| Gericht | OLG Brandenburg 2. Strafsenat | Entscheidungsdatum | 03.02.2022 | |
|---|---|---|---|---|
| Aktenzeichen | 2 AR 46/21, 2 AR 46/21 (S) | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2022:0203.2AR46.21.00 | |
| Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
| Normen | ||||
Gegen den Verfolgten wird unter Aufrechterhaltung der Entscheidungen des Senats über die Außervollzugsetzung vom 4. und 7. Januar 2022 die Auslieferungshaft angeordnet.
I.
Der Verfolgte wurde am 19. Dezember 2021 auf dem Flughafen Berlin-Brandenburg bei der Ausreisekontrolle aufgrund einer internationalen Fahndungsausschreibung festgenommen.
Die georgischen Behörden begehren unter Bezugnahme auf einen Haftbefehl eines Strafgerichts in Tibilissi vom 13. Dezember 2015 (Az.: 10a 5363) die Auslieferung des Verfolgten zur Strafverfolgung wegen Freiheitsberaubung und Folter gemäß Art. 143 § 2 c, § 4 a, Art. 144 § 2 b, § 3 a des georgischen Strafgesetzbuchs.
Ihm wird zur Last gelegt, am 28. Juli 2012 in seiner Eigenschaft als stellvertretender Generalstabschef der georgischen Streitkräfte zusammen mit anderen Militärangehörigen den Terrorismusverdächtigen E… K… in einem Gebäude der Militärpolizei in Georgien – u.a. mit Baseballschlägern und Pfefferspray – geschlagen und gefoltert zu haben, um ein Geständnis zu erzwingen. Das Tatopfer soll aufgrund der ihm hierbei beigebrachten Verletzungen das Bewusstsein verloren haben, von den Tätern in einem der Räume des Gebäudes bis zum 6. August 2012 in hilflosem Zustand zurückgelassen und erst nach dem Ersuchen von Angehörigen der Militärpolizei in ein Krankenhaus gebracht worden sein.
Der Verfolgte hat sich bei seiner richterlichen Vernehmung vor dem Amtsgericht Königs Wusterhausen am 20. Dezember 2021 weder mit der vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt, noch auf die Einhaltung des Grundsatzes der Spezialität verzichtet. Der Senat hat am 27. Dezember 2021 gegen den Verfolgten die vorläufige Auslieferungshaft angeordnet und durch Beschluss vom 4. Januar 2022 deren Vollzug gegen eine Kautions- und Meldeauflage ausgesetzt. Auf ergänzenden Senatsbeschluss vom 7. Januar 2022 hat der Verfolgte seine Ausweisdokumente in amtliche Verwahrung gegeben.
Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg beantragt, gegen den Verfolgten unter Aufrechterhaltung der Außervollzugsetzung die Auslieferungshaft anzuordnen.
II.
Der Senat entscheidet antragsgemäß, weil die Voraussetzungen für die Anordnung der förmlichen Auslieferungshaft vorliegen.
Die Auslieferung des Verfolgten zur Strafverfolgung nach Georgien richtet sich nach dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 (EuAlÜbk) i. V. m. dem Zweiten Zusatzprotokoll vom 17. März 1978, nachrangig nach den Bestimmungen des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG).
Mit dem an das Bundesamt für Justiz übermittelten Auslieferungsersuchen vom 5. Januar 2022 hat die Generalstaatsanwaltschaft Georgiens um die Auslieferung des Verfolgten ersucht. Dem Auslieferungsersuchen sind die nach Art. 12 Abs. 2 EuAlÜbK erforderlichen Unterlagen beigefügt.
Die Auslieferung des Verfolgten erscheint nicht von vornherein unzulässig (§ 15 Abs. 2 IRG).
Die Auslieferungsfähigkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 EuAlÜbk scheint gegeben. Die dem Verfolgten zur Last gelegte Tat ist auch nach deutschem Recht (u.a. als gefährliche Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 StGB) strafbarund im Höchstmaß jeweils mit Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht. Auch handelt es sich entsprechend der Sachverhaltsdarstellung – jedenfalls nach derzeitigem Kenntnisstand – um eine allgemein kriminelle Handlung nicht politischer, militärischer oder fiskalischer Art (Art. 3 ff EuAlÜbk).
Gegen den Verfolgten besteht aus den im Beschluss des Senats vom 27. Dezember 2021 dargelegten, unverändert fortgeltenden Gründen der Haftgrund der Fluchtgefahr (§§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 16 Abs. 1 IRG). Jedoch bietet mit Rücksicht auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die am 4. Januar 2022 beschlossene Außervollzugsetzung des Haftbefehls unter einer Kautions- und Meldeauflage als weniger einschneidende Maßnahme gemäß § 25 IRG auch weiterhin ausreichende Gewähr, die Durchführung des Auslieferungsverfahrens sicherzustellen, zumal der Verfolgte zwischenzeitlich seinen Reisepass in amtliche Verwahrung (bei der Generalstaatsanwaltschaft) gegeben hat.
Hinzu kommt, dass im Hinblick auf die besonderen Umstände des Falles Anlass für eine Tatverdachtsprüfung besteht (§ 10 Abs. 2 IRG) und die Frage einer möglichen politischen Verfolgung im Sinne von § 6 IRG, Art. 3 EuAuslÜbk sowie der Gesichtspunkt der Haftbedingungen in Georgien noch näherer Prüfung bedürfen. Da diese einige Zeit in Anspruch nehmen wird, entspricht die Vollzugsaussetzung des Auslieferungshaftbefehls dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Mit Blick auf den Haftgrund der Fluchtgefahr sind die mit den Beschlüssen des Senats vom 04. und 07. Januar 2022 erteilten Auflagen bzw. Weisungen aufrechterhalten worden, § 25 Abs. 2 IRG i.V.m. § 116 Abs. 1 Satz 2 StPO.