Gericht | SG Neuruppin 20. Kammer | Entscheidungsdatum | 22.11.2021 | |
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Aktenzeichen | S 20 KR 117/21 | ECLI | ECLI:DE:SGNEURU:2021:1122.S20KR117.21.00 | |
Dokumententyp | Gerichtsbescheid | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der von dem Kläger an die Beklagte zu entrichtenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und zur sozialen Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 01. Februar 2021 bis zum 11. Februar 2021 sowie zur freiwilligen gesetzlichen Kranken- und zur sozialen Pflegeversicherung für den Zeitraum ab dem 12. Februar 2021.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes verweist die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) iVm § 136 Abs 2 S 1 SGG auf die Ausführungen auf Seite 1 (dort unter „I.“) bis Seite 3 (dort bis vor „II.“) des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 27. Juli 2021, mit dem diese die Widersprüche des Klägers vom 06. Februar 2021 gegen die sozialverwaltungsbehördliche Verfügung der Beklagten vom 28. Januar 2021 hinsichtlich der Beitragsfestsetzung mit Wirkung ab dem 01. Februar 2021 und vom 12. April 2021 gegen die sozialverwaltungsbehördliche Verfügung der Beklagten vom 09. April 2021 hinsichtlich der Beitragsfestsetzung mit Wirkung ab dem 12. Februar 2021 jeweils als unbegründet zurückgewiesen hat. Wegen der Begründung der Beklagten verweist die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 136 Abs 2 S 1 SGG auf die Ausführungen auf Seite 3 (dort ab „II.“) bis Seite 6 (dort bis zu dem letzten Absatz) des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 27. Juli 2021.
Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsätzen vom 11. August 2021 – bei dem Sozialgericht Neuruppin jeweils am gleichen Tage eingegangen – Klagen erhoben. Im vorliegenden Verfahren wendet er sich gegen die Beitragsfestsetzungsverfügungen der Beklagten vom 28. Januar 2021, im Verfahren mit dem gerichtlichen Aktenzeichen S 20 KR 118/21 gegen die Beitragsfestsetzungsverfügungen der Beklagten vom 09. April 2021. Er meint im Wesentlichen, die Versorgungsbezüge der ERGO Lebensversicherung AG dürften nicht der Verbeitragung unterliegen, da die Zahlungen zu einem Zeitpunkt erfolgt seien, als der Kläger privat krankenversichert und deshalb nicht Mitglied bei der Beklagten gewesen sei. Zudem seien die Versorgungsbezüge dem Kläger aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinsichtlich seines bisherigen Arbeitgebers nie ausgezahlt worden. Dem Kläger tatsächlich nicht zur Verfügung stehende Gelder könnten aber nicht Grundlage für die Berechnung von Beiträgen sein.
Der Kläger beantragt (nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß),
die mit dem Bescheid der Beklagten vom 28. Januar 2021 in der Fassung des Bescheides vom 09. April 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juli 2021 verlautbarten Beitragsfestsetzungsverfügungen dahin zu ändern, dass die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und zur sozialen Pflegeversicherung ohne Berücksichtigung der Versorgungsbezüge der ERGO Lebensversicherung AG festgesetzt werden.
Die Beklagten beantragen,
die Klagen abzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages verweisen sie auf ihre Ausführungen in dem auch angegriffenen Widerspruchsbescheid.
Das Gericht hat die Beteiligten mit Verfügungen vom 12. Oktober 2021 zu der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte sowie auf die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Die Klagen haben keinen Erfolg.
1. Über die Klagen konnte die Kammer gemäß § 105 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache – entgegen der Auffassung des Klägers – keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist, der Sachverhalt geklärt ist, die Beteiligten zuvor mit gerichtlichen Verfügungen vom 12. Oktober 2021 zu dieser beabsichtigten Entscheidungsform ordnungsgemäß angehört worden sind, eine ausdrückliche Zustimmung der Beteiligten hierzu nicht erforderlich ist und weil das Gericht vor seiner Entscheidung – ebenso wie im Rahmen der mündlichen Verhandlung – weder zur Darstellung seiner Rechtsansicht (vgl Bundessozialgericht, Beschluss vom 03. April 2014 – B 2 U 308/13 B, RdNr 8 mwN) noch zu einem umfassenden Rechtsgespräch verpflichtet ist (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 R 8/14 R, RdNr 23).
2. Streitgegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens ist die Höhe der von dem Kläger zu entrichtenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und zur sozialen Pflegeversicherung seit dem 01. Februar 2021. Gegenstand des Klageverfahrens sind dabei die in der – dem Kläger unterstellten (vgl § 123 SGG) – Antragsformulierung näher bezeichneten Beitragsfestsetzungsverfügungen der Beklagten. Insbesondere sind auch die später ergangenen Beitragsfestsetzungsverfügungen der Beklagten vom 09. April 2021 – anders als offenbar der Kläger angesichts seiner gegen die Beitragsfestsetzungsverfügungen vom 09. April 2021 erhobenen weiteren Klagen, die unter dem gerichtlichen Aktenzeichen S 20 KR 118/17 geführt werden, meint – bereits Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens geworden, weil sie gemäß § 86 SGG die Beitragsfestsetzungsverfügungen der Beklagten vom 28. Januar 2021 mit Wirkung ab dem 12. Februar 2021 – jedenfalls soweit sie die Verbeitragung der Versorgungsbezüge regeln – abänderten.
3. Die danach interessengerecht ausgelegten – vgl erneut § 123 SGG – Begehren des Klägers, die darauf gerichtet sind, die mit dem Bescheid der Beklagten vom 28. Januar 2021 in der Fassung des Bescheides vom 09. April 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juli 2021 verlautbarten Beitragsfestsetzungsverfügungen dahin zu ändern, dass die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung ab dem 01. Februar 2021 ohne Berücksichtigung der Versorgungsbezüge der ERGO Lebensversicherung AG festgesetzt werden, sind als isolierte Abänderungsanfechtungsklagen gemäß § 54 Abs 1 Regelung 2 SGG iVm § 56 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig.
4. Die zulässigen Klagen sind jedoch unbegründet, weil die angegriffenen Verfügungen rechtmäßig sind und der Kläger durch sie nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten beschwert ist (vgl § 54 Abs 2 S 1 SGG).
a) Die Beklagte hat die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- sowie zur sozialen Pflegeversicherung für den Zeitraum ab dem 01. Februar 2021 zu Recht in der verlautbarten Höhe festgesetzt und hierbei die rechtlichen Grundlagen hierfür in nicht zu beanstandender Weise angewandt. Dies betrifft sowohl den Zeitraum, in der der Kläger aufgrund seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung Beiträge zu entrichten hatte – mithin bis zum 11. Februar 2021 – als auch den sich daran anschließenden Zeitraum, ab dem der Kläger bei der Beklagten freiwillig versichert (gewesen) ist.
b) aa) Die angegriffenen Beitragsfestsetzungsverfügungen der Beklagten sind für den Zeitraum vom 01. Februar 2021 bis zum 11. Februar 2021 unter Berücksichtigung der maßgeblichen gesetzlichen Grundlagen des § 226 Abs 1 S 1 Nr 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V), des § 226 Abs 2 SGB V, des § 228 Abs 1 S 1 SGB V, des § 229 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB V, des § 229 Abs 1 S 3 SGB V, des § 238 SGB V, des § 6 Abs 6 SGB V, des § 248 S 1 SGB V, des § 250 Abs 1 Nr 1 SGB V iVm § 252 Abs 1 S 1 SGB V und des § 57 Abs 1 S 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung – (SGB XI), jeweils in der Fassung, die die genannten Vorschriften im streitgegenständlichen Zeitraum hatten, weil in Rechtsstreitigkeiten der vorliegenden Art das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden ist, was auch für die weiteren zitierten Vorschrift gilt <sog Geltungszeitraumprinzip, vgl dazu aus dem Rechtskreis des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) nur etwa: Bundessozialgericht, Urteil vom 19. März 2020 – B 4 AS 1/20 R, RdNr 13 mwN), nicht zu beanstanden. Die Kammer sieht gemäß § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 136 Abs 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, verweist auf die Ausführungen der Beklagten auf Seite 3 (dort ab „II.“) bis Seite 5 (dort bis zu dem siebenten Absatz) des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 27. Juli 2021, weil sie diese für überzeugend hält und deshalb auch zur Grundlage ihrer eigenen Entscheidung macht.
Den in Bezug genommenen Erwägungen der Beklagten hat der Kläger auch im Klageverfahren nichts Entscheidungserhebliches entgegen gesetzt. Entgegen der Auffassung des Klägers haben die Beklagten insbesondere die Versorgungsbezüge des Klägers zu Recht berücksichtigt. Insoweit haben die Beklagten zu Recht entschieden, dass der Umstand, dass die von dem Kläger gezahlten Beiträge, die zu den Versorgungsbezügen geführt haben, zu einem Zeitpunkt gezahlt worden sind, als dieser privat krankenversichert gewesen war, unerheblich ist, weil ausgehend von den zitierten gesetzlichen Grundlagen für die Beitragsbemessung allein der Zeitpunkt der (jetzigen) Beitragspflicht maßgeblich ist. Auch haben die Beklagten richtig gesehen, dass sich die fehlende tatsächliche Auszahlung der Versorgungsbezüge an den Kläger auf die Beitragspflicht der Versorgungsbezüge nicht auszuwirken vermag, weil der originäre Bezugsberechtigte der Versorgungsbezüge in diesen Fällen (vorab) von einer Verbindlichkeit befreit wird (vgl hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 1 KR 19/14 R, RdNr 17ff).
bb) Wenn danach die Berücksichtigung der Versorgungsbezüge für den Zeitraum bis zum 11. Februar 2021 nicht zu beanstanden ist, gilt Gleiches auch für den Zeitraum ab dem 12. Februar 2021. Auch insoweit ist gegen die angegriffenen Beitragsfestsetzungsverfügungen der Beklagten unter Berücksichtigung der maßgeblichen gesetzlichen Grundlagen des § 9 SGB V, des § 240 Abs 1 SGB V, des § 240 Abs 4 S 1 SGB V und der „Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge“ („Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler“) sowie schließlich des § 20 Abs 3 SGB XI und des § 57 Abs 4 SGB XI nichts zu erinnern. Die Kammer sieht gemäß § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 136 Abs 3 SGG auch insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, verweist auf die Ausführungen der Beklagten auf Seite 5 (dort ab dem drittletzten Absatz) bis Seite 6 (dort bis zu dem drittletzten Absatz) des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 27. Juli 2021, weil sie auch diese für überzeugend hält und deshalb auch insoweit zur Grundlage ihrer eigenen Entscheidung macht.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 193 Abs 1 S 1 SGG. Es entsprach dabei der Billigkeit, dass die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten haben, weil der Kläger mit seinem Begehren vollumfänglich unterlag, während die Aufwendungen der Beklagten schon von Gesetzes wegen nicht erstattungsfähig sind (vgl § 193 Abs 4 SGG iVm § 184 Abs 1 SGG).
6. Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben (§ 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 183 S 1 SGG).