Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat | Entscheidungsdatum | 03.03.2022 | |
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Aktenzeichen | 2 A 21.19 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2022:0303.2A21.19.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 47 VwGO, § 172 BauGB, § 30 BauGBAG BE, § 1 RVVerkG BE, Art 14 GG, § 214 BauGB, § 215 BauGB, § 246 BauGB, § 1a RVVerkG BE |
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Antragsgegner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Antragstellerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine Erhaltungsverordnung.
Sie ist Eigentümerin des bebauten Grundstücks B... in B.... Dieses Grundstück liegt im Geltungsbereich der „Erhaltungsverordnung gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 des Baugesetzbuchs (BauGB) für das Gebiet Grazer Platz im Bezirk Tempelhof-Schöneberg von Berlin, Ortsteil Schöneberg“, vom 2. Oktober 2018 (im Folgenden: Erhaltungsverordnung).
Die Erhaltungsverordnung bestimmt, dass in ihrem Geltungsbereich der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung der Genehmigung bedürfen. Die Genehmigung dürfe nur versagt werden, wenn die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung aus besonderen städtebaulichen Gründen erhalten werden soll. Die Genehmigung sei zu erteilen, wenn auch unter Berücksichtigung des Allgemeinwohls die Erhaltung der baulichen Anlage wirtschaftlich nicht mehr zumutbar sei. Sie sei ferner zu erteilen, wenn die Änderung einer baulichen Anlage der Herstellung eines zeitgemäßen Ausstattungszustandes einer durchschnittlichen Wohnung unter Berücksichtigung der bauordnungsrechtlichen Mindestanforderung oder der Anpassung an die baulichen und anlagentechnischen Mindestanforderungen der Energieeinsparverordnung diene. Der Geltungsbereich der Erhaltungsverordnung wird in einer ihr anliegenden Karte dargestellt. § 6 Abs. 1 der Erhaltungsverordnung lautet auszugsweise: „Wer die Rechtswirksamkeit dieser Verordnung überprüfen lassen will, muss … eine beachtliche Verletzung der Verfahrens- und Formvorschriften, die in § 214 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Baugesetzbuchs bezeichnet sind, … nach § 214 Absatz 3 Satz 2 des Baugesetzbuchs beachtliche Mängel des Abwägungsvorganges, … eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, die im Gesetz zur Ausführung des Baugesetzbuchs (AGBauGB) enthalten sind, innerhalb eines Jahres seit der Verkündung dieser Verordnung gegenüber dem Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg von Berlin schriftlich geltend machen (Rüge). Der Sachverhalt, der die Verletzung begründen soll, ist darzulegen. Die fristgerechte Rüge eines beachtlichen Rechtsverstoßes verhindert, dass der gerügte Verstoß mit Ablauf der Rügefrist für die Rechtswirksamkeit dieser Verordnung unbeachtlich wird. Die fristgerechte Rüge wirkt nicht nur zu Gunsten des Rügenden, sondern zu Gunsten von jedermann, der sich auf den gerügten Verstoß beruft. Nach Ablauf der in Satz 1 genannten Frist werden die in den Nummern 1 bis 4 genannten Mängel gemäß § 215 Absatz 1 des Baugesetzbuchs und gemäß § 32 Absatz 2 des Gesetzes zur Ausführung des Baugesetzbuchs unbeachtlich.“
Außer baulichen Änderungen ist in dem Erhaltungsgebiet auch die Begründung von Wohnungseigentum genehmigungsbedürftig. Gleiches gilt für die Begründung von Teileigentum an Gebäuden, die ganz oder teilweise Wohnzwecken zu dienen bestimmt sind (vgl. zunächst Umwandlungsverordnung vom 3. März 2015, GVBl. S. 43, und sodann Umwandlungsverordnung vom 4. Februar 2020, GVBl. S. 37).
Dem Erlass der Erhaltungsverordnung ging folgendes Verfahren voraus:
Aufgrund von „Voruntersuchungen zur Ermittlung von Verdachtsgebieten, die die Kriterien von sozialen Erhaltungsverordnungen erfüllen“ für ausgewählte Planungsräume in den innerstädtischen Ortsteilen Schöneberg, Friedenau und Tempelhof, stufte der Bezirk Tempelhof-Schöneberg von Berlin fünf Gebiete als Verdachtsgebiete ein, zu denen u.a. das Erhaltungsgebiet gehörte.
Nachdem der Bezirk die L... (im Folgenden: L...) mit der Erarbeitung von Untersuchungen zur Prüfung der Voraussetzungen für den Erlass einer Erhaltungsverordnung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB u. a. für das Verdachtsgebiet „Grazer Platz“ beauftragt hatte, beschloss das Bezirksamt am 23. Mai 2017, für das Gebiet „Grazer Platz“, das in einer anliegenden Karte mit einer durchgezogenen Linie eingegrenzt worden ist, eine Erhaltungsverordnung auf der Grundlage von § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB aufzustellen. Der Beschluss wurde im Amtsblatt für Berlin vom 2. Juni 2017 bekannt gemacht.
Unter dem 9. März 2018 legte die L... den Endbericht zur „Voruntersuchung zur Prüfung der Notwendigkeit einer Verordnung zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung („Milieuschutzverordnung“) gemäß § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 BauGB für das Quartier Grazer Platz“ vor. Die L... analysierte sekundärstatistisches Datenmaterial, nahm eine gebäudescharfe Ortsbildanalyse vor und führte eine Haushaltsbefragung durch, um ergänzende Informationen zur Ausstattung der Wohnungen, der Miethöhe und Einkommensverhältnisse sowie der Gebietsbindung der Bevölkerung zu ermitteln. Die Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass für das Gebiet ein bauliches Aufwertungspotential im Hinblick auf teilräumlich stark ausgeprägte Sanierungspotentiale, die Ausstattung der Gebäude und Wohnungen mit zusätzlichen Ausstattungsmerkmalen und zur energetischen Modernisierung der Gebäudesubstanz, die über die Mindestanforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) hinausgehen können, festgestellt werden könne. Es sei auch ein ansteigender wohnungswirtschaftlicher Aufwertungsdruck im Hinblick auf eine hohe Umwandlungs- und Verkaufsquote, stark ansteigende Angebots- und Bestandsmieten und durchgeführte Modernisierungen am Wohnungsbestand nachgewiesen. Schließlich sei auch ein soziales Verdrängungspotential für bestimmte Haushalts- und Einkommensgruppen gegeben, die im Zuge wohnwerterhöhender Veränderungen der Gebäudesubstanz stark verdrängungsgefährdet seien. So seien aufgrund einer hohen Warmmietbelastung 18 % der Haushalte sehr stark und weitere 24 % stark verdrängungsgefährdet, d.h. 42 % der Haushalte wiesen eine Verdrängungsgefahr auf. Aus einer Veränderung der Zusammensetzung der Bevölkerung resultierten negative städtebauliche Folgewirkungen wie der Verlust preiswerten Mietwohnraums, der Segregationsprozesse befördere, eine nicht bedarfsgerechte Auslastung der Gebietsinfrastruktur (z. B. Überauslastung bei Kitas), Folgeinvestitionen zum Aufbau öffentlicher Infrastruktur in anderen Stadtteilen, der Verlust nachbarschaftlicher und sozialer Stabilität sowie eine Verschärfung von Verkehrs- und Stellplatzproblemen. Die L... empfahl den Erlass einer Milieuschutzverordnung. Wegen der Einzelheiten dieser Untersuchung wird auf Bl. 192 bis 284 des Verwaltungsvorganges verwiesen.
In der Sitzung am 20. März 2018 beschloss das Bezirksamt die Begründung für die Erhaltungsverordnung für das Gebiet „Grazer Platz“ auf der Grundlage der vorgenannten Untersuchung der L... und beschloss zugleich, den Entwurf der Erhaltungsverordnung der Bezirksverordnetenversammlung zur Entscheidung vorzulegen. Das Bezirksamt zeigte zudem den geplanten Erlass der Erhaltungsverordnung im Mai 2018 der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen an. Nachdem die Bezirksverordnetenversammlung die Erhaltungsverordnung für das Gebiet „Grazer Platz“ am 19. September 2018 beschlossen hatte, beschloss das Bezirksamt die Erhaltungsverordnung am 2. Oktober 2018. Nach Ausfertigung am 2. Oktober 2018 wurde die Erhaltungsverordnung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin vom 11. Oktober 2018 mit vollem Wortlaut unter Abdruck einer anliegenden Karte bekannt gemacht.
Mit Schriftsatz vom 11. September 2019 machte die Antragstellerin gegenüber dem Bezirksamt geltend, die Erhaltungsverordnung sei wegen beachtlicher Verstöße gegen höherrangiges Recht unwirksam. Sie rügte als formellen Fehler, dass die Erhaltungsverordnung nicht ordnungsgemäß begründet worden sei. Darüber hinaus machte sie geltend, die Erhaltungsverordnung sei materiell fehlerhaft. Es lägen Abwägungsfehler vor. Es gebe keine hinreichenden Anhaltspunkte für das Bestehen einer abstrakten Verdrängungsgefahr. Die Ausführungen des Antragsgegners zu Aufwertungspotential, Aufwertungsdruck und Verdrängungspotential seien wenig aussagekräftig. Zudem seien keine negativen städtebaulichen Folgen zu befürchten. Darüber hinaus sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt worden.
Mit der am 16. September 2019 erhobenen Normenkontrolle macht die Antragstellerin geltend, die Erhaltungsverordnung sei unwirksam. Zur Begründung wiederholt sie zunächst die Rügen aus vorgenanntem Schriftsatz vom 11. September 2019.
Mit Schriftsatz vom 8. Juni 2020 legte die Antragstellerin sodann die Studie „Aussagekräftige Kriterien zum Erlass sozialer Erhaltungsverordnungen" der e..., B..., aus dem Juni 2020 vor, die diese im Auftrag des V...erstellt hat. Die e...hat 51 Gutachten ausgewertet, neun aus Hamburg und 42 Gutachten aus Berlin. Zu den ausgewerteten Gutachten gehört auch die „Voruntersuchung zur Prüfung der Notwendigkeit einer Verordnung zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung („Milieuschutzverordnung") gemäß § 172 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB für das Quartier Grazer Platz“ der L... aus dem März 2018. Die Antragstellerin meint, die Studie der e... komme zu dem Schluss, dass die ausgewerteten Gutachten an schwerwiegenden Mängeln litten und den Anforderungen an eine statistisch fundierte Erhebung nicht genügten. Bezogen auf das Gutachten der L... macht die Antragstellerin insbesondere geltend, dass dessen Ergebnisse nicht hinreichend valide seien. So würden die berechneten Indikatoren nicht hinreichend eingeordnet, es fehle insbesondere an der Heranziehung tauglicher Vergleichszahlen. Zudem bleibe offen, in welchem Zeitrahmen mit Veränderungen zu rechnen sein soll. Auch die Vielzahl der im Gutachten verwendeten Indikatoren sei problematisch. Darüber hinaus leide das Gutachten der L... daran, dass die auf der vierten Stufe zu prüfenden „negativen städtebaulichen Folgen" nicht einmal ansatzweise plausibilisiert oder substantiiert würden.
Mit Schriftsatz vom 20. Juli 2021 machte die Antragstellerin, die meint, der Hinweis in § 6 der Erhaltungsverordnung auf die Rügefrist (§ 215 BauGB) sei fehlerhaft erfolgt, geltend, die Erhaltungsverordnung sei nicht wirksam verkündet worden. Maßgeblich seien die Bestimmungen des Gesetzes über die Verkündung von Gesetzen und Rechtsverordnungen (RVVerkG BE). Der Antragsgegner habe hier von der Möglichkeit einer Ersatzverkündung keinen Gebrauch gemacht. Daher sei die Verordnung vollständig im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin zu verkünden gewesen. Der Abdruck der Karte im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin vom 11. Oktober 2018 genüge aber nicht den Anforderungen an eine wirksame Verkündung nach § 1 Abs. 1 RVVerkG BE. Damit sich die Betroffenen hier verlässlich Kenntnis vom Inhalt der Norm verschaffen können, müsse die Karte parzellenscharf sein und zweifelsfrei erkennen lassen, welche Flächen dem Genehmigungsvorbehalt des § 172 Abs. 1 Satz 1 BauGB unterliegen. Es seien insoweit keine geringeren Anforderungen zu stellen als bei einem Bebauungsplan. Insbesondere müsse eine veröffentlichte Karte einen Maßstab aufweisen, der zweifelsfrei die Lage und Abgrenzung des Geltungsbereichs der Satzung erkennen lasse. Die erforderliche Klarheit sei allenfalls noch bei einer Darstellung im Maßstab 1 : 2500 gewahrt. Hier werde schon kein Maßstab angegeben. Die Darstellung erfolge in Relation zur Größe des Geltungsbereichs in einem äußerst kleinen Maßstab. Die Straßennamen seien größtenteils nur noch mit Mühe lesbar. Angaben zu den Flurstücksnummern enthalte die Karte nicht; die Hausnummern seien mit bloßem Auge nicht mehr zu erkennen. Dies sei besonders problematisch, weil die Grenze des Erhaltungsgebiets überwiegend nicht mit den Grundstücksgrenzen übereinstimme. Aus ähnlichen Erwägungen heraus verstoße die Erhaltungsverordnung auch gegen das Bestimmtheitsgebot. Zudem sei die Erhaltungsverordnung insgesamt unwirksam, weil § 2 der Erhaltungsverordnung bei der Wiedergabe der Genehmigungstatbestände von § 172 Abs. 4 Satz 2 BauGB (einschränkend) abweiche. Darüber hinaus lägen gravierende Abwägungsmängel vor. Es sei von einem Abwägungsausfall auszugehen, da die privaten (Eigentümer-)Belange nicht erwähnt würden. Auch von einer „Abwägung" oder Ähnlichem sei nirgendwo die Rede. Ein schwerer Abwägungsfehler liege zudem darin, dass der Antragsgegner bei Erlass der Erhaltungsverordnung davon ausgegangen sei, dass eine Abwägung der privaten (Eigentümer-)Belange im konkreten Einzelfall „auf der 2. Stufe“ nicht stattfinden werde. Denn bereits mit seinen „Prüfkriterien für die Umsetzung der sozialen Erhaltungsverordnungen in den Erhaltungsgebieten nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB im Bezirk Tempelhof-Schöneberg" vom 26. August 2014 (ABI. S. 1754) habe er unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass er bei seiner erhaltungsrechtlichen Genehmigungspraxis nicht die rechtsstaatlich gebotene Abwägung im Einzelfall vornehmen, sondern stattdessen ein behördenintern festgelegtes Konditionalprogramm abarbeiten werde. Diese Prüfkriterien enthielten detaillierte und vor allem starre Entscheidungsparameter.
Die Antragstellerin beantragt,
die Erhaltungsverordnung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB für das Gebiet „Grazer Platz“ vom 2. Oktober 2018, bekannt gemacht im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin vom 11. Oktober 2018, für unwirksam zu erklären.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er ist der Ansicht, die Erhaltungsverordnung sei formell rechtmäßig und inhaltlich von § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB gedeckt. Auch der Gebietszuschnitt sei ermessensfehlerfrei erfolgt. Der Antragsgegner verweist zur Vertiefung auf die Begründung für den Erlass dieser Erhaltungsverordnung und die dem zu Grunde liegende Untersuchung der L... vom 9. März 2018. Diese Untersuchung, deren Ergebnisse und Bewertungen sich das Bezirksamt beim Erlass der angefochtenen Erhaltungsverordnung zu eigen gemacht habe, sei geeignet, die Voraussetzungen für den Erlass der Erhaltungsverordnung darzulegen. Die dagegen gerichteten Einwendungen der Antragstellerin griffen nicht durch. Das ergebe sich auch aus der ergänzenden Stellungnahme der L... vom 5. August 2020.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere des Vorbringens der Beteiligten, wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners Bezug genommen. Die vorgenannten Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Der Normenkontrollantrag hat keinen Erfolg. Er ist zwar zulässig, aber nicht begründet.
1. Der Normenkontrollantrag ist zulässig. Die Antragstellerin hat den nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 246 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 30 Abs. 1 AGBauGB statthaften Normenkontrollantrag fristgemäß (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Erhaltungsverordnung für das Gebiet „Grazer Platz“ erhoben. Die Bekanntmachung der Erhaltungsverordnung erfolgte im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin vom 11. Oktober 2018. Der Normenkontrollantrag ist am 16. September 2019 beim Oberverwaltungsgericht eingegangen.
Als Eigentümerin eines bebauten Grundstücks im Geltungsbereich der Erhaltungsverordnung kann die rechtsschutzbedürftige Antragstellerin geltend machen, durch die Rechtsvorschrift oder ihre Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Sie muss nämlich bei etwaigen Änderungen ihres Gebäudes damit rechnen, dass die nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB erforderliche Genehmigung versagt wird (vgl. Urteil des Senats vom 26. März 2021 - OVG 2 A 13.19 -, juris Rdn. 30 m.w.N.).
2. Der Normenkontrollantrag ist jedoch unbegründet.
a. Rechtsgrundlage der angegriffenen Erhaltungsverordnung ist § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB. Danach kann die Gemeinde in einem Bebauungsplan oder durch eine sonstige Satzung Gebiete bezeichnen, in denen zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen der Genehmigung bedürfen.
b. Die Erhaltungsverordnung leidet nicht unter einem formellen Mangel.
aa. Das zuständige Bezirksamt hat sich der vorgesehenen Rechtsform einer Rechtsverordnung bedient (vgl. § 172 Abs. 1, § 246 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 1 AGBauGB).
bb. Da der Antragsgegner entschieden hat, seine Intention zur Erhaltung des Gebietes durch eine Rechtsverordnung und nicht durch einen Bebauungsplan zu verfolgen, musste er hier weder das Bauleitplanverfahren noch ein diesem nachgebildetes besonderes Verfahren anwenden. Rechtliche Bedenken hiergegen bestehen nicht. Denn mit der Gebietsfestlegung wird keine dem Erlass eines Bebauungsplans vergleichbare Entscheidung getroffen, so dass keine Beteiligungen zur Sicherung einer sachgerechten umfassenden Abwägung geboten sind, zumal aufgrund des zweistufigen Ablaufprogramms - Festlegung des zu schützenden Gebietes durch Satzung bzw. Rechtsverordnung und anschließend Durchlaufen konkreter Genehmigungsverfahren - die Betroffenheit der Eigentümer sich jedenfalls substantiell erst in späteren Einzelverfahren erweist (vgl. zum Vorstehenden: OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. März 2021 - OVG 2 A 13.19 -, juris Rdn. 35 m.w.N.).
cc. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist die Erhaltungsverordnung ordnungsgemäß verkündet worden.
aaa. Die Verkündung von Erhaltungsverordnungen mit all ihren Bestandteilen richtet sich ausschließlich nach den allgemein in Berlin für die Verkündung von Rechtsverordnungen geltenden Vorschriften. § 16 Abs. 2 BauGB findet gemäß § 30 Abs. 2 Satz 2 AGBauGB keine Anwendung.
Nach § 1 Abs. 1 RVVerkG BE werden Rechtsverordnungen im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin verkündet. Nach § 1 a Satz 1 RVVerkG BE in der im Oktober 2018 geltenden Fassung (vgl. GVBl. 1953, 106 i.d.F. der Änderung durch Artikel V des Gesetzes zur Änderung von Zuständigkeiten vom 9. November 1995 - GVBl. S. 764 -) kann, wenn Rechtsverordnungen Pläne, Karten oder Zeichnungen enthalten, deren Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin dadurch ersetzt werden, dass sie beim Landesarchiv zur kostenfreien Ansicht niedergelegt werden und hierauf in den Rechtsverordnungen hingewiesen wird. Von der durch § 1 a Satz 1 RVVerkG BE eingeräumten Möglichkeit hat der Antragsgegner hier keinen Gebrauch gemacht.
Die von dem Antragsgegner vorgenommene Verkündung im Wege der Veröffentlichung des Verordnungstextes mit einer den Geltungsbereich kennzeichnenden Karte, die Bestandteil der Verordnung ist, im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin vom 11. Oktober 2018 ist nicht zu beanstanden. Eine Verkündung nach § 1 Abs. 1 RVVerk BE ist ordnungsgemäß, wenn die Rechtsverordnung vollständig, d.h. mit all ihren Bestandteilen (z. B. Verordnungstext und Karte) verkündet wird. Ist eine Karte Bestandteil der Verordnung, ist diese grundsätzlich im Originalformat zu verkünden.
Hier hat der Antragsgegner im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin vom 11. Oktober 2018 zwar den Verordnungstext vollständig verkündet, die anliegende Karte, die Bestandteil der Erhaltungsverordnung ist, entspricht von ihren Abmessungen her indes nicht exakt der Karte, die zur ausgefertigten Fassung der Erhaltungsverordnung gehört. Das ist hier ausnahmsweise unschädlich. Denn die zur Erhaltungsverordnung gehörende Karte wurde im DIN-A4- Format beschlossen und ausgefertigt. Die im Gesetz- und Verordnungsblatt verkündete Karte orientiert sich ebenfalls am DIN-A4-Format und wurde hinsichtlich ihrer Abmessungen lediglich aus drucktechnischen Gründen minimal angepasst. In der vom Antragsgegner eingereichten beglaubigten Ablichtung der Erhaltungsverordnung ist die Karte 26 cm hoch und jedenfalls 18 cm breit, während die im Gesetz- und Verordnungsblatt vom 11. Oktober 2018 - gebundene Ausgabe - veröffentlichte Karte 25 cm hoch und 17,4 cm breit ist. Der Verkündungszweck wird dadurch nicht beeinträchtigt. Denn die Erhaltungsverordnung wurde der Öffentlichkeit in einer Weise förmlich zugänglich gemacht, die es den Betroffenen erlaubte, sich verlässlich Kenntnis von ihrem Inhalt, insbesondere hinsichtlich des Geltungsbereichs der Verordnung, zu verschaffen (vgl. zu diesem Erfordernis: BVerfG, Beschluss vom 22. November 1983 - 2 BvL 25/81 -, juris Rdn. 36). Vor diesem Hintergrund kann der Senat offenlassen, ob er der Argumentation des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg im vom Antragsgegner in Bezug genommenen Urteil vom 25. Mai 2021 (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 25. Mai 2021 - 4 KN 407/17 -, juris Rdn. 34 ff.) folgt.
bbb. Die Antragstellerin macht geltend, die Verkündung sei mangelhaft, da die veröffentlichte Erhaltungsverordnung, insbesondere die Karte, die Lage und die Abgrenzung des Geltungsbereichs der Erhaltungsverordnung nicht zweifelsfrei erkennen lasse. Das trifft nicht zu, denn der Geltungsbereich der Erhaltungsverordnung ist bestimmbar.
Eine verbale Umschreibung ihres Geltungsbereichs enthält die Erhaltungsverordnung nicht. Vielmehr sieht sie vor, dass sie für das in der ihr anliegenden, einen Bestandteil der Verordnung bildenden Karte mit einer blauen Linie eingegrenzte Gebiet gelten soll, wobei die Innenkante dieser Linie die Gebietsgrenze bildet (vgl. § 1 Erhaltungsverordnung). Die im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin vom 11. Oktober 2018 abgedruckte Karte enthält keine Flurstücksnummern, aber - hinreichend lesbar - Straßennamen und Hausnummern. Die Karte enthält darüber hinaus ein mit einem blauen, etwa 1 mm breiten Strich abgegrenztes Gebiet, wobei die Abgrenzung vom Ansatz her parzellenscharf erfolgt. Dieser Strich überdeckt zum Teil die darunter liegenden Karteneintragungen. Entlang der Thorwaldsenstraße verläuft die blaue Linie so, dass die angegebenen Hausnummern teilweise überdeckt und die Gebäude „zerschnitten“ werden. Das steht der Bestimmbarkeit des Geltungsbereichs der Verordnung indes nicht entgegen. Denn die Erhaltungsverordnung ist so auszulegen, dass die dortigen Grundstücke vollständig im Geltungsbereich liegen. Diese Form der Darstellung dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass sich neben der in der Karte enthaltenen blauen Linie eine magentafarbene Linie befindet, die die Bezirksgrenze markiert und beide Linien dargestellt werden sollten, ohne sich zu überdecken. Jedenfalls finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass einige Grundstücke nur teilweise ins Erhaltungsgebiet einbezogen werden sollen, zumal im Endbericht der L... insbesondere auch entlang der Thorwaldsenstraße die kompletten Wohnblöcke betrachtet werden (vgl. Abb. 2 S. 11, Abb. 4 S. 13, wohl auch Abb. 76 S. 77).
ccc. Ohne Erfolg rügt die Antragstellerin, dass die Karte keine Maßstabsangabe enthält. Wenngleich bei der Verwendung einer Karte die Angabe eines Maßstabes zweckmäßig ist, reicht allein der Umstand, dass kein Maßstab angegeben wird, nicht aus anzunehmen, dass Lage und Abgrenzung des Geltungsbereichs der Erhaltungsverordnung nicht erkennbar seien, wenn sich der Umgriff des Erhaltungsgebiets - wie hier - aus anderen Anhaltspunkten eindeutig entnehmen lässt.
dd. Mit den Einwänden, es fehle an einer ausreichenden Begründung der Erhaltungsverordnung (vgl. Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG) und eine solche sei auch nicht veröffentlicht worden, dringt die Antragstellerin nicht durch. Einer Begründung, wie sie für einen Bebauungsplan vorgeschrieben ist (vgl. § 9 Abs. 8, § 2 a BauGB), bedarf eine Erhaltungsverordnung grundsätzlich nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Juli 1987 - 4 C 26.85 -, juris Rdn. 10). In ihr ist, wie vorliegend geschehen, lediglich auszuführen, welche Gründe bzw. Erhaltungsziele auf das festgelegte Gebiet zutreffen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. Juli 2020 - OVG 2 A 6.18 -, juris Rdn. 42).
c. Die Erhaltungsverordnung ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden.
aa. Mit dem Einwand, ein materieller Mangel ergebe sich daraus, dass das Erhaltungsgebiet in der Erhaltungssatzung nicht eindeutig bestimmt worden sei, dringt die Antragstellerin nicht durch. Wie bereits ausgeführt, ist der Geltungsbereich hinreichend bestimmbar.
bb. Ohne Erfolg rügt die Antragstellerin, die getroffene Festlegung des Erhaltungsgebiets „Grazer Platz" sei fehlerhaft, weil die Aufzählung der Genehmigungstatbestände aus § 172 Abs. 4 Satz 2 und 3 BauGB in der Erhaltungsverordnung nicht vollständig sei.
Zwar trifft es zu, dass in § 2 der Erhaltungsverordnung nicht alle Genehmigungstatbestände aus § 172 Abs. 4 Satz 2 und 3 BauGB wiedergegeben werden. Es fehlen aus § 172 Abs. 4 Satz 2 BauGB der Passus „oder ein Absehen von der Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum“ und die Genehmigungstatbestände aus § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 - 6 BauGB. Das macht die Erhaltungsverordnung aber nicht materiell fehlerhaft. Denn die Genehmigungstatbestände sind - wie auch die Versagungsgründe - in § 172 BauGB abschließend bestimmt und dürfen durch den Verordnungsgeber in der Verordnung weder eingeschränkt noch erweitert werden. Sie ergeben sich unmittelbar aus § 172 BauGB.
Der Einwand der Antragstellerin, wenn Genehmigungstatbestände in der Verordnung wiedergegeben werden, müsse die Wiedergabe vollständig und richtig erfolgen, insoweit ließen sich die zu Rechtsbehelfsbelehrungen entwickelten Grund-sätze übertragen, greift nicht durch. Anders als hinsichtlich der Wiedergabe der kraft Gesetzes geltenden Genehmigungstatbestände besteht nämlich die Pflicht, einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, eine Rechtsbehelfsbelehrung (vgl. § 37 Abs. 6 VwVfG) und einem Urteil eine Rechtsmittelbelehrung (vgl. § 117 Abs. 2 Nr. 6 VwGO) beizufügen. Dieser kommt eine besondere Funktion zu, dient sie doch dazu, den Betroffenen über den statthaften Rechtsbehelf, die Stelle, bei der er einzulegen ist und deren Sitz sowie die einzuhaltende Frist zu belehren und soll dem Bürger damit den Zugang zum Rechtsbehelfsverfahren erleichtern.
Unbeschadet dessen führt das Fehlen der aufgezeigten Genehmigungstatbestände hier nicht zu einem Mangel der Erhaltungsverordnung, weil die fehlenden Tatbestände ausschließlich Fälle betreffen, in denen es um die Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum (§ 1 des Wohnungseigentumsgesetzes) an Gebäuden geht, die ganz oder teilweise Wohnzwecken zu dienen bestimmt sind. Für diese Fälle wird der Genehmigungsvorbehalt indes nicht durch die Erhaltungsverordnung, sondern durch die Umwandlungsverordnung eingeführt (zunächst Umwandlungsverordnung vom 3. März 2015 und sodann Umwandlungsverordnung vom 4. Februar 2020).
cc. Ebenso wenig liegen beachtliche Abwägungsfehler vor.
Bei dem Erlass einer sozialen Erhaltungsverordnung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB handelt es sich um eine städtebauliche Planungsentscheidung, die einer planerischen Abwägung bedarf. Wegen der Besonderheiten des Erhaltungsrechts ist allerdings nur eine eingeschränkte Abwägung vorzunehmen, die sich hauptsächlich auf die Frage bezieht, ob eine Erhaltungssatzung bzw. -verordnung mit einem bestimmten Erhaltungsziel aufzustellen ist, d.h. ob das öffentliche Interesse an der Erhaltung baulicher Anlagen oder der Eigenart von Gebieten unter Berücksichtigung der Gefahrenprognose und anderer städtebaulicher Belange hinreichend gewichtig ist, und wie das Gebiet abzugrenzen ist. Denn die Erhaltungssatzung bzw. -verordnung unterscheidet sich von der Bauleitplanung mit ihrem weiten Planungsermessen durch relativ eng gefasste materielle Anwendungsvoraussetzungen. Ein wesentlicher Teil des Entscheidungsprogramms besteht bei ihr in der Ermittlung der Tatsachen und Umstände, die vorliegen müssen, um die Festlegung von Erhaltungszielen in dem geplanten Erhaltungsgebiet zu rechtfertigen. Diese vorbereitenden Feststellungen ähneln eher einem Subsumtionsvorgang als einer Abwägung. Auch lassen sich die Regelungsgehalte der beiden Satzungs- bzw. Verordnungstypen nicht gleichsetzen, denn den regelmäßig komplexen und auf Dauer angelegten Festsetzungen des Bebauungsplans steht bei § 172 Abs. 1 BauGB ein zweistufiges Verfahren gegenüber, auf dessen erster Stufe lediglich ein Genehmigungsvorbehalt mit dem Ziel der präventiven Kontrolle erhaltungsrelevanter Vorhaben eingeführt wird. Einzelentscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben werden in einem gesonderten Genehmigungsverfahren getroffen, das so ausgestaltet ist, dass den Belangen der betroffenen Eigentümer im Einzelfall Rechnung getragen werden kann. Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung geht es danach - außer um das Vorliegen der Voraussetzungen des § 172 Abs. 1 Satz 1 BauGB - vor allem um die Prüfung der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit der Festlegung (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. März 2021 - OVG 2 A 13.19 -, juris Rdn. 38 m.w.N.).
aaa. Bei der Überprüfung sind allerdings alle erhobenen Einwendungen der Antragstellerin, unabhängig von dem Zeitpunkt, zu dem sie geltend gemacht worden sind, zu prüfen. Zwar bestimmt § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 BauGB, dass eine nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BauGB beachtliche Verletzung der dort bezeichneten Verfahrens- und Formvorschriften sowie nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB beachtliche Mängel des Abwägungsvorgangs unbeachtlich werden, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung der Satzung schriftlich gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sind. § 214 Abs. 1 und Abs. 3 BauGB gelten allgemein für „Satzungen nach diesem Gesetzbuch“ und damit auch für Erhaltungssatzungen bzw. -verordnungen nach § 172 Abs. 1 BauGB (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: August 2021, § 214 Rdn. 32). Gleichwohl sind auch die nach Ablauf der Jahresfrist von der Antragstellerin in den Schriftsätzen vom 8. Juni 2020 und vom 20. Juli 2021 erhobenen Einwendungen beachtlich. Denn § 215 Abs. 2 BauGB fordert für die Unbeachtlichkeit von Fehlern, dass bei Inkraftsetzung der Satzung bzw. Rechtsverordnung auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften sowie auf die Rechtsfolgen hingewiesen worden ist. Fehlt es an einem ordnungsgemäßen Hinweis, werden Fehler nicht unbeachtlich (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: August 2021, § 215 Rdn. 55).
So liegt der Fall hier. Die Formulierung „wer die Rechtswirksamkeit dieser Verordnung überprüfen lassen will, muss eine … Verletzung …, … beachtliche Mängel des Abwägungsvorganges … schriftlich geltend machen“, eröffnet Interpretationsmöglichkeiten, die Personen, die mit den getroffenen Regelungen nicht einverstanden sind, von der Erhebung von Rügen abhalten können. Ein potentieller Rügeführer, der nicht die „Rechtswirksamkeit dieser Verordnung“ als solches zur Überprüfung stellen möchte, der jedoch ein mit der Verordnung nicht vereinbares Bauvorhaben durchführen möchte, könnte von der fristgerechten Rügeerhebung in der Erwartung abgehalten werden, Mängel der Verordnung im Rahmen eines auf ein konkretes Bauvorhaben bezogenen Verfahrens und einer hierbei vorzunehmenden Inzidentkontrolle unabhängig von einer fristgemäßen Rüge noch geltend machen zu können (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. März 2021 - OVG 2 A 13.19 -, juris Rdn. 41). Diese Interpretationsmöglichkeit wird durch den im Hinweis enthaltenen Zusatz „Die fristgerechte Rüge eines beachtlichen Rechtsverstoßes verhindert, dass der gerügte Verstoß mit Ablauf der Rügefrist für die Rechtswirksamkeit dieser Verordnung unbeachtlich wird. Die fristgerechte Rüge wirkt nicht nur zu Gunsten des Rügenden, sondern zu Gunsten von jedermann, der sich auf den gerügten Verstoß beruft.“, nicht ausgeräumt, da darin die Formulierung „ … für die Rechtswirksamkeit dieser Verordnung unbeachtlich …“ verwendet und damit ein Bezug zu Satz 1 des § 6 Abs. 1 der Erhaltungsverordnung hergestellt wird.
bbb. Die von der Antragstellerin erhobenen Einwände greifen aber in der Sache nicht durch.
(1) Der Antragsgegner hat das Vorliegen der Voraussetzungen des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB zu Recht bejaht. Nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 BauGB muss die Verordnung der „Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung“ dienen. Dieses Erhaltungsziel wird durch die in § 172 Abs. 4 BauGB normierten Gründe für die Versagung der Genehmigung konkretisiert. Nach § 172 Abs. 4 Satz 1 BauGB darf die Genehmigung nur versagt werden, wenn die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung aus besonderen städtebaulichen Gründen erhalten werden soll. Danach setzt der Erlass einer sog. Milieuschutzsatzung oder -verordnung voraus, dass die Gemeinde konkret bestimmt, wie sich die Wohnbevölkerung im Erhaltungsgebiet zusammensetzt, die sie vor unerwünschten Veränderungen schützen will. Dabei ist die Abgrenzung des Erhaltungsgebietes so vorzunehmen, dass das Schutzziel in wesentlichen Teilen des Gebietes erreicht werden kann. Es muss zudem die abstrakte Gefahr bestehen, dass ohne den Erlass der Verordnung im Erhaltungsgebiet infolge baulicher Maßnahmen im Sinne von § 172 Abs. 1 Satz 1 BauGB eine unerwünschte Veränderung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung zu erwarten ist. Außerdem ergibt sich aus § 172 Abs. 4 BauGB, dass die Erhaltung der Wohnbevölkerung besonderen städtebaulichen Gründen dienen muss, d.h. die unerwünschte Veränderung in der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung muss negative städtebauliche Folgen befürchten lassen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. März 2021 - OVG 2 A 13.19 -, juris Rdn. 43 m.w.N.).
(a) Der Antragsgegner hat zum Ausdruck gebracht, dass es ihm mit der Erhaltungsverordnung darum geht, die Zusammensetzung der im Erhaltungsgebiet ansässigen Wohnbevölkerung zu erhalten (§ 172 Abs. 1 Nr. 2 BauGB). Er verfolgt hiermit ein legitimes Erhaltungsziel (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. März 2021 - OVG 2 A 13.19 -, juris Rdn. 50 m.w.N.). Soweit in der Beschlussvorlage in der Begründung unter „I. Allgemeines“ als städtebauliche Ziele die Erhaltung des bestehenden Wohnraumangebotes mit den aktuell erreichten durchschnittlichen Ausstattungsstandards und die Erhaltung der Übereinstimmung von sozialer Infrastruktur, Wohnraumangebot und Zusammensetzung der Gebietsbevölkerung angegeben sind, hat der Vertreter des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass diese Formulierung lediglich zur Ausfüllung der städtebaulichen Ziele nach § 172 BauGB (hier: Milieuschutz) dient und es sich insoweit nicht um weitere selbständige städtebauliche Ziele handelt.
(b) Der Antragsgegner hat darüber hinaus hinreichende Feststellungen zur Zusammensetzung der Wohnbevölkerung im Erhaltungsgebiet getroffen.
Schutzwürdig im Sinne von § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB kann ein Gebiet mit grundsätzlich jeder Art von Wohnbevölkerung sein, soweit deren Zusammensetzung aus besonderen städtebaulichen Gründen erhalten werden soll. Denn das Gesetz stellt an die Art der Wohnbevölkerung, deren Zusammensetzung durch eine Erhaltungssatzung bzw. -verordnung gewahrt werden soll, keine besonderen Anforderungen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. März 2021 - OVG 2 A 13.19 -, juris Rdn. 45 m.w.N.).
Der Antragsgegner hat zu der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung in der Begründung der Beschlussvorlage zur Erhaltungsverordnung insbesondere ausgeführt, im Gebiet lebten 11.194 Einwohnerinnen und Einwohner (Stand 31. Dezember 2016). Die Einwohnerzahl sei seit dem Jahr 2012 um 3,7 % angestiegen, was einem absoluten Zuwachs von 403 Einwohnerinnen und Einwohnern entspreche. Im Vergleich zum Bezirk sei die Altersgruppe der 27-bis 44-Jährigen mit 28 % größer (25 % Bezirk) und die Altersgruppe der über 65-Jährigen mit rund 15 % etwas kleiner (21 % Bezirk). Rund 39 % der Bevölkerung hätten einen Migrationshintergrund. Der Anteil liege damit leicht über dem Niveau der Gesamtstadt mit 35 % und über dem bezirklichen Vergleichswert von 31 %. Der Anteil Alleinlebender nehme im zeitlichen Verlauf ab, stattdessen steige der Anteil an Paaren mit und ohne Kinder sowie der Altersgruppe der 27-bis 44-Jährigen an. Die Bevölkerungsstruktur im Untersuchungsgebiet sei gegenwärtig durch eine vielfältige Struktur hinsichtlich der Merkmale Alter, Bildung, Nationalität, Einkommen und Haushaltsform gekennzeichnet. Im Gebiet lebten rund 54 % der Haushalte bereits seit zehn Jahren. Die Haushalte hätten eine überwiegend hohe Gebietsbindung. Rund 34 % der Haushalte im Untersuchungsgebiet verfügten über ein Einkommen unterhalb des mittleren Berliner Haushaltseinkommens, etwa 20,9 % der Personen im Gebiet bezögen Transferleistungen (ALG-II) und 7,6 % Grundsicherung im Alter.
Diese Erkenntnisse des Antragsgegners beruhen auf der Untersuchung der L... (vgl. Endbericht vom 9. März 2018). Durchgreifende Gründe, an der Richtigkeit der Feststellungen und einer hierin liegenden hinreichenden Bestimmung der zu schützenden Wohnbevölkerung zu zweifeln, sind nicht ersichtlich.
Zentrales Erkenntnismittel der Untersuchung der L...waren ...Haushaltsbefragungen, wobei eine schriftliche Befragung mit einem standardisierten Fragebogen durchgeführt worden ist. Die Auswahl der Haushalte, die in die Befragung einbezogen worden sind, erfolgte ausweislich des Endberichts der L...vom 9. März 2018 anhand einer Zufalls-Stichprobe der gemeldeten Personen im Untersuchungsgebiet unter Berücksichtigung verschiedener Kriterien, so dass jeder Haushalt gleiche Chance auf Teilnahme an der Befragung hatte.
Das Vorgehen der L...bei der Zufalls-Stichprobe ist plausibel. Dem steht nicht entgegen, dass im Bericht vom 9. März 2018 nicht näher ausgeführt wird, wie genau die Zufalls-Stichprobe der gemeldeten Personen im Untersuchungsgebiet unter Berücksichtigung verschiedener Kriterien erfolgt ist. Aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung bestehen insbesondere hinsichtlich des Vorgehens bei der Auswahl der Haushalte und den insoweit herangezogenen Kriterien bei der Zufalls-Stichprobe keine Bedenken. Nach den Ausführungen von Herrn S... in der mündlichen Verhandlung hat die L... für die Auswahl der Haushalte zunächst auf die amtliche Statistik zugegriffen, nämlich die Daten des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten. Dabei wurde hinsichtlich der Darstellung jede Person in einer eigenen Zeile mit den maßgebenden persönlichen Daten geführt. Bedeutung erlangte im Folgenden das Kriterium „Familienstand“ einer Person. Es wurden sogenannte „Töpfe“ gebildet, wobei der Familienstand ausschlaggebend war. Jeder Familienstand war ein „Topf“. Die Sortierung der Haushalte in den einzelnen „Töpfen“ erfolgte nach Straße und Hausnummer. Dann wurde der Anteil der verschiedenen Familienstände an der Gesamtheit ermittelt, also geschaut, wie viele verheiratete, geschiedene, verwitwete usw. Personen im Untersuchungsgebiet wohnen. Anschließend wurden im gleichen Verhältnis Haushalte aus den „Töpfen“ für die Befragung zufällig ausgewählt. Wenn z.B. 20 % der im Gebiet Wohnenden geschieden sind, dann wurden aus dem „Topf - geschieden -“ jeder 5. Haushalt ausgewählt, um zu erreichen, dass ebenfalls 20 % der Angeschriebenen geschieden sind. Danach hat die L...eine ...Gegenkontrolle vorgenommen und ...geprüft, ob der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund bei den Anzuschreibenden stimmig ist. Dabei richtet sich der Begriff Migrationshintergrund nach der Staatsangehörigkeit der Person, wobei bei doppelter Staatsangehörigkeit die nicht deutsche Staatsangehörigkeit entscheidend war. Zudem hat die L... in einem weiteren Schritt überprüft, ob die Haushalte aus den einzelnen Blöcken des Untersuchungsgebietes bei den Anzuschreibenden anteilig vertreten sind. Einwände gegen diese Vorgehensweise hat die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung nicht erhoben. Solche sind auch sonst nicht ersichtlich.
Die Annahme der L..., der Rücklauf von 22,2 % der Fragebögen sei groß genug, um eine Repräsentanz zu gewährleisten, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Auch die Einschätzung, dass die Haushaltsbefragung einen repräsentativen Querschnitt des Untersuchungsgebietes abbildet, ist plausibel. Tatsächlich haben Haushalte aus allen 18 Untersuchungsblöcken Fragebögen erhalten und es erfolgte insoweit auch jeweils ein Rücklauf, wenngleich dieser unterschiedlich stark war (vgl. Bericht der L...vom 9. März 2018, Abb. 5, S. 14).
Die von der Antragstellerin gegen die vom Antragsgegner vorgenommene Bestimmung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung, die er vor unerwünschten Veränderungen schützen will, erhobenen Rügen greifen nicht durch.
Ohne Erfolg beruft sie sich allgemein auf die Studie der e... aus dem Juni 2020 und macht geltend, die Studie komme zu dem Schluss, dass sämtliche ausgewerteten Gutachten an schwerwiegenden Mängeln litten und den Anforderungen an eine statistisch fundierte Erhebung nicht genügten. Substantiierte Rügen ergeben sich aus dieser Studie nicht. Zwar hat die e...im Rahmen der Studie 51 Gutachten ausgewertet, darunter auch die Voruntersuchung zu der streitgegenständlichen Erhaltungsverordnung. Die Studie der e... enthält jedoch keine konkrete Auseinandersetzung mit und Kritik an der Untersuchung der L... zum Erhaltungsgebiet „Grazer Platz“, sondern lediglich allgemein bleibende Ausführungen. Ziel der Studie war es, sich der Frage weiter zu nähern, wie der Nachweis negativer städtebaulicher Folgen einer aufwertungsbedingten Verdrängung zu bewerkstelligen sei. Die e... selbst will diese Studie (lediglich) als einen Beitrag zur Diskussion verstanden wissen (vgl. S. 2 der Studie).
Soweit die schriftsätzlich vorgebrachten Einwendungen der Antragstellerin konkreter werden, z.B. hinsichtlich der Benennung von statistischen Quellen und hinsichtlich vermeintlich nicht aufgezeigter Vergleichszahlen, hat der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin diese Einwände nach der Erörterung in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufrechterhalten.
(c) Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner das Erhaltungsgebiet in räumlicher Hinsicht fehlerhaft festgelegt hätte, sind nicht ersichtlich. An die Abgrenzung eines Erhaltungsgebietes sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Sie unterfällt der gemeindlichen Planungshoheit und ist grundsätzlich so vorzunehmen, dass das Schutzziel in wesentlichen Teilen des Gebietes erreicht werden kann. Dabei ist im Hinblick auf das zweistufig ausgestaltete Verfahren nicht erforderlich, dass alle in einem festgelegten Erhaltungsgebiet vorhandenen baulichen Anlagen erhaltungswürdig sind (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. März 2021 - OVG 2 A 13.19 -, juris Rdn. 52 m.w.N.).
(d) Die Einschätzung des Antragsgegners, ohne den Erlass der Erhaltungsverordnung bestünde die abstrakte Gefahr, dass im Erhaltungsgebiet infolge baulicher Maßnahmen bzw. der Umwandlung in Wohneigentum im Sinne des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB eine unerwünschte Veränderung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung eintritt, ist nicht zu beanstanden. Hierzu heißt es in der Begründung der Beschlussvorlage sowie im Endbericht der L..., dass bezogen auf das Gebiet „Grazer Platz“ ein Aufwertungspotential, ein Aufwertungsdruck und ein Verdrängungspotential gegeben seien. Ob es für die Feststellung des Erhaltungsziels der Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung mit Blick auf die Beibehaltung günstigen Wohnraums stets dieser drei Voraussetzungen bedarf, ist unerheblich. Denn die gerichtliche Kontrolle der ihrem Wesen nach prognostischen Entscheidung des Antragsgegners bezieht sich allein darauf, ob die der Prognose zugrunde gelegten Maßstäbe methodisch fachgerecht erstellt wurden (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. März 2021 - OVG 2 A 13.19 -, juris Rdn. 54 m.w.N.). Das ist hier der Fall.
(aa) Die Annahme des Antragsgegners, im Erhaltungsgebiet bestehe ein Aufwertungspotential, begegnet keinen Bedenken.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für die Ermittlung einer Verdrängungsgefahr im Rahmen des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB nur ein sehr grober Maßstab anzulegen. Für die Einschätzung des Aufwertungspotentials reicht es in aller Regel aus, dass Modernisierungsmaßnahmen über den im Erhaltungsgebiet üblichen Ausstattungsstandard hinausgehen und zu einer nicht nur geringfügigen Mieterhöhung führen können. Dem prognostischen Verfahren des Satzungs- oder Verordnungsgebers ist insoweit aus Rechtsgründen nur entgegenzutreten, wenn ihm willkürliche Annahmen zugrunde liegen oder der Normgeber von offensichtlichen Unwahrscheinlichkeiten ausgeht (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 1997 - 4 C 2.97 -, juris Rdn. 21 zur Genehmigungserteilung). Das ist hier nicht ersichtlich.
Den Feststellungen des Antragsgegners lässt sich entnehmen, dass zum typischen Ausstattungszustand im Erhaltungsgebiet u.a. zentrale, wie auch dezentrale Heizungs-/Warmwassersysteme wie Gasetagenheizung, Durchlauferhitzer und Gas-Warmwasserspeicher gehören. Zur üblichen Ausstattung gehören weiterhin Badezimmer mit Dusche und/oder Badewanne und überwiegend geflieste Bäder und zum Teil alte, unsanierte Fenster, zum Teil alte als auch neue Fenster sowie Balkone (vgl. zum Vorstehenden: Endbericht der L... vom 9. März 2018, Tabelle 3 S. 25 und S. 26). Ein mögliches Modernisierungspotential hat der Antragsgegner u.a. hinsichtlich moderner, energiesparender Heizungsanlagen, Fußbodenheizungen, eines Einbaus von Gäste-WCs im Zuge von grundrissverändernden Maßnahmen oder Zusammenlegung von Wohnungen, Austausch bzw. Erneuerung von Fenstern sowie einer Dämmung von Fassaden, Dächern und Kellerdecken festgestellt (vgl. Endbericht der L... vom 9. März 2018, S. 26). Nach allgemeiner Lebenserfahrung ziehen vorgenannte bauliche Maßnahmen, auch jeweils für sich genommen, nicht nur geringfügige Mieterhöhungen nach sich, aus denen sich tendenziell die Gefahr der Verdrängung der ansässigen Wohnbevölkerung ergibt.
Außerdem durfte der Antragsgegner auch das Verdrängungspotential durch die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen in den Blick nehmen und ein Aufwertungspotential hierauf stützen. Das ist in jedem Fall zulässig, wenn - wie hier - eine Umwandlungsverordnung existiert. Dass der Antragsgegner seiner Entscheidung insoweit unzutreffende Feststellungen zugrunde gelegt hätte, ist nicht ersichtlich.
Soweit die Antragstellerin in der Antragsbegründung noch Einwände gegen die Feststellungen des Antragsgegners zum Aufwertungspotential erhoben hatte, hat sie diese nach der Erörterung in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufrechterhalten.
(bb) Die Annahme des Antragsgegners, es laste ein Aufwertungsdruck auf dem Gebiet, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner hat dazu im Wesentlichen festgestellt, der lokale Wohnungsmarkt im Erhaltungsgebiet zeige eine hohe wohnungswirtschaftliche Dynamik bezüglich der Entwicklung der Angebots- und Bestandsmiete, der Grundbuchumschreibungen und Wohnungsverkäufe sowie der Baumaßnahmen. Gegenwärtig liege das Bestandsmietniveau im Erhaltungsgebiet bei 6,49 Euro/qm (nettokalt). Rund 40 % der Haushalte hätten (noch) eine Netto-Kaltmiete von unter 6,00 Euro/qm. Im Vergleich zum Angebotsmietniveau der Gesamtstadt von 8,80 Euro/qm (2016) trage das Quartier Grazer Platz daher in besonderer Form zur Versorgung der Wohnbevölkerung mit preisgünstigem Wohnraum bei. Das Angebots- und Bestandsmietniveau sei im Erhaltungsgebiet in den letzten fünf Jahren sehr stark angestiegen. Nicht nur die Dynamik übersteige die gesamtstädtischen und bezirklichen Vergleichswerte, sondern auch der im Jahr 2016 erreichte Angebotsmietpreis von 9,19 Euro/qm (nettokalt, Median). Im Vergleich zum Berliner Mietspiegel 2017 zeige sich, dass noch Mieterhöhungsspielräume im Gebiet bestünden, die zum Teil bereits genutzt worden seien. Bei über 50 % der Haushalte sei die Miete in den letzten Jahren gestiegen. Etwa 29 % der Haushalte seien in den vergangenen Jahren von Modernisierungen betroffen worden. Die Analyse zeige, dass modernisierungsbedingte Mieterhöhungen (durch die Modernisierungsumlage) größere Mietsteigerungen nach sich ziehen, als Grundmieterhöhungen zur Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete. Es sei deutlich, dass sich der Aufwertungsdruck im Hinblick auf das Mietniveau sowohl aus dem Anstieg der Angebotsmieten (bei Mieterwechsel), als auch aus dem Anstieg des Bestandsmietniveaus mit und ohne Modernisierung begründe. Es sei bereits ein signifikanter Anteil der Wohnungen umgewandelt worden bzw. befinde sich im Wohnungserbbaurecht.
Gründe, die hieran zweifeln ließen, sind weder den Ausführungen der Antragstellerin zu entnehmen noch sonst ersichtlich. Soweit die Antragstellerin rügt, der Aufwertungsdruck sei nicht plausibel dargelegt, laut der Wohnkostenquote Berlin 2016 liege die Wohnkostenbelastung im PLZ-Bezirk 12157 bei 26-28,9 % und das Bestandsmietenniveau werde für den Grazer Platz mit 6,49 €/qm angegeben und liege damit unterhalb des Mietspiegels 2019 (Stichtag der Mieterhebung Herbst 2018) für Berlin mit 6,70 €/qm als Durchschnittsmiete für das gesamte Stadtgebiet, dringt sie nicht durch. Denn die vorgenannten Zahlen bestätigen bereits für sich gesehen den Aufwertungsdruck. Unabhängig davon ist der Gesamtdurchschnitt bei der Wohnkostenbelastung nicht entscheidend, da in diesen auch höhere Einkommen mit einfließen, während hier die Belastung für niedrige Einkommen und der Anteil an deren Haushaltseinkommen im Bezirk entscheidend ist.
(cc) Der Antragsgegner ist auch methodisch beanstandungsfrei von einem Verdrängungspotential ausgegangen. Die Annahme eines solchen Verdrängungspotentials und die Auffassung des Antragsgegners, aus Aufwertungspotential, Aufwertungsdruck und Verdrängungspotential ergebe sich die abstrakte Gefahr, dass im Erhaltungsgebiet infolge baulicher Maßnahmen bzw. der Umwandlung in Wohneigentum eine unerwünschte Veränderung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung eintreten wird, ist nicht zu beanstanden.
Der Antragsgegner hat zum Verdrängungspotential insbesondere festgestellt, dass bestimmte Haushalte besonders verdrängungsgefährdet seien. Dies seien zunächst Haushalte mit einer hohen Warmmietbelastung. Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen von bis zu 1.500 Euro müssten mindestens 40 % ihres Einkommens für die Warmmiete aufwenden (dies seien 18 % der Haushalte im Erhaltungsgebiet). Auch Haushalte mit mittleren Einkommen wiesen zum Teil bereits eine erhöhte Warmmietbelastung auf, so wiesen 24 % der Haushalte eine Warmmietbelastung von mindestens 30 % auf. Bauliche Veränderungen an Gebäude oder Wohnung, die sich wohnwerterhöhend auswirken, könnten diese Haushalte selten finanziell tragen. Aufgrund der ansteigenden Mietentwicklung im Quartier sei ein Umzug innerhalb des Gebiets zu gleichen Bedingungen kaum möglich. Des weiteren seien Haushalte mit Kindern besonders verdrängungsbedroht. Die Haushalte mit Kindern seien in ihrer wirtschaftlichen Handlungsfähigkeit begrenzt. Sie verfügten über ein geringes Äquivalenzeinkommen. Preissteigernde Veränderungen der Wohnsituation könnten für sie in besonderem Maße zu sozialen Härten führen, wenn keine Kompensation der zusätzlichen Mietbelastung stattfinden könne. Daher bestehe für die Haushalte mit Kindern - insbesondere Alleinerziehende - ein spezielles Schutzerfordernis. Darüber hinaus seien Haushalte mit einer langen Wohndauer im Gebiet besonders verdrängungsgefährdet. Die Stammbevölkerung mit einer Wohndauer von mehr als zehn Jahren im Wohngebiet (rund 54 % der Haushalte) sei durch eine vielfältige Mischung im Hinblick auf Bildung und Einkommen gekennzeichnet. 37 % der Stammbevölkerung verfügten über ein Einkommen von unter 2.000 Euro und wiesen eine hohe bis sehr hohe Warmmietbelastung auf.
Zwar sind die Feststellungen zu den Haushalten mit Kindern und zu den Haushalten mit einer langen Wohndauer im Erhaltungsgebiet teilidentisch mit den Feststellungen des Antragsgegners zu den Haushalten mit einer hohen Warmmietbelastung. Dies ist indes unschädlich, denn die Feststellungen des Antragsgegners zu den Haushalten mit einer hohen Warmmietbelastung tragen die Annahme, hier bestehe ein Verdrängungspotential. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Verdrängungseffekte vor allem auch im Rahmen der normalen Fluktuation entstehen, wenn günstige Wohnräume von wegziehenden Mietern aufgegeben und anschließend modernisiert werden, so dass sie danach für Personen mit geringem Haushaltseinkommen nicht mehr attraktiv sind.
Die von der Antragstellerin insoweit erhobenen Rügen stellen die Annahme eines Verdrängungspotentials nicht durchgreifend in Frage.
Das gilt zunächst, soweit die von der Antragstellerin erhobenen Einwände auf die Studie der e... Bezug nehmen. Damit wird ein methodischer Fehler nicht aufgezeigt. Denn die Studie der e...enthält - wie bereits ausgeführt - keine Auseinandersetzung mit der Untersuchung der LPG mbH.
Soweit die Antragstellerin hinsichtlich der Annahme, es bestehe ein Verdrängungspotential, sonst Rügen erhoben hat, z. B. unter Hinweis auf die Studie der Wüstenrot-Stiftung aus dem Jahr 2019, zeigen diese ebenfalls keinen methodischen Fehler auf oder sind schon nicht hinreichend substantiiert.
Fehl geht auch der Einwand, im Gutachten der L... finde sich kein Zeitbezug, es bleibe völlig unklar, in welchem Zeitrahmen mit Veränderungen zu rechnen sein solle (innerhalb der nächsten zwei oder der nächsten 20 Jahre). Zwar trifft es zu, dass der Bericht der L... hinsichtlich der Prognose keinen Zeitpunkt oder Zeitrahmen benennt. Das ist allerdings nach dem Inhalt des Gutachtens der L...nicht erforderlich. Denn ...die L... hat die Entwicklung im Erhaltungsgebiet über mehrere Jahre betrachtet und auf dieser Grundlage tatsächliche Feststellungen getroffen. Sie hat die Schlussfolgerung gezogen, dass Aufwertungspotential, Aufwertungsdruck und Verdrängungspotential (aktuell) bestehen und daraus eine derzeit bereits bestehende Gefahr abgeleitet werden kann, dass eine unerwünschte Veränderung der Wohnbevölkerung eintreten wird. Das reicht aus. Die Anforderungen an die Prognose hinsichtlich eines zeitlichen Einordnens befürchteter Folgen dürfen zudem nicht überspannt werden (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. März 2021 - OVG 2 A 13.19 -, juris Rdn. 73). Ergänzend hat die L... in ihrer Stellungnahme vom 5. August 2020 darauf hingewiesen, dass eine soziale Erhaltungsverordnung gemäß § 172 BauGB zeitlich nicht zu fixieren sei. Sie werde erst aufgehoben, „wenn entweder der Schutz vor Verdrängung nachhaltig garantiert ist, oder die Verdrängung stattgefunden hat und damit das Ziel nicht mehr erreichbar ist." Die erhobenen Daten seien regelmäßig zu überprüfen, um die weitere Aufrechterhaltung der Verordnung zu rechtfertigen. In der Berliner Verwaltungspraxis erfolge die Überprüfung der Anwendungsvoraussetzungen in einem Zeitraum von vier bis sechs Jahren nach der Festsetzung. Gegen ein solches Vorgehen bestehen keine Bedenken.
(dd) Der Antragsgegner ist schließlich zu Recht davon ausgegangen, dass besondere städtebauliche Gründe die Festlegung des Erhaltungsgebiets rechtfertigen. „Besonders“ sind städtebauliche Gründe im Sinne von § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 1 BauGB bereits dann, wenn sie gerade für die konkrete Erhaltungssituation besonderes Gewicht haben. Maßgeblich ist allein, ob sich die Gründe für den Erlass der Erhaltungsverordnung aus der jeweiligen besonderen städtebaulichen Situation ergeben (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. März 2021 - OVG 2 A 13.19 -, juris Rdn. 68 m.w.N.). Das ist hier der Fall.
Der Antragsgegner macht als besonderen städtebaulichen Grund den Verlust von preisgünstigem Mietwohnraum geltend, der Segregationsprozesse befördere. Das Quartier Grazer Platz sei durch Mietwohnungen im privatwirtschaftlichen Eigentum geprägt. Das gegenwärtige Mietpreisniveau und der vielfältige Wohnungsschlüssel trügen dazu bei, dass im Quartier unterschiedliche Haushaltsformen und Einkommensgruppen wohnen. Die Wohnbevölkerung sei gegenwärtig durch eine vielfältige Zusammensetzung hinsichtlich der Merkmale Alter, Bildung, Einkommen und Haushaltsform gekennzeichnet. Der Zuzug von verschiedenen Haushaltsgruppen in das Gebiet sei gegenwärtig noch möglich, es zeichneten sich jedoch Veränderungen in der Bevölkerungszusammensetzung ab, die sich aufgrund eines stark ansteigenden Mietniveaus, einer sehr hohen Umwandlungs- und Verkaufsquote in den vergangenen Jahren und weiterhin bestehender Umwandlungspotentiale sowie zum Teil umfassender Sanierungspotentiale im Gebäudebestand zukünftig verstärken werden. Das Gebiet sei gegenwärtig durch einen hohen Anteil an Haushalten mit einer bereits hohen Warmmietbelastung gekennzeichnet, was nicht nur die Geringverdienenden, sondern auch Haushalte mit mittleren Einkommen betreffe. Besonders verdrängungsgefährdet seien Haushalte mit Kindern.
Diese Erwägungen sind nicht zu beanstanden und rechtfertigen in der konkreten städtebaulichen Situation den Erlass der Erhaltungsverordnung. Ziel der Erhaltungsverordnung ist, die gemischte Bevölkerungsstruktur zu erhalten. Sie dient auch der Entspannung am Wohnungsmarkt, der durch einen akuten Mangel an preiswertem Wohnraum gekennzeichnet ist. In dem in Rede stehenden Gebiet ist nach den Feststellungen des Antragsgegners noch preisgünstiger Mietwohnungsbestand vorhanden. Das Gebiet trägt in besonderer Form zur Versorgung der Wohnbevölkerung mit preisgünstigem Wohnraum bei. Dieser preisgünstige Mietwohnungsbestand droht infolge der zu erwartenden baulichen Änderungen und Umwandlungen in Wohnungseigentum wegzufallen. Dies hätte voraussichtlich zur Folge, dass sich die finanziell schwachen Haushalte in Teilen der Stadt ansiedeln müssten, in denen noch vergleichsweise preiswerter Wohnraum zur Verfügung steht. Insoweit wäre mit einer Konzentration einkommensschwacher Haushalte in diesen Gebieten zu rechnen. Dies zu vermeiden, ist ein anzuerkennendes städtebauliches Ziel (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. März 2021 - OVG 2 A 13.19 -, juris Rdn. 70 m.w.N.).
Die von der Antragstellerin dagegen erhobenen Rügen greifen nicht durch.
Soweit sie einwendet, der „Verlust preiswerten Mietwohnraums" könne allenfalls ein gewisses Verdrängungspotential nahelegen, sei aber nicht zugleich eine „negative städtebauliche Folge", ist der von ihr behauptete Zirkelschluss nicht ersichtlich. Der Antragsgegner hat das Verdrängungspotential - wie ausgeführt - in methodisch nicht zu beanstandender Weise festgestellt. Der Verlust preiswerten Wohnraums betrifft nicht die Thematik „Verdrängungspotential“, sondern ist eine (städtebauliche) Folge, und zwar von zu befürchtender Verdrängung. Im Übrigen geht es dem Antragsgegner - wie aufgezeigt - nicht um eine generelle Erhaltung eines niedrigen Mietniveaus in dem Sinne, dass der Erhalt preiswerten Wohnraums Selbstzweck wäre. Auch geht es ihm nicht um Segregationsprozesse als solche, sondern darum, dass der auf Verdrängung folgende Verlust von preisgünstigem Mietwohnraum Segregationsprozesse befördert.
Der Einwand, hinzukomme, dass das Gebiet ohnehin bereits zunehmend eine von Paaren mit und ohne Kinder geprägte Struktur aufweise, die durch die befürchteten „Veränderungsprozesse" allenfalls verfestigt würde, insofern sei die städtebauliche Infrastruktur ohnehin dieser Bevölkerungsstruktur anzupassen, zielt schon nicht auf den städtebaulichen Grund des Verlustes von preisgünstigem Mietwohnraum.
Die vom Antragsgegner in der Beschlussvorlage darüber hinaus angeführten städtebaulichen Gründe, dass eine nicht bedarfsgerechte Auslastung der Gebietsinfrastruktur (nutzer- oder zielgruppenspezifische Einrichtungen, z. B. Tagesbetreuung im Kitabereich) zu befürchten sei und es zu einer Verschärfung von Verkehrs- und Stellplatzproblemen kommen werde, rechtfertigen den Erlass der Erhaltungsverordnung hier nicht. Vom Ansatz her können diese Umstände zwar städtebauliche Gründe im Sinne von § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 1 BauGB sein. Insoweit hat der Antragsgegner allerdings keine hinreichenden tatsächlichen Feststellungen insbesondere hinsichtlich des „Ist-Zustandes“ getroffen. Das ist hier indes unschädlich, denn es reicht aus, dass zumindest der vom Antragsgegner genannte besondere städtebauliche Grund der Vermeidung des Verlustes preiswerten Wohnraums vorliegt.
(2) Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der Festlegung des Erhaltungsgebiets um eine unverhältnismäßige Inhaltsbestimmung des Eigentums der Antragstellerin handelt (vgl. Art. 14 Abs. 1, Abs. 2 GG), sind nicht zu erkennen. Denn nach der Rechtsprechung des Senats beschränkt sich im Hinblick auf die Frage der Verhältnismäßigkeit der Inhaltsbestimmung des Eigentums die Prüfung auf die Frage, ob Erhaltungstatbestände vorliegen, die ein hinreichendes Gewicht haben, um die auf bauliche Veränderung oder Eigentumsumwandlung gerichteten Eigentümerinteressen zurückzudrängen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. März 2021 - OVG 2 A 13.19 -, juris Rdn. 76). Das ist hier der Fall. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf das bereits Ausgeführte verwiesen werden. Die Eigentümerbelange im Übrigen sind im Einzelfall erst auf der zweiten Stufe des Erhaltungsrechts, bei der Frage, ob eine beantragte Genehmigung erteilt wird, zu berücksichtigen. Erst im Genehmigungsverfahren wird die eigentliche Entscheidung über die Bedeutung der privaten Belange im Verhältnis zu dem öffentlichen Erhaltungsinteresse getroffen (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Mai 2021, § 172 Rdn. 69). Etwaigen unverhältnismäßigen Auswirkungen kann so Rechnung getragen werden.
Der Einwand, ein Abwägungsfehler liege darin, dass der Verordnungsgeber bereits bei Erlass der Erhaltungsverordnung mit dem System der zweistufigen Abwägung gebrochen habe, verfängt nicht. Die Antragstellerin meint, bei Erlass der Erhaltungsverordnung sei der Antragsgegner davon ausgegangen, dass eine Abwägung der privaten (Eigentümer-)Belange auch im konkreten Einzelfall (2. Stufe) nicht stattfinden werde. Denn bereits mit seinen „Prüfkriterien für die Umsetzung der sozialen Erhaltungsverordnungen in den Erhaltungsgebieten nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB im Bezirk Tempelhof-Schöneberg" vom 26. August 2014 (ABI. S. 1754) habe er unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass er bei seiner erhaltungsrechtlichen Genehmigungspraxis nicht die rechtsstaatlich gebotene Abwägung im Einzelfall vornehmen, sondern stattdessen ein behördenintern festgelegtes Konditionalprogramm abarbeiten werde. In den Prüfkriterien seien detaillierte und vor allem starre Entscheidungsparameter niedergelegt. Diese Prüfkriterien betreffen indes ausschließlich die „2. Stufe“, nämlich die erhaltungsrechtliche Genehmigungspraxis und damit - wie sich bereits ihrem Titel entnehmen lässt - die Umsetzung der sozialen Erhaltungsverordnungen. Sollten in den Prüfkriterien enthaltene Maßgaben fehlerhaft sein, wäre dies ausschließlich im jeweiligen Genehmigungsverfahren bzw. bei einer eventuellen Überprüfung der entsprechenden Einzelfallentscheidung zu berücksichtigen. Auf die Erhaltungsverordnung selbst würde eine Fehlerhaftigkeit der Prüfkriterien nicht durchschlagen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.