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Betroffenenrechte aus der DSGVO gegenüber dem Finanzamt nach Datenerhebung bei Dritten


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 16. Senat Entscheidungsdatum 26.01.2022
Aktenzeichen 16 K 2059/21 ECLI ECLI:DE:FGBEBB:2022:0126.16K2059.21.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen Art 288 AEUV, § 32i Abs 2 AO 1977, § 76 BDSG, Art 15 Abs 1 EUV 2016/679, § 41 Abs 1 FGO, Art 12 EGRL 46/95, § 256 Abs 2 ZPO, § 32i Abs 5 S 2 AO 1977, § 32i Abs 9 AO 1977, § 2a AO 1977, § 29b Abs 1 AO 1977, § 29b Abs 2 AO 1977, § 29c Abs 1 S 1 Nr 6 AO 1977, § 30 AO 1977, § 41 Abs 2 FGO, § 100 Abs 1 S 4 FGO, § 40 Abs 2 FGO, § 155 FGO, § 33 BDSG, § 46 BDSG, Art 3 EUV 2016/679, Art 12 Abs 5 EUV 2016/679, Art 14 EUV 2016/679, Art. 17 Abs. 1 Buchst d EUV 2016/679, Art 21 Abs 1 EUV 2016/679

Leitsatz

1. Die DSGVO ist auch bei der Verwaltung der direkten Steuern anwendbar (wie FG München, gegen Niedersächsisches FG).
2. Auskunftsansprüche aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO bestehen bei Auskunftsverpflichteten, die großen Mengen an Daten verarbeiten, nicht voraussetzungslos und ohne Begründungszwang, sondern müssen hinreichend spezifiziert sein.
3. Ein Auskunftsverlangen betreffend jedwede Art von Daten in einem Zeitraum von mehr als 50 Jahren ist exzessiv, so dass der Auskunftsverpflichtete die Auskunft verweigern kann.
4. Der Antrag auf Erteilung bestimmter Auskünfte ist im Verhältnis zum unspezifizierten und unlimitierten Auskunftsantrag kein Weniger (Minus), sondern etwas Anderes (Aliud), so dass eine anspruchserhaltende inhaltliche oder zeitliche Reduktion auf einen zulässigen Antrag nicht in Betracht kommt (wie BFH).
5. Art. 15 Abs. 3 DSGVO gewährt keinen Anspruch auf Zurverfügungstellung von (elektronischen) Aktendoppeln (vgl. bereits Senat, Urteil vom 27.10.2021 16 K 5148/20, Juris, und hierzu offenes Revisionsverfahren BFH II R 47/21).
6. Dem Löschungsanspruch aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO steht die Ermächtigung zur Datenverarbeitung gemäß § 29b Abs. 1 AO entgegen.
7. Die Ansprüche auf Annexinformationen (wie Datenempfänger gemäß Art. 15 Abs. 1 Buchstabe c DSGVO oder Datenherkunft gemäß Art. 15 Abs. 1 Buchstabe g DSGVO) bestehen nur, soweit überhaupt ein Recht auf Datenauskunft besteht.
8. § 76 BDSG (Protokollierung von Abfragen und Offenlegungen) und § 42 BDSG (Strafvorschrift) gelten im Bereich der Steuerverwaltung nicht.
9. Datenschutzhinweise zur Erfüllung der Informationspflichten aus Art. 14 DSGVO sind in elektronischer Form auf einer Website möglich (wie Schleswig-Holsteinisches FG) und die des beklagten FA auf seiner Website sind ausreichend.
10. Die Verpflichtungen der Finanzbehörden aus Art. 24, 32 DSGVO (technische und organisatorische Maßnahmen) und aus Art. 35 DSGVO (Datenschutz-Folgenabschätzung) gewähren keine subjektiven Rechte.
11. Die Weitergabe von Daten an Dienstvorgesetzte und Aufsichtsbehörden ist unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des Steuergeheimnisses eine befugte Weitergabe.
12. Der ärztlichen Schweigepflicht (vgl. § 203 StGB) unterliegt nur der Arzt, nicht das Finanzamt, so dass dieses auch nicht dagegen verstoßen kann.
13. Im Finanzgerichtsprozess ist eine Stufenklage zwar möglich, jedoch gelten die Anträge höherer Stufe – anders als im Zivilprozess – nur für den Fall des Erfolgs auf der vorherigen Stufe als gestellt.
14. Die zivilprozessualen Vorschriften über die Zwischenfeststellungsklage finden im Finanzgerichtsprozess keine Anwendung.
15. Bei der allgemeinen Feststellungsklage (§ 41 Abs. 1 FGO) sind gegenüber der Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO) höhere Anforderungen an das Feststellungsinteresse zu stellen.
16. Der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage gilt rechtswegübergreifend, also auch dann, wenn die mit der Feststellungsklage konkurrierende (Leistungs-)Klage vor dem Zivilgericht bereits erhoben oder noch zu erheben ist (wie BVerwG).
17. Feststellungsklagen gerichtet auf Feststellung der Verletzung von Vorschriften der DSGVO sind unzulässig, wenn das Rechtsschutzbegehren durch Leistungsklagen aufgrund der Betroffenenrechte der DSGVO, insbesondere aus Art. 15 Abs. 1 und Abs. 3 DSGVO, verfolgt wird oder verfolgt werden kann.
18. Hat ein Finanzamt das Vorliegen eines Datenschutzverstoßes bereits zugestanden und die entsprechende Meldung an die zuständige datenschutzrechtliche Aufsichtsbehörde veranlasst, besteht kein Feststellungsinteresse an der gerichtlichen Feststellung des Verstoßes.
19. Die Feststellung von durch das Gericht begangenen Verfahrensverstößen in vorherigen anderen Gerichtsverfahren kann nicht mit einer Feststellungsklage gegen das in jenem Verfahren beklagte Finanzamt begehrt werden.



Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Tatbestand

Gegenstand des Rechtsstreits sind im Wesentlichen die datenschutzrechtlichen Rechte des Klägers in Bezug auf die Verarbeitung von den Kläger betreffenden personenbezogenen Daten durch das beklagte Finanzamt im Rahmen der Durchführung der Besteuerung von Dritten, an deren Besteuerungsverfahren der Kläger selbst nicht beteiligt ist.

Ausgangspunkt des Rechtsstreits ist eine bei der Ehefrau des Klägers durchgeführte Betriebsprüfung im Zusammenhang mit Einkünften aus selbständiger Arbeit. Mit Schreiben vom 02.06.2020 begehrte der Kläger beim beklagten Finanzamt Auskunft über den Kläger betreffende gespeicherte Daten.Bl. 1 FA-A. Der Beklagte teilte dem Kläger daraufhin mit Schreiben vom 17.06.2020 mit, das beklagte Finanzamt sei nicht für seine Besteuerung zuständig. Im Übrigen träte er im Rahmen der Betriebsprüfung bei seiner Ehefrau als Auskunftsperson auf und beträfen die im Rahmen der Außenprüfung bisher gespeicherten Daten soweit ersichtlich nicht seine Person.Bl. 2 FA-A.

Der Kläger begehrt ohne vorherige Durchführung eines Vorverfahrens mit am 22.03.2021 erhobener Klage Auskunft über gespeicherte Daten, Löschung von Daten, Feststellung der Rechtswidrigkeit der Datenverarbeitung und anderes. Unter anderem macht der Kläger auch Schadenersatz geltend.

Im Rahmen der Durchführung der Außenprüfung wurde die Mobilfunknummer des Klägers ohne dessen Einverständnis durch Versand einer unverschlüsselten E-Mail zwecks Abstimmung eines Termins durch die Betriebsprüferin an die berufliche E-Mail-Adresse der Ehefrau des Klägers gesendet.FG-A. Sonderheftung III, Anhang 3. Das beklagte Finanzamt hat das Vorliegen eines Datenschutzverstoßes mit Schreiben an die Ehefrau des Klägers vom 11.02.2021 zugestanden und entsprechende Meldungen an die zuständigen Aufsichtsbehörden veranlasst.FG-A. Sonderheftung III, Anhang 3.

Im Vorfeld des Klageverfahrens hat der Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau eine Beschwerde hinsichtlich des Datenschutzes beim Finanzamt B… beim Bundesbeauftragen für den Datenschutz und die Informationsfreiheit --BfDI-- eingelegt. Im Zuge des Beschwerdeverfahrens wurde dem Kläger und seiner Ehefrau seitens des BfDI mit Schreiben vom 28.07.2021 die Stellungnahme des Beklagten vom 13.04.2021 übermittelt.Bl. 203 ff. FG-A.

Außerdem hat der Kläger während des Klageverfahrens ein Auskunftsersuchen nach Art. 15 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.04.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung --DSGVO--) an die C… Verwaltung für Finanzen gestellt. Dieses wurde mit Schreiben vom 03.12.2021 beantwortet.FG-A. Sonderheftung III, Anhang 4.

Zusammenfassend führt der Kläger zur Begründung der Klage aus:

Art und Weise sowie Umfang der Erhebung von personenbezogenen Daten des Klägers durch das beklagte Finanzamt im Rahmen der Durchführung der Besteuerung von Dritten, an deren Besteuerungsverfahren der Kläger nicht beteiligt ist, gäben Anlass zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Datenerhebung soweit Daten nicht bei der betroffenen Person erhoben würden. Das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung sei in besonderem Maße gefährdet, denn der Kläger habe durch die Datenerhebung bei Dritten keine Kontrolle darüber, welche ihn betreffenden personenbezogenen Daten erhoben und verarbeitet würden, zu welchem Zweck dies geschehe, wer Zugriff auf seine Daten habe und an wen diese Daten weitergegeben würden. Der Kläger habe als „gläserner Steuerbürger“ keine Kontrolle mehr darüber, welches Bild sich das beklagte Finanzamt von seiner Person auf Basis welcher Datengrundlage mache.

Die Rechte des Klägers auf umfassende Auskunftserteilung und Zurverfügungstellung von Datenkopien ergäben sich aus Art. 15 DSGVO, der voraussetzungslos und ohne weiteren Begründungszwang zulasten des Antragstellers einen Anspruch auf Auskunft und Datenkopie gewähre. Insbesondere sei der Anspruch nicht von weiteren Konkretisierungen abhängig, da anderenfalls das datenschutzrechtlich verankerte Grundrecht auf Datenauskunft und -kopie vom Betroffenen nur um den Preis der Preisgabe weiterer personenbezogener Daten verwirklicht werden könne, was mit Schutzzweck und Intention der DSGVO schlechthin unvereinbar wäre.

Ferner trägt der Kläger vor, dass die datenschutzrechtliche Gefährdungslage durch die Art und Weise und den Umfang der Datenerhebung durch den Beklagten zusätzlich dadurch intensiviert und vertieft würde, dass es an verbindlichen Vorgaben zur Speicherhöchstdauer fehle, die Datenverarbeitung in einer technisch veralteten Systemumgebung erfolge und es an geeigneten technischen und organisatorischen Maßnahmen zur wirksamen Umsetzung der Datenschutzgrundsätze fehle.

Der Kläger beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen

1.1 dem Kläger im Sinne von Art. 15 Abs. 1 DSGVO vollständige Auskunft über alle seit dem 21.01.1972 bis zum Datum der Auskunftserteilung gespeicherten Daten des Klägers zu erteilen, einschließlich sämtlicher beim Beklagten tatsächlich über den Kläger vorhandener Daten, der intern zur Person des Klägers und der gewechselten Korrespondenz (einschließlich E-Mails), der internen Telefon- und Gesprächsnotizen und sonstigen internen Vermerke des Beklagten; Schr. v. 18.04.2021, S. 3 (Bl. 91 FG-A.); Schr. v. 03.12.2021, S. 4 (Bl. 240 FG-A.); Schr. v. 11.01.2022, S. 16 (Bl. 283R FG-A.).

1.2 dem Kläger im Sinne von Art. 15 Abs. 3 DSGVO eine vollständige Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung zu stellen;Schr. v. 03.12.2021, S. 3 (Bl. 239 FG-A.).

1.3 alle Daten über den Kläger, die nicht seiner Besteuerung dienen, inklusive aller Archive und Datensicherungen im Sinne des Art. 4 DSGVO vollständig und sicher zu löschen bzw. zu vernichten;Schr. v. 18.04.2021, S. 3 (Bl. 91 FG-A.).

1.4 im Wege der Stufenklage zu 1.3. die vollständige und sichere Löschung bzw. Vernichtung aller Daten über den Kläger, die nicht seiner Besteuerung dienen, inklusive aller Archive und Datensicherungen im Sinne des Art. 4 DSGVO nachzuweisen;Schr. v. 18.04.2021, S. 3 (Bl. 91 FG-A.).

1.5 allen Dritten, an die Daten des Klägers weitergeleitet wurden, mitzuteilen, dass diese Daten rechtswidrig erlangt und rechtswidrig weitergegeben wurden;Schr. v. 18.04.2021, S. 4 (Bl. 92 FG-A.).

1.6 den Kläger darüber zu informieren, an wen seine Daten weitergegeben wurden, aus welchem Rechtsgrund und zu welchem Zweck;Schr. v. 18.04.2021, S. 4 (Bl. 92 FG-A.).

1.7 den Kläger darüber zu informieren, wer auf Seiten des Beklagten Zugang zu Daten des Klägers hatte und warum dieser Zugang gewährt wurde (§ 76 BDSG);Schr. v. 18.04.2021, S. 4 (Bl. 92 FG-A.).

1.8 den Kläger darüber zu informieren, von wem der Beklagte Daten des Klägers erhalten hat;Schr. v. 18.04.2021, S. 4 (Bl. 92 FG-A.). und

1.9. im Wege der Stufenklage zu 1.1. die vollständige und zutreffende Erfüllung des Auskunftsanspruchs gemäß 1.1. zu beeiden;

2. festzustellen, dass der Beklagte

2.1 seiner Informationspflicht nach Art. 14 DSGVO, § 33 BDSG, § 46 BDSG nicht nachgekommen ist; Schr. v. 18.04.2021, S. 1 (Bl. 89 FG-A.).

2.2 Auskunftsrechte des Klägers nach Art. 15 DSGVO nicht erfüllt hat;Schr. v. 18.04.2021, S. 1 (Bl. 89 FG-A.).

2.3 in der Folge Rechte des Klägers nach Kapitel III. „Rechte der betroffenen Person“ der DSGVO verletzt hat;Schr. v. 18.04.2021, S. 1 (Bl. 89 FG-A.).

2.4 die notwendigen technischen und organisatorischen Maßnahmen für die Sicherung (TOMS) der Rechte des Klägers nach der DSGVO und dem BDSG nicht erstellt und diese TOMS nicht auf ihre Wirksamkeit geprüft hat;Schr. v. 18.04.2021, S. 1 (Bl. 89 FG-A.).

2.5 nicht die notwendige qualifizierte IT-Sicherheit nach ISO 27001 (IT Grundschutz) zum Zeitpunkt des Beginns der Datenverarbeitung erbringen kann (Art. 32 DSGVO i.V.m. § 32h AO);Schr. v. 18.04.2021, S. 2 (Bl. 90 FG-A.).

2.6 versucht hat, den Kläger durch fehlende und falsche Auskunft seiner rechtlichen Möglichkeiten nach Kapitel VIII. der DSGVO, §§ 36, 66 BDSG zu berauben;Schr. v. 18.04.2021, S. 2 (Bl. 90 FG-A.).

2.7 die notwendigen Meldungen nach der DSGVO an den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) nicht oder nicht rechtzeitig erbracht hat (Art. 33 DSGVO, § 65 BDSG);Schr. v. 18.04.2021, S. 2 (Bl. 90 FG-A.).

2.8 die erforderliche Datenschutz-Folgenabschätzung nicht durchgeführt hat (§ 67 BDSG);Schr. v. 18.04.2021, S. 2 (Bl. 90 FG-A.).

2.9 Datenschutzverletzungen nach der DSGVO und BDSG begangen hat, indem er ohne Rechtsgrund Daten des Klägers im Rahmen von Außenprüfungen bei Dritten erhoben hat und dafür bei dem Beklagten auch kein Bedarf besteht;Schr. v. 18.04.2021, S. 2 (Bl. 90 FG-A.).

2.10 in das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung des Klägers eingegriffen hat (Art. 1 GG i.V.m. Art. 2 GG, Art. 8 GRCh, EMRK, § 48 BDSG);Schr. v. 18.04.2021, S. 2 (Bl. 90 FG-A.).

2.11 in die private Lebensführung des Klägers eingegriffen hat und damit dessen Würde verletzt hat (Art. 1 GG i.V.m. Art. 2 GG, Art. 8 GRCh);Schr. v. 18.04.2021, S. 2 (Bl. 90 FG-A.).

2.12 eine illegale Vorratsdatenspeicherung betreibt, indem er rechtswidrig erlangte Daten nicht löscht und eine Verwertung dieser nicht verhindert hat;Schr. v. 18.04.2021, S. 2 (Bl. 90 FG-A.).

2.13 seine Beschäftigten gegen das Steuergeheimnis nach § 30 AO in i.V.m. § 355 StGB verstoßen haben;Schr. v. 18.04.2021, S. 2 (Bl. 90 FG-A.).

2.14 seine Beschäftigten gegen das BDSG, insbesondere auch § 42 BDSG, verstoßen haben;Schr. v. 18.04.2021, S. 2 (Bl. 90 FG-A.).

2.15 in das Arztgeheimnis nach § 203 StGB eingegriffen und damit das Vertrauensverhältnis des Klägers in die Pflichten des Beklagten nach Art. 20 GG nachhaltig geschädigt hat;Schr. v. 18.04.2021, S. 3 (Bl. 91 FG-A.).

2.16 besonders geschützte Daten nach Art. 9 DSGVO, § 22 BDSG ohne Rechtsgrund verwertet hat;Schr. v. 18.04.2021, S. 3 (Bl. 91 FG-A.).

2.17 rechtswidrig erlangte Daten und Informationen verwertet, auf die Akten des Verfahrens 2 K 2040/20 wird verwiesen;

2.18 gegen das Steuergeheimnis und die DSGVO verstoßen hat, indem er in einer E-Mail an die Praxis der Ehefrau des Klägers die Telefonnummer des Klägers veröffentlicht hat;

2.19 gegen das Steuergeheimnis und die DSGVO verstoßen hat, indem der Beklagte in einer dem Kläger unbekannten Weise die Telefonnummer des Klägers gegenüber der Senatsverwaltung für Finanzen veröffentlicht hat;

3. festzustellen, dass

3.1 Teile der AO, welche die Informationspflichten an die Betroffen, bei denen die Daten nicht direkt erhoben worden sind (Datenerhebung bei Dritten), nicht mit höherrangigem Recht vereinbar sind und insbesondere gegen die Grundrechtecharta, gegen die EMRK und das Grundgesetz verstoßen; namentlich u.a. §§ 32b, 32c, 32f AO; Schr. v. 18.04.2021, S. 3 (Bl. 91 FG-A.). und

3.2 der Richter am Finanzgericht … im Verfahren 2 K 2040/20 (Klägerin: D…; Verfahrensgegenstand: Prüfungsanordnung)Schr. v. 01.11.2021 (Bl. 181 FG-A.).

3.2.1. dem hiesigen Kläger das rechtliche Gehör entzogen hat;

3.2.2 den hiesigen Kläger seinem gesetzlichen Richter entzogen hat;

3.2.3 die DSGVO nicht angewendet hat;

3.2.4 die Rechtsschutzgarantie des Grundgesetzes nicht erfüllt hat, indem er den hiesigen Kläger nicht beigeladen hat.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist darauf, dass ausweislich der Klageschrift Gegenstand der Klage nur das Antwortschreiben des Finanzamts vom 17.06.2021 sei.

Bei dem Datenauskunftsverlangen des Klägers habe es sich um einen allgemeinen Auskunftsantrag ohne Spezifizierung (etwa auf einen bestimmten Sachverhalt, zu einem bestimmten Verwaltungsverfahren oder Veranlagungszeitraum) gehandelt, sodass die erteilte allgemeine Auskunft den gesetzlichen Anforderungen gerecht werde.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 26.10.2021 ist das Verfahren hinsichtlich der Geltendmachung von Schadenersatz von dem hiesigen Verfahren abgetrennt und an das Landgericht C… verwiesen worden. Das Gericht hat wegen erwarteter Breitenwirkung der Rechtswegfrage die Beschwerde gegen den Verweisungsbeschluss zugelassen. Der Kläger und der Beklagte haben Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen II B 92/21 beim BFH geführt.

Mit Beschluss vom 07.02.2022 ist das Verfahren betreffend das auf Richtigstellung diffamierender Äußerungen des Beklagten gerichtete Begehren des Klägers abgetrennt und an das Verwaltungsgericht C… verwiesen worden. Das Gericht hat die Beschwerde gegen den Verweisungsbeschluss nicht zugelassen.

Dem Gericht hat neben den Streitakten des hiesigen Verfahrens die Verwaltungsakte des Beklagten vorgelegen.

Das Gericht hat mit Verfügung vom 22.03.2021 und erneut mit Verfügung vom 17.11.2021 die den Streitfall betreffenden Verwaltungsakten vom Beklagten angefordert. Der Beklagte hat die Verwaltungsakte am 24.11.2021 übersandt und diese sind am 30.11.2021 bei Gericht eingegangen. Mit Schriftsatz vom 01.12.2021 beantragt der Kläger im hiesigen Verfahren gemäß § 86 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung --FGO-- den Beklagten aufzufordern, die mit Verfügung des Gerichts vom 22.03.2021 geforderten Verwaltungsakten vorzulegen. Der BFH hat über den Antrag noch nicht entschieden.

Entscheidungsgründe

A.

Die Klage ist entscheidungsreif.

I.

Die Klage kann auf Grundlage der vorliegenden Akten und Sachverhaltsvorträge entschieden werden. Insbesondere kann auf die Vorlage weiterer Verwaltungsakten verzichtet werden, weil deren Inhalt nicht entscheidungserheblich für die vom konkreten Inhalt unabhängige Frage der beantragten Verpflichtung des beklagten Finanzamts zur Erteilung einer Datenauskunft und einer Datenkopie sowie der weiteren Leistungs- und Feststellungsanträge ist. Auch im Übrigen geben Akteninhalt, bisheriger Sachvortrag und Anträge der Parteien keinen Anlass zu weiteren Maßnahmen des Gerichts zur Aufklärung oder Ermittlung des Sachverhalts. Insbesondere sind die unter Beweis gestellten Tatsachen nicht entscheidungserheblich.

II.

Das Verfahren ist auch nicht bis zum Abschluss des beim BFH anhängigen Verfahrens nach § 86 Abs. 3 FGO auszusetzen, da die Voraussetzungen für eine Aussetzung nicht vorliegen.

1.

Nach § 74 FGO kann das Gericht die Aussetzung des Verfahrens nur anordnen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder teilweise von dem Bestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits ist.

2.

Zur Durchführung des Zwischenstreits nach § 86 Abs. 3 FGO gibt das Finanzgericht das Verfahren an den BFH ab. Das Hauptsacheverfahren ruht währenddessen. Das Hauptsacheverfahren wird jedoch fortgesetzt, wenn das Gericht an seiner Vorlageaufforderung nicht mehr festhält und der Antrag nach § 86 Abs. 3 FGO damit unzulässig wird (vgl. Schallmoser in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 266. Lfg. (11/2021), § 86 FGO Rn. 54 m.w.N.). Entsprechendes muss erst recht gelten, wenn dem Aktenvorlagebegehren des Finanzgerichts entsprochen wird. Voraussetzung für eine Entscheidung nach § 86 Abs. 3 FGO ist nämlich, dass die vom Finanzgericht angeforderten Unterlagen nicht vollständig vorgelegt werden und das Gericht auch noch zum Zeitpunkt der erstrebten Entscheidung des BFH an der lückenlosen Vorlage festhält.

3.

Der Senat ist der Ansicht, dass mit Vorlage der vom Beklagten am 24.11.2021 übersandten und am 30.11.2021 bei Gericht eingegangenen Verwaltungsakte dem Aktenvorlagebegehren des Finanzgerichts entsprochen worden ist. Damit fehlt es an einem zulässigen Antrag nach § 86 Abs. 3 FGO als Voraussetzung für eine Aussetzung des Verfahrens.

B.

I.

Die Klage hat keinen Erfolg.

Sie ist zum Teil bereits unzulässig und im Übrigen unbegründet.

1.

Leistungsanträge

1.1

Soweit der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen dem Kläger im Sinne von Art. 15 Abs. 1 DSGVO vollständige Auskunft über alle seit dem 21.01.1972 bis zum Datum der Auskunftserteilung gespeicherten Daten des Klägers zu erteilen, einschließlich sämtlicher beim Beklagten tatsächlich über den Kläger vorhandener Daten, der intern zur Person des Klägers und der gewechselten Korrespondenz (einschließlich E-Mails), der internen Telefon- und Gesprächsnotizen und sonstigen internen Vermerke des Beklagten, ist die Klage zulässig, aber unbegründet.

a.

Die Klage ist als kombinierte Verpflichtungs- und allgemeine Leistungsklage zulässig.

Ein anfechtbarer Verwaltungsakt in Gestalt einer Versagung der Auskunftserteilung liegt nicht vor. Statthafte Klageart ist entsprechend dem klägerischen Begehren daher die Verpflichtungsklage (§ 40 Abs. 1 Var. 2 FGO) soweit der Auskunftserteilung eine behördliche Entscheidung mit Regelungscharakter hinsichtlich Inhalt, Umfang und Grenzen der Auskunftserteilung vorausgeht in Kombination mit einer allgemeinen Leistungsklage (§ 40 Abs. 1 Var. 3 FGO) soweit die Auskunftserteilung als schlichtes Verwaltungshandeln betroffen ist.

Die sachliche Zuständigkeit des Gerichts folgt für Klagen gegen Verantwortliche nach Art. 79 DSGVO aus § 32i Abs. 2 AO.

Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 32i Abs. 5 Satz 2 AO, da das beklagte Finanzamt seinen Sitz im Zuständigkeitsbereich des Gerichts hat.

Der vorherigen erfolglosen Durchführung eines Vorverfahrens bedarf es nicht (§ 32i Abs. 9 AO).

b.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Datenauskunft liegen „dem Grunde nach“ vor (aa.). Jedoch hat der Kläger „dem Ausmaß nach“ keinen Anspruch auf die begehrte unbegrenzte und unspezifizierte Datenauskunft (bb.). Jedenfalls aber kann das beklagte Finanzamt die Datenauskunft als exzessiv verweigern (cc.). Eine anspruchserhaltende inhaltliche oder zeitliche Reduktion auf einen zulässigen Antrag auf Auskunftserteilung kommt nicht in Betracht (dd.).

aa.

Die DSGVO ist auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch das beklagte Finanzamt anwendbar (1). Das Klagebegehren des als Betroffener persönlich anspruchsberechtigten Klägers hat auch personenbezogene Daten zum Inhalt, so dass der persönliche und sachliche Anwendungsbereich der DSGVO eröffnet sind (2). Das beklagte Finanzamt ist als Verantwortlicher auch richtiger Anspruchsgegner (3), sodass die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO dem Grunde nach vorliegen.

(1)

Die DSGVO ist im Bereich der Steuerverwaltung auch bei der Verwaltung der direkten Steuern anwendbar. Als EU-Verordnung gilt die DSGVO gem. Art. 288 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union --AEUV-- unmittelbar in jedem Mitgliedsstaat der Union, ohne dass es einer weiteren Umsetzung durch nationales Recht bedarf. Soweit die unmittelbare Geltung der DSGVO über den Bereich der unionsrechtlich harmonisierten Steuern hinaus teilweise abgelehnt wird (so unter Verweis auf die Literatur FG Niedersachsen, Urteil vom 28.01.2020 – 12 K 213/19 –, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2020, 665), kann der Senat diese Frage im Ergebnis dahingestellt sein lassen, da der Bundesgesetzgeber die zumindest inhaltliche Geltung der DSGVO für die gesamte Daten verarbeitende Tätigkeit der Finanzbehörden durch Verweisung in § 2a AO angeordnet hat (so auch FG München, Gerichtsbescheid vom 23.07.2021 – 15 K 81/20 –, EFG 2021, 1789 Rn. 36).

(2)

Der persönliche und sachliche Anwendungsbereich der DSGVO sind eröffnet.

Der Kläger ist als anhand von Steuernummer oder Steuerlicher-Identifikationsnummer identifizierte oder sonst identifizierbare natürliche Person und als solche „betroffene Person“ i.S.v. Art. 4 Nr. 1 DSGVO und damit persönlich anspruchsberechtigt.

Der sachliche Anwendungsbereich der DSGVO ist im Streitfall insoweit eröffnet, als die Verarbeitung personenbezogener Daten zu beurteilen ist. Grundsätzlich sind alle in einer Steuerakte vorhandenen Informationen auch personenbezogene Daten.

Die DSGVO gilt für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen (Art. 2 Abs. 1 DSGVO).

Art. 4 Nr. 1 DSGVO definiert personenbezogene Daten als „alle Informationen“, die sich auf betroffene (identifizierbare) Personen beziehen. Bei der Auslegung dieses Begriffs ist der Schutzzweck der DSGVO maßgeblich. Weder geht es um die Daten selbst, noch geht es um wirtschaftliche Interessen der Datenverarbeitenden. Es geht allein um den Schutz der Grundrechte natürlicher Personen bei der Verarbeitung der ihnen zugeordneten Daten. Der Ausdruck „alle Informationen“ ist daher weit zu verstehen; der Begriff ist nicht auf sensible oder private Informationen beschränkt, er erfasst alle Informationen über eine betroffene Person. Daher sind grundsätzlich alle in einer Steuerakte erfassten Informationen als personenbezogene Daten zu verstehen, weil sie über Ordnungsmerkmale (Steuernummer oder Steuerliche-Identifikationsnummer) mit einer natürlichen Person unmittelbar oder mittelbar verknüpft werden können.

(3)

Das beklagte Finanzamt ist als Verantwortlicher i.S.v. Art. 4 Nr. 7 DSGVO auch richtiger Anspruchsgegner. „Verantwortlicher“ ist nach Art. 4 Nr. 7 DSGVO die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet. Verantwortlicher ist damit die Finanzbehörde, die jeweils über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet; im Regelfall also die sachlich und örtlich zuständige Finanzbehörde, die auch die streitgegenständlichen Akten führt.

bb.

Die in Art. 15 Abs. 1 DSGVO verankerten Betroffenenrechte verleihen dem Kläger jedoch nach Überzeugung des erkennenden Senats bei Antragsgegnern, die große Mengen an Informationen verarbeiten, keinen Anspruch auf Auskunftserteilung, wenn das Auskunftsverlangen nicht spezifiziert und weder in gegenständlicher noch zeitlicher Hinsicht limitiert ist.

Die Rechtsansicht des Klägers, Art. 15 Abs. 1 DSGVO gewähre voraussetzungslos und ohne weiteren Begründungszwang zulasten des Antragstellers einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Datenauskunft, findet ihre Stütze im Wortlaut der Anspruchsgrundlage. Auch der Vortrag des Klägers, der Anspruch nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO sei nicht von weiteren Konkretisierungen abhängig, da anderenfalls das datenschutzrechtlich verankerte Grundrecht auf Datenauskunft vom Betroffenen nur um den Preis der Preisgabe weiterer personenbezogener Daten verwirklicht werden könne, was mit Schutzzweck und Intention der DSGVO nicht vereinbar wäre, erscheint bedenkenswert.

Gleichwohl ist der Senat der Überzeugung, dass ein Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO gegenüber Auskunftsverpflichteten, die große Mengen von Daten verarbeiten, nur dann besteht, wenn das Auskunftsverlangen hinreichend spezifiziert ist:

Diese Rechtsansicht stützt sich auf Erwägungsgrund 63 Satz 7 zur DSGVO, wonach der Verantwortliche, wenn er eine große Menge von Informationen über die betroffene Person verarbeitet, verlangen können sollte, dass die auskunftsersuchende Person präzisiert, auf welche Information oder welche Verarbeitungsvorgänge sich ihr Auskunftsersuchen bezieht, bevor er ihr Auskunft erteilt.

Bestätigt wird diese Sichtweise durch einen Vergleich mit der Regelung in Art. 14 Abs. 5 lit. b) DSGVO, wonach die Erfüllung von Informationspflichten gegenüber einem von einer Datenerhebung bei Dritten Betroffenen entfallen kann, wenn und soweit die Erteilung dieser Informationen sich als unmöglich erweist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde. Zum Teil wird daher auch im Schrifttum eine analoge Anwendung der Vorschrift auf Art. 15 DSGVO befürwortet (N. Härting, Datenschutz-Grundverordnung, 2016, Rn. 684; vgl. auch Stollhoff in: Auernhammer, DSGVO/BDSG, 7. Aufl. 2020, Art. 15 Rn. 15).

Schließlich ergibt sich das Erfordernis einer einschränkenden Auslegung des Art. 15 Abs. 1 DSGVO auch aus dem Rechtsgedanken des Ausgleichs kollidierender Rechte (praktische Konkordanz) und weiterer innerhalb der DSGVO an verschiedenen Stellen zu findenden Abwägungs- und Ausgleichsmechanismen zur Auflösung von datenschutzrechtlichen Zielkonflikten (vgl. nur Art. 32 Abs. 1 DSGVO, der einen Prozess zum Ausgleich von mehreren, sich teils widersprechenden Datensicherheitskriterien vorsieht). Steuerrecht ist in der Verwaltungspraxis Massenfallrecht. Wenn nach dem Wortlaut des Art. 15 Abs. 1 DSGVO jedem Steuerpflichtigen denkbar umfassende Datenauskunftsrechte zustehen, so kann die Ausübung umfassender Rechte durch eine vergleichsweise kleinen Gruppe Betroffener (Steuerpflichtiger) aufgrund zwangsläufig begrenzter Ressourcen der Finanzverwaltung zur Konsequenz haben, dass das datenschutzrechtliche Schutzniveau für eine demgegenüber größere Gruppe von Betroffenen (ebenfalls Steuerpflichtige) hinter das intendierte Maß des unionsrechtlichen Normgebers zurückfällt. Der Senat ist der Überzeugung, dass ein solcher Wettlauf der Betroffenen nicht der Intention der DSGVO entspricht und daher eine einschränkende Auslegung des Art. 15 Abs. 1 DSGVO geboten ist.

cc.

Selbst wenn Art. 15 Abs. 1 DSGVO dahingehend auszulegen sein sollte, dass er dem Berechtigten einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Datenauskunft gewährt, wäre das Begehren des Klägers als exzessiv i.S.v. Art. 12 Abs. 5 DSGVO anzusehen und kann der Beklagte die Erfüllung des Anspruchs zurecht verweigern. Denn der Antrag des Klägers ist nach Überzeugung des Senats sowohl in inhaltlich-materieller als auch in zeitlicher Hinsicht als exzessiv einzuordnen.

Inhaltlich soll sich die Auskunft nach dem klägerischen Begehren erstrecken auf (vgl. Bl. 282-283 FG-A.):

- alle dem Kläger identifizierbar gem. Art. 4 DS-GVO zuordenbare Daten, die sich außerhalb der den Kläger betreffenden Steuerakte beim Beklagten befinden

- Daten aus Außenprüfungen bzw. Betriebsprüfungen bei Dritten (z.B. Kontoauszüge, Rechnungen, erworbene Dienstleistungen und Artikel z.B. Speisen, die mit EC- oder Kreditkarten bezahlt wurden, Einkäufe, Dienstleistungen bei Rechtsanwält*innen, bei Ärzt*innen, bei Laboren und Zahntechnikern, Artikel aus Apotheken);

- sämtliche interne Notizen, jeglicher Schriftverkehr und intern erzeugte Daten;

- sämtliche gespeicherte Bankverbindungen und deren Transaktionen;

- sämtliche Daten über Pfändungen bei Drittschuldnern, sämtliche Kontenrundfragen;

- sämtliche Daten, die von Dritten und zu Dritten zur Verfügung gestellt wurden (Behörden, Gerichte, Organisationen etc.), inklusive der Namen der Empfänger und Absender als auch der Transportwege sowie deren Sicherungsmaßnahmen gegen unberechtigte Kenntnisnahme;

- sämtlichen Schriftwechsel mit dem BFDI, der Senatsverwaltung für Finanzen, dem Petitionsausschuss des Landes C…, weiteren Behörden, Rechtsanwälten, Gerichten, Privatpersonen;

- sämtliche Verträge die bei Außenprüfungen von Dritten erlangt wurden;

- sämtliche steuerbare Unterlagen, z.B. abgeführte Lohnsteuer sowie deren Steueranmeldungen, Einkommensteuer, Kapitalsteuer, sämtliche Kommunikation der beteiligten Berufsgeheimnisträger gem. § 30 AO, die sich nicht in den Akten befindet, z.B. Whatsapps, Signal, SMS und Ähnliches;

- die Person des Klägers betreffenden Aufzeichnungsdaten gemäß der Verordnung über den automatisierten Abruf von Steuerdaten (Steuerdaten-Abrufverordnung --StDAV--);

- alle Gesundheitsdaten;

- alle E-Mails mit Bezug zu meiner Person; alle Urkunden, alle inneren Zustände (z.B. Meinungen, Motive, Wünsche, Überzeugungen und Werturteile): alle Gesprächsprotokolle, Telefonnotizen, Aktenvermerke und Aktennotizen, Realakte und Verwaltungsakte, Informationen wie etwa Vermögens- und Eigentumsverhältnisse, Kommunikations- und Vertragsbeziehungen und alle sonstigen Beziehungen des Klägers zu Dritten;

- alle persönlichen, wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse Versicherungsantrag, Abtretungserklärung, Kündigungsschreiben;

- soweit in Gesprächsvermerken oder Telefonnotizen Aussagen von mir der Aussagen über mich festgehalten sind, sämtliche vorhandene Gutachten, personenbezogenen Leistungs- und Verhaltensdaten, die Verarbeitungszwecke;

- die Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden; die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden sollen, insbesondere bei Empfängern in Drittländern oder bei internationalen Organisationen, dies gilt insbesondere auch für die möglichen Telemetriedaten der Fachverfahren, Betriebssysteme und Büroanwendungen oder aber den Nachweis, dass diese Daten nicht übertragen werden können;

- falls möglich die geplante Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden, oder, falls dies nicht möglich ist, die Kriterien für die Festlegung dieser Dauer;

- die Mitteilung aller verfügbaren Informationen über die Herkunft der gespeicherten Daten;

- Angabe, von wem sowie wann und mit welchem Inhalt personenbezogene Daten übermittelt wurden, als auch die Transportwege sowie deren technische und organisatorische Sicherungsmaßnahmen (TOMS) gegen Zugriff von Dritten;

- zu allen Daten zugleich die Speicherfristen und die Rechtsgrundlagen, die Auftragsdatenverarbeiter sowie deren physischen Speicherort.

In zeitlicher Hinsicht soll sich die Datenauskunft auf einen Zeitraum von 50 Jahren erstrecken (Bl. 283R FG-A.).

dd.

Nach Ansicht des erkennenden Senats kommt auch eine anspruchserhaltende inhaltliche oder zeitliche Reduktion auf einen zulässigen Antrag auf Erteilung einer Datenauskunft nicht in Betracht. Die Erteilung bestimmter Auskünfte stellt im Verhältnis zum unspezifizierten und unlimitierten Antrag auf Erteilung einer Datenkopie etwas qualitativ Anderes (aliud) dar und ist kein Weniger (minus) zum klägerischen Begehren (so auch BFH, Beschluss vom 05.05.2017 – X B 36/17 –, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs --BFH/NV-- 2017, 1183 Rn. 20 zum Verhältnis des Antrags auf Erteilung bestimmter Auskünfte oder Datenkopien im Verhältnis zum Klageantrag auf „Überlassung von Datenkopien vollständiger Akten“).

1.2

Soweit der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger im Sinne von Art. 15 Abs. 3 DSGVO eine vollständige Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung zu stellen, ist die Klage zulässig, aber unbegründet.

a.

Die Klage ist als kombinierte Verpflichtungs- und allgemeine Leistungsklage zulässig. Auf die Ausführungen unter B. I. 1.1 a. wird verwiesen.

b.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erteilung einer Datenkopie liegen zwar „dem Grund nach“ vor (aa.). Allerdings verleihen die in Art. 15 Abs. 3 DSGVO verankerten Betroffenenrechte dem Kläger nach Überzeugung des erkennenden Senats keinen Anspruch auf Zurverfügungstellung von Kopien personenbezogener Daten in Gestalt von (elektronischen) Doppeln ganzer Akten durch das beklagte Finanzamt (bb.). Und selbst wenn Art. 15 Abs. 3 DSGVO extensiv dahingehend auszulegen sein sollte, dass er dem Berechtigten einen Anspruch auf Zurverfügungstellung von Kopien gewährt, wäre das Begehren des Klägers als exzessiv i.S.v. Art. 12 Abs. 5 DSGVO anzusehen und hätte der Beklagte die Erfüllung des Anspruchs zurecht verweigert (cc.). Eine anspruchserhaltende inhaltliche oder zeitliche Reduktion auf einen zulässigen Antrag auf Erteilung einer Datenkopie kommt nicht in Betracht (dd.).

aa.

Die DSGVO ist auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch das beklagte Finanzamt anwendbar. Das Klagebegehren des als Betroffener persönlich anspruchsberechtigten Klägers hat auch personenbezogene Daten zum Inhalt, so dass der persönliche und sachliche Anwendungsbereich der DSGVO eröffnet sind. Das beklagte Finanzamt ist als Verantwortlicher auch richtiger Anspruchsgegner, sodass die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erteilung einer Datenkopie nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO dem Grunde nach vorliegen.

bb.

Die in Art. 15 Abs. 3 DSGVO verankerten Betroffenenrechte verleihen dem Kläger jedoch nach Überzeugung des erkennenden Senats keinen Anspruch auf Zurverfügungstellung von Kopien personenbezogener Daten in Gestalt von (elektronischen) Doppeln ganzer Akten durch das beklagte Finanzamt.

(1)

Nach Art. 15 Abs. 1 Halbs. 1 DSGVO hat die betroffene Person das Recht, vom Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob die betroffene Person betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden. Sofern dies der Fall ist, gewährt Art. 15 Abs. 1 Halbs. 2 DSGVO ein Recht auf Auskunft über diese Daten sowie auf zusätzliche Informationen gemäß Art. 15 Abs. 1 Halbs. 2 lit. a bis h DSGVO. Gemäß Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO stellt der Verantwortliche der betroffenen Person eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung. Die Frage, ob es sich bei den Rechten aus Art. 15 Abs. 1 und Art. 15 Abs. 3 DSGVO um zwei unterschiedliche Ansprüche oder um einen einheitlichen Anspruch handelt, wird im Schrifttum sowie in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt.

(α)

Die Vertreter eines einheitlichen Anspruchs gehen überwiegend von einer restriktiven Auslegung des Rechts auf Datenkopie gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO aus. Danach beschränke sich das Recht auf Kopie auf die Übermittlung einer Übersicht über die verarbeiteten Daten (so etwa Landesarbeitsgericht --LAG-- Niedersachsen, Urteil vom 22.10.2021 – 16 Sa 761/20 – Rn. 214, juris; LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.03.2021 – 21 Sa 43/20 –, NZA Rechtsprechungsreport Arbeitsrecht --NZA-RR-- 2021, 410 Rn. 47 ff.; LAG Niedersachsen, Urteil vom 09.06.2020 – 9 Sa 608/19 –, NZA-RR 2020, 571 Rn. 45; Paal, in: Paal/Pauly, DS-GVO, 3. Aufl. 2021, Art. 15 Rn. 33; Franck, in: Gola, Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 15 Rn. 27; Dausend, Zeitschrift für Datenschutz --ZD-- 2019, 103; Wybitul/Brams, Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht –NZA-- 2019, 672).

Zur Begründung wird unter anderem darauf verwiesen, dass der Wortlaut des Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO nicht von einer Ablichtung oder einem Ausdruck von verarbeiteten Daten spreche und der Gesetzeszweck des Art. 15 Abs. 1 Halbs. 2 DSGVO in der Transparenz und der Rechtmäßigkeitskontrolle der Verarbeitung liege (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.03.2021 – 21 Sa 43/20 –, NZA-RR 2021, 410 Rn. 49). Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO regele danach lediglich eine besondere Form der Auskunft, weshalb der Informationsgehalt von Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO nicht weitergehen könne als der von Art. 15 Abs. 1 DSGVO. Nach Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO seien daher lediglich die von Art. 15 Abs. 1 umfassten Daten als Kopie und damit als „Annex“ zur Auskunft mitzuteilen (vgl. BeckOK DatenschutzR/Schmidt-Wudy (Stand: 01.05.2021), DSGVO Art. 15 Rn. 85 m.w.N. zum Streitstand).

Auch im steuerlichen Schrifttum wird überwiegend vertreten, dass datenschutzrechtliche Auskunftsrechte keinen Anspruch auf Zugang zu behördlichen Akten verliehen (von Armansperg, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2021, 453, 458 m.w.N.). Hinsichtlich des Wortlauts wurde – unter Heranziehung verschiedener Sprachfassungen der DSGVO – dargelegt, dass die Auskunft des Art. 15 DSGVO nicht als Recht zur Einsicht (Zugang zur Akte) zu verstehen sei (Poschenrieder, DStR 2020, 21, 23). Vielmehr seien bei der Auslegung von Art. 15 Abs. 1 und Abs. 3 DSGVO die Ziele zu berücksichtigen, die mit den Auskunftsrechten verfolgt würden. Dabei seien diese Rechte nicht isoliert, sondern in ihrer dienenden Funktion im datenschutzrechtlichen Gesamtkontext zu sehen. In einer ersten Stufe (Art. 15 Abs. 1 Halbs. 1 DSGVO) solle die betroffene Person in Erfahrung bringen können, ob überhaupt personenbezogene Daten verarbeitet werden. In einer zweiten Stufe (Art. 15 Abs. 1 Halbs. 2 DSGVO) solle die betroffene Person dann in die Lage versetzt werden, die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung überprüfen zu können. Diese Überprüfung durch die betroffene Person könne sodann auf der dritten Stufe die Rechte des 3. Abschnitts (Kapitel III) der DSGVO auslösen: Recht auf Berichtigung (Art. 16 DSGVO), Recht auf Löschung bzw. Recht auf Vergessenwerden (Art. 17 DSGVO), Recht auf Einschränkung der Verarbeitung (Art. 18 DSGVO), Recht auf Datenübertragbarkeit (Art. 20 DSGVO) und Recht auf Widerspruch (Art. 21 DSGVO). Das Auskunftsrecht des Art. 15 DSGVO könne nicht aus dem datenschutzrechtlichen Zusammenhang „herausgelöst“ werden, es diene – auch gegenüber der Verwaltung – nur der Überprüfungsmöglichkeit, ob eine Datenverarbeitung selbst rechtmäßig erfolgt. Gemessen am nationalen Recht soll der Steuerpflichtige überprüfen können, ob die Datenverarbeitung entsprechend §§ 29b, 29c AO erfolge (vgl. Schober, Finanzrundschau --FR-- 2020, 558, 561).

(β)

Die Vertreter der Sichtweise, dass es sich bei den Rechten aus Art. 15 Abs. 1 und Art. 15 Abs. 3 DSGVO um zwei unterschiedliche Ansprüche handele, gehen demgegenüber überwiegend von einer extensiven Auslegung des Rechts auf Datenkopie gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO aus. Danach seien die betreffenden Unterlagen in der Form zu übermitteln, in der sie dem Verantwortlichen vorlägen (so etwa Oberverwaltungsgericht --OVG-- NRW, Urteil vom 08.06.2021 – 16 A 1582/20 –, Rn. 92, juris; BeckOK DatenschutzR/Schmidt-Wudy (Stand: 01.05.2021), DS-GVO Art. 15 Rn. 85; Bäcker in: Kühling/Buchner, DS-GVO, BDSG, 3. Aufl. 2020, Art. 15 Rn. 6 und 39a; Koreng, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2021, 2692, 2693; Engeler/Quiel, NJW 2019, 2201, 2203).

Zur Begründung wird unter anderem darauf verwiesen, dass neben der Systematik und dem Wortlaut des Art. 15 DSGVO die Gesetzgebungshistorie dieses Auslegungsergebnis nahelege. Andernfalls wäre die Unterscheidung in Art. 15 Abs. 1 und Art. 15 Abs. 3 DSGVO überflüssig und der Gesetzgeber hätte es bei der Übernahme der Formulierung aus Art. 12 der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutzrichtlinie) belassen können (Koreng, NJW 2021, 2692, 2693 m.w.N.).

Auch Sinn und Zweck des Rechts aus Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO sprächen gegen eine restriktive Auslegung des Anspruchs auf eine Kopie der verarbeiteten personenbezogenen Daten. Anlass und Regelungsziel der Datenschutz-Grundverordnung sei der in Art. 8 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta --GRCh--) und in Art. 16 Abs. 1 AEUV gewährleistete Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten (vgl. Art. 1 Abs. 2 DSGVO und Erwägungsgrund 1 zur DSGVO). Bereits auf der Ebene der Grundrechtecharta sei das Recht jeder Person verankert, Auskunft über die sie betreffenden erhobenen Daten erhalten und eine Berichtigung der Daten erwirken zu können (Art. 8 Abs. 2 Satz 2 GRCh). Die Betroffenenrechte der Datenschutz-Grundverordnung wurzelten in der Erwägung des europäischen Normgebers, dass der Einzelne grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten bestimmen können müsse. Natürliche Personen sollten daher grundsätzlich die Kontrolle über ihre eigenen Daten besitzen (vgl. Erwägungsgrund 7 Satz 2 zur DSGVO). Zu diesem Zweck räumten Art. 8 Abs. 2 Satz 2 GRCh und Art. 15 Abs. 1 DSGVO der betroffenen Person ein Auskunftsrecht darüber ein, welche personenbezogenen Daten von Dritten erhoben worden seien. Ausweislich des Erwägungsgrunds 63 Satz 1 zur DGSVO sei das Regelungsziel, dass sich der Betroffene der Verarbeitung bewusst sei und auf dieser Grundlage deren Rechtmäßigkeit überprüfen könne (so OVG NRW, Urteil vom 08.06.2021 – 16 A 1582/20 –, Rn. 105, juris).

(2)

Unter Berücksichtigung der genannten Grundsätze und nach Abwägung aller Umstände ist der Senat der Auffassung, dass Art. 15 Abs. 3 DSGVO restriktiv auszulegen ist und dem Kläger keinen Anspruch auf Zurverfügungstellung von Kopien personenbezogener Daten in Gestalt von (elektronischen) Doppeln von Akten durch das beklagte Finanzamt verleiht (so bereits FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27.10.2021 – 16 K 5148/20 –, zur Veröffentlichung bestimmt, Revision eingelegt, Aktenzeichen des BFH: II R 47/21).

(α)

Nach Ansicht des Senats können die in der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 12 der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutzrichtlinie), also einer unmittelbaren Vorgängerregelung zu Art. 15 DSGVO, entwickelten Rechtsgrundsätze auch für Zwecke der Auslegung des Inhalts sowie Umfangs der Betroffenenrechte nach Art. 15 DSGVO herangezogen werden.

In der zu Art. 12 der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutzrichtlinie) ergangenen Entscheidung des EuGH (Urteil vom 17.07.2014, verbundene Rechtssachen C-141/12 u. C-372/12 „Y.S. u. M. u. S./Minister voor Immigratie“, Amtsblatt der Europäischen Union -ABl EU- 2014, C 315, 2; Europarecht -EuR- 2015, 80) begehrten die Antragsteller in den dem Vorabentscheidungsersuchen zugrundeliegenden Verfahren Einsicht in eine sog. „Entwurfsschrift“, die Daten über den Verfahrensbeteiligten, aber auch eine rechtliche Analyse enthielt. Der EuGH stellt klar, dass auch in dieser Entwurfsschrift enthaltenen Daten, die die Tatsachengrundlage für die in der Entwurfsschrift ebenfalls enthaltene rechtliche Analyse darstellten, personenbezogene Daten des Verfahrensbeteiligten seien. Er bejaht insoweit ein Auskunftsrecht. Dagegen verneint er ein Auskunftsrecht hinsichtlich der rechtlichen Analyse. Diese könne nicht Gegenstand einer Nachprüfung durch den Antragsteller und einer Berichtigung sein. Würde das Auskunftsrecht auf diese rechtliche Analyse ausgedehnt, so würde dies in Wirklichkeit nicht dem Ziel der Richtlinie dienen, den Schutz der Privatsphäre dieses Antragstellers bei der Verarbeitung von ihn betreffenden Daten zu gewährleisten, sondern dem Ziel, ihm ein Recht auf Zugang zu Verwaltungsdokumenten zu sichern, auf das die Richtlinie 95/46 jedoch nicht gerichtet sei (EuGH, Urteil vom 17.6.2014, ABl EU 2014, C 315, 2, Rn. 46).

Auch stellt der EuGH klar, dass die Richtlinie es den Mitgliedsstaaten überlasse, festzulegen, in welcher konkreten Form die Auskunft zu erteilen sei, soweit sie der betroffenen Person ermögliche, von den sie betreffenden personenbezogenen Daten Kenntnis zu erlangen und zu prüfen, ob sie richtig seien und der Richtlinie gemäß verarbeitet würden, so dass sie gegebenenfalls die ihr in der Richtlinie verliehenen Rechte ausüben könne (EuGH, Urteil vom 17.6.2014, ABl EU 2014, C 315, 2, Rn. 57). Zur Wahrung des Auskunftsrechts genüge es, wenn der Antragsteller eine vollständige Übersicht über die in der Entwurfsschrift wiedergegebenen Daten – also auch solche personenbezogenen Daten, die in der rechtlichen Analyse enthalten sind, in verständlicher Form erhalte (EuGH, Urteil vom 17.6.2014, ABl EU 2014, C 315, 2, Rn. 59). Soweit mit dieser Auskunft das mit dem Auskunftsrecht angestrebte Ziel erreicht werden könne, stehe der betroffenen Person weder aus dem Auskunftsrecht noch aus Art. 2 Abs. 2 der Charta das Recht zu, eine Kopie des Dokuments oder der Originaldatei, in der diese Daten enthalten sind, zu erhalten.

(β)

Für eine restriktive Auslegung des Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO spricht auch die Gesetzgebungshistorie der DSGVO.

Ausweislich der Begründung des ursprünglichen Entwurfs für die DSGVO ist Art. 15 der Entwurfsfassung auf Art. 12 der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutzrichtlinie) gestützt (vgl. Vorschlag für die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutz-Grundverordnung) vom 25.01.2012, KOM (2012) 11 endgültig, S. 9).

In den ursprünglichen Entwurf ist erst durch Beschluss des Europäischen Parlaments vom 12.03.2014 in Art. 15 Abs. 2a der Entwurfsfassung ein Herausgaberecht eingefügt worden, welches sich jedoch lediglich auf personenbezogene Daten erstreckt, die von der betroffenen Person selbst zur Verfügung gestellt worden sind (vgl. Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 12. März 2014 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) Nr. .../2014 des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutz-Grundverordnung), P7_TC1-COD(2012)0011, S. 139).

Nach Ansicht des Senats ist der Anspruch nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO in der endgültigen Fassung daher in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 DSGVO zu sehen, wonach die betroffene Person das Recht hat, „die sie betreffenden personenbezogenen Daten, die sie einem Verantwortlichen bereitgestellt hat, in einem strukturierten, gängigen und maschinenlesbaren Format zu erhalten.“ Dies zeigt, dass der europäische Verordnungsgeber sich bewusst dafür entschieden hat, das Recht auf Kopien nicht auf sämtliche Datensätze zu beziehen, welche personenbezogene Daten über die betroffene Person enthalten (so auch Laoutoumai/Hoppe, Kommunikation & Recht --K&R-- 2019, 296, 298 f.).

(γ)

Auch systematische Gesichtspunkte sprechen aus Sicht des Senats dafür, dass das Recht auf Kopie lediglich die Kataloginformation i.S.v. Art. 15 Abs. 1 lit. a bis h DSGVO umfasst und betroffene Personen keine weitergehenden Ansprüche haben. Denn der Wortlaut des Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO ist vergleichsweise restriktiv gefasst; er sieht nur eine Kopie „der personenbezogenen Daten“ vor und spricht, anders als Art. 28 Abs. 3 lit. g oder Art. 58 Abs. 1 lit. e DSGVO, nicht von „allen“ personenbezogenen Daten.

Für die Sichtweise, dass Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO nicht zwei voneinander unabhängige, sondern einen einheitlichen Anspruch enthalten, spricht auch, dass Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO auf Tatbestandsseite keine Anspruchsvoraussetzungen enthält, sondern lediglich als Rechtsfolge die Verpflichtung des Verantwortlichen normiert, eine Kopie zur Verfügung zu stellen.

(δ)

Das gefundene Auslegungsergebnis wird aus Sicht des erkennenden Senats auch durch eine teleologische Auslegung des Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO bestätigt. Das Recht auf Kopie flankiert die Auskunftsrechte des Art. 15 Abs. 1 DSGVO und dient gemeinsam mit diesen dem Ziel, der betroffenen Person eine Überprüfung der sie betreffenden Datenverarbeitungen zu ermöglichen. Ausweislich des Erwägungsgrunds 63 zur DSGVO sollen die Auskunftsansprüche des Art. 15 DSGVO der betroffenen Person einen Überblick über den Umfang und Inhalt der zu ihr gespeicherten persönlichen Daten verschaffen, um ihr die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung und die Ausübung der weiteren betroffenen Rechte, z.B. auf Löschung oder Einschränkung der Verarbeitung, zu ermöglichen. Dieses Ziel der Ermöglichung der Überprüfung wird erreicht, wenn die aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO folgenden Auskünfte in Kopie zur Verfügung gestellt werden. Es ist nicht erforderlich, die betreffende Person über sämtliche beim Verantwortlichen gespeicherten Schriftstücke oder Dateien zu informieren.

cc.

Selbst wenn Art. 15 Abs. 3 DSGVO extensiv dahingehen auszulegen sein sollte, dass er dem Berechtigten einen Anspruch auf Zurverfügungstellung von Kopien gewährt, wäre das Begehren des Klägers als exzessiv i.S.v. Art. 12 Abs. 5 DSGVO anzusehen und hätte der Beklagte die Erfüllung des Anspruchs zurecht verweigert.

(1)

Dem Anspruch des Klägers auf eine unentgeltliche Kopie in Gestalt von (elektronischen) Doppeln ganzer Akten steht Art. 12 Abs. 5 Satz 2 DSGVO entgegen. Danach kann der Verantwortliche bei offenkundig unbegründeten oder exzessiven Anträgen einer betroffenen Person entweder ein angemessenes Entgelt verlangen (Art. 12 Abs. 5 Satz 2 lit. a DSGVO) oder sich weigern, aufgrund des Antrags tätig zu werden (Art. 12 Abs. 5 Satz 2 lit. b DSGVO). Nach Art. 12 Abs. 5 Satz 3 DSGVO hat der Verantwortliche den Nachweis für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter des Antrags zu erbringen.

Art. 15 DSGVO gewährt jedoch keinen pauschalen Auskunftsanspruch einer betroffenen Person. Ausweislich des Erwägungsgrunds 67 Satz 7 der DSGVO soll die Art der personenbezogenen Daten, über die Auskunft erteilt werden soll, näher bezeichnet werden, wenn der Verantwortliche eine große Menge von Informationen über die betroffene Person verarbeitet. Auf die Ausführungen unter B. I. 1.1 bb. wird verwiesen. Entsprechendes gilt für den Anspruch auf Erteilung einer Kopie nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO, der inhaltlich nicht umfassender sein kann als der Anspruch nach Art. 15 Abs. 1 Halbs. 2 DSGVO (so auch Engeler/Quiel, NJW 2019, 2201, 2203 f.).

(2)

Der Kläger hat seinen Anspruch auf Zurverfügungstellung einer Kopie des gesamten Akteninhalts des Beklagten in Bezug auf ihn betreffende personenbezogene Daten durch pauschales Auskunftsverlangen gerichtet auf Überlassung von Kopien ganzer Akten des Beklagten geltend gemacht. Auch zu dem Angebot des Klägers, bestimmte personenbezogene Daten des Klägers zur Verfügung zu stellen hat sich der Kläger nicht verhalten. Damit ist das Auskunftsbegehren des Klägers offensichtlich überschießend und mithin unbegründet. Der Beklagte hat die Erfüllung des Anspruchs daher zurecht gemäß Art. 12 Abs. 5 Satz 2 DSGVO verweigert.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 20.12.2018 – 17 Sa 11/18 –, NZA-RR 2019, 242). Die Entscheidung bezieht sich auf ein bestimmtes Arbeitsverhältnis und damit auf einen konkreten, abgrenzbaren Lebenssachverhalt. Im Unterschied zu der vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidung des LAG bezieht sich der Anspruch des Klägers gerade nicht auf einen konkreten, eng begrenzten Lebenssachverhalt, sondern beinhaltet das pauschale Begehren der Vorlage von (elektronischen) Aktendoppeln.

Eines Nachweises für den unbegründeten oder exzessiven Charakter des Antrags durch den Beklagten bedarf es nach Überzeugung des Senats nicht, da die zur Unbegründetheit des Antrags führenden Umstände sich bereits aus der Formulierung des Klagebegehrens und dem Akteninhalt ergeben und damit offensichtlich sind.

Nach Einschätzung des Senats dient das Begehren des Klägers im Übrigen nicht dem Ziel der DSGVO, den Schutz der Privatsphäre des Klägers bei der Verarbeitung von ihn betreffenden Daten zu gewährleisten. Vielmehr versucht der Kläger, den Auskunftsanspruch zweckwidrig zu nutzen, um Zugang zu ganzen Beständen ihn betreffender Verwaltungsdokumente zu erlangen. Ein solcher Zugang ergibt sich aber aus Art. 15 DSGVO nicht bzw. soll dem Anspruchsgegner für diese Fälle ein Leistungsverweigerungsrecht nach Art. 12 Abs. 5 Satz 2 DSGVO zustehen.

dd.

Nach Ansicht des erkennenden Senats ist die Klage als Minus zum Klageantrag „Überlassung von Datenkopien vollständiger Akten“ auch nicht hinsichtlich der Erteilung bestimmter Auskünfte oder Überlassung bestimmter Datenkopien teilweise begründet. Die Erteilung bestimmter Auskünfte oder Datenkopien stellt im Verhältnis zum Klageantrag auf „Überlassung von Datenkopien vollständiger Akten“ etwas qualitativ Anderes (aliud) dar und ist kein Weniger (minus) zum klägerischen Begehren (so auch BFH, Beschluss vom 05.05.2017 – X B 36/17 –, BFH/NV 2017, 1183 Rn. 20).

1.3

Soweit der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen alle Daten über den Kläger, die nicht seiner Besteuerung dienen, inklusive aller Archive und Datensicherungen im Sinne des Art. 4 DSGVO vollständig und sicher zu löschen bzw. zu vernichten, ist die Klage zulässig, aber unbegründet.

a.

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig.

Nach Auffassung des Senats kommt eine Verpflichtungsklage nicht in Betracht, weil auf die Löschung von Daten bei Vorliegen der Voraussetzungen ein unmittelbarer Rechtsanspruch besteht. Einer weiteren Verwaltungsentscheidung bedürfte es dafür im Erfolgsfall nicht.

Die sachliche Zuständigkeit des Gerichts folgt für Klagen gegen Verantwortliche nach Art. 79 DSGVO aus § 32i Abs. 2 AO, die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 32i Abs. 5 Satz 2 AO; das beklagte Finanzamt hat seinen Sitz im Zuständigkeitsbereich des Gerichts.

b.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn der Kläger hat keinen Anspruch aus Art. 17 Abs. 1 lit. d bzw. Art. 21 Abs. 1 DSGVO. Eine unrechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten liegt nicht vor.

aa.

Nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen zu verlangen, dass sie betreffende personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden. Der Verantwortliche ist u.a. verpflichtet, personenbezogene Daten unverzüglich zu löschen, sofern die personenbezogenen Daten unrechtmäßig verarbeitet wurden (Art. 17 Abs. 1 lit. d DSGVO).

Die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung richtet sich für personenbezogene Daten nach Art. 6 DSGVO, für besondere Kategorien - sensibler - personenbezogener Daten nach Art. 9 DSGVO.

Lag keiner der in Art. 6 oder Art. 9 DSGVO angeführten Gründe für eine rechtmäßige Verarbeitung der Daten vor, kann die betroffene Person (Art. 4 Nr. 1 DSGVO) unionsrechtlich die Löschung personenbezogener Daten wegen anfänglich unrechtmäßiger Verarbeitung nach Art. 17 Abs. 1 lit. d DSGVO von dem Verantwortlichen verlangen.

(1)

Nach Art. 4 Abs. 1 DSGVO sind personenbezogene Daten alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare lebende natürliche Person („betroffene Person“) beziehen.

(2)

Verarbeitung ist nach Art. 4 Nr. 2 DSGVO jeder mit Hilfe automatisierter oder manueller Verfahren ausgeführten Vorgang sowie jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten. Die DSGVO erfasst neben der ganz oder teilweise automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten auch deren nichtautomatisierte Verarbeitung, solange sie in einem "Dateisystem" gespeichert sind oder gespeichert werden sollen (Art. 2 Abs. 1 DSGVO). Dateisystem ist jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, unabhängig davon, ob diese Sammlung zentral, dezentral oder nach funktionalen oder geografischen Gesichtspunkten geordnet geführt wird" (Art. 4 Nr. 6 DSGVO). Strukturiert ist eine Sammlung personenbezogener Daten als einer planmäßigen Zusammenstellung von Einzelangaben (Ernst in: Paal/Pauly, DS-GVO BDSG, 2. Aufl. 2018, Art. 4 Rn. 53) nach dem gebotenen weiten Verständnis, wenn die Daten über eine bestimmte Person leicht wiederauffindbar sind.

(3)

Der Beklagte als Finanzbehörde muss die Daten als Verantwortlicher im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DSGVO verarbeiten. Verantwortlicher in diesem Sinne kann auch eine Behörde sein, die allein oder gemeinsam mit anderen über Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet.

(4)

Die Verarbeitung muss rechtmäßig erfolgt sein.

Gesetzgeberisch stützt sich die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen des Steuerverfahrens auf Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. e DSGVO (BT-Drs. 18/12611, S. 77). Danach ist die Datenverarbeitung rechtmäßig, wenn diese für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde. Das richtet sich - sofern das Unionsrecht nicht selbst eine Regelung trifft (Art. 6 Abs. 3 Satz 1 lit. a DSGVO) - gemäß Art. 6 Abs. 3 Satz 1 lit. b DSGVO nach dem Recht der Mitgliedstaaten, dem der Verantwortliche unterliegt. In diesem Fall muss gemäß Art. 6 Abs. 3 Satz 2 DSGVO entweder der Verarbeitungszweck in der Rechtsgrundlage festgelegt oder bzgl. Abs. 1 lit. e für die Erfüllung einer Aufgabe erforderlich sein, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde (Heberlein in: Ehmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 6 Rn. 43; Buchner/Petr in: Kühling/Buchner, DS-GVO BDSG, 3. Aufl. 2020, Art. 6 DS-GVO Rn. 198).

Der Gesetzgeber hat vor diesem Hintergrund für den Bereich des steuerlichen Verfahrensrechts mit § 29b Abs. 1 AO eine auf Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. e DSGVO basierende Rechtsgrundlage geschaffen (BT-Drs. 18/12611, S. 77; Wackerbeck in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 266. Lfg. (11.2021), § 29b AO Rn. 11; Mues in: Gosch, AO/FGO, 165. Lfg. (08/2018), § 29b AO Rn. 6).

Eine Verarbeitung sensibler Daten, die nur in den in Art. 9 Abs. 2 DSGVO genannten Fällen zulässig ist, stützt sich im Rahmen des Steuerverfahrens auf Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO (Mues in: Gosch, AO/FGO, 165. Lfg. (08/2018), § 29b AO Rn. 7). Die Verarbeitung solcher Daten ist zulässig, soweit sie auf der Grundlage des Unionsrechts oder des Rechts eines Mitgliedstaats beruht, das in angemessenem Verhältnis zu dem verfolgten Ziel steht, den Wesensgehalt des Rechts auf Datenschutz wahrt und angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Grundrechte und Interessen der betroffenen Person vorsieht, und aus Gründen eines erheblichen öffentlichen Interesses erforderlich ist. § 29b Abs. 2 AO ist die nationale Rechtsgrundlage für die Verarbeitung sensibler Daten i.S.d. Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO in Verwaltungsverfahren in Steuersachen nach der AO durch Finanzbehörden (Mues in: Gosch, AO/FGO, 165. Lfg. (08/2018), § 29b AO Rn. 8)

bb.

Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt unzweifelhaft eine Verarbeitung personenbezogener Daten des Klägers durch den Beklagten als Finanzbehörde vor. Die Verarbeitung der enthaltenen Daten beruht, gleich, ob es sich um solche nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. e oder Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO handelt, jedoch auf einer ausreichenden Befugnis im Sinne der DSGVO und erfolgte damit rechtmäßig.

Prüfungsgegenstand können nur die sich aus dem Akteninhalt ergebenden, vom Beklagten verarbeiteten personenbezogenen Daten des Klägers sein. Dabei sind nach Überzeugung des erkennenden Senats besonders sensible Daten, wie Gesundheitsdaten oder sexuelle Orientierung des Klägers nicht aus dem Akteninhalt ersichtlich. Es kann daher dahinstehen, ob die besonderen Anforderungen an die Verarbeitung sensibler Daten gemäß Art. 9 Abs. 2 lit. g. DSGVO erfüllt sind.

Soweit die Verarbeitung von aus dem Akteninhalt ersichtlichen personenbezogenen Daten, wie persönliche Daten (Name, Anschrift, Geburtsdatum), Personenstand (verheiratet) und Verwandtschaftsverhältnisse (Elternteil), Erfassung von Anrufen beim Finanzamt (in Funktion als Auskunftsperson) in der Verwaltungsakte, Wirtschaftliche Aktivitäten (Erwerb von Fachbücher, die bei der freiberuflich tätigen Ehefrau nicht zum BA-Abzug zugelassen worden sind) betroffen ist, hat der Senat keine Zweifel, dass diese Verarbeitung auf einer ausreichenden gesetzlichen Befugnis im Sinne der DSGVO erfolgte und die Daten für die Zwecke der Durchführung der Besteuerung erforderlich sind. Einer Einwilligung des Klägers bedurfte es daher für eine rechtmäßige Verarbeitung der Daten nicht.

cc.

Für den Senat bestand auch keine Veranlassung aufgrund des Akteninhalts, des bisherigen Sachvortrags und der Anträge der Parteien weitere Ermittlungen anzustellen.

Soweit der Kläger die Vernehmung eines Apothekers beantragt, der eine Apotheke in Umgebung zur Praxis der Ehefrau betreibt und nicht namentlich benannt ist, da er aus Sorge vor Repressalien durch den Beklagten so lange wie möglich anonym bleiben möchte, und der die Anforderungen von Daten des Klägers im Klartext durch das beklagte Finanzamt bestätigen soll, ist dieser Antrag nicht ausreichend substantiiert, um Anlass zu weiterer Sachverhaltsermittlungen durch das Gericht zu geben.Bl. 281R FG-A.

1.4

Soweit der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen im Wege der Stufenklage zu 1.3. die vollständige und sichere Löschung bzw. Vernichtung aller Daten über den Kläger, die nicht seiner Besteuerung dienen, inklusive aller Archive und Datensicherungen im Sinne des Art. 4 DSGVO nachzuweisen, gilt der Antrag 2. Stufe aufgrund der Erfolglosigkeit des Antrags 1. Stufe (Antrag 1.3) als nicht gestellt.

Nach finanzgerichtlicher Rechtsprechung und Literaturansicht, der sich der Senat anschließt, besteht auch im Finanzgerichtsprozess gemäß § 254 Zivilprozessordnung --ZPO-- i.V.m. § 155 FGO die Möglichkeit der Stufenklage besteht. Anders als teilweise für den Zivilprozess vertreten, wird für das finanzgerichtliche Verfahren angenommen, dass im Falle der Stufenklage der Antrag auf zweiter oder höherer Stufe nur für den Fall als gestellt gilt, dass das Gericht dem Antrag erster Stufe bzw. den Anträgen vorhergehender Stufen stattgibt (vgl. FG Hessen, Urteil vom 11.12.2018 -- 4 K 977/16 --, EFG 2019, 745; so auch Steinhauff in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 266. Lfg (11/2021), § 43 FGO Rn. 96).

1.5

Soweit der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen allen Dritten, an die Daten des Klägers weitergeleitet wurden, mitzuteilen, dass diese Daten rechtswidrig erlangt und rechtswidrig weitergegeben wurden, ist die Klage unzulässig.

In Abgrenzung zum Antrag 1.8 versteht der Senat den Begriff der „Dritten“ im Sinne des Antrags dahingehend, dass davon Personen außerhalb der Finanzverwaltung erfassen soll. Die Klage ist jedoch unzulässig, da keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, um welche Personen es konkret gehen soll.

1.6

Soweit der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen den Kläger darüber zu informieren, an wen seine Daten weitergegeben wurden, aus welchem Rechtsgrund und zu welchem Zweck, ist die Klage zulässig, aber nicht begründet.

Die beantragten Auskünfte sind Annex-Informationen im Sinne von Art. 15 Abs. 1 lit. c DSGVO zur allgemeinen Datenauskunft nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO. Da jedoch bereits das Recht auf Erteilung der Datenauskunft nicht besteht (auf die Ausführungen unter B. I. 1.1 bb. wird verwiesen), ist auch das Recht auf die Annex-Information nicht gegeben.

1.7

Soweit der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen den Kläger darüber zu informieren, wer auf Seiten des Beklagten Zugang zu Daten des Klägers hatte und warum dieser Zugang gewährt wurde (§ 76 Bundesdatenschutzgesetz --BDSG--), ist die Klage zulässig, aber nicht begründet.

Die Vorschriften des BDSG sind im Bereich der Steuerverwaltungen im Wesentlichen nicht anwendbar sind. Gemäß § 2a Abs. 1 Satz 2 AO gelten die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes oder andere Datenschutzvorschriften des Bundes sowie entsprechende Landesgesetze für Finanzbehörden nur, soweit dies in der AO oder den Steuergesetzen bestimmt ist. Im Hinblick auf § 76 BDSG ist dies nicht der Fall. Ein Anspruch auf Erteilung der entsprechenden Informationen ergibt sich auch nicht aus der DSGVO.

Im Übrigen räumen weder § 76 BDSG noch die Betroffenenrechte der DSGVO der betroffenen Person ein Recht ein, die Protokolle herausverlangen zu können (vgl. Schwichtenberg in: Kühling/Buchner, 3. Aufl. 2020, BDSG § 76 Rn. 5; Burghardt/Reinbacher in: BeckOK DatenschutzR, § 76 Rn. 20).

1.8

Soweit der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen den Kläger darüber zu informieren, von wem der Beklagte Daten des Klägers erhalten hat, ist die Klage zulässig, aber nicht begründet.

Die beantragten Auskünfte sind Annex-Informationen im Sinne von Art. 15 Abs. 1 lit. g DSGVO zur allgemeinen Datenauskunft nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO. Da jedoch bereits das Recht auf Erteilung der Datenauskunft nicht besteht (auf die Ausführungen unter B. I. 1.1 wird verwiesen), ist auch das Recht auf die Annex-Information nicht gegeben.

1.9

Soweit der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen im Wege der Stufenklage zu 1.1. die vollständige und zutreffende Erfüllung des Auskunftsanspruchs gemäß 1.1. zu beeiden, gilt der Antrag 2. Stufe aufgrund der Erfolglosigkeit des Antrags 1. Stufe (Antrag 1.1) als nicht gestellt. Auf die Ausführungen unter B. I. 1.4 wird verwiesen.

2.

Feststellungsanträge gegen den Beklagten

Statthafte Klageart für die gegen den Beklagten gerichteten Feststellungsanträge ist die allgemeine Feststellungsklage im Sinne von § 41 Abs. 1 Alt. 1 FGO.

Durch Klage kann nach § 41 Abs. 1 FGO die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage). Um die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses in diesem Sinn geht es auch, wenn die Feststellung der Rechtswidrigkeit von Verwaltungshandeln, das keinen Verwaltungsakt darstellt (§ 118 Satz 1 Abgabenordnung --AO--), gegenüber dem Betroffenen festgestellt werden soll (vgl. BFH, Urteil vom 29.04.2008 – I R 79/07 –, BFH/NV 2008, 1807, unter II.1.; Urteil vom 18.01.2012 – II R 49/10 –, BFHE 235, 151, BStBl II 2012, 168, Rn. 18).

Abzugrenzen ist die allgemeine Feststellungsklage im Sinne von § 41 Abs. 1 FGO von der echten und unechten Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO. Erledigt sich ein Verwaltungsakt --VA--, bevor das Gericht durch Urteil über seine Rechtmäßigkeit befinden kann, so stellt das Gericht nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO auf Antrag dessen Rechtswidrigkeit fest, sofern der Kläger hieran ein berechtigtes Interesse hat. Wie sich bereits aus dem Wortlaut der Norm ergibt, handelt es sich dabei um ein Feststellungsurteil, weil sich der ursprüngliche VA bereits erledigt hat und damit seine Aufhebung nach § 100 Abs. 1 Satz 1 oder seine Änderung nach § 100 Abs. 2 Satz 1 nicht mehr in Betracht kommt (Stapperfend in: Gräber, 9. Aufl. 2019, FGO § 100 Rn. 80). Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist trotz des ergehenden Feststellungsurteils ein Unterfall der Anfechtungsklage. Es handelt sich um eine verwaltungsaktbezogene Klage, die zum Ziel hat, trotz Erledigung eines Verwaltungsakts dessen Rechtswidrigkeit festzustellen (BFH, Urteil vom 14.08.1985 – I R 188/82 –, BFHE 144, 339). Von Bedeutung ist die Unterscheidung insbesondere hinsichtlich unterschiedlicher Anforderungen an die Sachurteilsvoraussetzungen. So werden im Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage im Allgemeinen im Vergleich zur allgemeinen Feststellungsklage geringere Anforderungen an das Vorliegen eines Feststellungsinteresses gestellt (so auch Steinhauff in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 266. Lfg. (11/2021), § 41 FGO, Rn. 236 mit Verweisen auf die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung). So kann etwa ein Feststellungsinteresse an der Fortsetzung eines erledigten Verfahrens durch einen bereits anhängigen oder mit hinreichender Sicherheit zu erwartenden Schadensersatzprozess (Amtshaftung) begründet werden (vgl. BFH, Urteil vom 11.08.1998 – VII R 72/97 –, BStBl II 1998, 750).

Der erkennende Senat ist der Überzeugung, dass diese geringeren Anforderungen an das Vorliegen eines Feststellungsinteresses nicht auf die allgemeine Feststellungsklage zu übertragen sind. Die Rechtsprechungsgrundsätze des BFH sind im Zusammenhang mit der besonderen Klagesituation bei Fortsetzungsfeststellungsklagen zu sehen, welche als „verlängerte“ bzw. „nachgelagerte“ Anfechtungsklage“ über die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts befinden, dessen Erledigung letztlich von Zufälligkeiten abhängig ist. Auf die Klagesituation bei der allgemeinen Feststellungsklage, bei der es gerade an einem Verwaltungsakt, über dessen Rechtmäßigkeit das erkennende Gericht ohnehin zu befinden hätte, fehlt, lassen sich diese Erwägungen nicht übertragen. Anliegen der besonderen Sachurteilsvoraussetzungen der Subsidiarität der Feststellungsklage und des Erfordernisses eines besonderen Feststellungsinteresses ist es, unnötige Feststellungsklagen zu vermeiden, wenn für die Rechtsverfolgung eine andere, sachnähere und wirksamere Klageart zur Verfügung steht. Der dem Kläger zustehende Rechtsschutz soll aus Gründen der Prozessökonomie auf ein einziges Verfahren, nämlich dasjenige, das seinem Anliegen am wirkungsvollsten gerecht wird, konzentriert werden. Wegen der prinzipiellen Gleichwertigkeit der Rechtswege gilt diese Zielsetzung „rechtswegübergreifend“, d.h. auch dann, wenn die mit der Feststellungsklage konkurrierende Klage vor dem Zivilgericht zu erheben oder bereits erhoben ist (so auch BVerwG, Urteil vom 12.07.2000 – 7 C 3/00 –, BVerwGE 111, 306).

Ferner ist bislang ungeklärt, ob § 256 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 155 FGO im finanzgerichtlichen Verfahren anwendbar und mithin des Weiteren eine Abgrenzung der Feststellungsklage zur Zwischenfeststellungsklage erforderlich ist. § 256 Abs. 2 ZPO sieht unter bestimmten Voraussetzungen die Zwischenfeststellung eines im Prozessverlauf streitig gewordenen präjudiziellen Rechtsverhältnisses vor. Die notwendige Vorgreiflichkeit des Rechtsverhältnisses macht das Feststellungsinteresse entbehrlich (vgl. Greger in: Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 256 Rn. 25). Während die Verwaltungsgerichtsbarkeit die Frage der Anwendbarkeit von § 256 Abs. 2 ZPO für ihre Prozessordnung bejaht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.2.2011 – 7 B 49/10 –, juris; Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 43 Rn. 33), wird die Zulässigkeit einer Zwischenfeststellungsklage im Anwendungsbereich der FGO ganz überwiegend verneint. Zur Begründung wird zum einen darauf verwiesen, dass § 41 FGO eine eigenständige und in sich abgeschlossene Regelung zur Feststellungsklage enthalte, sodass eine Lücke, die nach § 155 FGO die ergänzende Anwendbarkeit der Regelungen der ZPO eröffnen würde, nicht besteht (so auch Teller in: Gräber, FGO, 9. Aufl. 2019, § 41 Rn. 44). Zum anderen wird zur Begründung auf die steuerverfahrensrechtliche Grundentscheidung verwiesen, dass die Abgabenordnung für präjudizielle Rechtsverhältnisse feste und bindende Regelungen in Gestalt des Grundlagen- und des Folgebescheids vorsehe, dem auch im Prozessrecht Rechnung getragen werde. Aufgabe des Prozessrechts sei es nicht, diese Ausgangslage zu verändern, sondern in dem durch das materielle Abgabenrecht abgesteckten Rahmen Klarheit darüber herbeizuführen, was zwischen den Verfahrensbeteiligten als rechtens gelten soll (vgl. Krumm in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 168. Lfg. (11/2021), § 41 FGO, Rn. 31; Steinhauff in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 266. Lfg. (11/2021), § 41 FGO Rn. 89 f.; Teller in: Gräber, VwGO, 9. Aufl. 2019, § 41 Rz. 43 ff.; von Beckerath in: Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 165. Lfg. (01/2018), § 41 Rn. 116). Der Senat schließt sich dieser Rechtsansicht an. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der gesetzlichen Neuregelung zur bundesrechtlichen Zuweisung von Datenschutzverfahren gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO i.V.m. § 32i Abs. 2 AO zu den Finanzgerichten, denn nach § 32i Abs. 4 AO bleibt die FGO im Übrigen anwendbar.

Unter Beachtung vorstehender Rechtsgrundsätze geht der Senat davon aus, dass die gegen den Beklagten gerichteten Anträge als allgemeinen Feststellungsklagen statthaft sind, da es sich bei dem streitgegenständlichen Verhalten des beklagten Finanzamts um Realakte (schlichtes Verwaltungshandeln) und nicht um Verwaltungsakte handelt. Für die gegen den Beklagten gerichteten Feststellungsanträge ergibt sich im Einzelnen Folgendes:

2.1

Soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass der Beklagte seiner Informationspflicht nach Art. 14 DSGVO, § 33 BDSG, § 46 BDSG nicht nachgekommen ist, ist die Klage unzulässig.

a.

Für die Zulässigkeit der Feststellungsklage gelten die allgemeinen Sachentscheidungsvoraussetzungen mit der Besonderheit, dass die Feststellungsklage nicht von der Einhaltung einer Frist (§ 47 FGO) oder dem erfolglosen Abschluss eines außergerichtlichen Vorverfahrens (§ 44 FGO) abhängig ist.

Eine Sachentscheidung setzt neben den allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen voraus, dass spezielle Sachentscheidungsvoraussetzungen erfüllt sind:

Unter dem Gesichtspunkt der Klagebefugnis (§ 40 Abs. 2 FGO analog) muss der Kläger substantiiert und in sich schlüssig vorbringen, dass – die Richtigkeit des Vortrags unterstellt – eine Gefährdung des Klägers in eigenen Rechten als möglich erscheint (BFH, Urteil vom 15.10.1997 – I R 10/92 –, BFHE 184, 212; Teller in: Gräber, 9. Aufl. 2019, FGO § 41 Rn. 7).

Weitere Voraussetzung ist ein berechtigtes, nicht wie in § 256 ZPO ein rechtliches, Interesse an der alsbaldigen Feststellung, d.h. es genügt auch ein schützenswertes ideelles oder wirtschaftliches Interesse. Die Feststellung einer steuerrechtlichen Rechtslage zur Vorbereitung eines Zivilprozesses reicht regelmäßig nicht aus, um die Zulässigkeit der Feststellungsklage zu begründen, da die Zivilgerichte steuerliche Vorfragen selbst zu entscheiden haben (vgl. oben B. I. 2.). Die Wiederholungsgefahr und ein Rehabilitationsinteresse, vor allem nach schwerwiegendem Grundrechtsverstoß, können ein Feststellungsinteresse begründen (BFH, Urteil vom 29.07.2003 – VII R 39, 43/02 –, BFHE 202, 411). Dabei muss es sich um ein eigenes Interesse des Klägers handeln (Teller in: Gräber, FGO, 9. Aufl. 2019, § 41 Rn. 28 f.; Steinhauff in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 266. Lfg. (11/2021), § 41 FGO Rn. 230 ff.).

Schließlich muss als negative Voraussetzung, soweit nicht die Nichtigkeit eines VA in Frage steht, die Möglichkeit, Rechtsschutz im Wege der Gestaltungs- oder Leistungsklage zu erlangen, ausgeschlossen sein; dies ergibt sich aus der Subsidiaritätsklausel des § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO (Teller in: Gräber, 9. Aufl. 2019, FGO § 41 Rn. 9).

Diese Sachentscheidungsvoraussetzungen für die allgemeine Feststellungsklage stellen sicher, dass einerseits im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG die Rechtsschutzlücke, die § 40 FGO mit seiner Konzentration auf die praktisch bedeutsameren Klagearten (Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage) hinterlässt, geschlossen wird und dass andererseits durch das Erfordernis einer Beschwer und eines besonderen Rechtsschutzinteresses (Feststellungsinteresse) Popularklagen ausgeschlossen werden.

b.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Feststellungsantrag aufgrund der Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage bereits unzulässig, denn das auf ordnungsgemäße Erfüllung der Informationspflichten gerichtete Rechtsschutzbegehren hätte vorrangig durch eine allgemeine Leistungsklage geltend gemacht werden können.

Nach § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses nicht begehrt werden kann, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO ist ebenso wie die vergleichbare Regelung des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO ihrem Zweck entsprechend einschränkend auszulegen und anzuwenden (BVerwG, Urteil vom 29.04.1997 – 1 C 2/95 –, NJW 1997, 2534, unter 4., m.w.N., zu § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Denn wenn keine Umgehung der für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen geltenden Bestimmungen über Fristen und Vorverfahren droht, steht § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO der Feststellungsklage ebenso wenig entgegen wie in Fällen, in denen diese den effektiveren Rechtsschutz bietet. Kann die zwischen den Beteiligten streitige Frage sachgerecht und ihrem Rechtsschutzinteresse voll Rechnung tragend durch das vom Kläger ausdrücklich begehrte Feststellungsurteil geklärt werden, verbietet es sich, ihn auf eine Gestaltungs- oder Leistungsklage zu verweisen, in deren Rahmen das Rechtsverhältnis, an dessen selbständiger Feststellung er ein berechtigtes Interesse hat, einerseits nur Vorfrage wäre, andererseits die weiteren Elemente des geltend zu machenden Anspruchs nur untergeordnete Bedeutung hätten (BFH, Urteil vom 18.01.2012 – II R 49/10 –, BFHE 235, 151 Rn. 22).

Zwar droht im Verhältnis von allgemeiner Leistungsklage und Feststellungsklage nicht die Umgehung geltender Vorschriften über Fristen und Vorverfahren, denn der Durchführung eines Vorverfahrens und Wahrung einer Klagefrist bedarf es bei der allgemeinen Leistungsklage ebenfalls nicht. Jedoch bietet die Feststellungsklage nach Überzeugung des Senats unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie gegenüber der Leistungsklage den weniger effektiven Rechtsschutz. Das Leistungsurteil ist vollstreckbar. Sofern hingegen das beklagte Finanzamt ein Feststellungsurteil nicht beachtet, muss der Kläger seinen Anspruch mittels einer weiteren Leistungsklage durchsetzen (so auch Steinhauff in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 266. Lfg. (11/2021), § 41 FGO Rn. 435).

c.

Im Übrigen wäre der Antrag auch nicht begründet, denn die notwendigen Informationen wurden dem Kläger im Sinne der Art. 12 ff. DSGVO in ausreichendem Umfang bereitgestellt.

Maßgeblich für die Wahrnehmung der Rechte als Betroffener nach Kap. III DSGVO (Art. 12 ff. DSGVO) ist, dass der Betroffene erfährt, dass ihn betreffende Daten erhoben werden. Nach Art. 12 Abs. 1 DSGVO sind die Informationen „in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache zu übermitteln“. Die Übermittlung kann schriftlich oder in anderer Form, ggf. auch elektronisch erfolgen (Schmidt-Wudy in: Wolf/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, Art. 14 DSGVO Rn. 85). Die Zurverfügungstellung der notwendigen Informationen durch den Verantwortlichen setzt ein aktives Handeln voraus (Knyrim in: Ehmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 14 Rn. 13; Bäcker in: Kühling/Buchner, DS-GVO BDSG, 3. Aufl. 2020, Art. 12 DS-GVO Rn. 16). Ein aktives Informieren kann durch Bereitstellung oder zielgerichtete Hinführung zu den Informationen gewährleistet werden (Paal/Hennemann in: Paal/Pauly, DS-GVO BDSG, 3. Aufl. 2021, Art. 14 DSGVO Rn. 5). Es besteht insoweit grundsätzlich ein Entscheidungsspielraum des Verantwortlichen, in welcher Form er die gebotenen Informationen bereitstellt. Jedenfalls muss die gewählte Form der betroffenen Person tatsächlich eine hinreichende Möglichkeit zur Kenntnisnahme vermitteln. Dies folgt aus Art. 34 Abs. 3 lit. c Satz 2 DSGVO und lässt sich für andere aktive Informationspflichten dem Zugänglichkeitsgebot des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 DSGVO entnehmen (Bäcker in: Kühling/Buchner, DS-GVO BDSG, 3. Aufl. 2020, Art. 12 DS-GVO Rn. 16).

Dies vorausgeschickt ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Datenschutzhinweise in elektronischer Form unter der Webadresse www.finanzamt.de hinterlegte. Der Beklagte hat auf die Datenschutzhinweise bereits in seinem Antwortschreiben vom 17.06.2020 hingewiesen. Es bestehen auch keine Zweifel, dass die Hinweise für den Kläger abrufbar und damit hinreichend zugänglich waren. Der Aufruf von Informationen aus dem Internet entspricht mittlerweile der Üblichkeit und stellt keine besonderen Anforderrungen. Entgegenstehende Hinweise ergeben sich weder aus den Akten noch hat der Kläger solche geltend gemacht.

Inhaltlich klären die umfangreich gestalteten Datenschutzhinweise u.a. darüber auf, zu welchem Zweck die personenbezogenen Daten verarbeitet werden (Aufgabenerfüllung; Steuern nach den Vorschriften der Abgabenordnung und der Steuergesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben) und dass personenbezogene Daten auch von Dritten angefordert werden können (vgl. Ziffer 4 der Hinweise). In der Gesamtschau hat der Senat keine Zweifel, dass der Beklagte insoweit den Informationspflichten aus Art. 14 DSGVO in ausreichendem Umfang nachgekommen ist (so auch FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.08.2021 – 5 K 42/21 –, Rn. 54 ff., juris).

2.2

Soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass der Beklagte Auskunftsrechte des Klägers nach Art. 15 DSGVO nicht erfüllt hat, ist die Klage aufgrund der Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage bereits unzulässig. Denn das auf Auskunftserteilung gerichtete Rechtsschutzbegehren des Klägers ist bereits Gegenstand eines Leistungsantrags (Antrag 1.1). Hinter diesen tritt die Feststellungsklage als subsidiär zurück (§ 41 Abs. 2 Satz 1 FGO).

2.3

Soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass der Beklagte in der Folge Rechte des Klägers nach Kapitel III. „Rechte der betroffenen Person“ der DSGVO verletzt hat, ist die Klage aufgrund der Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage bereits unzulässig. Denn das auf die Durchsetzung von Betroffenenrechte nach DSGVO gerichtete Rechtsschutzbegehren des Klägers ist zum Teil bereits Gegenstand von Leistungsanträgen (Anträge 1.1, 1.2 und 1.3) und hätte im Übrigen durch Leistungsanträge, gerichtet auf die Erfüllung der jeweiligen übrigen Betroffenenrechte, verfolgt werden können. Hinter diesen (möglichen) Leistungsanträgen tritt die Feststellungsklage als subsidiär zurück (§ 41 Abs. 2 Satz 1 FGO).

2.4

Soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass der Beklagte die notwendigen technischen und organisatorischen Maßnahmen für die Sicherung (TOMS) der Rechte des Klägers nach der DSGVO und dem BDSG nicht erstellt und diese TOMS nicht auf ihre Wirksamkeit geprüft hat, ist die Klage mangels Klagebefugnis und mangels Feststellungsinteresses des Klägers unzulässig.

Der Kläger ist nur dann klagebefugt (§ 40 Abs. 2 FGO analog), wenn er substantiiert und in sich schlüssig vorbringen, dass – die Richtigkeit des Vortrags unterstellt – eine Gefährdung des Klägers in eigenen Rechten als möglich erscheint. Die in Art. 24 DSGVO verankerte Verpflichtung zur Umsetzung geeigneter technischer und organisatorischer Maßnahmen dient dem Ziel, sicherstellen und nachweisen zu können, dass die Verarbeitung im Einklang mit der DSGVO erfolgt (Mantz in: Sydow, Europäische Datenschutzgrundverordnung, DSGVO, 2. Aufl. 2018, Art. 32 Rn. 1). Der in Art. 32 DSGVO niedergelegte Grundsatz des Datenschutzes durch Datensicherheitsmaßnahmen konkretisiert die in Art. 24 DSGVO generell geregelten Datensicherheitsmaßnahmen beim Umgang mit personenbezogenen Daten. Die in Bezug genommenen Vorschriften gewähren dem Kläger nach Überzeugung des Senats keine individuellen subjektiv-öffentlichen Rechte, sondern verfolgen übergeordnete Ziele im Gemeininteresse (objektives Recht).

Im Übrigen fehlt es am Feststellungsinteresse als besonderer Sachurteilsvoraussetzung der allgemeinen Feststellungsklage. Der Kläger hat weder dargetan noch ist aus dem Akteninhalt ersichtlich oder dem Senat sonst bekannt oder erkennbar, aus welchen schützenswerten ideellen oder wirtschaftlichen Interesse sich ein Feststellungsinteresse des Klägers hinsichtlich der begehrten Feststellung ergeben könnte.

2.5

Soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass der Beklagte nicht die notwendige qualifizierte IT-Sicherheit nach ISO 27001 (IT Grundschutz) zum Zeitpunkt des Beginns der Datenverarbeitung erbringen kann (Art. 32 DSGVO i.V.m. § 32h AO), ist die Klage mangels Klagebefugnis und mangels Feststellungsinteresses des Klägers unzulässig.

Der Kläger ist nicht klagebefugt (§ 40 Abs. 2 FGO analog). Art. 32 DSGVO konkretisiert die in Art. 24 DSGVO generell geregelten Datensicherheitsmaßnahmen bei Umgang mit personenbezogenen Daten. Art. 32 DSGVO zielt auf die Vermeidung von Datenschutzverletzungen, also auf die Verletzung der Datenschutzvorschriften in Gestalt der Datensicherheitsanforderungen der DSGVO (Kramer/Meints in: Auernhammer, DSGVO/BDSG, 7. Aufl. 2020, Art. 32 DSGVO Rn. 1). Die in Bezug genommenen Vorschriften gewähren dem Kläger nach Überzeugung des Senats keine individuellen subjektiv-öffentlichen Rechte, sondern verfolgen übergeordnete Ziele im Gemeininteresse (objektives Recht).

Im Übrigen fehlt es am Feststellungsinteresse als besonderer Sachurteilsvoraussetzung der allgemeinen Feststellungsklage. Der Kläger hat weder dargetan noch ist aus dem Akteninhalt ersichtlich oder dem Senat sonst bekannt oder erkennbar, aus welchen schützenswerten ideellen oder wirtschaftlichen Interesse sich ein Feststellungsinteresse des Klägers hinsichtlich der begehrten Feststellung ergeben könnte.

2.6

Soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass der Beklagte versucht hat, den Kläger durch fehlende und falsche Auskunft seiner rechtlichen Möglichkeiten nach Kapitel VIII. der DSGVO, §§ 36, 66 BDSG zu berauben, ist die Klage aufgrund der Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage bereits unzulässig. Denn das auf Auskunftserteilung gerichtete Rechtsschutzbegehren des Klägers ist bereits Gegenstand eines Leistungsantrags (Antrag 1.1). Hinter diesen tritt die Feststellungsklage als subsidiär zurück (§ 41 Abs. 2 Satz 1 FGO).

2.7

Soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass der Beklagte die notwendigen Meldungen nach der DSGVO an den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) nicht oder nicht rechtzeitig erbracht hat (Art. 33 DSGVO, § 65 BDSG), ist die Klage mangels Klagebefugnis und mangels Feststellungsinteresses des Klägers unzulässig.

Der Kläger ist nicht klagebefugt (§ 40 Abs. 2 FGO analog). Die in Art. 33 DSGVO konkretisierten Meldepflichten bei einer Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten dienen mehreren Schutzprinzipien der DSGVO. Allgemein dienen sie der Transparenz der Datenverarbeitung, indem nicht nur über die genauen Umstände einer ordnungsgemäßen Datenverarbeitung, sondern auch über auftretende Datenschutzdefizite informiert werden muss. Im Besonderen führen die Meldepflichten zur Transparenz der Datenverarbeitung gegenüber der Aufsichtsbehörde (Grundsatz der Rechenschaftspflicht des Verantwortlichen). Schließlich entfalten die Informationspflichten darüber hinaus Präventivwirkung, da Datenverarbeiter – im Bewusstsein, dass Datenschutzverstöße aufgrund dieser gesetzlichen Pflichten öffentlich bekannt werden – bemüht sein werden, Datenschutzverstöße von vornherein zu vermeiden (vgl. Jandt in: Kühling/Buchner, 3. Aufl. 2020, DS-GVO Art. 33 Rn. 1 m.w.N.). Die in Bezug genommenen Vorschrift zu Meldepflichten bei Datenschutzverstößen gewährt dem Kläger daher nach Überzeugung des Senats kein individuelles subjektiv-öffentliches Recht, sondern verfolgt übergeordnete Ziele im Gemeininteresse (objektives Recht).

Im Übrigen fehlt es am Feststellungsinteresse als besonderer Sachurteilsvoraussetzung der allgemeinen Feststellungsklage. Der Kläger hat weder dargetan noch ist aus dem Akteninhalt ersichtlich oder dem Senat sonst bekannt oder erkennbar, aus welchen schützenswerten ideellen oder wirtschaftlichen Interesse sich ein Feststellungsinteresse des Klägers hinsichtlich der begehrten Feststellung ergeben könnte.

2.8

Soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass der Beklagte die erforderliche Datenschutz-Folgenabschätzung nicht durchgeführt hat (§ 67 BDSG), ist die Klage mangels Klagebefugnis und mangels Feststellungsinteresses des Klägers unzulässig.

Der Kläger ist nicht klagebefugt (§ 40 Abs. 2 FGO analog). Die in § 32h Abs. 2 AO angesprochene Verpflichtung zur Datenschutz-Folgenabschätzung hat ihre Grundlage in Art. 35 DSGVO, der für bestimmte Verarbeitungsvorgänge verpflichtend vorschreibt, dass der Verantwortliche eine Datenschutz-Folgenabschätzung vornimmt. Die Datenschutz-Folgenabschätzung dient dem übergeordneten Ziel, dass der Schutz personenbezogener Daten sichergestellt und die Vorschriften der Verordnung eingehalten werden (Jandt in: Kühling/Buchner, DSGVO/BDSG, 3. Aufl. 2020, Art. 35 DS-GVO Rn. 1). Die Datenschutz-Folgenabschätzung zielt darauf ab, dem Verantwortliche in besonders sensiblen Bereichen durch ein strukturiertes Verfahren die möglichen Folgen der Datenverarbeitung bewusst zu machen und ist Ausdruck effektiver Selbstregulierung und des Accountability-Grundsatzes (Raum in: Auernhammer, DSGVO/BDSG, 7. Aufl. 2020, Art. 35 DSGVO Rn. 2). Die in Bezug genommenen Vorschriften gewähren dem Kläger nach Überzeugung des Senats keine individuellen subjektiv-öffentlichen Rechte, sondern verfolgen übergeordnete Ziele im Gemeininteresse (objektives Recht).

Im Übrigen fehlt es am Feststellungsinteresse als besonderer Sachurteilsvoraussetzung der allgemeinen Feststellungsklage. Der Kläger hat weder dargetan noch ist aus dem Akteninhalt ersichtlich oder dem Senat sonst bekannt oder erkennbar, aus welchen schützenswerten ideellen oder wirtschaftlichen Interesse sich ein Feststellungsinteresse des Klägers hinsichtlich der begehrten Feststellung ergeben könnte.

2.9

Soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass der Beklagte Datenschutzverletzungen nach der DSGVO und BDSG begangen hat, indem er ohne Rechtsgrund Daten des Klägers im Rahmen von Außenprüfungen bei Dritten erhoben hat und dafür bei dem Beklagten auch kein Bedarf besteht, ist die Klage aufgrund der Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage bereits unzulässig. Denn das auf die Durchsetzung von Betroffenenrechte nach DSGVO gerichtete Rechtsschutzbegehren des Klägers ist zum Teil bereits Gegenstand von Leistungsanträgen (Anträge 1.1, 1.2 und 1.3) und hätte im Übrigen durch Leistungsanträge, gerichtet auf die Erfüllung der jeweiligen übrigen Betroffenenrechte, verfolgt werden können. Hinter diesen (möglichen) Leistungsanträgen tritt die Feststellungsklage als subsidiär zurück (§ 41 Abs. 2 Satz 1 FGO).

2.10

Soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass der Beklagte in das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung des Klägers eingegriffen hat (Art. 1 GG i.V.m. Art. 2 GG, Art. 8 GRCh, EMRK, § 48 BDSG), ist die Klage mangels Feststellungsinteresse des Klägers bereits unzulässig.

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass das beklagte Finanzamt in das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung des Klägers eingegriffen hat. Der Kläger begehrt damit die Feststellung eines Rechtsverhältnisses. Denn Rechtsverhältnis im Sinne der vorgenannten Vorschrift ist jede auf eine bestimmte, aus einem konkreten Sachverhalt resultierende, aufgrund von Rechtsnormen geordnete rechtliche Beziehung zwischen Personen oder zwischen Personen und Sachen.

Die Zulässigkeit einer Feststellungsklage setzt als besondere Sachurteilsvoraussetzung das Bestehen eines berechtigten Interesses an der begehrten Feststellung voraus (§ 41 Abs. 1 FGO). Für ein berechtigtes Interesse im Sinne der vorgenannten Vorschrift genügt nach ständiger Rechtsprechung jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, sofern die begehrte Feststellung geeignet ist, in einem der genannten Bereiche zu einer Verbesserung der Position des Klägers zu führen (BFH, Urteil vom 02.06.1992 – VII R 35/90 –, BFH/NV 1993, 46), wobei dies vom Rechtsschutzsuchenden substantiiert darzulegen ist (BFH, Beschluss vom 11.04.2000 – VII B 221/99 –, BFH/NV 2000, 1229; Beschluss vom 20.09.2000 – VII B 33/00 –, BFH/NV 2001, 458). Ferner kann ein Feststellungsinteresse unabhängig von einer solchen Verbesserung der Position des Klägers in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe in Betracht gezogen werden, vor allem bei Anordnungen, die das Grundgesetz --GG-- dem Richter vorbehalten hat (BVerfG, Beschluss vom 15.07.1998 – 2 BvR 446/98 –, NJW 1999, 273).

Um einen solchen tiefgreifenden Grundrechtseingriff handelt es sich vorliegend nach Überzeugung des Senats nicht. Denn die vom Kläger benannten personenbezogenen Daten sind nicht von der Art, dass sie den innersten Bereich privater Lebensführung oder die Intimsphäre des Klägers oder einen sonst besonders sensiblen und deshalb mehr als dessen Rechtssphäre überhaupt schutzwürdigen und -bedürftigen Bereich berühren würden.

2.11

Soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass der Beklagte in die private Lebensführung des Klägers eingegriffen und damit dessen Würde verletzt hat (Art. 1 GG i.V.m. Art. 2 GG, Art. 8 GRCh), ist die Klage mangels Feststellungsinteresse des Klägers bereits unzulässig. Der Senat vermag – selbst bei unterstellter Richtigkeit sämtlichen klägerischen Vorbringens – keinen tiefgreifenden Grundrechtseingriff zu erkennen, welcher dem Kläger ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung vermitteln könnte.

2.12

Soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass der Beklagte eine illegale Vorratsdatenspeicherung betreibt, indem er rechtswidrig erlangte Daten nicht löscht und eine Verwertung dieser nicht verhindert hat, ist die Klage als Popularklage mangels Klagebefugnis und Feststellungsinteresse des Klägers unzulässig.

Der Kläger ist nur dann klagebefugt (§ 40 Abs. 2 FGO analog), wenn er substantiiert und in sich schlüssig vorbringen, dass – die Richtigkeit des Vortrags unterstellt – eine Gefährdung des Klägers in eigenen Rechten als möglich erscheint. Eine solche Möglichkeit der Betroffenheit des Klägers in eigenen Rechten vermag der Senat nicht zu erkennen.

Im Übrigen fehlt es am Feststellungsinteresse als besonderer Sachurteilsvoraussetzung der allgemeinen Feststellungsklage. Der Kläger hat weder dargetan noch ist aus dem Akteninhalt ersichtlich oder dem Senat sonst bekannt oder erkennbar, aus welchen schützenswerten ideellen oder wirtschaftlichen Interesse sich ein Feststellungsinteresse des Klägers hinsichtlich der begehrten Feststellung ergeben könnte.

2.13

Soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass Beschäftigte des Beklagten gegen das Steuergeheimnis nach § 30 AO in i.V.m. § 355 StGB verstoßen haben, ist die Klage zulässig, aber unbegründet.

a.

Die Klage ist zulässig.

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass das beklagte Finanzamt das Steuergeheimnis verletzt habe. Der Kläger begehrt damit die Feststellung eines Rechtsverhältnisses. Denn Rechtsverhältnis im Sinne der vorgenannten Vorschrift ist jede auf eine bestimmte, aus einem konkreten Sachverhalt resultierende, aufgrund von Rechtsnormen geordnete rechtliche Beziehung zwischen Personen oder zwischen Personen und Sachen. Zwischen dem beklagten Finanzamt und dem Kläger besteht ein (Steuerrechts-)Verhältnis, welches allein dadurch begründet wird, dass der Kläger dem Finanzamt seine wirtschaftlichen oder sonstigen Verhältnisse offenbart hat und das Finanzamt verpflichtet ist, die ihm dadurch oder im Wege der Amtsermittlung über den Kläger bekannt gewordenen Tatsachen geheim zu halten.

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob das beklagte Finanzamt diese aufgrund jenes Rechtsverhältnisses bestehende Verpflichtung, das Steuergeheimnis zu wahren (§ 30 Abs. 1 AO), ohne einen nach § 30 Abs. 4 AO rechtfertigenden Grund dafür zu haben, verletzt hat. Das festzustellen, kann nach § 41 Abs. 1 FGO durch Klage begehrt werden. Denn eine Feststellungsklage kann sich auf eine solche aus einem Rechtsverhältnis entstehende Rechtsfrage zulässigerweise beziehen.

Für ein berechtigtes Interesse im Sinne der vorgenannten Vorschrift genügt nach ständiger Rechtsprechung jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, sofern die begehrte Feststellung geeignet ist, in einem der genannten Bereiche zu einer Verbesserung der Position des Klägers zu führen (BFH, Urteil vom 02.06.1992 – VII R 35/90 –, BFH/NV 1993, 46), wobei dies vom Rechtsschutzsuchenden substantiiert darzulegen ist (BFH, Beschluss vom 11.04.2000 – VII B 221/99 –, BFH/NV 2000, 1229; Beschluss vom 20.09.2000 – VII B 33/00 –, BFH/NV 2001, 458). Ferner kann ein Feststellungsinteresse unabhängig von einer solchen Verbesserung der Position des Klägers in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe in Betracht gezogen werden, vor allem bei Anordnungen, die das GG dem Richter vorbehalten hat (BVerfG, Beschluss vom 15.07.1998 – 2 BvR 446/98 –, NJW 1999, 273).

Um einen solchen tiefgreifenden Grundrechtseingriff handelt es sich vorliegend nach Überzeugung des Senats nicht. Das Steuergeheimnis, das der Kläger verletzt glaubt, genießt zwar insofern verfassungsrechtlichen Schutz, als es Ausfluss des von der Rechtsprechung des BVerfG anerkannten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ist (BVerfG, Urteil vom 17.07.1984 – 2 BvE 11, 15/83 –, BVerfGE 67, 100; Urteil vom 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u.a. –, BVerfGE 65, 1). Die seinetwegen vorbehaltlich eines der zahlreichen Tatbestände, die seine Durchbrechung gestatten, geheim zu haltenden Kenntnisse sind indes in der Regel nicht von der Art, dass ihre unbefugte Offenbarung den innersten Bereich privater Lebensführung oder die Intimsphäre des Bürgers oder einen sonst besonders sensiblen und deshalb mehr als dessen Rechtssphäre überhaupt schutzwürdigen und -bedürftigen Bereich berühren würde. Deshalb stellt eine Verletzung des Steuergeheimnisses nicht schon als solche einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung dar, der stets ein Feststellungsinteresse gemäß § 41 FGO begründen würde.

Gleichwohl hält es der erkennende Senat für geboten, dem Kläger ein Feststellungsinteresse zuzugestehen. Der Kläger sieht sich in seinem subjektiven Recht auf Wahrung seiner steuerlichen Geheimnisse durch das FA verletzt. Ein Steuerpflichtiger in dieser Lage wäre in weitem Umfang rechtsschutzlos gestellt, wenn er diese angebliche Rechtsverletzung ohne die Möglichkeit einer gerichtlichen Prüfung des Vorgehens des FA hinnehmen müsste. Eine solche anderweitige Rechtsschutzmöglichkeit wird sich für ihn beim Bruch des Steuergeheimnisses zumeist nicht ergeben und dürfte insbesondere für den Kläger nicht bestehen. Auch an einer Wiederholungsgefahr, aus welcher sich ein Interesse an einer gerichtlichen Feststellung des ungerechtfertigten Bruches des Steuergeheimnisses herleiten ließe, wird es im Allgemeinen fehlen, ebenso an einem liquidierbaren wirtschaftlichen Folgeschaden.

Auch wo solche Voraussetzungen für die Annahme eines Interesses an der Feststellung einer Rechtsverletzung fehlen, hat indes die Rechtsprechung seit jeher bei einem erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitssphäre des Betroffenen ein berechtigtes Interesse anerkannt, zumindest eine gewisse Genugtuung für erlittenes Unrecht dadurch zu erlangen, dass dieses Unrecht festgestellt wird (BFH, Urteil vom 05.12.2000 – VII R 18/00 –, BFHE 193, 234, BStBl II 2001, 263, m.w.N.). Das gilt nicht nur bei Maßnahmen mit diskriminierendem oder ehrverletzendem Charakter, sondern ist vom BFH auch bei solchen Rechtsverletzungen anerkannt worden, die sonst eine besondere Beziehung zu dem Recht des Betroffenen haben, als Persönlichkeit mit einem unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung anerkannt zu werden (vgl. BFH, Urteil vom 11.08.1998 – VII R 72/97 –, BFHE 187, 159). Beim Bruch des Steuergeheimnisses kann es sich um eine Rechtsverletzung von solcher Art handeln (vgl. BFH, Urteil vom 29.07.2003 – VII R 39, 43/02 –, BFHE 202, 411).

b.

Die Klage ist jedoch nicht begründet.

Eine Verletzung des Steuergeheimnisses liegt weder durch Weitergabe geschützter Daten an die Senatsverwaltung für Finanzen noch an den Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit vor.

Ein Offenbaren geschützter Daten im Sinne von § 30 AO liegt in jedem Verhalten, aufgrund dessen einem Dritten unter das Steuergeheimnis fallende Umstände bekannt werden oder bekannt werden könnten. Nach zum Teil vertretener Ansicht liegt beim Informationsaustausch innerhalb des Finanzressort bereits kein Offenbaren vor; während nach wohl überwiegender Ansicht auch bei der Weitergabe geschützter Daten innerhalb des Dienstbereiches an andere, selbst dienstlich mit der Sache befasste Amtsträger, Dienstvorgesetzte, einschließlich der Aufsichtsbehörden ein Offenbaren anzunehmen sein (vgl. Alber in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 266. Lfg. (11/2021), § 30 AO Rn. 121 m.w.N.). Die Frage kann der Senat jedoch im Ergebnis dahinstehen lassen, denn jedenfalls erfolgt die Weitergabe der geschützten Daten befugt, sodass darin keine Verletzung des Steuergeheimnisses zu sehen ist. Die Befugnis zur Weitergabe an Aufsichtsbehörden ergibt sich aus § 30 Abs. 4 Nr. 1a i.V.m. § 29c Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AO (vgl. Rüsken in: Klein, AO, 15. Aufl. 2020, § 30 Rn. 60). Die Befugnis zur Weitergabe an den Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit ergibt sich aus § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO i.V.m. § 16 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BDSG (vgl. Rüsken in: Klein, AO, 15. Aufl. 2020, § 30 Rn. 117a).

2.14

Soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass Beschäftigte des Beklagten gegen das BDSG, insbesondere auch § 42 BDSG, verstoßen haben, ist die Klage unzulässig.

Der Kläger ist nur dann klagebefugt (§ 40 Abs. 2 FGO analog), wenn er substantiiert und in sich schlüssig vorbringen, dass – die Richtigkeit des Vortrags unterstellt – eine Gefährdung des Klägers in eigenen Rechten als möglich erscheint. Eine solche Möglichkeit der Betroffenheit des Klägers in eigenen Rechten vermag der Senat nicht zu erkennen.

Im Übrigen fehlt es am Feststellungsinteresse als besonderer Sachurteilsvoraussetzung der allgemeinen Feststellungsklage. Der Kläger hat weder dargetan noch ist aus dem Akteninhalt ersichtlich oder dem Senat sonst bekannt oder erkennbar, aus welchen schützenswerten ideellen oder wirtschaftlichen Interesse sich ein Feststellungsinteresse des Klägers hinsichtlich der begehrten Feststellung ergeben könnte.

Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Vorschriften des BDSG im Bereich der Steuerverwaltungen im Wesentlichen nicht anwendbar sind. Gemäß § 2a Abs. 1 Satz 2 AO gelten die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes oder andere Datenschutzvorschriften des Bundes sowie entsprechende Landesgesetze für Finanzbehörden nur, soweit dies in der AO oder den Steuergesetzen bestimmt ist.

2.15

Soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass der Beklagte in das Arztgeheimnis nach § 203 StGB eingegriffen und damit das Vertrauensverhältnis des Klägers in die Pflichten des Beklagten nach Art. 20 GG nachhaltig geschädigt hat, ist die Klage bereits unzulässig.

Es fehlt das Feststellungsinteresse als besonderer Sachurteilsvoraussetzung der allgemeinen Feststellungsklage. Der Kläger hat weder dargetan noch ist aus dem Akteninhalt ersichtlich oder dem Senat sonst bekannt oder erkennbar, aus welchen schützenswerten ideellen oder wirtschaftlichen Interesse sich ein Feststellungsinteresse des Klägers hinsichtlich der begehrten Feststellung ergeben könnte. Der Senat vermag – selbst bei unterstellter Richtigkeit sämtlichen klägerischen Vorbringens – keinen tiefgreifenden Grundrechtseingriff zu erkennen, welcher dem Kläger ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung vermitteln könnte.

Im Übrigen wäre die Klage auch unbegründet. Denn der ärztlichen Schweigepflicht unterliegt nur der Arzt, nicht das Finanzamt (vgl. § 203 StGB). Das Finanzamt kann daher keine ärztliche Schweigepflicht verletzen. Die ärztliche Schweigepflicht setzt sich fort gemäß § 102 AO als Auskunftsverweigerungsrecht des Arztes und § 104 Abs. 1 AO als Recht des Arztes zur Verweigerung der Vorlage von Urkunden. Auch insoweit kann nur der Arzt (nicht das Finanzamt) verstoßen, denn der Arzt hat zu entscheiden, ob er sich auf sein Verweigerungsrecht beruft und Auskunft gibt bzw. Unterlagen überlässt.

2.16

Soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass der Beklagte besonders geschützte Daten nach Art. 9 DSGVO, § 22 BDSG ohne Rechtsgrund verwertet hat, ist die Klage als Popularklage mangels Klagebefugnis und Feststellungsinteresse des Klägers unzulässig.

Der Kläger ist nur dann klagebefugt (§ 40 Abs. 2 FGO analog), wenn er substantiiert und in sich schlüssig vorbringen, dass – die Richtigkeit des Vortrags unterstellt – eine Gefährdung des Klägers in eigenen Rechten als möglich erscheint. Eine solche Möglichkeit der Betroffenheit des Klägers in eigenen Rechten vermag der Senat nicht zu erkennen.

Im Übrigen fehlt es am Feststellungsinteresse als besonderer Sachurteilsvoraussetzung der allgemeinen Feststellungsklage. Der Kläger hat weder dargetan noch ist aus dem Akteninhalt ersichtlich oder dem Senat sonst bekannt oder erkennbar, aus welchen schützenswerten ideellen oder wirtschaftlichen Interesse sich ein Feststellungsinteresse des Klägers hinsichtlich der begehrten Feststellung ergeben könnte.

2.17

Soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass der Beklagte rechtswidrig erlangte Daten und Informationen verwertet, auf die Akten des Verfahrens 2 K 2040/20 wird verwiesen, ist die Klage ebenfalls als Popularklage mangels Klagebefugnis und Feststellungsinteresse des Klägers unzulässig.

Der Kläger ist nur dann klagebefugt (§ 40 Abs. 2 FGO analog), wenn er substantiiert und in sich schlüssig vorbringen, dass – die Richtigkeit des Vortrags unterstellt – eine Gefährdung des Klägers in eigenen Rechten als möglich erscheint. Eine solche Möglichkeit der Betroffenheit des Klägers in eigenen Rechten vermag der Senat nicht zu erkennen.

Im Übrigen fehlt es am Feststellungsinteresse als besonderer Sachurteilsvoraussetzung der allgemeinen Feststellungsklage. Der Kläger hat weder dargetan noch ist aus dem Akteninhalt ersichtlich oder dem Senat sonst bekannt oder erkennbar, aus welchen schützenswerten ideellen oder wirtschaftlichen Interesse sich ein Feststellungsinteresse des Klägers hinsichtlich der begehrten Feststellung ergeben könnte.

2.18

Soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass der Beklagte gegen das Steuergeheimnis und die DSGVO verstoßen hat, indem er in einer E-Mail an die Praxis der Ehefrau des Klägers die Telefonnummer des Klägers veröffentlicht hat, ist die Klage teilweise mangels Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig und im Übrigen unbegründet.

Das beklagte Finanzamt hat das Vorliegen eines Datenschutzverstoßes mit Schreiben an die Ehefrau des Klägers vom 11.02.2021 zugestanden und entsprechende Meldungen an die zuständigen Aufsichtsbehörden veranlasst.FG-A. Sonderheftung III, Anhang 3. Es fehlt an einem Rechtsschutzinteresse des Klägers und die Klage ist insoweit unzulässig.

Eine Verletzung des Steuergeheimnisses liegt nicht vor. Auf die Ausführungen unter B. I. 2.13 wird verwiesen. Insoweit ist die Klage unbegründet.

2.19

Soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass der Beklagte gegen das Steuergeheimnis und die DSGVO verstoßen hat, indem der Beklagte in einer dem Kläger unbekannten Weise die Telefonnummer des Klägers gegenüber der Senatsverwaltung für Finanzen veröffentlicht hat, ist die Klage zulässig, aber unbegründet. Auf die Ausführungen unter B. I. 2.13 wird verwiesen.

Soweit der Kläger schriftsätzlich und zuletzt im Termin zur mündlichen Verhandlung die Beiziehung der Akten der Senatsverwaltung und des gesamten Schriftverkehrs zwischen dem beklagten Finanzamt und der Senatsverwaltung beantragt hat,Bl. 289 FG-A; Bl. 291 FG-A.. bestand mangels Entscheidungserheblichkeit keine Veranlassung, diesen Anträgen zu entsprechen.

3.

Allgemeine Feststellungsanträge

3.1

Soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass Teile der AO, welche die Informationspflichten an die Betroffen, bei denen die Daten nicht direkt erhoben worden sind (Datenerhebung bei Dritten), nicht mit höherrangigem Recht vereinbar sind und insbesondere gegen die Grundrechtecharta, gegen die EMRK und das Grundgesetz verstoßen (namentlich u.a. §§ 32b, 32c, 32f AO), ist die Klage unzulässig.

Die Feststellungsklage ist bereits nicht statthaft. Die begehrte Feststellung muss nach § 41 Abs. 1 FGO auf ein Rechtsverhältnis abzielen, d.h. auf eine bestimmte, aus einem konkreten Sachverhalt resultierende, auf Grund von Rechtsnormen geordnete rechtliche Beziehung zwischen Personen oder zwischen Personen und Sachen. Nicht unter § 41 FGO fällt jedoch die Feststellung der Gültigkeit oder Rechtmäßigkeit von Rechtsnormen, weil die FGO insoweit unmittelbaren Rechtsschutz – anders als § 47 VwGO – nicht vorsieht (so auch FG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.11.2013 – 4 K 3798/10 –, Rn. 30, juris; Teller in: Gräber, FGO, 9. Aufl. 2019, § 41 Rn. 13; von Beckerath in: Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 165. Lfg. (01/2018), § 41 Rn. 31).

Im Übrigen wäre das beklagte Finanzamt schon gar nicht richtiger Beklagter im Sinne von § 63 Abs. 1 FGO. Nach § 63 Abs. 1 FGO ist richtiger Beklagter bei einer Feststellungsklage, diejenige Behörde, der gegenüber die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt wird (so auch Herbert in Gräber, FGO, 9. Aufl. 2019, § 63 Rn. 11). Das beklagte Finanzamt kann jedoch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt tauglicher Feststellungsgegner sein, da es am Erlass der in Frage stehenden Normen nicht beteiligt war und aufgrund der Gesetzesbindung der Verwaltung verpflichtet ist, diese ohne eigene Prüfungs- und Verwerfungskompetenz anzuwenden.

3.2

Feststellungsanträge in Bezug auf das Verfahren 2 K 2040/20

Soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass der Richter am Finanzgericht … im Verfahren 2 K 2040/20 (Klägerin: D…; Verfahrensgegenstand: Prüfungsanordnung)

- dem hiesigen Kläger das rechtliche Gehör entzogen hat (Antrag 3.2.1),

- den hiesigen Kläger seinem gesetzlichen Richter entzogen hat (Antrag 3.2.2),

- die DSGVO nicht angewendet hat (Antrag 3.2.3) und

- die Rechtsschutzgarantie des Grundgesetzes nicht erfüllt hat, indem er den hiesigen Kläger nicht beigeladen hat (Antrag 3.2.4),

ist die Klage unzulässig.

Die Feststellungsklage ist bereits nicht statthaft. Die begehrte Feststellung muss nach § 41 Abs. 1 FGO auf ein Rechtsverhältnis abzielen, d.h. auf eine bestimmte, aus einem konkreten Sachverhalt resultierende, auf Grund von Rechtsnormen geordnete rechtliche Beziehung zwischen Personen oder zwischen Personen und Sachen. Die Klage, festzustellen, dass der Spruchkörper in dem in Bezug genommenen Rechtsstreit bestimmte Handlungen vorgenommen und andere unterlassen hat, betrifft ein Prozessrechtsverhältnis und Urteil und damit kein Rechtsverhältnis im Sinne des § 41 Abs. 1 FGO.

Ferner wäre das beklagte Finanzamt schon gar nicht richtiger Beklagter im Sinne von § 63 Abs. 1 FGO. Nach § 63 Abs. 1 FGO ist richtiger Beklagter bei einer Feststellungsklage, diejenige Behörde, der gegenüber die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt wird (so auch Herbert in Gräber, FGO, 9. Aufl. 2019, § 63 Rn. 11). Das beklagte Finanzamt kann jedoch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt tauglicher Feststellungsgegner sein, da es an dem in Frage stehenden Rechtsstreit lediglich als Partei beteiligt war.

4.

Sofern der Kläger die Prüfung aller Daten durch den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) gemäß § 32c Abs. 5 AO begehrt,Bl. 283R FG-A. muss der Kläger seinen Antrag auf Auskunftserteilung durch das beklagte Finanzamt direkt an den BfDI unmittelbar gegenüber der Finanzbehörde erklären (Drüen in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 168. Lfg. (11/2021), § 32c AO, Rn. 27). Auf das hiesige Verfahren hat das Verfahren nach § 32c Abs. 5 AO keine Auswirkungen, insbesondere ist das hiesige Verfahren nicht bis zum Abschluss dieses Verfahrens auszusetzen.

Sofern der Kläger beantragt,

- den Vorsteher des beklagten FA persönlich zum Termin am 26.01.2022 zu laden, um diesen unter Eid zu den Kläger betreffenden Daten zu befragen;Bl. 290 FG-A.

- die Prüferin Frau E… persönlich zum Termin am 26.01.2022 zu laden, um den Tatergang in Bezug auf die Herausgabe der Patientendaten im Rahmen der Betriebsprüfung bei seiner Ehefrau aufzuklären,Bl. 291 FG-A.

- die Mitarbeiter des beklagten Finanzamt (Frau E…, Frau F…, Herr G…, Frau H…, Frau I…, Frau J…, Vorsteher Herr K…) zum Termin am 26.01.2022 zu laden und zum Thema „Zugriff auf Akten und Daten während des AdV-Verfahrens“ zu vernehmenBl. 292R FG-A.

bestand mangels Entscheidungserheblichkeit keine Veranlassung, diesen Anträgen zu entsprechen.

Sofern der Kläger Sicherungsmaßnahmen durch das Gericht beantragt, um den Beweisverderb durch den Beklagten zu verhindern,Bl. 292 FG-A. bestand keine Veranlassung diesem Antrag zu entsprechen, da ein Grund für die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nicht hinreichend dargetan war. Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass der Kläger ja unter anderem gerade die Löschung von Daten begehrt. Insoweit wundert es, dass durch vorläufige Sicherungsmaßnahmen gerade die letztlich erstrebte Löschung der Daten des Klägers (Beweisverderb) verhindert werden sollen.

Sofern der Kläger darüber hinaus beantragt hat, die Akten der Betriebsprüfung anzufordern mit dem Beweisthema „Wie, wann und durch wen erfolgte Zugriff auf Akten und Daten?“Bl. 292R FG-A. und bestimmte Akten der Senatsverwaltung anzufordern zu dem Beweisthema „Informationen über das tatsächliche Speichern, Verarbeiten und die Weitergabe von Daten betreffend den Kläger und die Verwertung der rechtswidrigen Datenbestände“Bl. 292R ff. FG-A., bestand mangels Entscheidungserheblichkeit keine Veranlassung, diesen Anträgen zu entsprechen.

Auch im Übrigen geben Akteninhalt, bisheriger Sachvortrag und Anträge der Parteien keinen Anlass zu weiteren Maßnahmen des Gerichts zur Aufklärung oder Ermittlung des Sachverhalts.

5.

Das Verfahren ist nicht gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. § 80 Abs. 1 BVerfGG auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG einzuholen. Der erkennende Senat hat keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der zur Ergänzung und Ausgestaltung der unionsrechtlichen Regelungen der DSGVO erlassenen, entscheidungserheblichen nationalen Vorschriften der AO.

6.

Eine Verpflichtung zur Vorlage an den EuGH besteht für den erkennenden Senat als Instanzgericht nicht. Die Finanzgerichte sind gem. Art. 267 Abs. 2 AEUV bei Auslegungsfragen zur Vorlage berechtigt, aber nicht verpflichtet. Der BFH hat daher entschieden, eine Vorlageverpflichtung der Finanzgerichte bestehe aus unionsrechtlichen Gründen nicht, obwohl keine zulassungsfreie Revisionseinlegung möglich sei (Levedag in: Gräber, FGO, 9. Aufl. 2019, Anhang, Rn. 171). Wenn jedoch bereits bei nicht zugelassener Revision keine Vorlagepflicht besteht, gilt dies erst recht, wenn das Instanzgericht die Revision zulässt.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

III.

Die Revision wurde gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. Denn insbesondere Inhalt, Umfang und Grenzen des unionsrechtlichen Auskunftsanspruchs gemäß Art. 15 Abs. 1 DSGVO sowie des unionsrechtlichen Anspruchs auf Erteilung einer Datenkopie gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO erscheinen aufgrund zu erwartender Breitenwirkung klärungswürdig und klärungsbedürftig. Insoweit besteht auch die Besonderheit, dass die aufgeworfenen Rechtsfragen im Wesentlichen die datenschutzrechtlichen Rechte des Klägers in Bezug auf die Verarbeitung von den Kläger betreffenden personenbezogenen Daten durch das beklagte Finanzamt im Rahmen der Durchführung der Besteuerung von Dritten, an deren Besteuerungsverfahren der Kläger selbst nicht beteiligt ist, betreffen. Hierdurch ergeben sich weitere spezielle, klärungswürdig und klärungsbedürftig erscheinende Fragen.