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Entscheidung 3 K 2560/17


Metadaten

Gericht VG Cottbus 3. Kammer Entscheidungsdatum 21.12.2021
Aktenzeichen 3 K 2560/17 ECLI ECLI:DE:VGCOTTB:2021:1221.3K2560.17.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen Ziff 3 ANBest-GK, § 49 VwVfG

Tenor

Der Teilaufhebungs- und Leistungsbescheid der Beklagten vom 19. Juli 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. August 2017 wird aufgehoben, soweit die Zuwendung in Ziffer 1 um mehr als 231.938,32 Euro gekürzt sowie in Ziffer 2 und 4 ein Erstattungsbetrag und in Ziffer 3 die Verzinsung festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 36 vom Hundert und die Beklagte zu 64 vom Hundert.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, für den Kläger nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf und die Erstattung einer durch die Beklagte gewährten Zuwendung samt Zinsen.

Unter dem 05. Juli 2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Zuwendung für das Vorhaben „Bau eines touristischen Hafens mit Promenade“ in S.... Die Gesamtausgaben gab er mit 11.459.000,00 Euro an, für die zeitliche Durchführung den Zeitraum 15. Juli 2010 bis 15. Dezember 2012.

Mit Schreiben vom 21. Juli 2010 bestätigte die Beklagte dem Kläger den Eingang des Antrags und wies darauf hin, dass mit dem Vorhaben nach Antragstellung begonnen werden könne, in einem möglichen Zuwendungsbescheid jedoch Auflagen erteilt würden, deren Einhaltung Voraussetzung für die Gewährung des Zuschusses seien. Selbiges teilte sie mit Schreiben vom 07. Januar 2011 mit.

Mit Bescheid vom 24. Mai 2011, übergeben am selben Tag, gewährte die Beklagte dem Kläger eine zweckgebundene Zuwendung in Höhe von 8.955.200,00 Euro nach dem Koordinierungsrahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (Bundestagsdrucksache 16/13950) und der Richtlinie des Landes Brandenburg zur Förderung der wirtschaftsnahen Infrastruktur  für die Durchführung des Vorhabens „S...“ in Form einer Anteilsfinanzierung von 80 % der zuwendungsfähigen Ausgaben als Zuschuss. Nach Ziffer 5 sei eine Auszahlung des Zuschusses abweichend von den Ziffern 1.4.1 bis 1.4.5 der Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an Gemeinden (ANBest-G) ausschließlich auf der Grundlage von bezahlten Rechnungen oder gleichwertigen Buchungsbelegen möglich. Unter Ziffer 7 sind als Nebenbestimmungen die ANBest-G und Besondere Nebenbestimmungen einbezogen. Unter Ziffer 4 der Besonderen Nebenbestimmungen heißt es, soweit der Zuwendungsempfänger öffentlicher Auftraggeber nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sei, seien bei der Vergabe von Aufträgen zur Erfüllung des Zuwendungszwecks zusätzlich zu den Abschnitten 1 der VOB/A und VOL/A auch die Abschnitte 2 ff. der VOB/A und VOL/A sowie die Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen anzuwenden. Unter „Weitere Auflagen“ heißt es unter Ziffer 3, die Bestimmungen der Europäischen Union bei der Förderung aus Mitteln des Strukturfonds seien einzuhalten, insbesondere die Allgemeine Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 vom 11. Juli 2006, die ERFE-Verordnung (EG) Nr. 1080/2006 vom 05. Juli 2006 sowie die Durchführungsverordnung (EG) Nr. 1828/2006 vom 08. Dezember 2006 in den jeweils gültigen Fassungen. Nach den ANBest-G sind laut Ziffer 3.1 bei der Vergabe von Aufträgen zur Erfüllung des Zuwendungszwecks bei der Vergabe von Aufträgen für Bauleistungen der Abschnitt l der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A - VOB/A und bei der Vergabe von Aufträgen für Lieferungen und Dienstleistungen der Abschnitt l der Verdingungsordnung für Leistungen – ausgenommen Bauleistungen – Teil A - VOL/A zu beachten.

Mit Schreiben vom 23. Juni 2011 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Zuwendungsbescheid vom 24. Mai 2011. Dieser richte sich gegen die bewilligten Gesamtausgaben und werde mit gestiegenen Baukosten begründet. Mit Abhilfebescheid vom 19. Oktober 2011 erhöhte die Beklagte die Zuwendung auf 9.845.659,00 Euro und senkte den Fördersatz auf 78,45 Prozent. Im Übrigen verwies sie auf alle weiteren Bestimmungen des Zuwendungsbescheids, die ihre Gültigkeit behielten.

Insgesamt kamen Fördermittel in Höhe von 9.353.300,00 Euro zur Auszahlung.

Der Kläger teilte die Vergabe der Aufträge zur Errichtung des S...in unterschiedliche Lose auf, deren Vergabe – soweit für das Zuwendungsverhältnis relevant – folgendermaßen ablief:

Bereits am 05. April 2011 schrieb der Kläger den Auftrag zur Errichtung der Nordwestmole (Los B1) im Rahmen eines Offenen Verfahrens im Amtsblatt der EU aus. Als Zuschlagskriterien wurden der Preis, die Qualität und der Termin genannt, ohne dass diese näher beschrieben worden wären. Aus dem Vergabevermerk zum Los B1 ging zunächst nicht hervor, inwiefern die Zuschlagskriterien Qualität und Termin bei der Wertung der Angebote Berücksichtigung fanden. Dort heißt es, dass der Zuschlag an das Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen sei.

Das Los C umfasste die Ausführung der Freianlagen mit einem geschätzten Auftragswert von 1.911.711,09 Euro brutto. Der Kläger schrieb den Auftrag im Rahmen eines Offenen Verfahrens im Amtsblatt der EU vom 29. Juni 2011 aus. Dort hieß es, die Zuschlagskriterien seien mit einer Gewichtung von 50 % der Preis, zu 30 % die Qualität und zu 20 % der Termin. In der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots, versandt am 17. August 2011, hieß es hingegen, Zuschlagskriterium sei zu 100 % der Preis. Die Auswahl erfolgte allein aufgrund des Preises.

Das Los D2 umfasste die Haustechnik zum Hafengebäude mit einem geschätzten Auftragswert von 348.122.60 Euro brutto. Der Kläger schrieb den Auftrag im Rahmen eines Offenen Verfahrens im Amtsblatt der EU vom 28. September 2011 aus. Dort hieß es, die Zuschlagskriterien seien mit einer Gewichtung von 50 % der Preis, zu 30 % die Qualität und zu 20 % der Termin. Unter Ziffer III.2.3 „technische Leistungsfähigkeit“ forderte die Vergabestelle Nachweise in Form von Referenzen mit Angaben über die Erbringung von Leistungen in den letzten drei Geschäftsjahren inklusive Bausummenangaben, die mit der zu vergebenen Leistung vergleichbar seien. In der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots hieß es, Zuschlagskriterium sei zu 100 % der Preis. Zudem wurde dort der Nachweis der Leistungsfähigkeit präzisiert und die Vorgabe des Mindestumsatzes auf 2 Millionen Euro festgesetzt. Außerdem verwies die Vergabestelle auf ein 353 Seiten umfassendes Leistungsverzeichnis, das teilweise Produktvorgaben mit dem Zusatz „oder gleichwertig“ enthält. Die Auswahl erfolgte allein aufgrund des Preises.

Das Los B3 umfasste die Schwimmsteganlagen und den Stahlbau mit einem geschätzten Auftragswert von 1.679.999,49 Euro brutto. Der Kläger schrieb den Auftrag im Rahmen eines Offenen Verfahrens im Amtsblatt der EU vom 12. Mai 2012 aus. Dort waren als Zuschlagskriterien mit einer Gewichtung von 70 % der Preis, zu 10 % die Qualität und zu 20 % der Termin genannt. In der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots hieß es hingegen, Zuschlagskriterium sei zu 100 % der Preis. Die Auswahl erfolgte allein aufgrund des Preises.

Das Los F2 umfasste die Ausstattung der Hafenmeisterei mit einem geschätzten Auftragswert von 23.000,00 Euro brutto. Es folgte eine beschränkte Ausschreibung ohne öffentlichen Teilnahmewettbewerb. Die Aufforderung zur Abgabe von Angeboten wurde am 12. Februar 2013 versandt, wobei sechs Bieter einbezogen wurden. Der Aufforderung waren als Anlage besondere Vertragsbedingungen und zusätzliche Vertragsbedingungen beigefügt. Die letztlich erfolgreiche Bieterin, die K..., erklärte in ihrem Angebotsschreiben, dass ihre eigenen Allgemeinen Vertragsbedingungen zur Anwendung kommen sollten und die Bindefrist drei Monate betrage. Sie erhielt den Zuschlag.

Das Los 124 umfasste das Arbeitsboot mit einem laut Vergabevermerk geschätzten Auftragswert von 21.000,00, wobei Erläuterungen zur Höhe der Schätzung fehlen. Laut Vergabevermerk ging die Vergabestelle von der Durchführung einer Beschränkten Ausschreibung ohne öffentlichen Teilnahmewettbewerb aus. Im Juli 2012 wurden drei Angebote eingeholt. Den Zuschlag erhielt die P... am 14. August 2012. Laut Schlussrechnung betrug der Auftragswert 18.313,00 Euro netto.

Unter dem 20. Februar 2014 reichte der Kläger den Verwendungsnachweis ein. Dieser umfasste unter anderem die Hinterlegung eines Betrages von 35.000,00 Euro auf ein Sperrkonto für die Errichtung der Uferschwalbenwand, die Teil der Plangenehmigung war, aber nach Angaben des Klägers erst im Jahr 2018 errichtet werden solle.

Ende 2014 und Anfang 2015 führte die ERFE-Prüfstelle eine Prüfung der Auftragsvergabe im Rahmen der Stichprobenkontrolle nach Art. 13 VO (EG) Nr. 1828/2006 durch und stellte unter anderem folgende Verstöße fest: Bei den Losen B1, C, D2 und B2 sei die Angebotswertung nicht anhand der veröffentlichten Zuschlagskriterien erfolgt. Außerdem sei bei dem Los D2 im Leistungsverzeichnis nicht bei allen Produkten der Zusatz „oder gleichwertig“ verwendet worden, die Produkte allerdings so spezifisch beschrieben worden, dass den Bietern bei Verwendung eines anderen Produktes der Nachweis der Gleichwertigkeit kaum möglich sei. Ein weiterer Fehler sei, dass ein unzulässiges Eignungskriterium verwendet worden sei. Die Forderung eines Mindestumsatzes auf 2 Millionen Euro betrage das fünf- bis sechsfache des geschätzten Auftragswerts. Bei dem Los F2 habe der Bieter den Zuschlag erhalten, der in seinem Angebotsschreiben erklärt habe, dass seine eigenen Allgemeinen Vertragsbedingungen zur Anwendung kommen sollten und die Bindefrist außerdem drei Monate betrage. Damit sei eine Änderung der Vergabeunterlagen erfolgt und der Bieter hätte ausgeschlossen werden müssen. Durch den fehlenden Ausschluss hätte es zu einer wettbewerblichen Beeinträchtigung der weiteren Bieter kommen können. Bei dem Los 124 Arbeitsboot sei der Auftragswert mit einem Betrag von 21.000,00 Euro geschätzt, aber nicht das richtige Vergabeverfahren durchgeführt worden.

Mit Anhörungsschreiben vom 23. Juli 2015 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie beabsichtige die teilweise Aufhebung des Zuwendungsbescheids in Höhe von 1.843.219,41 Euro sowie die Rückforderung samt Zinsen und die Erhebung von Zinsen für den vorzeitigen Mittelabruf in Höhe von 25.185,26 Euro. Dies sei unter anderem auf Beanstandungen im Ergebnis der Prüfung der Auftragsvergabe zurückzuführen, wobei auf die ausführliche Darstellung in den Prüfvermerken verwiesen werde. Die Details würden in der Anlage dargestellt, der folgende Korrektursätze zu entnehmen sind: je 25 % für Los B1, C, D2, B3 und F2, 100 % für Los 124. Auch wies sie darauf hin, dass sich im Ergebnis des Anhörungsverfahrens die Relation zwischen förderfähigen investiven Ausgaben und Baunebenkosten noch verschieben könne, so dass die Höhe der gerechtfertigten Baunebenkosten ggf. noch einmal neu berechnet werden müsse. Baunebenkosten könnten maximal in Höhe von 10 % der förderfähigen investiven Ausgaben bezuschusst werden.

Auf die Anhörung hin legte der Kläger ein anwaltliches Gutachten zu den festgestellten Verstößen vor. Zudem fand am 12. Oktober 2015 ein Erörterungstermin statt. Dabei machte der Kläger im Wesentlichen Folgendes geltend: Bei dem Los B1 seien bei der Angebotsbewertung alle mitgeteilten Kriterien als Entscheidungsgrundlage herangezogen, dies jedoch nicht vollständig in der Dokumentation berücksichtigt worden. Dies sei nun nachgeholt worden. Hinsichtlich der Lose C, D 2 und B3 sei zu berücksichtigen, dass in den Vergabeunterlagen – abweichend von der vorgelagerten Bekanntmachung – der Preis als ausschließliches Zuschlagskriterium mitgeteilt und so auch in die Wertung einbezogen worden sei. Es seien keine Nachfragen durch (potenzielle) Bieter zu den anzuwendenden Kriterien oder gar Rügen zu verzeichnen gewesen. Bei dem Los F2 sei einzuräumen, dass der Bieter nach herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur vom weiteren Verfahren auszuschließen gewesen wäre. Es liege allerdings allenfalls ein Verstoß gegen nationale Rechtsvorschriften vor, weil die rechtliche Möglichkeit bestanden habe, eine nationale Ausschreibung durchzuführen. Eine Korrektur sei entbehrlich. Durch die nationale Ausschreibung sei für Transparenz und Wettbewerb gesorgt gewesen. Die Bieterunterlagen hätten keinen zwingenden Ausschluss für Bieter-AGB enthalten, so dass auch alle anderen Bieter die Möglichkeit gehabt hätten, jeweils ihre AGB mit einzubeziehen. Bei dem Los 124 sei eine Internetrecherche durchgeführt worden. Diese sei zwar nicht dokumentiert worden, aber in deren Ergebnis festgestellt, dass es nur einen beschränkten Bieterkreis gebe.

Mit Bescheid vom 19. Juli 2016 hob die Beklagte den Zuwendungsbescheid vom 24. Mai 2011 mit Wirkung zum Zeitpunkt des Erlasses teilweise in Höhe von 637.651,55 Euro auf (Ziffer 1), setzte den zu erstattenden Betrag auf 145.292,55 Euro (Ziffer 2) und regelte, dass dieser jeweils zum Zeitpunkt der Auszahlung der Zuwendung an mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich bis Zahlungseingang zu verzinsen sei (Ziffer 3) sowie, dass die Erstattung bis spätestens 10 Tage nach Unanfechtbarkeit des Bescheides zu erfolgen habe (Ziffer 4). Für nicht fristgerecht verwendete Fördermittel setzte sie einen Zinsbetrag in Höhe von 10.427,74 Euro fest, der ebenso bis spätestens 10 Tage nach Eintritt der Unanfechtbarkeit zu überweisen sei (Ziffer 5). Zur Begründung führt sie aus, es würden Angaben in Höhe von 770.352,74 Euro nicht anerkannt. Hierauf entfielen 730.647,18 Euro auf festgestellte Vergabeverstöße, 35.000,00 Euro auf die Nichtanerkennung von Ausgaben für die sogenannte „Uferschwalbenwand“ sowie 4.705,56 Euro auf die Nichtanerkennung von Baunebenkosten, die die zulässige Obergrenze von 10 % der förderfähigen investiven Ausgaben überschritten. Ermächtigungsgrundlage für die Teilaufhebung in Bezug auf die Vergabeverstöße seien Art. 98 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1083/2006 und §§ 1 VwVfG Bbg i.V.m. 49 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 VwVfG. Danach könne ein Verwaltungsakt widerrufen werden, wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden sei und der Begünstigte diese nicht erfüllt habe. Es sei beauflagt, das Vergaberecht einzuhalten. Bei der Vornahme von finanziellen Berichtigungen bei Strukturfondsinterventionen berücksichtigten die Mitgliedsstaaten die Art und den Schweregrad der Unregelmäßigkeiten sowie die finanziellen Auswirkungen der festgestellten Mängel. Als Hilfestellung dienten die „Leitlinien zur Festsetzung von Finanzkorrekturen, die bei Verstößen gegen die Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge auf von der EU im Rahmen der geteilten Mittelverwaltung finanzierte Ausgaben anzuwenden sind“ der EU-Kommission. Wegen der festgestellten Vergabeverstöße verwies sie auf das Anhörungsschreiben vom 23. Juli 2015 Bezug und führte ergänzend aus: Die Fallgestaltung bei den Losen C, D2 und B3 falle unter Ziffer 15 der Finanzkorrekturleitlinien. Der Regelkorrektursatz von 25 % könne auf 10% oder 5% verringert werden. Zugunsten des Klägers sei zu berücksichtigen, dass allen beteiligten Bietern anhand der Vergabeunterlagen die vorgesehenen Wertungskriterien bekannt gewesen seien. Andererseits könne nicht ausgeschlossen werden, dass Interessenten von einer Beteiligung abgehalten worden seien. Der festgestellte Vergabeverstoß werde als leichter Fall eingestuft und die Korrektur von 25 % auf 5 % herabgesetzt. Der Umstand, dass der Zuschlag auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis erteilt worden sei, sei ein Indiz dafür, dass kein wirtschaftlicher Schaden entstanden sei, gleichwohl sei von einer potenziellen Wettbewerbsverzerrung auszugehen. Bei Feststellung mehrerer Unregelmäßigkeiten bei einer Vergabe würden die Korrektursätze nicht kumuliert, sondern die Korrekturhöhe anhand der schwerwiegendsten Unregelmäßigkeit bestimmt. Damit betrage der Korrektursatz bei Los D2 trotz der weiter festgestellten Verstöße 5 %. Bei dem Los F2 könne nicht ausgeschlossen werden, dass es durch den fehlenden Angebotsausschluss nicht doch zu einer wettbewerblichen Beeinträchtigung der weiteren Bieter gekommen sein könnte. Die Finanzkorrektur werde aber von 25 % auf 5 % herabgesetzt. Bei dem Los 124 sei eine öffentliche Ausschreibung nötig gewesen. Die Wertgrenze für das Absehen von einer Öffentlichen Ausschreibung liege bei 20.000,00 Euro, der hier unterschritten werde. Es sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb lediglich ein beschränkter Bieterkreis zur Verfügung gestanden haben solle. Bei einer Internetrecherche ließen sich auf Anhieb deutlich mehr als nur drei Anbieter für neue als auch gebrauchte Arbeitsboote feststellen. Da durch die Einholung von drei Angeboten ein Mindestmaß an Wettbewerb stattgefunden habe und es sich um eine „unterschwellige“ Auftragsvergabe gehandelt habe, werde von einem minderschweren Fall ausgegangen. Letztlich seien auch ein Betrag unter 20.000,00 Euro als förderfähig angesehen worden. Da die Wertgrenze bei der Schätzung nur geringfügig überschritten worden sei und um Ergebnis der Auftragswert unterhalb des Schwellenwertes gelegen habe, werde die angekündigte Finanzkorrektur von 100 % auf 25 % herabgesetzt.

Der für die Uferschwalbenwand auf ein Sperrkonto überwiesene Betrag von 35.000,00 Euro sei nicht zu berücksichtigen. Aus Ziffer 5 des Zuwendungsbescheids ergebe sich, dass die Auszahlung der Zuwendung auf der Grundlage von bezahlten Rechnungen oder gleichwertigen Buchungsbelegen erfolge. Dies ergebe sich auch aus der der Zuwendung zugrundeliegenden Rechtsverordnung. Für die Uferschwalbenwand sei ein Betrag in Höhe von 35.000,00 Euro auf ein dafür bei der S...eingerichtetes Sperrkonto überwiesen worden. Es sei nicht zum Abschluss eines Vertrages zum Bau und zur Finanzierung der Uferschwalbenwand und Rechnungsstellung gekommen. Zudem seien die Baunebenkosten wegen eines Überschreitens der in Ziffer 3 des Zuwendungsbescheids festgelegten Grenze von maximal 10 % der zuwendungsfähigen Baukosten zu kappen. Durch die nachträgliche Anerkennung von zunächst beanstandeten Ausgaben für den Wettbewerb „Planungsleistungen“ seien die Baunebenkosten nun 4.705,56 Euro zu hoch. Der Zuwendungsbescheid könne daher nach der gebotenen Abwägung der Interessen gemäß § 49 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG teilweise widerrufen werden. Der Teilwiderruf erfolge, da das öffentliche Interesse an der Vergabe von Fördermitteln nach einheitlichen, an der Richtlinie ausgerichteten Kriterien – auch zur Wahrung der Gleichbehandlung aller Antragsteller – größer sei als das klägerische Interesse am Behalt der ursprünglich bewilligten und bereits anteilig ausgezahlten Zuwendung. Das öffentliche Interesse an einer wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung (§ 7 Landeshaushaltsordnung) sei in diesem Fall höher zu bewerten als das klägerische Interesse am Behalt der Mittel. Die widerrufene Summe sei zu erstatten und auch zu verzinsen. Zudem habe die Prüfung des Verwendungsnachweises ergeben, dass die gewährte Zuwendung nicht fristgerecht verwendet worden sei.

Hiergegen erhob der Kläger unter dem 01. September 2016 Widerspruch. Die Entscheidung sei ermessensfehlerhaft. Von einer Teilaufhebung sei abzusehen. Es lägen keine schwerwiegenden Vergabeverstöße vor, die eine Teilaufhebung und Rückforderung rechtfertigten. Sie seien lediglich formaler Art ohne tatsächliche oder potenzielle finanzielle Auswirkungen. Hinsichtlich des Loses C und entsprechend den Losen D2 und B3 sei es nach der RL 2004/18/möglich, die Zuschlagskriterien wahlweise in der Bekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen mitzuteilen. Durch die ursprüngliche Bekanntmachung sei keine Bindungswirkung eingetreten. Eine Beeinträchtigung des Verfahrens sei ausgeschlossen. Bei dem Los F2 sei ein Ausschluss des Bieters nicht möglich gewesen, da es in den Verfahrensunterlagen keinen zwingenden Ausschluss für allgemeine Geschäftsbedingungen von Bietern gegeben habe. Bei dem Los 124 sei zu berücksichtigen, dass lediglich die Schätzung falsch gewesen sei und letztendlich unter 20.000,00 Euro abgerechnet worden sei. Hinsichtlich der Uferschwalbenwand habe es ein klar zwischen allen Beteiligten bestimmtes Prozedere zur Vorgehensweise gegeben, so dass auch hier eine Rückforderung ermessensfehlerhaft sei. Damit einhergehend müsse auch eine Kappung der Baunebenkosten neu berechnet werden.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 29. August 2017 zurück. Zur Begründung führt sie ergänzend aus, die Finanzkorrekturleitlinien stellten lediglich eine Orientierungshilfe dar und seien nicht als schematische Auswahl zu verstehen. Die Änderung der Kriterien bei den Losen C, D2 und B3 sei nicht unionsrechtmäßig. Soweit eine Angabe in der Bekanntmachung und den Verdingungsunterlagen erfolge, dürften sich die Kriterien jedenfalls nicht widersprechen. Es bestünden keine Vorrangregeln bei widersprüchlichen Angaben. Hinsichtlich der Uferschwalbenwand könne der Kläger sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, da keine schriftliche Zusicherung vorliege.

Der hiesige Kläger erhob gegen die von ihm beauftragte Architektenfirma am 04. Oktober 2017 Klage vor dem Landgericht Cottbus, mit der er die Feststellung begehrte, dass diese ihm den Schaden zu ersetzen habe, der ihm durch eine mögliche fehlerhafte Vergabe bei den Losen B1, C, D2 und B3 entstanden sei oder entstehen werde. Mit Urteil vom 18. März 2021 (Az.: 6 O 196/18) wies das Landgericht Cottbus die Klage ab. Es fehle ein Feststellungsinteresse, zudem hafte ein Architekt nicht umfassend für die Leitung und Durchführung des Vergabeverfahrens. Die Entscheidung ist nach Angaben des Klägers nicht rechtskräftig.

Mit seiner am 04. Oktober 2017 erhobene Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung führt er, im Wesentlichen unter Wiederholung seiner Ausführungen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens, aus, es lägen keine Vergabefehler vor, diese hätten sich jedenfalls nicht ausgewirkt. Daher sei von einer Korrektur abzusehen.

Er beantragt,

den Teilaufhebungs- und Leistungsbescheid der Beklagten vom 19. Juli 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. August 2017 aufzuheben,

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf die streitgegenständlichen Bescheide und führt ergänzend aus, das Gericht sei nur im begrenzten Maß berechtigt, Ermessensausübung einer Behörde zu überprüfen. Bei den meisten festgestellten Unregelmäßigkeiten sei zu berücksichtigen, dass sie sich für den niedrigsten Korrektursatz entschieden habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakten I bis XVIII) Bezug genommen, welche jeweils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig, soweit er den Widerruf wegen Vergaberechtsfehlern bei dem Los B1 (hierzu 1a.), die Höhe der Baunebenkosten (hierzu 2.) sowie die Festsetzung eines Erstattungsbetrages samt Zinsen (hierzu 5.) betrifft und verletzt den Kläger insoweit in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO. Im Übrigen erweist sich der Bescheid als rechtmäßig.

1. Der Widerruf des Zuwendungsbescheides vom 19. Juli 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. August 2017 ist nur teilweise rechtmäßig.

Er findet in Höhe von 231.938,32 Euro seine Rechtsgrundlage in § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), das gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg (VwVfGBbg) im vorliegenden Fall anwendbar ist. Danach kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat. Eine Auflage ist eine Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (§ 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG).

Der Kläger hat hinsichtlich der Lose C, D2, B3, F2 und 124 gegen eine Auflage verstoßen. Hingegen kann ein Auflagenverstoß hinsichtlich des Loses B1 nicht festgestellt werden.

a. Die Beklagte konnte die Zuwendung nicht wegen Verstoßes gegen das Vergaberecht bei der Vergabe im Rahmen des Loses B1 widerrufen, weil die dem Kläger vorgeworfene Mängel bei der Ausschreibung vor Bekanntgabe der entsprechenden Auflagen zur Einhaltung des Vergaberecht geschehen sind.

Eine Auflage entfaltet nach § 43 Abs. 1 S. 1 VwVfG äußere Wirksamkeit erst mit Bekanntgabe des Bescheides, mithin nicht vor dem 24. Mai 2011. Ob der Kläger allgemein gegen Vorgaben zur Einhaltung von Vergabebestimmungen verstoßen hat, etwa, weil er öffentlicher Auftraggeber war, ist unerheblich. Es kommt darauf an, ob und wann die Einhaltung vergaberechtlicher Vorgaben in das Zuwendungsverhältnis einbezogen wurde. Eine rückwirkende Anwendung einer Auflage im Zuwendungsbescheid zur Einhaltung des Vergaberechts kann allenfalls angenommen werden, wenn die Auflage ihrem Inhalt nach rückwirkend in Kraft treten soll. Es ist zu berücksichtigen, dass die Behörde es in der Hand gehabt hätte, der Auflage durch entsprechende Regelungen und Formulierungen Rückwirkung beizumessen (vgl. zu alldem: Sächsisches OVG, Urt. v. 11. Mai 2017 – 1 A 140/16 –, juris, Rn. 37; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 12. Juni 2007 – 15 A 1243/05 –, juris, Rn. 33 ff.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 05. Oktober 2010 – I-23 U 173/09 –, juris, Rn. 33 ff.; VG Köln, Urt. v. 21. November 2013 – 16 K 6287/11 –, juris, Rn. 80; Schilder, Grenzen der Zuwendungsrückforderung wegen Vergaberechtsverstoßes, NZBau 2009, 155; a.A.: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 22. Juni 2006 – 4 A 2134/05 –, juris, Rn. 24; Bayerischer VGH, Urt. v. 25. Mai 1990 – 4 B 87.02245 –, juris, Orientierungssatz; VG Minden, Urt. v. 23. Februar 2005 – 3 K 4214/03 –, juris, Rn. 42; Attendorn, Der Widerruf von Zuwendungsbescheiden wegen Verstoßes gegen Vergaberecht, NVwZ 2006, 991). Das ist hier nicht der Fall. Nach dem Wortlaut der Auflagen „sind“ vergaberechtliche Vorschriften bei der Vergabe zu beachten. Sie ist auf ein künftiges Verhalten gerichtet.

Aus den früheren Hinweisen an den Kläger kann die Beklagte nichts herleiten. Die bloße Erwartung einer Auflage reicht nach dem eindeutigen Wortlaut des § 49 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 VwVfG für einen Widerruf nicht aus. Die Auflage muss mit dem zu widerrufenden Verwaltungsakt selbst verbunden und mit diesem zusammen bekannt gemacht werden (vgl. so auch: VG Frankfurt [Oder], Urt. v. 09. April 2019 – VG 8 K 1199/12 –, n.v., EA S. 20 f.). In den Schreiben vom 21. Juli 2010 und 07. Januar 2011 wies die Beklagte lediglich darauf hin, dass in einem möglichen Zuwendungsbescheid Auflagen erteilt würden. Diese Schreiben stellen keine eigenständigen Verwaltungsakte mit einer gesonderten Auflage zur Einhaltung des Vergaberechts vor Gewährung der Zuwendung dar.

Ist nach dem Vorstehenden der Zeitpunkt der Bekanntgabe der Auflage maßgeblich, ist diese nicht vor dem 24. Mai 2011, an dem der Zuwendungsbescheid vom gleichen Tage dem Kläger übergeben wurde, erfolgt. Unerheblich ist, dass der Kläger gegen den Zuwendungsbescheid Widerspruch einlegte, denn dieser richtete sich allein gegen die Höhe der bewilligten Gesamtausgaben und nicht gegen die (insoweit selbständig anfechtbaren) Nebenbestimmungen.

Die hier monierte Ausschreibung des Loses B1 erfolgte jedoch bereits am 05. April 2011 und damit vor Bekanntgabe der Auflagen im Zuwendungsbescheid vom 24. Mai 2011. Der dem Kläger vorgeworfene Verstoß erschöpft sich im angegriffenen Bescheid in der nach Auffassung der Beklagten im Rahmen der Ausschreibung unzureichenden Beschreibung des Zuschlagskriteriums „Qualität“. Die noch im Anhörungsverfahren geltend gemachten Einwände gegen die Änderung der Zuschlagskriterien im Rahmen der Aufforderung zur Angebotsabgabe ließ die Beklagte fallen, nachdem der Kläger den Vergabevermerk ergänzte. Unabhängig davon, ob das Kriterium „Qualität“ tatsächlich unzureichend beschrieben worden ist, kann dies jedenfalls nicht zum Widerruf der Zuwendung hinsichtlich des Loses B1 führen.

b. Im Übrigen ist von Verstößen gegen das in das Zuwendungsverhältnis einbezogene Vergaberecht auszugehen. Insoweit ist auch die von der Beklagten gewählte Höhe der Finanzkorrektur nicht zu beanstanden.

Dem Kläger ist unter Ziffer 4 der besonderen Nebenbestimmungen die Auflage erteilt worden, die Abschnitte 2 ff. der VOB/A und VOL/A sowie die Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen anzuwenden. Nach Ziffer 3.1 S. 1 der ANBest-G ist zudem beauflagt, Abschnitt 1 der VOB/A und VOL/A anzuwenden. Dies stellt eine Auflage dar, da dem Zuwendungsempfänger mit der Formulierung „sind anzuwenden“ ein bestimmtes Tun vorgeschrieben wird (ständige Rechtsprechung zu Satz 1 der Ziffer 3.1 der insoweit gleichlautenden Allgemeinen Nebenbestimmungen: Sächsisches OVG, Urt. v. 11. Mai 2017 – 1 A 140/16 –, juris, Rn. 31; OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 06. April 2017 – 12 A 136/16 –, juris, Rn. 51; Bayerischer VGH, Beschl. v. 09. Februar 2015 – 4 B 12.2326 –, juris, Rn. 19; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 17. Oktober 2013 – 9 S 123/12 –, juris, Rn. 27; Urt. v. 28. September 2011 – 9 S 123/10 –, juris, Rn. 30; OVG Reinland-Pfalz., Urt. v. 25. September 2012 – 6 A 10478/12 –, juris, Rn. 26; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 20. April 2012 – 4 A 1055/09 –, juris, Rn. 34 ff:; zur Verpflichtung der Vorlage eines Verwendungsnachweises nach ANBest-P als Auflage: OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 15. Februar 2018 – OVG 6 B 5.16 –, juris, Rn. 24).

Die Auflage hat der Kläger mit den erst nach Bekanntgabe begonnen Vergabeverfahren hinsichtlich der Lose C, D2, B3, F2 und 124 verletzt.

aa. Dies gilt zunächst für die Auswahl anhand von Kriterien, die nicht in der Auftragsbekanntmachung der Lose C, D2 und B3 veröffentlicht worden sind.

Für die am 29. Juni 2011 (Los C), 28. August 2011 (Los D2) und 12. Mai 2012 (Los B3) bekanntgemachten Aufträge galt die VOB 2009, die von 11. Juni 2010 bis 18. Juli 2012 in Kraft war. Nach § 2 Nr. 3 Vergabeverordnung (VgV) vom 07. Juni 2010 lag der Schwellenwert für Bauaufträge bei 4.845.000 Euro, so dass nach § 1a Abs. 1 Nr. 1 VOB/A 2009 die „a-Paragrafen“ anzuwenden waren. Maßgeblich ist, dass der geschätzte Gesamtauftragswert der Maßnahme, also alle Bauaufträge für eine bauliche Anlage, diesen Schwellenwert überschreiten. Dies gilt nach § 1a Nr. 2a VOB/A 2009 bei der Aufteilung in Losen auch für jedes Los mit einem geschätzten Auftragswert von 1 Million Euro und mehr, was für die Lose C und B3 mit knapp 2 Millionen Euro geschätztem Auftragswert erfüllt ist. Auch für das Los D2 mit einem geschätzten Auftragswert von 348.000 Euro gelten die a-Paragrafen. Nach § 1a Nr. 2b VOB/A 2009 gelten diese unabhängig von dem einzelnen Auftragswert, bis mindestens 80 vom Hundert des geschätzten Gesamtauftragswertes aller Bauaufträge für die bauliche Anlage erreicht wird.

Für die Bekanntmachung regelt § 12a Abs. 2 Nr. 1 VOB/A 2009, dass bei Bauaufträgen im Sinne von § 1a VOB/A 2009 die Unternehmen durch Bekanntmachung aufzufordern sind, ihre Teilnahme am Wettbewerb zu beantragen. Nach § 12a Abs. 2 Nr. 2 VOB/A 2009 muss die Bekanntmachung die im Anhang II der Verordnung (EG) Nummer 1564/2005 geforderten Informationen enthalten und im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft veröffentlicht werden. Das genannte Formular enthält unter Ziffer IV.2.1 die Angabe zu den Zuschlagskriterien. Dort kann entweder „niedrigster Preis“ oder „wirtschaftlich günstigstes Angebot“ ausgewählt werden, wobei bei letzterem entweder die Kriterien samt Gewichtung aufzuführen sind oder auf bereits veröffentlichte Kriterien verwiesen werden soll. Weiter regelt § 8a VOB/A 2009 für Vergaben im Oberschwellenbereich, dass das Anschreiben (Aufforderung zur Angebotsabgabe) außer den Angaben nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A die in Anhang II der Verordnung (EG) Nummer 1564/2005 geforderten Informationen enthalten muss, sofern sie nicht bereits veröffentlicht wurden.

Dies entspricht im Übrigen auch den Vorgaben der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (im Folgenden RL 2004/18/EG), die auch den a-Paragrafen der VOB/A 2009 zugrunde lag. Nach Art. 53 Abs. 1 RL 2004/18/EG wendet der öffentliche Auftraggeber entweder das Zuschlagskriterium „wirtschaftlich günstigstes Angebot“ (mit verschiedenen mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängenden Kriterien, z.B. Qualität, Preis, technischer Wert, Ästhetik usw.) oder ausschließlich das Kriterium des niedrigsten Preises an. Nach Art. 53 Abs. 2 RL 2004/18/EG gibt der Auftraggeber für den Fall der Wahl des Zuschlagskriteriums „wirtschaftlich günstigster Preis“ in der Bekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen an, wie er die einzelnen Kriterien gewichtet. Eine Möglichkeit, in Bekanntmachung und Verdingungsunterlagen unterschiedliche Kriterien anzugeben, sieht die Richtlinie demnach nicht vor. Der Auftraggeber hat sich zuerst zu entscheiden, welches Zuschlagskriterium er anwendet. Lediglich die Gewichtung kann entweder in der Bekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen (und damit auch in der Aufforderung zur Angebotsabgabe) angegeben werden. Dies entspricht auch den übrigen formellen Vorschriften zur Bekanntmachung. Nach Art. 36 Abs. 1 RL 2004/18/EG enthalten die Bekanntmachungen die in Anhang VII Teil A aufgeführten Informationen. Nach Ziffer 23 des Anhangs VII Teil A sind in der Bekanntmachung die Zuschlagskriterien nach Art. 53 RL 2004/18/EG zu nennen, nämlich ob nach dem niedrigsten Preis oder dem wirtschaftlich günstigsten Angebot ausgewählt wird. Die Kriterien für das wirtschaftlich günstigste Angebot sowie deren Gewichtung müssen genannt werden, falls sie nicht in den Verdingungsunterlagen enthalten sind.

Diesen Vorgaben ist der Kläger bei der Vergabe der Lose C, D2 und B3 nicht nachgekommen. Die Zuschlagskriterien wurden bei der Bekanntmachung (Aufforderung an Unternehmen, ihre Teilnahme am Wettbewerb zu beantragen) mit Preis, Qualität und Termin mit einer entsprechenden Gewichtung angegeben. In den Aufforderungen zur Angebotsabgabe wurde hingegen als Zuschlagskriterium ausschließlich der Preis mit 100 % angegeben. Auch die Auswahl erfolgte ausschließlich nach dem Preis.

Der Widerruf und insbesondere die Höhe stehen nach § 49 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG im Ermessen der Behörde. Die Ermessensausübung unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.

Die Beklagte hat sich bei der Ermessensausübung ersichtlich an § 7 der Landeshaushaltsordnung (LHO) orientiert. Dem darin enthaltenen gesetzlichen Gebot, bei der Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten, ist zu entnehmen, dass bei Verfehlung des mit der Gewährung von öffentlichen Zuschüssen verfolgten Zwecks das Ermessen nur durch eine Entscheidung für den Widerruf fehlerfrei ausgeübt werden kann, sofern nicht außergewöhnliche Umstände des Einzelfalles eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen (sog. intendiertes Ermessen). Denn diese Haushaltsgrundsätze überwiegen im Allgemeinen das Interesse des Begünstigten, den Zuschuss behalten zu dürfen, und verbieten einen großzügigen Verzicht auf den Widerruf von Subventionen (st. Rechtsprechung, vgl. so bereits: BVerwG, Urt. v. 10. Dezember 2003 – 3 C 22/02 –, juris, Rn. 36; Urt. v. 16. Juni 1997 – 3 C 22/96 –, juris, Rn. 16; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 26. Oktober 2020 – OVG 3 N 95/20 –, n.v., BA, S. 3; Urt. v. 14. November 2014 – OVG 3 B 14.12 –, juris, Rn. 40; Urt. v. 27. März 2007 – 10 B 6.07 –; Bayerischer VGH, Urt. v. 25. Mai 2004 – 22 B 01.2468 –, juris, Rn. 49 ff.). Ein solches intendiertes Ermessen ergibt sich auch aus dem Unionsrecht. In der der vorliegenden Subvention zugrundeliegenden Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 wird in Art. 98 Abs. 2 geregelt, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, die erforderlichen Finanzkorrekturen in Bezug auf individuelle oder systematische Unregelmäßigkeiten zu treffen. Die Ausübung von Ermessen hinsichtlich der Frage, ob die Rückforderung zu Unrecht gewährter Unionsmittel zweckmäßig ist, ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs mit dieser Verpflichtung unvereinbar (vgl. zur Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik nach Verordnung [EG] Nr. 729/70: EuGH, Urt. v. 21. September 1983 – 205 - 215/82 –, juris, Rn. 22).

Ein Ermessenspielraum verblieb der Beklagten somit allein hinsichtlich des Umfangs des Widerrufs. Sie hat sich insoweit an den sog. Leitlinien für die Festsetzung der Finanzkorrekturen bei Verstößen gegen die Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe auf durch die Strukturfonds und den Kohäsionsfonds kofinanzierte Ausgaben (Beschluss der Europäischen Kommission C (2013) 9527 final vom 19.12.2013, abgedruckt etwa in NZBau 2010, 297 ff., im Folgenden: Leitlinien) orientiert. Die Leitlinien richten sich zwar vorrangig an die Kommissionsdienststellen, um bei deren Bearbeitung von Fällen mit Unregelmäßigkeiten ein einheitliches Vorgehen zu gewährleisten. Den zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten, die selbst Unregelmäßigkeiten feststellen, empfehlen die Leitlinien jedoch, dabei dieselben Kriterien für die Korrektur von Unregelmäßigkeiten anzuwenden (vgl. dazu die einleitenden Ausführungen in der Leitlinie). Dabei sind die Leitlinien nicht schematisch anzuwenden und etwaige atypische Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigten. Auch die Regelannahmen der Leitlinien entbinden daher nicht davon, die Einzelumstände zu würdigen. (vgl. VG Magdeburg, Urt. v. 28. Februar 2018 – 3 A 192/16 –, juris, Rn. 41 ff.).

Die Leitlinien listen die wichtigsten Arten von Unregelmäßigkeiten auf und legen die hierfür anzuwendenden Korrektursätze (Kürzungen um 5, 10, 25 und 100 % vom Auftragswert) fest. Im Falle einer Bewertung der Bieter anhand unrechtmäßiger Eignungs- oder Zuschlagskriterien sieht – die von der Beklagten herangezogene – Ziffer 15 der Leitlinien eine Korrektur von 15 % vor, die je nach Schwere der Unregelmäßigkeit auf 10 % oder 5 % verringert werden kann. Die Leitlinie versteht laut Beschreibung unter der Unregelmäßigkeit die Tatsache, dass bei der Bewertung die in der Bekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen genannten Zuschlagskriterien (bzw. die jeweiligen Unterkriterien oder Gewichtungen) nicht befolgt wurden, was zu der Anwendung nicht rechtmäßiger Eignungs- oder Zuschlagskriterien geführt hat. Dies ist hier durch die Auswahl anhand von Kriterien, die nicht Teil der Bekanntmachung waren, der Fall.

Nach alldem ist es nicht ermessensfehlerhaft, dass die Beklagte sich für den von der Leitlinie in Ziffer 15 als niedrigste vorgesehene Korrektur von 5 % entschieden hat und keine Unregelmäßigkeit lediglich formaler Art ohne tatsächliche oder potenzielle finanzielle Auswirkungen angenommen hat. In diesen Fällen würde nach Ziffer 1.3 der Leitlinien von einer Korrektur abgesehen werden. Potenzielle finanzielle Auswirkungen können hier nicht ausgeschlossen werden. Der Kläger kann mit seinem Einwand, er habe letztendlich das günstigste Angebot ausgewählt, nicht durchdringen. Das Auseinanderfallen der in der Auftragsbekanntmachung veröffentlichten und der in der Aufforderung zur Angebotsabgabe benannten bzw. bei der Auswahl berücksichtigten Kriterien könnte den möglichen Bewerber- und Bieterkreis verändert haben (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation [Veränderung der Ausführungsfristen im laufenden Vergabeverfahren]: OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 23. März 2021 – 1 L 45/19 –, juris, Rn. 19; VG Halle [Saale], Urt. v. 20. November 2018 – 3 A 54/18 –, juris, Rn. 57). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich Interessenten aufgrund der Erwartung, neben dem Preis würden auch Qualität und Termin eine Rolle spielen, davon abgesehen haben, sich auf die Bekanntmachung hin zu melden. Auf der anderen Seite kann ebenso wenig ausgeschlossen werden, dass Interessenten Abstand von der Abgabe eines Angebots genommen haben, als sie in der Aufforderung zur Angebotsabgabe gesehen haben, dass möglicherweise nur der Preis eine Rolle spielt. Zuletzt ist bei einer Auswahl allein aufgrund des Preises nicht ausgeschlossen, dass sich finanzielle Auswirkungen – etwa wegen einer geringeren Qualität – erst später zeigen. Auf der anderen Seite ist die Beklagte zu Recht von dem niedrigsten Korrektursatz ausgegangen und hat dabei berücksichtigt, dass den beteiligten Bietern, die auf die Aufforderung zur Angebotsabgabe reagiert haben, bekannt war, dass möglicherweise eine Auswahl allein aufgrund des Preises erfolgt. Trotzdem bleibt es beim Vorhandensein einer potenziellen Wettbewerbsverzerrung, die nicht zu widerlegen ist.

Auch der Einwand des Klägers, es hätte im Rahmen der Ermessensausübung berücksichtigt werden müssen, dass er auf die Durchführung einer rechtmäßigen Vergabe durch die beratenen Ingenieur- bzw. Architekturbüros habe vertrauen dürfen, geht fehl. Letztendlich trägt er als Zuwendungsnehmer das unternehmerische Risiko für eine rechtmäßige Durchführung des Projekts (vgl. allgemein zum unternehmerischen Risiko des Zuwendungsnehmers: OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14. November 2014 – OVG 3 B 14.12 –, juris, Rn. 42; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 18. April 2013 – 1 L 20/13 -, juris, Rn. 11; VG München, Urt. v. 10. November 2005 – M 15 K 04.3559 –, juris, Rn. 32). Es oblag allein seiner Entscheidung, subventionsrechtliche Verpflichtungen einzugehen, deren Einhaltung aufgrund der Eingehung weiterer zivilrechtlicher Verträge letztlich von Dritten abhängt und damit ungewiss erschien (vgl. auch Urt. d. Kammer v. 18. November 2020 – VG 3 K 2011/15 –, n.v., UA, S. 19).

Nach dem Vorstehenden kommt es letztlich nicht darauf an, ob die übrigen Einwände der Beklagten gegen die Vergabe des Loses D 2 zutreffen. Denn nach Ziffer 1.3 der Leitlinien werden die Korrektursätze nicht kumuliert, wenn in einem einzigen Ausschreibungsverfahren mehrere Unregelmäßigkeiten festgestellt werden.

bb. Auch hinsichtlich des Loses F2 ist ein Verstoß gegen Vergaberecht festzustellen.

Auf das vorliegende Vergabeverfahren findet die VOB/A 2012 Anwendung, weil das Vergabeverfahren nach dem 19. Juli 2012 begonnen wurde, § 23 S. 1 VgV. Begonnen wird ein Vergabeverfahren mit dem ersten nach außen erkennbaren Schritt, der in der Absendung der Vergabebekanntmachung an das EU-Amtsblatt liegt (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 07. Mai 2014 – 15 Verg 4/13 –, juris, Rn. 52). Ausweislich des Vergabe-Prüfvermerks erfolgte die Versendung am 12. Februar 2013.

Es liegt ein Verstoß gegen § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A 2012 vor. Danach sind Änderungen an den Vergabeunterlagen unzulässig und führen zu einem Bieterausschluss nach § 16 Abs. 1 Nr. 1b VOB/A 2012. Eine Änderung der Vergabeunterlagen ist auch anzunehmen, wenn Bieter – bewusst oder unbewusst – ihre eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Grundlage ihres Angebots machen. Dafür reicht schon aus, wenn diese im Angebot enthalten sind und an keiner Stelle sich der ausdrückliche Hinweis findet, dass diese nicht Bestandteil des Angebots sind und nicht gelten sollen. Durch die vom Auftraggeber vorgegebenen Vertragsbedingungen und die durch die Antragstellerin mit dem Angebot eingereichten eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, ist nicht zweifelsfrei erkennbar, welche Bedingungen für die Ausführung der Leistung gelten sollen (vgl. Vergabekammer Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 14. Januar 2015 – 3 VK LSA 102/14 –, juris, Rn. 52). Anders könnte der Fall liegen, wenn in der Ausschreibung eine „Abwehrklausel“ enthalten wäre, wonach u.a. Liefer- und Vertragsbedingungen des Bieters nicht Vertragsbestandteil werden, weil dann die Pflicht bestehen könnte, den Bieter zur Klarstellung aufzufordern (so BGH, Urt. v. 18. Juni 2019 – X ZR 86/17 –, juris, Leitsatz 1, Rn. 13; vgl. auch grundsätzlich hierzu: Haupt, in: Gabriel/Krohn/Neun, Handbuch Vergaberecht, 3. Aufl. 2021, Rn. 36). Für das Bestehen einer solchen Abwehrklausel gibt es hier allerdings keine Anhaltspunkte.

Auch die Ermessensausübung der Beklagten ist nicht zu beanstanden. Sie ist von einer Unregelmäßigkeit nach Ziffer 16 der Leitlinien ausgegangen, die dort als Mangel an Transparenz und/oder Gleichbehandlung bei der Bewertung bezeichnet wird. Durch den nicht erfolgten Ausschluss des letztlich erfolgreichen Bieters ist es zu einer Ungleichbehandlung gekommen. Der Berichtigungssatz beträgt nach den Leitlinien 25 %, wobei die Korrektur je nach Schwere der Unregelmäßigkeit auf 10 % oder 5 % verringert werden kann. Auch hier hat sich die Beklagte ermessensfehlerfrei für den niedrigsten Korrektursatz entschieden, wobei sie das Vorliegen eines rein formalen Fehlers ohne tatsächliche oder potenzielle finanzielle Auswirkungen zu Recht verneint hat. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei Abweichungen von den Vergabeunterlagen, etwa einer abweichenden Bindefrist, auch andere Bieter ihre Leistung hätten günstiger anbieten können.

dd. Das Los 124 wurde ebenso unter Verstoß gegen die Vorgaben des Vergaberechts vergeben. Es hätte eine Öffentliche Ausschreibung durchgeführt werden müssen.

Für die am 14. August 2012 vergebene Dienstleistung ist die VOL 2009 maßgeblich. Nach § 3 Abs. 2 Abschnitt 1 VOL/A 2009 erfolgt die Vergabe von Aufträgen in Öffentlicher Ausschreibung, in begründeten Ausnahmefällen ist eine Beschränkte Ausschreibung oder eine Freihändige Vergabe zulässig.

Ein solcher Ausnahmefall ist hier nicht einschlägig. Eine freihändige Vergabe wäre nach § 3 Abs. 5 lit.i 1. Abschnitt VOL/A zulässig, wenn sie durch Ausführungsbestimmungen bist zu einem bestimmten Höchstwert zugelassen ist. Laut den Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung vom 17. Mai 2000 (ABl./00, [Nr. 39], S. 666) in der hier (hinsichtlich der Wertgrenzen maßgeblichen) Fassung vom 23. März 2007 (ABl./07, [Nr. 16], S. 883) und (hinsichtlich der möglichen Vergabeart) in der Fassung vom 13. Dezember 2010 (ABl. I/11, [Nr. 02], S. 60) ist nach Ziffer 3.2 der VV zu § 55 LHO bei Vergabeverfahren, für die der 1. Abschnitt der VOL/A gilt, eine freihändige Vergabe oder eine Beschränkte Ausschreibung auch zulässig, wenn der Auftragswert 20.000,00 Euro voraussichtlich nicht übersteigt, wobei die Nettowerte maßgeblich sind. Der hier geschätzte Auftragswert übersteigt diese Grenze allerdings. Stellt sich erst während eines Verfahrens heraus, dass der zum Stichtag ordnungsgemäß geschätzte Wert aus späterer Sicht unzutreffend ist und entgegen der Schätzung unterhalb einer Wertgrenze liegt, bleibt es beim geschätzten Wert und dem daraus folgenden Vergabe- und Rechtsschutzsystem (Dietlein/Fandrey, in: Gabriel/Krohn/Neun, Handbuch des Vergaberechts, 1. Aul. 2014, Rn. 23, unter Hinweis auf: OLG Bremen, Vorlagebeschl. v. 18. Mai 2006 – Verg 3/05 –, NZBau 2006, 527; VK Köln, Beschl. v. 05. Juli 2011 – VK VOB 17/2011 –, IBRRS 2011, 3695; VK Nordbayern, Beschl. v. 08. Oktober 2013 – 21.VK-3194 - 32/13 –). Es bestehen hier keine Anhaltspunkte dafür, dass die Schätzung nicht ordnungsgemäß gewesen wäre. Es ist festzuhalten, dass die Schätzung nicht dokumentiert worden ist. Für die Annahme der Fehlerhaftigkeit reicht jedoch nicht allein aus, dass letztendlich der abgerechnete Betrag unterhalb des Schwellenwertes lag. Das könnte beispielsweise auch daran liegen, dass der erfolgreiche Bieter ungewöhnlich günstig gewesen ist.

Auch im Übrigen ist kein Ausnahmetatbestand für die Durchführung einer Freihändigen Vergabe nach § 3 Abs. 5 1. Abschnitt VOL/A 2009 erfüllt, insbesondere kommt für die Leistung nicht nur ein Unternehmen in Betracht (§ 3 Abs. 5 lit. l Abschnitt 1 VOL/A 2009). Diese im Rahmen des Vorverfahrens geäußerte Ansicht hat der Kläger im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens nicht aufrecht erhalten und auch nicht untersetzt.

Es liegt zudem kein Ausnahmefall für die Durchführung einer Beschränkten Ausschreibung mit oder ohne Teilnahmewettbewerb nach § 3 Abs. 3 u. 4 1. Abschnitt VOL/A vor. Es ist weder ersichtlich noch durch den Kläger dargelegt, dass eine außergewöhnliche Eignung erforderlich wäre, eine Öffentliche Ausschreibung unzweckmäßig gewesen ist oder kein wirtschaftliches Ergebnis gehabt hätte bzw. einen zu hohen Aufwand verursachen würde.

Auch die Ermessensbetätigung ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat mit Verweis auf Ziffer 1 der Leitlinien eine Korrektur von 25 % festgesetzt. Danach wird, wenn die Auftragsbekanntmachung nicht veröffentlicht wurde, eine Korrektur von 100 % vorgenommen, die im Einzelfall auf 25 % reduziert werden kann. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte aufgrund der vom Kläger vorgetragenen Umstände – zur knappen Überschreitung des Grenzwerts bei der Schätzung bzw. Unterschreitung bei der tatsächlichen Abrechnung – diesen auf 25 % reduziert hat. Ein rein formaler Fehler liegt offensichtlich nicht vor. Wäre der Auftrag öffentlich ausgeschrieben worden bzw. ein größerer Bieterkreis zur Angebotsabgabe aufgefordert worden, ist nicht auszuschließen, dass der Auftrag günstiger hätte vergeben werden können.

2. Auch der Widerruf hinsichtlich der Uferschwalbenwand ist rechtmäßig.

Diesbezüglich hat der Kläger die Auflage in Ziffer 5 des Zuwendungsbescheids vom 24. Mai 2011 verletzt. Danach erfolgt die Auszahlung auf der Grundlage von bezahlten Rechnungen oder gleichwertigen Buchungsbelegen. Die Hinterlegung auf ein Banksperrkonto ist hiervon nicht umfasst und kann auch nicht als Ausgabe innerhalb des Investitionszeitraumes verstanden werden. Auch Art. 56 Abs. 1 der nach Ziffer 3 der Besonderen Nebenbestimmungen einzuhaltenden VO (EG) Nr. 1083/2006, sieht vor, dass eine Beteiligung des ERFE-Fonds nur für Ausgaben in Betracht kommt, die bis 31. Dezember 2015 tatsächlich getätigt wurde. Nach Absatz 2b können Kosten abweichend von Absatz 1 als Ausgabe behandelt werden, wenn der Betrag durch Buchungsbelege nachgewiesen wird, die gleichwertig mit Rechnungen sind.

Die Hinterlegung eines Betrages auf ein Sperrkonto erfüllt diese Voraussetzung ersichtlich nicht. Für den Einwand des Klägers, das von ihm geschilderte Prozedere zu den Hintergründen des Verschiebens der Ausgabe und entsprechenden Absprachen mit dem L...sei mit der Beklagten telefonisch abgesprochen gewesen, findet sich in den Verwaltungsvorgängen kein Anhaltspunkt. Ohnehin bedürfte die Zusicherung, dies als nicht förderschädlich anzusehen nach § 38 Abs. 1 S. 1 VwVfG der Schriftform, an der es hier unstreitig fehlt.

3. Erhöhen sich die förderfähigen Ausgaben im Baubereich damit um den von der Beklagten nicht anerkannten Betrag von 511.863,36 Euro für das Los B1, ist auch die Kürzung der Baunebenkosten um den Betrag von 4.705,56 Euro nicht gerechtfertigt. Die Baunebenkosten sollen maximal 10 % der Gesamtkosten ausmachen, was bei der Anerkennung von weiteren 511.863,36 Euro ohne Weiteres der Fall ist.

4. Der Widerruf erweist sich daher insgesamt als rechtswidrig, soweit er einen Betrag von 231.938,32 Euro übersteigt. Die nicht förderfähigen Ausgaben betragen 253.783,82 Euro (770.352,74 Euro [ursprüngliche Widerrufssumme] abzüglich 511.863,36 Euro [15 % für Los B1] abzüglich 4.705,56 Euro [Baunebenkosten > 10 %]). Die förderfähigen Ausgaben betragen demnach 12.240.540,72 Euro (12.494.324,54 [förderfähige Ausgaben nach Verwendungsnachweis] abzüglich 253.783,82 Euro [nicht förderfähige Ausgaben]). Dies multipliziert mit dem Fördersatz von 78,54 % ergibt eine gerechtfertigte Zuwendung von 9.613.720,68 Euro. Dies von der ursprünglich bewilligten Zuwendung von 9.845.659,00 Euro abgezogen, ergibt sich der Teilwiderrufsbetrag von 231.938,32 Euro.

5. Ziffer 2 und Ziffer 4 des angegriffenen Bescheids, der einen Erstattungsbetrag von 145.292,55 Euro festsetzt und die Rückzahlungsmodalitäten regelt, ist insgesamt aufzuheben. Die gerechtfertigte Zuwendung in Höhe von 9.613.720,68 Euro liegt über dem bereits ausgezahlten Betrag von 9.353.300,00 Euro, so dass sich keine Erstattungsforderung ergibt. Schuldet der Kläger keine Erstattung, ist auch die Verzinsung in Ziffer 3 aufzuheben.

6. Die Klage gegen Ziffer 5 des Bescheids vom 19. Juli 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. August 2017 bleibt ohne Erfolg. Der Festsetzung von Zinsen in Höhe von 10.427,74 Euro für nicht fristgerecht verwendete Fördermittel ist der Kläger weder entgegengetreten, noch sind für das Gericht Gründe ersichtlich, aus welchen diese rechtswidrig sein sollte.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 VwGO und trägt dem Anteil des jeweiligen Obsiegens bzw. Unterliegens hinsichtlich der Höhe der Widerrufssumme Rechnung. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.