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Entscheidung 3 L 23/22


Metadaten

Gericht VG Cottbus 3. Kammer Entscheidungsdatum 22.02.2022
Aktenzeichen 3 L 23/22 ECLI ECLI:DE:VGCOTTB:2022:0222.3L23.22.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 123 Abs 1 VwGO

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Antragstellerin,

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 18. Januar 2022 gegen die Anordnung der Wegnahme/Sicherstellung von Tieren am 13. Januar 2022 und ihres Widerspruchs vom 17. Februar 2022 gegen die Bestätigung der Wegnahme mit Bescheid des Antragsgegners vom 4. Februar 2022 wiederherzustellen,

den Antragsgegner zu verpflichten, die beschlagnahmten vier Beagle-Welpen, drei Golden Retriever-Welpen und vier Französische Bulldogge-Pudel-Mix-Welpen an Sie herauszugeben,

hat keinen Erfolg.

I. 1. Der Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners, die Welpen an die Antragstellerin herauszugeben, ist als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die Antragstellerin rechtsschutzbedürftig, weil sie die Behörde zuvor mit der Sache befasst hat. Ausweislich des Widerspruchschreibens vom 18. Januar 2022 hat sie die Herausgabe der Hunde an sie verlangt (vgl. zu diesem Erfordernis jüngst BVerwG, Beschluss vom 21. November 2021 – 6 VR 4/21 – juris Rn. 8 f.).

2. Der Antrag ist aber unbegründet.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung treffen, wenn diese Regelung notwendig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Dies setzt voraus, dass nach summarischer Prüfung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen des geltend gemachten Rechts (Anordnungsanspruch) und die Gefahr einer Vereitelung bzw. wesentlicher Erschwerung dieses Rechtes (Anordnungsgrund) besteht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 123 Rn. 23). Die Voraussetzungen sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung [ZPO]). Glaubhaftmachung bedeutet, dass für die richterliche Überzeugung vom Vorliegen des Anordnungsgrunds und Anordnungsanspruchs eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erforderlich ist (vgl. Huber, in: Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl. 2016, § 920 Rn. 9).

Hier hat die Antragstellerin bereits das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Unabhängig von der Frage, ob hierfür die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 17. Februar 2022 in Bezug auf die Wegnahmebescheide des Antragsgegners die Voraussetzung ist (dazu unter II.) fehlt es für einen Anspruch auf Herausgabe der Tiere nach § 985 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) an einer Glaubhaftmachung der Eigentümerstellung. Hieran sind hohe Anforderungen zu stellen (Hirt/Maisack/Moritz, in: TierSchG, 3. Aufl. 2016, § 16a, Rn. 38; vgl. auch VG Mainz, Beschluss vom 10. Juli 2020 – 1 L 441/20.MZ – juris Rn. 57; VG Aachen, Beschluss vom 16. Oktober 2009 – 6 L 391/09 – juris Rn. 45). Der Dritte muss darlegen, wann, von wem, zu welchem Zweck und für welchen Preis er das Tier erworben hat (Hirt/Maisack/Moritz, a.a.O.). Dies hat die Antragstellerin vorliegend nicht getan. Sie hat insoweit schon keinen plausiblen Sachverhalt geschildert. Der Vortrag beschränkt sich allein auf die nicht näher untersetzte Angabe, sie habe die Welpen von einem M ... erworben.

Das als Anlage „ASt 5“ vorgelegte Dokument reicht zur Glaubhaftmachung nicht aus. In dem an Herrn S ... adressierten Dokument, das mit dem Betreff „Bestätigung über den Verkauf von Hundewelpen“ überschrieben ist, bestätigt ein Herr M ... zwar, die streitgegenständlichen Welpen an die Antragstellerin am 5. November 2021 bzw. am 10. Januar 2022 übergeben zu haben. Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache – hier der Welpen – ist es gemäß § 929 BGB erforderlich, dass der Eigentümer dem Erwerber die Sache übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Aus dem Schreiben geht eine Einigung über den Eigentumsübergang an die Antragstellerin nicht hervor. Ohnehin fehlt es an der Angabe, wann eine entsprechende Vereinbarung getroffen worden sein soll. Auch das dem behaupteten Verfügungsgeschäft (hier: Einigung über den Eigentumsübergang) zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft wurde nicht glaubhaft gemacht; insbesondere fehlt es etwa an Angaben zum Kaufpreis; auch ein Kaufvertrag wurde nicht vorgelegt. Soweit der Antragsgegner den Versuch unternommen hat, den Sachverhalt weiter aufzuklären, hat er ermittelt, dass ein Herr M ... an der sowohl in der Antragsschrift als auch im Schreiben genannten Anschrift zwar gemeldet, aber nicht wohnhaft ist und dort nach Auskunft des vor Ort angetroffenen Vaters von Herr S ... zu keinem Zeitpunkt Hundewelpen gehalten wurden. Diese Tatsache spricht jedenfalls nicht für den Wahrheitsgehalt der Angaben der Antragstellerin und macht es im Übrigen auch dem Antragsgegner unmöglich, Herrn M ... zur Prüfung ihrer Behauptungen zu befragen.

Auch die mit Schriftsatz vom 17. Februar 2022 eingereichte eidesstattliche Versicherung des Herrn S ... ist zur Glaubhaftmachung der Eigentümerposition der Antragstellerin ungeeignet. Denn Gegenstand der Glaubhaftmachung können, wie § 294 Abs. 1 ZPO zeigt, nur Tatsachen sein. Demzufolge können nur ein Sachverhalt bzw. tatsächliche Umstände glaubhaft gemacht werden, auf deren Grundlage sich Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund ergeben. Rechtsfragen sind im Eilverfahren nicht Gegenstand der Glaubhaftmachung (Schoch, in: ders./Schneider, VwGO, 41. EL Juli 2021, § 123 Rn. 93). Diesen Anforderungen genügt die eidesstattliche Erklärung des Herrn S ... nicht. Darin erklärt dieser, nicht er, sondern die Antragstellerin habe die Welpen am 5. November 2021 und 10. Januar 2022 gekauft; die Hunde stünden im Eigentum der Antragstellerin. Der eidesstattlichen Erklärung sind keine eigenen Wahrnehmungen des Herrn K ... oder sonstigen Tatsachen zu entnehmen, die den Schluss zulassen, dass die Antragstellerin Eigentum an den Hunden erworben hat. Es ist völlig offen, ob Herr K ... beim Kauf der Hunde am 11. November 2021 und 10. Januar 2022 etwa zugegen war. Auch fehlen Angaben zu Ort, Zeit und Kaufpreis und insbesondere auch dazu, welche natürliche Person auf Seiten der Antragstellerin aufgetreten ist.

Darüber hinaus scheitert eine Herausgabe an die Antragstellerin auch deshalb, weil sie nicht über eine entsprechende Erlaubnis zum Halten von Hunden gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 8 lit. a) Tierschutzgesetz (TierSchG) verfügt. Bei einer Herausgabe der Tiere an sie würde ein rechtswidriger Zustand geschaffen.

II. 1. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 18. Januar 2022 gegen die Anordnung der Wegnahme/Sicherstellung der Welpen am 13. Januar 2022 ist zwar zulässig. Insoweit ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft, weil die Antragstellerin geltend macht, sich gegen einen sie belastenden Verwaltungsakt zu wenden, der mit der Anfechtungsklage angegriffen werden kann (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 936), gleichwohl sie nicht dessen Adressatin ist. Auch ist sie entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt, weil eine Verletzung von eigenen Rechten – hier am Eigentum – im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO zumindest möglich erscheint und diese nicht offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise bestehen (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn. 881).

2. Der Antrag ist indes unbegründet. Im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 VwGO durch das Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung ist maßgeblich auf die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens abzustellen. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen, aber auch gebotenen summarischen Prüfung ist die Wegnahme/Sicherstellung der Welpen nicht wegen Verletzung eines die Antragstellerin schützenden Rechts – hier am Eigentum – rechtswidrig. Denn insoweit hat sie ihr Eigentum an den Tieren – wie dargestellt – nicht glaubhaft gemacht.

III. Aus den gleichen Gründen hat auch der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 14. Februar 2022 gegen die Bestätigung der Wegnahme mit Bescheid des Antragsgegners vom 4. Februar 2022 keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Streitwert ist gemäß § 52 Abs. 2 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in der im Tenor benannten Höhe festzusetzen. Der Auffangwert ist heranzuziehen, da der bisherige Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte für eine anderweitige Bestimmung des wirtschaftlichen Interesses des Antragstellers daran, von den angegriffenen Maßnahmen verschont zu bleiben, bietet. Aufgrund der Vorläufigkeit des lediglich auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gerichteten Verfahrens ist dieser Wert zu halbieren (vgl. Ziff. 1.5 Satz 1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).