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Zwangsgeld


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Gericht VG Frankfurt (Oder) 7. Kammer Entscheidungsdatum 25.02.2022
Aktenzeichen 7 L 316/21 ECLI ECLI:DE:VGFRANK:2022:0225.7L316.21.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 80 Abs 5 VwGO, § 60 VwGO, § 73 Abs 3 VwGO, § 3 VwZG, § 418 Abs 1 ZPO

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Streitwert wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Der sinngemäße Antrag der Antragstellerin,

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 30. April 2021 gegen die Zwangsgeldfestsetzungen vom 13. April 2021 und vom 22. April 2021 anzuordnen,

hat keinen Erfolg.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. Verwaltungsgerichtsordnung (VWGO) ist statthaft, denn der Widerspruch hat von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 16 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Brandenburg (VwVGBbg).

Er ist gleichwohl unzulässig, denn es fehlt an einem Rechtsbehelf, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet werden könnte. Der Antragsgegner hat auf den Widerspruch der Antragstellerin die Widerspruchsbescheide vom 11. Mai 2021 erlassen, gegen die die Antragstellerin nicht Klage erhoben hat.

Dabei geht die Kammer davon aus, dass die Widerspruchsbescheide mittels Zustellung gemäß § 41 Abs. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes i.V.m. § 73 Abs. 3 VwGO wirksam bekanntgegeben wurden. Gemäß § 73 Abs. 3 Satz 2 VwGO wird der Widerspruchsbescheid von Amts wegen nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) zugestellt. Hier hat der Antragsgegner eine Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde gemäß § 3 VwZG gewählt. Die im Verwaltungsvorgang des Antragsgegners (BA II Bl. 9) enthaltene Postzustellungsurkunde trägt die Aktenzeichen der streitgegenständlichen Widerspruchsbescheide, nämlich das Az. 6 ... , unter dem der Widerspruch gegen die Zwangsgeldfestsetzung vom 13. April 2021 zurückgewiesen wurde, und das Az. 6 ... , unter dem der Widerspruch gegen die Zwangsgeldfestsetzung vom 22. April 2021 zurückgewiesen wurde.

Dass die Postzustellungsurkunde neben den Aktenzeichen jeweils keine weitere beschreibende Eintragung enthält, ist hier unschädlich. Denn es bedarf für die wirksame Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde der Angabe eines Aktenzeichens auf der Postzustellungsurkunde, das das zuzustellende Schriftstück eindeutig identifiziert. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die beiden angegebenen Aktenzeichen sind die Aktenzeichen des jeweiligen Widerspruchsvorgangs. Zwar wird die Angabe eines Aktenzeichens, unter dem ein gesamter Vorgang mit potentiell zahlreichen zuzustellenden Schriftstücken zusammengefasst ist, insofern grundsätzlich als nicht ausreichend angesehen (Sächs. OVG, Beschluss vom 5. September 2000 - 1 BS 226/00 -, juris Rn. 7, BFH, Urteil vom 12. Januar 1990 - VI R 137/86 -, juris Rn. 17), hier handelt es sich aber um Widerspruchsvorgänge, in denen die Zustellung von Dokumenten allein für den Widerspruchsbescheid gesetzlich vorgesehen ist. Ein Widerspruchsvorgang umfasst daher – auch potentiell – nicht zahlreiche zuzustellende Schriftstücke (vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16. Dezember 2004 -3 L 403/01 – juris Rn. 32 f.) In diesem Fall ist die Angabe weiterer beschreibender Eintragungen unter Nr. 1.2 der Zustellungsurkunde („Ggf. weiteres Kennz.“) zwar vorteilhaft, sie ist aber kein Erfordernis für die Wirksamkeit der Zustellung, weil bei der Zustellung nur eines Dokuments im Vorgang die Identifikation des zuzustellenden Schriftstücks ohne weiteres möglich ist. Dass es sich bei den zugestellten Schriftstücken – wie die Antragstellerin vermutet – um die Eingangsbestätigungen vom 7. Mai 2021 gehandelt haben könnte, die die Antragstellerin per Mail erhalten hat, kann ausgeschlossen werden, weil diese Schreiben über dem Adressfeld den Zusatz „Per Mail: info@q ... .de“ enthalten, während die Widerspruchsbescheide den Zusatz „Zustellungsurkunde“ tragen.

Ausweislich der Postzustellungsurkunde wurden die Widerspruchsbescheide am 14. Mai 2021 durch Einlegen in den zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung zugestellt. Dass im Adressfeld unter dem Namen der Antragstellerin „Geschäftsführer“ steht, obwohl die Antragstellerin als Aktiengesellschaft rechtlich nicht über einen Geschäftsführer verfügt, stellt in diesem Zusammenhang eine unbeachtliche Fehlbezeichnung des die Geschäfte der Antragstellerin führenden Vorstands dar. Sie wirkt sich auf die Richtigkeit der beurkundeten Tatsache – das Einlegen des Briefes in den Briefkasten oder eine ähnliche Vorrichtung der Antragstellerin – nicht aus.

Soweit die Antragstellerin vorträgt, die Widerspruchsbescheide nicht erhalten zu haben, zieht dies die Richtigkeit des Inhalts der Postzustellungsurkunde nicht durchgreifend in Zweifel. Denn bei einer Postzustellungsurkunde handelt es sich um eine öffentliche Urkunde, die gemäß § 418 Abs. 1 Zivilprozessordnung vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen begründet. Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, allerdings ist es nicht ausreichend, wenn der Zustellungsempfänger nur behauptet, dass er das Schriftstück nicht erhalten hat (Dörndorfer in BeckOK ZPO, § 182 Rn. 1 m.w.N.). Dies gilt auch, wenn hierüber eine eidesstattliche Versicherung abgegeben wird. Ein derartiger Beweisantritt verlangt vielmehr seinerseits den Nachweis eines anderen Geschehensablaufs. Es müssen daher Umstände dargelegt und bewiesen werden, die ein Fehlverhalten des Postzustellers bei der Zustellung und damit eine Falschbeurkundung in der Postzustellungsurkunde begründen (OLG Dresden, Hinweisbeschluss vom 6. März 2019 - 4 U 163/19 -, juris Rn. 6 m.w.N.). Diesen Beweis hat die Antragstellerin nicht angetreten.

Ihr Vortrag ist nicht geeignet, die Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen zu beweisen. Soweit die Antragstellerin die Aktenführung des Antragsgegners bemängelt, ist festzustellen, dass der Antragsgegner unter dem Az. 6 ...  das Baueinstellungsverfahren geführt hat und unter diesem Aktenzeichen im Vorgang die entsprechende Anordnung vom 31. März 2021 (BA I Bl. 47) sowie die Zwangsgeldfestsetzungen vom 13. April 2021 (BA I Bl. 71) und vom 22. April 2021 (BA I Bl. 96) abgelegt hat. Dass der Antragsgegner für die Widerspruchsverfahren und die Aussetzungsanträge neue Aktenzeichen vergeben hat, ist nicht zu beanstanden. Stempelnummern erhielten nur die Schriftstücke des Vorgangs mit dem Az. 6 ... , in den Vorgängen zu den Az. 6 ...  (BA II), 6 ...  (BA III) und 6 ...  (BA IV), die dem Gericht vorliegen, wurden die Dokumente handschriftlich numeriert. Auch hiergegen ist nichts zu erinnern. Das von der Antragstellerin erwähnte Schreiben des Antragsgegners vom 12. Mai 2021 bezog sich auf die Widerspruchs- und Aussetzungsverfahren und trägt daher die entsprechenden Aktenzeichen, nicht aber das Az. 6 ...  und befindet sich folglich auch nicht in dem so bezeichneten Vorgang. Da die Antragstellerin, der mit Mail vom 7. Mai 2021 die Aktenzeichen der Widerspruchs- und Aussetzungsverfahren mitgeteilt worden war, am 14. Mai 2021 unter dem Az. 6 ...  Akteneinsicht beantragte, ist schließlich auch nicht zu beanstanden, dass ihr allein diese Akte zu Einsicht überlassen wurde. Dass Kopien des Widerspruchsbescheids zur Baueinstellungsverfügung und der Entscheidung über den Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung dieser Verfügung zur Akte mit dem Az. 6 ...  genommen wurden, nicht aber auch Kopien der Widerspruchsbescheide zu den Zwangsgeldfestsetzungen, führt nicht zu durchgreifenden Zweifeln an der ordnungsgemäßen Aktenführung durch den Antragsgegner.

Soweit sich im Übrigen im Vorgang Az. 6 ...  drei Postzustellungsurkunden befinden, die lediglich das Aktenzeichen des Vorgangs und ein Bearbeiterkürzel zu Identifikation des zuzustellenden Schriftstücks tragen, wird davon ausgegangen, dass dieser Zustellungsmangel gemäß § 8 VwZG hinsichtlich der Baueinstellungsverfügung vom 31. März 2021 und der beiden Zwangsgeldfestsetzungen vom 13. April 2021 und vom 22. April 2021 durch den tatsächlichen Zugang bei der Antragstellerin geheilt wurden.

Allein aus der Kürze der Bearbeitungszeit kann entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellerin schließlich nicht darauf geschlossen werden, dass die Widerspruchsbescheide nicht zugestellt worden wären. Der Widerspruch ging beim Antragsgegner am 30. April 2021 per Fax ein, und sieben Arbeitstage später wurden die Widerspruchbescheide erlassen. Dass die Eingangsbestätigungen erst am 7. Mai 2021 per Mail versandt wurden, ist schon kein Indiz dafür, dass erst an diesem Tag mit der Bearbeitung der Widersprüche begonnen worden wäre. Und selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, ist nicht ersichtlich, warum in den verbleibenden zwei Arbeitstagen nicht die Widerspruchentscheidungen hätten gefasst werden können.

Der Antrag der Antragstellerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 VwGO war schon deshalb abzulehnen, weil die versäumte Rechtshandlung – hier: die Klage –, die gemäß § 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO innerhalb der Antragsfrist nachzuholen ist, trotz des entsprechenden richterlichen Hinweises vom 9. November 2021 nicht nachgeholt wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung ergeht nach §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und entspricht der Hälfte des für die Hauptsache maßgeblichen Streitwerts, der wiederum der Höhe der festgesetzten Zwangsgelder entspricht (vgl. Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, im Internet abrufbar unter: www.bverwg.de/rechtsprechung/streitwertkatalog.php; dort Nr. 1.5 Satz 1, Nr. 1.7.1).