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Schadensersatz; durch ein Flurbereinigungsverfahren hervorgerufen; öffentlich bestellter Vermessungsingenieuröffentlich-rechtlicher Werkvertrag; unanfechtbarer Bodenordnungsplan; Verjährung; einschlägige Verjährungsvorschrift; Beginn der Verjährung; Hemmung bzw. Unterbrechung der Verjährung; Stufenklage auf Auskunft und Herausgabe; Streitgegenstand; Verhandlungen über den Anspruch; Verjährungseinrede; Verwirkung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 70. Senat Entscheidungsdatum 04.11.2021
Aktenzeichen 70 A 5.16 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2021:1104.70A5.16.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 60 LAnpG, § 140 S 1 Alt 3 FlurbG, § 54 VwVfG, Art 229 § 5 BGBEG, § 635aF BGB, § 195nF BGB, § 242 BGB, Art 229 § 6 BGBEG, § 55 VwVfG, § 56 VwVfG, § 57 VwVfG, § 58 VwVfG, § 59 VwVfG, § 60 VwVfG, § 61 VwVfG, § 638 Abs 1aF BGB, § 639 Abs 2aF BGB, § 209 Abs 1aF BGB, § 199 Abs 1nF BGB, § 203 S 1nF BGB, § 204 Abs 1 Nr 1nF BGB, § 634anF BGB

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der bis zum 20. September 2021 Beigeladenen, die diese jeweils selbst tragen.

Für die baren Auslagen des Gerichts wird ein Pauschsatz von 30 EUR erhoben. Das Verfahren ist gebührenpflichtig nach einem Streitwert von 1.140.026,80 EUR.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 110 vom Hundert des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Schadensersatz vom Beklagten, einem öffentlich bestellten Vermessungsingenieur.

Am 6./13. Mai 1996 schloss der Rechtsvorgänger des Klägers mit dem Beklagten einen (Rahmen-)Werkvertrag, mit dem sich der Beklagte verpflichtete, ausgehend vom erreichten Bearbeitungsstand 1996 alle Arbeiten und Maßnahmen, die zur Durchführung des Bodenordnungsverfahrens (ergänzt: N ... ) nach § 53-64a LwAnpG notwendig seien, eigenständig und eigenverantwortlich selbst durchzuführen und dem Auftraggeber als Ergebnis einen unanfechtbaren Bodenordnungsplan zu liefern. Zu den insoweit durchzuführenden Arbeiten gehörten nicht nur vermessungstechnische, sondern auch Verwaltungs- und Planungsarbeiten, zu deren Wahrnehmung der Beklagte in einem gesonderten Verwaltungsakt mit hoheitlichen Befugnissen beliehen wurde.

Im Jahr 2002 legte der Beklagte den Entwurf eines Bodenordnungsplans vor, den der Rechtsvorgänger des Klägers für mangelhaft befand. Gleichwohl zahlte der Rechtsvorgänger des Klägers dem Beklagten eigenen Angaben zufolge abschlagsweise ca. 955.000,00 EUR für seine Leistungen aus.

Mit Schreiben vom 19. Mai 2005 kündigte der Rechtsvorgänger des Klägers – nachdem er mehrfach Nachbesserung vom Beklagten verlangt und eine mit einer Ablehnungsandrohung verbundene letzte Frist verstrichen war – den mit dem Beklagten geschlossenen (Rahmen-)Werkvertrag. Gleichzeitig kündigte er dem Beklagten dem Grunde nach Schadensersatzansprüche an, deren Umfang er noch nicht benennen könne, da dieser von der Übergabe bzw. Dokumentation der erreichten Bearbeitungsstände in drittverwertbarer Form abhänge, für die eine Frist bis zum 20. Juni 2005 gesetzt werde. Bei deren Nichteinhaltung würden die Restleistungen nach Maßgabe der bisher vorliegenden weiterverwertbaren Verzeichnisse, Nachweise und Unterlagen anderweitig in Auftrag gegeben und ein entsprechend hoher Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden.

Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist beauftragte der Rechtsvorgänger des Klägers die öffentlich bestellten Vermessungsingenieure D ... mit der Ermittlung des Bearbeitungsstands auf der Grundlage der vom Beklagten vorgelegten Unterlagen. Unter dem 20. Oktober 2005 teilten diese dem Rechtsvorgänger des Klägers mit, dass nahezu sämtliche Teilleistungen der Verwaltungs- und Planungsarbeiten mehr oder weniger vollständig noch erbracht und die vermessungstechnischen Arbeiten größtenteils erneut durchgeführt werden müssten. Durch Rahmenvertrag vom 27. September/4. Oktober 2006 übertrug der Kläger die Erstellung des Bodenordnungsplanes für das Verfahrensgebiet N ... unter bestmöglicher Verwertung der ihm vom Auftraggeber aus der bisherigen Verfahrensbearbeitung bereitgestellten Arbeitsergebnisse dem öffentlich bestellten Vermessungsingenieur D ...

Mit Schreiben vom 19. September 2006 erhob der Rechtsvorgänger des Klägers, vertreten durch die bis zum 20. September 2021 Beigeladenen zu 1. bis 3., Stufenklage gegen den Beklagten vor dem Landgericht Neuruppin auf Auskunft über den bis zum 19. Mai 2005 erreichten Bearbeitungsstand des Bodenordnungsverfahrens N ... und anschließende Herausgabe der diesbezüglichen Unterlagen (3 O 315/06). Zur Begründung führte er u.a. aus, der Beklagte mache insoweit ein ihm bis zur Begleichung weiterer Zahlungsansprüche zustehendes Zurückbehaltungsrecht geltend, wobei ihm weitere Zahlungsansprüche nicht zustünden und ein Zurückbehaltungsrecht vertraglich ausgeschlossen sei. Der Nachbearbeitungsbedarf sei auf der Grundlage der Einschätzung der Vermessungsingenieure D ... im Schreiben vom 20. Oktober 2005 mit voraussichtlich erforderlichen Kosten von 1.284.488,08 EUR anzusetzen. Das Landgericht Neuruppin verwies die Klage 3 O 315/06 an das Verwaltungsgericht Potsdam, wo das Verfahren unter dem Aktenzeichen VG 7 K 1426/07 weitergeführt wurde.

Durch Schreiben vom 30. August 2011 erweiterte der Rechtsvorgänger des Klägers die Klage VG 7 K 1426/07 um den Antrag, den Beklagten zu verpflichten, Schadensersatz für den aufgrund der Nichterfüllung des Werkvertrages zwischenzeitlich bereits eingetretenen und noch zu erwartenden Schaden in Form der verbleibenden Vergütungsansprüche des ersatzweise beauftragten Werkunternehmers zu leisten. Zur Begründung führte der Kläger aus, das mit dem ursprünglichen Antrag auf Auskunft und Herausgabe verfolgte Klageziel, die vom Beklagten zurückgehaltenen Arbeitsunterlagen für eine zügige Fortführung des Bodenordnungsverfahrens zu verwenden, sei nicht mehr zu erreichen, da sich das Interesse des Klägers angesichts des inzwischen bevorstehenden Abschlusses des Bodenordnungsverfahrens nun vorrangig auf den Schadensersatz für die Mehrkosten richte.

Das Verwaltungsgericht Potsdam trennte die auf Schadensersatz gerichtete Klage vom Verfahren VG 7 K 1426/07 ab und verwies die abgetrennte Klage (VG 7 K 1735/11) an das Landgericht Frankfurt/Oder. Auf die Beschwerde hin hob der 11. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg die vorgenannte Verweisung auf und wies darauf hin, dass sachlich zuständig das Flurbereinigungsgericht beim Oberverwaltungsgericht sei, da es sich um eine Streitigkeit handele, die durch ein Flurbereinigungsverfahren hervorgerufen worden sei (Beschluss vom 18. Mai 2016 – OVG 11 L 23.14 –). Das Verwaltungsgericht Potsdam verwies die Klage VG 7 K 1735/11 daraufhin an das Flurbereinigungsgericht beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg.

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, ihm stehe nach Art. 229 § 5 EGBGB, §§ 326 Abs. 1, 325 BGB a.F. i.V.m. §§ 6, 13 Ziffer 5 des Werkvertrages sowie gemäß §§ 281, 280 BGB a.F. in Bezug auf die nur unzureichend oder nicht erbrachten Leistungen des Beklagten bis zur Vertragskündigung Schadensersatz wegen Nichterfüllung statt der Leistung zu. Soweit der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben habe, sei das Vorbringen – mangels Angaben zu den maßgeblichen schadensbegründenden Tatsachen und zur Kenntnis des Klägers von der Person des Schädigers – unsubstantiiert. Auch habe der Beklagte mit Blick darauf, dass der Werkvertrag bereits im Jahr 2005 gekündigt worden sei, sein Einrederecht verwirkt. Unabhängig hiervon habe die Aufnahme von Verhandlungen zwischen den Verfahrensbeteiligten nach der Kündigung des Werkvertrages und die anschließende Erhebung der Stufenklage auf Auskunft und Herausgabe die Verjährung des Schadensersatzanspruches gehemmt.

Der Kläger beantragt,

1. den Beklagten zur Zahlung von 1.135.026,80 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verurteilen,

2. festzustellen, dass der Beklagte ihm sämtliche weiteren, im Zusammenhang mit dem gekündigten Werkvertrag vom 6./13. Mai 1996 entstehenden Schäden zu ersetzen hat.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er macht im Wesentlichen geltend, der geltend gemachte Schadensersatzanspruch bestehe nicht. Es treffe nicht zu, dass die von ihm geleistete Arbeit, für die ihm der Kläger ein Honorar von fast einer Million Euro gezahlt habe, quasi wertlos gewesen sei. Jedenfalls sei der geltend gemachte Schadensersatzanspruch verjährt. Der Kläger habe den Werkvertrag bereits im Mai 2005 fristlos gekündigt und andere öffentlich bestellte Vermessungsingenieure mit der Prüfung der von ihm erbrachten Leistungen beauftragt. Spätestens auf der Grundlage des Schreibens der Vermessungsingenieure D ... vom 20. Oktober 2005 sei er in der Lage gewesen, Schadensersatz dem Grunde nach im Wege einer Feststellungsklage geltend zu machen.

In der Folgezeit hat der Kläger Klage auf Schadensersatz gegen die von ihm im Klageverfahren – 3 O 315/06 – bevollmächtigten Rechtsanwälte wegen Schlechterfüllung des Rechtsanwalts-Dienstvertrages vor dem Landgericht Neuruppin erhoben (1 O 88/19). Mit Beschluss vom 6. Dezember 2018 hat der Berichterstatter auf Antrag des Klägers die vorgenannten Rechtsanwälte zum hiesigen Verfahren beigeladen. Mit Urteil vom 6. März 2020 hat das Landgericht Neuruppin die Klage 1 O 88/19 abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung hat das Brandenburgische Oberlandesgerichts durch Urteil vom 17. Februar 2021 (4 U 129/20) zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 20. September 2021 hat die Berichterstatterin die Beiladung der Beigeladenen zu 1. bis 3. auf deren Antrag hin aufgehoben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Gerichtsakten des VG Potsdam / OVG Berlin-Brandenburg zum Aktenzeichen VG 7 K 1426/07 / OVG 11 L 8/12 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Senat ist für das Klageverfahren gemäß § 60 LwAnpG i.V.m. § 140 Satz 1 3. Alt. FlurbG zuständig. Nach § 140 Satz 1 3. Alt. FlurbG entscheidet das Flurbereinigungsgericht über alle Streitigkeiten, die durch ein Flurbereinigungsverfahren hervorgerufen werden und vor Eintritt der Unanfechtbarkeit der Schlussfeststellung anhängig geworden sind, soweit hierfür der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist. Um eine solche Streitigkeit handelt es sich hier. Denn der zwischen den Beteiligten geschlossene (Rahmen-)Werkvertrag vom 6./13. Mai 1996 samt nachfolgender Ergänzungs- und Teilleistungsverträge, aus dem der geltend gemachte Schadensersatzanspruch abgeleitet wird, war veranlasst durch das nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz eingeleitete und durchzuführende Bodenordnungsverfahren N ..., wobei für die vor Eintritt der Unanfechtbarkeit der Schlussfeststellung anhängig gemachte Streitigkeit der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist (vgl. hierzu bereits OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Mai 2016 – OVG 11 L 23.14 – juris, Rn. 8).

Die Klage mit dem Antrag zu 1. und 2. ist zulässig, aber unbegründet. Dabei kann offenbleiben, ob der geltend gemachte Schadensersatzanspruch überhaupt und in der geltend gemachten Höhe entstanden und der Kläger insofern aktivlegitimiert ist. Denn unterstellt, dies wäre der Fall, war dieser Anspruch im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Geltendmachung des Schadensersatzanspruches gegen den Beklagten durch Erweiterung der Klage VG 7 K 1426/07 mit Schriftsatz vom 30. August 2011 jedenfalls verjährt, was – da sich die einschlägige Verjährungsregelung hier nicht von vornherein aufdrängt – nicht schon der Zulässigkeit, sondern erst der Begründetheit der Klage entgegensteht (vgl. hierzu: Guckelberger, Die Verjährung im Öffentlichen Recht, Habil. 2004, Seite 423 ff., 459 m.w.N.).

1. Gegenstand der vorliegenden Klage ist ein Schadensersatzanspruch wegen Nicht- bzw. Schlechterfüllung eines öffentlich-rechtlichen Werkvertrages (vgl. hierzu bereits OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Mai 2016 – OVG 11 L 23.14 – juris, Rn. 8). Dass Vermögensansprüche auch im öffentlichen Recht der Verjährung unterliegen und der Geltung einer (kürzer als dreißigjährigen) Verjährungsfrist nicht das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung entgegensteht, entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. nur Urteil vom 27. November 2019 – 9 C 5/18 – juris, Rn. 11, 13 ff. m.w.N.). Dabei finden, wird –

wie hier – ein öffentlich-rechtlicher Anspruch geltend gemacht, in erster Linie die Verjährungsvorschriften des öffentlichen Rechts Anwendung. Nur soweit diese weder unmittelbar noch analog anwendbar sind, gelten die Vorschriften des bürgerlichen Rechts entsprechend (vgl. BeckOK BGB/Henrich BGB § 195 Rn. 18 m.w.N.). Fehlen einschlägige öffentlich-rechtliche Spezialregelungen, ist im Wege der Analogie nach dem Gesamtzusammenhang der für den jeweiligen Anspruch maßgebenden Rechtsvorschriften und der Interessenlage zu beurteilen, welche Verjährungsregelung als die „sachnächste“ heranzuziehen ist. Dabei können je nach Regelungszusammenhang und Interessenlage Verjährungsfristen von unterschiedlicher Dauer analog anzuwenden sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. März 2017 – 10 C 3/16 – juris, Rn. 18 m.w.N.). Soweit keine besonderen Gesichtspunkte für eine längere Verjährungsfrist sprechen, dürfte in der Regel § 195 BGB anzuwenden sein, da diese Vorschrift vom Gesetzgeber ganz bewusst als allgemeine Auffangregelung für andere Rechtsgebiete gedacht ist (BT-Drs. 14/6040, 104), in denen die Verjährung bestimmter Ansprüche nicht speziell geregelt wird (vgl. hierzu BeckOK BGB/Henrich BGB § 195 Rn. 18 m.w.N.). Dies bedeutet aber nicht, dass öffentlich-rechtliche Ansprüche schlechthin den §§ 195, 199 BGB unterworfen wären (vgl. Grothe, Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2021, § 195 Rn. 18 unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 15. März 2017 – 10 C 3/16 – juris, Rn. 18).

Einschlägige Verjährungsvorschriften des öffentlichen Rechts sind hier nicht ersichtlich, denn die Vorschriften zum öffentlich-rechtlichen Vertrag (§§ 54-62 VwVfG) selbst regeln zur Verjährung nichts. Zwar verweist § 62 Satz 1 VwVfG – soweit in den §§ 54 bis 61 VwVfG nichts anderes geregelt ist – auf die übrigen Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes. § 53 VwVfG, der nur die verjährungsrechtlichen Folgen eines Verwaltungsaktes regelt, greift indes ersichtlich nicht ein. Für den öffentlich-rechtlichen Vertrag wird jedoch ergänzend auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs verwiesen (§ 62 Satz 2 VwVfG).

In Bezug auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind die Übergangsvorschriften des Art. 229 §§ 5 und 6 EGBGB zu berücksichtigen, die hier analog anwendbar sind. Der Gesetzgeber hat zwar nicht im Rahmen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, wohl aber im Rahmen des Gesetzes zur Einführung einer kapitalgedeckten Hüttenknappschaftlichen Zusatzversicherung und zur Änderung anderer Gesetze vom 21. Juni 2002 (BGBl. I 2002, 2167) eine Anpassung des Verwaltungsverfahrensgesetzes an die neuen Verjährungsregeln vorgenommen und die das Verjährungsrecht berührenden Regelungen der §§ 53, 102 VwVfG reformiert. Die in § 102 VwVfG enthaltene Verweisung auf Art. 229 § 6 Abs. 1 bis 4 EGBGB belegt seine Vorstellung, dass die mit der Schuldrechtsnovelle vorgenommenen Änderungen des Verjährungsrechts grundsätzlich auch im Öffentlichen Recht Anwendung finden können (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15. Juli 2016 – 9 A 16/15 – juris, Rn. 43 f., Urteil vom 15. März 2017 – 10 C 3/16 – juris, Rn. 19 und Urteil vom 27. November 2019 – 9 C 5/18 – juris, Rn. 14 ff.).

2. Sachnächste Verjährungsregelung im vorgenannten Sinne ist hier die Verjährungsregelung für Mangelschäden im Werkvertragsrecht, da die Beteiligten einen öffentlich-rechtlichen Werkvertrag geschlossen haben, der Kläger einen Mangelschaden geltend macht und die Auffangnorm des § 195 BGB (Regelverjährung) im Bürgerlichen Gesetzbuch nur greifen soll, soweit keine Sonderverjährungsregeln – wie z.B. für werkvertragliche Mängelansprüche – bestehen (vgl. hierzu MüKoBGB/Grothe, 9. Aufl. 2021, BGB § 195 Rn. 8).

Insofern führen die Überleitungsvorschriften des Art. 229 §§ 5 und 6 EGBGB auf die Anwendung alten Rechts (BGB a.F.). Zwar ist nach der Allgemeinen Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 5 EGBGB auf Schuldverhältnisse, die – wie hier wegen des Vertragsschlusses am 6./13. Mai 1996 – vor dem 1. Januar 2002 entstanden sind, das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung anzuwenden, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Für die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verjährung liegt jedoch mit Art. 229 § 6 EGBGB eine Sondervorschrift vor, wobei Art. 229 § 6 Abs. 3 und 4 EGBGB Rückausnahmen zur Regelung in Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB über die Anwendung neuen Rechts sind (vgl. hierzu: BGH, Urteil vom 26. Oktober 2005 – VIII ZR 359/04 – juris, Rn. 9). Nach der für die Verjährungsfrist geltenden Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBG ist die Verjährung mit dem Ablauf der im Bürgerlichen Gesetzbuch in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung (im Folgenden: BGB a.F.) bestimmten Frist vollendet, wenn die Verjährungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung (im Folgenden: BGB n.F.) länger als nach dem BGB a.F. ist.

Danach greift hier § 638 Abs. 1 BGB a.F. ein, der die Verjährung des Schadensersatzanspruches nach der Norm des § 635 BGB a.F. regelt, welche wiederum die vom Kläger der Sache nach geltend gemachten Kosten zur Beseitigung von Mängeln des Werkes erfasst (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 3. März 1998 – X ZR 4/95 – juris, Rn. 14 m.w.N.). Denn die sich hieraus ergebende Frist ist kürzer als die nach neuem Recht – § 634a Abs. 1 BGB n.F. – geltende Frist.

Gemäß § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. verjährt der Anspruch des Bestellers auf Schadensersatz wegen eines Mangels des Werkes, sofern nicht – wofür hier nichts dargelegt oder sonst ersichtlich ist – der Unternehmer den Mangel arglistig verschwiegen hat, in sechs Monaten, bei Arbeiten an einem Grundstück in einem Jahr, bei Bauwerken in fünf Jahren. Nach § 634a Abs. 1 BGB n.F verjähren Schadensersatzansprüche aus Werkvertrag (§ 634 Nr. 4 BGB n.F.) hingegen 1. vorbehaltlich der Nummer 2 in zwei Jahren bei einem Werk, dessen Erfolg in der Herstellung, Wartung oder Veränderung einer Sache oder in der Erbringung von Planungs- oder Überwachungsleistungen hierfür besteht, 2. in fünf Jahren bei einem Bauwerk und einem Werk, dessen Erfolg in der Erbringung von Planungs- oder Überwachungsleistungen hierfür besteht, 3. im Übrigen in der regelmäßigen Verjährungsfrist (gemäß § 195 BGB n.F.: drei Jahre).

Da das vom Beklagten geschuldete Werk – ein unanfechtbarer Bodenordnungsplan – keine Arbeit an einem Grundstück oder ein Bauwerk i.S.d. § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. ist, beträgt die Verjährungsfrist nach altem Recht 6 Monate (§ 638 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB a.F.), was eine kürzere Frist als die Frist nach neuem Recht (§ 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. - 2 Jahre) ist. Die vom Kläger zitierte Frist des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F. (5 Jahre) kommt unabhängig hiervon nicht zum Tragen, weil der Beklagte kein Bauwerk geplant und seine Leistung auch sonst nicht in einem engen Zusammenhang mit der Neuerrichtung eines Bauwerkes steht, d.h. die Leistungen des Beklagten nicht – wie von der Vorschrift ausweislich ihres Wortlautes vorausgesetzt (vgl. hierzu: BeckOK BGB/Voit, 59. Ed. 1.5.2020, BGB § 634a, Rn. 11; Jauernig/Mansel, 18. Aufl. 2021, BGB § 634a Rn. 8) – für ein Bauwerk („hierfür“) erfolgt ist.

Die Anwendung alten Rechts (konkret: § 638 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB a.F.) scheidet auch nicht deshalb aus, weil Gewährleistungsansprüche zum Stichtag 1. Januar 2002 noch gar nicht entstanden waren. Denn altes Recht gilt für vor dem 1. Januar 2002 geschlossene Verträge auch dann, wenn die Gewährleistungsansprüche – wie vorliegend – zum Stichtag noch nicht entstanden sind (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2005 – VIII ZR 359/04 – juris, Leitsatz und Rn. 11 ff.; Palandt, 78. Aufl., Art. 229 § 6 EGBGB, Rn. 2).

3. Die Verjährungsfrist von 6 Monaten (§ 638 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB a.F.) war im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Geltendmachung des Schadensersatzanspruches gegen den Beklagten durch Erweiterung der Klage VG 7 K 1426/07 mit Schriftsatz vom 30. August 2011 abgelaufen.

Gemäß § 638 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. beginnt diese Frist grundsätzlich „mit der Abnahme“ und kann der Besteller eines Werkes daher auch bei Werkverträgen, die vor dem 1. Januar 2002 geschlossen wurden, Mängelrechte gemäß § 633 ff. BGB a.F. regelmäßig erst nach Abnahme des Werkes geltend machen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2017 – VII ZR 301/13 – juris, Rn. 24 ff., 31). Dies ist allerdings ausnahmsweise dann entbehrlich, wenn der Besteller nicht mehr die Erfüllung des Vertrages verlangen kann und das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergangen ist, wovon auszugehen ist, wenn der Besteller ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck bringt, unter keinen Umständen mehr mit dem Unternehmer zusammenarbeiten zu wollen, also endgültig und ernsthaft eine (Nach-)Erfüllung durch ihn ablehnt (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 43 ff., 46 f., vgl. auch BGH, Urteil vom 3. März 1998 – X ZR 4/95 – juris, Leitsatz Nr. 3 und Rn. 18-20).

Ein solcher Fall ernsthafter und endgültiger Ablehnung der Vertragserfüllung lag hier mit der fristlosen Kündigung des Werkvertrages mit Schreiben vom 19. Mai 2005 vor. Denn hiermit hat der Kläger – nach fruchtlosem Ablauf der unter Ablehnungsandrohung bis zum 31. Dezember 2004 gesetzten Frist zur Mängelbeseitigung – den mit dem Beklagten geschlossenen Werkvertrag durch Kündigung vorzeitig beendet und angekündigt, dass „die Restleistungen nach Maßgabe der vorliegenden weiterverwertbaren Verzeichnisse, Nachweise und sonstigen Unterlagen in Auftrag gegeben und gegenüber ihrem Mandanten ein entsprechend hoher Schadensersatzanspruch geltend gemacht wird“, der sich bei rechtzeitiger Bereitstellung der Unterlagen in drittverwertbarer Form bis 20. Juni 2005 entsprechend reduziere. Hiermit hat der Kläger zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht, dass er eine (Nach-)Erfüllung durch den Beklagten endgültig ablehne und die Erbringung der Restleistungen für einen unanfechtbaren Bodenordnungsplan anderweitig vergeben werde, weshalb das Erfüllungsverhältnis hierdurch in ein sogenanntes Abrechnungsverhältnis übergegangen ist und nunmehr die kurze Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB a.F. (6 Monate) zu laufen begann.

Die Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB a.F. (6 Monate) war im Zeitpunkt der gerichtlichen Geltendmachung des Schadensersatzanspruches gegen den Beklagten durch Erweiterung der Klage VG 7 K 1426/07 mit Schriftsatz vom 30. August 2011 aber auch dann abgelaufen, wenn eine endgültige Ablehnung der Vertragserfüllung erst in der Neuvergabe des Auftrags an den öffentlich bestellten Vermessungsingenieur ... durch Rahmenvertrag vom 27. September/4. Oktober 2006 oder in der am 4. Oktober 2006 erfolgten Zustellung der Stufenklage auf Auskunft über den Bearbeitungsstand und Herausgabe der diesbezüglichen Unterlagen an den Beklagten zu sehen wäre.

4. Überdies war der geltend gemachte Schadensersatzanspruch hier selbst dann verjährt, wenn als sachnächste Verjährungsregelung die Regelverjährung des § 195 BGB zum Tragen käme.

a. Bezogen auf die Regelverjährungsfrist kommt nach den Überleitungsvorschriften des Art. 229 §§ 5 und 6 EGBGB allein die Anwendung neuen Rechts (§ 195 BGB n.F. – Verjährungsfrist: 3 Jahre) in Betracht. Die Regelung des Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB ist hier nicht anwendbar, da die Verjährungsfrist nach § 195 BGB n.F. (3 Jahre) nicht „länger“ im Sinne dieser Vorschrift, vielmehr kürzer als nach § 195 BGB a.F. (30 Jahre) ist. Vielmehr ist insofern Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB einschlägig, wonach die kürzere Frist – mithin § 195 n.F. BGB – maßgeblich ist (vgl. hierzu auch Grothe, in Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2021, § 195 Rn. 18, der einen Rekurs auf die §§ 195, 198 BGB a.F. unter Verweis auf diese Vorschrift für nicht mehr statthaft hält).

b. Die 3-Jahres-Frist des § 195 BGB n.F. wäre mit dem Schluss des Jahres 2005 losgelaufen, wovon ausgehend die Verjährung mit Ablauf des 31. Dezember 2008, mithin vor Klageerweiterung im August 2011, eingetreten wäre.

Obgleich die kürzere (hier: 3-Jahres-)Frist nach dem Wortlaut des Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB „von dem 1.1.2002 an“ berechnet wird, orientiert sich der Bundesgerichtshof bei der Berechnung nicht nur am Stichtag (1.1.2002), sondern zusätzlich an den subjektiven Voraussetzungen für den Verjährungsbeginn, weshalb – es sei denn, es handelt sich um die hier nicht in Rede stehende Höchstfrist des § 199 Abs. 2 BGB, die stets von dem 1. Januar 2002 an läuft – der Fristbeginn unter Einbeziehung von Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis i.S.v. § 199 Abs. 1 BGB zu berechnen ist (vgl. BeckOGK/Meller-Hannich, 1.9.2021, EGBGB Art. 229 § 6 Rn. 21).

Gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginnt die kenntnisabhängige dreijährige Verjährungsfrist, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 15. März 2017 – 10 C 3/16 – juris, Rn. 23), wobei Schadensersatzansprüche mit dem Eintritt des Schadens entstehen (vgl. hierzu Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack, BGB Allgemeiner Teil / EGBGB, BGB § 199 Rn. 18, beck-online). Auszugehen ist dabei von dem Grundsatz der Schadenseinheit, d.h. alle aus einem bestimmten Schadensereignis erwachsenden Schadensersatzansprüche verjähren einheitlich mit dem Eintritt des ersten Schadens (vgl. BeckOK BGB/Henrich, 59. Ed. 1.8.2021, BGB, § 199 Rn. 3, 6 m.w.N. zur Rspr. des BGH). Für den Verjährungsbeginn ausreichend ist mithin nach dem Grundsatz der Schadenseinheit, dass dem Anspruchsteller ein fälliger Anspruch auf Ersatz eines Teilschadens entstanden ist, dessen gerichtliche Geltendmachung ihm zumutbar war (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 16. Juli 2021 – 11 U 104/20 – juris, Rn. 37 unter Verweis auf BGH, Urteil vom 8. November 2016 – VI ZR 200/15 – juris, Rn. 15).

Ein solcher Teilschaden ist dem Kläger hier bereits im Jahr 2005 entstanden. Denn der Kläger wusste bereits 2005 um die – hier unterstellte – verschuldete Mangelhaftigkeit der jedenfalls teilweise bezahlten Leistung des Beklagten. Der Kläger ging nach seinem eigenen Vorbringen bereits damals von einer Unverwertbarkeit zumindest eines Großteils der Arbeiten des Beklagten aus und trägt selbst vor, der Beklagte habe für seine Leistungen ca. 955.000,00 EUR erhalten (vgl. Blatt 209 der Gerichtsakte zu VG 7 K 1426/07 / OVG 11 L 8.12). Der Kläger hätte daher bereits im Jahr 2005 zumutbar – zumindest im Wege der Feststellungsklage – einen Schadensersatzanspruch gegen den hiesigen Beklagten gerichtlich geltend machen können.

5. Die Verjährung wurde – unabhängig davon, ob hier die Frist des § 638 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB a.F. (6 Monate) oder die Frist des § 195 BGB n.F. (3 Jahre) als sachnächste Verjährungsregelung anzuwenden ist – entgegen dem Vorbringen des Klägers, nicht durch die mit Schriftsatz vom 19. September 2006 erhobene Stufenklage auf Auskunft bzw. Herausgabe oder vorausgehende Verhandlungen zwischen den Beteiligten gehemmt oder unterbrochen.

Bezogen auf die Hemmung der Verjährung dürfte hier – und zwar unabhängig davon, welche Frist einschlägig ist – BGB n.F. anwendbar sein, insbesondere Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB, wonach sich die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2002 nach dem BGB in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung bestimmen, nicht zur Anwendung kommen, weil ein Beginn, eine Hemmung oder ein Neubeginn der Verjährung vor dem 1. Januar 2002 hier nicht in Rede steht und für die Zeit nach dem Stichtag (1. Januar 2002), um die es hier geht – nach der Grundregel des Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB – auch für die Hemmung neues Recht gilt (vgl. hierzu: BeckOGK/Meller-Hannich, 1.9.2021, EGBGB Art. 229 § 6, Rn. 13 m.w.N.). Im Ergebnis kann dies jedoch dahinstehen, weil die Verjährung weder nach den Vorschriften des BGB n.F. noch nach den Regelungen des BGB a.F. gehemmt bzw. unterbrochen worden ist.

a. Die Verjährung wurde nicht durch die Erhebung der Stufenklage auf Auskunft und Herausgabe mit Schriftsatz vom 19. September 2006 gehemmt oder unterbrochen.

aa. Gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. wird die Verjährung durch Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs gehemmt. Eine Hemmung der Verjährung im vorgenannten Sinne tritt jedoch nur in Bezug auf den jeweils geltend gemachten prozessualen Anspruch, d.h. den Streitgegenstand der erhobenen Klage ein (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2014 – XI ZB 12/12 – juris, Rn. 145 m.w.N.). Der hier allein in Rede stehende Schadensersatzanspruch war jedoch nicht Streitgegenstand der mit Schriftsatz vom 19. September 2006 erhobenen Stufenklage. Diese war vielmehr allein auf Auskunft und Herausgabe, nicht indes auf Schadensersatz gerichtet (vgl. hierzu bereits OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17. April 2013 – OVG 11 L 8.12 – zur Streitwertbeschwerde des Klägers im Verfahren VG 7 K 1426/07), worauf nicht zuletzt die eigene Argumentation des Klägers in der vorgenannten Streitwertbeschwerde verweist (vgl. hierzu Blatt 279 der Gerichtsakte zu OVG 11 L 8/12).

Der Umstand, dass die mit Schriftsatz vom 19. September 2006 erhobene Stufenklage auf Auskunft und Herausgabe mit Schriftsatz vom 30. August 2011 um die Klage auf Schadensersatz erweitert worden ist, ändert an alledem nichts. Eine Klageerweiterung führt grundsätzlich zur Rechtshängigkeit des erweiterten Antrags erst mit Zustellung dieses Antrags, sodass auch erst ab diesem Zeitpunkt die Hemmungswirkung eintritt (vgl. nur BeckOGK/Meller-Hannich, 1.9.2021, BGB, § 204, Rn. 63; BGH, Urteil vom 16. Dezember 1987 – VIII ZR 4/87 – juris, Rn. 19 f.). Soweit der Kläger hiergegen einwendet, bei Erhebung der Stufenklage mit Schriftsatz vom 19. September 2006 habe er die genaue Schadenshöhe noch nicht gekannt, überzeugt dies bereits tatsächlich nicht, da er bereits mit dieser Klage unter Verweis auf das Schreiben der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure D ... vom 20. Oktober 2005 – ohne indes einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen – die „zur Beendigung des Bodenordnungsverfahrens erforderliche(n) Kosten in Höhe von 1.284.488,08 EUR“ beziffert hat (vgl. Blatt 5 der Gerichtsakte VG 7 K 1426/07). Unabhängig hiervon hätte der Kläger auch damals schon Klage wegen eines Schadensersatzanspruches dem Grunde nach unter Vorbehalt späterer Konkretisierung erheben können.

bb. Für die Verjährungsunterbrechung nach § 209 Abs. 1 BGB a.F. gilt nichts anderes: Auch sie tritt nur in Bezug auf den geltend gemachten prozessualen Anspruch, d.h. den Streitgegenstand der erhobenen Klage, ein (vgl. nur BGH, Urteil vom 4. Mai 2005 – VIII ZR 93/04 – juris, Rn. 15 m.w.N.; Palandt, 56. Aufl., BGB, § 209, Rn. 2, 13), wobei selbst eine zunächst erhobene Auskunfts- und Rechnungslegungsklage die Verjährung von Zahlungsansprüchen nicht unterbricht (vgl. Palandt, 56. Aufl., a.a.O., Rn. 13 m.w.N.).

b. Die Verjährung wurde auch nicht – wie vom Kläger zuletzt mit Schriftsatz vom 2. November 2011 geltend gemacht – durch Verhandlungen der Beteiligten zwischen der Kündigung des Werkvertrages mit Schreiben vom 19. Mai 2005 und dem Erlass des Bescheides vom 13. Juni 2006 an den Beklagten (Anlage VV 2), mit dem die Rückgabe der Beleihungsurkunde verlangt worden sei und die Verhandlungen endgültig gescheitert seien, gehemmt. Unabhängig davon, dass die Verjährungsfrist von 6 Monaten bzw. 3 Jahren auch bei einer Hemmung im vorgenannten Zeitraum bei Klageerweiterung im August 2011 abgelaufen gewesen wäre, sind die Voraussetzungen eines Hemmungstatbestandes hier nicht ansatzweise dargelegt.

aa. Gemäß § 203 Satz 1 BGB n.F. ist – schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände – die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Verhandlungen über den hier in Rede Schadensersatzanspruch bzw. die ihn begründenden Umstände hat der insofern darlegungspflichtige Kläger indes nicht belegt.

(1) Solche Verhandlungen ergeben sich nicht aus dem vom Kläger vorgelegten „Protokoll der Beratung vom 31.5.2006 zum Vertragsverhältnis mit ÖbVI W ... im Bodenordnungsverfahren N ... “ (Anlage VV 3). Ausweislich dieses Protokolls war der Beratungstermin am 31. Mai 2006 mit dem Ziel zustande gekommen, „die ins Stocken geratene Kommunikation zwischen den Vertragsparteien LVLF und ÖbVI W ... wieder aufzunehmen, um gegenseitige Klarheit über Sichtweisen zur Auflösung des Vertragsverhältnisses zu erlangen und den damit verbundenen Schaden so gering wie möglich zu halten“. Dabei ging es jedoch allein um den Anspruch des Klägers, „dass der Verwaltungsvorgang BOV N ... wieder zurück in die Hände des LVLF gelangt, um die Verfahrensbearbeitung durch eigene Kräfte sowie durch Vergabe von Teilleistungen vornehmen zu können“ bzw. um die „zügige Bereitstellung aller Verfahrensunterlagen im Interesse aller Partner“.

(2) Das vom Kläger vorgelegte Schreiben des Beklagten vom 5. Juni 2006 belegt Verhandlungen i.S.d. § 203 Satz 1 BGB n.F. ebenfalls nicht. Hiermit hat der Beklagte eine einvernehmliche Lösung bzw. Einigung in der Sache durch eine vom Kläger zu leistende Zahlung angeboten, die eine Herausgabe der Arbeitsergebnisse und einen Fortgang des Verfahrens ermöglichen sollte. Unabhängig davon, dass auch dieses Schreiben folglich nur die Bereitstellung der Verfahrensunterlagen, nicht jedoch einen Schadensersatzanspruch betrifft, stellt ein einseitiges Anbieten einer gütlichen Einigung, worin sich das Schreiben des Beklagten vom 5. Juni 2006 erkennbar erschöpft, angesichts des Umstandes, dass der Kläger hierauf nicht eingegangen ist, vielmehr kurze Zeit danach Stufenklage gegen den Beklagten auf Auskunft und Herausgabe erhoben hat, keine die Verjährung hemmenden „Verhandlungen“ zwischen Schuldner und Gläubiger i.S.d. § 203 Satz 1 BGB n.F. dar (vgl. zu einseitig gebliebenen Erklärungen: BeckOK BGB/Spindler, 59. Ed. 1.8.2021, BGB, § 203, Rn. 6 m.w.N. zur Rspr.).

(3) Schließlich zeigt auch der vom Kläger vorgelegte „interne Aktenvermerk der Klägerin vom 6.12.2011“ (Anlage VV 1) Verhandlungen i.S.d. § 203 Satz 1 BGB n.F. nicht auf. Unabhängig davon, dass dieses Dokument vom Kläger selbst – zumal erst Ende 2011, d.h. nach dem in Rede stehenden Zeitraum (Mai 2005 bis Juni 2006) – aufgesetzt worden ist, was bereits grundsätzliche Fragen zu seiner Aussagekraft aufwirft, wird hierin nur ein „nochmaliger Versuch einer außergerichtlichen Lösung“ genannt, was völlig offen lässt, worauf sich dieser bezieht.

bb. Auch ausgehend von § 639 Abs. 2 BGB a.F. liegt keine Hemmung durch Verhandlungen vor, weil der Kläger sich nach der Kündigung des Vertrages nicht mehr – wie von dieser Regelung verlangt – einvernehmlich auf eine Prüfung des Vorhandenseins von Mängeln eingelassen hat.

6. Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung unstreitig mit Schriftsatz vom 13. März 2018 erhoben, so dass offen bleiben kann, ob sich diese Einrede bereits aus früheren Schriftsätzen des Beklagten ergibt (vgl. zu den Anforderungen an Form und Inhalt der Einrede nur: BeckOGK/Bach, 1.11.2021, BGB, § 214, Rn. 38). Der Einwand des Klägers, die Einrede des Beklagten sei unsubstantiiert, ist nicht nachvollziehbar. Der Beklagte weist insofern zu Recht darauf hin, dass der Kläger schon selbst alle Tatsachen vorgetragen hat, die für den Eintritt der Verjährung maßgeblich sind.

Der Beklagte hat das Recht auf Erhebung der Einrede der Verjährung entgegen dem Vorbringen des Klägers auch nicht verwirkt. Die Verwirkung ist Ausfluss des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB), der für die gesamte Rechtsordnung Gültigkeit hat und daher auch im öffentlichen Recht zu beachten ist. Sie bildet einen Anwendungsfall des Verbots widersprüchlichen Verhaltens und besagt, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden darf, wenn seit der Möglichkeit seiner Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde, der Verpflichtete ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Januar 2004 – 3 B 101/03 – juris, Rn. 3). An diesen Voraussetzungen fehlt es hier. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, die Einrede der Verjährung sei zu spät erhoben worden, da der Beklagte hierzu bereits seit 2005 Gelegenheit gehabt habe, verkennt er bereits, dass die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches – wie oben dargelegt – erst durch Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 30. August 2011 erfolgt ist. Unabhängig davon ist aber auch nicht ansatzweise dargelegt oder sonst ersichtlich, dass hier besondere Umstände vorliegen, die eine – unterstellt – verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass der Beklagte beim Kläger berechtigtes Vertrauen darauf begründet hat, dass er die Leistung nicht wegen Verjährung verweigern werde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 60 LwAnpG i.V.m. § 147 Abs. 1 FlurbG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die bis zum 20. September 2021 Beigeladenen zu 1. bis 3. haben keine Sachanträge gestellt und daher am Kostenrisiko des Prozesses nicht teilgenommen (§ 154 Abs. 3 VwGO). In dieser Situation entspricht es – unabhängig davon, ob sie das Verfahren durch eigenen Tatsachen- oder Rechtsvortrag gefördert haben oder nicht – nicht der Billigkeit im Sinne des § 162 Abs. 3 VwGO, ihre außergerichtlichen Kosten – wie von ihnen beantragt – einem anderen Beteiligten oder der Staatskasse aufzuerlegen (vgl. hierzu BeckOK VwGO/Kunze, 58. Ed. 1.7.2021, VwGO, § 162, Rn. 96 f. m.w.N.).

Die Gebührenpflicht richtet sich nach Nr. 5112 der Anlage I zum GKG. Als Nebenforderung bleiben Zinsen bei der Streitwertfestsetzung unberücksichtigt (vgl. § 43 Abs. 1 GKG). Da sich die aus dem Antrag zu 2. für den Kläger ergebende Bedeutung der Sache betragsmäßig nicht beziffern lässt, war hierfür – streitwerterhöhend – der Auffangwert in Höhe von 5.000,- EUR festzusetzen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 60 LwAnpG, § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.