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Entscheidung 3 Ca 832/20, 7 Sa 1394/21


Metadaten

Gericht ArbG Brandenburg 3. Kammer Entscheidungsdatum 05.05.2021
Aktenzeichen 3 Ca 832/20, 7 Sa 1394/21 ECLI ECLI:DE:ARBGBRA:2021:0505.3CA832.20.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

3. Der Streitwert: 15.041,40 Euro

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Beendigung und den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, nachdem der Kläger und die Beklagte am 02.12.2020 einen Aufhebungsvertrag zum 31.12.2020 schlossen und der Kläger diesbezüglich die Anfechtung erklärte.

Der am 31.03.1978 geborene Kläger steht bei der Beklagten seit dem 03.07 2000 bei einer 40-Stunden-Woche als Wäscher und Transporter in der Entgeltgruppe 3 Z2 zuletzt mit einem Gesamtbruttomonatseinkommen von 3.008,28 Euro im Arbeitsverhältnis.

Am 25.11.2020 wurde durch den Fertigungsleiter Herrn S., den Leiter Personalbetreuung Herrn S. und in Anwesenheit des Betriebsratsmitgliedes Herrn H. ein Personalgespräch mit dem Kläger geführt, bei dem dem Kläger durch die Arbeitgeberseite mitgeteilt wurde, dass man gegen ihnen zumindest den Verdacht habe, dass er Arbeitszeitbetrug begangen habe. Anlässlich dieses Personalgesprächs wurde gegenüber dem Kläger von Arbeitgeberseite die Möglichkeit des Ausspruchs einer Kündigung und auch die Einleitung eines Kündigungsverfahrens angekündigt.

Am 02.12.2020 fand ein weiteres Personalgespräch mit dem Kläger durch den Fertigungsleiter Herrn S. und den Leiter Personalbetreuung Herrn S. statt, in welchem dem Kläger nochmals mitgeteilt wurde, dass man ihn wegen des Arbeitszeitbetruges kündigen werde und dass der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung nicht widersprochen habe. In diesem Gespräch wurde dem Kläger, zur Vermeidung einer fristlosen Kündigung, das Angebot eines Aufhebungsvertrages gegeben. Nach kurzer Überlegung unterzeichnete der Kläger den Aufhebungsvertrag am 02.12.2020 (vergleiche Anlage K4, Blatt 120 der Akte).

Mit Schreiben vom 07.12.2020 seines Prozessbevollmächtigten hat der Kläger den Aufhebungsvertrag wegen Irrtums, Täuschung und wegen widerrechtlicher Drohung gemäß §§ 119, 123, 124 BGB angefochten (vgl. Bl. 88 ff. d.A.).

Im Rahmen der Einschränkungen durch die Covid-Pandemie erteilte die Beklagte allen Arbeitnehmern - so auch dem Kläger - mit Schreiben vom 07.01.2021 eine Bescheinigung über die berufliche Tätigkeit im Schichtdienst, mit dem bestätigt wird, dass der Kläger bei der Z. beschäftigt ist und regelmäßig die Arbeitsstätte im Zeitraum zwischen 22:00 Uhr und 5:00 Uhr aufsuchen muss (vgl. Bl. 55 d.A.).

Mit der am 07.12.2020 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage seines Prozessbevollmächtigten vom 07.12.2020 begehrt der Kläger die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch den Aufhebungsvertrag nicht zum 31.12.2020 beendet wird und fortbesteht.

Mit der Klageerweiterung vom 15.01.2021 begehrt der Kläger die Beschäftigung und mit Klageerweiterung vom 20.01.2020 weiterhin die Feststellung, dass durch das Schreiben der Beklagten an den Kläger vom 07.01.2021 ein seit dem 03.07.2002 bestehendes Arbeitsverhältnis besteht.

Der Kläger trägt - soweit hier von Bedeutung – vor, dass beim Abschluss des Aufhebungsvertrages die Grundsätze des fairen Verhandelns nicht eingehalten wurden. So sei der Kläger ohne Vorwarnung zum Personalgespräch gebeten worden. Insbesondere habe die Beklagte widerrechtlich mit einer Kündigung, auch einer fristlosen Kündigung gedroht. die nicht haltbar gewesen wäre. Es bestehe auch kein Verdacht eines Arbeitszeitbetruges. Er habe nicht gegen die Betriebsvereinbarung zur Zeiterfassung verstoßen. Vielmehr sei er in den fraglichen Zeiten jeweils auf Toilette gewesen und sei danach an seinen Arbeitsplatz zurückgekehrt.

Das Arbeitsverhältnis habe bisher beanstandungslos bestanden. Insbesondere habe bisher keinerlei Abmahnung ausgesprochen werden müssen.

Die Androhung einer fristlosen Kündigung im Personalgespräch erfolgte rechtswidrig, da keine Abmahnungen ausgesprochen wurden und keine negative Prognose für eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bestand. Bei einer Interessenabwägung wäre diese nicht zulasten des Klägers, unter Berücksichtigung der 20-jährigen Betriebszugehörigkeit und des Maßes der Pflichtverletzungen, ausgefallen.

Des Weiteren sei bereits die Frist nach § 626 Abs. 2 BGB abgelaufen gewesen, da die dem Kläger zur Last gelegten Pflichtverletzungen länger als zwei Wochen bekannt waren.

Auch sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß unterrichtet worden und der Kläger nicht ordnungsgemäß und vollständig in den Personalgesprächen angehört worden. Man habe ihm sofort die Entscheidung zwischen Aufhebungsvertrag oder fristloser Kündigung gelassen und keine Bedenkzeit eingeräumt. Da kein keinerlei Kündigungsgrund vorgelegen habe, die mögliche Kündigung nicht haltbar gewesen wäre, sei die Drohung mit einer fristlosen Kündigung widerrechtlich erfolgt.

Er habe sich im Personalgespräch vom 02.12.2020 vollkommen überrumpelt, ohnmächtig und überfordert gefühlt und habe in diesem Zustand unterschrieben. Er habe die gesamte Gesprächs- und Verhandlungssituation als sehr unangenehm empfunden.

Somit sei der Aufhebungsvertrag berechtigt und wirksam angefochten worden. Das Arbeitsverhältnis bestehe daher fort.

Weiterhin bestehe entsprechend dem Schreiben der Beklagten das Arbeitsverhältnis weiter, denn die Beklagte habe gegenüber dem Kläger am 07.01.2021 bestätigt, dass er im Arbeitsverhältnis zur Beklagten stehe und die Arbeitsstätte zwischen 22:00 Uhr und 5:00 Uhr aufsuchen muss. Damit sei die Beklagte konkludent vom Aufhebungsvertrag zurückgetreten. Das Schreiben vom 07.01.2021 stelle ein Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dar, was der Kläger annehme.

Der Kläger beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass durch den nicht datierten Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis nicht zum 31.12.2020 aufgelöst worden ist.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände entet, sondern unverändert fortbesteht.

3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger über den 31.12.2020 hinaus mit dem Inhalt des Arbeitsvertrages vom 03.07.2002 zu beschäftigen.

4. Es wird festgestellt, dass durch Annahme des konkludenten Angebotes der Beklagten das Arbeitsverhältnis ungekündigt fortzusetzen an den Kläger durch Schreiben vom 07.01.2021, zwischen den Parteien ein seit dem 03.07.2002 bestehendes Arbeitsverhältnis besteht.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt - soweit hier von Bedeutung – vor, dass der Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2020 beendet, denn dem Kläger lägen keinerlei Anfechtungsgründe zur Seite.

Der Kläger mache keinerlei Ausführungen zur Problematik des Irrtums oder der Täuschung als Anfechtungsgrund.

In dem Personalgespräch vom 25.11. und 02.12.2020 habe die Beklagte nicht widerrechtlich mit einer außerordentlichen Kündigung gedroht, denn gegen den Kläger bestand zumindest der Verdacht des Arbeitszeitbetruges.

Wenn ein Arbeitgeber einer Kündigung drohe und im Anschluss ein Aufhebungsvertrag geschlossen wird, liegt eine widerrechtliche Drohung mit einer Kündigung nur dann vor, wenn der Drohende selbst nicht an den Bestand dieser Kündigung glaubt. Ob eine auszusprechende Kündigung letztendlich wirksam wäre und einer gerichtliche Prüfung standhalte, ist nicht zu beachten.

Die Beklagte habe durch Kollegen des Klägers den Hinweis bekommen, dass der Kläger Arbeitszeitbetrug begehe, indem er sich vor Ende der jeweiligen Schicht vom Arbeitsplatz entferne.

Am 18.11.2020 wurde mit Zustimmung des Betriebsrates Einsicht in die Bewegungsdaten des Klägers im Zeitraum vom 01.10. bis 17.11.2020 genommen. Gemäß der bei der Beklagten anzuwendenden Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge ist die Umkleidezeit keine Arbeitszeit. Im Zeitraum vom 01. bis 22.10.2020 habe der Kläger an 13 Arbeitstagen insgesamt an 228 Minuten zu früh seinen Arbeitsplatz verlassen und die Garderobe aufgesucht. Dies stets kurz vor Schichtende.

Aufgrund dieser Feststellungen sei mit dem Kläger das Personalgespräch am 25.11.2020 geführt worden, indem auch die außerordentliche Kündigung bereits angekündigt wurde. Innerhalb des Gespräches habe sich der Kläger nicht konkret zu den Vorwürfen geäußert.

Da man den Ausspruch der Kündigung in Erwägung zog, wurde mit Schreiben vom 26.11.2020 der bei der Beklagten bestehende Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung angehört (vgl. Bl. 91 ff. d.A.). Am 01.12.2020 habe der Betriebsrat mitgeteilt, dass er keine Möglichkeit für einen Widerspruch zur Kündigung sehe.

In dem mit dem Kläger geführten Personalgespräch vom 02.12.2020 wurden mit ihm nochmals die Vorwürfe erörtert und auch mitgeteilt, dass der Betriebsrat keine Möglichkeit zu einem Widerspruch zu einer Kündigung sehen.

Sodann wurde ihm das Angebote des Aufhebungsvertrages zur Vermeidung einer fristlosen Kündigung unterbreitet. Der Kläger habe nach kurzer Überlegung den Aufhebungsvertrag unterzeichnet.

Aufgrund der festgestellten 13 Fälle von Arbeitszeitbetrug innerhalb von drei Wochen, konnte die Beklagte auch die fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetruges, was eine schwere Pflichtverletzung darstelle, bei dem auch eine Abmahnung entbehrlich sei, androhen.

Auch sei im Zeitpunkt des 02.12.2020 die Frist nach § 626 Abs. 2 BGB gewahrt gewesen. Die Beklagte habe erstmalig am 18.11.2020 von dem Verdacht gegen den Kläger Kenntnis erlangt.

Der Kläger sei nicht mit dem Abschluss des Aufhebungsvertrages überrumpelt worden, da ihm bereits im Personalgespräch vom 26.11.2020 angekündigt wurde, dass man beabsichtige, ihn fristlos zu kündigen.

Das Schreiben der Beklagten vom 07.01.2021 - unter anderem an den Kläger - stelle kein Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dar. Vielmehr sei dies ein maschinell erstelltes Schreiben an alle Mitarbeiter gemäß der Covid-19-Eindämmungsverordnung.

Zum weiteren Vorbringen der Prozessparteien sowie zur Verfahrensgeschichte wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage bedurfte der Abweisung, da der Aufhebungsvertrag vom 02.12.2020 das Arbeitszeugnis der Partei zum 31.12.2020 beendete und mit dem Schreiben der Beklagten vom 07.01.2021 nicht die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses vereinbart wurde.

1.

Die auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtete Willenserklärung eines Aufhebungsvertrages kann angefochten werden, wenn ein Anfechtungsgrund vorliegt.

Der Kläger hat den Aufhebungsvertrag vom 02.12.2020 mit Schreiben vom 07.12.2020 wegen Irrtums, wegen Täuschung und wegen Drohung angefochten. In seinen weiteren Ausführungen setzt sich der Kläger jedoch nur mit einer möglichen widerrechtlichen Drohung durch Ankündigung einer außerordentlichen Kündigung, als Anfechtungsgrund auseinander. Zur Anfechtung wegen Irrtums und arglistiger Täuschung hat der Kläger keiner Tatsachenvortrag gebracht, so dass hier keine gerichtliche Prüfung möglich war.

Gemäß § 123 BGB kann eine Erklärung angefochten werden, wenn der Anfechtende zur Abgabe dieser Willenserklärung durch widerrechtliche Drohung bestimmt wurde. Insoweit trägt der Kläger vor, ihm sei widerrechtlich mit einer außerordentlichen Kündigung gedroht worden, um den Aufhebungsvertrag abzuschließen. Dabei sei ihm keine ausreichende Bedenkzeit gegeben und die Grundsätze des fairen Verhandelns seien nicht beachtet worden.

Voraussetzung für eine Anfechtung nach § 123 BGB ist nicht nur eine Drohung mit einem Übel, sondern die Drohung muss widerrechtlich sein. Die Drohung mit einer außerordentlichen Kündigung ist widerrechtlich, wenn ein verständiger Arbeitgeber eine solche Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte, d.h. die Widerrechtlichkeit der Kündigungsandrohung kann sich nur aus einem Missverhältnis von Mittel und Zweck ergeben. Dabei ist es jedoch nicht erforderlich, dass sich die angedrohte Kündigung, wenn sie ausgesprochen worden wäre, in einem Kündigungsschutzprozess als rechtsbeständig erwiesen hätte. Nur dann, wenn der Arbeitgeber unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls davon ausgehen muss, dass die angedrohte Kündigung im Falle ihres Ausspruchs einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht standhalten werde, darf er die außerordentliche Kündigungserklärung nicht in Aussicht stellen, um damit den Arbeitnehmer zum Abschluss eines Beendens eines Aufhebungsvertrages zu veranlassen (vgl. BAG-Urteil vom 15.12.2005, 6 AZR 197/05, recherchiert über juris).

Die Beklagte hat dem Kläger Arbeitszeitbetrug vorgeworfen, nachdem sie durch Hinweis eines Kollegen auf einen möglichen Arbeitszeitbetrug des Klägers am 18.11.2020 Einsicht in die Bewegungsdaten, d.h. den Kartenleser des Drehkreuzes K. und Garderobe Süd für den Zeitraum vom 01.10. bis 17.11.2020 vorgenommen hat. Dabei hat die Beklagte im Zeitraum vom 01.10. bis 22.10.2020 Abweichungen in der Zeiterfassung an insgesamt 13 Arbeitstagen mit insgesamt 228 Minuten festgestellt, dass der Kläger dabei die Arbeit zu früh verlassen und die Garderobe aufgesucht hat. Der Kläger hat dann nämlich die vereinbarte Arbeitszeit nicht eingehalten, jedoch sein volles Entgelt erhalten. Dabei handelt es sich um einen Arbeitszeitbetrug.

Ein Arbeitszeitbetrug kann jedoch regelmäßig den Ausspruch einer Kündigung - auch einer außerordentlichen Kündigung - im Sinne § 626 BGB darstellen, dies auch abmahnungsfrei. Im Falle mehrfachen nicht unerheblichen Arbeitszeitbetruges bedarf es keiner vorherigen Abmahnung. Auch eine langjährige Beschäftigung ändert daran nichts.

Unter Berücksichtigung dessen konnte die Beklagte davon ausgehen, dass der dem Kläger vorgeworfene Arbeitszeitbetrug eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen und, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung auch des Bundesarbeitsgerichtes, diese einer gerichtliche Überprüfung standhalten werde, da der dem Kläger vorgeworfene Arbeitszeitbetrug in 13 Fällen innerhalb von knapp drei Wochen über ein Gesamtzeitvolumen von drei Stunden und 48 Minuten kein einmaliger Pflichtverstoß ist, sondern eine gravierende und schwerwiegende Arbeitspflichtverletzung darstellt.

Dies hatte die Beklagte dem Kläger im Personalgespräch vom 25.11.2020 auch so erläutert. Man habe dem Kläger insbesondere die vom Arbeitgeber getroffenen Feststellungen zur Kenntnis gegeben und dem Kläger mitgeteilt, dass man beabsichtige ihn zu kündigen und das Kündigungsverfahren einleiten werde.

Die Beklagte hat sodann den bei ihr bestehenden Betriebsrat zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers angehört. Der Betriebsrat hat im Ergebnis der Anhörung dem Arbeitgeber mitgeteilt, dass er sich nicht in der Lage sehe, der Kündigungsabsicht zu widersprechen.

Wie bereits oben ausgeführt kommt es nicht darauf an, ob diese beabsichtigte Kündigung einer gerichtlichen Überprüfung Umfang standhält, sondern, ob ein vernünftiger Arbeitgeber auf Grundlage des ihm zur Verfügung stehenden Sachverhaltes eine Kündigung in Erwägung ziehen kann. Unter Berücksichtigung des zugrundeliegenden Sachverhaltes konnte die Beklagte berechtigt davon ausgehen, dass der Kläger Arbeitszeitbetrug vorgenommen hat und konnte damit eine außerordentliche Kündigung in Erwägung ziehen.

Daher stellt die Drohung mit einer außerordentlichen Kündigung keine widerrechtliche Drohung im Sinne des Anfechtungsrechtes dar.

Dem Kläger steht somit kein Grund zur Anfechtung des Aufhebungsvertrages zu. Es kommt - wie bereits mehrfach ausgeführt - nicht darauf an, ob der Arbeitgeber die in einem Kündigungsprozess die erforderliche Pflichtverletzung im Einzelnen nachweisen kann. Es kommt ebenso wenig darauf an, ob der Arbeitgeber den bestehenden Betriebsrat vollständig und ordnungsgemäß angehört hat. Ebenso wenig entscheidungserheblich ist, ob in einem Kündigungsverfahren die vorzunehmende Interessenabwägung zu Gunsten des Klägers ausgefallen wäre. Denn all dies wäre nur Maßstab bei der Bewertung einer streitbefangenen Kündigung, nicht jedoch bei der Bewertung der Anfechtung des Aufhebungsvertrages.

Die Beklagte hat auch nicht gegen das Gebot des fairen Verhandelns verstoßen. Die Beklagte hat, nachdem sie einen Hinweis auf den Arbeitszeitbetrug durch den Kläger bekam, zunächst Recherchen angestellt und im Ergebnis der Recherchen festgestellt, dass die Arbeitszeitnachweise des Klägers erhebliche Abweichungen der Ist- von der Soll-Zeit ergeben. Die Beklagte hat den Kläger im ersten Personalgespräch vom 25.11.2020 mit den Feststellungen konfrontiert und dem Kläger mitgeteilt, dass man beabsichtige ihn zu kündigen und ein Kündigungsverfahren einleiten werde.

Im zweiten Personalgespräch am 02.12.2020 hat die Beklagte den Kläger dann mit dem Ergebnis der Betriebsratsanhörung zur beabsichtigten Kündigung konfrontiert und ihm als Alternative zur Kündigung den Abschluss des streitbefangenen Aufhebungsvertrages angeboten, den der Kläger nach kurzer Überlegung unterzeichnete.

Dem Kläger waren die Vorwürfe gegen ihn und die Kündigungsabsicht der Beklagten seit dem 25.11.2020 bekannt. Die Situation am 02.12.2020 konnte für den Kläger somit nicht völlig überraschend sein.

Da dem Kläger ein Anfechtungsgrund zum Aufhebungsvertrag nicht zur Seite stand, ist der Aufhebungsvertrag wirksam zustande gekommen und beendet das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2020. Insoweit waren die Anträge 1, 2 und 3 der Klage abzuweisen.

2.

Soweit der Kläger mit dem Antrag zu 4 die Feststellung begehrt, dass durch das Schreiben vom 07.01.2021 gegenüber dem Kläger ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis fortgesetzt wurde, war die Klage abzuweisen.

Mit dem Schreiben ist die Beklagte nicht vom Aufhebungsvertrag zurückgetreten, weder ausdrücklich noch konkludent. Gemäß der dritten Eindämmungsverordnung im Land Brandenburg vom 15.12.2020 war gemäß § 4 Abs. 2 der Aufenthalt in öffentlichen Räumen in der Zeit zwischen 22:00 und 5:00 Uhr nur in definierten Ausnahmefällen erlaubt, z.B. zum Aufsuchen des Arbeitsplatzes. Die Beklagte hat mit dem Schreiben, welches sie an alle betroffenen Beschäftigten übersandte, diesen Arbeitnehmern eine entsprechende Bestätigung zur Verfügung gestellt, um diese bei einer möglichen Kontrolle vorlegen zu können. Mit diesem Schreiben ist die Beklagte jedenfalls nicht vom Aufhebungsvertrag zurückgetreten. Der Sinne des Schreibens lag nicht in der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, sondern in einer reinen Bestätigung zur Vorlage durch die Arbeitnehmer bei entsprechenden Kontrollen der dritten Eindämmungsverordnung.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, wonach die unterliegende Partei – hier der Kläger - die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 61 Abs. 1 ArbGG, § 46 Abs. 2 GKG. Der Antrag zu 1 war mit drei Bruttomonatsentgelten, die Anträge zu 3 und 4 mit jeweils einem Bruttomonatsentgelt zu bemessen.