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Entscheidung S 20 KR 37/20


Metadaten

Gericht SG Neuruppin 20. Kammer Entscheidungsdatum 06.01.2022
Aktenzeichen S 20 KR 37/20 ECLI ECLI:DE:SGNEURU:2022:0106.S20KR37.20.00
Dokumententyp Gerichtsbescheid Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von höherem Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes verweist die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) iVm § 136 Abs 2 S 1 SGG auf die Ausführungen auf Seite 1 (dort ab dem Wort „Begründung“) bis Seite 3 (dort bis zu dem vierten Absatz) des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 20. Februar 2020, mit dem die Beklagte den Widerspruch der Klägerin vom 15. September 2019 gegen die sozialverwaltungsbehördliche Verfügung der Beklagten vom 06. September 2019, mit dem die Beklagte der Klägerin mit Wirkung ab dem 04. August 2019 Krankengeld in Höhe von kalendertäglich 30,24 Euro (brutto) / 26,97 Euro (netto) gewährte, als unbegründet zurückwies. Wegen der Begründung der Beklagten verweist die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) iVm § 136 Abs 2 S 1 SGG auf die Ausführungen auf Seite 3 (dort ab dem fünften Absatz) bis Seite 4 (dort bis zu dem letzten Absatz) des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 20. Februar 2020.

Hiergegen hat die anwaltlich vertretene Klägerin mit Schriftsatz vom 05. März 2020 – bei dem Sozialgericht Neuruppin eingegangen am gleichen Tage – bei dem erkennenden Gericht Klagen erhoben, mit der sie ihr auf Gewährung von höherem Krankengeld gerichtetes Begehren weiter verfolgt. Sie bringt im Wesentlichen vor, dass das Krankengeld nicht aus dem ihr gewährten Übergangsgeld zu gewähren sei, sondern in der Höhe, die vor der Durchführung der Rehabilitationsmaßnahme gewährt worden sei. Dies habe auch das Sozialgericht Berlin (Verweis auf das Urteil vom 15. September 2017 – S 51 KR 997/14) so entschieden, das sich auch mit dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 05. September 2009 – B 1 KR 16/08 R – auseinandergesetzt habe.

Die Klägerin beantragt (nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß),

die Beklagte unter Abänderung der mit dem Bescheid vom 13. Januar 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2020 verlautbarten sozialverwaltungsbehördlichen Verfügung zu verurteilen, ihr ab dem 04. August 2019 Krankengeld in Höhe von kalendertäglich 50,72 Euro (brutto) nach Maßgabe der Bestimmungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Zur Begründung ihres Antrages vertieft sie ihre Ausführungen in den angegriffenen sozialverwaltungsbehördlichen Entscheidungen. Ergänzend führt sie aus, dass die Auffassung des Sozialgerichts Berlin unzutreffend sei. Die Höhe des Krankengeldes richte sich nach den Einnahmen des Versicherten unmittelbar vor dem Krankengeldbezug und werde abschnittsweise gewährt. Weil die Klägerin unmittelbar vor dem Krankengeldbezug Übergangsgeld gewährt worden sei, sei auch dieses bei der Berechnung der Höhe des Krankengeldes heranzuziehen (Verweis auf § 235 Abs 1 S 1 SGB V). Diese Berechnungsweise entspreche auch der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Verweis auf Bundessozialgericht, Urteil vom 05. Mai 2009 – B 1 KR 16/08 R, RdNr 16).

Nach dem zum 24. Juni 2021 erfolgten Wechsel in der Kammerzuständigkeit hat das Gericht die Beteiligten zuletzt mit Verfügungen vom 14. Dezember 2021 zu der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, den Inhalt der Prozessakte sowie auf die die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

Entscheidungsgründe

Die Klagen haben keinen Erfolg.

1. Über die Klagen konnte das Gericht gemäß § 105 Abs 1 S 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist, der Sachverhalt geklärt ist, die Beteiligten gemäß § 105 Abs 1 S 2 SGG zuvor zuletzt mit gerichtlichen Verfügungen vom 14. Dezember 2021 zu dieser beabsichtigten Entscheidungsform ordnungsgemäß angehört worden sind, eine ausdrückliche Zustimmung der Beteiligten hierzu nicht erforderlich ist und weil das Gericht vor seiner Entscheidung – ebenso wie im Rahmen der mündlichen Verhandlung – weder zur vorherigen Darstellung seiner Rechtsansicht (vgl Bundessozialgericht, Beschluss vom 03. April 2014 – B 2 U 308/13 B, RdNr 8 mwN) noch zu einem vorherigen umfassenden Rechtsgespräch verpflichtet ist (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 R 8/14 R, RdNr 23).

2. Streitgegenstand des sozialgerichtlichen Klageverfahrens ist der Anspruch der Klägerin auf Gewährung von höherem Krankengeld nach Maßgabe der Bestimmungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V). Das Begehren der Klägerin versteht das Gericht nach Maßgabe von § 123 SGG dementsprechend als gerichtet auf die Abänderung der mit dem Bescheid der Beklagten vom 06. September 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2020 verlautbarten Krankengeldgewährungsverfügung und auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von höherem Krankengeld. Richtige und damit statthafte Klageart für das so verstandene Begehren der Klägerin ist eine Kombination aus Abänderungsanfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 Regelung 2 SGG und § 54 Abs 4 SGG sowie § 56 SGG), die auch im Übrigen zulässig sind.

3. Die danach insgesamt zulässigen Klagen sind jedoch unbegründet.

a) Die auf Abänderung der streitgegenständlichen Verfügungen gerichtete Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs 1 S 1 Regelung 2 SGG ist unbegründet, weil die angegriffenen Verfügungen rechtmäßig sind und die Klägerin durch sie nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten beschwert ist (vgl § 54 Abs 2 S 1 SGG). Denn der Klägerin steht kein höherer Anspruch auf Gewährung von Krankengeld zu.

aa) Anspruchsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs auf Krankengeld für beschäftigte Pflichtversicherte der Gesetzlichen Krankenversicherung sind hier § 44 Abs 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) und § 46 S 1 Nr 2 SGB V iVm § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V, der den Erhalt der Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger bei Anspruch auf oder Bezug von Krankengeld bestimmt.

Gemäß § 44 Abs 1 S 1 SGB V – in der Fassung, die die genannte Vorschrift zum Antragszeitpunkt hatte, weil in Rechtsstreitigkeiten der vorliegenden Art das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden ist, was im Übrigen auch für die weiteren zitierten Vorschriften gilt – haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn – abgesehen von den Fällen stationärer Behandlung – Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Ob und in welchem Umfang Versicherte Krankengeld beanspruchen können, bestimmt sich nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestands für Krankengeld vorliegt. An die Stelle des Versicherungsverhältnisses tritt bei einem nachgehenden Anspruch die hieraus erwachsende Berechtigung (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 37/14 R, RdNr 8 mwN).

Gemäß § 46 S 1 SGB V entsteht der Anspruch auf Krankengeld 1. bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs 4 SGB V, § 24 SGB V, § 40 Abs 2 SGB V und § 41 SGB V) von ihrem Beginn an, 2. im Übrigen von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an. Gemäß § 46 S 2 SGB V bleibt der Anspruch auf Krankengeld jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt; Samstage gelten insoweit nicht als Werktage. Schließlich bleibt gemäß § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger erhalten, solange Anspruch auf Krankengeld besteht.

Höhe und Berechnung des Krankengeldes, das kalendertäglich gezahlt wird (§ 47 Abs 1 S 6 SGB V), ergeben sich grundsätzlich aus § 47 SGB V. Gemäß § 47 Abs 1 S 1 SGB V beträgt das Krankengeld 70 vH des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (Regelentgelt), wobei für Versicherte, die nicht Arbeitnehmer sind, als Regelentgelt der kalendertägliche Betrag gilt, der zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung aus Arbeitseinkommen maßgebend war (§ 47 Abs 4 S 2 SGB V). Schließlich gelten gemäß § 235 Abs 1 S 1 SGB V für die nach § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V versicherungspflichtigen Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben als beitragspflichtige Einnahmen 80 Prozent des Regelentgelts, das der Berechnung des Übergangsgeldes nach den Bestimmungen der §§ 66, 67 oder 68 des Neunten Buches Sozialgesetzbuches – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen – (SGB IX) zugrunde liegt.

bb) Unter Zugrundelegung dieser gesetzlichen Maßgaben hat die Beklagte bei der Berechnung der Höhe des Krankengeldes zu Recht lediglich dasjenige Regelentgelt zugrunde gelegt, das der Berechnung des Übergangsgeldes zugrunde lag.Die Kammer sieht gemäß § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 136 Abs 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist auf die Begründung der Beklagten auf Seite 3 (dort ab dem sechsten Absatz) bis Seite 4 (dort bis zu dem drittletzten Absatz) ihres Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2020 sowie in entsprechender Anwendung der Regelungen des § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 136 Abs 3 SGG auf die Erwägungen der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 23. Juli 2021 und in ihrem Schriftsatz vom 06. Oktober 2021. Die so in Bezug genommenen Erwägungen der Beklagten hält die Kammer für überzeugend, folgt ihnen und legt sie deshalb auch ihrer eigenen Entscheidung zugrunde, ohne sie hier noch einmal zu wiederholen.

Die Beklagte hat jedenfalls unter überzeugender Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Klägerin im Widerspruchs- und im Klageverfahren und unter nicht zu beanstandender Anwendung der maßgeblichen – oben näher zitierten – Regelungen zutreffend darauf abgestellt, dass sich die Höhe des Krankengeldes nach den Einnahmen der Klägerin unmittelbar vor dem Krankengeldbezug richtet. Die Beklagte hat zutreffend hervorgehoben, dass der Klägerin unmittelbar vor dem Krankengeldbezug Übergangsgeld gewährt worden ist und dass deshalb das dort für die Berechnung zugrunde gelegte Regelentgelt, auch bei der Berechnung der Höhe des Krankengeldes heranzuziehen ist, was – worauf die Beklagte ebenfalls zu Recht hingewiesen hat – auch der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 05. Mai 2009 – B 1 KR 16/08 R, RdNr 16) entspricht, das diese Frage auch – entgegen der Auffassung der Klägerin – nicht etwa „übersehen“ hat. Deshalb ist auch die von der Klägerin für sich reklamierte Auffassung des Sozialgerichts Berlin unzutreffend und kann der Klägerin nicht zum Erfolg verhelfen.

b) Wenn danach die auf Abänderung der streitgegenständlichen Verfügung gerichtete Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs 1 S 1 Regelung 2 SGG unbegründet ist, gilt Gleiches auch für die mit ihr kombinierte Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs 4 SGG iVm § 56 SGG, weil wegen des der Kombination immanenten Stufenverhältnisses nur eine zulässige und begründete Abänderungsanfechtungsklage den Weg für eine zulässige und begründete Leistungsklage ebnen kann und weil der Klägerin – wie aufgezeigt – kein Anspruch auf Gewährung von höherem Krankengeld zusteht.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 193 Abs 1 S 1 SGG. Es entsprach dabei der Billigkeit, dass die Beteiligten insgesamt einander keine Kosten zu erstatten haben, weil die Klägerin mit ihrem Begehren im Klageverfahren vollumfänglich unterlag und weil die Aufwendungen der Beklagten schon von Gesetzes wegen nicht erstattungsfähig sind (§ 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 193 Abs 4 SGG iVm § 184 Abs 1 SGG).

5. Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben (§ 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 183 S 1 SGG).