Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 11. Senat | Entscheidungsdatum | 25.03.2022 | |
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Aktenzeichen | OVG 11 N 85.19 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2022:0325.OVG11N85.19.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 46 WHG, § 40 WasG BB 2012 |
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 14. August 2019 wird abgelehnt.
Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens trägt die Klägerin.
Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 15.000,00 EUR festgesetzt.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Auf Grundlage des insoweit maßgeblichen Zulassungsvorbringens (vgl. § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2 VwGO) liegt der allein geltend gemachte Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vor.
Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass die Klägerin - ein landwirtschaftliches Unternehmen, dessen Viehbestand unstreitig die Tierplatzschwelle der 4. BImSchV überschreitet - gem. § 40 BbgWG Abs. 1 und Abs. 4 BbgWG (in den für die streitigen Veranlagungsjahre jeweils maßgeblichen Fassungen), § 46 WHG zu Recht zur Zahlung eines Wasserentnahmeentgelts herangezogen worden sei, weil der im konkreten Fall allein in Betracht kommende Ausnahmetatbestand einer erlaubnisfreien Benutzung im Sinne des § 46 Abs. 1 NWHG nicht erfüllt sei. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Begriff des landwirtschaftlichen Hofbetriebs im Sinne des § 46 Abs. 1 WHG gesetzlich nicht definiert und der Anwendungsbereich ausgehend von Sinn und Zweck der Privilegierung auch nicht auf klassische Familienbetriebe beschränkt sei, dass industriemäßige Produktionsmethoden bzw. gewerbsmäßig arbeitende moderne Zucht- und Mastbetriebe dem Begriff allerdings entgegenstünden und dass diese Schwelle jedenfalls mit dem Genehmigungserfordernis der 4. BImSchV erreicht sei. Es überzeuge nicht, die - hierauf abstellende - Gesetzesbegründung außer Betracht zu lassen, weil sie im Widerspruch zu Wortlaut oder der Systematik des WHG stehe, denn dies sei nicht der Fall. Der Begriff „Hofbetrieb“ sei zwar auslegungsbedürftig, durch die - diesen klarstellend konkretisierende - Gesetzesbegründung sei aber eindeutig erkennbar, welche Betriebe der Gesetzgeber nicht habe einbeziehen wollen. Ob die durch den Gesetzgeber gewählte Auslegung in der Regelungssystematik des Wasserhaushaltsgesetzes sinnvoll oder stimmig erscheine, sei keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage. Zudem habe der Gesetzgeber ausweislich der Wortwahl eine Einschränkung gewollt und mit der Novellierung gerade nicht - im Sinne einer Ausdehnung des Anwendungsbereichs - den Begriff „landwirtschaftliche Betriebe“ aufgenommen.
Der demgegenüber erhobene Einwand der Klägerin, die maßgeblich auf die „tatsächlich irrelevant(e)“ Begründung des Gesetzentwurfs zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes (BT-Drucks. 16/12275 S. 64) gestützte Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts stehe im Widerspruch zum Wortlaut des § 46 WHG, der in Absatz 1 Satz 1 eine andere Grenze ziehe („soweit keine signifikanten nachteiligen Auswirkungen auf den Wasserhaushalt zu besorgen sind“) und zur Systematik des Wasserhaushaltsgesetzes, dessen maßgebliches Schutzgut der Wasserhaushalt sei, vermag diese Ausführungen nicht zu erschüttern (mit Blick auf das Vorbringen im dortigen Beschwerdeverfahren, insbesondere zur Bedeutung der Gesetzesbegründung für die Auslegung vgl. auch BVerwG, Beschluss v. 7. Juli 2021 - 9 B 33.20 -, juris Rn 10 f.) .
Das Verwaltungsgericht hat keineswegs „jede Auseinandersetzung mit der gewählten Begrifflichkeit“ unterlassen, sondern vielmehr nachvollziehbar dargelegt, dass der auslegungsfähige und -bedürftige Begriff des landwirtschaftlichen „Hofbetriebs“ enger sei als der - vom Gesetzgeber gerade nicht gewählte - Betriff des „landwirtschaftlichen Betriebes“. Hierzu verhält die Zulassungsbegründung sich nicht. Ihre Behauptung, dass die angeführte Gesetzesbegründung im Gesetzestext keinen Niederschlag gefunden habe, genügt hierfür schon deshalb nicht, weil die Gesetzesbegründung ausdrücklich davon ausgeht, dass der Begriff „Hofbetrieb“ schon im geltenden Recht keine Massentierhaltungsanlagen erfasst habe (BT-Drucks. 16/12275 S. 64); einer Änderung des Textes des zuvor bereits in § 33 Abs. 1 WHG a.F. enthaltenen Tatbestandes bedurfte es nach Auffassung des Gesetzgebers also nicht. Ebenso wenig vermag allein das von der Klägerin behauptete Fehlen diesbezüglicher Normen deren Behauptung zu stützen, dass es - entgegen der Auffassung des Gesetzgebers - zuvor nicht der Rechtslage entsprochen habe, die Tierplatzschwelle der 4. BImSchV zur Grundlage der Einordnung als Hofbetrieb zu machen (zur Größe des Betriebes als limitierendes Merkmal des „Hofbetriebes“ i.S.d. § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG a.F. vgl. z.B. SächsOVG, Beschluss v. 31. Mai 2012 - 4 A 473/11 -, juris Rn 5).
Die von der Klägerin stattdessen angeführte „andere Grenze“ in § 46 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz WHG macht die sachgemäße Auslegung der mit § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 WHG formulierten einschränkenden Voraussetzungen einer erlaubnisfreien Benutzung des Grundwassers weder entbehrlich noch rechtfertigt sie die Behauptung der Klägerin, dass die auf die Tierplatzzahl abstellende Gesetzesbegründung „im sachlichen und systematischen Widerspruch zum Gesetzestext“ stehe. Denn aus dieser - erst in Umsetzung des Art. 11 Abs. 3 Buchst. e der Wasserrahmenrichtlinie (RL 2000/60/EG) in das WHG aufgenommenen - Regelung ergibt sich nicht etwa eine allein maßgebliche, sondern vielmehr eine zusätzliche Tatbestandsvoraussetzung: alle erlaubnisfreien Benutzungen nach § 46 Abs. 1 WHG stehen unter dem Vorbehalt, dass keine signifikanten nachteiligen Auswirkungen auf den Wasserhaushalt zu besorgen sind (vgl. nur Böhme, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2. Aufl. 2017, § 46 WHG Rn 16). Wäre das Fehlen solcher nachteiliger Auswirkungen auf den Wasserhaushalt das allein maßgebliche Kriterium für die Abgrenzung erlaubnispflichtiger von erlaubnisfreien Nutzungen, hätte es der Aufzählung konkreter, die Erlaubnisfreiheit begründender Nutzungen in den Nr. 1 und 2 nicht bedurft. Dass § 46 Abs. 1 WHG nur bestimmte, eng begrenzte Tatbestände von der gem. § 8 Abs. 1 WHG grundsätzlich bestehenden Erlaubnis- und Bewilligungspflicht ausnimmt, steht auch sonst in keinem mit der Zulassungsbegründung nachvollziehbar dargelegten Widerspruch zur Systematik oder zum Schutzzweck des Wasserhaushaltsgesetzes.
Die Einwände der Klägerin gegen die Regelung des § 40 Abs. 1 Satz 3 BbgWG, wonach die Erlaubnispflicht als festgestellt gelte, wenn die zuständige Behörde eine Erlaubnis erteilt habe, können schon deshalb keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung begründen, weil das Verwaltungsgericht hierauf nicht abgestellt hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).