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Entscheidung 2 Ws 169/21


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 2. Strafsenat Entscheidungsdatum 21.02.2022
Aktenzeichen 2 Ws 169/21 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2022:0221.2WS169.21.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt (Oder) – Rechtspflegerin – vom 2. Februar 2021 wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.

Gründe

I.

Das Landgericht Frankfurt (Oder) hat den ehemaligen Angeklagten in dieser Sache durch Urteil vom 9. März 2020 von dem gegen ihn erhobenen Tatvorwurf freigesprochen. Hiergegen hat die Staatsanwaltschaft am gleichen Tag Revision eingelegt und das Rechtsmittel nach Vorliegen des mit Gründen versehenen Urteils durch Verfügung vom 26. Juni 2020 zurückgenommen. Das Landgericht hat daraufhin durch Beschluss vom 11. Juli 2020 die Kosten der Revision und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen der Staatskasse auferlegt.

Dem Antragsteller wurde als Verteidiger des Angeklagten nach Einlegung der Revision der Staatsanwaltschaft antragsgemäß Akteneinsicht gewährt. Unter dem 15. Juli 2020 hat er die Festsetzung von Rechtsanwaltsgebühren und Auslagen für das Revisionsverfahren in Höhe von 895,87 € nebst Zinsen beantragt. Das Landgericht Frankfurt (Oder) – Rechtspflegerin – hat den Antrag durch Beschluss war 2. Februar 2021 unter Verweis auf Einwendungen des Bezirksrevisors zurückgewiesen, weil im Revisionsverfahren keine notwendige Verteidigung stattgefunden habe, die einen Gebührenanspruch auslösen könnte.

Gegen diesen, ihm am 24. Februar 2021 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller durch Schriftsatz vom 26. Februar 2021 (Eingang beim Landgericht am 1. März 2021) sofortige Beschwerde eingelegt.

II.

1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 464 b Satz 3 StPO, § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO, insbesondere fristgerecht eingelegt worden (§ 464 b Satz 4 StPO).

Auch der Beschwerdewert ist gegeben (§ 304 Abs. 3 StPO). Dass nach antragsgemäßer Festsetzung von Pflichtverteidigergebühren für das Revisionsverfahren in Höhe von 758,99 € nunmehr lediglich eine für die Festsetzung von Wahlverteidigergebühren in Betracht kommende Differenz von 136,88 € als Gegenstand des Beschwerdeverfahrens verbleibt, steht dem nicht entgegen. Maßgeblich für die Frage der Zulässigkeit ist der Wert des Beschwerdegegenstandes im Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels; spätere Minderungen dieses Wertes bleiben grundsätzlich außer Betracht (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9. August 1985 – 1 Ws 624/85, zit. nach Juris; Karlsruher Kommentar/StPO-Zabeck, 8. Aufl. § 304 Rn. 30-32). Da die Pflichtverteidigergebühren erst nach Einlegung der sofortigen Beschwerde aufgrund einer erfolgreichen Erinnerung des Antragstellers durch Beschluss des Landgerichts vom 26. Juni 2021 festgesetzt worden sind, war der erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes zum maßgeblichen Zeitpunkt der Rechtsmitteleinlegung erreicht.

2. Die sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil erstattungsfähige Wahlverteidigergebühren im Revisionsverfahren nicht entstanden sind.

Der Senat folgt insoweit der in der obergerichtlichen Rechtsprechung überwiegend vertretenen Auffassung, dass für das Revisionsverfahren geltend gemachte Auslagen grundsätzlich nicht erstattungsfähig sind, wenn die Staatsanwaltschaft ihre zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision noch innerhalb der Frist zur Revisionsbegründung (§ 345 Abs. 1 StPO) zurücknimmt, denn insoweit besteht vor Zustellung der Revisionsschrift regelmäßig kein schützenswertes Interesse für ein anwaltliches Tätigwerden des Verteidigers, so dass entstandene Auslagen nicht notwendig im Sinne von § 473 Abs. 2, § 464 a Abs. 2 Nr. 2 StPO sind (vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 21. August 2014 – 2 Ws 376/14; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 7. August 2017 – 2 WS 176/17; OLG Hamm, Beschl. v. 13. April 2021 – III-4 WS 22/21; OLG Celle, Beschl. v. 28. April 2021 – 2 Ws 122/21; KG, Beschl. v. 13. Februar 2006 – 3 Ws 463/05, jeweils zit. nach Juris; OLG Bremen NStZ-RR 2011, 391; OLG Frankfurt NStZ-RR 1999, 351; OLG Düsseldorf NStZ 1992, 299, 300; LG Dresden, Beschl. v. 6. Mai 2019 – 15 Qs 30/19, zit. nach Juris; aA Löwe-Rosenberg/Hilger, StPO 26. Aufl. § 464a, Rn. 37 mit Darstellung des Meinungsstandes Rn. 34; Burhoff AGS 2021, 313).

Zwar gehören im Grundsatz zu den erstattungsfähigen notwendigen Auslagen auch die Gebühren eines mit der Verteidigung beauftragten Rechtsanwaltes, soweit sie nach § 91 Abs. 2 ZPO zu erstatten sind. Darüber hinaus hat der Beschuldige das Recht, sich in jeder Lage des Verfahrens eines Verteidigers zu bedienen (§ 137 Abs. 1 Satz 1 StPO). Die Konsultation eines Rechtsanwaltes zu einer von der Staatsanwaltschaft eingelegten Revision vermag gleichwohl vor der Revisionsbegründung einen über den Allgemeinen – durch die Gebühren des erstinstanzlichen Verfahrens bereits umfassten – hinausreichenden, revisionsspezifischen Beratungsumfang nicht auszulösen.

Das ergibt sich insbesondere aus folgenden Erwägungen (vgl. hierzu Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 27. Januar 2020 – 1 Ws 214/19, zit. nach Juris):

Das Revisionsrecht ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der Revisionsführer gemäß § 344 Abs. 1 StPO zum Umfang der Urteilsanfechtung näher erklären und gemäß § 344 Abs. 2 StPO begründen muss, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochtenen wird, wobei die Verfahrensrügen näherer Begründung bedürfen (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Gemäß § 345 Abs. 1 StPO gilt insoweit eine Frist zur Anbringung der Revisionsanträge und deren Begründung von einem Monat nach Ablauf der Frist zur Einlegung der Revision bzw. ab Zustellung des schriftlichen Urteils. Aufgrund dieser Ausgestaltung des Verfahrens können Umfang und Zielrichtung einer Revision erst bei Vorliegen der Revisionsbegründung beurteilt werden. Vor diesem Zeitpunkt und erst Recht vor dem Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe lassen sich aufgrund der Besonderheiten des Revisionsrechts weder die Erfolgsaussichten des von der Staatsanwaltschaft eingelegten Rechtsmittels noch etwaige Verteidigungsmöglichkeiten hiergegen einschätzen oder erwägen. Eine speziell das Revisionsverfahren betreffende individuelle und fallbezogene Beratung durch einen Rechtsanwalt ist mit Rücksicht darauf nicht sinnvoll und auch nicht möglich. Eine allgemeine Beratung durch den Verteidiger in Bezug auf generelle Prinzipien und Abläufe des Revisionsverfahrens werden mit den im erstinstanzlichen Verfahren angefallenen Gebühren hinreichend abgegolten (OLG Celle, OLG Brandenburg aaO. mwN.).

Insoweit gilt auch unter Berücksichtigung des Gebots der Waffengleichheit nichts anderes, zumal das Gesetz vorsieht, dass der Angeklagte bei einer Revision der Staatsanwaltschaft erst nach Vorliegen der Revisionsbegründung am Verfahren zu beteiligen ist (§ 347 Abs. 1 StPO) und keine Notwendigkeit für ein über allgemeine Beratung hinausreichendes Tätigwerden im Hinblick auf das konkrete Revisionsverfahren besteht (OLG Bremen aaO.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.