Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 5. Berufungskammer | Entscheidungsdatum | 25.11.2021 | |
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Aktenzeichen | 5 Sa 560/21 | ECLI | ECLI:DE:LAGBEBB:2021:1125.5SA560.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 12 TVöD, § 13 TVöD, § 29 Abs 1 S 1 TVÜ-VKA |
§ 29 Abs. 1 S. 1 TVÜ-VKA regelt ohne gleichzeitige Anwendbarkeit des § 12 S. 1 TVöD, dass die EntGO VKA ab dem 01.01.2017 Anwendung findet.
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Eberswalde vom 4. März 2021 – 4 Ca 57/20 – abgeändert und unter Klageabweisung im Übrigen festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 1. August 2019 bis zum 30. September 2019 Vergütung nach der Entgeltgruppe KR 9 c Stufe 4 TV MSZ Uckermark zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den sich ergebenden Bruttodifferenzbetrag für August 2019 ab dem 3. September 2019 und für September 2019 ab dem 1. Oktober 2019 zu zahlen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Parteien streiten über die Eingruppierung der Klägerin.
Die Klägerin ist bei der Beklagten, die ein Krankenhaus betreibt, seit dem 01. April 2007 als Gesundheits- und Krankenpflegerin bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von zuletzt 36 Stunden beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegen der schriftliche Arbeitsvertrag vom 27. März 2007 sowie die Änderungsverträge vom 20. Februar 2009, 30. April 2009, 22. Mai 2015 und 12. August 2019 zugrunde. Aufgrund des Änderungsvertrages vom 22. Mai 2015 wird die Klägerin seit dem 01. Juli 2015 als Stationsleiterin der Station III a eingesetzt, wo ihr 18 Pflegekräfte unterstellt sind. Wegen des sonstigen Inhaltes der genannten Verträge wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Anlagen K 1 (Blatt 13 ff der Akte) sowie K 2 bis K 5 (Blatt 17 ff der Akte) verwiesen.
Die Beklagte ist Mitglied des allgemeinen Verbandes der Wirtschaft Berlin-Brandenburg e. V. (AWB). Dieser schloss am 10. Dezember 2012 mit der Gewerkschaft ver.di für die Beschäftigten der Beklagten den ab dem 01. Januar 2013 in Kraft tretenden Manteltarifvertrag für Medizinisch Soziales Zentrum Uckermark gGmbH (Blatt 26 ff der Akte; im Folgenden: MTV) sowie einen Vergütungstarifvertrag (im Folgenden: VTV), der in den Anlagen Vergütungen nach dem „KR-Bereich“ vorsieht. Wegen des Inhaltes des MTV wird auf die zur Gerichtsakte gereichte Anlage K 7 (Blatt 25 ff der Akte) verwiesen
Die Beklagte vergütete die Klägerin bis zum 30. September 2019 nach der Vergütungsgruppe KR 9 b Stufe VTV und seit dem 01. Oktober 2019 nach der Vergütungsgruppe KR 9 c Stufe 4 VTV.
Mit Schreiben an die Beklagte vom 06. Dezember 2017 beantragte die Klägerin erfolglos die Prüfung ihrer „Höhergruppierung (analog § 29 b Abs. 1 TVÜ-VKA)“ und die Höhergruppierung in die Entgeltgruppe „Kr 10 a = P 13“ (Blatt 65 der Akte).
Mit der am 30. Januar 2020 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 04. Februar 2020 zugestellten Klage hat die Klägerin die Vergütung nach der Entgeltgruppe (im Folgenden: EG) P 13 Stufe 5 der Entgeltordnung VKA zum TVöD (im Folgenden: EntGO VKA), hilfsweise nach der EG P 12 Stufe 5 EntGO VKA und äußerst hilfsweise nach der EG KR 9 c Stufe 4 VTV geltend gemacht. Sie hat sich auf § 1 Absatz 2 des Arbeitsvertrages vom 27. März 2007 und § 36 Buchstabe c) MTV berufen und vorgetragen, für sie komme die ab dem 01. Januar 2017 in Kraft getretene Eingruppierung nach der für den Arbeitsbereich der Klägerin geltenden Tabelle des TVöD VKA zur Anwendung, in welcher die Entgeltgruppen mit „P“ bezeichnet werden. Hiernach sei die Vergütung für Stationsleiterinnen mit einem höheren Maß von Verantwortlichkeit oder von großen Stationen (EG P 13 EntGO TVöD VKA), zumindest aber für Stationsleiterinnen (EG P 12 EntGO TVöD VKA) einschlägig. Sollte entgegen ihrer Auffassung weiterhin der VTV für sie gelten, sei ihr unter Berücksichtigung der Ausschlussfrist bereits ab dem 01. Juni 2017 jedenfalls die Vergütung nach der EG KR 9 c Stufe 4 zu zahlen gewesen.
Die Klägerin hat beantragt,
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin mit Wirkung ab dem 01. Januar 2017 nach der Entgeltgruppe P 13 Stufe 5 der Entgeltordnung VKA zum TVöD, Teil B besonderer Teil, XI Beschäftigte in Gesundheitsberufen, Nr. 2 Leitende Beschäftigte in der Pflege zu vergüten, zuzüglich 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz aus den Bruttodifferenzbeträgen ab dem auf den Fälligkeitstag folgenden Tag rückwirkend seit dem 01. Februar 2017 nachzuzahlen.
Hilfsweise:
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin mit Wirkung ab dem 01. Januar 2017 nach der Entgeltgruppe P 12 Stufe 5 der Entgeltordnung VKA zum TVöD, Teil B besonderer Teil, XI Beschäftigte in Gesundheitsberufen, Nr. 2 Leitende Beschäftigte in der Pflege zu vergüten, zuzüglich 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz aus den Bruttodifferenzbeträgen ab dem auf den Fälligkeitstag folgenden Tag rückwirkend seit dem 01. Februar 2017 nachzuzahlen.
Äußerst hilfsweise:
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin mit Wirkung ab dem 01. Juni 2017 nach der Entgeltgruppe KR 9 c Stufe 4 TV MSZ Uckermark, zuzüglich 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz aus den Bruttodifferenzbeträgen ab dem auf den Fälligkeitstag folgenden Tag rückwirkend seit dem 01. Juli 2017 nachzuzahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, für die Vergütung der Klägerin seien der MTV und der VTV einschlägig, welche für die Beklagte die Funktion des TVöD VKA übernähmen. Hiernach stehe der Klägerin zwar bereits seit dem 01. Juli 2017 die Vergütung nach der EG KR 9 c Stufe 4 VTV zu, jedoch habe sie die daraus folgenden Vergütungsansprüche mit dem Schreiben vom 06. Dezember 2017 nicht geltend gemacht.
Mit Urteil vom 04. März 2021 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, für die Eingruppierung der Arbeitsaufgabe der Klägerin seien §§ 12 und 13 TVöD VKA in Verbindung mit der Anlage 1 zum TVöD VKA nicht maßgebend. Kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit finde vielmehr der MTV auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung, was sich zudem auch aus § 9 des Arbeitsvertrages ergebe. Das Günstigkeitsgebot komme nicht zur Anwendung. Die Beklagte habe die zum Zeitpunkt der Überführung des Arbeitsverhältnisses in den Geltungsbereich des MTV gültigen Regelungen der Eingruppierung und des Entgelts tarifvertraglich übernommen, daher sei Grundlage für die Eingruppierung der Klägerin diejenige nach dem BAT-O, so wie sie rechtlich korrekt vorzunehmen wäre, wenn dieser noch Anwendung fände. Dass die Klägerin im Zeitpunkt der Überleitung falsch eingruppiert gewesen sei, habe sie nicht vorgetragen.
Gegen dieses der Klägerin am 22. März 2021 zugestellte Urteil richtet sich ihre am 14. April 2021 eingegangene und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 24. Juni 2021 am 24. Juni 2021 begründete Berufung. Sie trägt vor, § 1 Absatz 2 ihres Arbeitsvertrages verweis auf den für sie günstigeren TVöD, weshalb entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts im Verhältnis zum MTV und VTV das Günstigkeitsprinzip zur Anwendung komme. § 9 ihres Arbeitsvertrages enthalte in eindeutiger und präziser Weise keine anderweitige Regelung. Aber auch aus dem in § 36 MTV in Bezug genommenen TVÜ VKA ergebe sich, dass ab dem 01. Januar 2017 die neue EntGO TVöD VKA zur Anwendung komme. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht auch angenommen, dass die Klägerin nicht vorgetragen habe, im Zeitpunkt der Überleitung falsch eingruppiert gewesen zu sein. Deswegen habe es sich fehlerhaft mit dem äußerst hilfsweise gestellten Antrag nicht auseinandergesetzt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Eberswalde vom 04. März 2012, Az.: 4 Ca 57/20, zugestellt am 22. März 2021, wird abgeändert und die Beklagte wird verurteilt,
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin mit Wirkung ab dem 01. Januar 2017 nach der Entgeltgruppe P 13 Stufe 5 der Entgeltordnung VKA zum TVöD, Teil B besonderer Teil, XI Beschäftigte in Gesundheitsberufen, Nr. 2 Leitende Beschäftigte in der Pflege zu vergüten, zuzüglich 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz aus den Bruttodifferenzbeträgen ab dem auf den Fälligkeitstag folgenden Tag rückwirkend seit dem 01. Februar 2017 nachzuzahlen.
Hilfsweise:
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin mit Wirkung ab dem 01. Januar 2017 nach der Entgeltgruppe P 12 Stufe 5 der Entgeltordnung VKA zum TVöD, Teil B besonderer Teil, XI Beschäftigte in Gesundheitsberufen, Nr. 2 Leitende Beschäftigte in der Pflege zu vergüten, zuzüglich 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz aus den Bruttodifferenzbeträgen ab dem auf den Fälligkeitstag folgenden Tag rückwirkend seit dem 01. Februar 2017 nachzuzahlen.
Äußerst hilfsweise:
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin mit Wirkung ab dem 01. Juni 2017 nach der Entgeltgruppe KR 9 c Stufe 4 TV MSZ Uckermark, zuzüglich 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz aus den Bruttodifferenzbeträgen ab dem auf den Fälligkeitstag folgenden Tag rückwirkend seit dem 01. Juli 2017 nachzuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, der Arbeitsvertrag der Klägerin verweise sowohl in § 1 Absatz 2 als auch in § 9 auf Haustarifverträge, unklare Reglungen lägen insoweit nicht vor. Die Beklagte habe den TVöD mit ver.di nahtlos in ein passgenaueres Tarifwerk überführen und bis zur Vereinbarung einer für sie geltenden Eingruppierungssystematik die Eingruppierung nach den im VTV vorgesehenen KR-Gruppen fortsetzen wollen.
Wegen des weiteren Vortrages der Parteien in der zweiten Instanz wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 24. Juni 2021 (Blatt 146 ff der Akte), die Schriftsätze der Beklagten vom 06. September 2021 (Blatt 171 ff der Akte) und vom 30. September 2021 (Blatt 174 der Akte) sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28. Oktober 2021 (Blatt 175 ff der Akte) verwiesen.
I. Die Berufung ist gemäß §§ 8 Absatz 2, 64 Absatz 2 Buchstabe b) und Absatz 6, 66 Abs. 1 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG), 519 Zivilprozessordnung (ZPO) statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden und wurde gemäß §§ 64 Absatz 6 ArbGG, 520 Absatz 3 ZPO ausreichend begründet.
II. Die Berufung ist nur teilweise begründet.
1. Die Berufung ist unbegründet, soweit das Arbeitsgericht die Klage hinsichtlich des Hauptantrages (Antrag zu 1.) und des erstrangigen Hilfsantrages (Antrag zu 2.) abgewiesen hat. Die Klägerin ist nicht nach den Entgeltgruppen P 13 oder P 12 der Anlage 1 zum TVöD VKA (Entgeltordnung VKA), Teil B, Abschnitt XI Nummer 2 einzugruppieren. § 12 Satz 1 TVöD VKA, der die Eingruppierung der Beschäftigten nach der Entgeltordnung VKA vorsieht, findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung. Aus § 29 Absatz 1 Satz 1 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ VKA) in der ab dem 01. Januar 2017 geltenden Fassung, dessen Bestimmungen gemäß § 36 Buchstabe c) des MTV auf das Arbeitsverhältnis der beiderseits kraft Verbandsmitgliedschaft an den MTV gebundenen Parteien Anwendung finden, folgt ohne gleichzeitige Geltung des § 12 Satz 1 TVöD VKA des TVöD nicht, dass die Entgeltordnung VKA für die Parteien ab dem 01. Januar 2017 gilt.
a) § 12 Satz 1 TVöD VKA, wonach sich die Eingruppierung der Beschäftigten nach den Tätigkeitsmerkmalen der Anlage 1 (EntGO VKA) richtet, gilt nicht kraft beiderseitiger Tarifbindung (§ 3 Absatz 1 Tarifvertragsgesetz). Jedenfalls die Beklagte ist weder selbst noch kraft Arbeitgeberverbandsmitgliedschaft an den TVöD gebunden.
b) § 12 Satz 1 TVöD gilt nicht gemäß § 1 Absatz 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages vom 27. März 2007 kraft der darin vorgesehenen dynamischen Verweisung auf den TVöD. Gemäß § 9 Satz 2 des Arbeitsvertrages ist die in § 1 Absatz 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages enthaltene vertragliche Bezugnahme mit Inkrafttreten des MTV am 1. Januar 2013 weggefallen. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann § 9 des Arbeitsvertrages nicht als intransparent und deshalb als gemäß § 307 Absatz 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unwirksam angesehen werden. Nach dieser Vorschrift kann sich eine unangemessene Benachteiligung daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Absatz 1 BGB (BAG, Urteil vom 24. Oktober 2007 – 10 AZR 825/06 –, BAGE 124, 259-272, Randnummer 14). Vorliegend wird für die Vertragspartner der Beklagten aufgrund der Überschrift des § 9 des Arbeitsvertrages der Klägerin („Geltung eines Haustarifvertrages“) ersichtlich, dass mit der in Satz 1 von § 9 genannten „Vereinbarung“ die Vereinbarung über die Anwendung von Tarifverträgen gemeint ist. Das von der Klägerin angeführte Verständnis, mit diesem Begriff könnten stattdessen auch sämtliche Regelungen des Arbeitsvertrages gemeint sein, liegt angesichts der Klauselüberschrift und der Sinnfreiheit einer solchen Regelung für die Vertragspartner der Beklagten so fern, dass es keine der Wahrnehmung von Rechten entgegenstehende Unklarheit hervorzurufen vermag. Doch selbst wenn man dies annähme, könnten die hier maßgeblichen, in § 9 Satz 2 und 3 enthaltenen Regelungen, die ausweislich der Überschrift zu § 9 des Arbeitsvertrages auf das Zustandekommen eines Haustarifvertrages abstellen, als für sich sinnvolle Bestimmungen ohne Rücksicht auf die Wirksamkeit der Regelung in § 9 Satz 1 des Arbeitsvertrages Bestand haben.
c) § 12 Satz 1 TVöD gilt auch nicht aufgrund einer im MTV enthaltenen Verweisung. Regelungen zur Eingruppierung haben die Parteien des MTV in dessen § 12 ausdrücklich nicht aufgenommen. Mit der Formulierung „Derzeit nicht belegt“ haben sie zum Ausdruck gegeben, dass sie beabsichtigen, in den MTV unter § 12 eigenständige Vorschriften über die Eingruppierung der Beschäftigten aufzunehmen. Aus § 39 MTV ergibt sich, dass bisher geltende oder nachwirkende Regelungen, zu denen auch der TVöD gehört, am 1. Januar 2013 außer Kraft treten und durch den MTV ersetzt werden. Als neben dem MTV weiter geltender Tarifvertrag ist der TVöD in § 36 MTV nicht aufgeführt.
d) Aus § 29 Absatz 1 Satz 1 TVÜ VKA in der ab dem 01. Januar 2017 geltenden Fassung folgt trotz seines Wortlautes („…gelten ab dem 01. Januar 2017 für Eingruppierungen § 12 (VKA) und § 13 (VKA) TVöD in Verbindung mit der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD.“) ohne gleichzeitige Anwendbarkeit des § 12 Satz 1 TVöD VKA nicht, dass die EntGO VKA für die Parteien ab dem 01. Januar 2017 gilt. Zwar sind die Vorschriften des TVÜ VKA gemäß § 36 Buchstabe c) MTV neben dem MTV anzuwenden. Ausgangspunkt der §§ 29 ff TVÜ VKA, die die Überleitung in die neue EntGO umfassend regeln, war die Eingruppierung und Stufe, die sich unter Beachtung der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Tarifautomatik des durch die EntGO abgelösten Eingruppierungsrechts ergab. Der durch die §§ 29 ff TVÜ VKA bezweckte Schutz des Besitzstands der übergeleiteten Beschäftigten knüpft an diese tarifliche Ausgangslage an. Schutzwürdig sollte nur die sich aus dem Grundsatz der Tarifautomatik ergebende, tarifgerecht erreichte Eingruppierung sein. Auf der Grundlage dieser Eingruppierung sollte der Beschäftigte nach den in § 29 b TVÜ VKA festgelegten Maßgaben die Wahl haben, ob er an dem in der bisherigen tarifgerechten Eingruppierung zum Ausdruck kommenden Besitzstand festhalten wollte oder ob er mit dem fristgerechten Stellen eines erfolgreichen Höhergruppierungsantrags in die neue EntGO eingegliedert wurde (BAG, Urteil vom 22. Oktober 2020 – 6 AZR 74/19 –, Randnummer 18, juris). Die §§ 29 ff TVÜ VKA dienen also der Wahrung des Besitzstandes von Beschäftigten, für die gemäß §§ 12, 13 TVÜ VKA ab dem 01. Januar 2017 die EntGO VKA Anwendung findet. Beschäftigte, für die die §§ 12, 13 TVöD VKA keine Anwendung finden, fallen nicht unter diese Personengruppe. Auch aus dem Wortlaut des § 29 Absatz 1 Satz 1 TVÜ VKA, wonach diese Vorschrift für die „in den TVöD übergeleiteten Beschäftigten“ gilt, deren Arbeitsverhältnis über den 31. Dezember 2016 hinaus fortbesteht, lässt sich ableiten, dass der TVöD auch am 31. Dezember 2016 noch Anwendung finden muss. Das ist bei der Klägerin gemäß § 9 Satz 2 des Arbeitsvertrages nicht der Fall. Der Verweis in § 36 Buchstabe c) MTV wird dadurch nicht bedeutungslos. Mit ihm wird sichergestellt, dass die Vorschriften des TVÜ VKA im Hinblick auf die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des MTV im Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden EntGO für die Beschäftigten der Beklagten bis zu dem ausweislich der redaktionellen Bemerkung zu § 12 MTV beabsichtigten Inkrafttreten einer eigenen Entgeltordnung neben dem MTV weiter angewendet werden können. Bestätigt wird dies dadurch, dass die Tarifvertragsparteien des MTV Vergütungstarifverträge für die Beschäftigten der Beklagten vereinbarten, die auch nach Inkrafttreten der Entgeltordnung VKA zum TVöD für Beschäftigte im Arbeitsbereich der Klägerin Tabellenentgelte für die bisherigen KR-Gruppen regeln.
2. Die Berufung ist teilweise begründet, soweit das Arbeitsgericht ohne nähere Begründung auch den zweitrangigen Hilfsantrag (Antrag zu 3.) abgewiesen hat. Die Beklagte ist nämlich verpflichtet, der Klägerin bereits ab dem 01. August 2019 und nicht wie erfolgt erst ab dem 01. Oktober 2019 Vergütung nach der Entgeltgruppe KR 9 c Stufe 4 MTV zu zahlen. Die Verzugszinsforderungen sind ab dem 03. September 2019 und 01. Oktober 2019 gerechtfertigt.
a) Der zweitrangige Hilfsantrag, über den wegen der Erfolglosigkeit des Hauptantrages und des erstrangigen Hilfsantrages zu entscheiden ist, bedarf der Auslegung. Er ist zwar als in die Zukunft gerichtete Eingruppierungsfeststellungsklage formuliert, zugleich trägt die Klägerin jedoch vor, die mit dem zweitrangigen Hilfsantrag begehrte Vergütung seit dem 1. Oktober 2019 zu erhalten. Erkennbar soll der Antrag daher nur den Zeitraum vom 1. Juni 2017 bis 30. September 2019 erfassen. Ein in die Zukunft gerichteter Antrag müsste mangels Feststellungsinteresses als unzulässig angesehen werden. Dass der Antrag mit dieser zeitlichen Beschränkung rein vergangenheitsbezogener Natur ist, steht seiner Zulässigkeit nach § 256 Absatz 1 ZPO nicht entgegen. Der von § 256 Absatz 1 ZPO verlangte Gegenwartsbezug des Rechtsverhältnisses wird dadurch hergestellt, dass die Klägerin die Erfüllung konkreter, auf ein höheres Entgelt gerichteter Ansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und damit gegenwärtige rechtliche Vorteile erstrebt (vergleiche BAG, Urteil vom 27. März 2014 – 6 AZR 571/12 –, BAGE 148, 1-9, Randnummer 10).
b) Der Antrag ist hinsichtlich des Zeitraums vom 01. August 2019 bis 30. September 2019 begründet, im Übrigen unbegründet. Das angefochtene Urteil ist hinsichtlich des genannten Zeitraums abzuändern, Im Übrigen ist die Berufung auch insoweit erfolglos.
aa) Zwischen den Parteien ist es nicht streitig, dass die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe KR 9 c Stufe 4 MTV in Person der Klägerin bereits vor dem 01. August 2019 vorlagen. Dies wird durch die in einem solchen Fall gebotene kursorische Überprüfung durch die Kammer bestätigt. Der Klägerin erfüllt die persönlichen Merkmale der Vergütungsgruppe Kr. VII Nummer 7 BAT-O, denn ihr sind durch ausdrückliche Anordnung mindestens zwölf Pflegepersonen ständig unterstellt. Sie war mit Übertragung dieser Tätigkeit am 01. Juli 2015 gemäß § 36 Buchstabe c) MTV, § 17 Absatz 7 des TVÜ VKA und der dazu ergangenen Protokollerklärung sowie der Anlage 4 zum TVÜ VKA (Kr-Anwendungstabelle) in der ab dem 01. März 2014 geltenden Fassung („VII mit Aufstieg nach VIII“) der Entgeltgruppe KR 9 c des MTV zuzuordnen. Unstreitig hat sie bis zum streitgegenständlichen Zeitraum ab dem 01. Juni 2017 die Stufe 4 dieser Entgeltgruppe erreicht, deren Voraussetzungen ausweislich des Klagevortrages auch zum Zeitpunkt der Klageeinreichung im Januar 2020 noch vorlagen.
bb) Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 c MTV kann die Klägerin jedoch gemäß § 37 Absatz 1 MTV erst für die Zeit ab dem 01. August 2019 verlangen, denn sie hat den Anspruch auf diese Vergütung erst mit der der Beklagten am 04. Februar 2020 zugestellten Klageschrift (hilfsweise) geltend gemacht. Auf ihr Schreiben an die Beklagte vom 06. Dezember 2017 kann sie sich in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg berufen, denn mit diesem Schreiben hat sie Vergütung nach der Entgeltgruppe KR 10 a MTV bzw. P 13 TVöD geltend gemacht. Soweit in dem Schreiben auch die Prüfung der Höhergruppierung analog § 29 b Absatz 1 TVÜ VKA geltend gemacht hat, stellt dies einen Antrag auf Zuerkennung einer sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der gemäß § 12 Satz 1 TVöD VKA am 01. Januar 2017 in Kraft getretenen und auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht anwendbaren EntGO VKA ergebenden höheren Eingruppierung dar. Ein Anspruch auf Überprüfung der bisherigen Eingruppierung nach der Entgeltgruppe KR 9 b MTV und Zuerkennung der Entgeltgruppe KR 9 c MTV ist damit nicht geltend gemacht worden.
cc) Verzugszinsen auf die hiernach noch nachzuzahlenden Bruttodifferenzbeträge zwischen der gezahlten und der zustehenden, nach § 3 Satz 2 des Arbeitsvertrages jeweils am Letzten des Monats fälligen Vergütung, stehen der Klägerin gemäß §§ 187 Absatz 1, 193, 286 Absatz 2 Nummer 1, 288 Absatz 1 BGB hinsichtlich August 2019 ab dem 03. September 2019 und hinsichtlich September 2019 ab dem 01. Oktober 2019 zu.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Absatz 2 Nummer 1 ZPO.
IV. Es liegt kein Grund dafür vor, die Revision gemäß § 72 Absatz 2 ArbGG zuzulassen.