Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Entscheidung

Entscheidung 4 U 123/21


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Zivilsenat Entscheidungsdatum 13.04.2022
Aktenzeichen 4 U 123/21 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2022:0413.4U123.21.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 18.05.2021, Az. 52 O 69/20, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das landgerichtliche Urteil und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 28.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von am 16.04.2020 bekannt gemachten Gesellschafterbeschlüssen.

Die … GmbH gründete die Beklagte am 31.01.2017 und erwarb mit ihr im Februar 2017 zwei Grundstücke in …, die das wesentliche Vermögen der Beklagten darstellen.

Gemäß § 6.2 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten kann der Geschäftsanteil eines Gesellschafters ohne dessen Zustimmung eingezogen werden, wenn u.a. in diesen Geschäftsanteil zwangsvollstreckt und diese Zwangsvollstreckung nicht innerhalb von 4 Wochen nach Pfändung aufgehoben wird oder ein wichtiger Grund vorliegt. Nach § 6.4 des Gesellschaftsvertrags muss der Einziehungsbeschluss innerhalb einer Frist von drei Monaten seit Eintritt des ihn auslösenden Ereignisses gefasst werden, wobei der betroffene Gesellschafter kein Stimmrecht in dieser Angelegenheit hat. Befugt zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung ist jeder Geschäftsführer allein (§ 9.1), zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung kann die Geschäftsführung einberufen. Gemäß § 9.4 können Gesellschafterbeschlüsse u.a. auch schriftlich gefasst werden, sofern alle Gesellschafter diesem Verfahren zustimmen. Wegen des weiteren Inhalts des Gesellschaftsvertrags wird auf die Anlage B 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 30.03.2021 Bezug genommen.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 23.06.2017 erwarb der Kläger von der … GmbH 94 % der Geschäftsanteile der Beklagten; die restlichen Geschäftsanteile verblieben bei … GmbH.

Am 24.07.2019 wurde der Kläger als weiterer Geschäftsführer neben der bisherigen Geschäftsführerin, Frau J…, und unter dem 24.08.2019 als alleiniger Geschäftsführer der Beklagten im Handelsregister eingetragen, nachdem Frau J… dieses Amt mit Erklärung vom 08.08.2019 mit Wirkung zum 17.08.2019 niedergelegt hatte.

Am 16.12.2019 pfändete das Finanzamt … wegen einer Steuerschuld des Klägers gegenüber dem Land … i.H.v. 1.627.562,30 € die Geschäftsanteile des Klägers an der Beklagten mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung, die ausweislich des Schreibens des Finanzamtes … vom 28.01.2020 am 19.12.2019 der Beklagten zugestellt wurde.

Mit Schreiben vom 21.01.2020 forderte die … GmbH den Kläger auf, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen, da der Kläger angekündigt habe, seine Geschäftsanteile zu veräußern, sowie wegen der erfolgten Pfändung seiner Geschäftsanteile.

Mit Anwaltsschreiben vom 10.02.2020 teilte der Kläger daraufhin mit, dass eine Einberufung zur Gesellschafterversammlung spätestens bis Mitte März erfolgen werde, die Pfändungen des Finanzamtes könnten voraussichtlich kurzfristig aufgehoben werden.

Die … GmbH erwirkte daraufhin am 17.02.2020 eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Potsdam – 52 O 17/20 -, mit der dem Kläger die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft bis zu einem Beschluss der Gesellschafterversammlung über dessen Abberufung untersagt und die … GmbH ermächtigt wurde, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen, in der über die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer der Beklagten sowie über die Einziehung der Geschäftsanteile des Klägers an der Beklagten beschlossen werden sollte.

Mit Schreiben vom gleichen Tage lud die … GmbH daraufhin zu einer Gesellschafterversammlung am 03.03.2020 mit den Tagesordnungspunkten Einziehung der klägerischen Geschäftsanteile an der Beklagten sowie Abberufung des Klägers als Geschäftsführer ein. Ausweislich der Niederschrift vom 03.03.2020 erschien der Kläger zu der Gesellschafterversammlung nicht. Mit Schreiben vom 03.03.2020 lud die … GmbH erneut zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung zum 19.03.2020 ein.

Mit Beschluss vom 06.03.2020 bestellte das Amtsgericht Potsdam Frau J… zum Notgeschäftsführer der Beklagten. Das Landgericht Potsdam ordnete am 18.03.2020 – 52 O 17/20 – an, dass die Gesellschafterversammlung am 19.03.2020 nicht stattfindet und die Vollziehung der einstweiligen Verfügung vom 17.02.2020 zu Beschlusstenor 2 (Ermächtigung der … GmbH zur Ladung zu einer Gesellschafterversammlung zu TO „Abberufung des Klägers als Geschäftsführer sowie Einziehung seiner Geschäftsanteile“) ausgesetzt wird. Die Notgeschäftsführerin lud daraufhin die Gesellschafter der Beklagten mit Schreiben vom 18.03.2020 zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung am 08.04.2020 ein.

Unter Bezugnahme auf Artikel 2 § 2 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27.03.2020 lud die Notgeschäftsführerin mit Schreiben vom 04.04.2020, wegen dessen Einzelheiten auf die Anlage K 8 (Bl. 88 ff. d.A.) Bezug genommen wird, zu einer Beschlussfassung in Textform bis zum 15.04.2020 über die Einziehung der vom Kläger gehaltenen Geschäftsanteile und seiner Abberufung als Geschäftsführer ein. Die … GmbH stimmte am 07.04.2020 ab, der Kläger beteiligte sich an der Abstimmung nicht, sondern widersprach der beabsichtigten Beschlussfassung mit Anwaltsschreiben vom 07.04.2020.

Mit Schreiben vom 16.04.2020 teilte die Notgeschäftsführerin dem Kläger mit, dass mit den Stimmen der … GmbH beschlossen wurde, die Geschäftsanteile des Klägers an der Beklagten einzuziehen und ihn als Geschäftsführer abzuberufen. Gegen diese Beschlüsse wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Klage.

Nach Aufhebung der Beschränkungen der COVID-Pandemie lud die Notgeschäftsführerin unter dem 29.05.2020 rechtsvorsorglich erneut zur außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Beklagten auf den 17.06.2020 mit den Tagesordnungspunkten Einziehung der vom Kläger gehaltenen Geschäftsanteilen sowie der Abberufung des Klägers als Geschäftsführer der Gesellschaft.

Am 16.06.2020 fand vor dem Landgericht Potsdam die mündliche Verhandlung im einstweiligen Verfügungsverfahren – 52 O 17/20 – statt, in deren Anschluss das Landgericht das Tätigkeitsverbot für den Kläger als Geschäftsführer mit Urteil vom gleichen Tage bestätigte.

Am 17.06.2020 beschloss die Gesellschafterversammlung der Beklagten mit den Stimmen der Minderheitsgesellschafterin erneut die Einziehung der Geschäftsanteile des Klägers an der Beklagten und dessen Abberufung als Geschäftsführer der Beklagten, wovon der Kläger mit Schreiben vom 19.06.2020 unterrichtet wurde. Die am 17.06.2020 gefassten Beschlüsse sind Gegenstand des Parallelverfahrens zum Az. 4 U 122/21, das erstinstanzlich zum Az. 52 O 89/20 geführt wurde.

Mit Beschluss vom 16.11.2020 hob der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts u.a. den Beschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 06.03.2020, mit dem Frau J… als Notgeschäftsführerin bestellt worden war, mit der Begründung auf, das Amtsgericht habe seine Auswahlentscheidung nicht hinreichend begründet.

Am 23.12.2020 wurde eine neue Gesellschafterliste der Beklagten in Übereinstimmung mit den am 17.06.2020 gefassten Beschlüssen in den Registerordner des Registergerichts aufgenommen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die streitgegenständlichen Beschlüsse seien rechtswidrig und für unwirksam zu erklären. Die Notgeschäftsführerin sei nicht berechtigt gewesen, eine Gesellschafterversammlung mit den streitgegenständlichen Tagesordnungspunkten einzuberufen und die Beschlussfassungen zu veranlassen. Zum einen fehle es an einer Unaufschiebbarkeit dieser Maßnahme; zum anderen habe das Landgericht Potsdam der … GmbH das Recht zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung entzogen gehabt; hieran hätte sich auch die Notgeschäftsführerin halten müssen. Der Kläger sei vor den Beschlüssen überdies nicht ordnungsgemäß angehört worden, da die von der Notgeschäftsführerin dargelegten Gründe für die Einbeziehung und Abberufung des Klägers als Geschäftsführer zu unkonkret gewesen seien. Solche Gründe hätten tatsächlich auch nicht bestanden. Die Geschäftsführung betreffende Versäumnisse seien nicht dem Kläger anzulasten, sondern der früheren Geschäftsführerin J…. Der Kläger habe im Jahr 2019 eine Situation vorgefunden, in der keine Jahresabschlüsse für 2017 und 2018 gefertigt worden und die Verhältnisse der Gesellschaft insgesamt nicht geordnet gewesen seien. Die Einziehung seiner Geschäftsanteile sei unzulässig. Auch wenn die Satzung diese formal bei Pfändung von Geschäftsanteilen ermögliche, ergebe sich aus der Gesamtkonzeption des Vertrags, dass die Minderheitsgesellschafterin hierzu nicht berechtigt gewesen sei. Sinn der Übertragung der Geschäftsanteile sei die Übertragung der Verfügungsgewalt über die Grundstücke gewesen. Die … GmbH als Minderheitsgesellschafterin habe hingegen keine Gewinnbeteiligung und kein Recht haben sollen, aktiv in die Geschäfte der Gesellschaft einzugreifen. Der Erwerb der Immobilie sei lediglich aus steuerlichen Gründen im Wege des Geschäftsanteilskauf- und -abtretungsvertrages erfolgt; wäre der Kauf als Grundstückskauf abgewickelt worden, hätte die Minderheitsgesellschafterin auch keinen Anspruch gehabt, das Grundstück zurückzunehmen. Die Ausübung des Rechts aus dem Gesellschaftsvertrag zur Einziehung der Geschäftsanteile sei jedenfalls treuwidrig. Die Beklagte sei überdies nicht in der Lage, die Abfindung des Klägers aus freiem Vermögen zu leisten. Eine ausreichende Sicherung könne auch über die Minderheitsgesellschafterin, eine GmbH, nicht erfolgen.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Beschluss der Gesellschafterversammlung, bekannt gegeben am 16.04.2020, zu Tagesordnungspunkt 1 (Einziehung der Geschäftsanteile M… P… mit den laufenden Nr. … im Nennbetrag von je 1 €) für unwirksam zu erklären,

2. den Beschluss der Gesellschafterversammlung, bekannt gegeben am 16.04.2020, zu Tagesordnungspunkt 2 (Abberufung des Geschäftsführers M… P…) für unwirksam zu erklären.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Beschlüsse vom 16.04.2020 seien nicht innerhalb der vorgesehenen Anfechtungsfrist angefochten worden, so dass der Kläger mit geltend gemachten Anfechtungsgründen präkludiert sei. Die Beschlüsse seien auch wirksam gefasst worden. Die Einziehung verstoße insbesondere nicht gegen Kapitalerhaltungsvorschriften. Zum einen sehe § 8.2 des Gesellschaftsvertrags vor, die Einziehungsvergütung in drei gleichen Raten zu zahlen und bei der Höhe der Einziehungsvergütung sei die Pfändung durch das Finanzamt F… zu berücksichtigen. Zum anderen habe sich die … GmbH im Beschluss vom 16.04.2020 ausdrücklich verpflichtet, im Falle der Nichteinbringlichkeit der Vergütung für diese aufzukommen, um einen Verstoß gegen Kapitalerhaltungsvorschriften zu vermeiden. Entgegen der Auffassung des Klägers sei die Minderheitsgesellschafterin auch zur Einziehung der Geschäftsanteile berechtigt gewesen. Die Einziehung sei sachlich gerechtfertigt gewesen, um im Hinblick auf die erfolgte Pfändung durch das Finanzamt … das Eindringen fremder Dritter in die Gesellschaft zu verhindern. Die Pfändung selbst habe allein der Kläger verursacht. Soweit sich der Kläger auf eine Änderung des Gesellschaftsvertrags der Beklagten gemäß Ziff. 13.4 des Anteilskaufvertrags beziehe, habe diese Änderung mangels Eintragung in das Handelsregister keine rechtliche Wirkung erlangt. Die Änderung des § 4.4 des Gesellschaftsvertrages beziehe sich zudem lediglich auf den „Gewinn und Verlust der Gesellschaft“, also nur auf einen Teil der Vermögensrechte. Das Einziehungsrecht oder das Recht zur Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund werde hiervon nicht berührt. Der Kläger habe überdies treuwidrig die Einberufung der Gesellschafterversammlung zu verhindern versucht, was eine erhebliche Pflichtverletzung darstelle. Dem Kläger seien ferner eine Vielzahl weiterer schwerwiegender Pflichtverstöße vorzuwerfen: So belege die gegenüber dem Land … bestehende erhebliche Steuerschuld, dass er wirtschaftlich nicht in der Lage gewesen sei, ein Unternehmen zu führen. Zudem habe er gegen die ihm obliegende Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Buchführung verstoßen, insbesondere habe er Jahresabschüsse nicht rechtzeitig eingereicht.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 18.05.2021,auf dessen tatsächliche Feststellungen im Übrigen verwiesen wird (§ 540 Abs. 1 ZPO), die Klage als unbegründet abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe die Beschlussanfechtungsklage nicht fristgerecht innerhalb der in § 9.7 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten, in Übereinstimmung mit § 246 Abs. 1 AktG enthaltenen Anfechtungsfrist von einem Monat ab Beschlussfassung erhoben. Die Anfechtungsfrist habe am 20.04.2020 begonnen und mit Ablauf des 19.05.2020 geendet. Der Kläger habe seine Klage zwar am 15.05.2020 beim Landgericht eingereicht; die Zustellung am 15.09.2020 sei jedoch nicht demnächst im Sinne des § 167 ZPO erfolgt, da der Kläger den am 07.07.2020 angeforderten Gerichtskostenvorschuss erst am 25.08.2020 eingezahlt habe. Die Behauptung, die Kosten seien bereits mit der Klage eingezahlt und erstattet worden, oder die Vermutung eines Zuordnungsversehens fänden in der Akte keinen Niederschlag.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt: Bei der Klage habe es sich um eine kombinierte Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage gehandelt. Auf Nichtigkeitsgründe, die unabhängig von einem Fristlauf eingreifen könnten, habe das Landgericht die Beschlüsse nicht überprüft. Dafür hätte jedoch schon deshalb Anlass bestanden, weil es sich bei der Beklagten nicht um eine typische Erwerbsgesellschaft handele, sondern um einen lediglich aus steuerlichen Gründen in Form einer GmbH gestalteten Grundstückserwerb. Die Gestaltung sei insbesondere so gewählt, dass die Minderheitsgesellschafterin auf die Geschäftsführung keine Einflussbefugnisse habe, keinerlei Sperrminoritäten und keine Gewinnanteile, die vom Erfolg der Gesellschaft abhingen. Es stelle sich deshalb die Frage, ob die Minderheitsgesellschafterin überhaupt die Rechtsmacht habe, den Kläger aus der Gesellschaft auszuschließen. Im Übrigen sei die Durchführung der Versammlung unter dem Vorwand der Coronaverordnung nicht ordnungsgemäß gewesen, was zur Nichtigkeit führe. Auch der tragende Grund der landgerichtlichen Entscheidung verfange nicht. Die Gründe für die erst vier Monate verspätete Zustellung habe der Kläger ganz überwiegend nicht zu vertreten. Weder sei eine förmliche Eingangsverfügung der 2. Zivilkammer erfolgt, noch seien weitergehende Hinweise zur zurückgestellten Zustellung der Klage ergangen. Der Kläger habe mit Schriftsatz vom 02.07.2020 fristgerecht zur Höhe des Streitwertes Stellung genommen. In dieser Zeit habe vor der Kammer für Handelssachen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Die Zahlungsaufforderung vom 09.07.2020, zugegangen am 16.07.2020, habe lediglich eine Bitte enthalten, den Betrag „zeitnah“ zu überweisen, sowie den Hinweis, dass der Kläger persönlich Kostenschuldner sei und der Fortgang des Verfahrens – je nach Verfahrensart von der Zahlung des Betrages abhängig sein könne. Eine Mitteilung, der Kostenvorschuss sei nicht gezahlt, die Klagezustellung sei nicht erfolgt, sei erst durch Verfügung vom 13.08.2020, zugegangen am 20.08.2020, erfolgt. Der Vorschuss sei sodann umgehend „soweit wir wissen“ sogar doppelt gezahlt und das Verfahren unter dem Az. 52 O 29/20 weitergeführt worden.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 18.05.2021 (52 O 69/20 die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung, bekannt gegeben am 16.04.2020 zu Tagesordnungspunkt 1 (Einziehung der Geschäftsanteile M… P… mit den laufenden Nr. … im Nennbetrag von je 1 €), sowie zu Tagesordnungspunkt 2 (Abberufung des Geschäftsführers M… P…) für unwirksam zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden, insbesondere gemäß §§ 517 ff. ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Die streitgegenständlichen Beschlüsse vom 16.04.2020 sind weder nichtig (Ziffer 1.) noch für nichtig zu erklären (Ziffer 2.).

1. Die gegen die am 16.04.2020 bekanntgegebenen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung, zu Tagesordnungspunkt 1 (Einziehung der Geschäftsanteile des Klägers) sowie zu Tagesordnungspunkt 2 (Abberufung des Klägers als Geschäftsführer) gerichtete Nichtigkeitsklage ist unbegründet, da es an einem Nichtigkeitsgrund fehlt.

a) Da Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage denselben Streitgegenstand – das prozessuale Ziel, die richterliche Klärung der Mangelhaftigkeit des Gesellschafterbeschlusses herbeizuführen - betreffen, ist es unerheblich, dass der Kläger ausweislich der Klageschrift Klage „wegen Beschlussanfechtung“ erhoben hat (vgl. BGH, Urt. v. 01.03.1999 – II ZR 305/97 – Rn. 6).

Die Nichtigkeitsklage unterliegt - anders als die Anfechtungsklage - keiner Frist; die Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses kann vielmehr grundsätzlich von jedermann, in jeder Form, und zu jeder Zeit geltend gemacht werden (vgl. nur: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl., Anhang zu § 47 Rn. 1). Die Ausschlussfrist des § 242 Abs. 2 Satz 1 AktG, wonach Nichtigkeitsklage nur dann nicht mehr rechtswirksam erhoben werden kann, wenn nach Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister drei Jahre verstrichen sind, ist hingegen offenkundig nicht einschlägig.

b) In Ermangelung von über die Regelungen der § 57j S. 2 GmbHG (Verteilung neuer Geschäftsanteile), § 57n Abs. 2 S. 4 GmbHG (Gewinnbeteiligung neuer Geschäftsanteile), § 58a Abs. 4 S. 2 GmbHG (Vereinfachte Kapitalherabsetzung), § 58e Abs. 3 S. 1 GmbHG (Beschluss Kapitalherabsetzung), § 58f Abs. 2 S. 1 GmbHG (Kapitalherabsetzung mit Stammkapitalerhöhung) hinausgehenden Vorschriften, finden die Regelungen des Aktiengesetzes entsprechende Anwendung, insbesondere § 241 AktG. Nichtigkeitsgründe nach dieser Vorschrift liegen jedoch nicht vor.

aa) Die streitgegenständlichen Beschlüsse vom 16.04.2020 weisen keinen Einberufungsmangel im Sinne des § 241 Nr. 1 AktG auf.

Die Einberufung zu der dem Kläger mit Schreiben vom 16.04.2020 bekannt gegebenen Beschlussfassung ist mit Schreiben der durch das Amtsgericht Potsdam am 06.03.2020 bestellten Notgeschäftsführerin vom 04.04.2020 erfolgt. Diese hat, gestützt auf Art. 2 § 2 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie vom 27.03.2020, zu einer Beschlussfassung in Textform geladen.

(1) Diese Einberufung leidet nicht schon deshalb an einem gravierenden Einberufungsmangel, weil die Einberufung nicht durch eine dazu berechtigte Person erfolgt ist (§ 121 Abs. 2 S. 1 AktG analog). Zwar hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts mit Beschluss vom 16.11.2020, Az.: 7 W 39/20 - den Beschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 06.03.2020, Az.: HRB 29754 P, aufgehoben. Der Bestellungsbeschluss ist jedoch als rechtsgestaltender Akt bis zu seiner Aufhebung auch dann gültig, wenn seine gesetzlichen Voraussetzungen fehlen. Entgegen der Auffassung des Klägers war die Notgeschäftsführerin auch befugt, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen. Der gerichtlich bestellte Notgeschäftsführer hat alle Zuständigkeiten, Befugnisse und Pflichten wie ein durch die zuständigen Gesellschaftsorgane bestellter Geschäftsführer (vgl. nur Uwe Schneider/Sven Schneider in: Scholz, GmbHG 12. Aufl. 2018ff., § 6 GmbHG Rn. 102 m.w.N.). Gemäß § 49 Abs. 1 GmbHG und ebenso gemäß § 9.1 des Gesellschaftsvertrages obliegt die Einberufung der Gesellschafterversammlung dem Geschäftsführer. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn die Befugnisse der Notgeschäftsführerin durch das Gericht auf bestimmte Tätigkeiten beschränkt worden wären. Dies war jedoch bei der mit dem Beschluss vom 06.03.2020 erfolgten Bestellung nicht der Fall.

Entgegen der Auffassung des Klägers steht der Befugnis der Notgeschäftsführerin zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung auch nicht entgegen, dass das Landgericht Potsdam mit einstweiliger Verfügung vom 17.02.2020, Az.: 52 O 17/20, unter anderem die andere Gesellschafterin der Beklagten, die … GmbH, zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung mit denselben Beschlussgegenständen (Abberufung des Klägers als Geschäftsführer und Einziehung der Geschäftsanteile des Klägers) ermächtigt, die Vollziehung dieses Beschlusses jedoch mit weiterem Beschluss vom 18.03.2020 bis zu einer erstinstanzlichen Entscheidung über den Widerspruch des Klägers einstweilen eingestellt hatte; die erstinstanzliche Entscheidung in diesem einstweiligen Verfügungsverfahren ist – dies ergibt sich aus dem Beschluss des 7. Zivilsenats vom 16.11.2020 – erst am 16.06.2020 getroffen worden. Der Umstand, dass die andere Gesellschafterin der Beklagten, die trotz Weigerung des Klägers, der seit dem 24.08.2019 bis zu seiner - frühestens mit dem im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Beschluss vom 16.04.2020 erfolgten – Abberufung alleiniger Geschäftsführer der Beklagten war, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen, nicht selbst gemäß §§ 50, 51 GmbHG eine Gesellschafterversammlung einberufen konnte, da sie nicht über einen Geschäftsanteil von mindestens 10 % verfügte, seit dem 18.03.2020 auch auf der Grundlage einer gerichtlichen Ermächtigung nicht mehr zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung befugt war, ändert nichts daran, dass es seit der Bestellung der Notgeschäftsführerin und damit am 04.04.2020 wieder ein zur Einberufung der Gesellschafterversammlung befugtes Organ gab.

(2) Die Beschlüsse vom 16.04.2020 sind auch nicht nichtig, weil sie in einem nicht ordnungsgemäß durchgeführten Verfahren zustande gekommen sind. Insoweit kommt zwar eine Nichtigkeit analog § 241 Nr. 1 AktG insbesondere dann in Betracht, wenn die Regelungen über eine Beschlussfassung außerhalb einer ordnungsmäßig einberufenen Gesellschafterversammlung verletzt worden sind. Daran fehlt es hier jedoch.

(a) Zwar sieht § 48 Abs. 1 GmbHG als Grundsatz vor, dass Beschlüsse der Gesellschafter in Versammlungen gefasst. Auch die in § 48 Abs. 2 GmbHG geregelten Ausnahmen, wonach es einer Versammlung dann nicht bedarf, wenn sämtliche Gesellschafter in Textform mit der zu treffenden Bestimmung oder mit der schriftlichen Abgabe der Stimmen einverstanden sind, liegen nicht vor. Die Voraussetzungen der 1. Alt. des § 48 Abs. 2 GmbHG sind bereits deswegen nicht gegeben, weil der Kläger den durch schriftliche Stimmabgabe erfolgten Beschlüssen (Abberufung als Geschäftsführer, Einziehung des Geschäftsanteils) nicht zugestimmt hat. Auch die Voraussetzungen der 2. Alt. liegen nicht vor, weil der Kläger mit Schreiben vom 07.04.2020 auch der Beschlussfassung in Textform widersprochen hat. Daran ändert es auch nichts, dass der Gesellschaftervertrag in § 9.4 im Verhältnis zu der dispositiven Regelung des § 48 GmbHG Erleichterungen vorsieht, wonach Gesellschafterbeschlüsse auch schriftlich, telegrafisch, mündlich oder fernmündlich oder per Telefax oder Email gefasst werden können, da auch diese Regelung nur gilt, sofern – wie hier nicht - alle Gesellschafter diesem Verfahren zustimmen.

(b) Hier sieht jedoch § 2 des Artikelgesetzes zur Abmilderung der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (COVMG) vom 27.03.2020 eine von § 48 Abs. 2 GmbHG abweichende Regelung vor, nach der „Beschlüsse der Gesellschafter in Textform oder durch schriftliche Abgabe von Stimmen auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter gefasst werden“ können. Diese Erleichterung gilt auch für die Beschlussfassung der Beklagten. Denn die Regelung in § 9.4, soweit sie die Beschlussfassung in Textform betrifft, wiederholt lediglich den Regelungsinhalt des § 48 Abs. 2 2. Alt. GmbHG und nimmt damit auf die jeweils geltende Gesetzeslage Bezug. Dass unter allen Umständen, d.h. auch in einem Pandemiefall und bei Unmöglichkeit eines Präsenztreffens, eine Zustimmung sämtlicher Gesellschafter gewollt war, ist daher nicht anzunehmen (so auch die h.M., Seibt in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018 ff., § 48 GmbHG, Rn. 68b m.w.N.; Noack/Servatius/Haas GmbHG, 23. Aufl. 2022, Anh. § 48 Rn. 45; Schindler in: BeckOK, GmbHG, Stand: 01.05.2021, § 48 GmbHG, Rn. 95b; Leinekugel in: GmbHR 2021, 384ff.; a.A. LG Stuttgart, Urt. v. 25.01.2021 – 44 O 52/20 – Rn. 36). Für diese – dynamische - Auslegung spricht hier insbesondere, dass § 9.4 der Satzung offensichtlich die Anforderungen an die Art der Beschlussfassung so gering halten wollte, wie dies eben gesetzlich zulässig ist. Es würde im Übrigen dem Ziel einer Abmilderung der unvorhergesehenen Folgen der COVID-19-Pandemie zuwiderlaufen, die Gesellschafter an Satzungsregelungen festzuhalten, die – wie hier - vor der Pandemie beschlossen wurden (Seibt in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018 ff., § 48 GmbHG, Rn. 68b). Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil die Beklagte nur zwei Gesellschafter hatte und damit auf der Grundlage von § 2 COVMG schon bei Zustimmung eines der beiden und trotz Widerspruchs des anderen eine Beschlussfassung im Umlaufverfahren möglich wurde mit der Folge, dass es dem Widersprechenden verwehrt war, im Rahmen einer Gesellschafterversammlung gerade auch zu solchen Beschlussgegenständen Stellung zu nehmen, bei denen er nicht stimmberechtigt war. Diese für die konkrete Situation im April 2020 aus Sicht des Klägers bedeutsamen Gesichtspunkte haben für die Auslegung der für jede Art von Beschlüssen geltenden Satzungsregelung keine Bedeutung.

Entgegen der Auffassung des Klägers bedarf es auch weder für das Einverständnis mit der Beschlussfassung im erleichterten Umlaufverfahren noch für die Beteiligung an der Abstimmung eines Quorums (vgl. Noack/Servatius/Haas GmbHG, 23. Aufl. 2022, Anh. § 48 Rn. 36; Seibt in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018 ff., § 48 GmbHG, Rn. 68e m.w.N.). § 2 COVMG trifft dazu – anders als die für das Vereinsrecht geltende Regelung in § 5 Abs. 3 COVMG, wonach abweichend von § 32 Abs. 2 BGB ein Beschluss ohne Versammlung der Mitglieder gültig ist, wenn alle Mitglieder beteiligt wurden, bis zu dem vom Verein gesetzten Termin mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimme in Textform abgegeben haben und der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde - keine Regelung. Einer Übertragung der Regelung in § 5 Abs. 3 COVMG auf das GmbH-Recht steht entgegen, dass bei einer GmbH das Kopfprinzip nicht gilt. Wollte man stattdessen an das Kapitalquorum anknüpfen, kämen die Erleichterungen niemals gegen den Willen eines Mehrheitsgesellschafters in Betracht; auch dies lässt sich mit dem Willen des Gesetzgebers nicht vereinbaren. Soweit § 9.2 Satz 1 der Satzung vorsieht, dass Gesellschafterversammlungen nur beschlussfähig sind, wenn Gesellschafter anwesend oder vertreten sind, die mehr als 50 % des Stammkapitals auf sich vereinen, könnte dies zwar grundsätzlich auch für die Beteiligung an dem erleichterten Umlaufverfahren gemäß § 2 COVMG Geltung beanspruchen. Für die mit der Einberufung vom 04.04.2020 initiierte Abstimmung gilt jedoch nicht die Regelung in § 9.2 Satz 1, sondern diejenige in § 9.2 Satz 2, die wie folgt lautet: „Ist eine Versammlung nicht beschlussfähig, kann eine weitere Versammlung mit gleicher Tagesordnung einberufen werden, die unabhängig vom vertretenen Kapital beschlussfähig ist“. Um eine solche Wiederholungsversammlung handelt es sich bei dem mit der Einberufung vom 04.04.2020 initiierten Abstimmungsverfahren, da der Kläger zu der Gesellschafterversammlung am 03.03.2020, zu der die – dazu aufgrund der einstweiligen Verfügung vom 17.02.2020 des Landgerichts Potsdam ermächtigte – Minderheitsgesellschafterin mit Schreiben vom 17.02.2020 mit gleicher Tagesordnung eingeladen hatte, - unstreitig – nicht erschienen war.

(3) An der danach zulässigen Abstimmung im Umlaufverfahren sind beide Gesellschafter, insbesondere auch der Kläger, beteiligt worden. Dass er die Ladung vom 04.04.2020 zur Beschlussfassung, die sowohl den Hinweis auf die Möglichkeit der Beschlussfassung in Textform auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter, die Tagesordnung mit den zur Abstimmung gestellten Beschlüssen und deren Erläuterung enthielten, sowie das Abstimmungsblatt erhalten hat, hat der Kläger nicht in Abrede gestellt und ergibt sich insbesondere aus seinem Schreiben vom 07.04.2020.

(4) Ein Nichtigkeitsgrund liegt auch nicht darin begründet, dass mit dem Schreiben vom 04.04.2020 die in § 9.1 Abs. 3 Satz 2 der Satzung vorgesehene 2-Wochenfrist nicht eingehalten worden ist. Es entspricht einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und Literatur, die der Senat teilt, dass die Nichteinhaltung der statuarischen oder gesetzlichen Einberufungsfrist als weniger gravierender Einberufungsmangel nicht analog § 241 Nr.1 i.V.m. § 121 Abs. 2 und 3 AktG zur Nichtigkeit, sondern lediglich zur Anfechtbarkeit der darauf beruhenden Beschlüsse führt, § 243 Abs. 1 AktG analog (BGH v. 30.03.1987 – II ZR 180/86 – Rn. 7; OLG Hamm, Urt. v. 22.01.1992 – 8 U 117/91 – Rn. 16; Zöllner/Noack in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Aufl. (2019), Anh. § 47 GmbHG Rn. 45 m.w.N.). Denn es fehlt nicht an einer den gesetzlichen oder statuarischen Mindestanforderungen genügenden Einberufung der Gesellschafterversammlung. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn die Unterschreitung der Ladungsfrist zu einer Erschwerung der Teilnahme für den Gesellschafter führt, die der Verhinderung einer Teilnahme gleichkommt, wie es der Bundesgerichtshof etwa im Falle der Ladung des Gesellschafters am Vorabend der Gesellschafterversammlung angenommen hat (vgl. BGH, Urt. v. 13.02.2006 – II ZR 200/04-). Eine solche Konstellation liegt hier indes nicht vor, wie nicht zuletzt das Anwaltsschreiben des Klägers vom 07.04.2020 zeigt, in dem der Kläger eingehend zu der beabsichtigten Beschlussfassung Stellung genommen hat.

(5) Soweit der Kläger geltend macht, angesichts der ihm gegenüber erhobenen Vorwürfe hätte es einer Konkretisierung und einer mündlichen Aussprache bedurft, bzw. die unter dem Vorwand der Coronaverordnung durchgeführte Versammlung habe ihn davon abgehalten, in der Versammlung seine Gesichtspunkte vorzutragen, wird zwar diskutiert, ob dann, wenn – wie hier – eine Mehrheitsentscheidung im Raum steht, ein Meinungsaustausch etwa in Form einer Telefon- oder Videokonferenz erwogen werden sollte. Eine Verpflichtung zu einem solchen Vorgehen steht jedoch dem mit § 2 COVMG verfolgten Zweck entgegen, trotz pandemiebedingter Einschränkungen persönlicher Kontakte die Handlungsfähigkeit von Gesellschaften sicherzustellen, indem gleichwohl rasche und rechtssichere Entscheidungen möglich sind (Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl. 2022, Anh. § 48 Rn. 25). Jedenfalls begründet die Durchführung des erleichterten Umlaufverfahrens gemäß § 2 COVMG trotz Einschränkung des Meinungsaustauschs – von hier nicht vorliegenden Ausnahmen (z.B. Umwandlung nach UmwG) abgesehen – nicht die Nichtigkeit entsprechender Beschlüsse. Dies gilt hier umso mehr, da der Kläger in der vorangegangenen Gesellschafterversammlung am 03.03.2020 mit gleicher Tagesordnung von seinem Teilnahme- und Diskussionsrecht keinen Gebrauch gemacht hatte.

bb) Die Beschlüsse vom 16.04.2020 sind auch nicht wegen Inhaltsmängeln analog § 241 Nr. 3 oder Nr. 4 AktG nichtig.

Nach § 241 Nr. 3 AktG analog sind Beschlüsse einer GmbH nichtig, die mit dem Wesen der GmbH nicht zu vereinbaren sind oder durch ihren Inhalt Vorschriften verletzen, die ausschließlich oder überwiegend zum Schutz der Gläubiger der Gesellschaft oder sonst im öffentlichen Interesse gegeben sind. Nach § 241 Nr. 4 AktG sind Beschlüsse nichtig, die ihrem Inhalt nach gegen die guten Sitten verstoßen.

Weder der Beschluss über die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers (Ziffer (1)) noch der Beschluss über dessen Abberufung als Geschäftsführer (Ziffer (2)) weisen derartige Inhaltsmängel auf.

(1)

(a) Die Nichtigkeit gemäß § 241 Nr. 3 oder Nr. 4 AktG analog kann – anders als der Kläger meint - nicht daraus hergeleitet werden, dass die … GmbH nach dem Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrages oder der Satzung der Beklagten nicht berechtigt gewesen wäre, den Geschäftsanteil des Klägers einzuziehen.

Zwar kann eine schwerwiegende Kompetenzverletzung, d.h. eine Unzuständigkeit der Gesellschafterversammlung, u.U. auch zur Nichtigkeit eines Beschlusses führen (vgl. dazu nur: Leinekugel, BeckOK GmbHG, Stand: 01.05.2021, § 47 Anh. Rn. 26). Die Möglichkeit der Einziehung der Geschäftsanteile sieht § 6.4 der Satzung jedoch ausdrücklich vor; lediglich der betroffene Gesellschafter – hier der Kläger - hat kein Stimmrecht in dieser Angelegenheit. Hieran ändert auch die in II.13.4 des Anteilskaufvertrags vom 23.06.2017 vorgesehene Ergänzung der Satzung zu § 4.4 des Gesellschaftsvertrags nichts, da sich diese lediglich auf die Gewinn- und Verlustbeteiligung bezog, nicht jedoch mit einer weiteren Einschränkung der Rechte des Minderheitsgesellschafters verbunden war.

Der Einziehungsbeschluss ist auch nicht mit dem Wesen der GmbH unvereinbar. Zum Wesen der GmbH gehören alle zwingenden, nicht zur Disposition stehenden Normen, die die grundlegenden Strukturmerkmale der GmbH abbilden, d.h. alle Normen, die für die GmbH grundsätzliche Bedeutung haben und zum unverbrüchlichen Normbestand der GmbH gehören (Leinekugel, BeckOK GmbHG, Stand: 01.05.2021, § 47 Anh. Rn. 18 m.w.N.). Die Möglichkeit der Einziehung von Geschäftsanteilen ist in § 34 Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 6 der Satzung ausdrücklich vorgesehen, und zwar in den in § 6.2 der Satzung aufgeführten Fällen auch ohne Zustimmung des betroffenen Gesellschafters. Soweit der Kläger meint, die Minderheitsgesellschafterin mit 6 % sei nicht dazu berechtigt gewesen, sich durch Einziehung seines Geschäftsanteils die Verwertungsmöglichkeit für das Grundstück einschließlich zwischenzeitlich angefallener Wertverbesserungen zu verschaffen, begründet dieses Vorbringen ebenfalls keinen Inhaltsmangel, der mit dem Wesen der GmbH zu tun hat. Nach allgemeiner Auffassung, der sich der Senat anschließt, kann auch ein Mehrheitsgesellschafter mit den Stimmen der Minderheitsgesellschafter im Wege der Zwangseinziehung – bei Vorliegen eines wichtigen Grundes - ausgeschlossen werden (Strohn in: Münchener Kommentar GmbHG, 4. Aufl. 2022, § 34 GmbHG, Rn. 20; Goette DStR 1997, 1257 (1259)). Ausreichend ist – jedenfalls bei Fehlen einer gegenteiligen Satzungsbestimmung – grundsätzlich die Mehrheit der abgegebenen Stimmen (BGH, Urt. v. 13.01.2003 – II ZR 227/00 – Rn. 10), die hier – unstreitig – gegeben war.

Der Einziehungsbeschluss verstößt auch nicht durch seinen Inhalt gegen die guten Sitten. Nicht ausreichend sind insoweit sittenwidrige Motive oder ein sittenwidriges Beschlussverfahren. Auch ein Beschluss, der nach seinem inneren Gehalt eine anfechtungsberechtigte Person, insbesondere einen Gesellschafter, schädigt, ist nicht nichtig, sondern lediglich anfechtbar (vgl. dazu insgesamt nur: Leinekugel, a.a.o., § 47 Anh. Rn. 27 m.w.N.).

Soweit der Kläger darauf verweist, dass der Anteilsverkauf ausschließlich der Immobilienverwaltung habe dienen sollen, nach der Vertragskonzeption sei – wie bei einem Grundstückskaufvertrag – die Übertragung der gesamten Verfügungsgewalt beabsichtigt gewesen, bleibt auch dieser Einwand ohne Erfolg. Wenn der Kläger sich insbesondere aus steuerrechtlichen Gründen (Vermeidung von Grunderwerbssteuer) für einen Immobilienerwerb im Wege des Anteilskaufs entschieden hat, muss er auch die sich hieraus ergebenden Nachteile und Risiken tragen.

(b) Der Beschluss über die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers ist auch nicht wegen eines Verstoßes gegen Kapitalerhaltungsvorschriften (§§ 34 Abs. 3, 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG) nichtig.

(aa) Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, welcher der Senat folgt, ist ein Beschluss betreffend der Einziehung eines Geschäftsanteils dann nichtig, wenn bei dessen Fassung feststeht, dass ein daraufhin fällig werdender Abfindungsanspruch des negativ betroffenen Gesellschafters (Einziehungsentgelt) nicht aus freiem, das Stammkapital nicht beeinträchtigenden Vermögen der Gesellschaft gezahlt werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 24.01.2012 - II ZR 109/11 - Rn. 7, v. 10.05.2016 - II ZR 342/14 -Rn. 13 und v. 26.06.2018 - II ZR 65/16 -Rn. 13). Nach § 34 Abs. 3, § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG darf die bei Einziehung geschuldete Abfindung nur aus dem das Stammkapital übersteigenden Reinvermögen der Gesellschaft geleistet werden. Durch das Abfindungsentgelt darf keine Unterbilanz entstehen oder vertieft werden. Die genannten Vorschriften dienen dem Grundsatz der Kapitalerhaltung und damit dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger. Für das im Gläubigerinteresse bestehende Auszahlungsverbot gilt danach eine bilanzielle Betrachtungsweise. Auszahlungen an ausgeschiedene Gesellschafter dürfen nicht zur Entstehung oder Vertiefung einer Unterkapitalisierung führen. Deren Vorliegen bestimmt sich nicht nach Verkehrswerten des Gesellschaftsvermögens, sondern nach Buchwerten einer stichtagsbezogenen Handelsbilanz. Diese der Kapitalerhaltung dienenden Regelungen können nicht unter Hinweis darauf überspielt werden, dass die Gesellschaft über stille Reserven verfüge, die aufgelöst werden könnten (BGH, Urt. v. 26.06.2018 - II ZR 65/16 - Rn. 16).

Steht mit Rücksicht auf den Fälligkeitszeitpunkt der Abfindung bereits bei der Fassung des Einziehungsbeschlusses fest, dass für diese kein oder kein ausreichendes Vermögen zur Verfügung steht, ist ein Einziehungsbeschluss daher entsprechend § 241 Nr. 3 AktG nichtig (OLG Brandenburg, Urt. v. 04.08.2020 – 6 U 100/17 – Rn. 43).

(bb) Für seine Behauptung, bei Beschlussfassung über die Einziehung des Geschäftsanteils am 16.04.2020 habe ein werthaltiger Abfindungsanspruch nicht bestanden, ist der Kläger, der die Nichtigkeit des Beschlusses geltend macht, darlegungs- und beweislastet (vgl. Strohn in: Münchener Kommentar zum GmbHG, 4. Auflage (2022), § 34 GmbHG Rn. 96; OLG Brandenburg, Urt. v. 04.08.2020 – 6 U 100/17 – Rn. 46). Hinreichend substantiierter Vortrag des Klägers fehlt dazu jedoch, worauf der Senat im Termin am 16.03.2022 ausdrücklich hingewiesen hat. Der Vortrag, die Beklagte könne das Abfindungsentgelt nur zahlen, wenn sie die Immobilie und damit das wesentliche Aktivvermögen der Gesellschaft veräußere, ist unbehelflich; denn darauf kommt es bei der Feststellung, ob die Gesellschaft die Abfindung aus dem Reinvermögen zahlen kann, ohne das Stammkapital anzutasten, nicht an. Da der Kläger bis zu dem im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Beschluss Geschäftsführer der Beklagten war und er überdies vorträgt, dass er in dem Zeitraum ab August 2019 dafür gesorgt habe, dass die wirtschaftliche Situation der Beklagten geordnet, insbesondere die Immobilie fertig gestellt und vermietet worden sei, sind ihm überdies die finanziellen Verhältnisse der Beklagten (z.B. nach dem Beschluss vom 24.09.2019 (Anlage K3): korrigierte Bilanzen, Buchführungsunterlagen ab August 2019, Einnahmen aus Vermietung der Immobilie) bekannt; eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten greift daher nicht ein. Die in § 8.2 vorgesehene Fälligkeit der Vergütung in drei Raten (1. Rate: 6 Monate nach Abschluss des Geschäftsjahres, in dem die Einziehung erklärt wird, 2. und 3. Rate: jeweils im Abstand von 12 Monaten nach Zahlung der 1. Rate) sowie die zum Zeitpunkt des Zugangs der Einziehungserklärung beim Kläger pfändungsbedingte andauernde Minderung des Verkehrswertes sind vom Kläger ebenfalls bisher nicht hinreichend berücksichtigt worden.

(cc) Unabhängig davon scheidet ein Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften hier deswegen aus, weil sich die … GmbH als verbliebene Gesellschafterin im Beschluss vom 16.04.2020 verpflichtet hat, für die Einziehungsvergütung insoweit aufzukommen, wie dies erforderlich ist, um einen Verstoß gegen Kapitalerhaltungsvorschriften zu vermeiden (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 24.01.2020 – II ZR 109/11 –). Zwar bedarf es darüber hinaus grundsätzlich einer Erklärung des die Einziehungsvergütung übernehmenden Gesellschafters, seinen daraus erwachsenden Regressanspruch gegen die Gesellschaft nur dann geltend zu machen, wenn wieder freies Vermögen vorhanden ist (vgl. Strohn in: Münchener Kommentar GmbHG 4. Auflage (2022), § 34 GmbHG, Rn. 31; Wittmann GmbHR 2020, 191, 193f., Rn. 19). Der Beschluss vom 16.04.2020, der den Zusatz enthält „verpflichtet sich die … GmbH, für die Einziehungsvergütung insoweit aufzukommen, wie dies erforderlich ist, um einen Verstoß gegen Kapitalerhaltungsvorschriften (insbesondere gegen § 30 GmbHG) zu vermeiden“, lässt sich indes ohne weiteres dahin auslegen, dass davon auch ein entsprechendes Hinausschieben seines Regressanspruches bis zur Möglichkeit dessen Befriedigung aus dem freien Vermögen der Gesellschaft umfasst ist. Dem kann der Kläger auch nicht entgegenhalten, eine solche Erklärung der … GmbH könne keine Geltung beanspruchen, da diese ihrerseits als GmbH nur beschränkt hafte. Konkrete Anhaltspunkte dafür, aus welchen Gründen die … GmbH ihrerseits nicht zur Erfüllung ihrer Zusage gegenüber der Beklagten in der Lage sein sollte, legt der Kläger weder dar noch sind diese sonst ersichtlich.

(2) Soweit die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer in Rede steht, sind Gründe, die die inhaltliche Nichtigkeit analog § 241 Nr. 3 oder Nr. 4 AktG rechtfertigen könnten, ebenfalls nicht ersichtlich, wobei zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zur Einziehung der Geschäftsanteile unter (1) erörterten Aspekte (Kompetenzüberschreitung oder Sittenwidrigkeit) Bezug genommen wird.

2. Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die gegen die Beschlüsse vom 16.04.2020 gerichtete Anfechtungsklage als unbegründet zurückgewiesen, da sie nicht innerhalb der Anfechtungsklage erhoben worden ist.

a) Für die Anfechtungsklage ist eine Klagefrist von einem Monat einzuhalten, wenn nicht zwingende Umstände den Gesellschafter an früherer klageweiser Geltendmachung der Mangelhaftigkeit hindern (Noack/Servatius/Haas GmbHG, a.a.O., Anh. § 47, Rn. 145). Im vorliegenden Fall ist eine Frist von einem Monat im Übrigen auch ausdrücklich in § 9.7 der Satzung der Satzung vorgesehen, die bei Beschlüssen, die nicht gegenüber anwesenden oder vertretenen Gesellschaftern ergangen sind, mit Ablauf des dritten Tages beginnt, der der Absendung des Beschlussprotokolls oder der schriftlichen Mitteilung oder Bestätigung an die Gesellschafter folgt.

Die Mitteilung des Abstimmungsergebnisses an den Kläger ist unstreitig mit Schreiben vom 16.04.2020 erfolgt, so dass mit Ablauf des 19.04.2020 die Frist begann und damit am 20.05.2020 geendet hätte. Die Klageschrift datiert vom 11.05.2020 und ist am 15.05.2020 beim Landgericht Potsdam eingegangen; zugestellt wurde sie der Beklagten allerdings erst am 15.09.2020.

b) Dies wäre nur dann unschädlich, wenn – dies gilt auch für die Anfechtungsklage (Noack/Servatius/Haas GmbHG, 23. Aufl., Anh. § 47 Rn. 158a) – die Zustellung gleichwohl demnächst im Sinne des § 167 ZPO erfolgt ist.

aa) Nach § 167 ZPO gilt die durch Zustellung zu wahrende Frist schon mit Einreichung der Klage beim Gericht als eingehalten, wenn die Klageschrift - gemessen vom Tage des Ablaufs der Frist (vgl. BGH, Urt. v. 25.11.1985 – II ZR 236/84 – Rn. 8) - "demnächst" zugestellt wird. Ob eine Zustellung demnächst erfolgt ist, beurteilt sich nach dem Sinn und Zweck des § 167 ZPO. Diese Regelung ist nicht rein zeitlich zu verstehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, soll sie die Partei vor Nachteilen durch Verzögerungen bei der von Amts wegen zu bewirkenden Zustellung schützen, die innerhalb des gerichtlichen Geschäftsbetriebs liegen und von der Partei nicht beeinflusst werden können (vgl. BGH, Urt. v. 29.06.1993 – X ZR 6/93 – Rn. 12). Daher gibt es auch keine zeitliche Grenze, nach deren Überschreitung eine Zustellung nicht mehr als "demnächst" anzusehen wäre; das gilt selbst im Hinblick auf mehrmonatige Verspätungen (vgl. BGH, Urt. v. 05.02.2003 – IV ZR 44/02 – Rn. 16).

Der Partei sind nur Verzögerungen zuzurechnen, die sie oder ihr Prozessbevollmächtigter (§ 85 Abs. 2 ZPO) bei sachgerechter Prozessführung hätten vermeiden können. Eine Zustellung "demnächst" nach Einreichung einer Klage bedeutet daher eine Zustellung innerhalb einer den Umständen nach angemessenen, selbst langen Frist, wenn die Partei oder ihr Bevollmächtigter unter Berücksichtigung der Gesamtsituation alles Zumutbare für die alsbaldige Zustellung getan haben. Das ist dann nicht der Fall, wenn die Partei, der die Fristwahrung obliegt, durch nachlässiges Verhalten zu einer nicht bloß geringfügigen Zustellungsverzögerung beigetragen hat. Verzögerungen von weniger als zwei Wochen sind hierbei grundsätzlich geringfügig und für die Partei unschädlich.

bb) Ausgehend hiervon erfolgte die Zustellung der Klage nicht „demnächst“ im Sinne des § 167 ZPO.

Allerdings ist der Zeitraum zwischen der Klageeinreichung am 15.05.2020 und dem 26.05.2020 nicht dem Verantwortungsbereich des Klägers zuzurechnen, obwohl in der Klageschrift die gemäß § 253 Abs. 3 Nr. 2 ZPO erforderliche Angabe zum Streitwert fehlte. Am 26.05.2020 ist jedoch ausweislich des Abvermerks an den Klägervertreter, dessen Verhalten sich der Kläger gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss, eine Anfrage nach den Anknüpfungstatsachen für den Streitwert herausgegangen; ausweislich der Anlage BK 1 (Bl. 259 d.A.) ist dem Klägervertreter diese Anfrage am 04.06.2020 zugegangen; beantwortet hat er sie indes nicht unverzüglich, sondern erst mit am selben Tage bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 02.07.2020 – und damit nach Ablauf eines deutlich über 14 Tage hinaus gehenden Zeitraums, den der BGH (Urt. v. 01.12.1993 – XII ZR 177/92 – Rn. 11f.) auch insoweit als unschädlich erachtet hat.

Selbst wenn man darauf noch nicht abstellen wollte, ist eine weitere im Verantwortungsbereich des Klägers liegende Verzögerung darin zu sehen, dass der Kläger nach der Streitwertfestsetzung durch das Gericht vom 06.07.2020 und Aufforderung zur Einzahlung des Kostenvorschusses vom 09.07.2020, die der Prozessbevollmächtigte des Klägers unstreitig am 16.07.2020 (Bl. 261) erhalten hat, den Kostenvorschuss erst am 25.08.2020 eingezahlt hat. Nach der Aufforderung zur Einzahlung des Kostenvorschusses muss der Kläger so rechtzeitig einzahlen, dass sich der für die Zustellung ohnehin erforderliche Zeitraum nicht um mehr als 14 Tage verlängert. Dabei ist der Partei aber für die Erledigung der Einzahlung ein angemessener Zeitraum von in der Regel 1 Woche (vgl.BGH, Urt. v. 10.12.2019 – II ZR 281/18 – Rn. 11) – hier also bis zum 23.07.2020 - zuzugestehen, der sich zudem um einige weitere Tage verlängert, wenn der Vorschuss – dies scheint hier erfolgt zu sein – beim Prozessbevollmächtigten angefordert wird. Bei großzügiger Bemessung wäre daher die Einzahlung des Kostenvorschusses jedenfalls ab dem 28.07.2020 zu erwarten gewesen. Selbst wenn man sämtliche dieser Zeiträume zugunsten des Klägers bemisst, könnte allenfalls ein Zeitraum bis zum 12.08.2020 als nicht in seinem Verantwortungsbereich liegend zu erachten sein, jedoch keinesfalls ein solcher bis zum 25.08.2020. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn der Kläger tatsächlich – wie der Schriftsatz vom 21.08.2020 „ nochmals“ glauben machen will - bereits zuvor einen Vorschuss eingezahlt gehabt hätte. Dafür gibt es jedoch – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – in der vorliegenden Akte keinerlei Anhaltspunkt. Insbesondere kann bis zum 25.08.2020 noch keine Verwirrung durch eine Abgabe von der 2. Zivilkammer an die Kammer für Handelssachen entstanden sein, da diese erst am 09.09.2020 erfolgt ist. Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, es habe keine Eingangsbestätigung für die Klage gegeben – insoweit vermag der Senat bereits nicht zu erkennen, welche Relevanz dieser Einwand überhaupt haben soll –, nach der Zahlungsaufforderung sei lediglich darum gebeten worden, die Kosten „zeitnah“ einzuzahlen, und lediglich darauf hingewiesen worden, dass „der Fortgang des Verfahrens - je nach Art des Verfahrens - von der Zahlung des Betrages abhängig sein kann. Jedenfalls in einem Anwaltsprozess wie dem vorliegenden ist es nicht Sache des Gerichts, sondern des Prozessbevollmächtigten, der sowohl die Anfechtungsfrist als auch die Grundsätze einer demnächstigen Zustellung kennen muss, seinen Mandanten auf die Eilbedürftigkeit der Einzahlung eines Kostenvorschusses aufmerksam zu machen. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, dass das Gericht dem Kläger erst mit Verfügung vom 13.08.2020 in dem zum Az. 52 O 29/20 geführten Verfahren darauf aufmerksam gemacht haben soll, dass die Klagezustellung in dem vorliegenden Verfahren mangels Einzahlung des Kostenvorschusses noch nicht erfolgt war.

III.

1. Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

2. Eine Revisionszulassung ist nicht veranlasst, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch die Revision zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen ist (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

3. Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren erfolgt nach §§ 47 Abs. 1 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 247 AktG analog.