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Entscheidung 9 WF 266/20


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 10.12.2020
Aktenzeichen 9 WF 266/20 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2020:1210.9WF266.20.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts Bad Liebenwerda vom 7. Oktober 2020 – Az. 22 F 143/20 – unter Aufrechterhaltung im Übrigen dahin abgeändert, dass die angeordnete Ratenzahlungsverpflichtung auf 115,00 EUR monatlich herabgesetzt wird. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die – auf die Hälfte zu reduzierenden - Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren trägt der Antragsgegner; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

Die gegen die Anordnung einer Ratenzahlung von 431 EUR monatlich im Rahmen der erfolgten Verfahrenskostenhilfebewilligung für das zugrunde liegende Scheidungsverbundverfahren gerichtete sofortige Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß § 113 Abs. 1 FamFG in Verbindung mit §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässig. In der Sache selbst ist sie – insbesondere aufgrund des weitergehenden Beschwerdevorbringens aus dem Schriftsatz vom 4. November 2020 – teilweise begründet.

Voranzustellen ist, dass der Senat den Ausführungen des Amtsgerichts zur (fehlenden) Berücksichtigungsfähigkeit der Kosten für die Auslandskranken- und für die Vollkaskoversicherung uneingeschränkt beitritt. Dasselbe gilt für die von dem Bundesverwaltungsamt mitgeteilte – vorläufige – Einstellung der Zahlung des Familienzuschlages 1 zum 30. Oktober 2020. Diese fußt offensichtlich auf der – durch entsprechende Informationen des Antragsgegners selbst veranlassten ? - aktuell sachlich falschen Annahme einer bereits erfolgten Durchführung des Versorgungsausgleichs, also einer bereits (rechtskräftigen) Scheidung (ohne Verpflichtung zum nachehelichen Unterhalt, die ihrerseits wiederum den Familienzuschlag nach Stufe 1 gemäß § 40 Abs 1 Nr. 3 BBesG rechtfertigen würde). Nach der vom Bundesverwaltungsamt zitierten Vorschrift des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG erhalten verheiratete Beamte, Richter und Soldaten diesen Familienzuschlag der Stufe 1. Allein der Umstand eines Getrenntlebens oder auch die Rechtshängigkeit des hier zugrunde liegenden Scheidungsverfahrens führt – soweit hier ersichtlich – noch nicht zum Wegfall dieses Familienzuschlages.

Zutreffend allerdings nimmt der Antragsgegner – jedenfalls dem Grunde nach – Freibeträge nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2b ZPO für die drei gemeinsamen minderjährigen Kinder der Beteiligten in Anspruch, die nach seinem – im Beschwerdeverfahren durch Herreichung einer entsprechenden eidesstattlichen Versicherung hinreichend glaubhaft gemachten - Vorbringen im paritätischen (wöchentlichen) Wechselmodell betreut werden. Die in der zitierten Vorschrift enthaltenen Freibeträge können allerdings bei diesem Betreuungsmodell nur zur Hälfte in Anspruch genommen werden. Es kann nämlich nicht außer Acht gelassen werden, dass ein Elternteil während des Zeitraums, in dem die Kinder beim anderen Elternteil versorgt und betreut werden, von Unterhaltsaufwendungen entlastet ist, da von dem jeweils betreuenden Elternteil in seiner Betreuungszeit auch die Kosten der Lebensführung der Kinder getragen werden. Ein Großteil der Kosten, die vom Freibetrag umfasst werden, entsteht dem Elternteil, bei dem sich die Kinder gerade nicht aufhalten, in der Zeit der Betreuung durch den anderen Elternteil nicht. Es verbleiben ihm zwar gewisse Mehrkosten des Wechselmodells, insbesondere höhere Wohnkosten durch Bereithaltung eines/mehrerer Kinderzimmer diese können jedoch gesondert nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 und nach entsprechenden konkreten Darlegungen insoweit nach Nr. 5 ZPO geltend gemacht werden. Auch mit Blick auf den sozialhilferechtlichen Charakter der Verfahrenskostenhilfe ist daher gerechtfertigt, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Elternteil, der das Kind gerade nicht betreut, nur bezogen auf die Hälfte der Zeit für die Kosten der Lebensführung des Kindes aufkommt (wie hier OLG Frankfurt, FamRZ 2020, 1746 – Rdnr. 13 bei juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht – 4. Familiensenat, Beschluss vom 1. Februar 2019, Az. 13 WF 13/19 – Rdnr. 5 bei juris; a.A. [Absetzung in voller Höhe des Freibetrages] OLG Dresden FamRZ 2016, 253 – Rdnr. 3 bei juris).

Für die am 9. Juli 2017, 27. März 2014 und 4. März 2012 geborenen Kinder sind deshalb verfahrenskostenhilferechtlich weitergehende Abzüge von insgesamt 502,50 EUR zu berücksichtigen (= 289 + 358 + 358 = 1.005 : 2).

Im Zuge der umfassenden Überprüfung der angefochtenen Entscheidung im Rahmen des Beschwerdeziels, das hier auf die ratenfreie Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe gerichtet ist, hat der Senat weitergehend auch die sonstigen erstinstanzlich in die Ermittlung des einzusetzenden Einkommens eingestellten Rechnungspositionen in den Blick genommen. Dabei ist festzustellen, dass entgegen der Auffassung des Amtsgerichts die Kosten für (Ab-)Wasser und Müllentsorgung nicht aus dem Freibetrag nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2a ZPO aufzubringen sind, sondern im Rahmen der Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 ZPO Berücksichtigung finden können. Hier kann für den Eigentümer selbst genutzten Wohnraums nichts anderes gelten als für den Mieter, der mit der (Bruttowarm-)Miete entsprechende – gleichfalls berücksichtigungsfähige – Betriebskosten(voraus)zahlungen zu leisten hat. Weitergehend sind deshalb monatsdurchschnittlich 48,55 EUR (vgl. Bl. 60 f. Vkh-Heft) für diese Positionen in Abzug zu bringen.

Umgekehrt ist allerdings jetzt auch zu berücksichtigen, dass die vom Amtsgericht als besondere Belastung in Abzug gebrachten monatlichen Raten von 50 EUR auf den in der Vergangenheit aufgelaufenen Unterhaltsrückstand – ordnungsgemäße Ratenzahlung seit Mitte Juli 2019 auf die offene Gesamtforderung von 669 EUR unterstellt (vgl. Bl. 59 Vkh-Heft) – inzwischen entfallen ist. Auch insoweit ist das einzusetzende Einkommen deshalb nunmehr zu korrigieren.

Unter Berücksichtigung der vorstehend im Einzelnen erörterten Rechnungspositionen ist das vom Amtsgericht mit 731,87 EUR ermittelte einzusetzende Einkommen um 501,05 EUR (abzgl. 502,50 und 48,55 EUR zzgl. 50 EUR) auf 230,82 EUR zu korrigieren. Auf dieser Basis ergibt sich nach § 115 Abs. 2 ZPO eine Ratenzahlungsverpflichtung von 115 EUR monatlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO, Ziffer 1912 Satz 2 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 FamGKG.

Im Hinblick darauf, dass die Frage, ob im Falle der Betreuung eines Kindes im paritätischen Wechselmodell im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung der Unterhaltsfreibetrag gemäß § 115 Abs. 1 Nr. 2b ZPO bei beiden Elternteilen in voller Höhe oder nur hälftig zu berücksichtigen ist, noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, lässt der Senat nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die Rechtsbeschwerde zu.