Gericht | OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 01.03.2022 | |
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Aktenzeichen | 13 UF 41/21 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2022:0301.13UF41.21.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 05.02.2021 - 53 F 5/16 - in seinem Ausspruch zum Versorgungsausgleich (Ziffer 2.) abgeändert.
Ziffer 2. erhält im 5. Absatz folgende Fassung:
Zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei dem Versorgungsträger Altersversorgung der Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin (Az.: I A 1) wird im Wege der externen Teilung zu Gunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von monatlich 355,94 €, bezogen auf den 31.01.2016, auf deren Versicherungskonto bei der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg (Versicherungsnummer 24 …) begründet. Der Ausgleichswert ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Im übrigen werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner gegeneinander aufgehoben.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.029,- € festgesetzt.
I.
Der Antragsgegner beanstandet die Höhe des zugunsten der Antragstellerin ausgeglichenen Anrechts aus seiner Altersversorgung aufgrund seiner Mitgliedschaft im Abgeordnetenhaus von Berlin.
Durch die angefochtene Entscheidung vom 05.02.2021 (Bl. 168 ff.), auf die der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist, hat das Amtsgericht die Ehe der Antragsbeteiligten geschieden und den Versorgungsausgleich zwischen ihnen durchgeführt. Insbesondere hat es dabei, der Auskunft des weiteren Beteiligten zu 1) vom 14.04.2016 (Bl. 24 VA-Heft) folgend, ein sich in der Anwartschaftsphase befindliches Anrecht des Antragsgegners bei dem weiteren Beteiligten zu 1) aus einer Versorgung für ehemalige Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin im Wege der externen Teilung durch Übertragung einer Anwartschaft in Höhe von monatlich 684,50 € zugunsten der Antragstellerin ausgeglichen.
Mit seiner Beschwerde vom 15.03.2021 (Bl. 181, 193) beanstandet der Antragsgegner die aus der vom weiteren Beteiligten zu 1) zugrunde gelegten umittelbaren Bewertung der Versorgungsanwartschaft resultierende Höhe des zugunsten der Antragstellerin ausgeglichenen Anrechts, das seiner Auffassung nach zeitratierlich zu bewerten sei.
Der Antragsgegner beantragt zuletzt (Bl. 193, 241),
den Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 05.02.2021, Az. 53 F 5/16, in Ziffer 2. Absatz 5 wie folgt zu ändern: Zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei dem Versorgungsträger Altersversorgung der Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin wird im Wege der externen Teilung zu Gunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von monatlich 355,94 €, bezogen auf den 31.01.2016, auf deren Versicherungskonto bei der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg (Versicherungsnummer 24…) begründet. Der Ausgleichswert ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
Die Antragstellerin beantragt (Bl. 206),
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie fordert die Aufrechterhaltung der erstinstanzlich herangezogenen Bewertungsmethode bei der Ermittlung des Ehezeitanteils des beschwerdegegenständlichen Anrechts und weist auf das Entstehen einer sie ansonsten unverhältnismäßig belastenden Versorgungslücke hin (Bl. 206, 224).
Der weitere Beteiligte zu 1) beruft sich auf die erstinstanzlich erteilte Auskunft vom 14.04.2016 und eine seiner Auffassung nach auf § 39 Abs. 2 Nr. 5 VersAusglG zu stützende unmittelbare Bewertung der Anrechte (Bl. 209 d. A., 24, 51 VA-Heft).
Der Senat entscheidet, seiner Ankündigung (Bl. 233R) entsprechend, ohne erneute mündliche Erörterung (§§ 221 Abs. 1, 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG), von der ein weiterer Erkenntnisgewinn nicht zu erwarten ist.
II.
1. a) Die gemäß §§ 58 ff., 228 FamFG zulässige Beschwerde des Antragsgegners führt zum Erfolg.
Die Versorgungsanwartschaft des Antragsgegners aus Altersentschädigung nach §§ 11, 12 LAbgG Bln. (Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin vom 09.10.2019, GVBl. 2019, 674) ist abweichend von dem Vorschlag des weiteren Beteiligten zu 1) in seiner erstinstanzlich erteilten Auskunft vom 14.04.2016 (Bl. 24 VA-Heft) zeitratierlich zu bewerten, § 40 VersAusglG. Die dem Antragsgegner zustehende Altersentschädigung richtet sich unter Berücksichtigung seines Ausscheidens aus dem Abgeordnetenhaus von Berlin vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach §§ 11, 12 i. V. m. 39a Abs. 1 LAbgG Bln.
Da der Versorgungsträger gemäß § 220 Abs. 4 FamFG nur ein Vorschlagsrecht hinsichtlich des Ausgleichswerts hat, obliegt die Entscheidung über die Bewertungsmethode dem Gericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht (Götsche/Rehbein/Breuers/Götsche, Versorgungsausgleichsrecht, 3. Aufl. 2018 § 224 FamFG Rn. 20; Götsche/Rehbein/Breuers/Rehbein VersAusglR § 39 Rn. 26).
Die allgemeinen Wertermittlungsvorschriften der §§ 39 ff. VersAusglG unterscheiden für Anrechte, die sich - wie vorliegend - bereits in der Anwartschaftsphase befinden, zwischen der unmittelbaren und der ihr nachrangigen (§ 40 Abs. 1 VersAusglG) zeitratierlichen Bewertung. Die Abgrenzung zwischen diesen beiden Bewertungsmethoden erfolgt für Versorgungen, die nicht den Sondervorschriften für bestimmte Arten der Versorgung nach §§ 43 bis 46 VersAusglG oder landesgesetzlichen Bewertungsvorschriften unterliegen, nach der Art der Berechnung der Anrechte des jeweiligen Versorgungssystems (vgl. Götsche/Rehbein/Breuers/Rehbein VersAusglG § 39 Rn. 7f.).
Da es sich bei der beschwerdegegenständlichen Altersentschädigung für ehemalige Mitglieder des Abgeordnetenhauses Berlin nach §§ 11, 12 LAbgG Bln. nicht um ein den §§ 43 bis 46 VersAusglG unterliegendes Versorgungssystem handelt, insbesondere § 44 VersAusglG auf die Versorgung der Abgeordneten der Länder nicht anwendbar ist (Götsche/Rehbein/Breuers/Rehbein VersAusglG § 44 Rn. 8), ist die zutreffende Bewertungsmethode nach §§ 39, 40 VersAusglG zu ermitteln. Dies folgt auch aus § 41 LAbgG Bln., wonach für die Berechnung des Versorgungsausgleichs auf die Bewertungsvorschriften der §§ 39 bis 42 VersAusglG verwiesen wird. Eine spezialgesetzliche Bewertungsvorschrift ist im LAbgG Bln. nicht enthalten (Austermann/Schmahl/Sinner/Rehbein, AbgG (Bund), 2016, AbgG § 25a Rn. 63).
Der unmittelbaren Bewertung nach § 39 VersAusglG unterliegen Anwartschaften aus Versorgungssystemen, bei denen sich die Bezugsgröße unmittelbar einem bestimmten Zeitabschnitt zuordnen lässt; der zeitratierlichen Bewertung nach § 40 VersAusglG unterliegen die Anwartschaften aus Versorgungssystemen, bei denen diese unmittelbare Zuordnung nicht möglich ist (Götsche/Rehbein/Breuers/Rehbein VersAusglG § 39 Rn. 3; BeckOGK/Kischkel, 1.11.2021, VersAusglG § 39 Rn. 81).
Die Bezugsgröße, aufgrund der die Altersentschädigung der ehemaligen Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin nach § 11, 12 LAbgG Bln. zu ermitteln ist, lässt sich nicht unmittelbar einem bestimmten Zeitabschnitt zuordnen. Zwar kommt es nach §§ 11, 12 LAbgG Bln. bei der Bestimmung der Höhe der Altersentschädigung auch auf die Dauer der Zugehörigkeit zum Abgeordnetenhaus an. Eine die unmittelbare Bewertung nach § 39 Abs. 2 Nr. 5 VersAusglG eröffnende Zuordnung zur Dauer der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn die Höhe der Versorgung ausschließlich durch die Dauer der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem bestimmt wird, indem für jedes Jahr der Zugehörigkeit ein bestimmter Versorgungsbetrag zugesagt wird, so dass sich die Höhe des Anrechts aus einer Multiplikation der maßgeblichen Zeit mit einem festen Rechenfaktor ergibt (BT-Drs. 16/10144, 78; Norpoth/Sasse in Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 39 VersAusglG Rn. 10; BeckOGK/Kischkel VersAusglG § 39 Rn. 227; Götsche/Rehbein/Breuers/Rehbein VersAusglG § 39 Rn. 20).
Dies ist vorliegend indes nicht der Fall, da ein Anspruch auf Altersentschädigung nach §§ 11 Satz 1 Nr. 1 LAbgG Bln. eine Mindestzugehörigkeit zum Abgeordnetenhaus von mindestens 9 Jahren voraussetzt, die Mindesthöhe der Versorgung 35 % der sich grundsätzlich nach § 6 Abs. 1 LAbgG Bln. richtenden Entschädigung beträgt und sich vom elften bis zum zwanzigsten Jahr der Mitgliedschaft für jedes Jahr um 3 % erhöht. Anders als etwa die der unmittelbaren Bewertung unterliegenden Anrechte aus der Abgeordnetenversorgung des Bundestags (§ 25a Abs. 3 AbgG), die mit dem vollendeten ersten Jahr der Mitgliedschaft entstehen (§ 19 AbgG) und sich der Dauer der Mitgliedschaft entsprechend jährlich um gleichbleibend 2,5 % erhöhen (§ 20 Satz 2 AbgG), ist es vorliegend nicht möglich, den auf die Ehezeit entfallenden Versorgungsanteil ausschließlich durch Summierung zeitlich zuordenbarer Versorgungsbestandteile zu errechnen. Bei einem Versorgungssystem, das - wie vorliegend - eine pauschale Zurechnungszeit vorsieht, steigt der Wert des Anrechts nicht gleichmäßig entsprechend der Dauer der Ehezeit, so dass ein Ehezeitanteil nicht allein aufgrund der Dauer der Ehe bestimmt werden kann, sondern auf die vor Ehezeitbeginn zurückgelegte und die nach Ehezeitende bis zum Versorgungsfall zurückzulegende Zeit in die Betrachtung einbezogen werden müssen, was einer unmittelbaren Bewertung nach § 39 Abs. 2 Nr. 5 VersAusglG entgegen steht (vgl. OLG Frankfurt a. M. NZFam 2020, 439; Norpoth/Sasse VersAusglG § 39 Rn. 231). Das Versorgungssystem nach §§ 11, 12 LAbgG Bln. ist mit der Altersversorgung der Abgeordneten des sächsischen und des bayerischen Landtags vergleichbar, bei der aus der für die Anspruchsentstehung vorausgesetzten Mindestzugehörigkeit von 10 Jahren zum Versorgungssystem (§ 14b AbgG Sachsen; §§ 12, 13 BayAbgG) eine zeitratierliche Bewertung nach § 40 VersAusglG folgt (Austermann/Schmahl/Sinner/Rehbein AbgG § 25a Rn. 50, 63; Götsche/Rehbein/Breuers/Rehbein VersAusglG § 39 Rn. 24).
b) Eine Ermittlung der Höhe des beschwerdegegenständlichen Anrechts im Wege der - für die Antragsgegnerin deutlich günstigeren - unmittelbaren Bewertung kommt auch nicht unter Billigkeitsgesichtspunkten in Betracht. Die der Ermittlung des Werts einer Versorgungsanwartschaft zugrunde zu legende Bewertungsmethode ist grundsätzlich nicht disponibel. Wenn das in Rede stehende Versorgungssystem ganz oder zum Teil eine dem Halbteilungsgrundsatz entsprechende unmittelbare oder zeitratierliche Bewertung ermöglicht, ist ein Ermessensspielraum des Gerichts nicht eröffnet (BT-Drs. 16/10144, 80; Götsche/Rehbein/Breuers/Rehbein VersAusglG § 42 Rn. 3). Ein Ermessenspielraum des Gerichts bei der Bewertung der dem Versorgungsausgleich unterliegenden Anwartschaften besteht nach § 42 VersAusglG nur bei Versorgungssystemen, die - anders als die beschwerdegegenständliche Altersentschädigung - keiner der Bewertungsmethoden nach §§ 39, 40 VersAusglG zugänglich sind (Götsche/Rehbein/Breuers/Rehbein VersAusglG § 42 Rn. 2).
2. Nach Maßgabe der in § 40 Abs. 2 VersAusglG vorgegebenen Berechnungsmethode ermittelt sich die Höhe des Ehezeitanteils - übereinstimmend mit der vom weiteren Beteiligten zu 1) im Beschwerderechtszug mit Schreiben vom 09.12.2021 (Bl. 232) erteilten Auskunft wie folgt: Die für die nach § 40 Abs. 2 Satz 1 VersAusglG maßgebliche Zeitdauer (n) beträgt 11 Jahre (10 Jahre und 331 Tage, vom 30.11.1995 bis zum 26.10.2006), entsprechend der Dauer der Mitgliedschaft des Antragsgegners im Berliner Abgeordnetenhaus. Der gemäß § 40 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG mit der Ehezeit übereinstimmende Teil dieser Zeitdauer (m) beträgt 5,73 Jahre (5 Jahre und 268 Tage, vom Ehezeitbeginn 01.02.2001 bis zum Ausscheiden des Antragsgegners aus dem Abgeordnetenhaus am 26.10.2006). Der Antragsgegner hat für die Zeit seiner Mitgliedschaft im Abgeordnetenhaus insgesamt eine Versorgungsanwartschaft in Höhe von 1.369,- € (R) erworben, ausgehend von der - von keinem der Beteiligten angegriffenen - Höhe der Entschädigung des Antragsgegners von 3.601,- € und einem Prozentsatz von 38 % bei Erreichen einer Mitgliedschaftsdauer von 11 Jahren. Hieraus errechnet sich ein Wert des Ehezeitanteils von 711,88 € (m = 5,73 dividiert durch n = 11 ergibt 0,52 multipliziert mit R = 1.369,- €), § 40 Abs. 2 Satz 3 VersAusglG. Der im Wege der externen Teilung (§§ 18 LAbgG Bln., 16 Abs. 1 VersAusglG durchzuführende hälftige Ausgleich (§ 1 Abs. 1 VersAusglG) führt zur Begründung einer Anwartschaft der Antragstellerin in Höhe von 355,94 € (1/2 von 711,88 €). Der korrespondierende Kapitalwert (§ 47 VersAusglG) beträgt, der zutreffenden Auskunft des weiteren Beteiligten zu 1) vom 09.02.2021 (Bl. 232) entsprechend, nach Heranziehung des für das Ehezeitende maßgeblichen Umrechnungsfaktors der allgemeinen Rentenversicherung von 6781,9290 und des aktuellen Rentenwerts von 29,21 (vgl. Götsche/Rehbein/Breuers/Rehbein VersAusglG § 47 Rn. 10, 16) 82.641,87 €. Die Anordnung der Umrechnung in Entgeltpunkte folgt aus § 16 Abs. 3 Satz 1 VersAusglG.
3. a) Die auf das Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerin, durch die Kürzung der auf sie zu übertragenden beschwerdegegenständlichen Versorgungsanwartschaft erleide sie eine unzumutbare Versorgungslücke, amtswegig zu prüfende Unbilligkeit nach § 27 VersAusglG (BeckOGK/Maaß VersAusglG § 27 Rn. 134; Götsche/Rehbein/Breuers/Götsche § 27 Rn. 85) ermöglicht keine von der unter Ziffer 2. zugrunde gelegten Bewertungsmethode abweichende Wertermittlung des auszugleichenden Anrechts, insbesondere kommt der Ausgleich eines Anrechts über den nach § 1 Abs. 2 VersAusglG in zutreffender Weise ermittelten Ausgleichswert hinaus nicht in Betracht (BT-Drs. 16/10144, 68; BGH NJW 2013, 2967; BeckOGK/Maaß VersAusglG § 27 Rn. 130).
b) Ein Ausschluss der Durchführung des Versorgungsausgleichs nach § 27 VersAusglG kommt auch nicht insoweit in Betracht, als es die weiteren dem Versorgungsausgleich der Antragsbeteiligten unterliegenden Anwartschaften betrifft. Aufgrund der eine „Klammerwirkung“ auslösenden Wirkung des § 27 VersAusglG (vgl. Götsche/Rehbein/Breuers/Götsche FamFG § 228 Rn. 12) ist dem Senat durch die Beschwerde des Antragsgegners die Überprüfung sämtlicher, dem verfahrensgegenständlichen Versorgungsausgleich der Antragsbeteiligten unterliegenden Versorgungsanwartschaften angefallen (vgl. OLG Brandenburg, 1. Senat für Familiensachen, BeckRS 2017, 128444; MüKoFamFG/Stein, 3. Aufl. 2018, FamFG § 228 Rn. 17; Götsche/Rehbein/Breuers/Götsche FamFG § 228 Rn. 12; Johannsen/Henrich/Althammer/Siede, Familienrecht, 7. Aufl. 2020 FamFG § 228 Rn. 7a). Eine - grundsätzlich zulässige - Teilanfechtung eines am Versorgungsausgleichsverfahren Beteiligten auf ein bestimmtes Anrecht führt in diesen Fällen nicht zur Beschränkung des Beschwerdegegenstands auf das mit der Beschwerde angegriffene Anrecht, sondern eröffnet dem Beschwerdegericht die - dann im Wege der Amtsermittlung - vorzunehmende Prüfung eines vollständigen oder teilweisen Ausschlusses des Versorgungsausgleichs am Maßstab des § 27 VersAusglG.
Vorliegend kommt eine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung zum Zweck der Herbeiführung eines die Antragstellerin im Ergebnis stärker begünstigenden Versorgungsausgleichs aus Billigkeitsgründen nach § 27 VersAusglG nicht in Betracht. Bei Durchführung des Versorgungsausgleichs nach Reduzierung des auf sie zu übertragenden Anrechts des Antragsgegners aus Altersentschädigung beim weiteren Beteiligten zu 1) wird sie insgesamt in Höhe von 315,26 € monatlich begünstigt. Die Durchführung des Versorgungsausgleichs im Umfang der erstinstanzlichen Entscheidung hätte sie im Umfang von 643,82 € begünstigt. Für ein berechtigtes Vertrauen der Antragstellerin in eine zusätzliche Begünstigung im Umfang von 328,56 € monatlich sind keine Anhaltspunkte ersichtlich und von der Antragstellerin nicht substantiiert vorgetragen.
Da § 27 VersAusglG eine anspruchsbegrenzende Vorschrift ist, trägt derjenige Ehegatte, der sich gegen die uneingeschränkte Durchführung des Versorgungsausgleichs wendet, für die tatsächlichen Voraussetzungen der Vorschrift die Darlegungs- und Feststellungslast. Die so feststellbaren Gründe müssen die sichere Erwartung rechtfertigen, dass sich der uneingeschränkte Versorgungsausgleich grob unbillig zu seinen Lasten auswirken würde (OLG Brandenburg, 3. Senat für Familiensachen, Beschluss vom 24.03.2020, 15 UF 185/19, juris; OLG Saarbrücken, FamFR 2013, 228). Die von der Antragsgegnerin angeführte Rollenverteilung während der Ehezeit, die ihr als alleinige Betreuerin der drei gemeinsamen Kinder den Aufbau einer höheren Altersvorsorge verunmöglicht habe, sowie ihr Hinweis auf die von ihr erbrachte Bewirtschaftung des gemeinsamen Unternehmens „Ferienland …“ (Bl. 202f., 228) vermögen eine Billigkeitskorrektur des Versorgungsausgleichs schon dem Grunde nach nicht zu rechtfertigen. Die Durchführung des Versorgungsausgleichs dient nicht dem Ausgleich von Einbußen, die aufgrund der ehelichen Aufgabenverteilung entstanden sind (BeckOGK/Maaß VersAusglG § 27 Rn. 42). Weiter kann sich die Antragsgegnerin nicht erfolgreich auf ein berechtigtes Vertrauen in einen sie im Ergebnis im Umfang einer Monatsrente von weiteren 328,56 € begünstigenden Versorgungsausgleich berufen, da eine Rechtfertigung dafür, den Versorgungsausgleich allein aufgrund unterschiedlicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ehegatten ganz oder teilweise auszuschließen, nur für die Fälle besteht, in denen die Durchführung des Versorgungsausgleichs einseitig für den einkommensschwächeren Ehegatten zu einer Unterschreitung des Existenzminimums führen würde (BeckOGK/Maaß VersAusglG § 27 Rn. 37). Hierfür trägt die Antragsgegnerin nichts von Substanz vor. Angesichts der Ehedauer von 15 Jahren sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, die ein berechtigtes Vertrauen der Antragsgegnerin in eine ausschließlich durch den Versorgungsausgleich begründete Altersversorgung rechtfertigen könnten.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 20 Abs. 1 FamGKG, 150 Abs. 1 FamFG. Die Wertfestsetzung folgt § 55 Abs. 2, 50 Abs. 1 FamGKG. Beschwerdegegenständlich ist ein Anrecht.