Die Kläger können diesen Anspruch nicht als Verzugsschaden geltend machen.

Bereits mit Urteil vom 13. Dezember 2021 - OVG 6 A 8/20 - (UA S. 42 ff.) hat der Senat die Geltendmachung von Verzugsschäden für Ansprüche auf baulichen Schallschutz abgelehnt und hierzu grundlegend ausgeführt:

„Anspruchsgrundlage hierfür ist § 280 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB. Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen, es sei denn, der Schuldner hat die Pflichtverletzung nicht zu vertreten (§ 280 Abs. 1 BGB). Schadenersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 BGB verlangen (§ 280 Abs. 2 BGB). § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB bestimmt, dass der Schuldner, der auf eine Mahnung des Gläubigers nicht leistet, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, durch die Mahnung in Verzug kommt.

Der Anspruch scheitert bereits daran, dass diese Vorschriften vorliegend keine Anwendung finden. Dabei kann auf sich beruhen, ob zwischen dem Kläger und der Beklagten eine öffentlich-rechtliche Sonderverbindung besteht, die die Anwendbarkeit des § 280 BGB rechtfertigen könnte (vgl. dazu: Grüneberg, in Grüneberg, BGB, 81. Auflage 2022, § 280 Rn. 10). Jedenfalls die (analoge) Anwendbarkeit des § 286 BGB ist vorliegend ausgeschlossen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist davon auszugehen, dass sich bei öffentlich-rechtlichen Ansprüchen die Folgen einer Leistungsverzögerung in erster Linie nach dem öffentlichen Recht richten (vgl. bspw. § 233 AO, § 44 SGB I). Für öffentlich-rechtliche Verträge gelten über § 62 VwVfG die §§ 286 ff. BGB. Die Anwendbarkeit der bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über den Ersatz eines Verzugsschadens im öffentlichen Recht ist deshalb zu verneinen, sofern keine entsprechenden Sonderreglungen im jeweiligen Fachrecht existieren. Im Hinblick darauf, dass in bestimmten Bereichen des öffentlichen Rechts die Verzinsung von Geldforderungen unterschiedlich geregelt sei, gebe es keinen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts, der zur Gewährung von Verzugszinsen verpflichte. Die Nichterfüllung öffentlich-rechtlicher Geldforderungen richte sich deshalb nach dem im Einzelfall einschlägigen Spezialrecht. Die Regelungen der §§ 284, 288 BGB seien im öffentlichen Recht nicht generell entsprechend anwendbar (BVerwG, Urteil vom 24. September 1987 - 2 C 3.84 -, NJW 1988, S. 1682, Rn. 16). Ausnahmen von diesem Grundsatz kommen nur in Betracht, soweit das öffentliche Recht Lücken lässt. Ihre Annahme setzt voraus, dass zwischen den Parteien ein dem zivilrechtlichen Rechtsverhältnis angenähertes öffentlich-rechtliches Gleichordnungsverhältnis besteht. Hierzu muss ein öffentlich-rechtlicher Vertrag von der Interessenlage der Beteiligten her so stark privatrechtlichen Verträgen zwischen gleichgeordneten Parteien entsprechen, dass sie auch hinsichtlich der Rechtsfolgen des Verzugs in gleicher Weise behandelt werden müssen (BVerwG, Urteil vom 10. August 1978 - II C 22.77 -, DÖD 1979, S. 189 f., 2. Orientierungssatz bei juris, und Urteil vom 15. März 1989 - 7 C 42/87 -, BVerwGE 81, 312 ff., Rn. 14).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe kommt eine Anwendung der Verzugsregelungen vorliegend nicht in Betracht. Das insoweit einschlägige „Spezialrecht“ sind die Lärmschutzauflagen des Planfeststellungsbeschlusses BER.

Die Lärmschutzauflagen gewähren den betroffenen Grundstückseigentümern Anspruch auf geeignete Schallschutzeinrichtungen (Ziffer 5.1.2 bis 5.1.4). Nach Teil A II 5.1.7 Nr. 1 PFB werden die Ansprüche verwirklicht, indem die Träger des Vorhabens Schallschutzeinrichtungen selbst einbauen lassen oder den Betroffenen auf Nachweis die Aufwendungen für den Einbau erstatten. Regelungen, die die Anwendung der §§ 284 ff. BGB vorsehen, enthält der Planfeststellungsbeschluss weder an dieser noch an anderer Stelle. Dass es sich insoweit um eine unbeabsichtigte Regelungslücke handelt, ist nicht ersichtlich. Vielmehr muss angenommen werden, dass - wie in allen anderen Bereichen des öffentlichen Rechts - die Abwesenheit entsprechender Regelungen eine Anwendung der Verzugsregelungen des BGB grundsätzlich ausschließt, zumal das Begehren des Klägers in der Hauptsache nicht auf eine Geldforderung gerichtet ist und demgemäß als Verzugsschaden keine Verzugszinsen geltend gemacht werden.

Die Beklagte als Vorhabenträgerin und die Lärmbetroffenen befinden sich auch nicht in einem dem zivilrechtlichen Rechtsverhältnis angenäherten öffentlich-rechtlichen Gleichordnungsverhältnis, das eine entsprechende Anwendung dieser Regelungen rechtfertigen könnte. Hierfür fehlt es schon an dem nach den dargelegten Maßstäben vorausgesetzten Vertragsverhältnis zwischen den Beteiligten. Ein Gleichordnungsverhältnis in diesem Sinne ist zwischen dem Kläger und der Beklagten auch im Übrigen nicht anzunehmen. Die Beklagte ist zwar eine juristische Person des Privatrechts, sie wendet jedoch bei der Gewährung oder Versagung von Schallschutzansprüchen vergleichbar einer Behörde im Verhältnis zum Bürger öffentliches Recht, nämlich den Planfeststellungsbeschluss an. Bei der Prüfung dieser Ansprüche verfährt sie ebenso vergleichbar einer Behörde, die einen (ganz oder teilweise ablehnenden oder stattgebenden) Bescheid erlässt. Sie ist dabei gehalten, die verfahrensrechtlichen und materiellen Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses unter Beachtung des Gleichheitssatzes des Artikels 3 Abs. 1 GG umzusetzen. Sie wird nur auf Antrag der Lärmbetroffenen tätig und prüft sodann das Vorliegen der materiellen Anspruchsvoraussetzungen nach einem bestimmten Schema, das auch durch Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses geprägt wird. Kommt es zwischen der Beklagten und Lärmbetroffenen zu Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich des Vorliegens der materiellen Anspruchsvoraussetzungen steht zur Klärung dieser Fragen der Verwaltungsrechtsweg offen.“

Damit scheidet der geltend gemachte Anspruch aus. Auf die zwischen den Beteiligten strittige Frage, ob eines oder mehrere der vorgerichtlichen Anwaltsschreiben der Kläger als Mahnschreiben im Sinne des § 286 Abs. 1 BGB angesehen werden können, kommt es vor dem dargelegten Hintergrund nicht an.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 709 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO nicht vorliegen.