Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 21. Senat | Entscheidungsdatum | 16.03.2022 | |
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Aktenzeichen | L 21 U 181/18 | ECLI | ECLI:DE:LSGBEBB:2022:0316.L21U181.18.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 56 Abs 2 S 3 SGB 7 |
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Im Streit steht die Gewährung einer Verletztenrente.
Der 1969 geborene Kläger befand sich am 1. April 2016 auf dem Heimweg von der Dienststelle bei der Feuerwehr, als er am rechten Gehwegrand eine gestürzte Person bemerkte. Er hielt an und versuchte, der Person, die betrunken wirkte, hoch zu helfen. Dabei musste er nachgreifen und verspürte plötzlich einen starken Schmerz im linken Oberarm.
Die anschließend im Krankenhaus F erstellten Röntgenbilder des linken Ellenbogens ergaben keinen Hinweis auf eine frische Läsion oder Luxation. Das am 5. April 2016 erstellte Magnetresonanztomogramm (MRT) des linken Arms zeigte einen kompletten Abriss der langen Bizepssehne mit Sehnenstumpf in Höhe des Ellenbogengelenks, eine Hämorrhagie im Fettgewebe angrenzend an das Ellenbogengelenk sowie ein Hämatom am Bizepssehnenanriss. Ein Knochenmarködem oder ein Erguss im Ellenbogengelenk zeigten sich nicht.
Bis zum 27. April 2016 war der Kläger unter konservativer Behandlung durch den Chirurgen und D-Arzt Dr. M arbeitsunfähig.
Am 3. August 2016 stellte sich der Kläger erneut wegen Beschwerden am linken Ellenbogen bei Dr. M vor. Er habe sich den Arm beim Tragen von Wasserflaschen im privaten Bereich verdreht. Arbeitsunfähigkeit wurde bis zum 7. August 2016 unter weiterer konservativer Behandlung festgehalten.
In dem am 6. Dezember 2016 erstellten Ersten Rentengutachten stellte Dr. F fest, dass der Kläger eine Bizepssehnenruptur erlitten habe, die zu einem retrahierten Muskelbauch des Bizepsmuskels, einer Muskelatrophie am linken Unterarm mit Umfangsdifferenz um 1 cm im Vergleich zur rechten Seite, Schmerzen bei der Flexion des Ellenbogens sowie einer Kraftminderung der Flexion im linken Ellenbogen und der Supination im linken Handgelenk geführt habe. Vorerkrankungen seien nicht ersichtlich. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage vom 10. November 2016 bis zum 31. März 2019 20 von Hundert (v.H.).
Mit Schreiben vom 2. Januar 2017 wandte sich die Beklagte an den Sachverständigen mit der Bitte um Klarstellung. Es sei zwar eine Muskelminderung im Bereich des Oberarmes links um 1 cm im Vergleich zur rechten Seite bei Einschränkung der Kraftausdauer festgehalten worden, aber keine weiteren Bewegungseinschränkungen. Das Messblatt sei nicht umfassend. Dr. F reichte unter dem 12. Januar 2017 das vervollständigte Messblatt nach und verwies darauf, dass sich die MdE aufgrund der subjektiv deutlichen Einschränkung im Bereich des linken Armes mit nicht mehr durchführbarer Tätigkeit als Feuerwehrmann im Außeneinsatz ergebe.
Unter dem 19. Januar 2017 erstellte der Beratungsarzt eine Stellungnahme. Die Bewegungseinschränkungen seien mit 10 v.H. einzuschätzen. Es sei auf den allgemeinen Arbeitsmarkt abzustellen.
Mit Bescheid vom 6. Februar 2017 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente ab und erkannte als Unfallfolgen eine geringe Muskelminderung im Bereich des linken Oberarmes und eine geringe Einschränkung der Kraftentwicklung und der Kraftausdauer des linken Armes nach konservativ behandeltem distalen Bizepssehnenriss des linken Ellenbogens an. Eine rentenberechtigende MdE ergebe sich daraus nicht.
Der Kläger machte mit seinem Widerspruch hiergegen geltend, dass der Gutachter die MdE von 20 v.H. bestätigt habe. Hingegen habe der Beratungsarzt seine Entscheidung nicht näher begründet. Der Kläger leide weiterhin unter den Beschwerden infolge des Unfalls. Das Tippen am PC falle ihm sehr schwer. Es stelle sich auch immer wieder ein Taubheitsgefühl ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2017 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die MdE-Bewertung des Gutachters stelle nur einen Vorschlag dar, diesem sei die Beklagte aber nicht gefolgt.
Seine am 20. Juli 2017 vor dem Sozialgericht Berlin erhobene Klage hat der Kläger damit begründet, dass die von der Einschätzung des Gutachters Dr. F abweichende Entscheidung der Beklagten willkürlich sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. Februar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Juni 2017 zu verurteilen, dem Kläger eine Verletztenrente wegen des Versicherungsfalls vom 1. April 2016 ab dem 28. April 2016 nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
In dem vom Sozialgericht veranlassten Gutachten vom 20. Oktober 2017 ist der Unfallchirurg Dr. S nach körperlicher Untersuchung des Klägers am 18. Oktober 2017 zu der Einschätzung gelangt, dass eine MdE von 20 v.H. bis zum 1. Oktober 2016 vorgelegen habe. Ab diesem Zeitpunkt seien die Funktionseinschränkungen nur noch mit 10 v.H. zu beurteilen. Dies ergebe sich aus der leichten Einschränkung der aktiven und passiven Streckbarkeit im linken Ellenbogengelenk sowie der leichten Einschränkung der aktiven und passiven Supinationsfähigkeit, verbunden mit einer Kraftminderung für Beugung im Ellenbogengelenk und für die Supinationsbewegung im Unterarm. Der Einschätzung von Dr. F, dass eine rentenberechtigende MdE auch bis zum dritten Jahr nach dem Unfall vorliege, könne er dagegen nicht folgen, da dies nicht mit der aktuellen Gutachterliteratur übereinstimme. Die Einschränkungen der Kraftminderung und der Beweglichkeit seien nicht derart ausgeprägt, dass diese dauerhaft eine MdE von 20 v.H. begründeten.
Der Kläger hat hierzu die - seines Erachtens - fehlenden Ausführungen zum Umfang der Beweglichkeit im Ellenbogen kritisiert. Letztlich bestätige Dr. S die Ergebnisse des Erstgutachters, komme aber bei der MdE-Beurteilung zu einem anderen Ergebnis. Die zitierte Literatur sei veraltet. Der Sachverständige möge darlegen, wie sich der zwischenzeitlich bestätigte Bandscheibenvorfall auf die MdE auswirke, auf welche aktuelle Literatur er Bezug nehme und ob der Sachverständige das sich einstellende Taubheitsgefühl beim Bedienen von Tastaturen bei der Beurteilung der MdE berücksichtigt habe.
Dr. S hat daraufhin unter dem 17. Januar 2018 mitgeteilt, dass er die Bewegungseinschränkung der gesamten oberen Extremität miteinbezogen habe. Bei seiner Beurteilung habe er die aktuelle gutachterliche Literatur herangezogen. Der Bandscheibenvorfall sei, wie bereits dargelegt, nicht auf den Unfall zurückzuführen. Jedoch habe er bei der Beurteilung der MdE das Taubheitsgefühl nicht miteinbezogen, da dieses in keinem ursächlichen Zusammenhang stehe.
Zu einem vom Kläger eingereichten - undatierten - Attest seines Physiotherapeuten hat der Sachverständige unter dem 16. März 2018 dargelegt, dass die nunmehr geschilderten Beschwerden im Rahmen der Brustwirbelsäule in den Akten bisher nicht dokumentiert seien. Auch in der gutachterlichen Untersuchung durch ihn sowie durch Dr. F seien keine Befunde in diesem Bereich ersichtlich geworden. Im Übrigen seien diese Beschwerden nicht mit dem Unfall in Einklang zu bringen. Der Kläger befinde sich in einem Alter, in dem der Körper immer stärkeren degenerativen Prozessen unterliege.
Auf den Antrag des Klägers hat das Sozialgericht Dr. S in der mündlichen Verhandlung vom 3. September 2018 gehört und mit Urteil vom selben Tage die Klage abgewiesen. Die Klage sei unbegründet. Die Kammer gehe nach der umfangreichen Beweiserhebung davon aus, dass eine MdE von 20 v.H. über die 26. Woche hinaus nicht bestehe. Ausweislich der gutachterlichen Literatur komme diese bei der Schädigung der Bizepssehne dann in Betracht, wenn die Beweglichkeit nur noch bis 90°möglich sei (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage, 2016, Seite 436). Dies sei bei dem Kläger aber nicht der Fall. Dr. S habe in seinem Gutachten sowie in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass die Bewegungseinschränkung (gemeint: Beweglichkeit) sogar noch besser als 120° sei. Die Einschränkung der Kraftminderung und der Beweglichkeit seien beim Kläger nach Einschätzung von Dr. S nicht derart ausgeprägt, dass diese dauerhaft eine MdE von 20 v.H. begründe. Die Kammer folge diesen Ausführungen. Sofern der Kläger noch auf die Taubheitsgefühle in der Hand sowie Beschwerden im Brustwirbelsäulenbereich verweise, so stünden diese nach Überzeugung der Kammer nicht in einem wesentlichen Zusammenhang zum Unfallgeschehen bzw. den sich daraus ergebenden Funktionseinschränkungen. Dr. S habe überzeugend dargelegt, dass das Taubheitsgefühl mangels Nervenschädigung in keinem Zusammenhang mit der Sehnen- bzw. Muskelverletzung stehe, sondern auf die degenerative Schädigung, Nervenreizung und muskuläre Dysbalancen der Halswirbelsäule zurückzuführen sei. Hierbei handele es sich um eine typische Erkrankung der Halswirbelsäule, die auch ohne die Schädigung der Sehne jederzeit eintreten könne. Das Unfallereignis sei dabei nicht führend bei der Verursachung. Eine Schädigung im Bereich der Brustwirbelsäule sei durch den Unfall hingegen nicht dokumentiert. Der Einschätzung von Dr. F zur MdE-Höhe von 20 v.H. folge das Gericht nicht, da die von Dr. F zur MdE-Ermittlung herangezogenen subjektiven Einschränkungen nicht ausschlaggebend für die Bestimmung der MdE seien. Dr. S habe dagegen an objektiven Kriterien nicht nur die Funktionseinschränkungen in Form der Einschränkung der Beweglichkeit, sondern zudem die Kraftminderung zugrunde gelegt. Auch finde sich keine gravierende Umfangsminderung. Die Kammer verkenne auch nicht die Tatsache, dass der Kläger nicht mehr im Außeneinsatz tätig sei. Sofern dies auf die Taubheitsgefühle und Beschwerden in der Brustwirbelsäule zurückzuführen sei, so bestehe bereits kein Zusammenhang. Hinsichtlich der Einschränkung aufgrund der Beschwerden in Folge der geschädigten Bizepssehne könne die Kammer auch keine besondere berufliche Betroffenheit i.S.v. § 56 Abs. 2 Satz 3 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) erkennen, die eine höhere MdE rechtfertigen würde.
Gegen das ihm am 11. September 2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10. Oktober 2018 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht hätte seine Entscheidung nicht ausschließlich auf das Gutachten des Dr. S stützen dürfen, welches in Widerspruch zum Gutachten von Dr. F stehe. Unzutreffend sei die Einschätzung des Gerichts, dass das Taubheitsgefühl der Hand und die Beschwerden in der Brustwirbelsäule nicht kausal auf das Unfallgeschehen zurückzuführen seien. Auf den umfangreichen erstinstanzlichen Vortrag des Klägers, unter anderem den Bericht des Physiotherapeuten des Klägers, gehe es dagegen nicht ein. Zumindest liege bei ihm eine besondere berufliche Betroffenheit vor. Er habe im Unfallzeitpunkt bereits fünf Jahre als Rettungsassistent im Einsatzdienst und in der Leitstelle als Disponent bei der Berliner Feuerwehr gearbeitet. Zugleich habe er geplant, seine Ausbildung zum Feuerwehrmann zu beenden und die Truppmannausbildung Teil 2 zu absolvieren, um als Rettungsassistent und Feuerwehrmann auf dem Löschfahrzeug mitzufahren. Über den langen Zeitraum von zehn Jahren habe er es unter teils schwierigen Bedingungen als ehemaliger gelernter DDR-Schlosser bereits geschafft gehabt, die Truppmannausbildung Teil 1 erfolgreich zu absolvieren. Jedoch habe er infolge der unfallbedingten Verletzungen seine Tätigkeit als Rettungssanitäter aufgeben müssen und werde auch nicht mehr wie geplant die Truppmannausbildung Teil 2 abschließen und als Feuerwehrmann arbeiten können. Die aktive Tätigkeit als Rettungsassistent und Feuerwehrmann unterscheide sich vollkommen von der eher passiven Tätigkeit in der Leitstelle, die ihn angesichts des hohen Stresslevels und ohne Ausgleich durch Tätigkeiten im Außendienst als Rettungssanitäter an seine Belastungsgrenze bringe. Der Kläger sei darüber hinaus als Nothelfer nach § 2 Abs. 2 Nr. 13a SGB VII in der Unfallversicherung privilegiert, da ihm nach § 13 SGB VII auch ein Anspruch auf Ersatz von Sachschäden zustehe. Der Gesetzesbegründung hierzu sei zu entnehmen, dass die Beurteilung nicht engherzig, sondern unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Notsituation erfolgen solle, da das uneigennützige Verhalten des Nothelfers im Interesse anderer nach dem Willen des Gesetzgebers besonders anerkannt werden sollte.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 3. September 2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. Februar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Versicherungsfalls vom 1. April 2016 eine Verletztenrente ab dem 28. April 2016 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Argumente des Klägers seien bereits Gegenstand des angefochtenen Urteils gewesen. Eine besondere berufliche Betroffenheit des Klägers aufgrund der unfallbedingt eingetretenen Schädigung der Bizepssehne sei nicht erkennbar. Er arbeite nach wie vor als Leitstellendisponent.
Der Senat hat Befundberichte eingeholt vom Facharzt für Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. M vom 12. Februar 2019 und vom Facharzt für Chirurgie Dr. G vom 22. Februar 2019.
Auf den Antrag des Klägers hat der Senat sodann das Gutachten des Facharztes für Chirurgie, Sozialmedizin, Dipl.-Med. P vom 4. September 2019 veranlasst. Nach ambulanter Untersuchung des Klägers vom selben Tage hat der Sachverständige eine nach unfallbedingter Ruptur der distalen Bizepssehne fortbestehende Einschränkung der Streckfähigkeit und der Supinationsfähigkeit des linken Ellenbogengelenks bei fortbestehender Umfangsminderung des linken Oberarms sowie Kraftminderung bei Beugung im linken Ellenbogengelenk festgestellt. Unfallunabhängig liege eine rezidivierende Zervikobrachialgie rechts bei Prolaps C6/C7 und Protrusion C5/C6 sowie cervicaler Spinalkanalstenose vor. Bei subjektiver Beschwerdefreiheit am Untersuchungstag seien diese degenerativen cervicalen Schäden in der Akte nachvollziehbar dokumentiert. Unter Berücksichtigung der Empfehlungen von Schönberger/Mehrtens/Valentin sei das Funktionsdefizit am Ellenbogengelenk links isoliert betrachtet mit einer MdE von 10 v.H. zu bemessen. Zu berücksichtigen sei außerdem eine persistierende Schmerzhaftigkeit und das besondere berufliche Betroffensein des Klägers, weshalb die MdE auf 20 v.H. zu erhöhen sei. Von den Bewertungen des Dr. F werde inhaltlich nicht abgewichen. Gegenüber Dr. S werde abgewichen, da die besondere berufliche Betroffenheit von diesem nicht berücksichtigt worden sei.
Mit rechtlichem Hinweis vom 10. Januar und 2. März 2020 hat der Berichterstatter eine vorläufige Auswertung des Gutachtens des Sachverständigen P zum Anlass genommen um eine Rücknahme der Berufung anzuregen. Insbesondere sei keine besondere berufliche Betroffenheit des Klägers zu erkennen.
Die Beteiligten sind mit gerichtlichem Schreiben vom 8. September 2020 zur beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen ist.
II.
Der Senat entscheidet gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er einstimmig die Berufung für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zur Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG angehört worden.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft und form- und fristgerecht erhoben worden (§§ 143, 151 SGG). Sie ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach § 56 SGB VII nach einer MdE von 20 v.H.
Soweit das Sozialgericht die Einzel-MdE auf unfallchirurgisch-orthopädischem Fachgebiet mit 10 v.H. gebildet hat, folgt der Senat dem Ergebnis und den Entscheidungsgründen und verweist gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf das zutreffende erstinstanzliche Urteil.
Soweit der Sachverständige Dipl.-Med. P eine Erhöhung der Einzel-MdE von 10 v.H. auf letztlich 20 v.H. u. a. mit einer persistierenden Schmerzhaftigkeit begründet entspricht dies nicht den unfallmedizinischen Bewertungskriterien, wie sie vom Sachverständigen unter Bezugnahme auf Schönberger et al. jedoch angegeben werden. In der aktuellen Ausgabe von Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl., Kap. 5.7 wird zur Begutachtung von Schmerz - wie auch in der Rechtsprechung anerkannt - ausgeführt, dass die Höhe der MdE die im üblichen Maße regelmäßig vorzufindenden Schmerzen mit Auswirkung auf die Erwerbsfähigkeit bereits mitberücksichtigt. Nur bei über das übliche Maß hinausgehenden, außergewöhnlichen Schmerzen ist eine besondere Beurteilung auch im Rahmen der MdE geboten. Das Vorliegen einer besonderen Schmerzerkrankung oder außergewöhnlicher Schmerzen beim Kläger hat der Sachverständige Dipl.-Med. P jedoch weder dargelegt noch anhand von Befunden plausibel gemacht.
Soweit der Kläger Verletztenrente ab dem 28. April 2016 begehrt und der Sachverständige Dr. S eine MdE von 20 v.H. zumindest bis zum 1. Oktober 2016 für begründet erachtet hat, resultiert auch hieraus kein Rentenanspruch des Klägers. Verletztenrente wird nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII nur gewährt, wenn über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus eine MdE von mindestens 20 v.H. vorliegt. Danach war hier für den klägerischen Anspruch die MdE-Höhe ab der 27. Woche nach dem Arbeitsunfall maßgebend, somit ab dem 1. Oktober 2016, für die Dr. S die MdE dann jedoch nur noch mit 10 v.H. angab.
Die MdE ist auch nicht wegen einer besonderen beruflichen Betroffenheit des Klägers im Sinne des § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII auf eine rentenberechtigende MdE von 20 v.H. zu erhöhen.
Nach § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII sind bei der Bemessung der MdE Nachteile zu berücksichtigen, die der Versicherte dadurch erleidet, dass er bestimmte, von ihm erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Arbeitsunfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen kann, soweit sie nicht durch sonstige Fähigkeiten ausgeglichen werden, deren Nutzung ihm zugemutet werden kann.
Die eine Höherbewertung der MdE rechtfertigenden Nachteile liegen auf dieser gesetzlichen Grundlage vor, wenn unter Wahrung des in der Unfallversicherung geltenden Grundsatzes der abstrakten Schadensberechnung, der durch § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII nicht eingeschränkt wird (BSGE 23, 253, 254), die Nichtberücksichtigung von Ausbildung und Beruf bei der Bewertung der MdE im Einzelfall zu einer unbilligen Härte führen würde (ständige Rechtsprechung seit BSGE 23, 253, 255, vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. Mai 2012 - L 3 U 129/10 -, Rz. 26 m.w.N., Juris). Die Vorschrift wird daher von der Rechtsprechung eng ausgelegt und um das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der „unbilligen Härte“ ergänzt. Begrenzt wird der Anwendungsbereich der Vorschrift weiter dadurch, dass eine MdE-Erhöhung nur dann erfolgt, wenn dem Versicherten die Nutzung sonstiger Fähigkeiten zum Ausgleich des eingetretenen Nachteils nicht zuzumuten ist. Da hierzu nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteil vom 31. Oktober 1972 – 2 RU 169/70 – und zum Ganzen BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 6) auch die Nutzung solcher Fähigkeiten zählt, die durch Umschulung auf Kosten des Unfallversicherungsträgers erworben werden können, ist der Anwendungsbereich praktisch auf Berufe beschränkt, die dem Versicherten eine sozial herausgehobene Stellung vermitteln, die er auch durch Umschulung nicht halten kann. Als gesichert kann gelten, dass es sich bei der Berücksichtigung besonderer beruflicher Betroffenheit regelungssystematisch um eine „echte“ - und daher nur in begrenztem Umfang anzuwendende - Ausnahme handelt. Dies liegt darin begründet, dass die Berücksichtigung konkreter Nachteile des individuellen Versicherten eine Durchbrechung des im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Grundsatzes der abstrakten Schadensbemessung darstellt (Scholz in: Schlegel/Voelzke, juris PK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 56, Rn. 75 ff.).
Selbst wenn der Verletzte seinen erlernten Beruf infolge seines Arbeitsunfalls nicht mehr ausüben kann, muss dies daher nicht zwangsläufig zur Erhöhung der MdE führen (vgl. BSGE 39, 31, 32). Auch dass erst bei einer Erhöhung der MdE nach § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII ein Verletztenrentenanspruch begründet werden kann - wie dies hier der Fall wäre -, stellt für sich noch keine derartige unbillige Härte dar (vgl. BSG SozR 220 § 581 Nr. 18 m.w.N.).
Zunächst setzt die Vorschrift voraus, dass der Versicherte vor dem Versicherungsfall besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen erworben hat. Hierbei handelt es sich um alle berufsspezifischen Fertigkeiten, die sich von den üblichen beruflichen Kenntnissen und Erfahrungen dadurch abheben, dass der Versicherte sie sich durch eine spezielle Ausbildung, eine vorhandene Begabung und meist jahrelange Übung angeeignet hat, und die für einen anderen Beruf nicht verwertbar sind. Als Beispiele werden in der Kommentarliteratur angeführt der Beruf des Musikers (z.B. Geiger oder Pianist) oder des Lebensmittelprüfers (z.B. Kaffeeröster, bei dem es auf die in jahrelanger Praxis angeeignete Fähigkeit des Kaffeeprüfens ankommt, Olivenöltester, Weinkontrolleure). Nicht erfasst werden demgegenüber ein berufliches, länger erprobtes Fachwissen, da dies in der Regel in jedem Beruf vorliegt, der für eine gewisse Dauer ausgeübt wurde. Die Voraussetzungen der Vorschrift sind folglich nicht immer schon dann erfüllt, wenn der Versicherte einen zuvor ausgeübten Beruf nicht mehr ausüben kann (Scholz in: Schlegel/Voelzke, juris PK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 56, Rn. 75 ff.).
Die Vorschrift setzt letztlich auch voraus, dass die Nichtberücksichtigung des unfallbedingt eingetretenen Nachteils zu einer „unbilligen Härte“ führt. Die im Rahmen dieses Tatbestandsmerkmals vorzunehmende Härtefallprüfung erfolgt in zweifacher Weise. Zunächst erfolgt die Prüfung anhand des gesetzlich normierten, bestimmten Prüfungsmerkmals der Zumutbarkeit des Einsatzes sonstiger Fähigkeiten; im Anschluss daran erfolgt eine allgemeine Härtefallprüfung anhand aller Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung bestimmter, von der Rechtsprechung herausgearbeiteter Prüfungsmerkmale. Die Zumutbarkeit des Einsatzes sonstiger Fähigkeiten schließt die zumutbare Möglichkeit der Aneignung solcher Fähigkeiten durch Umschulung selbst dann mit ein, wenn hiermit für den Versicherten erhebliche Schwierigkeiten und somit auch persönliche Opfer verbunden sind. Eine besondere berufliche Betroffenheit ist daher erst dann gegeben, wenn der Versicherte auch unter Ausschöpfung aller zumutbaren Möglichkeiten der Aneignung weiterer Kenntnisse und Fähigkeiten nur noch unter Inkaufnahme eines unzumutbaren sozialen Abstiegs auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens tätig werden kann. Wann ein sozialer Abstieg unzumutbar wäre, kann nur im Einzelfall entschieden werden; dies wird aber wohl - folgt man der neueren Rechtsprechung des BSG zur Verweisung eines Profifußballers (BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 – B 2 U 14/99 R –) auf anderweitige berufliche Tätigkeiten - nur in Ausnahmefällen bejaht werden können (Scholz in: Schlegel/Voelzke, juris PK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 56, Rn. 75 ff.)
Vor diesem Hintergrund hat das BSG als wesentliche Merkmale für die Beurteilung der Frage, ob eine höhere Bewertung der MdE zur Vermeidung unbilliger Härten gerechtfertigt ist, insbesondere das Alter des Verletzten (BSGE 4, 294, 299), die Dauer der Ausbildung (BSG SozR Nr. 10 zu § 581 RVO) sowie vor allem die Dauer der Ausübung der speziellen beruflichen Tätigkeit (BSGE 4, 294, 298; BSG SozR Nrn. 9 und 10 zu § 581 RVO) und auch den Umstand bezeichnet, dass die bisher verrichtete Tätigkeit eine günstige Stellung im Erwerbsleben gewährleistete (BSG SozR Nrn. 10 und 12 zu § 581 RVO). Aus diesen Merkmalen und den außerdem zu beachtenden sonstigen besonderen Umständen des Einzelfalles kann sich eine höhere Bewertung der MdE nach § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII ergeben, wenn der Verletzte die ihm verbliebenen Kenntnisse und Fähigkeiten nur noch unter Inkaufnahme eines unzumutbaren sozialen Abstiegs auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens verwerten kann (BSGE 70, 47, 49). Die einzelnen Umstände des jeweiligen Falles sind dabei nicht isoliert, sondern in ihrer Gesamtheit zu beurteilen. Eine allgemeine Regel, wie dies jeweils mit welchem Ergebnis zu geschehen hat, lässt sich hierfür nicht aufstellen (BSGE 23, 253, 255). Verfügt der Verletzte indes über sonstige Fähigkeiten, die geeignet sind, die unfallbedingt nicht mehr oder nicht mehr in vollem Umfang nutzbaren besonderen beruflichen Kenntnisse und Erfahrungen auszugleichen, kommt eine Erhöhung der MdE gemäß § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII nicht in Betracht, sofern dem Verletzten die Nutzung dieser Fähigkeiten zugemutet werden kann; dies schließt die zumutbare Aneignung solcher Fähigkeiten durch eine Umschulung ein.
Vor diesem Hintergrund wurde in der neueren Rechtsprechung in folgenden Fällen keine besondere berufliche Betroffenheit angenommen: Ein 48-jähriger selbstständiger Maurermeister und Bauunternehmer wurde auf die Möglichkeiten einer beruflichen Umorientierung und beruflichen Fortbildung verwiesen, z.B. durch Inanspruchnahme der berufshelferischen Maßnahmen durch den Unfallversicherungsträger; ein 59-jähriger selbstständiger Steinmetz und Steinbildhauer wurde auf den kaufmännischen Bereich des selbstständigen Unternehmers, auf berufliche Spezialisierungen, z.B. als technischer Angestellter im Umfeld des Steinmetzhandwerks, auf berufsnahe Beschäftigungsalternativen, wie die Tätigkeit als Fachverkäufer oder Fachberater für Naturerzeugnisse, Steinmetz-und Steinbildhauer Bedarf, oder auf eine Einarbeitung oder Umschulung zum Beispiel im Garten- und Landschaftsbau verwiesen (Bayerisches LSG v. 5. April 2006 - L 2 U 418/05 ). Bei einem Dachdeckermeister wurde die besondere berufliche Betroffenheit trotz besonderen beruflichen Erfolgs mit der Tätigkeit verneint, da die ausgeübte Tätigkeit nicht so spezielle Fertigkeiten voraussetze, dass in Abweichung von dem im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Grundsatz der abstrakten Schadensberechnung ausnahmsweise bei der MdE-Bewertung auf die berufliche Tätigkeit des Klägers abzustellen wäre. Die von ihm im Dachdeckerhandwerk erworbenen beruflichen Erfahrungen und Kenntnisse in diesem Handwerk hätten sich nicht in so besonderem Maße von üblichen beruflichen Kenntnissen und Erfahrungen abgehoben, sodass deshalb das unfallbedingte Ausscheiden aus dem ausgeübten Beruf für den Kläger zu einer außergewöhnlichen Härte geführt habe (Landessozialgericht für das Saarland, Urteil vom 30. November 1999 – L 2 U 187/98 –, juris). Verneint wurde die besondere berufliche Betroffenheit auch bei einem Jockey, der bei einem Pferderennen einen Unfall erlitten und sich dabei schwerste Wirbelsäulenverletzungen zugezogen hatte und anschließend bei einem Jockeyverband als Büroangestellter beschäftigt war (BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 – B 2 U 3/08 R –, juris). Auch bei einem im Unfallzeitpunkt 38-jährigen und seit 9 Jahren als Prüfingenieur im Bereich Prüfung von Windenergieanlagen tätigen Versicherten wurde eine besondere berufliche Betroffenheit verneint, da er sich in einem Alter befand, in dem ihm durchaus noch eine berufliche Umorientierung in seinem Beruf als Ingenieur zuzumuten war, zumal er nach dem Arbeitsunfall in seinem gewohnten Beruf weitergearbeitet hat und aufgrund der anerkannten Unfallfolgen mehr Bürotätigkeiten und weniger Prüftätigkeiten im Außendienst machte (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 20. Januar 2022 – L 14 U 102/17 –, juris).
Nach diesen Maßstäben ist hier eine unbillige Härte zu verneinen. Für die Beurteilung ist abzustellen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls, d.h. hier den Arbeitsunfall vom 1. April 2016. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger 46 Jahre alt und seit 5 Jahren als Rettungsassistent bei der Berliner Feuerwehr tätig. Damit befand er sich in einem Alter, in dem ihm durchaus noch eine berufliche Umorientierung in seinem Beruf zuzumuten war. Darüber hinaus ist von großer Bedeutung, dass der Kläger nach dem Arbeitsunfall in einem Teil seines gewohnten Beruf weitergearbeitet hat, indem er als Leitstellendisponent Einsätze koordiniert. Die Tatsache, dass er wegen unfallbedingter Verletzungsfolgen nicht mehr im Außendienst, also in der praktischen Tätigkeit als Rettungsassistent, einsetzbar war, stellt keinen unzumutbaren sozialen Abstieg im Sinne der dargelegten Rechtsprechung dar. Zwar gibt der Kläger an, dass die aktive Tätigkeit als Rettungsassistent, die ihm körperlich nicht mehr möglich ist, mit der „passiveren“ Tätigkeit als Leitstellendisponent nicht zu vergleichen sei, zumal sie angesichts des hohen Stresspegels in der Leitstelle auch eine bewusste Abwechslung dargestellt habe. Gleichwohl konnte der Kläger mit den Kenntnissen als Rettungssanitäter in der Leitstelle desselben Arbeitgebers ohne Sozialabstieg weiterhin tätig sein, auch ohne aktiv als Rettungssanitäter zur Verfügung zu stehen. Vielmehr kommen dem Kläger die Kenntnisse als Rettungssanitäter dabei zugute. Bereits diese neue berufliche Praxis widerlegt die Annahme, dass die vom Kläger als Rettungssanitäter und aufgrund der bereits mit Erfolg absolvierten Truppmannausbildung Teil 1 erworbenen beruflichen Erfahrungen und Kenntnisse sich in so besonderem Maße von üblichen beruflichen Kenntnissen und Erfahrungen abgehoben hätten, dass deshalb das unfallbedingte Ausscheiden aus dem Beruf als Rettungssanitäter für den Kläger zu einer außergewöhnlichen Härte geführt habe.
Dass der Kläger sein eigentliches Berufsziel, Feuerwehrmann bei der Feuerwehr B, unfallbedingt wegen des fehlenden Abschlusses der Truppmannausbildung Teil 2 nach eigenen Angaben nicht erreichen kann, ist im Rahmen der MdE-Bewertung nach § 56 Abs. 2 SGB VI nicht zu berücksichtigen. Die vorgenannte Vorschrift dient nicht dazu, einen Ausgleich für eventuell in der Zukunft eintretende unfallbedingte berufliche Nachteile oder hypothetische berufliche Entwicklungswege zu schaffen.
Der Senat verkennt dabei nicht, dass es für den Kläger enttäuschend und frustrierend ist, sein langjährig, teils unter schwierigen Umständen verfolgtes Ziel, im zweiten Ausbildungsweg seinen Wunschberuf als Feuerwehrmann und Rettungssanitäter bei der Feuerwehr B zu erreichen, zumindest teilweise unfallbedingt aufgeben zu müssen. Auch dies kann nicht im Rahmen einer allgemeinen beruflichen Betroffenheit des Klägers in die Bewertung der MdE einfließen. Anders als § 30 Abs. 2 des Bundesversorgungsgesetzes lässt § 56 Abs. 2 SGB VII eine allgemeine Berücksichtigung der beruflichen Betroffenheit des Verletzten nicht zu. Eine derartige Auslegung widerspräche der Systematik des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung, das für die Bemessung der Verletztenrente anders als das Versorgungsrecht (für Beschädigtengrundrenten) nicht lediglich ohne Rücksicht auf Alter und Einkommen des Beschädigten allein nach der Höhe der MdE zu gewährende Pauschalsätze, sondern (auch) den individuelleren Maßstab des vom Verletzten während des letzten Jahres vor dem Unfall verdienten Arbeitsentgelts vorsieht. Eine allgemeine Berücksichtigung des „besonderen beruflichen Betroffenseins“ würde daher in der gesetzlichen Unfallversicherung regelmäßig zu einer doppelten Berücksichtigung des Berufs führen (vgl. BSGE 70, 47, 48).
Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass der Kläger, hier als Versicherter nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII, nach § 13 SGB VII im Umfang eines - grundsätzlich im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung nicht vorgesehenen -
Anspruches auf Ersatz materieller Schäden privilegiert ist. Dem Kläger ist zuzugeben, dass es für die Bewertung dieses Anspruchs auf Sachschadensersatz anerkannt ist, dass der sich aus der Entstehungsgeschichte ergebende Schutzzweck des § 13 SGB VII hier eine großzügige Wertung erfordert („nicht engherzig, sondern unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Notsituation“ so Keller in: Hauck/Noftz SGB VII, § 13 Rn. 5a). Soweit diese Privilegierung hinsichtlich des Sachschadenersatzes vom Gesetzgeber ausdrücklich beabsichtigt und geregelt wurde, trifft dies weder direkt noch in analoger Anwendung auf die MdE-Bewertung zu, da die in § 13 SGB VII normierte Sonderregelung vom Gesetzgeber im Rahmen des § 56 Abs. 2 SGB VII nicht vorgesehen worden ist.
Daher vermag der Senat eine Regelungslücke, die eine analoge Anwendung des Rechtsgedankens des § 13 SGB VII auch im Bereich des § 56 SGB VII rechtfertigen würde, nicht zu erkennen.
Soweit sich der Sachverständige Dipl.-Med. P im Rahmen seiner MdE-Bewertung auch zur Frage der besonderen beruflichen Betroffenheit geäußert und diese - befürwortend - zur Begründung einer MdE von 20 v.H. herangezogen hat, folgt der Senat dem nicht. Der Sachverständige hat damit seinen Auftrag, der sich aus den ihm gestellten Beweisfragen herleitet und begrenzt, überschritten. Während die medizinische Beweiserhebung der Feststellung medizinisch relevanter Tatsachen und Zusammenhänge dient, gilt dies für die Beurteilung der besonderen beruflichen Betroffenheit im Sinne von § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII nicht. Für die Feststellung der Tatbestandsmerkmale dieser Norm ist eine medizinische Beweisaufnahme weder dienlich noch sinnvoll, sondern hat unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalles durch das Gericht gemäß § 128 SGG zu erfolgen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.