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Entscheidung 21 TaBV 504/21


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 21. Beschwerdekammer Entscheidungsdatum 20.12.2021
Aktenzeichen 21 TaBV 504/21 ECLI ECLI:DE:LAGBEBB:2021:1220.21TABV504.21.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 118 Abs 1 BetrVG, § 106 BetrVG, § 107 BetrVG, § 108 BetrVG, § 109 BetrVG, § 110 BetrVG

Leitsatz

Unternehmen, die lediglich andere Unternehmen kommunikativ bei deren Darstellung nach außen sowie innerhalb des Unternehmens unterstützen, verfolgen keine eigene geistig-ideelle Zielsetzung und sind deshalb kein Tendenzunternehmen im Sinne des § 118 Absatz 1 BetrVG. Dies gilt auch dann, wenn sie sich bei ihrer Tätigkeit journalistischer Mittel und Methoden bedienen.

Tenor

I. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 11. Februar 2021 - 11 BV 5279/19 - wird zurückgewiesen.

Zur Klarstellung wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 11. Februar 2021 - 11 BV 5279/19 - wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Gesamtbetriebsrat befugt ist, einen Wirtschaftsausschuss nach § 106 Absatz 1 BetrVG zu bilden.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Bildung eines Wirtschaftsausschusses nach § 106 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) und in diesem Zusammenhang darüber, ob die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin (im Folgenden: Arbeitgeberin) ein Tendenzunternehmen im Sinne von § 118 Absatz 1 Nr. 2 BetrVG ist.

Der Beteiligte zu 1) (im Folgenden: Gesamtbetriebsrat) ist der bei der Arbeitgeberin gebildete Gesamtbetriebsrat. Er setzt sich aus Vertreter*innen der Betriebsräte in Berlin, München, Hamburg und Stuttgart zusammen und hat sechs Mitglieder.

Die Arbeitgeberin ist eine Agentur mit Sitz in Berlin. Sie entstand im Jahre 2014 aus dem wirtschaftlichen Zusammenschluss der A B E Corporate Communication GmbH (KB) und der D Creative Group GmbH.

Der Unternehmenszweck der KB vor dem Zusammenschluss lautete:

„Die Beratung auf dem Gebiet der Werbung und der Verkaufsförderung, insbesondere das Editorial Design von Print- und Onlinemedien sowie die Kommunikationsberatung von Unternehmen aller Art.“

Der Unternehmenszweck der D C Group GmbH lautete:

„Herausgabe von journalistischen Publikationen für eigene Zwecke und für Dritte zur Veröffentlichung sowie sämtliche Tätigkeiten die im Zusammenhang mit dem vorstehenden Unternehmensgegenstand stehen.“

Der aktuelle Unternehmenszweck der Arbeitgeberin ist folgender:

„Die Erbringung medialer Dienstleistungen auf dem Gebiet der Unternehmens- und Markenkommunikation sowie die Beratung auf dem Gebiet der Werbung, der Kommunikation und der Verkaufsförderung, insbesondere das Editorial Design von Print- und Onlinemedien …“

Die Arbeitgeberin unterhält Betriebe in Berlin, München, Hamburg, Frankfurt/Main und Stuttgart und beschäftigt dort insgesamt bis zu 400 Arbeitnehmer*innen, wobei die genaue Anzahl schwankt und zwischen den Beteiligten zum Teil streitig ist, jedoch in jedem Fall mehr als 100 beträgt. Diese sind unter anderem als „Editoren”, „Junior Strategic” „Planner”, „Strategic Planner”, „Senior Strategic Planner”, „Strategic Director”, „Designer”, „Junior Art Director”, „Art Director”, „Senior Art Director”, „Creative Director”, „Creative Strategist”, „Senior Strategist”, „Project Manager”, „Junior Marketing Manager”, „Marketing Manager”, „Senior Marketing Manager”, „Junior Business Development Manager”, „Business Development Manager”, „Senior Business Development Manager“ beschäftigt.

Die Arbeitgeberin sieht sich im Bereich „Content Marketing“, „Corporate Publishing“ und „Editorial Design“ verortet. Dabei versteht sie sich auch als „Content Marketingagentur“, die ihre Wurzeln im „Corporate Publishing“ hat. Sie berät Unternehmen in ihrer Kommunikation mit Kund*innen, Konsument*innen und anderen „Stakeholdern“, konzipiert und gestaltet Medien und Inhalte sowohl für Online als auch für Offline Kanäle.

Die Arbeitgeberin bietet ihren Auftraggeber*innen unter anderem folgende Leistungen an:

a) in den Bereichen Print (Zeitschriften), Video, Mobile und Online:

- inhaltliche und gestalterische Konzeption,

- dabei: Erstellung der Texte nach journalistischen Gesichtspunkten,

- inhaltlich-redaktionelle Bearbeitung und Überprüfung,

- Erstellung von Layout, Grafik und Ersatz,

- Redigieren der Texte nach journalistischen Gesichtspunkten,

- Eigenrecherche und Ausarbeitung konkreter Themenvorschläge, Entwicklung,

- Erstellung von Themen-, Seiten-, Gestaltungs- und Terminplänen,

- Erstellung von Infografiken und Illustrationen und neuer visueller Stilformen,

- Qualitätskontrolle,

- Bildrecherche, -beschaffung und -auswahl,

- Produktion, Vor- und Nachbearbeitung hochwertiger Bildmotive,

- Kontrolle einer einheitlichen Bildsprache,

- Contentstrategie (welche Themen sind für den Kunden bzw. deren Adressaten wichtig),

- Channelstrategie (auf welchen Kanälen muss/soll der Kunde Präsenz zeigen);

b) zusätzlich in den Bereichen Online und Social Media:

- komplette redaktionelle und technische Betreuung, Befüllung von Online-Auftritten der Kunden,

- Entwicklung und Konzeption neuer Features und Formate,

- tägliche Pflege der Social-Media-Kanäle wie Facebook, Instagram, Twitter mit Text- bzw. (beziehungsweise) Bildbeiträgen,

- Beauftragung, Koordination und Steuerung der Länder-Korrespondenten für Social Media,

- Liveberichterstattung für Social Media,

- Produktion von Podcasts,

- Programmierung von Websites als Grundlage der Befüllung;

c) weitere Leistungen:

- Erstellung von reinen Produktkatalogen,

- reine Strategieberatung (z.B. wie kommuniziere ich im Unternehmen),

- reine Markenberatung, Markenentwicklung.

2018 produzierte die Arbeitgeberin für eine Vielzahl von öffentlichen und privaten Auftraggeber*innen, bei denen es sich nicht um Medienunternehmen handelt, 260 Einzelausgaben an „klassischen“ Kundenzeitschriften, was 36 % des Gesamtumsatzes des Unternehmens ausmachte. Dazu kamen weitere 42 % des Gesamtumsatzes, die auf sonstige „Content Marketing“ Projekte vor allem im digitalen Bereich entfielen.

Am 15. Oktober 2018 beschloss der Gesamtbetriebsrat, einen dreiköpfigen Wirtschaftsausschuss zu bilden. Mit E-Mail vom 12. Dezember 2018 bat dieser um Informationen und Einblicke. Die Arbeitgeberin kam dem Begehren nicht nach. In dem daraufhin vom Gesamtbetriebsrat beim Arbeitsgericht Berlin unter dem Geschäftszeichen 54 BV 2150/19 eingeleiteten Beschlussverfahren zur Einsetzung einer Einigungsstelle schlossen die Beteiligten am 11. März 2019 einen nicht widerrufenen Vergleich (Blatt 7 der Akten), der unter anderem folgende Regelung enthält:

„1.
Zwischen den Beteiligten besteht Einvernehmen, dass die rechtliche Frage, ob der Gesamtbetriebsrat am 15.10.2018 wirksam einen Wirtschaftsausschuss gebildet hat oder ob dem die Eigenart der Arbeitgeberin als Tendenzbetrieb i.Si. von § 118 I S. 1 Nr. 2 BetrVG entgegengestanden hat, in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren mit entsprechendem Feststellungsantrag geklärt werden soll, wobei die Initiative von jedem der Beteiligten ausgehen kann.“

Mit am 29. April 2019 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Antrag hat der Gesamtbetriebsrat das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet, um diese Frage zu klären. Dabei ist er davon ausgegangen, dass die Arbeitgeberin keine Mitarbeiter*innen beschäftigt, die als Tendenzträger*innen anzusehen sind. Die Arbeitgeberin sei eine klassische Werbeagentur, woran auch die Bezeichnungen „Content Marketing“ bzw. „Corporate Publishing“ nichts änderten. Vielmehr verkaufe sie Werbedienstleistungen. Nur ein vergleichsweise kleiner Teil bestünde darin, Unternehmensmagazine „hübsch“ zu machen, ohne diese wie eine Redaktion eines journalistischen Produkts inhaltlich und mit Letztverantwortung zu verantworten. Vielmehr werde die Zeitschrift von dem oder der jeweilige Auftraggeber*in selbst verantwortet. Die Mitarbeiter*innen der Arbeitgeberin seien weder Tendenzträger*innen, noch sei die Mitarbeit an der Erstellung dieser Magazine eine Tendenztätigkeit. Im Übrigen sei der Vortrag der Arbeitgeberin substanzlos.

Der Gesamtbetriebsrat hat beantragt:

festzustellen, dass er einen Wirtschaftsausschuss gemäß § 106 Absatz 1 BetrVG ordnungsgemäß gebildet hat.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, dass es sich bei ihrem Unternehmen um einen Tendenzbetrieb im Sinne des § 118 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 BetrVG handele, sodass die Bildung eines Wirtschaftsausschusses ausgeschlossen sei. Der Schwerpunkt der Tätigkeit der Beklagten habe journalistische und periodische Unternehmenskommunikation zum Inhalt, die journalistisch, also redaktionell geprägt sei. Das Unternehmen diene daher weit überwiegend Zwecken der Berichterstattung und/oder Meinungsäußerung. 92 % der aktuell beschäftigten Mitarbeiter*innen seien in diesem Bereich tätig. 332 Mitarbeiter*innen seien operativ tätig. Mitarbeiter*innen im Bereich Corporate Publishing seien dem Verlagsbereich zuzuordnen, zumal sie die gleiche Ausbildung und Qualifikation hätten wie Mitarbeiter*innen, die in Verlagsunternehmen tätig seien, die zweifellos als Tendenzunternehmen einzustufen seien. Neben Zeitschriften und Zeitungen würden auch weitere Publikationen dem Schutz der Pressefreiheit unterliegen. Es sei auch nicht erforderlich, dass die Zeitschriften unmittelbar Einfluss auf politische Fragen gewinnen müssten. Es reiche für den Tendenzschutz auch aus, wenn der Unternehmenszweck nach seiner wirtschaftlichen Tätigkeit geeignet sei, den eigentlichen Tendenzbetrieb zu unterstützen.

Sie lehne sich in ihrem Verhaltenskodex an den Kodex des Medienkonzerns H D Media an, dem sie angehöre. Danach trage sie mit ihren Publikationen und ihrem publizierten Content zur Meinungsvielfalt bei, trete für eine freie Presse ein und sei sich der damit einhergehenden Verantwortung bewusst. Sie orientiere sich an den publizistischen Grundsätzen des Deutschen Presserates.

Der Gesamtbetriebsrat verstehe den Unterschied zwischen einer Werbeagentur und einer Content Marketing Agentur nicht, die ihre Wurzeln im Corporate Publishing habe. Der Branchenverband Forum Corporate Publishing definiere Corporate Publishing auch als journalistisch aufbereitete Informationsvermittlung. Darunter werde die journalistische und periodische Unternehmenskommunikation mit eigenen Medien verstanden. Traditionell sei es dabei um Printprodukte wie Kunden- oder Mitarbeiterzeitschriften gegangen, jedoch würden Fernseh- und Audiomedien sowie Online-Medien immer häufiger. Sie gehörten zum Corporate Publishing, soweit sie journalistisch, also redaktionell geprägt seien. Diese Form der Kommunikation sei bei größeren und mittelständischen Unternehmen immer wichtiger. Je professioneller die Medien gemacht seien, desto stärker wirkten sie.

Unter dem verwandten Begriff Content Marketing sei eine Marketing-Technik zu verstehen, die die Zielgruppe mit informierenden, beratenden und unterhaltenden Inhalten ansprechen soll, um sie vom eigenen Unternehmen und seinem Leistungsangebot oder einer eigenen Marke zu überzeugen und sie als Kunden zu gewinnen oder zu halten.

Im Jahr 2019 seien von 375.066 Arbeitszeitstunden bereinigt 309.598 Stunden produktive Arbeitszeitstunden zu berücksichtigen, von denen 243.941 Stunden auf in diesem Sinne tendenzgeschützte Projekte entfielen. Jedenfalls ergebe sich ein Anteil von 79 % tendenzgeschützter Tätigkeiten. Auch entfalle der überwiegende Umsatz auf tendenzgeschützte Tätigkeiten, nämlich 83,8 %.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten wird auf I., den tatbestandlichen Teil, der Gründe des erstinstanzlichen Beschlusses (Blatt 1064 Rs. (Rückseite) - 1067 Rs. der Akten) Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 11. Februar 2021 hat das Arbeitsgericht dem Antrag des Gesamtbetriebsrats entsprochen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es könne dahinstehen, welche der Tätigkeiten der Arbeitgeberin dem Tendenzschutz unterfielen. Jedenfalls seien dies nicht alle. Es liege daher ein Mischunternehmen vor. Bei der Feststellung, ob die Arbeitgeberin ein Tendenzunternehmen sei, sei darauf abzustellen, welche Arbeitsmenge überwiegend auf Tendenztätigkeit entfalle. Es komme dabei auf den Personaleinsatz an. Aufgrund des Vortrages der Arbeitgeberin sei das Gericht nicht in der Lage, den Personaleinsatz zu bewerten. Wegen der Einzelheiten wird auf II. der Gründe des arbeitsgerichtlichen Beschlusses (Blatt 1067 Rs. - 1070 Rs. der Akten) Bezug genommen.

Gegen diesen der Arbeitgeberin am 3. März 2021 zugestellten Beschluss richtet sich die am 31. März 2021 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Beschwerde der Arbeitgeberin, welche sie mit am 3. Mai 2021 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

Die Arbeitgeberin bringt vor, das Arbeitsgericht habe eine Überraschungsentscheidung erlassen, weil es sie nicht auf den angeblich unzureichenden Vortrag hingewiesen habe. Zudem habe es gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen. Ergänzend trägt die Arbeitgeberin zum Personaleinsatz bei ihr und dessen Verteilung auf die von ihr erbrachten Tätigkeiten vor.

Die Arbeitgeberin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 11. Februar 2021 - 11 BV 5279/19 - abzuändern und den Antrag des Gesamtbetriebsrates zurückzuweisen.

Der Gesamtbetriebsrat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass der Antrag klarstellend wie folgt lautet:

festzustellen, dass der Gesamtbetriebsrat befugt ist, einen Wirtschaftsausschuss nach § 106 Absatz 1 BetrVG zu bilden.

Der Gesamtbetriebsrat bringt vor, die Beschwerde sei bereits unzulässig. Sie sei zudem unbegründet. Die Arbeitgeberin helfe ihren Kund*innen, für sich und ihre Produkte zu werben. Das habe nichts mit Meinungsäußerung oder Berichterstattung zu tun. Ein Unternehmen, das ausschließlich fremde Werbeinhalte unterstütze und keine eigene Meinung habe, unterfalle nicht dem Schutzbereich von § 118 Absatz 1 BetrVG. Dementsprechend gebe es bei der Arbeitgeberin auch keine Tendenzträger*innen. Sähe man dies anders, erbringe die Arbeitgeberin jedenfalls nicht überwiegend Leistungen, die einen Tendenzschutz begründen könnten. Die Arbeitgeberin habe insoweit nicht einlassungsfähig vorgetragen.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze der Arbeitgeberin vom 3. Mai 2021 (Blatt 1099 - 1113 der Akten), 15. September 2021 (Blatt 1140 - 1152 der Akten), 24. November 2021 (Blatt 1462 - 1475 der Akten) und 10. Dezember 2021 (Blatt 1515 - 1543 der Akten) sowie auf die Schriftsätze des Gesamtbetriebsrates vom 9. Juni 2021 (Blatt 1119 - 1121 der Akten), 18. November 2021 (Blatt 1429 - 1435 der Akten) und 17. Dezember 2021 (Blatt 1598 - 1600 der Akten) nebst der jeweiligen Anlagen verwiesen.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Am Verfahren sind lediglich der Gesamtbetriebsrat und die Arbeitgeberin zu beteiligen, nicht jedoch der Wirtschaftsausschuss, denn der Wirtschaftsausschuss übt lediglich Hilfsbefugnisse für den (Gesamt)Betriebsrat aus und hat keine eigenen Entscheidungsbefugnisse (vergleiche BAG (Bundesarbeitsgericht) 26. Februar 2020 - 7 ABR 20/18 - Rn. (Randnummer) 11 f. (folgende)).

2. Die Beschwerde ist zulässig.

a) Die Beschwerde ist nach § 87 Absatz 1 ArbGG (Arbeitsgerichtsgesetz) statthaft sowie form- und fristgerecht im Sinne von § 89 Absatz 2, § 87 Absatz 2 Satz 1, § 64 Absatz 6, § 66 Absatz 1 Satz 1 Satz 1 und 2 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO (Zivilprozessordnung) eingelegt und begründet worden. Entgegen der Ansicht des Gesamtbetriebsrats genügt die Beschwerdebegründung auch den inhaltlichen Anforderungen des § 89 Absatz 2 Satz 2 ArbGG in Verbindung mit § 520 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 ZPO.

aa) Nach § 87 Absatz 2 Satz 1, § 89 Absatz 2 Satz 2 ArbGG in Verbindung mit § 520 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 ZPO verlangt eine ordnungsgemäße Beschwerdebegründung die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Die Begründung muss sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Beschlusses befassen. Allgemeine, formelhafte Wendungen genügen hierfür nicht. Auch darf sich der Beschwerdeführer nicht darauf beschränken, seine Rechtsausführungen aus den Vorinstanzen zu wiederholen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Beschwerdeführer die angefochtene Entscheidung im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage durchdenkt (vergleiche etwa BAG 23. Februar 2021 - 1 ABR 33/19 - Rn. 11; BAG 20. März 2018 - 1 ABR 50/16 - Rn. 9; BAG 21. Februar 2017 - 1 ABR 62/12 - Rn. 64).

bb) Diesen Anforderungen genügt die ursprüngliche Beschwerdebegründung noch.

Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung maßgeblich darauf gestützt, die Arbeitgeberin habe nicht hinreichend vorgetragen, um der Kammer eine Beurteilung des Personaleinsatzes zu ermöglichen. Schon in der ursprünglichen Beschwerdebegründung hat die Arbeitgeberin insoweit nicht nur Verfahrensfehler gerügt, sondern ihr Vorbringen auch inhaltlich ergänzt. Damit hat sie sich mit der Argumentation des Arbeitsgerichts hinreichend argumentativ auseinandergesetzt und die Umstände bezeichnet, aus denen sich ihrer Ansicht nach eine Rechtsverletzung des Arbeitsgerichts ergibt.

b) Gegen die Umformulierung des Antrags des Gesamtbetriebsrats in der Beschwerdeinstanz bestehen keine prozessualen Bedenken. Es handelt sich lediglich um eine Konkretisierung, die auch im Wege der Auslegung des erstinstanzlich gestellten Antrages möglich gewesen wäre. Interessen der Arbeitgeberin sind nicht berührt. Sie hat im gesamten Verfahren alle Argumente vorbringen können und vorgebracht, die ihrer Ansicht nach gegen die Zulässigkeit der Bestellung des Wirtschaftsausschusses sprechen.

3. Der Antrag ist zulässig. Insbesondere genügt der Feststellungsantrag den Anforderungen des hier anwendbaren § 256 Absatz 1 ZPO. Die begehrte Feststellung ist auf ein Rechtsverhältnis gerichtet. An der begehrten Feststellung hat der Gesamtbetriebsrat auch ein rechtliches Interesse im Sinne der Vorschrift, da die Arbeitgeberin ihm das Recht abspricht, einen Wirtschaftsausschuss zu bilden, und er bereits einen Wirtschaftsausschuss bestellt hat. Durch die Entscheidung über den Antrag wird auch für die Zukunft geklärt, ob der Gesamtbetriebsrat - bei im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen Umständen - befugt ist, einen Wirtschaftsausschuss zu bilden (vergleiche BAG 26. Februar 2020 - 7 ABR 20/18 - Rn. 19 mwN (mit weiteren Nachweisen)). Eine Entscheidung über diese Frage ist auch wegen des im Verfahren 54 BV 2150/19 vor dem Arbeitsgericht Berlin geschlossenen Vergleichs erforderlich.

4. Der Antrag ist auch begründet. Der Gesamtbetriebsrat ist berechtigt, einen Wirtschaftsausschuss zu bilden.

a) Nach § 106 Absatz 1 Satz 1 BetrVG ist in Unternehmen mit - wie hier - in der Regel mehr als einhundert ständig beschäftigten Arbeitnehmer*innen ein Wirtschaftsausschuss zu bilden. Seine Mitglieder werden nach § 107 Absatz 2 Satz 1 BetrVG vom Betriebsrat bestellt. Da die Bestellung unternehmensbezogen ist, handelt es sich dabei um eine das Gesamtunternehmen betreffende Angelegenheit, für die der Gesamtbetriebsrat nach § 50 Absatz 1 Satz 1 BetrVG zuständig ist.

b) Die Anwendbarkeit der §§ 106 bis 110 BetrVG über die Bestellung und Tätigkeit des Wirtschaftsausschusses ist nicht nach § 118 Absatz 1 Satz 2 BetrVG ausgeschlossen. Danach gelten diese Bestimmungen zwar nicht für Tendenzunternehmen im Sinne von § 118 Absatz 1 Satz 1 BetrVG. Die Arbeitgeberin ist jedoch kein Tendenzunternehmen im Sinne dieser Vorschrift. Die Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden § 118 Absatz 1 Nr. 2 BetrVG liegen nicht vor.

aa) Tendenzunternehmen im Sinne des § 118 Absatz 1 Nr. 2 BetrVG sind Unternehmen, die unmittelbar und überwiegend Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung dienen, auf die Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 GG (Grundgesetz) Anwendung findet, der die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Funk und Film gewährleistet.

Diese Bestimmung beschreibt einen Ausnahmetatbestand und hat das Ziel, eine ausgewogene Regelung zwischen dem Sozialstaatsprinzip und den Freiheitsrechten von Tendenzträger*innen zu finden. Sie soll nur für Unternehmen gelten, die von einer geistig-ideellen Aufgabe bestimmt werden, weshalb der Tendenzschutz nur „Platz greift“, wenn das Unternehmen unmittelbar und überwiegend der in der Bestimmung genannten Aufgabe dient (zu Bundestags-Drucksache VI 2729 S. 17). Das Unternehmen muss den geistig-ideellen Zielsetzungen dienen. Der Unternehmenszweck selbst muss auf die Tendenz gerichtet sein. Nicht ausreichend ist dagegen, wenn der Unternehmenszweck nach seiner wirtschaftlichen Tätigkeit geeignet ist, die Tendenztätigkeit eines anderen Unternehmens zu unterstützen. Maßgeblich ist dabei die Ausrichtung auf den intellektuellen Anteil am Produkt. Die Arbeitnehmer*innen des Unternehmens müssen die Tendenz direkt erarbeiten und damit auch beeinflussen können. Die Bestimmung dient allein dem Schutz der Tendenzverwirklichung. Der Schutz der Norm ist deshalb nur dort erforderlich, wo die Tendenz selbst verwirklicht wird, sie also direkt beeinflusst und gestaltet werden kann. Nicht dem Tendenzschutz dienen daher Unternehmen, die lediglich eine vorgegebene Tendenz technisch verarbeiten, ohne sie selbst zu gestalten oder gestalten zu können (zum Vorstehenden BAG 31. Oktober 1975 - 1 ABR 64/14 - unter II 4 der Gründe, AP (Arbeitsrechtliche Praxis) Nr. 3 zu § 118 BetrVG 1972). Andernfalls wird die Tendenz nicht unmittelbar verwirklicht. Entscheidend ist die Ausrichtung des Unternehmens auf die geistig-ideellen Aspekte seiner Erzeugnisse oder seiner Betätigung (BAG 21. Juni 1989 - 7 ABR 58/87 - unter B II 2 b der Gründe, NZA (Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht) 1990, 402).

Nicht ausreichend für den Tendenzschutz ist es dabei, wenn in dem Unternehmen Arbeitsmethoden angewandt werden, die auch für Tendenzunternehmen typisch sind. Ist ein Unternehmen nicht dazu bestimmt, geistig-ideelle Zielsetzungen zu verwirklichen, reicht die Instrumentalisierung bestimmter Arbeitsmethoden nicht aus (vergleiche BAG 21. Juli 1998 - 1 ABR 2/98 - unter B III 2 der Gründe, NZA 1999, 277).

bb) Danach handelt es sich bei der Arbeitgeberin um kein Tendenzunternehmen. Sie verfolgt nicht unmittelbar tendenzbezogene Ziele.

Das folgt schon daraus, dass ihr Unternehmen nicht dazu dient, einer eigenen geistig-ideellen Zielsetzung zu dienen. Vielmehr ist es - auch nach ihrer eigenen Beschreibung der Aufgabenstellung - ihre Aufgabe, Zielsetzungen ihrer auftraggebenden Unternehmen zu verwirklichen und diese durch journalistische Methoden am Markt zu unterstützen. Um nichts anderes geht es sowohl bei Corporate Publishing als auch bei Corporate Marketing. Es geht nicht um eine eigene Ausrichtung an einer geistig-ideellen Zielsetzung.

Selbst wenn die auftraggebenden Unternehmen insoweit eine Tendenz im Sinne von § 118 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 BetrVG verfolgten, änderte dies nichts daran, dass die Arbeitgeberin lediglich unterstützend tätig wäre. Die Unterstützung anderer Unternehmen bei deren Tendenzverwirklichung reicht aber gerade nicht aus, um unmittelbar tendenzbezogen im Sinne des Gesetzes tätig zu sein.

Die Tendenz geben dabei die auftraggebenden Unternehmen vor, sie wird nicht von der Arbeitgeberin erarbeitet. Die auftraggebenden Unternehmen legen fest, dass sie selbst oder das öffentliche Ansehen ihrer Produkte kommunikativ gefördert werden sollen. Die Aufgabe der Arbeitgeberin beschränkt sich lediglich auf die technische Umsetzung dieser Vorgaben. Daran ändert auch nichts, dass die Arbeitgeberin kompetente journalistische Arbeit leistet. Es handelt sich dabei lediglich um eine Methode, die zugunsten der auftraggebenden Unternehmen instrumentalisiert wird. Es geht dagegen nicht darum, die von diesen vorgegebene Tendenz zu beeinflussen.

Darin unterscheidet sich die Arbeitgeberin gerade auch von einem Buchclub, der Lizenzausgaben unter seinen Mitgliedern vertreibt (BAG 15. Februar 1989 - 7 ABR 12/87 -, NZA 1990, 240), von einem Radiosender, der nachts Musikkonserven abspielt (BAG 27. Juli 1993 - 1 ABR 8/93 -, NZA 1994, 329) oder auch von einem Fernsehkanal, der Fremdproduktionen ausstrahlt (OLG (Oberlandesgericht) München 9. Mai 2019 - 31 Wx 428/18 -, WM (Wertpapier-Mitteilungen) 2019, 1165). Denn diese verwirklichen durch die Auswahl des Materials eine eigene Tendenz.

III. Die Entscheidung ergeht nach § 2 Absatz 2 Gerichtskostengesetz (GKG) in Verbindung mit § 2a Absatz 1 Nummer 1 ArbGG gerichtskostenfrei.

IV. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 72 Absatz 2, § 91 Absatz 1 Satz 2 ArbGG liegen nicht vor.