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Entscheidung 4 U 111/21


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Zivilsenat Entscheidungsdatum 23.02.2022
Aktenzeichen 4 U 111/21 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2022:0223.4U111.21.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 20.04.2021 – Az.: 6 O 21/20 – teilweise abgeändert und im Hauptsachetenor wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 9.837,71 € zu zahlen Zug um Zug gegen Vorlage folgender Unterlagen:

a) namentliche Auflistung der Arbeitnehmer der Klägerin, die in den Monaten August und September 2019 die in den Rechnungen der Klägerin Nr. A…, B…, C…, D…, E… und F… aufgeführten Reinigungsarbeiten ausgeführt haben,

b) für jeden der in der Auflistung zu a) aufgeführten Arbeitnehmer der Klägerin Stundennachweise, aus denen sich ergibt, wieviele Stunden der jeweilige Arbeitnehmer zur Ausführung der in den unter a) aufgeführten Rechnungen abgerechneten Reinigungsleistungen tätig war,

c) Lohnabrechnungen für die in der Auflistung zu a) aufgeführten Arbeitnehmer der Klägerin für die Monate August und September, aus denen allerdings nur der Name des Arbeitnehmers sowie die Angaben zum abgerechneten Bruttolohn, die diesem zugrunde gelegte Lohnart (unter Differenzierung zwischen laufendem Lohn und etwaigen Zusatz- oder Sondervergütungen), die Anzahl der abgerechneten Stunden und der Stundenlohn (ggf. differenziert für die jeweilige Lohnart) ersichtlich sein müssen, während die übrigen Angaben der jeweiligen Lohnabrechnung unkenntlich zu machen sind, sofern nicht eine Einwilligung des jeweiligen Arbeitnehmers zur Weitergabe der entsprechenden personenbezogenen Daten durch die Klägerin an die Beklagte vorliegt.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen sowie die weitergehende Berufung zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits in der ersten Instanz haben die Klägerin zu 70 % und die Beklagte zu 30 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung eines Betrages von 9.837,71 € als Vergütung für Reinigungsarbeiten in den Monaten August und September 2019 in Anspruch. Die Beklagte beruft sich auf ein Zurückbehaltungsrecht im Hinblick auf einen Anspruch auf Erbringung von Nachweisen über die Zahlung des Mindestlohns an die in den Objekten der Beklagten tätigen Mitarbeiter der Klägerin.

Die Beklagte schloss mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin unter dem 21.11./05.12.2018 einen Nachunternehmervertrag, wonach die Auftraggeberin als Generalunternehmerin der Klägerin als Nachunternehmerin Aufträge für Unterhaltsreinigungen, Glas- und Rahmeneinigungen sowie Sonderreinigungen in diversen Objekten übertrug. In § 4 dieses Vertrages trafen die Parteien folgende Regelungen:

„Der Nachunternehmer verpflichtet sich, das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) zu beachten und den jeweils verbindlich vorgeschriebenen Mindestlohn im Gebäudereiniger-Handwerk zu zahlen.

Der Generalunternehmer ist berechtigt, hierüber jederzeit aktuelle Nachweise (z.B. Vorlage von Stundennachweisen, Lohnabrechnungen, Mitarbeiterlisten) zu verlangen. Im Falle der Nichtvorlage verlangter Nachweise ist der Generalunternehmer berechtigt, fällige Zahlungen einzubehalten.

Der Nachunternehmer verpflichtet sich, den Generalunternehmer von seiner Haftung auf den Mindestlohn freizustellen.

Im Fall der Zuwiderhandlung des Nachunternehmers gegen die Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns ist der Generalunternehmer berechtigt, den Vertrag fristlos zu kündigen (Auftragsentziehung). Daneben hat er gegenüber fälligen Zahlungen des Nachunternehmers ein Zurückbehaltungsrecht.“

Darüber hinaus war dem Nachunternehmervertrag eine Anlage 1 beigefügt, wonach die Klägerin eine Erklärung unterzeichnet hat, wonach die Entlohnung ihrer Arbeitnehmer nicht unter den jeweils geltenden Lohntarifen/Mindestlöhnen der Länder Berlin und Brandenburg erfolgen werde und der Generalunternehmer sich vorbehalte, durch Stichproben anhand von der Klägerin vorzulegenden Lohnabrechnungslisten die Einhaltung zu überprüfen.

Die Berechtigung der mit den streitgegenständlichen Rechnungen abgerechneten Vergütungsforderungen ist unstreitig. Die Beklagte hat der Klägerin (spätestens) mit Schreiben vom 11.11.2019 mitgeteilt, die Zahlungen würden erst nach erfolgtem Nachweis über die Zahlung des Mindestlohnes des Landes Berlin freigegeben und dies damit begründet, dass ihr Entgeltabrechnungen vorlägen, aus denen hervorgehe, dass der Mindestlohn nicht eingehalten werde.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe mit am 26.11.2019 abgegebenen Erklärungen ihres Steuerberaters, wonach der Mindestlohn von 10,56 € gezahlt werde, ihrer Nachweispflicht genügt. Der Vorlage insbesondere von Lohnabrechnungen ihrer Mitarbeiter stehe die Datenschutzgrundverordnung (DGS-VO) entgegen; gebe sie derartige Daten heraus, mache sie sich strafbar.

Das Landgericht hat die Beklagte mit dem angefochtenen Urteil zu einer Zahlung von 9.837,71 € verurteilt, allerdings lediglich Zug um Zug „gegen geeigneten Nachweis, der es der Beklagten ermöglicht, die Einhaltung des Mindestlohns bei den in ihren Objekten tätigen Mitarbeitern der Klägerin eigenständig zu prüfen“. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagten stehe aus § 4 Abs. 2 des Nachunternehmervertrages ein Zurückbehaltungsrecht zu. Die Bestätigung des Steuerberaters genüge den vertraglich vereinbarten Nachweisen nicht. Die vertragliche Vereinbarung begegne auch keinen grundsätzlichen Wirksamkeitsbedenken. Das berechtigte Interesse des Generalunternehmers, einer Haftung nach § 13 MiLoG vorzubeugen, könne grundsätzlich in einem eigenen Prüfungsrecht vertraglich verankert werden. Es sei auch nicht ersichtlich, dass einem solchen Prüfungs- und Kontrollrecht grundsätzliche Bedenken des Datenschutzes entgegenstünden. Sowohl das BDSG als auch die DSGVO kennten zahlreiche Rechtfertigungsgründe, die eine Verarbeitung personenbezogener Daten zuließen. Eine pauschale Aussage zu der Frage, welche Nachweise die Klägerin im Einzelfall datenschutzrechtlich bedenkenlos der Beklagten übermitteln könne, könne dabei nicht getroffen werden.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr Ziel einer unbedingten Verurteilung der Beklagten einschließlich Verzugszinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten weiterverfolgt. Sie macht geltend, das Landgericht habe – was die Beklagte bestreitet - nicht auf eine beabsichtigte Zug um Zug-Verurteilung hingewiesen. Die erfolgte Zug um Zug-Verurteilung sei nicht ausreichend bestimmt; sie genüge nicht den Anforderung des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Im Übrigen irre das Landgericht, soweit es davon ausgehe, dass einem Prüf- und Kontrollrecht der Beklagten datenschutzrechtliche Bedenken nicht entgegenstünden. Eine Vorlage der personenbezogenen Daten sei ohne – nicht vorliegende – Einwilligung der Arbeitnehmer nicht zulässig. Zudem sei ein Auftragsverarbeitungsvertrag im Sinne des Art. 28 Abs. 3 DSGVO zwischen den Parteien nicht geschlossen worden; der Nachunternehmervertrag genüge insoweit nicht.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 20.04.2021 zum Geschäftszeichen 6 O 21/20 abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 9.837,71 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 22.11.2019 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin eine streitwertneutrale Nebenforderung in Höhe von 887,03 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.11.2019 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages. Sie vertritt die Auffassung, zur Überprüfung der Zahlung der vereinbarten Löhne sei eine namentliche Aufstellung der Mitarbeiter der Klägerin unter Angabe der jeweiligen Personalnummer, Arbeitsnachweise für die einzelnen Mitarbeiter sowie die Angabe des Eintrittsdatums des jeweiligen Mitarbeiters erforderlich. Zudem sei die Lohnabrechnung unter Angabe von Name und Personalnummer des Mitarbeiters, die Stundenanzahl, der Stundenlohn und der Gesamtsumme des Lohns vorzulegen. Der Stundenlohn müsse die Zusatzangabe Mindestlohn, Tariflohn oder Vergabemindestlohn enthalten. Der Feiertagsgrundlohn sei auszuweisen. Ferner seien die Lohnsteuer und die Sozialversicherungsleistungen und der Auszahlungsbetrag auszuweisen.

II.

A. Die Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere gemäß den §§ 517 ff. ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Es fehlt auch nicht an der gemäß § 511 ZPO erforderlichen Beschwer der Klägerin.

Zwar wendet sich diese mit ihrer Berufung in erster Linie dagegen, dass das Landgericht ihr die Klageforderung nicht unbedingt, sondern lediglich Zug um Zug gegen geeigneten Nachweis der Einhaltung des Mindestlohns zugesprochen hat. In Bezug auf dieses Hauptanliegen der Klägerin ist für die Beschwer nur das Interesse der Klägerin an der Beseitigung bzw. Abänderung der Zug um Zug Leistung maßgeblich, das nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten und damit nach dem Aufwand für die Erfüllung der Gegenleistung zu bemessen ist. Berücksichtigt man insoweit, dass die Klägerin gemäß § 17 MiLoG die wesentlichen Unterlagen, derer es für den Nachweis der Einhaltung des Mindestlohns bedarf, ohnehin erstellen und bereithalten muss, erfordert ihr Aufwand für evtl. Schwärzungen und die Übermittlung an die Klägerin aber nur einen geringen, jedenfalls unterhalb von 600 € liegenden Kostenaufwand.

Allerdings macht die Klägerin mit ihrer Berufung zusätzlich geltend, das Landgericht habe ihr zu Unrecht den Zinsanspruch und den Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 887,03 € aberkannt. Da es sich insoweit um Nebenforderungen aus einer als solche nicht im Streit stehenden Hauptforderung handelt, sind diese bei der Bemessung der Beschwer gemäß § 4 Abs. 1 ZPO zu berücksichtigen (vgl. nur: BGH, Beschluss vom 08.05.2012 – XI ZR 286/11 – Rn. 7, juris).

B. In der Sache bleibt die Berufung jedoch im Wesentlichen ohne Erfolg. Das angefochtene Urteil unterliegt der Abänderung nur insoweit, als das Zurückbehaltungsrecht, das das Landgericht der Beklagten gegenüber der unstreitigen Klageforderung grundsätzlich zu Recht zuerkannt hat, – wie aus dem Tenor ersichtlich - zu konkretisieren ist.

Die Klägerin macht mit ihrer Berufung zu Recht geltend, dass für die Bestimmtheit der Gegenleistung im Rahmen einer Zug-um-Zug-Verurteilung dieselben Anforderungen gelten wie für die Bestimmtheit der Leistung im Rahmen einer Leistungsklage. Ein von einer Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistung abhängiges Urteil muss als Grundlage für eine Zwangsvollstreckung gemäß § 756 ZPO oder § 765 ZPO geeignet sein, dem Vollstreckungsorgan die Überprüfung zu ermöglichen, ob die Gegenleistung in der geschuldeten Art und in dem Geschuldeten Umfang erbracht ist. Die Zug-um-Zug-Einschränkung muss daher so bestimmt sein, dass sie ihrerseits zum Gegenstand einer Leistungsklage gemacht werden könnte (BGH, Beschluss vom 16.06.2016 – I ZB 58/15 – Rn. 20; ebenso schon: BGH, Urteil vom 18.09.1992 – V ZR 86/91 – Rn. 13). Diesen Anforderungen genügt die Tenorierung des Landgerichts „Zug um Zug gegen geeigneten Nachweis, der es der Beklagten ermöglicht, die Einhaltung des Mindestlohns bei den in ihren Objekten tätigen Mitarbeitern der Klägerin eigenständig zu prüfen“ nicht. Es ist vielmehr erforderlich - und entgegen der Auffassung des Landgerichts auch möglich-, den Inhalt des der Beklagten zustehenden Gegenanspruchs den Anforderungen der Vollstreckbarkeit einer Zug- um-Zug-Verurteilung entsprechend zu bestimmen.

Im Einzelnen:

1. Als Grundlage für das Zurückbehaltungsrecht ebenso wie für den entsprechenden Gegenanspruch der Beklagten kommt – wie das Landgericht zutreffend erkannt hat – nur § 4 Abs 2. S. 2 i.V.m. § 4 Abs. 2 S. 1 des Nachunternehmervertrages vom 21.11./05.12.2018 in Betracht.

a) Das Landgericht hat auch zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin ihre danach bestehende Verpflichtung zum Nachweis der Zahlung des Mindestlohns nicht bereits dadurch erbracht hat, dass sie auf das Verlangen der Beklagten vom 11.11.2019 (Bl. 24 d.A.) mit E-Mail vom 26.11.2019 (Bl. 25 d.A.) und Schreiben vom selben Tag (Bl. 26 d.A.) Erklärungen ihres Steuerberaters beigebracht hat, wonach sie den Mindestlohn zahle. Diese pauschalen Erklärungen, „bei allen Mitarbeitern, die nach Stundenlohn abgerechnet wurden, ist der Mindestlohn von 10,56 € berücksichtigt worden. Darüber hinaus wurden auch geringfügig Beschäftigte eingestellt: Auch hier stand immer der Mindestlohn in Höhe von 10,56 € zur Berechnung“ bzw. „Ich als Steuerberater … kann Ihnen nach Durchsicht der Unterlagen des Jahres bestätigen, dass unsere Mandantin … im Jahre 2019 den Mindestlohn an ihre Mitarbeiter von 10,56 Euro zahlte“ genügen der vertraglichen Vereinbarung, in der als geeignete Nachweise beispielhaft „Vorlage von Stundennachweisen, Lohnabrechnungen, Mitarbeiterlisten“ genannt sind, nicht.

Die in § 4 Abs. 2 S. 1 des Nachunternehmervertrages getroffene Regelung ist insbesondere nicht deshalb dahin auszulegen, dass die Beklagte sich mit entsprechenden Steuerberatererklärungen begnügen müsste, weil weitergehende Nachweise, insbesondere die Vorlage der in der Vereinbarung genannten Stundennachweise, Lohnabrechnungen und Mitarbeiterlisten, gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstießen und die Klägerin sich mit der Vorlage derartiger Unterlagen strafbar mache. Dieser Auffassung der Klägerin kann nicht gefolgt werden.

b) Die Klägerin ist durch die Vorschriften der seit 2018 geltenden Regelungen der Datenschutzgrundverordnung (im Folgenden DSGVO) nicht gehindert, gegenüber der Beklagten Nachweise über die Zahlung des Mindestlohns an die Mitarbeiter, die sie zur Erfüllung von Aufträgen der Beklagten eingesetzt hat, zu erbringen. Diese Form der Verarbeitung personenbezogener Daten der Mitarbeiter der Klägerin ist vielmehr, soweit dabei die Grenzen der Erforderlichkeit und der Datensparsamkeit eingehalten werden, gemäß Art 6 Abs. 1 lit f. DSGVO erlaubt.

aa) Dabei verkennt der Senat nicht, dass Vereinbarungen zwischen einem Generalunternehmer – wie der Beklagten – und einem Subunternehmer – wie der Klägerin – über Vorlagepflichten und Einsichtsrechte zur Überprüfung der Einhaltung des Mindestlohngesetztes (im Folgenden MiLoG) zwar einerseits mit Blick auf die Haftung des Generalunternehmers aus § 13 MiLoG i.V.m. § 14 AEntG üblich sind und in der Literatur zum MiLoG sogar empfohlen werden (vgl. nur: Grimm in Tschöpe, Arbeitsrecht Handbuch, 12. Aufl. 2021, E. Arbeitnehmerentsendung und Mindestlohn Rn. 128; Bissels/Falter, Gesetzlicher Mindestlohn – Fallstricke bei der Haftung für Subunternehmer nach dem MiLoG) – DB 2015, 65, 67; Rittweger/Zieglmeier, Checkliste Mindestlohn, NZA 2015, 976,977), andererseits datenschutzrechtlich durchaus als problematisch (Tschöpe a.a.O., Datenschutzbeauftragte des Bundes du der Länger, z.B. Internetauftritt des Sächsischen Datenschutzbeauftragten), teilweise sogar als schlichtweg unzulässig (Frank/Krause, Datenschutzrechtliche Aspekte des Mindestlohngesetztes, DB 2015, 1285, 1286) erachtet werden.

Datenschutzrechtlich stellt sich die Rechtslage bezogen auf den für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen Zeitraum August/September 2019 wie folgt dar:

Trotz Inkrafttretens der DSGVO mit Wirkung ab dem 25.05.2018 ist die Frage des Umgangs eines Unternehmers mit personenbezogenen Daten der bei ihm Beschäftigten grundsätzlich zunächst nach § 26 BDSG a.F. zu beurteilen, da die Bundesrepublik Deutschland mit dieser Vorschrift von der in Art. 88 DSGVO eingeräumten Befugnis, zur Gewährleistung des Schutzes der Rechte und Freiheiten hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Beschäftigtendaten im Beschäftigungskontext spezifischere Vorschriften zu erlassen, Gebrauch gemacht hat. Dabei gehört zur Verarbeitung im Sinne des BDSG aufgrund der Begriffsdefinition in Art. 4 Ziff. 2 DSGVO auch die „Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung“. Gemäß § 26 Abs. 1 BDSG a.F. ist die Verarbeitung personenbezogener Daten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses zulässig, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung oder zur Ausübung bestimmter Rechte und Pflichten der Interessenvertretung von Beschäftigten erforderlich ist. Die Überprüfung der Einhaltung der Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns durch einen Generalunternehmer als Auftraggeber der Beschäftigten eines Unternehmens, mag sie auch im Interesse der Beschäftigten liegen, gehört nicht zu der danach erlaubten Verarbeitung persönlicher Daten. Erlaubt ist die Verarbeitung personenbezogener Daten der Beschäftigten darüber hinaus auf der Grundlage einer Einwilligung (§ 26 Abs. 2 BDSG a.F.). Derartige Einwilligungen der Mitarbeiter der Klägerin liegen indes – unbestritten – (jedenfalls bislang) nicht vor. Ebenso wenig gibt es einen Anhaltspunkt für das Vorliegen einer Kollektivvereinbarung (§ 26 Abs. 4 BDSG a.F.). Schließlich geht es auch nicht um die Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne von Art 9 DSGVO, für die § 26 Abs. 3 BDSG eine gesonderte Regelung trifft.

Der Umstand, dass danach die Regelungen in § 26 BDSG eine Übermittlung von Stundennachweisen und Lohnabrechnungen – dass diese personenbezogene Daten der Mitarbeiter der Klägerin enthalten, steht außer Frage - nicht erlauben, bedeutet gleichwohl nicht zwingend, dass die Beklagten sich mit pauschalen Versicherungen der Klägerin oder deren Steuerberaters in Bezug auf die Einhaltung der Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns zufrieden geben muss. Zulässig ist vielmehr – ebenso wie dies im Verhältnis zwischen § 32 BDSG a.F. und § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGSG a.F. der Fall war (BAG, Urteil vom 29.06.2017 – 2 AZR 597/16 – Rn. 25 ff.) – ein Rückgriff auf Art. 6 DSGVO (Plath DSGVO/BDSG, 3. Aufl. 2018 Rn. 13 m.w.N.). Gemäß Art 6 Abs. 1 lit f. DSGVO ist jedoch eine Verarbeitung rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen.

bb) Die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. f DGSVO liegen für einen Nachweis der Einhaltung der Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns durch einen Subunternehmer an den Generalunternehmer im Hinblick auf zur Nachweisführung erforderlichen persönliche Daten der Beschäftigten des Subunternehmers vor.

Der Generalunternehmer hat – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – ein berechtigtes Interesse, von dem Subunternehmer einen Nachweis zur Einhaltung der Mindestlohnzahlung zu verlangen. Dieses ergibt sich daraus, dass der Generalunternehmer gemäß § 13 MiLoG i.V.m. § 14 AEntG wie ein Bürge für die Verpflichtung des Subunternehmers gegenüber seinen Beschäftigten für die Zahlung des Mindestlohns einzustehen hat.

Die durch das Verlangen von Nachweisen über die Zahlung des Mindestlohns ermöglichte Kontrolle des Generalunternehmers gegenüber dem Subunternehmer ist zur Wahrung des berechtigten Interesses des Generalunternehmers auch erforderlich. Dem steht nicht entgegen (so aber Frank/Krause, Datenschutzrechtliche Aspekte des Mindestlohngesetztes, DB 2015, 1285, 1286), dass dem Generalunternehmer auch andere Möglichkeiten zur Minimierung seines Haftungsrisikos zur Verfügung stehen, so etwa die – hier von der Beklagten gemäß § 4 Abs. 3 und 4 des Nachunternehmervertrages auch ergriffenen - Möglichkeiten, sich durch vertragliche Vereinbarung im Verhältnis zu dem Subunternehmer freizuzeichnen oder sich im Falle des Verstoßes gegen das MiLoG ein Kündigungsrecht einräumen zu lassen. Daneben werden Vertragsstrafenregelungen oder, um auch das Insolvenzrisiko des Subunternehmers auszuschließen, die Möglichkeit des Verlangens der Absicherung einer Inanspruchnahme nach dem MiLoG durch eine Bürgschaft oder einen Sicherheitseinbehalt vorgeschlagen (vgl. nur etwa: Bissels/Falter, Gesetzlicher Mindestlohn – Fallstricke bei der Haftung für Subunternehmer nach dem MiLoG – DB 2015, 65, 67/68). Bei all diesen alternativen Maßnahmen muss der Generalunternehmer jedoch entweder in Kauf nehmen, dass der Subunternehmer von vornherein eine höhere Vergütung verlangt, etwa um Avalkosten oder Liquiditätseinbußen durch Sicherheitseinbehalte abzudecken, oder er kann lediglich reaktiv bei Verstößen das Vertragsverhältnis beenden und Ersatz seiner Aufwendungen/Schäden verlangen. Eine Vereinbarung, wonach sich der Subunternehmer verpflichtet, dem Generalunternehmer Unterlagen zum Nachweis der Mindestlohnzahl vorzulegen, wirkt dagegen allein wegen der damit verbundenen Kontrollfunktion präventiv, d.h. sie vermeidet – in den Grenzen einer im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen gebotenen Praktikabilität -, dass es überhaupt zu seiner Inanspruchnahme des Generalunternehmers durch die Beschäftigten des Subunternehmers kommen kann. Auch dieses Haftungsvermeidungsinteresse des Generalunternehmers ist jedoch gerade wegen des Gleichlaufs mit den Zwecken des Mindestlohngesetzes als berechtigt zu erachten.

Einer Weitergabe zur Kontrolle der Einhaltung der Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns erforderlicher personenbezogener Daten der Beschäftigten des Subunternehmers an den Generalunternehmer stehen schließlich auch keine Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der Beschäftigten des Subunternehmers entgegen, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern und das berechtigte Interesse des Generalunternehmers überwiegen. Den Rechten und Interessen der Beschäftigten des Subunternehmers kann nämlich im Rahmen der insoweit vorzunehmenden Interessenabwägung dadurch Rechnung getragen werden, dass die zur Erfüllung des – in seiner Präventivwirkung gerade auch die Beschäftigten des Subunternehmers in ihrem Interesse an der Zahlung des Mindestlohns schützenden - Kontrollinteresses des Generalunternehmers erforderliche Offenlegung ihrer personenbezogenen Daten so datensparsam wie eben möglich erfolgt, was – wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat – ggf. durch Anonymisierungen, Pseudonymisierungen oder Schwärzungen sicherzustellen ist.

So ausgelegt begegnet die in § 4 Abs. 2 S. 1 und 2 des Nachunternehmervertrages getroffene Regelung mithin datenschutzrechtlich keinen Bedenken und ist aus demselben Grund auch AGB-rechtlich nicht zu beanstanden.

c) Konkret bedeutet dies, dass der das Zurückbehaltungsrecht aus § 4 Abs. 2 S. 2 des Nachunternehmervertrages begründende Gegenanspruch der Beklagten auf Vorlage von Nachweisen der Zahlung des Mindestlohns zwar der Art nach in Form der in der in § 4 Abs. 2 S. 1 des Vertrages beispielhaft aufgeführten Stundennachweise, Lohnabrechnungen und Mitarbeiterlisten besteht, inhaltlich jedoch mit folgenden Beschränkungen:

aa) Die Vorlage von Mitarbeiterlisten und Stundennachweisen kann die Beklagte lediglich für diejenigen Beschäftigten der Klägerin und diejenigen Zeiten beanspruchen, die in den Monaten August und September 2019 diejenigen Reinigungsarbeiten ausgeführt haben, die Gegenstand der streitgegenständlichen Rechnungen sind. Diese Begrenzung ergibt sich schon daraus, dass in dem vorliegenden Rechtsstreit lediglich ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber den zwischen den Parteien allein streitgegenständlichen fälligen Zahlungsansprüchen für die Monate August und September 2019 in Rede steht und – wie die Prozessbevollmächtigten der Parteien im Senatstermin am 08.12.2021 übereinstimmend angegeben haben - eine weitere Zusammenarbeit der Parteien nicht besteht. Da eine ihr berechtigtes Kontrollinteresse begründende mögliche Haftung der Beklagten aus § 3 MiLoG i.V.m. § 14 AEntG nur besteht, soweit sie die Klägerin mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt hat, kann sie Mitarbeiterlisten und Stundennachweise der jeweiligen Mitarbeiter auch nur in dem Umfang verlangen, in dem diese zur Erfüllung des mit der Klägerin geschlossenen Nachunternehmervertrages eingesetzt worden sind.

Der zusätzlichen Angabe der Personalnummern der Mitarbeiter der Klägerin bedarf es – jedenfalls im vorliegenden Fall – nicht, da nach der mit Schriftsatz der Klägerin vom 22.12.2021 vorgelegten Liste der im August und September 2019 zur Erfüllung der streitgegenständlichen Verpflichtungen der Klägerin eingesetzten Mitarbeiter keine Namensgleichheit besteht, zu deren Identifizierung im Hinblick auf die vorzulegenden Lohnabrechnungen es der Angabe der Personalnummer bedürfen könnte.

bb) Aus den vorzulegenden Lohnabrechnungen für die zur Erfüllung der streitgegenständlichen Verpflichtungen der Klägerin eingesetzten Arbeitnehmer für die Monate August und September 2019 müssen den Name des Mitarbeiters, den abgerechneten Bruttolohn, die diesem zugrunde gelegte Lohnart (unter Differenzierung zwischen laufendem Lohn und etwaigen Zusatz- oder Sondervergütungen), die Anzahl der abgerechneten Stunden und den Stundenlohn (ggf. differenziert für die jeweilige Lohnart) ersichtlich sein, während die weiteren Angaben der jeweiligen Lohnabrechnung unkenntlich zu machen sind; weitergehende Angaben darf der der Beklagten vorzulegende Nachweis nur enthalten, wenn eine Einwilligung des jeweiligen Arbeitnehmers zur Weitergabe der entsprechenden personenbezogenen Daten durch die Klägerin an die Beklagte vorliegt.

Da es sich bei dem nach dem MiLoG zu zahlenden Mindestlohn um einen Bruttolohn pro Stunde handelt, sind die vorgenannten Angaben zu dem der Lohnabrechnung für den jeweiligen Arbeitnehmer zugrunde gelegten Bruttolohn und seiner Zusammensetzung zwingend erforderlich, um die Einhaltung der entsprechenden Verpflichtung des Arbeitgebers anhand der Lohnabrechnung zu überprüfen. Dies gilt insbesondere auch für den Ausweis etwaiger Zusatz- oder Sonderzahlungen wie Vergütungen für Überstunden oder Sonn- und Feiertagsvergütungen, da diese für die Feststellung der Mindestlohnvergütung außer Betracht bleiben. Insoweit sind auch keine Rechte oder Interessen der Arbeitnehmer ersichtlich, die dem Kontrollinteresse des Generalunternehmers entgegenstünden.

Weitergehende Angaben, die - typischerweise und auch in dem von der Klägerin mit Schriftsatz vom 22.12.2021 vorgelegten, bei ihr verwandten Muster (Bl. 142 d.A.) – in einer Lohnabrechnung enthalten sind, sind dagegen von dem Erlaubnistatbestand des Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO nicht gedeckt, weil anderenfalls dem berechtigten Interesse der Arbeitnehmer der Klägerin an einer möglichst datensparsamen Offenlegung ihrer personenbezogenen Daten nicht hinreichend Rechnung getragen würde. So ist insbesondere nicht erkennbar, aus welchem Grund – wie die Beklagte meint – Angaben zur Lohnsteuer und zu den Sozialversicherungsabgaben sowie des auszuzahlenden Nettolohns zur „überschlägigen Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Zahlung der Mindestlöhne“ erforderlich sein soll, während andererseits etwa mit den Angaben zur Lohnsteuer oder auch aus Sozialversicherungsabgaben gleichzeitig personenbezogene Daten weitergegeben würden, die Erkenntnisse etwa betreffend den Familienstand, die Lohnsteuerklasse u.Ä. ermöglichen, die mit dem berechtigten Offenlegungsinteresse der Beklagten in Bezug auf die Zahlung des Mindestlohns nichts zu tun haben.

Entgegen der Sichtweise der Beklagten bedarf es im Hinblick auf den Stundenlohn auch keiner Zusatzangaben zu „Mindestlohn, Tariflohn oder Vergabemindestlohn“. Dabei kann offenbleiben, ob sich der Anspruch der Beklagten aus § 4 Abs. 2 S. 1 des Nachunternehmervertrages und das entsprechende Zurückbehaltungsrecht der Beklagten in Auslegung des Vertrages unter Einbeziehung der in der Anlage 1 zu diesem Vertrag abgegebenen Erklärung der Klägerin auch auf die Zahlung der dort genannten Tariflöhne und des Vergabemindestlohns auch auf diese Löhne erstreckt. Denn, ob die Klägerin diese Verpflichtungen erfüllt hat, lässt sich ebenfalls aus den – wie ausgeführt erforderlichen - Angaben zur Anzahl der in die Abrechnung eingestellten Stunden und des insoweit in Ansatz gebrachten Bruttostundenlohns ersehen.

2. Kann die Beklagte dem Vergütungsanspruch der Klägerin danach ein Zurückbehaltungsrecht entgegenhalten, steht der Klägerin mangels für einen Verzug erforderlicher Durchsetzbarkeit ihrer Forderung weder ein Anspruch auf Verzugszinsen aus §§ 280 Abs. 2, 288 Abs. 2 BGB noch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus §§ 280 Abs. 2, 286 BGB zu.

III.

1. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die in dem angefochtenen Urteil erfolgte Kostenverteilung für die erste Instanz ist mit der gegebenen Begründung nicht zu beanstanden. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin in vollem Umfang zu tragen, da die Abänderung des angefochtenen Urteils lediglich in einer Konkretisierung der Zug um Zug Verurteilung besteht.

2. Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung aufweist, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO).

3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 4.000 € festgesetzt.