Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat | Entscheidungsdatum | 28.02.2022 | |
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Aktenzeichen | OVG 6 A 21/21 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2022:0228.OVG6A21.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 2 Abs 5 BauO BB 2018, § 47 Abs 2 BauO BB 2018, § 3a Abs 4 ArbStättV |
Zur Anspruchsberechtigung auf Schallschutzmaßnahmen nach dem Schallschutzprogramm für den Flughafen BER für den Empfangsraum eines Fitness- und Wellness-Studios.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks B ... , das in dem für den Flughafen Berlin Brandenburg (BER) festgesetzten Tag- und Nachtschutzgebiet liegt. Das Grundstück ist mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebaut.
Der Kläger beantragte am 31. Juli 2019 Schallschutzmaßnahmen nach Maßgabe des Planfeststellungsbeschlusses. Das auf der Grundlage einer schalltechnischen Objektbeurteilung (Anspruchsermittlung - ASE -) vom 6./8. April 2020 erstellte Kostenerstattungsangebot (Leistungsverzeichnis) der Beklagten vom 3. November 2020 sah Schutzmaßnahmen in Höhe von insgesamt 124.002,07 EUR vor. Die schallschutzbezogene Verkehrswertermittlung ergab einen Verkehrswert in Höhe von 1.100.000 EUR.
Der Kläger war mit dieser Ausgleichsmaßnahme nicht einverstanden und lehnte den ihm angebotenen Abschluss einer Kostenerstattungsvereinbarung ab. Zur Begründung seiner daraufhin erhobenen Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass die zu erwartenden Kosten für die schallschutztechnische Ertüchtigung seines Wohnhauses über 30 % des schallschutzbezogenen Verkehrswertes des Gebäudes lägen, so dass er einen Anspruch auf Entschädigung in Geld habe. In der Anspruchsermittlung seien fehlerhaft der im ersten Obergeschoss liegende Raum C 5 und der im Dachgeschoss liegende Raum D 6 nicht als anspruchsberechtigte Wohn- und Aufenthaltsräume berücksichtigt worden. Beide Räume seien Kinderzimmer, im Zeitpunkt der Begehung seien lediglich noch keine Möbel geliefert gewesen. Eine derartige Raumnutzung werde durch den Untersuchungs- und Prüfbericht der D ... zum passiven Schallschutz im Bauvorhaben A ... vom 27. Mai 2021 bestätigt. Das im ersten Obergeschoss befindliche Schlafzimmer (Raum C 2) sei zu Unrecht mangels ausreichender Belichtung nicht als anspruchsberechtigt anerkannt worden. Insoweit lägen entsprechende Baugenehmigungen vom 12. Juli 1995 bzw. 4. Juni 1996 vor. Die Belichtungsfläche sei ausreichend dimensioniert. Das gelte auch für den Empfangsbereich (Raum A 1) im nicht reinen Wohnzwecken dienenden Kellergeschoss des Gebäudes, der entsprechend der technischen Regeln für Arbeitsstättenbeleuchtung ausreichend belichtet sei. Der bestehende Beleuchtungsschacht sei ebenso zu berücksichtigen wie die angemessene künstliche Beleuchtung. Zudem bestehe ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der außergerichtlichen Vertretung.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 330.000 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. die Beklagten zu verurteilen, die außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 3.963,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an ihn zu zahlen,
3. hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, bei der schalltechnischen Objektbeurteilung und der Umsetzung des Schallschutzkonzepts nach den planfestgestellten Lärmschutzauflagen A II Ziffer 5.1.2 und Ziffer 5.1.3 des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau des Flughafens Berlin Schönefeld vom 13. August 2004 in der Gestalt des Planergänzungsbeschlusses vom 20. Oktober 2008 in der derzeitigen gültigen Fassung baulichen Schallschutz auch für die Räume A 1, C 2, C 5 und D 6 seines Wohn- und Geschäftshauses B ... vorzusehen und ihm die Höhe der erstattungsfähigen Aufwendungen mitzuteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt im Wesentlichen vor, es sei mit Blick auf die anerkannten Schallschutzkosten in Höhe von 124.000 EUR für sieben Wohn- und Büroräume weder dargelegt noch realistisch, dass für die weiteren vier Räume Schallschutzkosten in Höhe von 206.000 EUR erforderlich wären. Der Empfangsbereich im Kellergeschoss (Raum A 1) stelle den Eingangsbereich für ein Fitness-Studio dar und sei nicht als Aufenthaltsraum genehmigt. Er verfüge auch nicht über eine ausreichende Belichtung. Das Schlafzimmer im ersten Obergeschoss (Raum C 2) sei in der Baugenehmigung nicht als Aufenthaltsraum genehmigt. Die heutige Raumaufteilung weiche von der Baugenehmigung ab, wonach die Fläche von einem Bad, Abstellraum und Teil der Küche beansprucht werde. Der Raum sei zudem nicht ausreichend belichtet. Bei dem Raum C 5 im ersten Obergeschoss handele es sich um einen Abstellraum. Diese Raumnutzung habe der Kläger unter dem 2. Juni 2020 bestätigt. Bei dem im Dachgeschoss befindlichen Raum D 6 handele es sich um einen Nebenraum. Ein nach Versendung der Anspruchsermittlung erfolgter Nutzungswechsel sei unerheblich.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen ist.
Die Klage hat keinen Erfolg.
Die Sache konnte durch den Berichterstatter als Einzelrichter verhandelt und entschieden werden, weil die Beteiligten ihr schriftliches Einverständnis hierzu erklärt haben (§ 87a Abs. 2, Abs. 3 VwGO).
I. Die Klage hat mit ihrem Hauptantrag zu 1. keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die geltend gemachte Entschädigungszahlung in Höhe von 330.000,00 EUR.
1. Anspruchsgrundlage für das Zahlungsbegehren des Klägers ist der Planfeststellungsbeschluss „Ausbau Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld“ vom 13. August 2004 in Verbindung mit dem Planergänzungsbeschluss „Lärmschutzkonzept BBI“ zum Vorhaben „Ausbau Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld“ vom 20. Oktober 2009 (im Folgenden: PFB).
Gemäß der Lärmschutzauflage in Teil A II Ziffer 5.1.2 PFB (S. 105 f.) sind für Wohnräume, Büroräume, Praxisräume und sonstige nicht nur vorübergehend betrieblich genutzte Räume in der Umgebung des Flughafens geeignete Schallschutzvorrichtungen vorzusehen. Die Vorrichtungen haben am Tag zu gewährleisten, dass durch die An- und Abflüge am Flughafen im Rauminnern bei geschlossenen Fenstern keine höheren A-bewerteten Maximalpegel als 55 dB(A) auftreten. Innerhalb des Tagschutzgebietes haben die Träger des Vorhabens auf Antrag des Eigentümers eines Grundstücks, das am 15.05.2000 bebaut oder bebaubar war, für geeignete Schallschutzvorrichtungen an den Räumen Sorge zu tragen.
Zur Gewährleistung des Nachtschutzes sieht der Planergänzungsbeschluss in Teil A II Ziffer 5.1.3 PEB (S. 19) vor, dass für Schlafräume einschließlich der Übernachtungsräume in Beherbergungsstätten in der Umgebung des Flughafens geeignete Schallschutzvorrichtungen vorzusehen sind. Die Vorrichtungen haben zu gewährleisten, dass durch An- und Abflüge am Flughafen im Rauminnern bei geschlossenen Fenstern und ausreichender Belüftung in der Durchschnittsnacht der sechs verkehrsreichsten Monate nicht mehr als sechs A-bewertete Maximalpegel über 55 dB(A) auftreten und ein für die Nachtstunden (22:00 bis 06:00 Uhr) der sechs verkehrsreichsten Monate ermittelter energieäquivalenter Dauerschallpegel von 35 dB(A) nicht überschritten wird. Innerhalb des Nachtschutzgebietes haben die Träger des Vorhabens auf Antrag des Eigentümers eines Grundstückes, das am 15.05.2000 bebaut oder bebaubar war, für geeignete Schallschutzvorrichtungen einschließlich geeigneter Belüftung an den Räumen Sorge zu tragen. Die Schutzauflagen geben demnach das Schutzniveau vor, das der Einhaltung der Schutzziele – dem Kommunikationsschutz am Tag und der Nachtruhe in der Nacht – dient.
Nach der Lärmschutzauflage in Teil A II Ziffer 5.1.7 Nr. 2 PFB (S. 108) hat der Betroffene gegenüber der Vorhabenträgerin einen Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 30 % des Verkehrswertes, soweit die Kosten für Schallschutzeinrichtungen im Sinne der Auflagen 5.1.2 und 5.1.3 30 % des Verkehrswertes von Grundstück und Gebäuden mit zu schützenden Räumen überschreiten und damit außer Verhältnis zum angestrebten Schutzzweck stehen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Die bisher in der Anspruchsermittlung vorgesehenen Maßnahmen, die zur schallschutztechnischen Ertüchtigung der mehreren anspruchsberechtigten Wohn- und Schlafräume sowie Büroräume in dem klägerischen Wohn- und Geschäftshaus erforderlich sind, um die planfestgestellten Lärmschutzziele zu erreichen, erfordern mit Kosten in Höhe von 124.002,07 EUR einen finanziellen Aufwand, der deutlich unter der sich bei 330.000 EUR befindenden Kappungsgrenze von 30 % des maßgeblichen Verkehrswertes liegt.
2. Die Beklagte lehnt zu Recht eine Anspruchsberechtigung auf Schallschutzmaßnahmen für die Räume A 1, C 2, C 5 und D 6 in dem Wohn- und Geschäftsgebäude des Klägers ab. Bei diesen Räumen handelt es sich nach zutreffender Einschätzung der Beklagten nicht um schützenswerte Räume im Sinne der Schallschutzauflagen in Teil A II Ziffer 5.1.2 PFB (Tagschutz) und in Teil A II Ziffer 5.1.3 (Nachtschutz).
a) Der Kläger kann von der Beklagten nicht die Ertüchtigung des Empfangsbereichs im Kellergeschoss (Raum A 1) mit baulichem Schallschutz verlangen.
Hinsichtlich dieses Raumes steht der Gewährung von Schallschutz zum einen der Ausschlussgrund nach Teil A II 5.1.7 Nr. 7 PFB entgegen, zum anderen ist eine Nutzung des Raumes A 1 als Aufenthaltsraum mangels ausreichender Belichtung nicht genehmigungsfähig. Überdies ist die Schutzbedürftigkeit des Empfangsraumes nach der Lärmschutzauflage 5.1.2 Nr. 1 PFB zu verneinen.
aa) Nach Teil A II 5.1.7. Nr. 7 PFB (S. 109) entfällt die Verpflichtung des Vorhabenträgers, soweit das betroffene Gebäude zum Abriss bestimmt ist oder nur vorübergehend für die entsprechenden Zwecke genutzt wird oder das Grundstück zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs nicht bebaubar und nicht mit einem rechtmäßig errichteten Gebäude bebaut ist. Die vom Kläger geschilderte Nutzung des Raumes A 1 als Empfangsbereich für ein Fitness- und Wellness-Studio ist nicht durch eine danach erforderliche Baugenehmigung legalisiert.
Die im Zeitpunkt der Anspruchsermittlung vorliegende Baugenehmigung vom 12. Juli 1995 genehmigt für den Teil des Gebäudes, in dem sich heute der Empfangsbereich befindet, lediglich einen Umkleideraum für Mitarbeiter des im Erdgeschoss des Gebäudes geplanten Kreditinstituts, der neben einem als Lager und Archiv für das Kreditinstitut vorgesehenen Raum liegt (vgl. von der Unteren Bauaufsichtsbehörde grün gestempelter Grundriss des Kellergeschosses). Damit liegt keine Baugenehmigung für die Nutzung als Aufenthaltsraum im Sinne des § 2 Abs. 5 BbgBO vor. Danach sind Aufenthaltsräume Räume, die zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind. Die genehmigte Nutzung als Umkleideraum umfasst – wie andere Nebenraumtypen – lediglich einen nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen. Dies schließt die im Zeitpunkt der Anspruchsermittlung bestehende tatsächliche Nutzung als Empfangsraum aus. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgetragen hat, der in Rede stehende Raum sei als Umkleide- und Pausenraum für die Mitarbeiter des Kreditinstituts geplant gewesen, geht dies aus der hier maßgeblichen Baugenehmigung nicht hervor.
bb) Die Beklagte kann sich zudem mit Erfolg darauf berufen, dass dem Raum A 1 die objektive Eignung für einen Aufenthaltsraum fehlt, da er nicht den bauordnungsrechtlichen Vorgaben an die Belichtung entspricht.
Die Beurteilung, ob der abweichend von der Baugenehmigung genutzte Raum A 1 (s.o.) als Aufenthaltsraum im Sinne des § 2 Abs. 5 BbgBO genehmigungsfähig wäre, richtet sich nach § 47 Abs. 2 BbgBO in der aktuellen Fassung (entspricht im Wesentlichen § 40 Abs. 2 BbgBO 2008, § 48 Abs. 2 BbgBO 1998; § 48 Abs. 2 BauO 1994). Danach müssen Aufenthaltsräume ausreichend belüftet und mit Tageslicht beleuchtet werden können. Sie müssen Fenster mit einem Rohbaumaß der Fensteröffnungen von mindestens ein Achtel der Netto-Grundfläche des Raumes einschließlich der Netto-Grundfläche verglaster Vorbauten und Loggien haben.
Die Beklagte hat angenommen, dass die Netto-Grundfläche des Raumes A 1 29,58 m² beträgt, so dass die Fensterfläche mindestens 3,7 m² betragen müsste. Die vorhandene Fensterfläche beträgt jedoch lediglich 2,31 m². Die vorhandene Belichtung entspricht damit nicht den bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen. Das gilt selbst dann, wenn man zugunsten des Klägers das Rohbaumaß des kleinen, zu einem Lichtschacht führenden Fensters mit einer Fensterfläche von 1,08 m² berücksichtigt, so dass sich insgesamt eine Belichtungsfläche von 3,39 m² ergibt. Diesem in der mündlichen Verhandlung erörterten Befund ist der Kläger nicht weiter entgegengetreten. Damit ist eine Nutzung des Raumes A 1 als Aufenthaltsraum nicht genehmigungsfähig.
Soweit der Kläger geltend macht, der Empfangsraum sei nach den Technischen Regeln für Arbeitsstättenbeleuchtung ausreichend belichtet, greift dies nicht durch. Nach § 3a Abs. 4 der Verordnung über Arbeitsstätten (ArbStättV) gelten Anforderungen in anderen Rechtsvorschriften, insbesondere im Bauordnungsrecht der Länder, vorrangig, soweit sie über die Anforderungen dieser Verordnung hinausgehen. Selbst wenn – wie der Kläger meint – die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR A3.4 „Beleuchtung“, Ausgabe: April 2011, GMBl. S. 303, zuletzt geändert durch GMBl. 2014 S. 287), die die allgemeinen arbeitsstättenrechtlichen Vorgaben an die Beleuchtung konkretisieren, geringere Anforderungen an die Beleuchtung von Arbeitsstätten stellen sollten als § 47 Abs. 2 BbgBO, ist somit die Landesbauordnung als die weiter gehende Rechtsvorschrift einzuhalten (vgl. dazu Wiebauer in Kollmer / Wiebauer / Schucht, Arbeitsstättenverordnung, 4. Aufl. 2019, § 3a Rn. 82; Schucht, ebenda, Anhang der ArbStättV Nr. 3.4 Rn. 2, 7). Im Übrigen sieht Nr. 4.1. Abs. 3 ASR A3.4 für Arbeitsräume ebenfalls ein Verhältnis von lichtdurchlässiger Fenster-, Tür- oder Wandfläche bzw. Oberlichtfläche zur Raumgrundfläche bei Zugrundelegung der Rohbaumaße von mindestens 1 : 8 vor.
cc) Überdies erweist sich der Empfangsraum auch mit Blick auf die Lärmschutzauflage 5.1.2 Nr. 1 PFB als nicht schutzwürdig. Danach sind geeignete Schallschutzvorrichtungen für Wohnräume, Büroräume, Praxisräume und sonstige nicht nur vorübergehend betrieblich genutzte Räume vorzusehen.
Da es sich nach dem Vortrag des Klägers bei dem Empfangsraum weder um einen Wohnraum noch nach der insoweit maßgeblichen Verkehrsanschauung um einen Büro- oder Praxisraum handelt, kommt eine Schutzbedürftigkeit des Raumes nur als „sonstiger nicht nur vorübergehend betrieblich genutzter Raum“ in Betracht.
(1) Anders als bei Wohnräumen, bei denen der Plangeber insoweit keine Einschränkungen vorgesehen hat, muss die in „betrieblich genutzten Räumen“ ausgeübte gewerbliche Tätigkeit überwiegend geistiger Art sein. Zwar weist der Wortlaut der Lärmschutzauflage eine derartige Einschränkung nicht auf. Sie ergibt sich jedoch aus den Entscheidungsgründen des Planfeststellungsbeschlusses und entspricht ihrem Sinn und Zweck. Nach der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (dort S. 655 unten) sind nur solche nicht nur vorübergehend betrieblich genutzten Räume schutzberechtigt, die in der Art und Weise der Nutzung einem Büro- oder Praxisraum vergleichbar sind, indem dort als Charakteristikum eine Tätigkeit in den Räumen gefordert wird, die überwiegend geistiger Art ist. In Büro- und Praxisräumen findet nach der allgemeinen Verkehrsauffassung eine Tätigkeit überwiegend geistiger Art statt. Nur für eine solche Tätigkeit kommt das dem Schutz der Kommunikation dienende Tagschutzziel der Lärmschutzauflage in Teil A II 5.1.2 PFB zum Tragen. Zur Gewährleistung einer ungestörten Kommunikation dürfen tagsüber (06:00 bis 22:00 Uhr) in Büroräumen, Praxisräumen und sonstigen nicht nur vorübergehend betrieblich genutzten Räumen mit überwiegend lärmarmer oder geistiger Tätigkeit regelmäßig keine höheren A-bewerteten Maximalpegel als 55 dB(A) auftreten. Damit ist sichergestellt, dass eine Sprachverständlichkeit von 99 % besteht und eine Belästigung kommunizierender Personen ausgeschlossen ist (vgl. PFB S. 626). Dem entspricht, dass nach der Begründung des PFB (S. 655 f.) ein Anspruch auf Kommunikationsschutz am Tag nicht besteht, wenn der Geräuschpegel im Rauminnern durch vorhandene Lärmquellen gleich groß oder größer ist als die von außen eindringenden Fluglärmimmissionen, es sich mit anderen Worten um einen „lauten Raum“ handelt. Damit korrespondiert, dass nach Teil A II 5.1.7. Nr. 8 PFB die Verpflichtung des Vorhabenträgers gemäß der Auflage 5.1.2 bei gewerblich genutzten Aufenthaltsräumen entfällt, wenn dort der logarithmisch gemittelte A-bewertete Maximalpegel durch Arbeitsgeräusche tagsüber im Rauminnern gleich groß oder größer ist als der von außen eindringende, welcher durch An- und Abflüge am Flughafen bewirkt wird. Die Aufzählung der Büroräume, Praxisräume und sonstigen nicht nur vorübergehend betrieblich genutzten Räumen legt auch von ihrer Systematik her nahe, als schützenswerte sonstige betrieblich genutzten Räume nur diejenigen anzusehen, deren betriebliche Nutzung mit denen von Büro- und Praxisräumen annähernd vergleichbar ist (vgl. Urteil des Senats vom 13. Dezember 2021 – OVG 6 A 8/20 – juris Rn. 65 f.).
(2) Hiervon ausgehend ist der Raum A 1 nicht schützenswert im Sinne der planfestgestellten Lärmschutzauflage 5.1.2.
Der Kläger hat nicht hinreichend dargelegt, dass dort Tätigkeiten überwiegend geistiger Art stattfinden, die einer Büro- oder Praxisnutzung vergleichbar sind.Empfangsbereiche von Fitness- und Wellness-Studios sind regelmäßig keine Räume, in denen die Nutzer betrieblichen Tätigkeiten nachgehen. Die dort stattfindende „betriebliche Tätigkeit“ durch den Betreiber und dessen Personal ist nicht überwiegend geistiger Art.Hinzu kommt, dass nach den Angaben des Klägers nicht angenommen werden kann, dass die konkrete Tätigkeit im Empfangsbereich einer Büro- oder Praxisnutzung vergleichbar ist und ein insoweit vergleichbares Bedürfnis für Kommunikationsschutz besteht. Hierfür genügt nicht der Vortrag, dass im Empfangsraum neben der Ausgabe von Schlüsseln, Drinks und Handtüchern für den Wellnessbereich Trainingspläne erstellt und Kundendaten aufgenommen würden. Danach ist der Empfangsraum des Fitness- und Wellness-Studios in der hier in Rede stehenden Form kein schutzwürdiger Raum im Sinne des Planfeststellungsbeschlusses (vgl. Urteil des Senats vom 13. Dezember 2021, a.a.O., Rn. 76 ff. zur Rezeption eines Hotelbetriebs).
b) Ohne Erfolg wendet der Kläger sich dagegen, dass die Beklagte für das Schlafzimmer im ersten Obergeschoss (Raum C 2) die Gewährung von Schallschutzvorkehrungen zur Einhaltung des planfestgestellten Nachtschutzziels abgelehnt hat, da der Raum weder als Aufenthaltsraum genehmigt worden sei noch mangels hinreichender Belichtung die objektive Eignung für einen Aufenthaltsraum aufweise.
aa) Der Kläger hat nicht nachgewiesen, dass die Errichtung des hier in Rede stehenden Raumes als Aufenthaltsraum (Schlafzimmer) genehmigt worden ist. Der Baugenehmigung vom 12. Juli 1995 lässt sich dies nicht entnehmen. Soweit in dem Bescheid auf die eingereichten Bauvorlagen Bezug genommen wird, ergibt sich aus dem grün gestempelten Grundriss des Obergeschosses (vorgelegt als Anlage B 8), dass im Bereich des heutigen Raumes C 2 ein Badezimmer, ein Abstellraum und ein Teil der Küche genehmigt worden sind. Ein Schlafzimmer ist somit nicht genehmigt worden. Soweit der Kläger mit seinem Schallschutzantrag einen (nicht von der Unteren Bauaufsichtsbehörde grün gestempelten) Grundriss des ersten Obergeschosses vorgelegt hat (vorgelegt als Anlage B 9), der ein Schlafzimmer vorsieht, hat der Kläger weder substantiiert vorgetragen noch ist nach Aktenlage ersichtlich, dass dieser Grundriss Bestandteil der Baugenehmigung geworden ist. Der Kläger hat hierzu auch in der mündlichen Verhandlung seinen Vortrag nicht konkretisiert.
bb) Der Raum C 2 ist weder materiell baurechtmäßig errichtet worden noch wird er derzeit materiell baurechtmäßig genutzt, da die vorhandene Belichtung zu keinem dieser Zeitpunkte den bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen entspricht. Das Rohbaumaß der in dem in Rede stehenden Raum vorhandenen Fensteröffnung weist nicht, wie gemäß § 47 Abs. 2 Satz 2 BbgBO erforderlich, ein Achtel der Netto-Grundfläche auf. Es beträgt nach den unwidersprochen gebliebenen Berechnungen der Beklagten lediglich 1,96 m² und erreicht damit nicht das bauordnungsrechtlich geforderte Mindestmaß von 2,93 m².
c) Ohne Erfolg beansprucht der Kläger baulichen Schallschutz für den im ersten Obergeschoss gelegenen Raum C 5.
aa) Der in Rede stehende Raum könnte nur dann anspruchsberechtigt im Sinne der Lärmschutzauflagen in Teil A II Ziffer 5.1.2 und Ziffer 5.1.3 PFB sein, wenn er als kombiniert genutzter Wohn- und Schlafraum (hier: Kinderzimmer) zu bewerten wäre. Nur in diesem Fall wäre es erforderlich, den im Tag- und Nachtschutzgebiet vorgesehenen Schallschutz zu gewährleisten. Hiervon ausgehend ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Raum C 5 in dem Zeitpunkt der Anspruchsermittlung als Wohn- und Schlafraum benannt worden ist. Hierzu genügt nicht der schriftsätzliche Vortrag, zum damaligen Zeitpunkt seien lediglich noch keine Möbel geliefert worden. Das gilt auch für den weiteren Vortrag des Klägers aus der mündlichen Verhandlung, wonach der Raum C 5 im Zuge der damaligen Renovierungsarbeiten als Abstellraum für Maschinen und Werkzeug genutzt worden sei. Maßgeblich ist vielmehr, dass der Kläger unter dem 2. Juni 2020 und damit mehr als zwei Monate nach der Wohnungsbegehung die – auch anhand der mehrere Schränke zeigenden Lichtbildaufnahme aus der schalltechnischen Objektbeurteilung (dort S. 17) nachvollziehbare – Nutzung des Raumes C 5 als Abstellraum ausdrücklich bestätigt hat (vorgelegt als Anlage B 3). Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung, er habe sich keine Gedanken darüber gemacht, dass es auf eine zukünftig andere Nutzung des Raumes ankomme, und der Bereich, in dem sich heute der Raum C 5 befinde, in dem von der Unteren Bauaufsichtsbehörde grün gestempelten Grundriss als Wohnbereich genehmigt worden sei. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es für die Anspruchsberechtigung nicht auf die Möblierung des Raumes ankommt, wie zum Beispiel das im Zeitpunkt der Anspruchsermittlung leerstehende Wohnzimmer (Raum C 1) zeigt, für das eine schalltechnische Ertüchtigung anerkannt worden ist.
bb) Selbst wenn der Vortrag des Klägers zutreffen sollte, dass der bei der Bestandsaufnahme als Abstellraum dokumentierte Raum nunmehr als Kinderzimmer genutzt werde, könnte dies keine Berücksichtigung finden. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte hinsichtlich der Nutzung eines Raumes auf den bestehenden Zustand im Zeitpunkt der Anspruchsermittlung abstellt und ihr angezeigte Änderungen nur bis zur Versendung der Anspruchsermittlung berücksichtigt. Ein danach erfolgender Nutzungswechsel liegt nach der für die Auslegung des Planfeststellungsbeschlusses insoweit maßgeblichen Begründung der Planfeststellungsbehörde (vgl. S. 238 PEB) allein in der Verantwortungssphäre des Lärmbetroffenen selbst. Dies hat zur Folge, dass dieser die Kosten für durch den Nutzungswechsel erforderlich werdende weitere Schallschutzvorkehrungen selbst zu tragen hat (dazu im Einzelnen Urteil des Senats vom 9. April 2019 – OVG 6 A 4.17 – juris Rn. 21 ff.; vgl. auch Urteil des Senats vom 9. April 2019 – OVG 6 A 16.17 – juris Rn. 37; Urteil des Senats vom 6. Mai 2021 – OVG 6 A 7/20 – juris Rn. 35). Hiervon ausgehend kommt es nicht auf die in dem Prüfbericht der D ... vom 27. Mai 2021 festgestellte Raumnutzung als Kinderzimmer an.
d) Der Kläger hat auch hinsichtlich des Raumes D 6 im Dachgeschoss keinen Anspruch auf baulichen Schallschutz nach den Lärmschutzauflagen des Planfeststellungsbeschlusses.
aa) Der Kläger hat nicht nachgewiesen, dass die Errichtung des hier in Rede stehenden Raumes als Aufenthaltsraum (Wohn- und Schlafzimmer) genehmigt worden ist. Der Änderungs- und Ergänzungsgenehmigung vom 4. Juni 1996 zur Baugenehmigung vom 12. Juli 1995, mit der die Errichtung einer Wohneinheit im Dachgeschoss genehmigt worden ist, lässt sich dies nicht entnehmen. Soweit in dem Änderungs- und Ergänzungsbescheid auf die eingereichten Bauvorlagen Bezug genommen wird, ergibt sich aus dem von der Unteren Bauaufsichtsbehörde grün gestempelten Grundriss des Dachgeschosses, dass im Bereich des heutigen Raumes D 6 eine Küche genehmigt worden ist. Ein Wohn- und Schlafzimmer ist somit nicht genehmigt worden. Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegen getreten. Hierfür genügt nicht der Vortrag aus der mündlichen Verhandlung, der Raum sei als Schlaf- bzw. Kinderzimmer geplant gewesen.
Im Übrigen ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Raum D 6 in dem Zeitpunkt der Anspruchsermittlung als Wohn- und Schlafraum bzw. Kinderzimmer benannt worden ist. Hierzu genügt nicht der Vortrag, zum damaligen Zeitpunkt seien lediglich noch keine Möbel geliefert worden. Maßgeblich ist, dass bei der in Anwesenheit des Klägers am 26. März 2020 erfolgten Wohnungsbegehung der Raum D 6 als Nebenraum erfasst worden ist. Dem entspricht, dass der Kläger in dem Antragsformular zum Antrag auf Schallschutz unter dem 16. August 2019 angegeben hat, dass sich im Dachgeschoss zwei Schlafräume und ein Wohnraum befinden. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es – wie bereits oben zu Raum C 5 ausgeführt – für die Anspruchsberechtigung nicht auf die Möblierung des Raumes im Zeitpunkt der Wohnungsbegehung ankommt.
bb) Selbst wenn der Vortrag des Klägers zutreffen sollte, dass der bei der Bestandsaufnahme als Nebenraum dokumentierte Raum nunmehr als Kinderzimmer genutzt werde, könnte dies keine Berücksichtigung finden. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte hinsichtlich der Nutzung eines Raumes auf den bestehenden Zustand im Zeitpunkt der Anspruchsermittlung abstellt und ihr angezeigte Änderungen nur bis zur Versendung der Anspruchsermittlung berücksichtigt. Ein danach erfolgender Nutzungswechsel liegt – wie bereits oben zu Raum C 5 ausgeführt – allein in der Verantwortungssphäre des Lärmbetroffenen selbst. Es kommt daher auch hier nicht auf die in dem Prüfbericht der D ... vom 27. Mai 2021 festgestellte Raumnutzung als Kinderzimmer an.
II. Das mit dem Antrag zu 2. verfolgte Klageziel hat keinen Erfolg. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten.
Der Kläger kann den Anspruch nicht als Verzugsschaden geltend machen, weil die Beklagte nicht dazu verpflichtet ist, die mit der Klage begehrte Entschädigung zu leisten. Im Übrigen hat der Senat bereits mit Urteil vom 13. Dezember 2021 – OVG 6 A 8/20 – (juris Rn. 165 ff.) die Geltendmachung von Verzugsschäden für Ansprüche auf baulichen Schallschutz abgelehnt und hierzu grundlegend ausgeführt, dass die Vorschriften der § 280 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegend keine Anwendung finden.
III. Auch der Hilfsantrag muss erfolglos bleiben. Die Leistungsklage ist unbegründet, da die von der Beklagten zugrunde gelegte schalltechnische Objektbeurteilung vom 6./8. April 2020 aus den unter I. dargelegten Gründen nicht zu beanstanden ist.
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 709 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO nicht vorliegen.