Gericht | VG Potsdam 13. Kammer | Entscheidungsdatum | 20.01.2022 | |
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Aktenzeichen | VG 13 K 69/20 | ECLI | ECLI:DE:VGPOTSD:2022:0120.VG13K69.20.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 17 Abs 1 S 4 JAG BB, § 17 Abs 1 S 5 JAG BB, § 113 Abs 1 VwGO, § 113 Abs 5 S 2 VwGO |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Klägerin begehrt die Wiederholung ihrer schriftlichen Aufsichtsarbeit ÖR I und die Neubewertung ihrer schriftlichen Aufsichtsarbeit S II und hilfsweise die Neubewertung beider Arbeiten im Rahmen der zweiten juristischen Staatsprüfung im Termin 2.2019/I.
Die Klägerin nahm im Termin 2.2019/I erstmals an der durch den Beklagten organisierten zweiten juristischen Staatsprüfung teil.
Mit Bescheid vom 21. Juni 2019 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass sie die zweite juristische Prüfung nicht bestanden habe. Ihre schriftlichen Aufsichtsarbeiten seien wie folgt bewertet worden:
Aufsichts-arbeiten | Z I | Z II | S I | S II | ÖR I | ÖR II | Klausur gem. § 28 Abs. 2 S. 3 BbgJAO |
Punktzahl | 2,00 | 1,00 | 2,00 | 3,00 | 3,00 | 8,00 | 10,00 |
Als Prüfungsgesamtnote habe sie 4,14 Punkte erzielt und damit die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Prüfung – bei Erreichen eines Punktdurchschnitts von 4,00 Punkten in der schriftlichen Prüfung in mindestens drei Aufsichtsarbeiten jeweils mindestens 4 Punkte zu erhalten – nicht erfüllt. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass eine Wiederholung möglich sei.
Hiergegen legte die Klägerin am 28. Juni 2019 Widerspruch ein und beantragte die Neubewertung der Aufsichtsarbeiten S II und ÖR I und die anschließende Neubescheidung. Die Beurteilungen der beiden Aufsichtsarbeiten seien nicht vollständig nachvollziehbar. Wegen der näheren Einzelheiten ihrer Bewertungsrügen wird auf die Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten im Widerspruchsverfahren vom 2. September 2019 Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 3. Dezember 2019 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück, legte ihr die Tragung der Kosten des Verfahrens auf und setzte die
Widerspruchsgebühr auf 105,00 Euro fest. Zur Begründung führte er aus, dass die gegen die Bewertung erhobenen Einwendungen nicht durchgreifen. Er habe ein Überdenkungsverfahren durchgeführt. Hierbei seien die Korrektoren der beiden angegriffenen Aufsichtsarbeiten zu dem Ergebnis gelangt, an ihrer ursprünglichen Bewertung festzuhalten. Unter Bezugnahme auf die in Kopie beigefügten Stellungnahmen der Korrektoren führte er weiter aus, dass prüfungsrechtlich relevante Fehler nicht festzustellen seien. Der Entscheidungsspielraum, der den Korrektoren nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei prüfungsspezifischen Wertungen verbleibe und einer gerichtlichen Kontrolle entzogen sei, werde nicht überschritten. Die festgesetzte Gebühr setze sich aus einer Verfahrensgebühr in Höhe von 25,00 Euro und einer Gebühr in Höhe von 40,00 Euro für die Nachkorrektur jeder beanstandeten Aufsichtsarbeit zusammen.
Die Klägerin hat am 10. Januar 2020 Klage erhoben.
Zur Begründung verweist sie hinsichtlich der Aufsichtsarbeit S II auf ihre Widerspruchsbegründung. Hinsichtlich der Aufsichtsarbeit ÖR I wiederholt sie ihre Einwendungen aus dem Widerspruchsverfahren und vertieft sowie ergänzt sie.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten, unter teilweiser Aufhebung seines Bescheides vom 21. Juni 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Dezember 2019 zu verpflichten, die Klägerin die Aufsichtsarbeit ÖR I als Erstversuch wiederholen zu lassen und die Aufsichtsarbeit S II unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bewerten,
hilfsweise, die Aufsichtsarbeiten S II und ÖR I unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bewerten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er tritt den Ausführungen der Klägerin entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.
Die Klage hat keinen Erfolg.
Der Antrag zu 1. ist zulässig, aber unbegründet.
Der Prüfungsbescheid des Beklagten vom 21. Juni 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Dezember 2019 ist im Lichte der zur Begründung des Hauptantrags vorgebrachten Einwendungen rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Aufhebung ihres schriftlichen Prüfungsergebnisses, die Wiederholung der Aufsichtsarbeit ÖR I als Erstversuch und Neubewertung der Aufsichtsarbeit S II der Kampagne 2.2019/I unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, § 113 Abs. 1, Abs. 5 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Rechtsgrundlage für den angegriffenen Bescheid ist § 17 Abs. 1 Satz 4 und Satz 5 BbgJAG. Danach wird zur mündlichen Prüfung zugelassen, wer bei Erreichen eines Punktdurchschnittes von 3,50 Punkten in der schriftlichen Prüfung in mindestens vier Aufsichtsarbeiten jeweils mindestens 4,00 Punkte erhalten hat oder bei Erreichen eines Punktdurchschnittes von 4,00 Punkten in der schriftlichen Prüfung in mindestens drei Aufsichtsarbeiten jeweils mindestens 4,00 Punkte erhalten hat. Kandidaten, die eine dieser beiden Voraussetzungen nicht erfüllen, sind von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen und haben die Prüfung nicht bestanden. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Es liegen keine formellen Fehler des Prüfungsverfahrens vor, die einen Anspruch auf Wiederholung der Aufsichtsarbeit ÖR I begründen könnten.
Dabei kann dahinstehen, ob die gegen die Aufgabenstellung der Aufsichtsarbeit ÖR I erhobenen Einwände vorliegend unverzüglich hätten erhoben werden müssen – welches hier nicht geschehen ist –, weil es sich hierbei um Einwände hinsichtlich der Ordnungsgemäßheit des Prüfungsverfahrens handelt (vgl. dazu nur OVG NRW,
Beschluss vom 7. Juli 2009 – 14 A 2604/07 –, juris Rn. 8 f.), oder der Klägerin, wie sie meint, die unverzügliche Rüge des Fehlers ausnahmsweise nicht zumutbar war (dazu ausführlich Jeremias, in: Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Auflage 2018, C. Rn. 213 ff. mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Denn die vorgebrachten Einwände begründen schon keinen Verfahrensfehler.
Der Einwand, die Aufgabenstellung in der Aufsichtsarbeit ÖR I sei widersprüchlich und stelle einen Verstoß gegen das Gebot der Chancengleichheit dar, weil nach Ziffer 1 des Bearbeitungsvermerks einerseits das Verwaltungsverfahrensgesetz, das Verwaltungszustellungsgesetz und das Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Bundes anzuwenden sei, andererseits laut Bearbeitungsvermerk davon auszugehen sei, „dass im Land Berlin gesetzlich geregelt ist, dass Rechtsbehelfe, die sich gegen Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung richten, keine aufschiebende Wirkung haben“, verfängt nicht. Diese Hinweise widersprechen sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht. Der Hinweis, dass im Land Berlin gesetzlich geregelt sei, dass Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung keine aufschiebende Wirkung entfalten, zielt auf die Regelung in § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO ab. Danach können die Länder bestimmen, dass Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden. Der Hinweis steht somit nicht im Widerspruch zu dem Hinweis, dass bei der Bearbeitung die genannten bundesrechtlichen Vorschriften zugrundezulegen sind. Vielmehr ist der Hinweis erforderlich, um eine Bearbeitung der Aufsichtsarbeit zu ermöglichen.
Auch greift der Einwand, die Aufgabenstellung sei mit Blick auf die eingetretene Erledigung durch das Aufstellen der Barrieren widersprüchlich, verfängt nicht. Es ist insoweit schon kein Widerspruch in der Aufgabenstellung zu erkennen. Soweit die Klägerin zum Beleg anführt, dass der Antragsgegner eine Mitteilung über das Aufstellen an den Antragsteller und nicht an das Gericht hätte machen müssen, begründet dies keinen Widerspruch der Aufgabenstellung. Auch soweit sie weiter ausführt, dass der Bescheid vom 22. November 2017 wirksam und mangels Angaben bezüglich der Ziffer 1 vielleicht nicht vollständig erfüllt worden sei, während sich aus dem Schreiben des Antragsgegners an das Gericht Gegenteiliges ergeben habe, ist ebenfalls kein Widerspruch hinreichend substantiiert dargelegt.
Der Einwand, das Erfinden von Richternamen stelle eine unzulässige Prüfungsaufgabe dar, begründet keinen Verfahrensfehler. Die Aufgabenstellung lautet an der entsprechenden Stelle: „Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin ist zu entwerfen. Sie ergeht am 28. November 2017 durch die 24. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin. Die Namen der beteiligten Richter sind zu fingieren.“ Nach dem objektiven Empfängerhorizont eines Klausurbearbeiters wird durch die beiden vorausgehenden Sätze ersichtlich, dass durch den Satz „Die Namen der beteiligten Richter sind zu fingieren“ nicht die Kreativität der Klausurbearbeiter bei der Namensfindung der an der Entscheidung beteiligten Richter bewertungsrelevant war, sondern der Entwurf einer praxistauglichen Entscheidung, in der im Rubrum alle an der Entscheidung mitwirkenden Richter unter Angabe der Amtsbezeichnung sowie des Namens aufgeführt werden.
Schließlich ist die Aufgabenstellung auch nicht deswegen fehlerhaft, weil, wie die Klägerin meint, die Androhung der Ersatzvornahme bei der gestellten Aufgabenstellung gar nicht Gegenstand eines Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz hätte sein können. Wieso dies der Fall sein soll, ist nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin meint, dass eine etwaige Erledigung infolge des Vollzugs der angedrohten Ersatzvornahme durch das Aufstellen von Barrieren durch die Behörde dazu geführt habe, greift dies nicht durch. Zum einen ergibt sich aus dem Aktenstück nicht, dass die angedrohte Ersatzvornahme im Zeitpunkt der Antragstellung bereits vollzogen war
– sondern erst am Abend der Antragstellung damit begonnen wurde –, so dass der einstweilige Rechtsschutz gegen die Androhung der Ersatzvornahme im Zeitpunkt der Antragstellung durchaus geboten war. Im Übrigen ist anerkannt, dass der Vollzug nicht zwingend zu einer Erledigung führt, etwa dann, wenn der Vollzug rückgängig gemacht werden kann oder wegen des Vollzugs noch ein Kostenbescheid ergehen kann (vgl. dazu nur Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2019, § 43 Rn. 215 m. w. N.). Soweit die Klägerin ihre Auffassung darauf stützt, dass die Androhung der Ersatzvornahme als Teil der Verwaltungsvollstreckung bei Suspendierung des Grundverwaltungsaktes hinfällig sei, so führt dies schon deswegen nicht zu einer fehlerhaften Aufgabenstellung, weil hinsichtlich der Rechtswidrigkeit des Grundverwaltungsakts mit entsprechenden Argumenten auch eine andere Lösung vertretbar sein dürfte, womit eine Entscheidung hinsichtlich der Vollstreckungsmaßnahmen auch nach der Auffassung der Klägerin erforderlich wäre. Im Übrigen ist die Aufgabenstellung auch bei Annahme der Rechtswidrigkeit des Grundverwaltungsaktes nicht fehlerhaft, weil eine antragsgemäße Entscheidung mit einer kurzen Begründung auch hinsichtlich der Androhung der Ersatzvornahme möglich bleibt (vgl. insoweit nur VG Berlin, Beschluss vom 27. November 2017 – 24 L 1249.17 –, juris Rn. 29).
Auch die Einwendungen der Klägerin hinsichtlich der Korrektur der Aufsichtsarbeit S II dringen nicht durch.
Die Aufhebung eines Prüfungsbescheids und die Verpflichtung der Prüfungsbehörde, das Prüfungsverfahren durch Neubewertung der betreffenden Aufgabe fortzusetzen, setzt in materieller Hinsicht voraus, dass die Bewertung fehlerhaft ist und dass dieser Fehler Einfluss auf das Gesamtergebnis hat.
Prüfungsentscheidungen unterliegen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. Dies folgt aus der Eigenart des Bewertungsvorgangs, der auf einem von jedem Prüfer autonom festgelegten Bezugssystem beruht, das vor allem durch seine persönlichen Erfahrungen, Einschätzungen und Vorstellungen mit Blick auf die konkrete Aufgabenstellung gebildet wird, und dem das Prüfungsrecht beherrschenden Grundsatz der Chancengleichheit, der eine gleichmäßige Beurteilung aller vergleichbaren Kandidaten auf Grundlage des Bezugssystems des Prüfers gebietet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. März 2018 – 6 B 71/17, 6 PKH 6/17 –, juris Rn. 8; BVerwG, Beschluss vom 28. Juni 2018 – 2 B 57/17 –, juris Rn. 7 m. w. N.).
Dies ist nur erreichbar, wenn den Prüfungsbehörden bei prüfungsspezifischen Wertungen ein Entscheidungsspielraum verbleibt und die gerichtliche Kontrolle insoweit eingeschränkt ist. Soweit es sich um prüfungsspezifische Wertungen handelt, steht den Prüfern ein Bewertungsspielraum zu. Der prüfungsspezifische Bewertungsspielraum bezieht sich auf die Gesichtspunkte, die sich wegen ihrer prüfungsspezifischen Komplexität im Verwaltungsstreitverfahren nicht ohne weiteres – insbesondere nicht isoliert – nachvollziehen lassen und daher mit rein objektiven Maßstäben kaum messbar sind (vgl. VG Würzburg, Urteil vom 21. April 2021 – W 2 K 19.253 –, juris Rn. 38).
Gegenstände des prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraumes sind etwa die Punktevergabe und Notengebung, soweit diese nicht mathematisch determiniert sind, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung sowie die Bewertung der Überzeugungskraft der Argumente, des Aufbaus der Darstellung und der Folgerichtigkeit des Begründungsgangs, bei Stellung verschiedener Aufgaben deren Gewichtung untereinander, die Würdigung der Qualität der Darstellung, die Gewichtung der Stärken und Schwächen in der Bearbeitung sowie die Bestimmung ihrer Bedeutung für die Notenvergabe. Eine dem Prüfer vorbehaltene prüfungsspezifische Wertung ist auch, ob im Hinblick auf eine entsprechend definierte Notenstufe oder zugeordnete Punktzahl eine Prüfungsleistung als "brauchbar" zu bewerten ist. In diesen Bewertungsspielraum dürfen die Gerichte nicht eindringen; hier haben sie nur zu prüfen, ob der Prüfer die rechtlichen Grenzen seines Beurteilungsspielraums überschritten hat. Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn der Prüfer seine autonomen Bewertungsmaßstäbe nicht einheitlich angewandt hat, er die Prüfungsleistung nicht vollständig und richtig zur Kenntnis genommen hat oder sonst von falschen Tatsachen ausgegangen ist, er allgemein anerkannte Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet hat, sich von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen oder seine Bewertung willkürlich ist. Zudem müssen die prüfungsspezifischen Wertungen und Gewichtungen nachvollziehbar sein. Dafür reicht es aus, wenn ein Prüfer die wesentlichen, seine Bewertung tragenden Gründe in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise darlegt und sie keine inhaltlichen Widersprüche enthalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. März 2018 – 6 B 71/17, 6 PKH 6/17 –, juris Rn. 10 m. w. N.; BVerwG, Beschluss vom 28. Juni 2018 – 2 B 57/17 –, juris Rn. 9 ff. m. w. N.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2010 – 9 S 591/10 –, juris Rn. 73 m. w. N.).
Der Bewertungsspielraum erstreckt sich hingegen nicht auf fachliche Wertungen des Prüfers, d. h. auf dessen Entscheidungen über die fachliche Richtigkeit konkreter Ausführungen des Prüfungsteilnehmers. Hierbei handelt es sich um Stellungnahmen zu Fachfragen, die einer fachwissenschaftlichen Erörterung zugänglich sind. Deren Bewertung hängt davon ab, ob die vom Prüfungsteilnehmer vertretene Auffassung nach dem Stand der Fachwissenschaft vertretbar ist. Dieser objektive Bewertungsmaßstab tritt für die Beantwortung von Fachfragen an die Stelle der autonomen Einschätzung des Prüfers. Der Prüfer muss den Maßstab beachten; er darf fachlich vertretbare Antworten nicht als falsch bewerten. Die Verwaltungsgerichte haben nachzuprüfen, ob der Prüfer diesen Maßstab beachtet, d. h. eine fachlich richtige oder doch vertretbare Bemerkung nicht als falsch bewertet hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. März 2018 – 6 B 71/17, 6 PKH 6/17 –, juris Rn. 9). Soweit die Richtigkeit oder Angemessenheit von Lösungen wegen der Eigenart der Prüfungsfrage nicht eindeutig bestimmbar sind, gebührt zwar dem Prüfer doch ein Bewertungsspielraum, dem aber ein Antwortspielraum des Prüflings gegenübersteht. Eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung darf nicht als falsch bewertet werden. Überschritten wird der Beurteilungsspielraum ferner, wenn eine Bewertung auf einer wissenschaftlich-fachlichen Annahme des Prüfers beruht, die einem Fachkundigen als unhaltbar erscheinen muss (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juni 2018 – 2 B 57/17 –, juris Rn. 7 m. w. N.).
Wertungen des Prüfers, die sich damit befassen, ob der Prüfungsteilnehmer alle in Betracht kommenden fachlichen Fragen behandelt hat, stellen nur dann fachliche Wertungen dar, wenn sie einer Richtigkeitskontrolle anhand des fachwissenschaftlichen Meinungsstandes zugänglich sind. Die Wertungen müssen an diesem objektiven Maßstab gemessen werden können. Dies ist bei Wertungen nicht der Fall, die sich damit befassen, ob der Bearbeiter die von der Prüfungsaufgabe aufgeworfenen Fragen vollständig oder nur lückenhaft erkannt hat. Derartigen Wertungen liegt die Einschätzung des Prüfers zugrunde, welche Anforderungen die konkrete Aufgabenstellung an die Bearbeitung stellt. Sie sind prüfungsspezifischer Natur, weil dies nicht anhand fachwissenschaftlicher Kriterien beurteilt werden kann. Dementsprechend haben die Verwaltungsgerichte Wertungen des Prüfers, der Bearbeiter habe nicht alle Fragen erkannt, deren Behandlung nach der Aufgabenstellung gefordert sei, daraufhin nachzuprüfen, ob sich der Prüfer innerhalb der Grenzen des Bewertungsspielraums gehalten hat. Dies hängt vor allem davon ab, ob er die Aufgabenstellung nachvollziehbar interpretiert hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. März 2018 – 6 B 71/17, 6 PKH 6/17 –, juris Rn. 9).
Maßgeblich für die gerichtliche Prüfung sind nur die von der Klägerin substantiiert und mit einer nachvollziehbaren Begründung vorgebrachten Einwendungen gegen bestimmte Wertungen der Prüfer. Denn den Prüfling trifft im Rechtsstreit um die Rechtmäßigkeit der Prüfungsentscheidung eine Mitwirkungspflicht, die darin besteht, die geltend gemachten Fehler der Prüfungsentscheidung mit „wirkungsvollen Hinweisen“ aufzuzeigen. Hierzu genügt es nicht, wenn er sich generell gegen eine bestimmte Bewertung seiner Prüfungsleistung wendet und etwa pauschal eine zu strenge Korrektur bemängelt oder den eigenen Standpunkt auf verbreiterter subjektiver Argumentationsbasis wiederholt. Vielmehr muss er konkret darlegen, in welchen Einzelpunkten die Bewertung nach seiner Auffassung Korrekturfehler aufweist, und dabei auf Inhalt und Zielrichtung einzelner Prüferbemerkungen und -wertungen eingehen und gegebenenfalls entsprechende Fundstellen nachweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1993 – 6 C 35/92 –, juris Rn. 27; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. September 2016 – OVG 6 B 12.16 –, juris Rn. 36 m. w. N.).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe greifen die Bewertungsrügen der Klägerin gegen die Bewertung der Aufsichtsarbeit S II nicht durch.
Nach den oben genannten Maßstäben betreffen sämtliche Einwendungen gegen die Beurteilung der Aufsichtsarbeit S II prüfungsspezifische Wertungen und sind vor diesem Hintergrund nur der eingangs dargestellten eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich:
Die Bewertung des Erstkorrektors ist nicht zu beanstanden.
Der Einwand, durch die Nutzung einer vorgefertigten Musterlösung habe der Erstkorrektor sich in unzulässiger Weise im Vorfeld seines Beurteilungsspielraums beraubt, weil er dadurch nicht mehr in der Lage sei, von der Musterlösung abweichende und womöglich vertretbare Bearbeitungen nachzuvollziehen und diese positiv zu berücksichtigen, verfängt schon deshalb nicht, weil der Prüfer die vom Prüfling angesprochenen Gesichtspunkte und Gedanken – unabhängig davon, ob sie in der Musterlösung enthalten sind – danach zu beurteilen hat, ob sie sich im Rahmen des vom Prüfling gewählten Aufbauschemas bewegen sowie ob sie sachlich richtig oder zumindest vertretbar und logisch begründet sind und ob wichtige Gesichtspunkte, die im Rahmen der Klausur zu erörtern waren, gesehen worden sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 1994 – 6 C 5/93 –, juris Rn. 35). Die Musterlösung beschränkt somit den Beurteilungsspielraum des Prüfers nicht.
Die Einwände, die Musterlösung bilde lediglich die Ansprüche an eine ideale Klausur ab und es werde nicht dargestellt, an welcher Stelle und inwieweit auch von der
Musterlösung abweichende Ergebnisse vertretbar sein könnten, es sei nicht ersichtlich, welche Anforderungen erfüllt werden müssten, um eine Leistung als durchschnittlich oder ausreichend zu beurteilen und die Schwerpunkte der Bearbeitung werden nicht hervorgehoben, dringen nicht durch. Denn der Prüfer ist nicht verpflichtet, den von ihm angelegten Bewertungsmaßstab in der durch die Klägerin geforderten detaillierten Weise offen zu legen. Nach dem oben Gesagten reicht es vielmehr aus, wenn der Prüfer die wesentlichen, seine Bewertung tragenden Gründe in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise darlegt und sie keine inhaltlichen Widersprüche enthalten; eine Offenlegung des von ihm nach seinen Erfahrungen festgelegten und angewandten Bewertungssystems kann nicht verlangt werden. Dies ergibt sich auch daraus, dass eine Bewertung nicht allein aus einem Vergleich des Anteils „richtiger“ oder „falscher“ Aussagen, sondern darüber hinaus etwa aus der Art der Darstellung, der Herangehensweise bei der Lösung eines Problems und der Geeignetheit bis Originalität der Gedankenführung und -darstellung ergibt. Das Verhältnis solcher „allgemeiner Anforderungen“ zu den konkreten „richtigen“ oder „falschen“ inhaltlichen Ausführungen ist derart variabel, dass ein einheitliches, auf sämtliche Prüfungsleistungen anwendbares Schema kaum zu erstellen ist und von den Prüfern daher auch nicht erwartet werden kann (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2010 – 9 S 591/10 –, juris Rn. 73). Für eine rationale Überprüfung der Bewertung ist das Voranstellen eines Erwartungshorizonts oder einer „Musterlösung“ förderlich und auch deswegen nicht zu beanstanden. Denn dadurch wird es dem Prüfling ermöglicht, nachzuvollziehen, welchen Aufbau der Prüfer als geboten oder zumindest zweckmäßig angesehen und welche Punkte er als erörterungsbedürftig und als richtig erachtet hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 1994 – 6 C 5/93 –, juris Rn. 35).
Der Einwand, die klausurbezogenen Ausführungen des Erstkorrektors seien inhaltlich nicht geeignet, die Bewertung der Klausur zu rechtfertigen, weil in weiten Teilen, wie insbesondere bei den Ausführungen zu den absoluten Revisionsgründen, lediglich die Klausurbearbeitung der Klägerin zusammengefasst und mit der Musterlösung abgeglichen werde, ohne eine eigene Bewertung vorzunehmen, es keine Ausführungen dazu gebe, wie sich bestimmte Aspekte der Klausurbearbeitung negativ oder positiv auf die Gesamtbewertung ausgewirkt haben und nicht dargestellt werde, warum unzweifelhaft gute Aspekte der Klausurbearbeitung von den negativen Ein-drücken des Erstkorrektors überlagert werden und er die Bearbeitung im Ergebnis mit mangelhaft bewertet, verfängt nicht. Damit lässt die Klägerin außer Acht, dass der Prüfer nur die wesentlichen, seine Bewertung tragenden Gründe in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise darlegen muss. Dies hat der Prüfer durchgängig getan, indem er zunächst richtigerweise die Ausführungen der Klägerin in ihrer Klausurbearbeitung zusammengefasst und diese dann sowohl als weniger gute, als auch bessere Bearbeitung gewürdigt hat. Exemplarisch sei insoweit nur die Bewertung der Prüfung von § 338 Nr. 3 StPO durch die Klägerin dargestellt. Hier hat der Prüfer ausgeführt: „Zunächst bleibt zwar § 31 StPO unerwähnt, immerhin wird aber auf § 25 Abs. 1 StPO eingegangen, allerdings ohne dies explizit als Zulässigkeitsvoraus-setzung des Ablehnungsgesuchs zu kennzeichnen […]“. Danach hat der Prüfer die Bearbeitung mit Blick auf den seines Erachtens fehlenden Inhalt zu § 31 StPO oder eine unsaubere Arbeitsweise wegen der fehlenden Bezeichnung als Zulässigkeits-voraussetzung einerseits negativ bewertet. Anderseits hat er positiv hervorgehoben, dass immerhin auf § 25 Abs. 1 StPO eingegangen wird. Diesem Muster folgt die Bewertung des Erstkorrektors über das gesamte Votum sowie seine Stellungnahme im Überdenkungsverfahren, weshalb der Einwand der Klägerin nicht durchgreift.
Der weitere Einwand in Bezug auf die prüfungsspezifische Wertung, dass die Bewertung unsubstantiiert, in sich widersprüchlich oder unbestimmt sei, verfängt auch nicht. Nach dem oben Gesagten muss eine Bewertung zwar die tragenden Gründe in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise darlegen und darf keine inhaltlichen Widersprüche enthalten. Diesen Anforderungen werden die Ausführungen des Erstkorrektors jedoch gerecht.
Im Einzelnen:
Die Kritik des Erstkorrektors, dass die Prüfung der Zulässigkeit der Revision „gut akzeptabel behandelt“ werde, aber „nicht ganz nachvollziehbar bzw. tatsächlich mit dem Sachverhalt nicht vereinbar“ sei, ist, entgegen der Auffassung der Klägerin, nicht in sich widersprüchlich. Die Klägerin übersieht dabei, dass der Prüfer ihre diesbezüglichen Ausführungen für „weitgehend gut akzeptabel“ befunden und nur „zum Teil (für) nicht ganz nachvollziehbar“ erachtet hat. Unter Berücksichtigung der vollständigen Feststellung des Prüfers ist ein Widerspruch nicht zu erkennen. Ungeachtet dessen hat der Erstkorrektor jedenfalls im Überdenkungsverfahren ergänzend ausgeführt, was genau er für nicht nachvollziehbar erachtet hat und was seines Erachtens nicht mit dem Sachverhalt vereinbar ist, womit der diesbezügliche Einwand der Klägerin ebenfalls nicht verfängt.
Die Feststellung des Erstkorrektors, dass die Klägerin bei der Prüfung eines Revisionsgrundes nach § 338 Nr. 3 StPO „immerhin […] die wesentlichen Gesichtspunkte jedenfalls erwähnt“ hat, wirft, entgegen der Darstellung der Klägerin, keine Fragen auf. Welche Gesichtspunkte nach Ansicht des Erstkorrektors wesentlich sind, ergibt sich aus einem Blick in die Klausurbearbeitung der Klägerin. Die entsprechenden Darstellungen der Klägerin sind – wie der Erstkorrektor in seiner Stellungnahme im Überdenkungsverfahren klargestellt hat – positiv von ihm berücksichtigt worden. Es bleibt also auch nicht offen, inwiefern die Ausführungen der Klägerin negativ oder positiv in die Bewertung eingeflossen sind. Jedenfalls aus der Stellungnahme vom 4. Oktober 2019 ergibt sich das eindeutig.
Unzutreffend ist schließlich die Behauptung, aus dem Votum sei nicht ersichtlich, welche sich „ergebenden Fragen“ im Zusammenhang mit § 338 Nr. 6 StPO nach Auffassung des Erstkorrektors von der Klägerin nicht behandelt worden seien. Diese hat der Erstkorrektor ausdrücklich wie folgt aufgezählt: „zum rechtlichen Gehör findet sich nichts Ausreichendes; auf § 238 StPO wird gar nicht eingegangen“.
Der Einwand, der Erstkorrektor habe die Ausführungen der Klägerin auf Seite 15 ihrer Klausurbearbeitung für die Bewertung der Zweckmäßigkeitserwägungen herangezogen, obwohl sie sich dort mit § 338 Nr. 3 StPO auseinandersetze, verfängt nicht. Denn, wie sich aus der Stellungnahme im Überdenkungsverfahren ergibt, war lediglich die Seitenangabe durch den Prüfer fehlerhaft. Die an dieser Stelle bewerteten Ausführungen der Klägerin betreffen inhaltlich jedoch sehr wohl die Zweckmäßigkeitserwägungen.
Die Klägerin beanstandet die Kritik des Erstkorrektors, sie habe nicht explizit dargestellt, dass es sich bei § 25 StPO um eine Zulässigkeitsvoraussetzung des Befangenheitsantrags handele. Damit verkenne er, dass sie auf Seite 15 ihrer Bearbeitung unter Nennung von § 25 Abs. 1 Satz 1 StPO ausgeführt habe, dass der Antrag rechtzeitig gestellt worden sei und somit zu erkennen gegeben habe, dass sie § 25 StPO als Zulässigkeitsvoraussetzung sehe. Soweit der Erstkorrektor verlange, dass dies wörtlich festzustellen sei, verkenne er den Antwortspielraum der Klägerin. Insoweit verkennt die Klägerin jedoch, dass es sich hierbei nicht um eine fachspezifische Bewertung, sondern um eine solche mit prüfungsspezifischer Natur handelt, nämlich die Würdigung der Qualität ihrer Darstellung. Insoweit steht der Klägerin kein Antwortspielraum zu. Es ist daher nicht ersichtlich, dass der Erstkorrektor durch seine Feststellung die Grenzen seines Bewertungsspielraums überschritten hat.
Mit Blick auf den Einwand, dass es bewertungsfehlerhaft sei, eine „anforderungsgemäße Definition“ der Besorgnis der Befangenheit zu fordern, da sich eine solche nicht direkt aus dem Gesetz ergebe, gilt ebenfalls, dass es sich hierbei um eine prüfungsspezifische Wertung des Erstkorrektors handelt, die nicht zu beanstanden ist. Zumal Definitionen typischerweise gerade dann gefordert sind, wenn Begriffe nicht im Gesetz definiert sind.
Der Einwand, die Kritik des Erstkorrektors, dass die Klägerin „nicht erkläre […], in welche Richtung Verf. mit den Ausführungen auf Bl. 17 2. Absatz argumentieren will“, sei beurteilungsfehlerhaft, weil die Erläuterung der eigenen Ausführungen nicht Gegenstand der Aufgabenstellung und daher auch nicht vom zulässigen Erwartungshorizont umfasst sei, betrifft die Würdigung der Qualität der Darstellung und damit die prüfungsspezifische Wertung. Insoweit lässt sich keine Überschreitung der Grenzen des Beurteilungsspielraums feststellen. Denn der Prüfer kritisiert nicht die fehlende Erläuterung eigener Ausführungen, wie die Klägerin meint, sondern das Fehlen einer auf einer Norm oder einem Rechtsgedanken fußenden Begründung für ihre Ausführungen im zweiten Absatz von Blatt 17, dass der Schöffe seine dienstliche Erklärung nicht während der Hauptverhandlung, sondern während deren Unterbrechung zu den Akten gebracht hat. Diese Kritik ist auch nachvollziehbar.
Die Klägerin wendet weiter ein, die Kritik bezüglich der Prüfung von § 338 Nr. 5 StPO, dass eine „Anwesenheitspflicht“ des Angeklagten angenommen worden sei, sei beurteilungsfehlerhaft, weil Anwesenheitspflicht im Sinne der Klausurlösung nicht die gesetzliche Verpflichtung gegenüber dem Angeklagten zur Anwesenheit bedeute, sondern die gesetzlich vorgeschriebene Anwesenheit als „Pflicht“ für die Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens. Dieser Einwand geht an der Kritik vorbei und verfängt schon deswegen nicht. Der Erstkorrektor beanstandet, wie bereits aus seinem Votum ohne weiteres ersichtlich wird und noch deutlicher aus seiner Stellungnahme im Überdenkungsverfahren, dass die Klägerin verkennt, dass der Beschluss nach § 247 StPO den Angeklagten nicht von der Anwesenheit in der Verhandlung entbindet, sondern ihm nicht gestattet, daran teilzunehmen. Diese Kritik ist nicht zu beanstanden.
Auch der Einwand gegen die Kritik, die Klägerin habe bei der Prüfung von § 338 Nr. 6 StPO ein Beruhen des Urteils auf dem rechtswidrigen Ausschluss der Öffentlichkeit bloß festgestellt und nicht „normbezogen begründet“, sei fehlerhaft, weil damit verkannt werde, dass das Beruhen durch den Kontext der Prüfung im Rahmen von § 338 Nr. 6 StPO bereits unwiderleglich vermutet werde und sich deswegen tiefergehende Auseinandersetzungen mit dem Beruhen erübrigen, geht ebenfalls an dem Kern der Kritik vorbei. Der Erstkorrektor hat im Votum beanstandet, dass „der abschließende Satz zum Beruhen […] normbezogen (§ 338 1. Halbsatz StPO) [hätte] begründet werden sollen“. Schon danach ist eindeutig nicht die fehlende Beruhensprüfung, sondern der fehlende Normbezug kritisiert worden. Ein Beurteilungsfehler ist insoweit nicht ersichtlich.
Der Einwand, der Erstkorrektor habe den Antwortspielraum der Klägerin in mehrfacher Hinsicht verkannt, ist bereits nicht hinreichend substantiiert. Es bleibt danach unklar, welche Wertung des Erstkorrektors die Klägerin damit beanstanden möchte. Sie hat lediglich ausgeführt, dass das bewusste Setzen von Schwerpunkten, ohne jedes Merkmal und jedes mögliche Delikt ausführlich zu prüfen, von ihrem Antwortspielraum gedeckt sei. Dies gelte auch mit Blick darauf, dass sie zum objektiven Tatbestand der Nötigung teilweise ergebnisorientiert verkürzt ausgeführt und unproblematische Fragen weggelassen habe sowie, dass sie eher fernliegende Tatbestände, wie die Geiselnahme, nicht behandle. Zudem betrifft das Vorbringen, soweit es sich gegen eine etwaig kritisierte Schwerpunktbildung richten sollte, nicht den Bereich der fachspezifischen, sondern den der prüfungsspezifischen Wertungen, bei denen der Klägerin kein Antwortspielraum zusteht.
Der Einwand, die Kritik, es sei „schwerlich“ vertretbar, dass die Klägerin von einer tatmehrheitlich begangenen Nötigung ausgehe, sei beurteilungsfehlerhaft, wenn der Erstkorrektor dieses Ergebnis bloß aufgrund der Ausführlichkeit der Begründung negativ bewertete, greift nicht durch. Die Kritik, die umstrittene Frage der Verwerflichkeit ohne vertiefte Begründung und Auseinandersetzung mit den Gegenargumenten abzuhandeln, betrifft die prüfungsspezifische Wertung, nämlich die von dem Prüfer nach seinem Bewertungssystem gestellten Anforderungen an die Begründung und Darstellungstiefe eines Problems, und hält sich im Rahmen des hierbei dem Prüfer zustehenden Beurteilungsspielraums. Eine vertiefte Begründung einer umstrittenen Rechtsfrage zu fordern ist nachvollziehbar.
Der Einwand, der Erstkorrektor habe mehrfach gegen seine Pflicht zu einer ausgewogenen Bewertung verstoßen, indem er nicht sämtliche Ausführungen der Klägerin zur Kenntnis genommen und in die Bewertung einbezogen habe, verfängt nicht. Hinsichtlich ihrer insoweit zur näheren Begründung angeführten Ausführungen, dass sie im Rahmen der von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensvoraussetzungen zutreffend dargelegt habe, dass das Urteil von der Anklage umfasst sei, als auch hinsichtlich ihrer Ausführungen zur Einziehung und zu § 140 StPO als mögliche Verfahrensfehler hat der Erstkorrektor in seiner Stellungnahme im Überdenkungsverfahren folgendes ausgeführt: „Nicht jede, zumal sehr knappe Lösungspassage zu in der Sache völlig unproblematischen Aspekten [muss] im schriftlichen Votum Erwähnung finden bzw. gar einer Würdigung unterliegen […]; denn diese Ausführungen sind jeweils nicht geeignet, die Bewertung der Gesamtleistung maßgeblich zu beeinflussen. Dies betrifft gleichermaßen die jeweils wenige Worte umfassenden Feststellungen zu §§ 200, 203 StPO und zu § 140 StPO". Danach hat der Erstkorrektor im Überdenkungsverfahren klargestellt, dass er die Ausführungen der Klägerin zur Kenntnis genommen und bei der Bewertung berücksichtigt hat, weshalb er die Grenzen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums auch insoweit nicht überschritten hat.
Der Einwand, der Erstkorrektor habe bezüglich der Verurteilung wegen schwerer räuberischer Erpressung überzogene Erwartungen formuliert, indem er die Auseinandersetzung mit der „Rechtsprechung zu geladenen Gaspistolen mit Austritt nach vorne“ verlangt und die diesbezügliche Bearbeitung der Klägerin kritisiert habe, weil im Rahmen der zweiten juristischen Staatsprüfung nicht erforderlich sei, dass die Kandidaten eine bestimmte Rechtsprechung bzw. konkrete Urteile kennen, verfängt nicht. Wie der Prüfer in seiner Stellungnahme im Überdenkungsverfahren noch einmal vertieft begründet hat, verkennt die Klägerin, dass nicht die Benennung konkreter Entscheidung mit Datum und Gerichtsaktenzeichen gefordert wurde, sondern die inhaltliche Auseinandersetzung mit der genannten Rechtsprechung. Die Kritik, die Klägerin habe die Waffeneigenschaft ohne ein Wort zu dieser ganz herrschenden Rechtsprechung verneint, ist nachvollziehbar und somit nicht zu beanstanden.
Der Einwand, die Kritik, dass die Ausarbeitung der Klägerin in Bezug auf den Revisionsantrag im Widerspruch zu ihren vorherigen Ausführungen stehe, sei bewertungsfehlerhaft, da der Antrag lediglich hilfsweise gestellt worden sei, verfängt schon deswegen nicht, weil, wie der Erstkorrektor in seinem Votum richtig festgestellt hat, der Bearbeitungsvermerk eine hilfsweise Formulierung eines Revisionsantrags nicht verlangt.
Der abschließende Einwand, der Prüfer dürfe nicht verlangen, dass für die Schwellennote „ausreichend“ bereits alle im Sachverhalt angelegten Probleme erkannt und weitgehend zutreffend bearbeitet werden, betrifft den Kern des dem Prüfer zustehenden Beurteilungsspielraums, nämlich die Festlegung eines Bezugssystems mit Anforderungen für bestimmte Notenstufen. Insoweit vermag das Gericht keinen Beurteilungsfehler zu erkennen. Zumal dem Votum des Erstkorrektors, insbesondere der abschließenden Gesamtbewertung, nicht zu entnehmen ist, dass er, wie die Klägerin meint, für eine ausreichende Note gefordert hat, dass alle im Sachverhalt angelegten Probleme erkannt und weitgehend zutreffend bearbeitet werden. Die Note der Klägerin begründet er in nicht zu beanstandender Weise mit den „erheblichen Mängeln“ bzw. „massiven Unzulänglichkeiten“ der Arbeit, die er zuvor nachvollziehbar dargelegt hat.
Auch die Bewertung der Zweitkorrektorin ist nicht zu beanstanden.
Mit Blick auf das Votum der Zweitkorrektorin ist der Klägerin nicht zuzustimmen, dass sie sich nicht mit dem Votum des Erstkorrektors auseinandergesetzt und sich dieses nicht zu eigen gemacht habe. Sie hat sich dem Votum des Erstkorrektors ausdrücklich angeschlossen indem sie ausgeführt hat: „Demnach schließe ich mich dem Votum des Erstkorrektors an.“ Einer eigenen Begründung der Zweitkorrektorin bedarf es nicht, wenn sie – wie hier – der Benotung des Erstkorrektors und dessen Begründung zustimmt, da sie eine bloße Wiederholung der Erstbewertung mit anderen Worten wäre. Nur für den Fall, dass von der Bewertung des Erstkorrektors abgewichen wird, sind ausführende Anmerkungen notwendig (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 1992 - 6 C 3/92 –, juris Rn. 30). Deswegen ist es nicht zu beanstanden, dass die Zweitkorrektorin ihrem Votum keinen eigenen Erwartungshorizont vorangestellt hat, da die Musterlösung des Erstkorrektors auch für ihr Votum gilt.
Soweit die Zweitkorrektorin ergänzende Angaben in ihrem Votum gemacht hat, stehen diese, entgegen der Auffassung der Klägerin, nicht im Widerspruch zum Votum des Erstkorrektors, weshalb eine weitergehende Begründung nicht erforderlich war. Hinsichtlich der Kritik der Zweitkorrektorin, die Zulässigkeitsprüfung sei lückenhaft, besteht Übereinstimmung mit dem Votum des Erstkorrektors, der ebenfalls
beanstandet hat, dass die Prüfung „[…] ohne ein wenigstens kurzes Wort zur Beschwer“ erfolgt sei. Auch die Anmerkungen der Zweitkorrektorin zu der Prüfung der absoluten Revisionsgründe als ungenau und (teilweise) unvollständig stimmt mit der Bewertung des Erstkorrektors überein. Abweichungen zwischen den Ausführungen des Erstkorrektors und den Ausführungen der Zweitkorrektorin betreffend die materiell-rechtliche Prüfung sind nicht dargelegt.
Ob die Klägerin mit Blick auf die begehrte lediglich teilweise Aufhebung auch des Widerspruchsbescheids, nicht gegen die im Widerspruchsbescheid festgesetzte Widerspruchsgebühr in Höhe von 105,00 Euro vorgehen wollte, kann offen bleiben, da deren Erhebung auf der Grundlage von § 1 und § 2 Nr. 1, Nr. 2 der Brandenburgischen Verordnung über die Erhebung von Gebühren für Widerspruchsverfahren in juristischen Staatsprüfungen (Widerspruchsgebührenordnung – WiGebO) vom 20. November 2005 in der festgesetzten Höhe nicht zu beanstanden ist.
Aufgrund der Erfolglosigkeit des Hauptantrags zu 1. ist über den hilfsweise gestellten Antrag zu 2. zu entscheiden. Dieser ist zulässig, aber unbegründet.
Der Prüfungsbescheid des Beklagten vom 21. Juni 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Dezember 2019 ist auch im Lichte der zur Begründung des Hilfsantrags vorgebrachten Einwendungen rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung ihres schriftlichen Prüfungsergebnisses und Neubewertung der Aufsichtsarbeiten S II – siehe dazu bereits oben – und ÖR I der Kampagne 2.2019/I unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, § 113 Abs. 1, Abs. 5 Satz 2 VwGO.
Nach den oben genannten Maßstäben betreffen die nachfolgenden Einwendungen gegen die Beurteilung der Aufsichtsarbeit ÖR I prüfungsspezifische Wertungen und sind vor diesem Hintergrund nur der eingangs dargestellten eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich:
Der Einwand, die Erstkorrektorin gehe ausweislich ihrer Feststellung im Überdenkungsverfahren, Sinn und Zweck der zweiten juristischen Staatsprüfung sei es, die „Eignung“ der Kandidaten zum Richteramt zu prüfen, von einem fehlerhaften Bewertungsmaßstab aus, weil sie über den nach § 5 Abs. 1 DRiG festgeschriebenen Zweck, lediglich der Überprüfung der „Befähigung“ zum Richteramt zu dienen, hinausgehe, greift nicht durch. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sie, wie von der Klägerin behauptet, mit Blick auf die geforderte „Eignung“ und nicht bloße „Befähigung“ zum Richteramt mindestens eine befriedigende oder vollbefriedigende Leistung vorausgesetzt hat. Die vorstehende Feststellung der Prüferin steht im Zusammenhang mit der Aussage, dass die Erbringung einer praxistauglichen Leistung gefordert ist. Dies ist danach maßstabsbildend für die Prüferin und als solches nicht zu beanstanden.
Soweit die Klägerin mit Blick auf die dem Votum der Erstkorrektorin vorangestellten „Bewertungsvoraussetzungen“ – bestehend aus einer Darstellung der „Problemschwerpunkte“ und dem „Lösungsvorschlag (kurz)“ – einwendet, dass sie damit ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen sei, greift dies nicht durch. Wie oben bereits dargestellt, ist die Prüferin nicht verpflichtet, ihren Bewertungsmaßstab in dem durch die Klägerin gefordert Detaillierungsgrad mit einer nachvollziehbaren Schwerpunktbildung, einem konkreten Erwartungshorizont zum Inhalt der Klausur sowie einer Gewichtung der einzelnen Aufgabenteile und materiell-rechtlichen Fragen offenzulegen, da es sich hierbei um einen Teil des nicht gerichtlich überprüfbaren Beurteilungsspielraums der Prüferin handelt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2010 – 9 S 591/10 –, juris Rn. 73).
Die Einwendung, es liege ein Bewertungsdefizit vor, weil die klausurbezogenen Ausführungen der Erstkorrektorin inhaltlich nicht geeignet seien, die Bewertung der Klausur zu rechtfertigen, sie in weiten Teilen lediglich die Klausurbearbeitung der Klägerin zusammenfasse und sie mit ihrer Musterlösung abgleiche, aber keine Bewertung vornehme, es an keiner Stelle Ausführungen dazu gebe, wie sich bestimmte Aspekte der Klausurbearbeitung negativ oder positiv auf die Gesamtbewertung ausgewirkt haben und warum unzweifelhaft gute Aspekte der Klausurbearbeitung von den negativen Eindrücken der Erstkorrektorin überlagert werden, ist bereits zu allgemein gehalten, um die oben dargestellten Substantiierungsanforderungen zu erfüllen. Des Weiteren besteht nach dem oben Dargestellten keine Pflicht zu einer derart detaillierten Begründung, wie sie die Klägerin verlangt. Die Begründung der Bewertung durch die Erstkorrektorin zu diesem Zweck notwendigerweise zusammenzufassenden Leistungen hält sich auch im Übrigen im Rahmen der dem Beurteilungsspielraum gesetzten Grenzen. So hat sie beispielsweise begründet, dass der Tatbestand nicht gelungen sei, weil er wesentlich zu knapp und ungenau sei. Sie hat hinsichtlich der Zulässigkeit angemerkt, dass die diesbezüglichen Normen gut gesehen worden seien. Den Obersatz zur Begründetheit hat sie als leicht ungenau bewertet. Und die Ausführungen zur Anordnung der sofortigen Vollziehung, zum Problem der Störerauswahl und zur Verhältnismäßigkeit der Maßnahme hat sie als zu knapp geraten bewertet, weil insoweit angesichts der erkennbaren Schwerpunkte der Klausur viel umfangreicher hätte ausgeführt werden müssen.
Der Einwand hinsichtlich des Vermerks zu Beginn der Bewertung „Achtung mehrere Heftungsfehler“ verfängt nicht. Die Klägerin meint, danach bleibe offen, wie und ob die Heftungsfehler bei der Bewertung der Klausur berücksichtigt worden seien, dies bei der Bewertung zu berücksichtigen jedoch nicht zulässig sei. Auch lasse die Aussage der Erstkorrektorin im Überdenkungsverfahren, dass der Verweis auf das Vorliegen mehrerer Heftungsfehler grundsätzlich keine negativen Tendenzen trage, nicht erkennen, ob und inwiefern im konkreten Einzelfall eine negative Beurteilung doch erfolgt sei. Damit verkennt sie jedoch, dass die Erstkorrektorin in ihrer Stellungnahme im Überdenkungsverfahren eindeutig klargestellt hat, dass es sich dabei lediglich um einen Hinweis an den Zweitkorrektor gehandelt habe, um ihn insoweit zu sensibilisieren. Unter Berücksichtigung dessen ist die weitere Aussage, dass derartige Fehler „grundsätzlich“ keine Auswirkung auf die Bewertung haben, nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht so zu verstehen, dass aus Heftungsfehlern zwar nicht prinzipiell, aber doch im Einzelfall negative Konsequenzen folgten, sondern dass Heftungsfehler generell keine Auswirkungen auf die Bewertung haben. Soweit die Klägerin meint, die Erstkorrektorin habe mit diesem Hinweis in unzulässiger Weise Einfluss auf den Zweitkorrektor genommen, ist bei einem derart allgemein gehaltenen Hinweis bereits nicht ersichtlich, wie dies erfolgt sein soll. Hinzu kommt, dass allgemein bekannt sein dürfte, dass nicht die Prüflinge selbst ihre Klausuren heften, sondern die losen Blätter der Klausurbearbeitung bei dem Beklagten geheftet werden, mithin der Hinweis schon keinerlei Bezug zu einem Verhalten der Klägerin aufweist.
Der Einwand gegen die Kritik, die Klägerin habe die Besetzung der Kammer im Rubrum mit „die Richter X“ falsch wiedergeben, werde nicht näher begründet, ist jedenfalls mit der Stellungnahme der Erstkorrektorin im Überdenkungsverfahren hinfällig. Dort hat sie ausgeführt, dass nach der „[…] Aufgabenstellung […] die Namen zu fingieren“ gewesen seien und, dass darüber hinaus „nicht deutlich [werde], wie die Besetzung in Klarstellung zu § 5 Abs. 3 VwGO tatsächlich aussieht“. Mit Blick auf die eindeutige Aufgabenstellung – „Die Namen der beteiligten Richter sind zu fingieren“ (vgl. Seite 16 der Klausuraufgabe) – und den der Prüferin zustehenden Beurteilungsspielraum ist ihre Kritik an der Klausurbearbeitung nicht zu beanstanden. Sie zielte ersichtlich nicht auf die Fähigkeit der Klägerin ab, sich Namen auszudenken, sondern ihre Kenntnisse der einschlägigen Regelung des § 5 Abs. 3 Satz 2 VwGO zu prüfen. Danach entscheidet die Kammer bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung in der Besetzung mit drei Berufsrichtern und nicht etwa mit drei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 1 VwGO).
Der Einwand, die Aussage, der Tenor sei „überraschend“, stelle keine nachvollziehbare Bewertung des Tenors dar, da eine überraschende Lösung sowohl negativ, als auch positiv überraschend sein könne und der Tenor zudem vollständig der Lösung der Klägerin entspreche, verfängt nicht. Denn die Erstkorrektorin hat in ihrer Stellungnahme im Rahmen des Überdenkungsverfahrens klarstellend ausgeführt, dass es sich bei der Feststellung „überraschend“ weder um eine positive noch um eine negative Wertung gehandelt habe. Die Feststellung beruhe darauf, dass nach der Klausuranlage eher ein Gleichlauf der Anträge 1 und 2 zu erwarten gewesen sei. Dies ist nicht zu beanstanden.
Der Einwand an der Kritik, der Tatbestand sei nicht gelungen, weil er „zu knapp und ungenau“ sei, sei nicht nachvollziehbar, weil die Erstkorrektorin an keiner Stelle Erwartungen an den Tatbestand formuliert habe, das Gesetz gerade die Knappheit des Tatbestandes vorschreibe und die Klägerin eine ebensolche knappe Darstellung vorgenommen habe, verfängt nicht. Der Einwand betrifft eine prüfungsspezifische Wertung, weshalb die Prüferin nach dem oben bereits Ausgeführten nicht verpflichtet gewesen ist, detailliert darzustellen, welche Erwartungen sie an den Inhalt des Tatbestands stellt. Jedenfalls in ihrer Stellungnahme im Überdenkungsverfahren hat die Erstkorrektorin gleichwohl ausreichend darstellt, dass der „wesentliche Inhalt zum Sach- und Streitstand“ sowie die „widerstreitenden Argumente und Auffassungen“ dargestellt werden sollten, was nach ihrer Einschätzung nicht in hinreichendem Maße geschehen sei.
Der Einwand, dem Votum sei nicht zu entnehmen, warum die Ausführungen der Klägerin zur Anordnung der sofortigen Vollziehung nur „knapp hinreichend“ seien und es nicht ersichtlich sei, welche Aspekte die Erstkorrektorin konkret vermisse, greift nicht durch. Auch insoweit ist eine detaillierte Darstellung des Erwartungshorizonts nicht nötig. Gleichwohl hat die Erstkorrektorin im Votum ausdrücklich ausgeführt, dass „aufgrund des Ausnahmecharakters umfänglicher (hätte) ausgeführt werden sollen“. Diese Einschätzung ist prüfungsspezifischer Natur und ist mit Blick auf den der Prüferin insoweit zustehenden Beurteilungsspielraum sowie die bloße Feststellung der Klägerin in ihrer Klausurbearbeitung, „die AG hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffer 1 des Bescheids vom 22.11.17 gemäß § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO begründet, in dem sie ihr bes. Interesse an der Vollziehbarkeit mitteilte“, nicht zu beanstanden.
Der Einwand, es werde nicht ausgeführt, warum die Bearbeitung der Klägerin zur Gefahr im Sinne von § 3 SOG Berlin hinter den Erwartungen der Erstkorrektorin zurückgeblieben sei, welche Aspekte sie genau vermisse, welche Ausführungen die Klägerin zur Störerauswahl hätte anstellen müssen und inwiefern die Verhältnismäßigkeit zu knapp gewesen sei, greift schon deshalb nicht durch, weil es sich auch insoweit um prüfungsspezifische Aspekte handelt und die Prüferin nicht verpflichtet ist, derart detaillierte Erläuterungen zu machen. In ihrer Stellungnahme im Rahmen des Überdenkungsverfahrens hat die Erstkorrektorin gleichwohl auch insoweit den Erwartungshorizont detailliert dargelegt, so dass der Einwand auch deswegen fehlgeht. Der weitere Einwand, es bleibe unklar, warum die Gefahr im Sinne von § 3 SOG Berlin von der Klägerin „unzureichend bejaht“ worden sei, verfängt ebenfalls nicht, da die Erstkorrektorin in ihrer Stellungnahme im Überdenkungsverfahren auch diesbezüglich dargelegt hat, dass es am „entsprechenden Sachverhaltsbezug“ fehle. Soweit die Klägerin dagegen einwendet, dass der Sachverhaltsbezug gegeben sei, weil sie unter Bezugnahme auf die laut Sachverhalt erfolgten Terroranschläge in der Vergangenheit die Gefahr bejaht habe, führt dies nicht dazu, dass die im Beurteilungsspielraum stehende Einschätzung der Erstkorrektorin zu beanstanden ist. Mit Blick auf ihre konkreten diesbezüglichen Ausführungen in der Klausur – „Die AG gibt an, dass bereits in der Vergangenheit Bln häufig Opfer von Anschlägen wurde. Dies war auch der As bekannt, da sie daher eine Anfrage wegen Sicherheitsvorkehrungen stellte. Eine Gefahr liegt vor in Form von konkreter Gefahr, weil die Bedingungen für Anschlag konkret vorliegen.“ – ist eine Überschreitung der Grenzen des Beurteilungsspielraums nicht zu erkennen.
Der Einwand, die Kritik, die Bearbeitung zu den Ziffern 3 bzw. 4 des Ausgangsbescheides sei „konkret fehlend“, treffe nicht zu, weil die Klägerin auf den Seiten 18 f. und 45 explizit auf die Ziffern 3 und 4 des Klausur-Bescheids eingehe, greift nicht durch, weil die Erstkorrektorin ihre diesbezüglichen Ausführungen wie folgt konkretisiert hat: „Es ist richtig, dass die Bearbeiterin ‚Ziffer 3‘ bzw. ‚Ziffer 4‘ an mindestens zwei Stellen in der Bearbeitung erwähnt […]. Das ersetzt jedoch keine erforderliche inhaltlich rechtliche Auseinandersetzung zur RMK der Androhung von Ersatzmaßnahme und Zwangsgeld. Insoweit konkretisiere ich meine Ausführungen dahingehend: ‚Nicht hinreichend bzw. in der Sache konkret fehlend, in den rechtlichen Ausführungen zur RMK zu den Anträgen zu Ziffer 3 bzw. 4.‘“ Danach ist die Bewertung nicht zu beanstanden, da die Erstkorrektorin insbesondere nicht von einer unzutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen ist. Der weitere Einwand, die Kritik, die Klägerin habe sich nicht mit § 10 SOG Berlin auseinandergesetzt, sei unzutreffend, weil sie auf Seite 46 geschrieben habe, dass die Behörde ihr Auswahlermessen nach § 10 SOG Berlin ausgeübt habe, verfängt ebenfalls nicht. Denn auch insoweit hat die Erstkorrektorin im Überdenkungsverfahren ergänzend ausgeführt, dass sich „die Ausführungen zum Problempunkt der Störerauswahl […] auf ganze zwei, im Wesentlichen feststellende Sätze“ beschränken, während „lt. Aufgabenstellung und Bearbeitervermerk – ggf. auch ein hilfsgutachterliches – Eingehen auf alle durch den Sachverhalt aufgeworfenen Rechtsfragen [gefordert war], woran es offensichtlich fehlt“. Damit hat die Erstkorrektorin auch insoweit die Prüfungsleistung vollständig und richtig zur Kenntnis genommen, weshalb kein Anlass zur Beanstandung besteht.
Der Einwand, die Kritik, dass die Klägerin „insgesamt zu knapp und nicht präzise genug“ arbeite, „zu knapp und zu oberflächlich“ zu den Problemen ausführe, die Bearbeitung „eine nur äußerst eingeschränkte argumentative sowie differenzierende Auseinandersetzung mit Sachverhalte“ enthalte und „erheblich an rechtlicher Breite, Tiefgang und Präzision vermissen“ lasse, sei an keiner Stelle begründet und weise keinen konkreten Bezug zur Klausurbearbeitung auf, greift nicht durch, weil schon nicht hinreichend substantiiert konkrete Bewertungsfehler aufgezeigt werden.
Der Einwand, die Beurteilung, dass die Klägerin „im Wesentlichen alle Problemschwerpunkte“ sehe, stehe im Widerspruch zu der späteren Kritik, dass ihr das „Problembewusstsein“ fehle, greift nicht durch. Einen Widerspruch in den diesbezüglichen Angaben der Erstkorrektorin vermag das Gericht nicht zu erkennen. Schon bei einer Lektüre der vollständigen Sätze des Votums zeigt sich, dass die Kritik nicht auf das Erkennen, sondern auf eine unzureichende Bearbeitungstiefe der erkannten Probleme abzielt. Dort heißt es: „Der Bearbeiter sieht im Wesentlichen alle Problemschwerpunkte, führt hierzu wesentlich zu knapp und oberflächlich aus; […] Dem Bearbeiter fehlt teilweise das Problembewusstsein, sodass er die Klausur nicht richtig in den Griff bekommt.“ Bestätigt wird dies durch die Ausführungen der Erstkorrektorin im Überdenkungsverfahren: „Das Sehen der Problemschwerpunkte einer Klausur ist nur Vorstufe und erster Schritt. Hier fehlt es der WF in der Bearbeitung des Gesehenen teilweise an dem Bewusstsein, […] Schwerpunkte in den zu erbringenden Ausführungen“ zu setzen. Vor diesem Hintergrund überzeugt die Auffassung der Klägerin nicht, die abschließende Bewertung bleibe auch nach der Stellungnahme im Überdenkungsverfahren widersprüchlich und nicht nachvollziehbar.
Der Einwand, es bleibe unklar, warum laut Votum die Entscheidungsgründe die Tenorierung nicht zu tragen vermögen, der insoweit auch gegen Ziffer 4.3 der Stellungnahme im Überdenkungsverfahren mit dem Hinweis darauf wiederholt wurde, dass die Ausführungen der Klägerin in den Entscheidungsgründen der Klausurbearbeitung mit dem Tenor in Einklang stehen und die Prüferin verkenne, dass durch die Tenorierung „Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt“ die Ziffer 1 des Antrages abschlägig beschieden worden sei, verfängt nicht. Bereits aus dem Votum ergibt sich, dass nach Auffassung der Erstkorrektorin die Bearbeitung der Klägerin „nicht hinreichend, bzw. konkret fehlend, zu Ziffern 3 bzw. 4“ gewesen ist. Dies hat sie in ihrer Stellungnahme im Überdenkungsverfahren wie folgt präzisiert: „Hier fehlen grundlegende rechtliche Ausführungen zu den tenorierten Anordnungen zu Ziffern 3 und 4, womit das Gefüge nicht stimmig ist.“ Ausweislich der dem Gericht vorliegenden Klausurbearbeitung hat die Klägerin zu den Anordnungen unter den Ziffern 3 und 4 des Klausurbescheides auf der letzten Seite ihrer Arbeit lediglich einen Satz ausgeführt, der wie folgt lautet: „Zu Antrag Ziffer 2 = weil die Aussetzung der Vollziehung rechtswidrig war, liegen die Voraussetzungen für die Androhung von Zwangsmitteln nicht vor.“ Die Kritik der Erstkorrektorin beruht somit auf einer zutreffenden Tatsachengrundlage und ist nicht zu beanstanden. Ob der Tenor der Klägerin ihr Ergebnis in den Entscheidungsgründen zu der Ziffer 1 zu decken vermag, ist für die Nachvollziehbarkeit der Kritik der Prüferin ohne Belang.
Der Einwand, die negative Bewertung des Tenors, obwohl dieser von den Entscheidungsgründen getragen werde, verstoße gegen das Folgefehlerprinzip, greift schon deswegen nicht durch, weil – wie zuvor dargestellt – der Tenor nicht von den Entscheidungsgründen getragen wird.
Der Einwand, die Erstkorrektorin habe gegen das Folgefehlerprinzip verstoßen, weil sie sowohl die von der Klägerin im Hinblick auf Ziffer 1 des Klausur-Bescheids angenommene Erledigung als auch den Umstand kritisiert habe, dass die Klägerin sich nicht mit der Rechtmäßigkeit der dort getroffenen Regelung auseinandergesetzt habe, verfängt nicht. Die in den Beurteilungsspielraum der Prüferin fallende Einschätzung, dass die teilweise Erledigung eines Rechtsstreits es nicht rechtfertige, sich mit der Rechtmäßigkeit der erledigten Maßnahme nicht mehr auseinanderzusetzen, überschreitet nicht die Grenzen des Beurteilungsspielraums. Denn, wie die Erstkorrektorin im Überdenkungsverfahren zutreffend ausgeführt hat, sollten die Bearbeiter nach der Aufgabenstellung in der Klausur auf alle durch den Sachverhalt aufgeworfenen Rechtsfragen, gegebenenfalls in einem Hilfsgutachten, eingehen. Nach Auffassung der Erstkorrektorin handelte es sich bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ziffer 1 des Klausur-Bescheids um einen Schwerpunkt der Klausur, weshalb es nicht zu beanstanden ist, hierzu hilfsgutachterliche Ausführungen zu verlangen.
Der Einwand, die Erstkorrektorin habe gegen ihre Pflicht zur Berücksichtigung und umfassenden Würdigung sämtlicher Ausführungen verstoßen, weil sie ihre Ausführungen zur Qualifikation der Nebenbestimmungen als Verwaltungsakte nicht in die Bewertung einbezogen habe, verfängt nicht. Die Frage, ob und in welchem Umfang die isolierte Anfechtbarkeit von Nebenbestimmungen anzusprechen gewesen wäre, fällt in den der Prüferin zukommenden Beurteilungsspielraum, dessen Grenzen nicht überschritten wurden. Insbesondere hat die Erstkorrektorin ausweislich ihrer Stellungnahme im Überdenkungsverfahren keine unvollständige Tatsachengrundlage für ihre Bewertung herangezogen. Denn danach hat sie „die gesamten Ausführungen zur Zulässigkeit […] pauschal mit: ‚Die Zulässigkeit gelingt recht gut.‘ bewertet“. Damit hat sie klargestellt, dass sie die Ausführungen der Klägerin zur Zulässigkeit zur Kenntnis genommen und bei der Bewertung positiv berücksichtigt hat.
Der Einwand, ein Prüfer dürfe nicht verlangen, dass für die Schwellennote „ausreichend“ bereits alle im Sachverhalt angelegten Probleme erkannt und weitgehend zutreffend bearbeitet werden, sowie der Einwand, es fehle an einer ausgewogenen Bewertung, bei der das Vorhandene und auch das richtig Bearbeitete mit dem Fehlenden und Fehlerhaften ernsthaft abgewogen und insgesamt in ein Beurteilungssystem eingeordnet wurde, das letztlich die Zuordnung zu den einzelnen Notenstufen und schließlich zu den Punktzahlen ermöglicht, betrifft den Kerngehalt des Beurteilungsspielraums der Erstkorrektorin und verfängt nicht. Denn ausweislich des dem Gericht vorliegenden Votums und der Stellungnahme der Erstkorrektorin im Überdenkungsverfahren hat sie auch positive Aspekte der Klausurbearbeitung in ihre Bewertung einfließen lassen. Wann sie eine Klausurleistung als ausreichend bewertet, hat sie nicht offengelegt, wozu sie nach dem oben Dargestellten auch nicht verpflichtet ist, weshalb auch dieser Einwand der Klägerin nicht verfängt.
Soweit die Klägerin einwendet, ein erneutes Überdenken im Rahmen des Widerspruchsverfahrens durch die Erstkorrektorin habe nicht in der gebotenen Tiefe stattgefunden, trifft dies ausweislich deren Ausführungen der Erstkorrektorin in ihrer neun Seiten umfassenden Stellungnahme im Rahmen des Überdenkungsverfahrens nicht zu. Sie ist darin auf jeden Einwand eingegangen und hat ihren diesbezüglichen Standpunkt nachvollziehbar dargelegt.
Der Einwand, die Feststellung der Erstkorrektorin in ihrem Votum, „In der Begründetheit wird § 80 Abs. 5 VwGO nicht noch einmal genannt, der Obersatz ist zum Prüfungsumfang und -maßstab leicht ungenau (oder) ;(vgl. hierzu Kopp/Schenke, § 80 VwGO, Rn. 146f, 152)“, sei nicht nachvollziehbar, verfängt nicht. Diese Kritik zielt auf den Obersatz zur Begründetheit des Antrags ab, der wie folgt lautet: „Der Antrag Nr. 1 auf Anordnung der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist begründet, wenn die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht ordnungsgemäß erging und das Vollzugsinteresse gegenüber dem Aussetzungsinteresse nicht überwiegt.“ Ohne weiteres erkennbar ist, dass die Klägerin die einschlägige Vorschrift des § 80 Abs. 5 VwGO nicht genannt hat. Angesichts des vorstehenden Obersatzes hat die Prüferin diesen ersichtlich deswegen als ungenau beanstandet, weil die Klägerin für die Begründetheit fordert, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung fehlerhaft ist „und“ das Aussetzungsinteresse überwiegt, nach der Auffassung der Prüferin aber ein „oder“ genauer gewesen wäre. Diese Einschätzung hat die Prüferin durch den in Klammern stehenden Zusatz „(oder)“ kenntlich gemacht. Die Kritik der Ungenauigkeit würde zudem auch auf den Satzteil „Anordnung der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung“ passen, da entweder die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs bei einem von Gesetzes wegen sofort vollziehbaren Verwaltungsakt oder, wenn die sofortige Vollziehung angeordnet wurde, die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung erfolgen kann (vgl. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Beides zeitgleich auszusprechen funktioniert – wie die Klägerin in ihrem Obersatz vorgesehen hat – indes nicht. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auch beanstandet, die Prüferin habe einen fehlerhaften Beurteilungshorizont angesetzt, indem sie durch Angabe der Kommentarfundstelle aus dem Kommentar Kopp/Schenke zu erkennen gegeben habe, dass sie von der Klägerin die Ausführungen aus der zitierten Fundstelle erwartet, greift auch dies nicht durch. Der Verweis auf die Kommentarfundstelle dient aufgrund des unmittelbaren Zusammenhangs ersichtlich zur Untermauerung der vorausgehenden Kritik der Prüferin an dem Obersatz der Klägerin und nicht dazu, die Ausführungen aus der Kommentierung als Anforderung an die Prüflinge festzulegen.
Soweit die Klägerin die Verwendung von Abkürzungen durch die Prüferin, wie etwa AOSV, RMK oder VHMK als unzulässig und nicht gängig beanstandet, greift dies ebenfalls nicht durch. Die Verwendung von Abkürzungen in den Erläuterungen der Bewertung ist nicht zu beanstanden, solange die wesentlichen, die Bewertung tragenden Gründe anhand dieser in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise darlegt werden enthalten. Dies ist hier der Fall, da die verwendeten Abkürzungen im Juristenkreis als Anordnung der sofortigen Vollziehung (AOSV), Rechtmäßigkeit (RMK) und Verhältnismäßigkeit (VHMK) durchaus geläufig sind und die Bewertung somit nachvollziehbar ist.
Der Einwand, unter der Bewertung der Erstkorrektorin fehle eine Unterschrift, greift nicht durch. Eine Pflicht für die Prüfer, mit vollem Namen oder leserlich zu unterschreiben, besteht nicht. Es genügt, dass aus der Namensangabe an einer Stelle des Votums – wie hier – ersichtlich wird, dass die Verfasserin des Votums auch die der Klausur zugewiesene Prüferin ist.
Soweit die Klägerin die nicht durchgängige Verwendung der weiblichen Form zur Bezeichnung der Klägerin als Widerspruchsführerin in der Stellungnahme im Überdenkungsverfahren beanstandet, ist schon die Relevanz für die Bewertung der Klausur nicht ersichtlich.
Der Einwand, die im Rahmen des Überdenkungsverfahrens neu hinzugekommene Kritik am „durch die WF gewählten Aufbau“ sei nicht nachvollziehbar, ist unsubstantiiert und greift schon deswegen nicht durch.
Der Einwand, die Kritik im Überdenkungsverfahren „Der Problempunkt der VHMK ist immer ausfüllungsbedürftig“, sei falsch, weil dies bei gebundenen Entscheidungen aufgrund der Vorabprüfung dieses Aspekts durch den Gesetzgeber und Vorgabe einer Richtung nicht mehr nötig sei, verfängt nicht. Auf die Frage, ob bei gebundenen Entscheidungen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist, kommt es hier nicht an. Bei der prüfungsgegenständlichen Maßnahme handelt es sich schon nicht um eine gebundene Entscheidung, sondern nach dem eindeutigen Wortlaut von § 3 SOG Berlin um eine Ermessenentscheidung, die nach § 4 SOG Berlin ausdrücklich auch verhältnismäßig sein musste. Deshalb hat die Prüferin in ihrer Stellungnahme im Überdenkungsverfahren auch ausdrücklich auf die Regelung über behördliche Ermessensentscheidungen in § 40 VwVfG Bezug genommen indem sie ausführte: „Der Problempunkt der VHMK ist immer ausfüllungsbedürftig und tragender Pfeiler staatlichen Handelns, wie sich insb. aus § 40 VwVfG ergibt“. Hinzu kommt, dass weder dem Votum noch der Stellungnahme der Prüferin im Überdenkungsverfahren ein dahingehender Vorwurf zu entnehmen, dass die Klägerin die Verhältnismäßigkeit nicht geprüft habe. Sie wird lediglich als zu knapp bemängelt, welches mit Blick darauf, dass sich die Ausführungen der Klägerin in ihrer Klausur auf einen Satz mit 13 Wörtern beschränken, nicht zu beanstanden ist.
Der Einwand, die Lösung der Klägerin zur Erledigung bezüglich der Ziffer 1 des Klausurbescheids sei vertretbar, begründet bereits deswegen keinen Bewertungsfehler, weil die Prüferin das entsprechende Ergebnis der Klägerin nicht als unvertretbar kritisiert hat. In ihrer Stellungnahme im Überdenkungsverfahren hat die Prüferin zu diesem Punkte lediglich folgendes ausgeführt: „Zutreffend erkennt die WF in ihrer Bearbeitung, dass eine Erledigung des Verwaltungsaktes einen Antrag nach § 80 VwGO zum ‚Scheitern‘ bringe. […] Die Ausführungen zur bejahten Erledigung sind bereits grenzwertig.“ Dass sie die Ausführungen der Klägerin als bereits grenzwertig kritisiert, bedeutet nicht, dass sie das Ergebnis für nicht vertretbar erachtet hat, sondern die Begründung für das (vertretbare) Ergebnis gerade noch so ausreicht. Damit überschreitet sie auch nicht die Grenzen des ihr zusehenden Beurteilungsspielraums.
Der Einwand, die Bewertung bezüglich der Ziffer 3 des Klausur-Bescheides, der Androhung der Ersatzvornahme, sei fehlerhaft, weil die Prüferin von der Zulässigkeit des Antrags ausgegangen sei, obwohl sich die Ersatzvornahme aufgrund des Aufstellens der Barrieren erledigt und kein Rechtsschutzbedürfnis mehr für den Antrag bestanden habe, dringt nicht durch. Wie bereits im Zusammenhang mit dem ähnlich begründeten Einwand gegen die Aufgabenstellung dargestellt, ist anerkannt, dass der Vollzug nicht zwingend zu einer Erledigung führt, etwa dann, wenn der Vollzug rückgängig gemacht werden kann oder wegen des Vollzugs noch ein Kostenbescheid ergehen kann (vgl. dazu nur Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2019, § 43 Rn. 215 m. w. N.). Deshalb ist an dem von der Prüferin präferierten Lösungsweg, nach dem der Antrag zulässig wäre und deshalb auch Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Androhung der Ersatzvornahme erwartet wurden, nichts auszusetzen. Da laut Bearbeitungsvermerk auf alle im Sachverhalt aufgeworfenen Rechtsfragen gegebenenfalls in einem Hilfsgutachten einzugehen war, ist auch die Kritik, die Ausführungen der Klägerin zur Rechtmäßigkeit der Anträge zu den Ziffern 3 und 4 des Klausur-Bescheids seien nicht hinreichend bzw. fehlend, von dem Beurteilungsspielraum der Prüferin gedeckt.
Der Einwand, die Prüferin widerspreche sich hinsichtlich der geforderten Ausführungen zur Erledigung, da sie im Votum Ausführungen zur Erledigung des Verwaltungsaktes, in der Stellungnahme im Klageverfahren solche zur Erledigung des Rechtsstreits fordere, verfängt bereits deswegen nicht, weil die in Bezug genommene Aussage des Beklagten im Klageverfahren nicht von der Prüferin stammt.
Der Einwand, die Prüferin habe willkürlich ihren Erwartungshorizont geändert, weil sie im Votum unter C. 2. b. ihres Lösungsvorschlags die Darstellung von „vier isolierbare(n) Verfügungen“ gefordert, später aber angeben habe, die Wertung der Prüfung der isolierten Anfechtbarkeit von Nebenbestimmung dringe in ihren Beurteilungsspielraum ein, greift bereits deswegen nicht durch, weil ein Beurteilungsfehler nicht substantiiert dargelegt ist. Inwieweit sich aus der von der Klägerin dargestellten Aussage der Prüferin ein bewertungsrelevanter Fehler ergeben soll, ist nicht ersichtlich. Zumal die Klägerin sich wohl auf die Ausführungen des Beklagten auf Seite 7, 1. Absatz seines Schriftsatzes vom 18. Juni 2020 im Gerichtsverfahren bezieht, die nicht der Prüferin zuzurechnen sind. Gleiches gilt für den Einwand, die Prüferin stelle infrage, dass die isolierte Anfechtbarkeit von Nebenbestimmungen umstritten und
daher anzusprechen gewesen sei. Auch insoweit bezieht sich die Klägerin auf Ausführungen des Beklagten – nicht der Prüferin – in seinem Schriftsatz im gerichtlichen Verfahren an der oben angegebenen Stelle.
Schließlich ist auch kein bewertungsrelevanter Widerspruch zwischen der Bewertung im Votum, in dem laut dem „Lösungsvorschlag (kurz)“ die Prüfung des „Problems“ der Erledigung in der Zulässigkeit verortet worden sei, während die Prüferin im Überdenkungsverfahren auf Seite 8 ihrer Stellungnahme geschrieben habe, die „Zulässigkeit gelingt recht gut […], weil hier kein Problem lag und demzufolge auch keine differenzierten Ausführungen von Nöten waren“ zu erkennen. Sowohl im Votum
– „Die Zulässigkeit enthält alle wesentlichen Sachurteilsvoraussetzungen, es wird nach Anträgen differenziert, Normen werden gut gesehen“ und „Die Zulässigkeit gelingt recht gut“ – als auch im Überdenkungsverfahren – „Die gesamten Ausführungen zur Zulässigkeit habe ich hier pauschal mit: ‚Die Zulässigkeit gelingt recht gut‘ bewertet“ – hat die Prüferin die Zulässigkeitsprüfung der Klägerin als recht gut bewertet.
Nach den oben genannten Maßstäben betrifft die nachfolgende Einwendung die fachspezifische Bewertung der Klausur und ist vor diesem Hintergrund einer umfassenden gerichtlichen Kontrolle zugänglich:
Der Einwand, der Erwartungshorizont der Erstkorrektorin sei insoweit fachlich fehlerbehaftet, als nach ihrem Lösungsvorschlag bezüglich der Zulässigkeit des Antrags eine Auseinandersetzung mit dem Problem einer möglichen Erledigung unter Heranziehung von § 43 Abs. 2 VwGO erwartet worden sei, die Vorschrift jedoch die Subsidiarität der Feststellungsklage statuiere und mit dem vorliegenden Sachverhalt und erst recht mit der Erledigungserklärung nichts zu tun habe, greift nicht durch. Die Erstkorrektorin hat im Überdenkungsverfahren insoweit klargestellt, dass sich in ihrem Votum ein Zitierfehler eingeschlichen habe und ein Verweis auf § 43 Abs. 2 des VwVfG, und nicht der VwGO, beabsichtigt gewesen sei. Danach bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt wird. Die Norm betrifft die laut Votum an der entsprechenden Stelle zu thematisierende Erledigung eines Verwaltungsaktes, so dass das Votum insoweit fachlich nicht zu beanstanden ist.
Weil sich der Zweitkorrektor die Beurteilung der Erstkorrektorin in zulässiger Weise zu eigen gemacht hat (vgl. dazu nur VG Potsdam, Urteil vom 23. November 2017
– VG 1 K 2070/15 –, Urteilsumdruck Seite 12 f. mit zahlreichen Nachweisen aus der Rspr.), ist auch dessen Votum nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 709 ZPO.
B e s c h l u s s:
Der Streitwert wird auf 15.000,00 Euro festgesetzt.
G r ü n d e:
Die Streitwertfestsetzung entspricht der Bedeutung der Sache für die Klägerin, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Das Gericht hat in Anlehnung an Ziffer 36.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. NVwZ-Beilage 2013, 58) sowohl für den Haupt- als auch für den Hilfsantrag einheitlich einen Streitwert in Höhe von 15.000,00 Euro angesetzt, da der Haupt- und Hilfsantrag denselben Gegenstand betreffen (§ 45 Abs. 1 Satz 3 GKG).