Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 25. Kammer | Entscheidungsdatum | 12.01.2022 | |
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Aktenzeichen | 25 Sa 1303/20 | ECLI | ECLI:DE:LAGBEBB:2022:0112.25SA1303.20.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | Art 3 GG, Art 20 GG |
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 11.8.2020 - 3 Ca 467/20 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Parteien streiten über die tarifliche Eingruppierung der Klägerin.
Die Klägerin ist seit dem 21.08.2009 bei dem Beklagten durchgehend unverändert als Grundschullehrerin an einer Evangelischen Grundschule beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist zuletzt der Arbeitsvertrag vom 11.06.2010 (Anlage K2, Blatt 13 – 14 der Akte).
Der Beklagte mit Sitz in Fürstenwalde ist der Trägerverein der Grundschule und dem Diakonischen Werk angeschlossen. Die Evangelische Kirche nimmt ihre diakonischen Aufgaben durch das Diakonische Werk wahr.
Auf das Arbeitsverhältnis finden die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (AVR DWBO) Anwendung. Die AVR DWBO geben die Beschlüsse der paritätisch besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission des DWBO von Regelungen über Inhalt, Abschluss und Beendigung von Arbeitsverhältnissen in diakonischen Einrichtungen auf dem Gebiet des DWBO wieder. Näheres hierzu ist in der Rechtsverordnung für die Arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. (Arbeitsrechtregelungsverordnung – ARRO DWBO) vom 15.06.2018 geregelt.
Die Klägerin erhielt ab dem 11.06.2010 Vergütung nach der EG 11 Einarbeitungsstufe gemäß AVR DWBO. Ab dem 21.08.2011 wurde die Klägerin nach der EG 11 Basisstufe AVR DWBO vergütet. Ab dem 21.08.2015 erhielt die Klägerin Entgelt nach der EG 11 Erfahrungsstufe 1 AVR DWBO. Das monatliche Grundentgelt der Klägerin betrug im Juli 2019 nach der Anlage 2 – Ost – AVR DWBO 4.895,30 € brutto. Den nächsten Stufenaufstieg in die EG 11 Erfahrungsstufe 2 AVR DWBO hätte die Klägerin am 21.08.2019 erreicht. Die Klägerin hätte nach Erreichen des Stufenaufstiegs ab dem Beginn des Monats, in dem der Stufenaufstieg erreicht wird, also zum 01.08.2019 ein Grundentgelt von 5.128,41 € brutto erhalten. Der Stufenaufstieg in die EG 11 Erfahrungsstufe 2 AVR DWBO ist nicht mehr vollzogen worden, weil es mit Wirkung zum 01.08.2019 zu einer Änderung der AVR DWBO gekommen ist
Die Arbeitsrechtliche Kommission veröffentlichte mit Rundschreiben 03/2019 vom 31.05.2019 unter I. 4. folgenden Änderungsbeschluss zu den AVR DWBO:
„Anlage 1 Eingruppierungskatalog für Lehrkräfte (Ergänzung der Anlage 1 der AVR)
a) Nr. 3
Nr. 3 A. in Nr. 3 (Lehrkräfte an Grundschulen) Anlage 1 Eingruppierungskatalog für Lehrkräfte (Ergänzung der Anlage 1 der AVR) erhält folgende Fassung:
„Mitarbeiter/innen in der Tätigkeit einer Lehrkraft an Grundschulen mit abgeschlossenem wissenschaftlichem Hochschulstudium und zweitem Staatsexamen und einer Unterrichtsgenehmigung für die Grundschule
Bezeichnung: Lehrerin
EG 12
Die Änderung erfolgt nicht als stufengleiche Höhergruppierung, sondern mit der Maßgabe, dass die Höhergruppierung in entsprechender Anwendung des § 16 Abs. 1 erfolgt.
Die Änderung erfolgt auch mit der Maßgabe, dass die Regelung für Lehrer/innen mit Lehrbefähigung nach dem Recht der ehemaligen DDR (insb. Abschlüsse der „Institute für Lehrerbildung“) zum 1. August 2020 in Kraft treten.
b) Nr. 5 und 6
Hinsichtlich der Änderungen von Nr. 5 und 6 der Anlage 1 Eingruppierungskatalog für Lehrkräfte (Ergänzung der Anlage 1 der AVR), veröffentlicht mit Rundschreiben vom 29. Januar 2019, gilt, dass im Fall einer Höhergruppierung in Abweichung von § 12 Abs. 5 AVR eine stufengleiche Zuordnung zur vorgesehenen höheren Entgeltgruppe erfolgt.
Inkrafttreten: 1. August 2019…“
Mit Rundschreiben 04/2019 vom 17.08.2019 veröffentlichte die Arbeitsrechtliche Kommission des DWBO unter II. Erläuterungen zu den Änderungen des Eingruppierungskatalogs für Lehrkräfte. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage B1, Blatt 63 – 74 der Akte, Bezug genommen.
Seit dem 01.08.2019 erhält die Klägerin nach diesen neuen Regelungen der AVR DWBO eine Vergütung nach der EG 12 Basisstufe AVR DWBO. Das monatliche Grundentgelt der Klägerin beträgt seit August 2019 nach der Anlage 2 – Ost – AVR DWBO 4.913,99 € brutto und damit 214,42 € brutto weniger als in der EG 11 Erfahrungsstufe 2 AVR DWBO. Die nächsten Stufenaufstiege sind in die EG 12 Erfahrungsstufe 1 AVR DWBO zum 01.08.2023 und in die Erfahrungsstufe 2 AVR DWBO zum 01.08.2027 vorgesehen. Nach der Erfahrungsstufe 2 sind weder in der EG 11 noch in der EG 12 weitere Stufenaufstiege vorgesehen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die als Anlage K3 zur Akte gereichte Entgelttabelle der Anlage 2 – Ost – AVR DWBO (Blatt 42 der Akte) Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 04.09.2019 (Anlage K6, Blatt 18 der Akte) legte die Klägerin Widerspruch gegen die erfolgte Umgruppierung in die EG 12 Basisstufe AVR DWBO ein und verlangte aufgrund der eingetretenen Schlechterstellung bei der Vergütung, die stufengleiche Eingruppierung. Dies lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 13.09.2019 (Anlage K7, Blatt 19 der Akte) ab. Auch der weitere Schriftverkehr der Parteien und ihrer Prozessbevollmächtigten führte nicht zu einer Änderung der Eingruppierung. Hinsichtlich der Einzelheiten der weiteren Schreiben wird auf die Anlagen K 8 bis 11, Blatt 20 – 25 der Akte, verwiesen.
Mit der am 24.04.2020 eingegangenen, dem Beklagten am 30.04.2020 zugestellten Klage begehrt die Klägerin die Eingruppierung in die EG 12 Erfahrungsstufe 1 AVR DWBO ab dem 01.08.2019. Mit der am 13. Juli 2020 bei Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) eingegangenen, dem Beklagtenvertreter am 21. Juli 2020 zugestellten Klageerweiterung begehrt die Klägerin hilfsweise die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin entsprechend der EG 11 Erfahrungsstufe 2 AVR DWBO zu vergüten.
Die Klägerin hat vorgetragen, es könne nicht dem Willen der Regelungsgeber entsprechen, dass Arbeitnehmer in einigen Entgeltgruppen und –stufen nach einer Höhergruppierung durch die Nichtmitnahme der in niedrigeren Entgeltstufen erreichte Stufe sowie die Nichtmitnahme der bisherigen Stufenlaufzeiten langjährig weniger verdienen würden, als wenn sie in der niedrigeren Entgeltgruppe verblieben und dort wesentlich früher in die nächste Stufe aufgestiegen wären. Die Regelung verletzte das Verbot mittelbarer Altersdiskriminierung in § 3 Abs. 2 AGG, da die Klägerin im Laufe ihres Berufslebens den Verlust von 4 Jahren Stufenlaufzeit (Basisstufe) und weiteren nahezu 4 Jahren Stufenlaufzeit in der Erfahrungsstufe 1 der EG 12 nicht mehr ausgleichen könne. Auf die Jahre gerechnet ergebe sich eine Vergütungsdifferenz von 10.292,16 €. Die Klägerin habe zumindest das Recht, in der bisherigen Entgeltgruppe zu verbleiben.
Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin ab dem 01.08.2019 nach der Entgeltgruppe 12 Erfahrungsstufe 1 des Tarifvertrages AVR DWBO zu vergüten und die sich insoweit ergebenden Differenzbeträge für die Monate ab August 2019 auf den jeweiligen Fälligkeitstag folgenden Tag mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen,
2. hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 01.08.2019 eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 11 Erfahrungsstufe 2 der AVR (Ost) DWBO in der jeweils gültigen Fassung bis zum 31.07.2023 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt:
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat vorgetragen, dass es eine klare Stichtagsregelung gebe und verweist insoweit auf die Erläuterungen im Rundschreiben der Diakonie Berlin-Brandenburg -schlesische Oberlausitz 4/2019 vom 27.08.2019. Der Beklagte habe lediglich die Regelungen der AVR DWBO umgesetzt. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht liege nicht vor.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 11.08.2020 als unbegründet abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe zutreffend die neuen Regelungen der AVR DWBO umgesetzt. Hieraus folge eine Eingruppierung der Klägerin in die EG 12 Basisstufe AVR DWBO. Eine stufengleiche Höhergruppierung sähen die Regelungen nicht vor. Die Klägerin beziehe in der Basisstufe ab August 2019 eine höhere Grundvergütung als zuvor im Juli 2019. Die Regelung der nicht stufengleichen Höhergruppierung verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Das Arbeitsgericht nimmt insoweit Bezug auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, Urteil vom 19.12.2019 – 6 AZR 59/19. Ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stehe entgegen, dass der Beklagte keine eigene Regelung vorgenommen habe, sondern lediglich die Vorgaben der AVR DWBO umgesetzt habe. Die dortigen Regelungen sähen auch keine auslegungsfähige Lücke vor. Die Arbeitsrechtskommission habe bewusst entschieden, keine stufengleiche Höhergruppierung vorzunehmen. Die Regelungen der AVR DWBO hielten auch einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB stand. Ordnungsgemäß zustande gekommene Regelungen einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Kommission unterlägen nur einer eingeschränkten Inhaltskontrolle. Die Kommission habe die Grenzen ihrer Regelungsmacht nicht überschritten. Auch der Hilfsantrag sei nicht begründet. Die Regelungen der AVR DWBO seien nicht dispositiv und sähen kein Wahlrecht der Entgeltgruppe vor. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils, Blatt 95 - 104, der Akte verwiesen.
Das Urteil des Arbeitsgerichts ist der Klägerin am 10.09.2020 (Blatt 105 der Akte) zugestellt worden. Die Berufung der Klägerin ist am Montag, den 12.10.2020 (Blatt 108 der Akte) beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Die Berufungsbegründung hat die Klägerin nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 10.12.2020 (Blatt 123 der Akte) am 10.12.2020 (Blatt 125 der Akte) beim Landesarbeitsgericht eingereicht.
Die Klägerin trägt vor, die arbeitsrechtliche Kommission habe die Grenzen ihrer Regelungsbefugnis überschritten. Die AVR DWBO seien keine Tarifverträge und unterlägen einer Inhaltskontrolle. Die Grundsätze der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, Urteil vom 19.12.2019 – 6 AZR 59/19 könnten nicht auf das vorliegende Verfahren übertragen werden. Die dortige Entscheidung beziehe sich auf einen Tarifvertrag mit unterschiedlicher Anzahl und Dauer der Stufenlaufzeiten. Der Klägerin drohe hier ohne Kompensation ein mehrjähriger Verlust von Stufenlaufzeiten. Die Berufserfahrung langjähriger Mitarbeiter werde trotz der Regelung in § 18 AVR DWBO nicht gewürdigt. Die Regelung stelle eine mittelbare Altersdiskriminierung und einen Verstoß gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes dar. Zumindest müsse der Klägerin ein Wahlrecht eingeräumt werden, ob sie nach den alten Regelungen oder nach den neuen Regelungen einzugruppieren sei. Auch im öffentlichen Dienst habe es ein Wahlrecht gegeben, ob die Eingruppierung nach den alten Regelungen oder nach der neuen Entgeltordnung erfolgen solle.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 11.08.2020, zugestellt am 11.09.2020, - 3 Ca 467/20 -
festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin ab dem 01.08.2019 nach der Entgeltgruppe 12 Erfahrungsstufe 1 des Tarifvertrages AVR DWBO zu vergüten und die sich insoweit ergebenden Differenzbeträge für die Monate ab August 2019 auf den jeweiligen Fälligkeitstag folgenden Tag mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen,
hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 01.08.2019 eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 11 Erfahrungsstufe 2 der AVR (Ost) DWBO in der jeweils gültigen Fassung bis zum 31.07.2023 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hat vorgetragen, dass kein Verstoß gegen höherrangiges Recht gegeben sei. Der Beklagte teile vollinhaltlich die Feststellungen des Arbeitsgerichts. Der Vortrag der Klägerin sei nicht geeignet, eine solchen Verstoß auch nur in Betracht zu ziehen. Die Rügen der Klägerin zeigen nur, dass sie eine andere Rechtsauffassung als das Arbeitsgericht und der Beklagte vertrete. Die Regelungen der AVR DWBO seien von dem Beklagten anzuwenden und ständen nicht zur Disposition der Parteien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze vom 10.12.2020 und 11.01.2022 Bezug genommen.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
I.
Die Berufung ist zulässig. Die nach den §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 b) und c) ArbGG statthafte Berufung ist insbesondere form- und fristgerecht im Sinne der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO eingelegt und begründet worden.
II.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die Berufungskammer folgt insoweit vollumfänglich der zutreffenden Entscheidung des Arbeitsgerichts und nimmt gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Urteilsgründe Bezug. Es besteht noch Anlass zu folgenden ergänzenden Ausführungen.
1.
Die von der Klägerin begehrte Eingruppierung ergibt sich nicht aus den für das Arbeitsverhältnis kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme jeweils geltenden Regelungen der AVR DWBO. Der Beklagte hat die ab dem 01.08.2019 geltenden Regelungen der AVR DWBO zutreffend angewendet. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig und im Berufungsverfahren auch nicht von der Klägerin angegriffen worden. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die ab dem 01.08.2019 geltenden Regelungen der AVR DWBO wirksam und vom Beklagten, wie geschehen, anzuwenden.
2.
Die neuen Eingruppierungsregelungen der AVR DWBO für Grundschullehrer halten insbesondere einer Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB stand. Diese sind, wie Tarifverträge, nur darauf zu untersuchen, ob sie gegen die Verfassung, anderes zwingendes Recht oder die guten Sitten verstoßen.
a)
Kirchliche Arbeitsrechtsregelungen, die wie die AVR DWBO auf dem Dritten Weg zustande gekommen sind und arbeitsvertraglich in Bezug genommen werden, unterliegen als Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB (vgl. BAG, Urteil vom 08.09 2021 – 10 AZR 322/19 –, Rn. 34; BAG, Urteil vom 30.10.2019 - 6 AZR 465/18 - Rn. 33; BAG, Urteil vom 22.07.2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 24 ff.). Bei der Kontrolle ist als im Arbeitsrecht geltende Besonderheit (§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB) jedoch angemessen zu berücksichtigen, dass die Arbeitgeberseite ihre Interessen im Verfahren des Dritten Wegs nicht einseitig durchsetzen kann. Die paritätische Besetzung der Arbeitsrechtlichen Kommission und die mangelnde Weisungsgebundenheit ihrer Mitglieder verhindern eine solche Übermacht. Diese Besonderheit bewirkt, dass auf dem Dritten Weg zustande gekommene kirchliche Arbeitsrechtsregelungen grundsätzlich wie Tarifverträge nur darauf zu untersuchen sind, ob sie gegen die Verfassung, anderes höherrangiges zwingendes Recht oder die guten Sitten verstoßen (vgl. BAG, Urteil vom 08.09.2021 – 10 AZR 322/19 –, Rn. 34; BAG, Urteil vom 30.10.2019 - 6 AZR 465/18 -, Rn. 33; BAG, Urteil vom 22.03.2018 - 6 AZR 835/16 - Rn. 66; BAG, Urteil vom 04.08.2016 - 6 AZR 129/15 - Rn. 26; Spelge ZAT 2020, 127, 132). Anders verhält es sich, wenn ein kirchlicher Arbeitgeber unter Verstoß gegen seine kirchenrechtliche Verpflichtung die kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen nur teilweise vertraglich in Bezug nimmt oder sich gänzlich von ihnen löst und ein eigenes Vertragswerk erstellt. In diesem Fall handelt es sich um außerhalb des Dritten Wegs zustande gekommene Allgemeine Geschäftsbedingungen, die uneingeschränkt nach den §§ 305 ff. BGB zu kontrollieren sind (vgl. BAG, Urteil vom 08.09 2021 – 10 AZR 322/19 –, Rn. 34; BAG, Urteil vom 30.10.2019 – 6 AZR 465/18 -, Rn. 33; Spelge ZAT 2020, 127, 134).
b)
Die AVR DWBO sind innerhalb des dritten Weges ordnungsgemäß zustande gekommen und werden vom Beklagten uneingeschränkt auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin angewendet. Die neuen Regelungen sind unstreitig durch Beschluss der paritätisch besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission des DWBO unter Beachtung der Rechtsverordnung für die Arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. (Arbeitsrechtregelungsverordnung – ARRO DWBO) vom 15.06.2018 beschlossen worden. Die Arbeitsrechtliche Kommission veröffentlichte mit Rundschreiben 03/2019 vom 31.05.2019 unter I. 4. die Änderungen der Eingruppierungsregelungen für die Grundschullehrer in der AVR DWBO. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig und führt dazu, dass aufgrund der oben genannten Grundsätze die AVR DWBO, wie Tarifverträge, nur darauf zu untersuchen, ob sie gegen die Verfassung, anderes zwingendes Recht oder die guten Sitten verstoßen. Ein solcher Verstoß liegt nicht vor.
3.
Die Eingruppierungsvorschriften verstoßen nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.
a)
Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz ist bei der Schaffung von Regelungen der AVR DWBO ebenso wie bei tarifvertraglichen Regelungen zu beachten. Es sind insoweit für die kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen, die auf dem Dritten Weg ausgehandelt worden sind, die für Tarifverträge aufgestellten Grundsätze anzuwenden (vgl. BAG, Urteil vom 08.09.2021 – 10 AZR 322/19 –, Rn. 43). Hiernach gilt folgendes: Das allgemeine Gleichheitsgrundrecht des Art. 3 Abs. 1 GG bildet als grundlegende Gerechtigkeitsnorm in seiner Ausstrahlungswirkung als verfassungsrechtliche Wertentscheidung oder auch „Richtlinie“ eine ungeschriebene Grenze der Regelungsautonomie (vgl. BAG, Urteil vom 09.12.2020 – 10 AZR 334/20 –, Rn. 31; BAG, Urteil vom 19.11.2020 - 6 AZR 449/19 - Rn. 21) und damit auch für die Regelungen der AVR DWBO. Nach Art. 3 Abs. 1 GG sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Das daraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich- und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem die Begünstigung einem Personenkreis gewährt und einem anderen Personenkreis vorenthalten wird. Differenzierungen sind nicht untersagt. Sie müssen jedoch durch Sachgründe gerechtfertigt sein, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (BVerfG, Urteil vom 26.05.2020 - 1 BvL 5/18 - Rn. 94; BAG, Urteil vom 09.12.2020 – 10 AZR 334/20 –, Rn. 33). Ob ein Sachgrund die Differenzierung rechtfertigt, ist auch dann zu überprüfen, wenn die ggf. erforderliche Anpassung „nach oben“ mit erheblichen Mehrkosten für die betroffenen Arbeitgeber verbunden ist (vgl. BAG, Urteil vom 09.12.2020 – 10 AZR 334/20 –, Rn. 37; BAG, Urteil vom 10.11.2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 35). Der Arbeitsrechtlichen Kommission kommt wie den Tarifvertragsparteien eine Einschätzungsprärogative zu (vgl. BAG, Urteil vom 08.09.2021 – 10 AZR 322/19 –, Rn. 44; BAG, Urteil vom 14.03.2019 - 6 AZR 90/18 - Rn. 28; BAG, Urteil vom 19.04.2012 - 6 AZR 677/10 -, Rn. 31). Sie bezieht sich auf die tatsächlichen Gegebenheiten, die betroffenen Interessen und die Regelungsfolgen. Auch die Arbeitsrechtliche Kommission verfügt über einen weiten Gestaltungsspielraum für die inhaltliche Ausformung ihrer Regelungen, dessen Reichweite im Einzelfall von den Differenzierungsmerkmalen abhängt (vgl. für die Tarifvertragsparteien BAG 09.12.2020 - 10 AZR 332/20 (A) - Rn. 66; BAG, Urteil vom 09.12.2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 41). Es ist nicht Sache der Gerichte zu prüfen, ob die Arbeitsrechtliche Kommission jeweils die gerechteste oder zweckmäßigste Regelung gefunden hat (vgl. BAG, Urteil vom 08.09.2021 – 10 AZR 322/19 –, Rn. 44; BAG, Urteil vom 14.03.2019 - 6 AZR 90/18 -, Rn. 28; BAG, Urteil vom 19.04.2012 - 6 AZR 677/10 -, Rn. 31).
b)
Das Arbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass der von der paritätischen Kommission gewählte Stichtag „01.08.2019“ für das Inkrafttreten der neuen Eingruppierungsregelungen nicht gegen den Gleichheitssatz verstößt. Für die getroffenen Regelungen besteht ein sachlich vertretbarer Grund. Die Regelungen sind vom Ermessens- und Beurteilungsspielraum der Kommission gedeckt und sind nicht willkürlich. Auch wenn Stichtagsregelungen als „Typisierungen in der Zeit“ unvermeidlich Härten mit sich bringen, sind sie aus Gründen der Praktikabilität zur Abgrenzung der begünstigten Personenkreise grundsätzlich zulässig, wenn sich die Wahl des Stichtags am gegebenen Sachverhalt orientiert und demnach sachlich vertretbar ist. Die Umstellung eines tariflichen Vergütungssystems, hier der Regelungen für die Eingruppierung der Grundschullehrer, ist ohne einen solchen Stichtag nicht durchführbar. In den Grenzen des Vertrauensschutzes kann die Kommission frei bestimmen, für welche Personenkreise und ab welchem Zeitpunkt die neuen Regelungen gelten und ob es gegebenenfalls Übergangs- oder Besitzstandsregelungen geben soll. Das ist wesentliches Merkmal der Regelungsautonomie. Im Ergebnis ist bei solchen Stichtagsregelungen lediglich eine Willkürkontrolle durchzuführen. Dies entspricht dem stufenlosen, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BAG, Urteil vom 19.11.2020 – 6 AZR 449/19 –, Rn. 24, BAG, Urteil vom 19.12.2019 - 6 AZR 59/19 - Rn. 18).
c)
Die Wahl des Stichtages 01.08.2019 ist nicht willkürlich, sondern orientiert sich am Beginn des neuen Schuljahres. Die Wahl, den Stichtag am Beginn des neuen Schuljahres zu orientieren, ist für den Bereich der Lehrkräfte sachlich gerechtfertigt und nicht zu beanstanden. Die Kommission durfte dabei die Mehrkosten, die sich aus Höherbewertungen der Tätigkeit der Grundschullehrer ergeben, durch die nicht stufengleiche Eingruppierung abmildern. Die Regelung des § 16 Abs. 1 AVR DWBO gewährleistet dabei, dass die Zuordnung in Stufe erfolgt, dass mindestens das im Juli 2019 gezahlte Entgelt erreicht wird. Damit wird gewährleistet, dass keine Lehrkraft – auch nicht die Klägerin - weniger Arbeitsentgelt erhält als bis zum 31.07.2019. Durch die Regelung des § 15 Abs. 6a AVR DWBO, die bei Neueinstellungen von Lehrkräften die Anrechnung von förderlichen Zeiten beruflicher Vortätigkeiten einschränken, wird zudem gewährleistet, dass es zu keiner Verletzung des Gleichheitssatzes im Vergleich zu neu eingestellten Arbeitnehmern kommt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die neuen Regelungen der AVR DWBO anderweitig zu einer Verletzung des Gleichheitssatzes führen.
4.
Zu weitergehenden Ausgleichsregelungen als der Gewährleistung des bis zum Stichtag erzielten Arbeitsentgelts ist die normgebende Kommission nicht verpflichtet. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen das sich aus Art. 20 GG ergebende Rückwirkungsverbot und die Grundsätze des Vertrauensschutzes vor. Auch bei dieser Prüfung sind dieselben Maßstäbe anzulegen wie bei Tarifverträgen (vgl. BAG, Urteil vom 28.06.2012 – 6 AZR 217/11 –, Rn. 72; BAG, Urteil vom 24.03.2011 - 6 AZR 765/09 - Rn. 18).
a)
Tarifvertragliche Regelungen tragen auch während der Laufzeit des Tarifvertrags den immanenten Vorbehalt in sich, rückwirkend durch Tarifvertrag geändert zu werden (vgl. BAG, Urteil vom 28.06.2012 – 6 AZR 217/11 –, Rn. 73; BAG, Urteil vom 24.03.2011 - 6 AZR 765/09 - Rn. 19; BAG, Urteil vom 27.10.2010 - 10 AZR 410/09 - Rn. 17). Dabei ist die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien zur rückwirkenden Änderung nur durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes der Normunterworfenen begrenzt. Es gelten die gleichen Regeln wie nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu der Rückwirkung von Gesetzen. Ob und ab wann die Tarifunterworfenen mit einer tariflichen Neuregelung rechnen müssen, ist eine Frage des Einzelfalls. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist das Vertrauen in die Fortgeltung einer Tarifnorm dann nicht mehr schutzwürdig, wenn und sobald die Normunterworfenen mit einer Änderung rechnen müssen (vgl. BAG, Urteil vom 28.06.2012 – 6 AZR 217/11 –, Rn. 73; BAG, Urteil vom 24.03.2011 - 6 AZR 765/09 - Rn. 19). Gleiches gilt für die hier streitgegenständlichen Regelungen der AVR DWBO.
b)
Die Klägerin konnte nach diesen Grundsätzen nicht darauf vertrauen, dass bisher geltenden Eingruppierungsregelungen und die dort vorgesehenen Stufenaufstiege auch zukünftig unverändert fortbestehen. Wie bei Tarifverträgen können die Regelungen der AVR DWBO für die Zukunft auch zuungunsten der Arbeitnehmer geändert werden. Dies ist im vorliegenden Fall unproblematisch möglich gewesen, da die Änderungen der Vergütungsregelungen nicht rückwirkend für die Vergangenheit erfolgten, sondern zukünftige, die im Zeitpunkt der Änderung noch nicht fälligen Vergütungen betrifft. Ein Vertrauensschutz auf eine noch nicht fällige, sondern erst in Zukunft entstehende und fällige Vergütung besteht nicht.
c)
Es gibt nicht einmal einen Grundsatz, dass Berufserfahrung zwingend entgeltsteigernd bei der Berechnung der Vergütung berücksichtigt werden muss. Ob und in welcher Form Berufserfahrung bei der Eingruppierung der Arbeitnehmer berücksichtigt wird, obliegt alleine dem Ermessenspielraum der arbeitsrechtlichen Kommission. Es liegt bei den getroffenen Regelungen auch keine unzulässige Altersdiskriminierung vor. Die Regelungen zur Stufenzuordnung knüpfen nicht an das Lebensalter der Arbeitnehmer an. Auch eine mittelbare Altersdiskriminierung liegt nicht vor. Durch die Regelung des § 15 Abs. 6a AVR DWBO ist gewährleistet, dass neueingestellte (und vermeintlich jüngere) Arbeitnehmer nicht besser als die bereits eingestellten (und damit vermeintliche älteren) Arbeitnehmer gestellt werden.
5.
Die Klägerin hat kein Wahlrecht dahingehend, weiterhin nach den bisherigen, durch die Neuregelung abgelösten Vorschriften eingruppiert zu werden.
a)
Die AVR DWBO sehen ein solches Wahlrecht nicht vor. Die Regelungen der AVR DWBO stehen nicht zur einseitigen Disposition einer der Parteien. Alleine die Tatsache, dass die Tarifvertragsparteien im öffentlichen Dienst bei der Einführung der neuen Entgeltordnungen, deren Anwendung von einem Antrag der Arbeitnehmer abhängig gemacht haben, bedeutet nicht, dass bei der Einführung anderer Entgeltsysteme zwingend eine vergleichbare Regelung aufzunehmen ist. Auch eine solche Entscheidung obliegt dem der arbeitsrechtlichen Kommission zustehenden Ermessensspielraum.
b)
Die Kammer verkennt dabei nicht, dass die Klägerin durch den ursprünglich unmittelbar nach dem Stichtag liegenden Stufenaufstieg nunmehr finanziell durch die Neuregelung zunächst einmal finanziell schlechter gestellt wird. Ergänzend weist die Kammer aber darauf hin, dass auf Dauer die neuen Eingruppierungsvorschriften zu einer Entgeltsteigerung auch bei der Klägerin führen. Zwar erhält die Klägerin in den ersten vier Jahren nach der Umstellung des Entgeltsystems aufgrund des nicht vollzogenen Stufenaufstiegs zunächst weniger Arbeitsentgelt. Dies ändert sich dann aber mit dem Vollzug der Stufenaufstiege in der Entgeltgruppe 12 AVR DWBO. In der EG 11 AVR DWBO sind dann nämlich keine weiteren Stufenaufstiege und damit verbundene Entgelterhöhungen vorgesehen. Noch vor dem Renteneintrittsalter der Klägerin hat sie die zunächst erfolgten Entgelteinbußen der ersten vier Jahre nicht nur ausgeglichen, sondern insgesamt ein höheres Gesamtentgelt erzielt. Zwar mag es sein, dass jetzt aktuell der Klägerin ein höheres Gehalt wichtiger ist, als in späteren Jahren. Auf solche Einzelinteressen kann und muss die arbeitsvertragliche Kommission bei der Einführung eines neuen Entgeltsystems keine Rücksicht nehmen. Insgesamt kommt es durch die Änderungen zu einer Anhebung des Arbeitsentgelts, von der auch die Klägerin profitieren wird, wenn sie bis zum Renteneintritt beim Beklagten arbeitet.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Hiernach hat die Klägerin die Kosten der erfolglosen Berufung zu tragen.
IV.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.