Gericht | OLG Brandenburg 3. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 29.03.2022 | |
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Aktenzeichen | 3 U 96/21 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2022:0329.3U96.21.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 08.09.2021, Aktenzeichen 11 O 77/20, wird verworfen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das zu Ziff. 1 näher bezeichnete Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) ist vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 6.524,77 €.
I.
Der Kläger macht gegen den Beklagten Schadenersatzansprüche wegen der Entfernung eines Edelstahlschornsteins geltend.
Die Parteien waren bis Ende 2018 mietvertraglich miteinander verbunden. Bei Rückgabe der Mietsache stellte der Kläger fest, dass der zuvor an dem Objekt vorhandene Edelstahlschornstein nicht mehr vorhanden war. Von dem Beklagten verlangte er deswegen mit Schreiben vom 18.03.2020 die Zahlung von 6.524,77 €.
Bereits erstinstanzlich hatte der Kläger behauptet, der Beklagte habe den Schornstein unberechtigt entfernt, was er, der Kläger allerdings erst im Februar 2020 von dem Zeugen … erfahren hätte; die Ersatzbeschaffung eines neuen Edelstahlschornsteins würde Kosten in verlangter Höhe verursachen; ein Gebrauchtmarkt für Edelstahlschornsteine existiere nicht.
Der Kläger hatte erstinstanzlich beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 6.524,77 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2019 sowie weitere 650,34 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte hatte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hatte unter Erhebung der Verjährungseinrede den von der Gegenseite vorgelegten Kostenvoranschlag als überhöht gerügt, wobei dieser auch Material- und Arbeitspositionen enthalte, die in keinem Zusammenhang zur begehrten Leistung stünden, etwa mit Blick auf Bodenhocker, Reinigung, Feuerungsanschluss, Längsausgleichselement, Übergangsstück, Rosette, Längenelement und Wandhalterung; der Schornstein habe keinen Mündungsabschluss mit Regenhaube gehabt, und seine Länge habe höchstens 4 - 5 m betragen.
Die am 06.04.2020 bei dem Landgericht anhängig gemachte Klage ist dem Beklagten am 29.04.2020 zugestellt worden.
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 08.09.2021 abgewiesen.
Zur Begründung ihrer Entscheidung hat die Zivilkammer ausgeführt, die geltend gemachten Ansprüche seien verjährt. Die Verjährungsfrist berechne sich, auch mit Blick auf etwaige Ansprüche aus § 823 BGB, anhand der Sechsmonatsfrist gemäß § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB, ihr Lauf habe mit Rückgabe der Mietsache am 31.12.2018 begonnen; der Kläger werfe dem Beklagten eine mietvertragliche Nebenpflichtverletzung in Gestalt nicht ordnungsgemäßer Rückgabe der Mietsache vor, so dass die genannte Vorschrift einschlägig sei; bei Klageerhebung 2020 sei die Frist lange verstrichen gewesen.
Darüber hinaus bestehe kein Schadenersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB, da der Kläger zur Entstehung seines Schadens nicht hinreichend vorgetragen habe; er habe lediglich behauptet, durch das Fehlen des Edelstahlschornsteins beim nachfolgenden Verkauf des Mietobjekts einen Mindererlös von 7.000 € erzielt zu haben; hierauf sei er in der mündlichen Verhandlung vom 21.07.2021 hingewiesen worden; soweit sich der Kläger anschließend insofern auf den Zeugen … berufen habe, habe es sich um einen Ausforschungsbeweis gehandelt, eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung sei deshalb nicht erforderlich gewesen; die Zivilkammer hätte erst im Ergebnis der Vernehmung des Zeugen erfahren, was dieser für das mit einem Edelstahlschornstein ausgerüstete Kaufobjekt zu zahlen, dies wäre zivilprozessual unzulässig gewesen; zudem sei das Vorbringen im Sinne von § 296a ZPO verspätet.
Ansprüche aus § 826 BGB schieden aus, weil nicht jede, insbesondere nicht die vorliegende, ggf. strafbare Handlung sich zugleich als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung darstellte, anderenfalls der Anwendungsbereich des § 823 BGB und der daran gekoppelten Verjährungsvorschriften ausgehöhlt werde; zudem scheitere der Anspruch ebenfalls an unzureichendem Sachvortrag zur Schadenshöhe.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sachvortrags und der weitergehenden Urteilsbegründung wird auf die entsprechenden Darlegungen in dem landgerichtlichen Urteil vom 08.09.2021 insgesamt Bezug genommen.
Das landgerichtliche Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 09.09.2021 zugestellt worden. Auf dessen Antrag hin hat der Senatsvorsitzende mit Verfügung vom 10.11.2021 die Berufungsbegründungsfrist bis zum 09.12.2021 verlängert.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger die erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche weiter.
Er rügt, das Landgericht habe das prozessuale und materielle Recht verkannt; die Zivilkammer habe zu hohe Anforderungen an einen substantiierten Parteivortrag gestellt, sein erstinstanzliches Beweisangebot sei auch nicht verspätet gewesen, die Zivilkammer ist vielmehr ihren Hinweispflichten nicht ausreichend nachgekommen, und ihm stehe zudem ein deliktsrechtlicher Schadenersatzanspruch aus § 826 BGB zu, der in jedem Fall unverjährt sei.
Die auf elektronischem Wege aus einem besonderen Anwaltspostfach auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereichte, nicht qualifiziert signierte Berufungsbegründungsschrift des Klägers vom 09.12.2021 ist von dessen Prozessbevollmächtigtem auch nicht unterschrieben worden. Es findet sich am Ende des Schriftsatzes lediglich die maschinenschriftliche Angabe „Rechtsanwalt“ - ohne Namensbezeichnung.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 08.09.2021, Az. 11 O 77/20, abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 6.524,77 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2019 sowie weitere 650,34 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.
Er rügt die Unzulässigkeit der Berufung, da bis zum Ablauf der insofern bestehenden Frist keine von einem seitens des Klägers beauftragten Rechtsanwalt ordnungsgemäß unterzeichnete Rechtsmittelbegründungsschrift eingegangen sei. In der Sache stützt er die Ausführungen des angegriffenen Urteils.
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 08.09.2021, Aktenzeichen 11 O 77/20, ist unzulässig und unterliegt deshalb der Verwerfung nach § 522 Abs. 1 ZPO.
Der Senat hat hierzu in seinem, dem Kläger(-vertreter) zugestellten, Hinweisbeschluss vom 22.02.2022 wie folgt ausgeführt:
„Die Berufungsbegründung ist nicht innerhalb der bis zum 09.12.2021 verlängerten Berufungsbegründungsfrist formgerecht in den Geschäftsbereich des Brandenburgischen Oberlandesgerichts gelangt. ...
Die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers eingereichte Berufungsbegründung wahrt nicht die nach § 520 Abs 2, 3 i.V.m. § 130 a Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 ZPO erforderliche Form. Die Berufungsschrift wurde zwar über einen sicheren Übermittlungsweg eingereicht, jedoch mangelt es an der erforderlichen einfachen Signatur.
Die Berufungsbegründung wird nach § 520 Abs. 1, 3 ZPO durch einen beim Berufungsgericht einzureichenden Schriftsatz eingereicht. Die Berufungsbegründung unterliegt als bestimmender Schriftsatz (§ 520 Abs. 3 Satz 1 ZPO) dem Anwaltszwang (§ 78 ZPO). Der Rechtsanwalt muss die volle Verantwortung für den Inhalt der Begründungsschrift übernehmen (BGH NJW 2006, 1208). Mit seiner, grundsätzlich eigenhändig zu leistenden (§ 130 Nr. 6 ZPO) Unterschrift übernimmt der Rechtsanwalt die volle Verantwortung für die Rechtsmittelbegründung. Für die Berufungsbegründung gelten die allgemeinen Vorschriften über vorbereitende Schriftsätze, § 520 Abs. 5 ZPO. Die Berufungsbegründung kann daher auch als elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht werden, wobei dann nach § 130 a Abs. 3 Satz 1 ZPO das elektronische Dokument mit einer qualifizierten Signatur der verantwortenden Person versehen oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden sein muss.
Diese Anforderungen sind vorliegend nicht eingehalten.
Die Berufungsschrift ist über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) des Prozessbevollmächtigten des Klägers übermittelt worden. Bei diesem Übermittlungsweg handelt es sich nach der Legaldefinition des § 130 a Abs. 4 Nr. 2 ZPO um einen „sicheren“ im Sinne des Absatzes 3 der Regelung (vgl. BAG NJW 2020, 2351 Rn. 12; NJW 2020, 258 Rn. 5; OLG Braunschweig NJW 2019, 2176 Rn. 23).
Die Berufungsschrift ist nicht mit der erforderlichen einfachen elektronischen Signatur versehen.
Eine einfache elektronische Signatur nach dieser Variante der Regelung besteht gem. Art. 3 Nr. 10 der EU-VO Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.7.2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der RL 1999/93/EG aus Daten in elektronischer Form, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder logisch mit ihnen verbunden werden und die der Unterzeichner zum Unterzeichnen verwendet. Bei der durch bzw. mit einem Textverarbeitungsprogramm zum Abschluss des Schriftsatzes angebrachten Namenswiedergabe des Verfassers handelt es sich um solche Daten (vgl. BAG NJW 2020, 3476 Rn. 15 m.w.N.; LG Hagen Beschl. v. 22.8.2019 –
7 T 15/19, BeckRS 2019, 23900 Rn. 16).
Die einfache Signatur bezeichnet die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes (vgl. OLG Braunschweig NJW 2019, 2176 Rn. 38; Bacher NJW 2015, 2753; Stadler in Musielak/Voit, § 130 a Rn. 6; MünchKommZPO/Fritsche, 6. Aufl., § 130 a Rn. 14). Dies kann beispielsweise der maschinenschriftliche Namenszug unter dem Schriftsatz oder eine eingescannte Unterschrift sein (vgl. BAG NJW 2020, 3476 Rn. 15; LG Hagen Beschl. v. 22.8.2019 – 7 T 15/19, BeckRS 2019, 23900 Rn. 16). Für die maschinenschriftliche Unterzeichnung ist weder vorgeschrieben, dass (auch) ein Vorname zu verwenden ist, noch dass die Bezeichnung „Rechtsanwalt“ wiedergegeben wird (vgl. Müller NZA 2019, 1682 [1683]).
Die Signatur soll sicherstellen, dass die von dem sicheren Übermittlungsweg ausgewiesene Person mit der Person identisch ist, welche mit der wiedergegebenen Unterschrift die inhaltliche Verantwortung für das elektronische Dokument übernimmt. Fehlt es an dieser Identität, ist das Dokument nicht ordnungsgemäß eingereicht (vgl. BT-Drs. 17/12634, 25; OLG Braunschweig NJW 2019, 2176 Rn. 38; MünchKommZPO/Fritsche, § 130 a Rn. 14). Dies folgt bereits daraus, dass der sichere Übermittlungsweg bei einer Signatur durch die verantwortende Person gleichrangig neben der qualifizierten elektronischen Signatur steht. Die qualifizierte elektronische Signatur tritt ihrerseits an die Stelle der eigenhändigen Unterschrift i.S.d. § 130 Nr. 6 ZPO. Neben den sonstigen Funktionen der Unterschrift soll sie auch gewährleisten, dass das elektronische Dokument nicht spurenlos manipuliert werden kann (Perpetuierungs- oder Integritätsfunktion, vgl. BT-Drs. 14/4987, 24; BGHZ 197, 209 = NJW 2013, 2034 Rn. 9 m.w.N.). Diese Funktionen sollen auch bei einer einfachen Signatur und einem sicheren Übermittlungsweg garantiert werden. Zum Ausdruck kommt dieser Aspekt in den sonstigen bundeseinheitlichen Übermittlungswegen nach § 130 a Abs. 4 Nr. 4 ZPO. Sie sind nur dann als sichere Übermittlungswege anzusehen, wenn die Authentizität und Integrität der Daten gewährleistet sind (vgl. BAG NJW 2020, 2351 Rn. 18).
Die Berufungsschrift weist keine einfache Signatur auf. An deren Ende ist das Wort „Rechtsanwalt“ aufgeführt, jedoch nicht der Name des Prozessbevollmächtigten des Klägers.
Es kann auch nicht aufgrund sonstiger Umstände von einer ordnungsgemäßen Berufungseinlegung ausgegangen werden.
Die einfache Signatur soll – ebenso wie die eigenhändige Unterschrift oder die qualifizierte elektronische Signatur – die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (vgl. BT-Drs. 17/12634, 25; vgl. zur eigenhändigen Unterschrift BAGE 151, 66 = NJW 2015, 3533 Rn. 22). Das Fehlen einer einfachen Signatur kann – ebenso wie einer Unterschrift – ausnahmsweise unschädlich sein, wenn – ohne Beweisaufnahme – aufgrund anderer Umstände zweifelsfrei feststeht, dass der Prozessbevollmächtigte die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernommen hat (vgl. zur Unterschrift BAGE 151, 66 = NJW 2015, 3533 Rn. 22; MünchKommZPO/Fritsche, § 129 Rn. 22).
Solche besonderen Begleitumstände sind hier nicht gegeben. Eine der einfachen Signatur vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft des Prozessbevollmächtigten des Klägers und dessen Willen, die Berufungsschrift in den Rechtsverkehr zu bringen, bieten weder die Verwendung des Briefbogens seiner Kanzlei noch die maschinenschriftliche Wiedergabe seines Namens oben auf der ersten Seite des Schriftsatzes oder die Verwendung der ersten Person Singular (“Ich-Form“) innerhalb der Begründungsschrift (vgl. zur fehlenden eigenhändigen Unterschrift BAG NJW 2020, 3476 Rn. 19; BAGE 151, 66 = NJW 2015, 3533 Rn. 23; OLG Braunschweig NJW 2019, 2176 Rn. 26). Die Nennung des Nachnamens bzw. des Namenskürzels im Kopf des Schriftsatzes zeigt lediglich den zuständigen Sachbearbeiter in der Kanzlei auf, trifft jedoch keine Aussage darüber, ob dieser für den sodann folgenden Inhalt der Berufungsschrift auch die Verantwortung übernehmen will. Weiterhin lässt sich ohne einfache Signatur nicht feststellen, ob die als Absender ausgewiesene Person identisch mit der den Inhalt des Schriftsatzes verantwortenden Person ist (zum Erfordernis der Übereinstimmung von signierender und versendender Person BAG NJW 2020, 2351 Rn. 14 ff.; OLG Braunschweig NJW 2019, 2176 aaO).“
Hierauf hat der Kläger nicht mehr erwidert, so dass sich weitere Ausführungen erübrigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die vorliegende Entscheidung ist nach § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO vollstreckbar. Eines Ausspruchs gemäß § 708 Nr. 10 ZPO bedarf es insoweit nicht.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.