Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat | Entscheidungsdatum | 23.03.2022 | |
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Aktenzeichen | 6 B 12/21 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2022:0323.6B12.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 3 Abs 2 Nr 7 KitaG BB, § 2 Abs 1 Buchst k KitaG§16Abs2uaV BB, § 113 S 1 SchulG BB, § 291 BGB, § 288 Abs 1 S 2 BGB, § 15 Abs 1 KitaG BB, § 17 Abs 1 KitaG BB, § 17 Abs 3 KitaG BB |
1. Es ist Aufgabe des Trägers der Kindertagesstätte, die Essenversorgung in der Einrichtung zu gewährleisten. Eine finanzielle Beteiligung der Eltern an der Essenversorgung darf ausschließlich über das Essengeld sowie über die kalkulatorische Berücksichtigung bei der Bemessung der Elternbeiträge erfolgen.
2. Aufwendungen der Eltern für die Verpflegung ihres Kindes in einer Kindertageseinrichtung, die ein vom Einrichtungsträger festgesetztes Essengeld übersteigen, sind aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs gegen den Träger der Einrichtung zu erstatten.
3. Die Festsetzung des Essengeldes hat durch den Einrichtungsträger selbst zu erfolgen und kann nicht durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt werden.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 31. Mai 2021 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, den Klägern hinsichtlich der von ihnen für die Erstversorgung ihrer Tochter in der Kindertagesstätte M... in der Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 31. August 2015 aufgewendeten Kosten einen weiteren Betrag in Höhe von 510,07 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 681,90 Euro ab Rechtshängigkeit bzw. aus 510,07 Euro ab dem 21. März 2018 zu erstatten. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten beider Rechtszüge tragen die Kläger drei Viertel, die Beklagte ein Viertel.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Kläger begehren von der Beklagten Erstattung von Kosten für die Essenversorgung ihrer Tochter in einer Kindertagesstätte der Beklagten.
Sie schlossen am 11. Juni 2010 mit der Beklagten einen Vertrag über die Betreuung ihrer im Jahr 2009 geborenen Tochter in der von der Beklagten betriebenen Kindertagesstätte ab dem 16. August 2010. Nach Ziffer 3.3 dieses Vertrages sichert die Beklagte die Essenversorgung (Frühstück, Mittagessen und Vesper) in der Kindertagesstätte durch einen privaten Anbieter, einen sog. Caterer, mit dem die Eltern einen entsprechenden Vertrag abschließen können. Ein Essengeld erhob die Beklagte nicht.
Die von der Beklagten mit der Essenversorgung in den Kindertagesstätten und Schulen ihrer Trägerschaft beauftragte private Cateringgesellschaft stellte den Klägern aufgrund des mit diesen abgeschlossenen Vertrages für Frühstück und Vesper 0,57 Euro pro Tag und für Mittagessen zunächst 2,13 Euro, ab Oktober 2013 pro Portion 2,35 Euro in Rechnung.
Unter dem 10. Dezember 2015 beantragten die Kläger bei der Beklagten unter Hinweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 25. September 2014 - VG 10 K 4203/13 - die Rückzahlung der von ihnen im Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis zum 31. August 2015 gezahlten Beiträge für die Versorgung ihrer Tochter mit Mittagessen in Höhe von insgesamt 1.626,75 Euro sowie für die Versorgung mit Frühstück und Vesper in Höhe von insgesamt 483,42 Euro, was die Beklagte ablehnte.
Mit der am 31. Dezember 2015 erhobenen Klage haben die Kläger zunächst einen Zahlungsanspruch in Höhe von insgesamt 2.110,17 Euro nebst Zinsen geltend gemacht. Nachdem die Gemeindevertretung der Beklagten mit Beschluss vom 24. Mai 2017 das Essengeld bis 2016 auf 2,00 Euro und ab 2017 auf 2,20 Euro festgesetzt hatte, gewährte die Beklagte den Klägern mit Bescheid vom 1. März 2018 einen Betrag von 171,83 Euro zum Ausgleich der für die Versorgung ihrer Tochter mit Mittagessen aufgewendeten Kosten, soweit diese das festgesetzte Essengeld überstiegen. Hinsichtlich dieses Betrages haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Auf die im Übrigen aufrechterhaltene Klage hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verurteilt, den Klägern einen weiteren Betrag in Höhe von 1.845,94 Euro nebst Zinsen zu erstatten und die Klage im Übrigen, also in Höhe von 92,40 Euro, abgewiesen, weil die Kläger nicht nachgewiesen hätten, diese Kosten tatsächlich aufgewendet zu haben. Zur Begründung des stattgebenden Teils des Urteils hat es ausgeführt, die Kläger hätten gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der von ihnen für die Essenversorgung ihrer Tochter in der Kindertagesstätte nachweislich aufgewendeten Kosten. Die Beklagte habe einen Vermögensvorteil dadurch erlangt, dass sie Aufwendungen für die Bereitstellung des Mittagessens, Frühstücks und Vespers erspart habe. Ein Abzug der Kostenerstattung wegen ersparter Eigenaufwendungen der Kläger komme nicht in Betracht, da dieser mit Blick auf die öffentlich-rechtliche Ausgestaltung des Betreuungsverhältnisses als tragfähige Grundlage eine entsprechende gemeindliche Satzung voraussetze, an der es fehle.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung. Zur Begründung trägt sie vor: Die Kläger könnten ihr Begehren nicht auf einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch stützen. Zwischen ihnen und der Beklagten bestehe keine Leistungsbeziehung. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch sei deshalb wegen Vorrang der Leistungskondiktion ausgeschlossen. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene wertungsmäßige Korrektur des Erstattungsanspruchs sei ohne rechtliche Grundlage erfolgt. Die Ausgestaltung der Abrechnung „direkt beim Caterer“ auf vertraglicher Grundlage widerspreche nicht der gesetzlichen Wertung des § 17 Abs. 1 KitaG. Das Verwaltungsgericht lasse unberücksichtigt, dass die Kläger als Vorteil eine vollwertige Verpflegung ihrer Tochter erlangt und verbraucht hätten. Dieser Vorteil stelle einen Gegenwert dar. Der Anwendungsbereich des Bereicherungsrechts sei im Hinblick darauf, dass es sich um eine vertragliche Leistung handele, deren Grundlage nicht weggefallen sei, vorliegend nicht eröffnet. Darüber hinaus gelte der Vorrang der Leistungskondiktion. Die Kläger hätten durch direkte Zahlungen an den Caterer aufgrund des Versorgungsvertrages gerade nicht das Vermögen der Beklagten bewusst und zielgerichtet mehren und ihr als Trägerin der in Rede stehenden Kindertageseinrichtung Aufwendungen ersparen wollen. Die Annahme, die Kläger hätten mit ihren Zahlungen die Beklagte als Einrichtungsträger von einer Rechtspflicht gegenüber dem Caterer entlasten wollen, sei lediglich eine Mutmaßung. Zudem greife die Überlegung, durch Übertragung der Mittagsversorgung auf einen Caterer und dessen Direktabrechnung gegenüber den Personensorgeberechtigten erspare die kommunale Trägerin einer Kindertagesstätte Eigenaufwendungen, zu kurz. Sie sei sowohl durch § 17 Abs. 1 KitaG als auch durch das Organisationsermessen der Beklagten gedeckt. Die Beklagte habe sich insoweit für eine privatrechtliche Ausgestaltung entschieden. In der Rechtsprechung sei geklärt, dass dies zulässig sei. Es sei daher bedenkenlos möglich, einen privaten Dritten mit der hiermit in Verbindung stehenden Aufgabe der Direktabrechnung zu betrauen. Eine solche Direktabrechnung sei etwa im Bereich der schulischen Speisung auch bei staatlichen Schulen in kommunaler Trägerschaft weitverbreitet und üblich. Ein Verbot ergebe sich insoweit auch nicht aus § 17 Abs. 1 KitaG. Danach seien die Personensorgeberechtigten lediglich verpflichtet, einen Zuschuss zur Versorgung des Kindes mit Mittagessen in Höhe der durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen zu entrichten. Voraussetzung hierfür sei jedoch, dass dem Einrichtungsträger überhaupt Betriebskosten für die Mittagsverpflegung entstanden seien. Das sei hier gerade nicht der Fall. Ein Verbot der Direktabrechnung ergebe sich auch nicht aus § 17 Abs. 3 KitaG. Die dort statuierte Erhebungspflicht betreffe begrifflich lediglich die Elternbeiträge, nicht jedoch die davon zu unterscheidenden Essengelder. Da keine Pflicht zum Satzungserlass bestehe, sei auch eine zivilrechtliche Handlungsform für Elternbeiträge nicht ausgeschlossen. Dies müsse erst recht für das Essengeld gelten. Zudem fehle es an einer rechtswidrigen Vermögensmehrung der Beklagten sowie an einer unbilligen Vermögensminderung der Kläger. Die Eltern hätten sich auch bei einer öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung an den Verpflegungskosten zu beteiligen. Diese hätten in die Kalkulation der Elternbeiträge einfließen können. Im Übrigen müsse berücksichtigt werden, dass die Kläger für die Zeiten der Kinderbetreuung von ihrer Pflicht zur Versorgung ihrer Tochter mit Essen frei geworden seien. Das Verwaltungsgericht hätte daher von dem Erstattungsbetrag zumindest die durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen abziehen müssen. Einer satzungsrechtlichen Grundlage bedürfe es hierfür nicht.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
unter teilweiser Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 31. Mai 2021 die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Kläger und Berufungsbeklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil und machen ergänzend geltend: Die Abrechnung „direkt beim Caterer“ widerspreche der gesetzlichen Wertung des § 17 Abs. 1 KitaG. Ebenso verkenne die Beklagte die unterschiedlichen gesetzlichen Grundlagen der Schulspeisung und der Mittagsversorgung in Kitas.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Streitakten sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Die Klage ist als Leistungsklage zulässig. Insbesondere sind die Kläger als Kostenschuldner des Essengeldes nach § 17 Abs. 1 KitaG aktivlegitimiert (vgl. Senatsurteil vom 13. September 2016 - OVG 6 B 87.15 - Rn. 18).
Die Klage ist allerdings nur teilweise begründet. Der den Klägern zustehende Zahlungsanspruch beträgt lediglich 510,07 Euro. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Unrecht zur Zahlung des darüber hinaus gehenden Betrages von 1.845,94 Euro verurteilt.
Anspruchsgrundlage für das Zahlungsbegehren der Kläger ist der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch, der sich aus den Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ableitet und ein eigenständiges Rechtsinstitut des öffentlichen Rechts darstellt, dessen Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen, soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt sind, grundsätzlich denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs nach den §§ 812 ff. BGB entsprechen. Seine Funktion ist es, eine dem materiellen Recht nicht entsprechende Vermögensverschiebung zu korrigieren. Wer unberechtigt einen Vermögensvorteil erlangt hat, muss ihn an denjenigen herausgeben, dem die Rechtsordnung den Vorteil zuweist (Senatsurteil vom 13. September 2016, a.a.O., Rn. 25).
Hier hat die Beklagte einen vermögenswerten Vorteil erlangt, indem sie im maßgeblichen Zeitraum Aufwendungen für die Essenversorgung der Tochter der Kläger erspart hat, die sie nach den gesetzlichen Vorgaben hätte tragen müssen. Die Ersparnis dieser Aufwendungen ging zu Lasten der Kläger, die die Kosten der Essenversorgung zu tragen hatten.
1. Die Beklagte hat Aufwendungen für die Versorgung der Tochter der Kläger mit Essen rechtswidrig erspart.
a) Sie hat als Trägerin der von der Tochter der Kläger besuchten Kindertagesstätte nach § 3 Abs. 2 Nr. 7 KitaG die Aufgabe, eine gesunde Ernährung und Versorgung der in ihrer Einrichtung betreuten Kinder zu gewährleisten. Das bedeutet, es ist eine eigene Angelegenheit der Beklagten, die Versorgung dieser Kinder durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen. Die Kosten hierfür hat sie grundsätzlich selbst zu tragen. Das ergibt sich aus dem Umkehrschluss zu § 17 Abs. 1 Satz 1 KitaG, wonach die Personensorgeberechtigten Beiträge zu den Betriebskosten der Einrichtungen (Elternbeiträge) sowie einen Zuschuss zur Versorgung des Kindes mit Mittagessen in Höhe der durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen (Essengeld) zu entrichten haben. Diese Vorschrift regelt, dass und auf welche Weise die Eltern der betreuten Kinder an den Kosten der Essenversorgung beteiligt werden können. Hinsichtlich des Mittagessens ist die Beteiligung auf einen Zuschuss beschränkt, der der Höhe nach auf die durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen begrenzt ist. Der Begriff „Zuschuss“ verdeutlicht, dass es nicht um eine vollständige Kostentragung geht. Überdies wird mit der Begrenzung auf die durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen eine Kostenneutralität des Essengeldes für die Eltern vorgegeben. Hinsichtlich der übrigen Mahlzeiten (Frühstück und Vesper) sowie der Getränke erfolgt eine Beteiligung der Eltern an den Kosten lediglich mittelbar über die Elternbeiträge zu den Betriebskosten. Diese in § 15 KitaG aufgeführten Betriebskosten werden durch die Verordnung über die Bestimmung der Bestandteile von Betriebskosten, das Verfahren der Bezuschussung sowie die jährliche Meldung der belegten und finanzierten Plätze der Kindertagesbetreuung (Kindertagesstätten-Betriebskosten- und Nachweisverordnung - KitaBKNV -) vom 1. Juni 2004 konkretisiert. Nach § 2 Abs. 1 Buchstabe k KitaBKNV zählen zu den Sachkosten im Sinne des § 15 Abs. 1 KitaG „Kosten für die Verpflegung“. Diese Kosten können kalkulatorisch bei der Bemessung der Elternbeiträge berücksichtigt werden. Sie zählen nach Abzug des von den Personensorgeberechtigten zu entrichtenden Essengeldes für die Versorgung der Kinder mit Mittagessen zu den umlagefähigen Betriebskosten (Senatsurteile vom 22. Mai 2019 - OVG 6 A 6.17 -, Rn. 32; vom 15. Mai 2018 - OVG 6 A 2.17 -, Rn. 19, ferner vom 24. September 2019 - OVG 6 B 6.18 -, Rn. 23). Ein Normverständnis, wonach die Gewährleistungsverpflichtung für eine gesunde Ernährung und Versorgung nach § 3 Abs. 2 Nr. 7 KitaG durch Beauftragung eines privaten Unternehmens stattfinden kann, dessen Leistungen in vollem Umfang von den Eltern zu vergüten sind, steht mit dieser Regelungslage nicht in Einklang. Eine über die in § 17 Abs. 1 Satz 1 KitaG hinausgehende direkte Beteiligung der Eltern an den Kosten für die Verpflegung der in der Einrichtung der Beklagten betreuten Kinder besteht daher nicht.
b) Dieser Aufgabe kann sich die Beklagte nicht durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen mit den Eltern entledigen.
Die Beklagte mag sich zur Erfüllung der ihr gesetzlich überantworteten Aufgaben (privater) Dritter bedienen können. Insofern steht es ihr frei, ein privates Unternehmen, einen sog. Caterer, mit der Verpflegung der betreuten Kinder zu beauftragen, um die Versorgung der Kinder mit gesunder Nahrung sicherzustellen. Das ändert aber nichts daran, dass sie als Träger der Einrichtung die Kosten hierfür zu tragen hat und eine direkte Beteiligung der Eltern nur über das Essengeld in Form eines Zuschusses zum Mittagessen und im Übrigen kalkulatorisch über die Elternbeiträge erfolgen darf. Auch das Organisationsermessen der Beklagten rechtfertigt es nicht, die in Rede stehenden Verpflegungskosten in vollem Umfang auf die Eltern abzuwälzen.
Es mag daher zulässig sein, wenn die Beklagte in dem mit den Klägern abgeschlossenen Betreuungsvertrag unter Ziffer 3.3 darauf hinweist, dass die Essenversorgung in den Kindertagesstätten durch einen privaten Anbieter gesichert werde. Soweit es darin heißt, die Eltern könnten einen Vertrag zur Essenversorgung des Kindes während der Betreuungszeit in der Kindertagesstätte mit dem von der Gemeinde vertraglich gebundenen privaten Anbieter abschließen, hat dies jedoch keine Auswirkungen auf die grundsätzliche Kostentragungspflicht der Beklagten.
c) Den dargelegten Anforderungen ist die Beklagte vorliegend nicht gerecht geworden. Sie mag zwar die Verpflegung der in ihrer Einrichtung betreuten Kinder sichergestellt haben, sie hat die wesentlichen Kosten hierfür jedoch auf die Eltern abgewälzt. Insoweit ist sie hinter ihren gesetzlichen Verpflichtungen zurückgeblieben. Die durch den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch auszugleichende, weil dem materiellen Recht nicht entsprechende Vermögensverschiebung ist deshalb darin zu erblicken, dass die Kläger die Verpflegungskosten ihrer Tochter während der Betreuungszeiten selbst zu tragen hatten. Hierdurch hat die Beklagte einen Vermögensvorteil erlangt, indem sie eigene Aufwendungen erspart hat. Diesen Vermögensvorteil hat sie an die Kläger, als diejenigen, denen die Rechtsordnung diesen Vorteil zuweist, herauszugeben.
2. Die Einwände der Beklagten hiergegen rechtfertigen keine andere Einschätzung.
a) Ihr Vortrag, es bestehe keine Leistungsbeziehung zwischen ihr und den Klägern, sondern zwischen den Klägern und dem Caterer, so dass ein Erstattungsanspruch der Kläger ihr gegenüber wegen des Vorrangs der Leistungskondition ausgeschlossen sei, lässt unberücksichtigt, dass sie sich in dem Betreuungsvertrag unter Ziffer 3.3 gegenüber den Klägern verpflichtet hat, die Essenversorgung in der Betreuungseinrichtung durch Beauftragung eines privaten Anbieters sicherzustellen. Dies spricht für die Annahme eines Leistungsverhältnisses unmittelbar zwischen den Klägern und der Beklagten, wobei manches dafür spricht, dass der private Anbieter lediglich Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 278 BGB der Beklagten ist. Dessen ungeachtet verkennt sie, dass es im vorliegenden Verfahren nicht um eine Rückabwicklung des privatrechtlichen Vertrages geht, den die Kläger mit dem Caterer geschlossen haben. Der hier einschlägige öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch leitet sich insbesondere aus der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ab und bezweckt, unberechtigt erlangte Vermögensvorteile an denjenigen herauszugeben, dem die Rechtsordnung den Vorteil zuweist. Die vertragliche Beziehung zwischen den Klägern und dem Caterer steht damit in keinem unmittelbaren Zusammenhang.
Dies verdeutlicht gleichzeitig, dass es für die Frage, ob den Klägern dem Grunde nach ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch gegen die Beklagte zusteht, unerheblich ist, dass die Kläger mit dem Caterer zivilrechtlich einen nach wie vor wirksamen Vertrag über die Essenversorgung ihrer Tochter in der Kindertagesstätte abgeschlossen haben. Die Verpflichtung der Beklagten, als Einrichtungsträger die Verpflegung der betreuten Kinder zu gewährleisten und die Eltern nur auf den gesetzlich vorgeschriebenen Wegen an den Kosten hierfür zu beteiligen, wird durch die vertragliche Beziehung der Kläger zu dem Caterer nicht berührt.
Daher geht auch der Vortrag an der Sache vorbei, die Kläger hätten durch direkte Zahlung an den Caterer aufgrund des Versorgungsvertrages gerade nicht das Vermögen der Beklagten bewusst und zielgerichtet mehren und ihr als Trägerin der in Rede stehenden Kindertageseinrichtungen Aufwendungen ersparen wollen.
b) Der Einwand, die Ausgestaltung der Abrechnung „direkt beim Caterer“ auf einer vertraglichen Grundlage widerspreche nicht der gesetzlichen Wertung des § 17 Abs. 1 KitaG, führt für die Frage, ob den Klägern der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch zusteht, nicht weiter. Vorliegend geht es nicht um das Abrechnungsmodell, sondern darum, ob die Beklagte die dem Grunde nach von ihr selbst zu tragenden Kosten für die Verpflegung der in ihren Einrichtungen betreuten Kinder in vollem Umfang auf deren Eltern abwälzen kann. Die Frage, ob der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KitaG zu zahlende Zuschuss zur Versorgung des Kindes mit Mittagessen in Höhe der durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen direkt an einen Caterer erfolgen kann, steht hiermit in keinem unmittelbaren Zusammenhang.
c) Nicht überzeugend ist überdies der von der Beklagten gezogene Vergleich zur Schulspeisung, bei der es üblich sei, private Anbieter mit der Direktabrechnung zu betrauen. Für die Essenversorgung an Schulen gelten andere rechtliche Rahmenbedingungen. Nach § 113 Satz 1 Brandenburgisches Schulgesetz haben die Schulträger im Benehmen mit den Schulen dafür zu sorgen, dass die Schülerinnen und Schüler der allgemeinbildenden Schulen bis zur Jahrgangsstufe 10 und der Ganztagsschulen an den Schultagen, außer an Sonnabenden, an einer warmen Mittagsmahlzeit zu angemessenen Preisen teilnehmen können. Eine § 3 Abs. 2 Nr. 7 in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Satz 1 KitaG vergleichbare Gewährleistungsverpflichtung für die Verpflegung der Kinder mit einer Beschränkung der Beteiligung der Eltern auf die durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen bzw. kalkulatorisch in Elternbeiträgen berücksichtigten Kosten besteht im Schulrecht demnach gerade nicht.
d) Der Einwand der Beklagten, der Annahme eines Vermögensnachteils bei den Klägern stehe entgegen, dass die Beklagte sie bei Wahl eines anderen Finanzierungsmodells über die Kalkulation der Elternbeiträge an den Verpflegungskosten hätte beteiligen können, überzeugt ebenfalls nicht. Die Beklagte muss sich an dem von ihr gewählten Finanzierungsmodell festhalten lassen. Eine rückwirkende Alternativbetrachtung erfolgt grundsätzlich nicht. Überdies lässt sie außer Acht, dass eine Beteiligung an den Verpflegungskosten über die Elternbeiträge lediglich kalkulatorisch erfolgt und infolge der nach § 17 Abs. 2 KitaG zwingend vorgegebenen Staffelung allenfalls in den oberen Einkommensgruppen zu einer Kostendeckung führen kann, während die niedrigeren Einkommensgruppen nur anteilig an den Betriebskosten beteiligt werden. Hierzu hat der Gesetzgeber nur hinsichtlich der häuslichen Ersparnis beim Mittagessen eine Ausnahme vorgesehen. Dieses gerade den unteren Einkommensgruppen zugute kommende gesetzliche Finanzierungssystem würde unterlaufen, wenn weitere Betriebskosten aus der Kalkulation herausgenommen und in voller Höhe allen Eltern auferlegt würden. Die damit aufgeworfene Frage, ob und zu welchem Anteil die von den Klägern aufgewendeten Verpflegungskosten über den Elternbeitrag auf sie hätten umgelegt werden können, lässt sich daher vorliegend nicht verlässlich beantworten.
3. Der damit dem Grunde nach gegebene Anspruch auf Erstattung der Verpflegungskosten besteht allerdings nicht in der vom Verwaltungsgericht angenommenen Höhe der tatsächlich nachgewiesenen Zahlungen der Kläger für die Essenversorgung ihrer Tochter. Er ist um den durch Beschluss vom 24. Mai 2017 der Gemeindevertretung der Beklagten festgesetzten Betrag für durchschnittlich ersparte Eigenaufwendungen in Höhe von 2 Euro je Mittagessen zu kürzen.
Beim Essengeld im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 KitaG ist zwischen seiner Festsetzung und seiner Erhebung zu unterscheiden. Weder die Festsetzung noch die Erhebung muss dabei zwingend durch eine gemeindliche Satzung erfolgen. Das folgt aus § 17 Abs. 3 Satz 3 KitaG, wonach Gemeinden oder Gemeindeverbände als Träger der Einrichtung die Elternbeiträge und das Essengeld durch Satzung festlegen und als Gebühren erheben können. Die Vorschrift räumt den angesprochenen Körperschaften insoweit ein Wahlrecht ein (ebenso: Diskowski/Wilms, Ziffer 12.17, § 17 KitaG, Anm. 3.5). Dies gilt auch in Fällen, in denen man, wie das Verwaltungsgericht vorliegend, annimmt, das Benutzungsverhältnis sei öffentlich-rechtlich ausgestaltet.
a) Die Festsetzung des Essengeldes nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KitaG hat durch die Gemeinde als Einrichtungsträger zu erfolgen. Sie erfordert eine Entscheidung über die Höhe der durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen der Eltern, weil sie nicht ohne weiteres mit den für die Bereitstellung des Mittagessens in der Kindertagesstätte tatsächlich anfallenden Kosten gleichgesetzt werden können. Nicht die Herstellungskosten sind der Maßstab, sondern der Gegenwert, den die Eltern dadurch einsparen, dass ihre Kinder in der Kindertagesstätte zu Mittag essen. Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Urteil zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass den Einrichtungsträgern insofern ein eigener Gestaltungsspielraum belassen sei, als vom Gesetz weder ein genauer Satz noch nähere Kriterien oder eine bestimmte Methode zur Ermittlung der durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen vorgegeben sei; diese seien vielmehr von den Trägern festzulegen. Hinzu kommt, dass es den Einrichtungsträgern letztlich auch freisteht, von einer Erhebung des Essengeldes ganz abzusehen (vgl. zu den unterschiedlichen Modellen und Spielräumen auch die Hinweise im Senatsurteil vom 13. September 2016, a.a.O., Rn. 29, auf die Stellungnahme des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht e.V. vom 12. Februar 2015 sowie das Urteil des OVG Bremen vom 22. Oktober 2014 - 2 D 106/13 -, Rn. 81, und die Sonderauswertung in BT-Drs. 17/3404, S. 90). Der danach bestehende Gestaltungsspielraum des Einrichtungsträgers kann nicht durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt werden.
b) Davon zu trennen ist die Frage, ob das Essengeld als Gebühr erhoben wird oder ob die Gemeinde es durch entsprechende Vereinbarungen im Betreuungsvertrag mit den Eltern geltend macht. Denkbar ist auch eine Abrechnung „direkt beim Caterer“, der seine Leistungen dann ggf. mit dem Essengeld der Eltern sowie mit weiteren Zahlungen der Gemeinde finanzieren würde. Nur im erstgenannten Fall, also bei einer Erhebung des Essengeldes als Gebühr, wäre eine Gemeinde gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 KitaG gehalten, hierüber eine Satzung zu erlassen (ebenso Hermann, LKV 2016, S. 491, 493 unter Hinwies auf § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG).
c) Eine solche Festsetzung hat die Beklagte während der Dauer des hier in Rede stehenden Betreuungsverhältnisses zwar nicht getroffen. Sie hat allerdings durch Beschluss der Gemeindevertretung vom 24. Mai 2017 (Beschluss-Nr. BV-003/2017), das Essengeld „bis 2016“ auf 2,00 Euro und ab 2017 auf 2,20 Euro festgesetzt. Diese Festsetzung müssen sich die Kläger vorliegend entgegenhalten lassen.
aa) Dass der Beschluss auch in der Vergangenheit liegende Fälle erfasst, stößt auf keine Bedenken. Ein etwaiges Vertrauen der Kläger in das Bestehen des Erstattungsanspruchs dem Grunde nach oder in einer bestimmten Höhe wäre jedenfalls nicht schützenswert, weil die Festsetzung nicht in einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum eingreift und diesen nachträglich mit für die Kläger nachteiligen Rechtsfolgen ändert, sondern der Sache nach in einem laufenden Verfahren erfolgt, in dem über Grund und Umfang eines Erstattungsanspruchs der Kläger gestritten wird. Die Eigenbeteiligung im Umfang der häuslichen Ersparnis durch die Mittagsverpflegung der Kinder ist und war im streitgegenständlichen Zeitraum gesetzlich vorgesehen.
bb) Hinsichtlich der durch den Beschluss erfolgten Festsetzung des Essengeldes auf 2 Euro für den hier relevanten Zeitraum (2012 bis 2015) sieht der Senat keinen Anlass anzunehmen, dieser Betrag überschreite den dargelegten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum der Beklagten. Er bewegt sich vielmehr innerhalb des Spektrums, das als den durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen entsprechend angesehen werden kann, zumal auch die Kläger insoweit keinerlei Einwände erhoben haben, die die konkrete Höhe der Festsetzung betreffen.
4. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe steht den Klägern lediglich der tenorierte Erstattungsbetrag von 510,07 Euro zu. Er setzt sich zusammen aus den Kosten für Frühstück und Vesper, die nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts für den gesamten streitigen Zeitraum für 483,42 Euro betragen. Hinzu kommen die den als Essengeld festgesetzten Betrag von 2 Euro übersteigenden Aufwendungen für die im Jahr 2012 bezogenen Mittagessen. Sie entsprechen insgesamt einem Betrag von 26,65 Euro (205 Mittagessen * 0,13 Euro). Die das festgesetzte Essengeld übersteigenden Aufwendungen der Kläger für den Zeitraum 1. Januar 2013 bis 31. August 2015 sind auf Grundlage des Bescheides der Beklagten vom 1. März 2018 bereits erstattet worden.
5. Der geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus der im Verwaltungsprozesse entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 291 in Verbindung mit § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 161 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.