Gericht | OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 18.03.2022 | |
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Aktenzeichen | 13 UF 134/21 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2022:0318.13UF134.21.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Senftenberg vom 19.08.2021 wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels.
Der Beschwerdewert wird festgesetzt auf 7.634,20 €.
Dem Beschwerdegegner wird für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Stahn in Senftenberg beigeordnet.
I.
Die Antragstellerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Durchführung des Versorgungsausgleichs und die Zurückweisung ihres Antrags auf Überlassung der Ehewohnung im Zuge ihres Ehescheidungsverfahrens.
Die Antragsbeteiligten schlossen am … 2001 die Ehe und lebten seit spätestens Ende Januar 2017 getrennt. Der Scheidungsantrag ist am 30.04.2019 zugestellt worden (Bl. 15).
Die Eheleute erwarben 1994 eine Immobilie in L…, die sie sanierten und die als Ehewohnung diente. Im Jahr 2002 übertrugen sie das Eigentum an ihre beiden Töchter und ließen sich im Gegenzug ein Wohnrecht an einer Wohnung im ersten Obergeschoss einräumen. Nach der Trennung der Eheleute bezog die Antragsgegnerin erst eine Wohnung im Dachgeschoss des Hauses und verzog dann 2018 unter die im Rubrum angegeben Adresse.
Der Antragsteller war bei Eheschließung nicht berufstätig und während der Ehe selbständig tätig. Er hat behauptet, dies und, dass er keine Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung vornehme, sei zwischen ihm und der Antragstellerin vereinbart gewesen.
Der Antragsteller hat beantragt,
die am … 2001 vor dem Standesbeamten des Standesamtes Lauchhammer zur Heiratsregisternummer …/2001 geschlossene Ehe der Beteiligten zu scheiden.
Die Antragsgegnerin hat sinngemäß beantragt,
die am … 2001 vor dem Standesbeamten des Standesamtes Lauchhammer zur Heiratsregisternummer …/2001 geschlossene Ehe der Beteiligten zu scheiden,
den Versorgungsausgleich auszuschließen
sowie ihr die im ersten Obergeschoss des Wohnhauses …straße …, … L… Ost, befindliche separate Wohnung, bestehend aus zwei Wohnräumen, Küche, Bad mit Toilette nebst Keller, Hof, Garten und Nebengelass zur alleinigen Nutzung zuzuweisen.
Die Antragsgegnerin, die während der Ehe erwerbstätig war, seit 2016 aber eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezieht, hat die Durchführung des Versorgungsausgleichs für eine unbillige Härte gehalten und hierzu behauptet, der Antragsteller habe sie in der Ehe erniedrigt, beleidigt und sei seit 2015 mehrfach körperlich übergriffig geworden. Seit 2008 habe er sie zum Geschlechtsverkehr genötigt, was sie - wie auch Körperverletzungen - zur Anzeige gebracht habe. Bei der Staatsanwaltschaft werde zum Az. 1250 JS 1629/20 ein Ermittlungsverfahren geführt. Schließlich habe der Antragsteller sie zum Abbruch mehrerer ungewollter Schwangerschaften gedrängt. Inzwischen leide sie unter einer depressiven Störung und einer abhängigen Persönlichkeitsstörung. Zudem habe der Antragsteller während der Ehezeit keinen Beitrag zum Familienunterhalt geleistet und gegen ihren Willen kein Angestelltenverhältnis aufgenommen.
Sie sei auf die Nutzung der ehemaligen Ehewohnung angewiesen, da der Bungalow ihres Bruders, den sie derzeit bewohne, als Ferienwohnung zur ganzjährigen Nutzung nicht zugelassen sei und von ihr im Winter nicht genutzt werden dürfe. Bei Durchführung des Versorgungsausgleichs könne sie ihren Lebensunterhalt und eine Wohnung nicht aus eigenen Mitteln decken. Der Antragsteller hingegen habe Barmittel von mehr als 89.000 € zur Verfügung, welche in Höhe von 40.000 € von ihr stammten und die er vor ihr versteckt habe.
Mit dem angefochtenen Beschluss (Bl. 140) hat das Amtsgericht die Ehe der Antragsbeteiligten rechtskräftig geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und den Antrag der Antragsgegnerin auf Überlassung der Ehewohnung zurückgewiesen.
Gegen die Durchführung des Versorgungsausgleichs und die Zurückweisung des Wohnungszuweisungsantrags wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde (Bl. 184), mit der sie geltend macht, das Amtsgericht habe den Sachverhalt nur ungenügend aufgeklärt und verkannt, dass die Durchführung des Versorgungsausgleichs wegen der vorgetragenen Übergriffe des Antragstellers und einer gröblichen Verletzung seiner Pflicht, zum Lebensunterhalt beizutragen, eine unbillige Härte darstelle. Zu Unrecht sei ihr die Ehewohnung nicht überlassen worden. Worauf sich die Feststellung des Amtsgerichts gründe, dass sie Sommer wie Winter in dem Bungalow wohne, sei nicht erkennbar.
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß (Bl. 184),
den Beschluss des Amtsgerichts Senftenberg vom 19.08.2021 abzuändern, den Versorgungsausgleich auszuschließen und den Antragsteller zu verpflichten, ihr die Ehewohnung nach § 1568 a BGB zu überlassen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erst- und zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf die Korrespondenz im Beschwerderechtszug. Er entscheidet, wie angekündigt, ohne mündliche Verhandlung (§ 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG), von der ein weiterer Erkenntnisgewinn nicht zu erwarten war.
II.
Die gem. § 58 Abs. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg.
1. Es liegen keine Gründe vor, die es rechtfertigen könnten, gem. § 27 VersAusglG von einem (teilweisen) Ausgleich der beiderseitigen Anrechte oder eines Teiles hiervon abzusehen.
Nach dieser Vorschrift findet ein Versorgungsausgleich - auch hinsichtlich einzelner Anrechte oder Teilen hiervon – nur dann ausnahmsweise nicht statt, wenn er grob unbillig wäre.
Das ist dann der Fall, wenn die Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, von der Halbteilung abzuweichen. Der den Versorgungsausgleich bestimmende Halbteilungsgrundsatz (§ 1 Abs. 1 VersAusglG) verfolgt das Ziel, dass beide Eheleute gleichermaßen an dem in der Ehe erworbenen Versorgungsvermögen teilhaben, weil die Leistungen, die von den Ehegatten im Rahmen der ehelichen Rollenverteilung erbracht werden, als grundsätzlich gleichwertig anzusehen sind. Der Versorgungsausgleich dient insoweit der Aufteilung von gemeinsam erwirtschaftetem Altersvorsorgevermögen der Eheleute, welches nur wegen der in der Ehe gewählten Aufgabenverteilung einem der beiden Ehegatten rechtlich zugeordnet war (BVerfG, FamRZ 2003, 1173; BGH, FamRZ 2017, 26). Der Versorgungsausgleich trägt dem Gedanken Rechnung, dass jede Ehe infolge der auf Lebenszeit angelegten Lebensgemeinschaft schon während der Erwerbstätigkeit des oder der Ehegatten im Keim (auch) eine Versorgungsgemeinschaft ist (BGH, NJW 2008, 296).
In diesem Zusammenhang erfüllt die Härteklausel des § 27 VersAusglG die Funktion eines Gerechtigkeitskorrektivs. Sie soll als Ausnahmeregelung eine am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Entscheidung in solchen Fällen ermöglichen, in denen die schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs zur "Prämierung" einer groben Verletzung der aus der ehelichen Gemeinschaft folgenden Pflichten führen oder gegen die tragenden Prinzipien des Versorgungsausgleichs verstoßen würde. Die Anwendung des § 27 VersAusglG hat sich dabei stets an der gesetzgeberischen Zielsetzung des Versorgungsausgleichs zu orientieren, nämlich die gleichberechtigte Teilhabe der Eheleute an dem in der Ehe erworbenen Versorgungsvermögen zu verwirklichen und dem Ehegatten, der in der Ehezeit keine oder nur geringere eigene Versorgungsanwartschaften hat aufbauen können, eine eigene Versorgung zu verschaffen (BGH, a.a.O.). Da § 27 VersAusglG eine anspruchsbegrenzende Norm ist, trägt der Ehegatte, der sich gegen die uneingeschränkte Durchführung des Versorgungsausgleichs wendet, für die tatsächlichen Voraussetzungen der Vorschrift die Darlegungs- und Feststellungslast. Die so feststellbaren Umstände müssen die sichere Erwartung rechtfertigen, dass sich der uneingeschränkte Versorgungsausgleich grob unbillig zulasten des Ausgleichspflichtigen auswirken wird (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 24. März 2020 – 15 UF 185/19 –, Rn. 3 - 7, juris; OLG Saarbrücken, FamFR 2013, 228, m.w.N.).
Hieran gemessen genügen die von der Antragsgegnerin vorgebrachten Umstände weder für einen völligen noch für einen teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs.
Ein Ausschluss des Versorgungsausschlusses wegen körperlicher Übergriffe kommt dann in Betracht, wenn die Verfehlungen des ausgleichsberechtigten Ehegatten wegen der Auswirkungen auf den loyalen Ehegatten ganz besonders ins Gewicht fallen, also sich über einen lang andauernden Zeitraum erstreckt haben, oder sich zwar auf einen einzigen, dann aber außergewöhnlich schwerwiegenden Vorfall beschränken (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 30. November 2009, -10 UF 138/07-, FamRZ 2010, 1165; OLG Köln, Beschluss vom 11. Juni 2019 – II-25 UF 25/19 –, juris). Verbale Ausfälle und einzelne körperliche Attacken, besonders im Vorfeld der Scheidung, begründen grundsätzlich keine Herabsetzung des Ausgleichsanspruchs, es sei denn, ihnen liegt ein über lange Zeit wirkendes Fehlverhalten zugrunde oder sie sind unter besonders kränkenden Begleitumständen erfolgt (OLG Hamm, Beschluss vom 08. Mai 2013 – II-8 UF 3/13 –, juris). Zwar mögen gemessen daran die von der Antragsgegnerin erhobenen Vorwürfe Erheblichkeit gewonnen haben. Allerdings hat der Antragsteller den Vortrag der Antragsgegnerin zu körperlichen Attacken, Beleidigungen und weiteren Herabsetzungen bestritten und die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Antragsgegnerin hat ihren Vortrag in keiner Form nachgewiesen. Ihrer Anregung, Akten eines 2020 eingeleiteten staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens beizuziehen, war nicht zu folgen, denn weder legt die Antragsgegnerin dies dar noch ist sonst ersichtlich, welcher über ihre bestrittenen Behauptungen hinausgehende Erkenntnisgewinn sich aus den Akten ergeben soll.
Bei Gesamtbetrachtung der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse beider Ehegatten, stellt sich die uneingeschränkte Durchführung des Versorgungsausgleichs für die Antragsgegnerin auch im Übrigen nicht als unzumutbar dar.
Es bedarf keiner weiteren Aufklärung der zwischen den Beteiligten umstrittenen Frage, ob die Behauptung der Antragsgegnerin zutrifft, dass der Antragsteller während der Ehe nicht willens oder in der Lage gewesen sei, Einkünfte aus seiner selbständigen Tätigkeit zu erwirtschaften und zum Haushaltseinkommen beizutragen und nicht auch willens war, eine abhängige Beschäftigung aufzunehmen. Eine Beschränkung des Versorgungsausgleichs kann nur dann in Betracht kommen, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte es in der Ehezeit vorwerfbar unterlassen hat, eine eigene angemessene Altersversorgung aufzubauen. Dies muss sich als illoyales Verhalten gegenüber dem anderen Ehegatten darstellen und darf nicht auf einer gemeinsamen Lebensplanung oder der Billigung des anderen Ehegatten beruhen (OLG Brandenburg, NZFam 2014, 220, m.w.N.). Für letzteres und gegen ein illoyales Verhalten des Antragstellers spricht bereits, dass dieser unbestritten bereits bei Eheschließung nicht berufstätig und nach Vortrag der Antragsgegnerin auch bereits zu diesem Zeitpunkt nicht gewillt war, eine abhängige Beschäftigung anzunehmen. Dass der Antragsteller in der Folgezeit einseitig und vorwerfbar entschieden hat, keine weitere Altersvorsorge aufzubauen, ist sodann durch nichts belegt.
Ein (teilweiser) Ausschluss des Versorgungsausgleichs kommt auch nicht aus anderen Gründen in Betracht, insbesondere nicht deshalb, weil sich der Ausgleich im Ergebnis zulasten der Antragsgegnerin auswirkt.
Der Versorgungsausgleich verfehlt seinen Zweck im Regelfall selbst dann nicht, wenn der insgesamt Ausgleichsberechtigte nach Durchführung des Versorgungsausgleichs über eine höhere Versorgung als der Ausgleichspflichtige verfügt. Von grober Unbilligkeit des Ausgleichsergebnisses kann erst dann ausgegangen werden, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich klar abzusehen ist, dass der Ausgleichsberechtigte über eine im Verhältnis zum Ausgleichspflichtigen unverhältnismäßig hohe Altersversorgung verfügen wird oder bereits anderweitig abgesichert ist, während der Ausgleichspflichtige auf die von ihm ehezeitlich erworbenen Versorgungsanrechte zur Sicherung seines Unterhalts dringend angewiesen ist (BGH, FamRZ 2005, 696; 2007, 1084). Davon ist hier nicht auszugehen. Dass der angemessene Unterhalt der Antragsgegnerin aufgrund der Durchführung des Versorgungsausgleichs gefährdet ist, ist nicht ersichtlich, zumal sich ihre Altersvorsorge nicht auf ihre Rentenbezüge beschränkt, sondern auch den Nutzungsvorteil des von ihr mangels anderweitiger Anhaltspunkte kostenfrei genutzten Wohngrundstücks umfasst. Auf der anderen Seite kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller neben seinem kostenfreien Wohnrecht an der ehemals gemeinsamen Immobilie auch ohne den Versorgungsausgleich für das Alter abgesichert und deshalb nicht auf den Versorgungsausgleich angewiesen wäre. Dass der Antragsteller - wie von ihr behauptet - darüber hinaus über Barmittel in erheblicher Höhe verfügt, hat die Antragsgegnerin nicht nachgewiesen.
Der vom Familiengericht mit der angefochtenen Entscheidung vorgenommene Ausgleich der beiderseitigen Versorgungsanrechte begegnet im Übrigen keinen Bedenken und wird auch insoweit - inhaltlich - von den Beteiligten nicht angegriffen.
2. Ein Anspruch auf Überlassung der Ehewohnung besteht für die Antragsgegnerin nicht.
Nach § 1568a Abs. 1 BGB kann ein Ehegatte verlangen, dass der andere ihm die Ehewohnung anlässlich der Scheidung überlässt, wenn er auf deren Nutzung unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Maße angewiesen ist als der andere oder wenn die Überlassung aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht.
Ist das Kindeswohl nicht ausschlaggebend, weil – wie hier – keine Kinder mehr in der Ehewohnung leben, kommt es in einer Gesamtabwägung aller Umstände, die die Lebensverhältnisse der Ehegatten bestimmen, darauf an, ob der antragstellende Ehegatte in stärkerem Maße als der andere auf die Ehewohnung angewiesen ist (BeckOGK/Erbarth, Stand 01.12.2021, § 1568a BGB, Rn. 47).
Bei der Gesamtabwägung sind, immer unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles, in der Regel Alter und Gesundheitszustand der Ehegatten, der Umstand, dass ein Ehegatte die Wohnung schon vor der Eheschließung bewohnt hat, die Frage, welcher Ehegatte stärker auf die Ehewohnung angewiesen ist oder eher eine geeignete Ersatzwohnung finden kann und allgemein auch die finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten, die Nähe der Wohnung zum Arbeitsplatz oder die Verbindung mit Geschäftsräumen, Eigenleistungen, die ein Ehegatte zum Aufbau der Wohnung erbracht hat, und auch die Aufnahme eines nahen pflegebedürftigen Angehörigen zu berücksichtigen (Senat, Beschluss vom 16. November 2021 – 13 UF 73/21 –, Rn. 38 - 41, juris).
Nach diesen Maßstäben lässt sich nicht feststellen, dass die Antragsgegnerin in stärkerem Maße auf die Ehewohnung angewiesen ist.
Hinsichtlich ihres Alters und Gesundheitszustandes lässt sich auf der Grundlage des Beteiligtenvortrags kein stärkeres Angewiesensein eines der Beteiligten auf die gegenständliche Wohnung feststellen. Alters- oder Krankheitsgründe, die es notwendig machten, dass die Antragsgegnerin die ehemalige Ehewohnung nutzt, sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.
Dies gilt auch für das Kriterium der größeren Angewiesenheit in Form des Nutzens, den ein Ehepartner hat, wenn ihm die Wohnung überlassen wird, etwa wegen der Nähe zum Arbeitsplatz oder zu anderen Verwandten oder wegen der Verbindung mit seinen Geschäftsräumen (vgl. Johannsen/Henrich/Althammer/Dürbeck, 7. Aufl. 2020, BGB § 1568a Rn. 6; MüKoBGB/Wellenhofer, 8. A., § 1568a Rn. 17).
Aus dem Kriterium des Anteils der gemeinsam aufgebrachten Mittel und Eigenleistungen zum Aufbau der Wohnung (vgl. KG NJW-RR 1989, 711) kann die Antragsgegnerin keinen wesentlichen Vorteil für sich herleiten, denn unbestritten haben beide Ehegatten das Grundstück gemeinsam erworben, saniert und die Darlehn zur Finanzierung der Immobile ebenfalls gemeinsam aufgenommen und getilgt.
Schließlich ist auch zu Gunsten der Antragsgegnerin kein längerer Zeitraum der Wohnungsnutzung als weiterer Gesichtspunkt bei der Zuweisung gegeben (KG NJW-RR 1989, 711; BeckOGK/Erbarth, a. a. O., § 1568a BGB Rn. 48; MüKoBGB/Wellenhofer, a. a. O., § 1568a Rn 20).
Tatsächlich hat sich die Antragsgegnerin bereits seit 2018 an einem anderen ständigen Wohnsitz eingerichtet. Entgegen ihrem Vortrag lebt sie ganzjährig in einem Haus unter der im Rubrum angegebenen Adresse. Dies ergibt sich aus dem von ihr selbst mit Schriftsatz vom 29.07.2021 vorgelegten Arztbrief vom 30.07.2020 (Bl. 123), wonach sie nach eigener Aussage mit Unterstützung seitens ihrer Geschwister und ihrer Mutter dort einen Bungalow in schöner Wohnlage in einem Naherholungsgebiet errichtet hat, in dem sie lebt. Auf eine von ihr nicht näher dargelegte Unzulässigkeit einer ganzjährigen Nutzung kommt es dabei nicht an; dass sie etwa von Räumung bedroht oder der Bungalow zu Wohnzwecken ungeeignet sei, hat sie nicht vorgetragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
Der Verfahrenswert war nach §§ 55 Abs. 2, 50 Abs. 1 S. 1, 48 Abs. 1 FamGKG festzusetzen.
Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht, § 70 Abs. 2 FamFG.