Gericht | VG Frankfurt (Oder) 5. Kammer | Entscheidungsdatum | 22.04.2022 | |
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Aktenzeichen | 5 K 1786/18 | ECLI | ECLI:DE:VGFRANK:2022:0422.5K1786.18.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Ersatzgeldzahlung nach § 15 Abs. 6 BNatSchG ist keine Maßnahme i. S. von § 15 Abs. 2 BNatSchG.
2. § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG berechtigt die Behörde im Fall eines illegalen und nicht zulassungsfähigen Eingriffs in Natur und Landschaft nicht, eine Ersatzgeldzahlung gemäß § 15 Abs. 6 BNatSchG anzuordnen (Anschluss an OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. August 2019 - 8 A 11472/18).
Die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2017 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung i. H. von 110% des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung einer naturschutzrechtlichen Ersatzzahlung wegen der ungenehmigten Beseitigung eines grabenbegleitenden Erlenbaumbestandes.
Der Kläger ist Landwirt und bewirtschaftet als Pächter Grünlandflächen im Geltungsbereich eines Landschaftsschutzgebietes (Landschaftsschutzgebiet „M ... “). Entlang des T ... , einem schmalen Fließgewässer, das aus dem T ... abfließt, befand sich bis in das Jahr 2014 beidseitig ein grabenbegleitender Erlenbaumbestand. Der T ... ist als Fließgewässer gesetzlich geschütztes Biotop des Landes Brandenburg. Bei einer Ortsbesichtigung am ... April 2014 stellte die untere Naturschutzbehörde des Beklagten fest, dass entlang des T ... auf einer Länge von ca. 450 m der Erlenbestand beidseitig gefällt worden war. Diese Baumfällarbeiten wurden durch den Kläger veranlasst. Bereits am … April 2014 und unter dem November 2015 hörte der Beklagte den Kläger als Verursacher zu einer beabsichtigten Ordnungsverfügung an.
Eine vom Beklagten veranlasste Kostenkalkulation für eine „Bepflanzung 450 m Gewässer einreihig“ ergab eine Gesamtsumme in Höhe von 9.594,12 € (Bl. 23 VV).
Mit Ordnungsverfügung vom … März 2016 gab der Beklagte dem Kläger auf, für die Abholzung als Eingriff in Natur und Landschaft eine Ersatzzahlung i.H.v. 9.476,20 € brutto zu leisten. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Fällung der Bäume stelle hier einen Eingriff in Natur und Landschaft nach § 14 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz dar, für den keine Zulassung nach § 17 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz beantragt und erteilt worden sei. Mithin seien die Fällungen ohne die erforderlichen Genehmigungen durchgeführt worden. Die Herstellung eines rechtmäßigen Zustandes durch Legalisierung komme nicht in Betracht, da die Genehmigungsfähigkeit der Maßnahme nicht gegeben sei. Die durchgeführten Baumfällarbeiten würden den Schutzzwecken der Landschaftsschutzgebietsverordnung erheblich widersprechen. Ein öffentliches Interesse für die Erteilung einer Befreiung, etwa im Rahmen der Gewässerunterhaltung zur Gewährleistung eines geordneten Wasserabflusses, sei nicht ersichtlich. Auch komme die Zulassung einer naturschutzrechtlichen Ausnahme nicht infrage, da die entstehenden Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes oder des Landschaftsbildes nicht hätten ausgeglichen werden können. Da eine Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht möglich sei, gleichwertige Ausgleichsmaßnahmen entlang oder im Bereich des T ... ebenso wie eine Nachpflanzung vor Ort ausscheiden würden, Ersatzmaßnahmen im vom Eingriff betroffenen Raum nicht verfügbar seien, habe der Beklagte die Ersatzzahlung angeordnet. Diese bemesse sich nach den durchschnittlichen Kosten der nicht durchführbaren Ersatzmaßnahme einschließlich der erforderlichen Kosten für deren Planung und Unterhaltung sowie der Flächenbereitstellung unter Einbeziehung der Personal- und sonstigen Verwaltungskosten. Angesetzt würden Kosten für eine einreihige Bepflanzung mit Erlen auf 450 lfd. Meter an einem Gewässer II. Ordnung. Aufgrund der erheblichen Beschädigungen des landschaftsprägenden Erlenbaumbestandes sei die Ersatzzahlung zulässig und angemessen, da es sich um ein gesetzlich geschütztes Biotop handle, das sich in einem guten Erhaltungszustand befunden, eine hohe ökologische Funktion gehabt und das Landschaftsbild positiv geprägt habe.
Die vom Kläger am April 2016 bzw. April 2016 mdl./tel. vorgebrachten Vorschläge und Einwände legte der Beklagte als Widerspruch gegen die Ordnungsverfügung aus, nachdem der Kläger am Juni 2016 klargestellt hatte, „dass ich das angenehme Gespräch mit Frau T ... als Widerspruch gewertet haben möchte“.
Hierauf erging unter dem ... August 2017 der Widerspruchsbescheid, mit dem der Beklagte den Widerspruch gegen die angeordnete Ersatzzahlung zurückwies. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, die Höhe der berechneten Ersatzzahlung sei nicht zu beanstanden. Der Kläger sei, bedingt durch die Tatsache, dass nicht beide Seiten des Grabens für die Bemessung der Ersatzbepflanzung und eine geringere Länge des von der Baumfällung betroffenen Grabenabschnittes zugrunde gelegt worden seien, im Ergebnis begünstigt worden, da letztlich als Maßstab für die Kompensation nur ein Faktor von 0,5 berücksichtigt worden sei.
Der Kläger hat am Juli 2018 Anfechtungsklage erhoben.
Der Kläger hält seine Klage für zulässig, da der Widerspruchsbescheid eine unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung enthalte. Gemäß dieser seien Klagen in elektronischer Form mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes zu versehen. Das Signaturgesetz sei allerdings mit Wirkung vom ... Juli 2017 außer Kraft getreten. Mit Blick auf diesen unzutreffenden Hinweis in der Rechtsbehelfsbelehrung habe für den Betroffenen eine Erschwernis vorgelegen, weil der zusätzliche Hinweis auf das Signaturgesetz im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheiderlasses unzutreffend und irreführend gewesen sei. Mithin sei nur die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO in Gang gesetzt worden, die der Kläger eingehalten habe.
Klagebegründend trägt er in der Sache vor, er stelle in Abrede, dass die eingetretenen Beeinträchtigungen nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen seien. So würden die Erlen massenhaft aus den Stubben und auch auf neuen Einzelstandorten ausschlagen. Die durch das Fehlen einzelner Bäume entstandenen Beeinträchtigungen am T ... seien weder dauerhaft, noch seien sie für einen unabsehbar langen Zeitraum hinzunehmen. Auch sei eine Wiederherstellung des früheren Zustandes möglich genauso wie eine Nachpflanzung vor Ort. Da sich der ursprüngliche Zustand eines parallel verlaufenden Erlenbewuchses am T ... in kurzer Zeit von selbst einstelle bzw. schon eingestellt habe, sei die Höhe der Ersatzzahlung zu beanstanden. Der Kostenansatz in der Ordnungsverfügung sei erheblich übersetzt. Bei der vom Beklagten eingeholten Kalkulation des zuständigen Wasser- und Bodenverbandes (Wasser- und Landschaftspflegeverband „Untere Spree“) handle es sich allenfalls um eine Gefälligkeitsrechnung und nicht um eine marktübliche seriöse Kalkulation.
Der Kläger beantragt,
die Ordnungsverfügung des Beklagten vom März 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom August 2017 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verteidigt die angefochtenen Bescheidungen und tritt dem klägerischen Vorbringen entgegen. Die Ersatzzahlung sei im Grunde wie auch nach ihrer Höhe gerechtfertigt. Soweit der Kläger die aufkommende Sukzession für sich begünstigend in Anspruch nehme, sei darauf hinzuweisen, dass die ökologischen Funktionen eines alten Erlenbestandes durch einen nachwachsenden Baumbestand erst in ca. 60-80 Jahren erfüllt würden. Mithin seien die vom Kläger verursachten Veränderungen langzeitig nachteilig. Anhaltspunkte für eine Gefälligkeits- oder Falschberechnung der Ersatzzahlung seien auch nicht ersichtlich.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, den Verwaltungsvorgang, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
A.
Die Klage ist zulässig.
I.
Das nach § 68 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO erforderliche Vorverfahren hat der Kläger erfolglos durchgeführt. Zwar hat er den Bescheid bereits am März 2016 erhalten und nicht ausdrücklich Widerspruch innerhalb der Widerspruchsfrist erhoben. Laut Aktenvermerken vom 07. bzw. 8. 2016 wandte sich der Kläger mdl./tel. sinngemäß gegen Feststellungen in der Ordnungsverfügung zur Länge des betroffenen Abschnitts am T ... und gegen die Höhe der Ersatzzahlung (Bl. 49,50 VV). Erst in der Email vom … Juni 2016 hat der Kläger auf die Klarstellungsbitte des Beklagten vom … Mai 2016 ausgeführt, es sei „richtig, dass ich das angenehme Gespräch mit Frau T ... als Widerspruch gewertet haben möchte“ (Bl. 56 VV). Es kann nunmehr offenbleiben, ob der Kläger nach alldem fristgemäß Widerspruch erhoben hat. Jedenfalls hat die Untere Naturschutzbehörde als zuständige Widerspruchsbehörde den Widerspruch sachlich beschieden, so dass eine (etwaige) Verfristung des Widerspruchs geheilt wäre. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich das erkennende Gericht anschließt, darf die Widerspruchsbehörde in einem Widerspruchsverfahren, das – wie hier – (nur) das Verhältnis zwischen der Behörde und dem durch den Verwaltungsakt Betroffenen berührt, auch über einen verspäteten Widerspruch sachlich entscheiden und damit den Weg zur verwaltungsgerichtlichen Sachprüfung eröffnen. Die Einhaltung der Widerspruchsfrist ist - anders als die Durchführung eines Vorverfahrens und das Ergehen eines Widerspruchsbescheides - keine vom Verwaltungsgericht von Amts wegen zu prüfende Sachurteilsvoraussetzung. Hat die Widerspruchsbehörde auf einen verspäteten Widerspruch aufgrund ihrer Sachherrschaft eine Entscheidung in der Sache getroffen und sich nicht auf die Versäumung der Widerspruchsfrist berufen, so darf die Klage - auch soweit sie sich gegen den Ursprungsbescheid richtet - nicht wegen Versäumung der Widerspruchsfrist als unzulässig abgewiesen werden (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1982 – 2 C 4/80 –, Rn. 10, juris). Die Widerspruchsfrist dient in derartigen Fällen vornehmlich der Selbstkontrolle der Verwaltung und damit dem Schutz der Behörde selbst. Ihr steht es deswegen frei, sich entweder mit dem Ergebnis der Unzulässigkeit des Widerspruchs auf die Fristversäumnis zu berufen oder aber unter Außerachtlassung der Fristversäumnis zur Sache selbst zu entscheiden. Eine sich über die Fristversäumnis hinwegsetzende Sachentscheidung der Behörde schließt für das spätere gerichtliche Verfahren die Beachtlichkeit der Verspätung des Widerspruchs aus (vgl. m.w.N. VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 17. 2021 – K 751/20 –, Rn. 36, juris).
II.
Auch ist die Klage rechtzeitig innerhalb der hier maßgebenden Jahresfrist gemäß § 58 Abs. 2 VwGO eingelegt worden. Denn die dem Widerspruchsbescheid beigegebene Rechtsbehelfsbelehrung ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts wegen fehlerhafter Belehrung über die Form der einzulegenden Klage unrichtig.
1. Zwar ging die verwaltungsgerichtliche Klage gegen die Ordnungsverfügung und den Widerspruchsbescheid erst am Juli 2018 bei Gericht und damit außerhalb der Monatsfrist des § 74 Abs. 1 VwGO „nach Zustellung des Widerspruchsbescheids“ ein. Diese Frist brauchte der Kläger jedoch nicht einzuhalten. Gemäß § 58 Abs. 1 VwGO beginnt die Frist für einen Rechtsbehelf nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist. Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nach § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei.
2. Vorliegend hat der Beklagte in dem Widerspruchsbescheid vom August 2017 u.a. über die Form des einzulegenden Rechtsbehelfs belehrt und zwar mit der folgenden Formulierung:
„Gegen diesen Widerspruchsbescheid…kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Klage … in elektronischer Form … erhoben werden.
…
Falls die Klage in elektronischer Form erhoben wird, sind die elektronischen Dokumente mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes zu versehen“.
Diese Rechtsbehelfsbelehrung ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts wegen fehlerhafter Belehrung über die Form der zu erhebenden Klage unrichtig.
a) Zwar ist eine Belehrung über die Form des einzulegenden Rechtsbehelfs nicht erforderlich (st. Rspr. vgl. BVerwG, Urteil vom 29. August 2018 – 1 C 6/18 –, BVerwGE 163, 26-36, Rn. 13). Jedoch ist eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht nur dann unrichtig im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO, wenn eine ihrer in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben nicht zutreffend formuliert ist, sondern auch, wenn ein zusätzlich aufgenommener Hinweis einen unzutreffenden oder irreführenden Inhalt hat, der nach seiner Art generell, also losgelöst vom Verständnis, das er beim Betroffenen gefunden hat, geeignet ist, die Einlegung des Rechtsbehelfs zu erschweren. Es genügt nicht, dass sich die nötigen Informationen aus anderen Quellen - etwa aus dem Internet - ersehen lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. April 2009 – 3 C 23/08 –, BVerwGE 134, 41-45, Rn. 13). Ist der unzutreffende Zusatz in der Rechtsbehelfsbelehrung also geeignet, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen und materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen, ist die Rechtsbehelfsbelehrung insgesamt unrichtig. Dabei ist darauf abzustellen, wie ein Empfänger die Erklärung bei objektiver Würdigung verstehen konnte (vgl. m.w.N. BVerwG, Urteil vom 29. August 2018 – 1 C 6/18 –, BVerwGE 163, 26-36, Rn. 15). Der Grundsatz der Vollständigkeit und Richtigkeit gilt auch für Zusätze, die über den zwingenden Inhalt hinaus in eine Rechtsbehelfsbelehrung gewissermaßen als Serviceleistung der Verwaltung oder der Gerichte aufgenommen werden (vgl. Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, VwGO § 58 Rn. 64, beck-online). Wird – wie hier – in einer Rechtsbehelfsbelehrung eines Widerspruchsbescheids auch über die Form der elektronischen Klageerhebung belehrt, muss auch dieser Hinweis nach alldem vollständig und richtig sein.
b) Diesem Erfordernis hat der Beklagte zwar insofern genügt, als überhaupt auf die Klageerhebung in elektronischer Form hingewiesen worden ist. Der im letzten Drittel der Rechtsbehelfsbelehrung angefügte zusätzliche Hinweis, dass „die elektronischen Dokumente mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes zu versehen“ sind, ist indes unzutreffend im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, weil der Beklagte übersehen hat, dass das Gesetz über Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen (Signaturgesetz, BGBl I, 876) durch Art. 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Gesetzes vom 18. Juli 2017 (elDAS-Durchführungsgesetz) BGBl. I 2745 mWv 29. Juli 2017 aufgehoben worden ist. Hierauf hat der Klägervertreter zutreffend hingewiesen. Im vorliegenden Falle wurde mit der Zustellung des Widerspruchsbescheids vom . August 2017 am August 2017 (Postzustellungsurkunde) deshalb nicht die Monatsfrist des § 74 Abs. 1 VwGO, sondern die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO in Gang gesetzt, die unzweifelhaft eingehalten ist (vgl. auch VG Neustadt (Weinstraße), Beschluss vom 01. Februar 2019 – 5 L 1591/18.NW –, Rn. 12 - 19, juris).
B.
Die Klage ist begründet.
Die Ordnungsverfügung des Beklagten vom März 2016 in der Fassung des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheides vom August 2017 ist hinsichtlich der Anordnung einer Ersatzgeldzahlung in Höhe von 9.476,20 € rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Der Beklagte war aufgrund der hier allein in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlage des § 17 Abs. 8 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes – BNatSchG – nicht berechtigt, gegenüber dem Kläger eine Ersatzgeldzahlung i.S.v. § 15 Abs. 6 BNatSchG anzuordnen, weil das Gesetz in dem hier vorliegenden Fall eines bereits vollständig durchgeführten illegalen und nicht legalisierbaren Eingriffs in Natur und Landschaft eine solche Rechtsfolge nicht vorsieht.
I.
Allerdings hegt das Gericht keinerlei Zweifel daran, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG hier vorliegen.
§ 17 Abs. 8 BNatSchG betrifft Eingriffe, die begonnen oder durchgeführt werden, ohne dass die erforderliche Zulassung oder Anzeige vorliegt. Die Vorschrift regelt einen Sonderfall des Vollzugsdefizits, nämlich das Vorgehen der zuständigen Behörde im Falle eines weder angezeigten noch zugelassenen Eingriffs in Natur und Landschaft. Nach § 17 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG soll die Behörde, wenn ein Eingriff ohne die erforderliche Zulassung oder Anzeige vorgenommen wird, die weitere Durchführung des Eingriffs untersagen. Ist – wie vorliegend – der Eingriff im Zeitpunkt der Kenntniserlangung der Behörde bereits vollständig durchgeführt worden, gilt § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG: In diesem Fall soll die Behörde, soweit nicht auf andere Weise ein rechtmäßiger Zustand hergestellt werden kann, entweder Maßnahmen nach § 15 oder die Wiederherstellung des früheren Zustandes anordnen.
1. Entgegen der Ansicht des Klägers hat die zuständige Untere Naturschutzbehörde zutreffend bejaht, dass die Beseitigung des Erlenbaumbestandes am T ... auf einer Länge von ca. 450 m durch den Kläger einen zulassungsbedürftigen, aber nicht zugelassenen und nicht zulassungsfähigen Eingriff in Natur und Landschaft i.S.v. § 17 Abs. 8 i.V.m. § 14 Abs. 1 BNatSchG darstellt. Rechtmäßige Zustände sind nicht auf andere Weise herbeiführbar, da die ergriffenen Maßnahmen materiell illegal, also nicht im Einklang mit dem Naturschutzrecht zu bringen sind.
a) Keinem Zweifel unterliegt zunächst, dass die Rodung eines Baumbestands den Eingriffsbegriff des § 14 Abs. 1 BNatSchG erfüllt: Die Beseitigung des Erlenbaumbestands am T ... stellt eine Eingriffshandlung dar, denn sie hat zumindest eine Veränderung der Gestalt von Grundflächen i.S.v. § 14 Abs. 1 BNatSchG bewirkt, worunter auch die Beseitigung von Pflanzenbeständen, sowohl von Wald als auch von Einzelbäumen, fällt. Auch die in § 14 Abs. 1 BNatSchG weiter vorausgesetzte Eingriffswirkung ist gegeben, und zwar zumindest in Form einer (erheblichen) Beeinträchtigung des tatsächlich vorhandenen Landschaftsbildes. Eine solche liegt vor, wenn das Landschaftsbild z. B. infolge einer Gestaltveränderung vom Standpunkt eines aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachters sich als gestört darstellt bzw. sich aus dessen Sicht der spezifische Charakter der Landschaft in einer als negativ empfundenen Weise verändert hat. Es liegt hier auf der Hand, dass die Beseitigung eines gewachsenen Erlenbaumbestandes auf einer Länge von ca. 450m, mithin eines prägenden Landschaftselements, an einem naturnahen Grabengewässer eine solche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes bewirkt.
b) Darüber hinaus handelt es sich auch um eine Veränderung der Gestalt sowie der Nutzung einer Grundfläche, die i.S.v. § 14 Abs. 1 BNatSchG die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts erheblich beeinträchtigt. Der Begriff des Naturhaushalts umfasst nach der Legaldefinition des § 7 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG als Bestandteile Boden, Wasser, Luft, Klima, Tiere und Pflanzen sowie das Wirkungsgefüge zwischen ihnen. Als Beeinträchtigung ist eine negative Einwirkung anzusehen, die einzelne Faktoren oder deren ökologisches Zusammenspiel derart beeinflusst, dass Funktionen des Naturhaushalts gestört werden; lässt sich eine Schädigung von Biotopen feststellen, so ist in der Regel auch von einer Funktionsstörung des Naturhaushalts auszugehen; auch eine Beeinträchtigung der biologischen Vielfalt fällt unter den Eingriffstatbestand. Danach hat die untere Naturschutzbehörde zu Recht auch darauf abgestellt, dass die Rodung des Erlenbaumbestandes eine Handlung darstellt, die zu einer Zerstörung oder zumindest einer erheblichen Beeinträchtigung eines Biotops i. S. von § 30 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG geführt hat. Der Beklagte hat hierzu unwidersprochen ausgeführt, dass der T ... als Fließgewässer gesetzlich geschützt ist (Biotopcode 0113201) mit der Schwarzerle als standortgerechtes Ufergehölz (Biotopcode 0714212).
Die Untere Naturschutzbehörde hat insoweit zutreffend auf die erhebliche Indizwirkung der Biotopkartierung für das Vorhandensein eines Biotops hingewiesen. Unabhängig davon, ob die Eintragung eines Biotops in das Verzeichnis der geschützten Teile von Natur und Landschaft als eine öffentliche Urkunde zu qualifizieren ist, hat sie als eine von sachkundigen Mitarbeitern einer Naturschutzbehörde erstellte Dokumentation der natürlichen Gegebenheiten jedenfalls einen erheblichen Indizienwert für das Vorhandensein eines Biotops (so OVG Lüneburg, Beschluss vom 22. Dezember 2015 – 4 ME 270/15 –, juris), die der Kläger nicht zu widerlegen versucht hat (vgl. insgesamt Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. August 2019 – 8 A 11472/18 –, Rn. 29 - 34, juris).
c) Schließlich liegt der T ... im Geltungsbereich der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „M ... “ vom . November 2006 (GVBl. II/06 [Nr. 31], S. 514) zuletzt geändert durch Artikel 31 der Verordnung vom 29. Januar 2014 (GVBl.II/14, [Nr. 05] – LSG-VO). Im Landschaftsschutzgebiet i. S. v. § 26 Abs. 2 BNatSchG sind alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebietes verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen. So ist es gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 LSG-VO explizit verboten, Bäume außerhalb des Waldes, Höhlenbäume, Hecken, Gebüsche, Feld- oder Ufergehölze, Ufervegetation oder Schwimmblattgesellschaften zu beschädigen oder zu beseitigen.
II.
Liegt nach alldem in der Beseitigung des Erlenbaumbestandes unzweifelhaft ein nicht zugelassener Eingriff in Natur und Landschaft i.S.v. § 14 Abs. 1 BNatSchG, so ist darüber hinaus auch nichts dafür ersichtlich, dass der Eingriff gemäß §§ 17 Abs. 8 Satz 2 i.V.m. 15 Abs. 5 BNatSchG aufgrund einer ordnungsgemäßen Abwägung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege mit anderen Belangen nachträglich zugelassen („legalisiert“) werden könnte.
1. Insbesondere sind keine gegenüber den Anforderungen an Natur und Landschaft überwiegenden privaten Belange ersichtlich: Der Kläger hat nicht ansatzweise dargetan, dass er etwa zur Bewirtschaftung seines landwirtschaftlichen Betriebes auf die Nutzung gerade dieser Fläche als Grünland - etwa zur Beweidung - in besonderer Weise – etwa zur Existenzsicherung – angewiesen wäre. Aufgrund der Situationsgebundenheit des Eigentums als Teil eines kartierten Biotops mit Lage im Landschaftsschutzgebiet war er gehalten, diese (nicht näher bezeichneten) Nachteile im überwiegenden Interesse des Naturschutzes und der Landschaftspflege hinzunehmen; dabei sind seine Belange als Pächter geringerwertiger als diejenigen des Eigentümers des Grundstücks.
2. Ebensowenig kommt eine Befreiung (§ 7 LSG-VO i.V. mit § 67 BNatSchG) von den Verboten der LSG-VO in Betracht, da schon die tatbestandlichen Voraussetzungen – Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses oder unzumutbare Belastung im Einzelfall – nicht gegeben sind. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beseitigung des Erlenbaumbestandes zur Gewässerunterhaltung i. S. von §§ 78ff. des Brandenburgischen Wassergesetzes – BbgWG, also im öffentlichen Interesse, erfolgte, sind nicht ersichtlich. Abgesehen davon, dass die Gewässerunterhaltung für Gewässer II. Ordnung gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 BbgWG den Gewässerunterhaltungsverbänden obliegt, gibt es auch für eine Beauftragung des Klägers seitens des zuständigen Wasser- und Landschaftspflegeverbandes „U ... “ zur Durchführung entsprechender Arbeiten keinen Hinweis. Demnach blieb für die Behörde nur noch die Möglichkeit eines Vorgehens nach § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG, nämlich entweder Maßnahmen nach § 15 oder die Wiederherstellung des früheren Zustandes anzuordnen.
III.
Anders als die untere Naturschutzbehörde des Beklagten entschieden hat, hätte der Beklagte jedoch als Rechtsfolge des hier gegebenen illegalen und nicht legalisierbaren Eingriffs in Natur und Landschaft keine Ersatzzahlung anordnen dürfen.
1. Die Behörde ist offensichtlich davon ausgegangen, dass die Anordnung einer Ersatzzahlung eine „Maßnahme“ i.S.v. § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG sein kann. Indes ist die Frage, ob die Behörde im Falle eines illegalen Eingriffs in Natur und Landschaft gemäß § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG – statt einer Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme i.S.v. § 15 Abs. 2 BNatSchG oder der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands – eine Ersatzzahlung i.S.v. § 15 Abs. 6 BNatSchG anordnen darf, nicht geklärt. Nach der neueren Rspr. des OVG Rheinland-Pfalz, der sich das erkennende Gericht anschließt, ist § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG so auszulegen, dass unter den Begriff der Maßnahmen nach § 15 nicht die Ersatzzahlung nach § 15 Abs. 6 BNatSchG fällt. Hierzu hat das OVG Rheinland-Pfalz ausgeführt:
„In der Fachliteratur, insbesondere in den Kommentaren zum Bundesnaturschutzgesetz, überwiegt die Meinung, dass § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG die Behörde im Falle eines (bereits durchgeführten und nicht legalisierbaren) illegalen Eingriffs nur dazu ermächtigt, entweder Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen oder die Wiederherstellung des früheren Zustands anzuordnen, so etwa Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl. 2011, § 17, Rn. 52: „Kann ein rechtmäßiger Zustand auf andere Weise nicht hergestellt werden, hat die Behörde die Wahl: Sie soll entweder Maßnahmen nach § 15 anordnen, d.h. Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen (nicht: Ersatzzahlungen, sie sind keine Maßnahmen), oder die Wiederherstellung des früheren Zustands“; ebenso: Gellermann, a.a.O., § 17, Rn. 25: „Auch wenn § 15 ... undifferenziert in Bezug genommen wird, sind mit den Maßnahmen im Sinne dieser Vorschrift doch ausschließlich solche gemeint, die den eingetretenen Verlust im Wege der Naturalkompensation ausgleichen oder ersetzen (...); mit einem Ersatzgeld kann es sein Bewenden nicht haben, weil es sich dabei nicht um Maßnahmen handelt ...“; tendenziell auch Meßerschmidt, a.a.O., § 17, Rn. 77: „Ist eine Legalisierung des Vorhabens nicht auf andere Weise möglich, soll die zuständige Behörde Kompensationsmaßnahmen entsprechend § 15 ... oder, wenn sich ein Eingriff nach Abwägung als unzulässig erweist ..., die Wiederherstellung des früheren Zustands anordnen ...“). Anderer Ansicht ist ausdrücklich nur Prall, in: Schlacke, Gemeinschaftskommentar BNatSchG, 2. Aufl. 2016, § 17, Rn. 30: „Im Zuge des Verfahrens ist über die Zulässigkeit des Eingriffs sowie – bei entsprechendem Abwägungsergebnis – über die Kompensationsmaßnahmen oder Ersatzzahlungen zu entscheiden“, ohne dies jedoch näher zu begründen. In anderen Kommentaren wird die Frage nicht ausdrücklich behandelt (vgl. etwa Siegel, in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Aufl. 2016, § 17, Rn. 51; Schrader, in: Giesberts/Reinhardt, Beck‘scher Online-Kommentar Umweltrecht, BNatSchG, § 17, Rn. 63; Mühlbauer, in: Lorz/Konrad/Mühlbauer/Müller-Walter/Stöckel, Naturschutzrecht, 3. Aufl. 2013, BNatSchG, § 17, Rn. 35).
In der Rechtsprechung wird die Frage bisher nur ganz vereinzelt behandelt; ausdrücklich bejaht wird die Möglichkeit, im Falle eines nicht zugelassenen Eingriffs auch Ersatzzahlungen anzuordnen, soweit ersichtlich nur in dem im angefochtenen Urteil zitierten Urteil des VG Ansbach vom 20. März 2013 (AN 11 K 12.00109, juris, Rn. 25), jedoch ohne nähere Begründung; anders jedoch OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 31. Januar 2018, a.a.O., Rn. 108: „Auch wenn in § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG § 15 BNatSchG undifferenziert in Bezug genommen wird, sind mit den Maßnahmen im Sinne dieser Vorschrift doch ausschließlich solche gemeint, die den eingetretenen Verlust im Wege der Naturalkompensation ausgleichen oder ersetzen“.
Auch die Gesetzesmaterialien deuten, worauf neben dem OVG Sachsen-Anhalt auch Meßerschmidt (a.a.O.) hinweist, in Richtung einer strikten Alternativität von Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen und der Wiederherstellung des früheren Zustands, vgl. BT-Drucks. 16/12274, S. 60: „Ist eine Legalisierung des Vorhabens nicht auf andere Weise möglich, soll die zuständige Behörde Kompensationsmaßnahmen entsprechend § 15 (Satz 2 1. Alternative) oder wenn sich ein Eingriff nach Abwägung als unzulässig erweist (§ 15 Abs. 5) die Wiederherstellung des früheren Zustands anordnen (Satz 2 2. Alternative).“
(Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. August 2019 – 8 A 11472/18 –, Rn. 44 - 46, juris)
Auch ist das Ersatzgeld gegenüber der Vermeidung sowie der Realkompensation ohnehin nachrangig (Schrader in BeckOK UmweltR § 15 Rn. 70; Meßerschmidt § 15 Rn. 143). Es ist zu entrichten, wenn ein Eingriff in Natur und Landschaft zugelassen wird, obwohl die nicht vermeidbaren Beeinträchtigungen des Naturhaushalts und des Landschaftsbildes nicht, nicht vollständig oder nicht innerhalb einer angemessenen Frist durch Maßnahmen der Naturalkompensation ausgeglichen oder ersetzt werden können (Landmann/Rohmer UmweltR/Gellermann, 96. EL September 2021, BNatSchG § 15 Rn. 49).
2. Nach alldem ist auch das erkennende Gericht überzeugt davon, dass eine Auslegung des § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG geboten ist, wonach die Vorschrift die Behörde im Falle eines nicht zugelassenen und nicht nachträglich legalisierbaren Eingriffs nur dazu ermächtigt, entweder Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen i.S.v. § 15 Abs. 2 BNatSchG oder die Wiederherstellung des früheren Zustands anzuordnen. Es hält die nachfolgenden Ausführungen des OVG Rheinland-Pfalz für überzeugend richtig:
„Schon der Wortlaut der Vorschrift spricht wegen der Verwendung des Begriffs „Maßnahmen“ (trotz der nachfolgenden pauschalen Bezugnahme auf § 15 statt etwa nur auf § 15 Abs. 2 des Gesetzes) deutlich gegen eine Einbeziehung von Ersatzzahlungen i.S.v. § 15 Abs. 6 BNatSchG. Denn diese sind keine „Maßnahmen“, sondern treten – im Falle eines zugelassenen oder (legal) durchgeführten und unvermeidbaren Eingriffs – lediglich an die Stelle nicht durchführbarer Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen i.S.v. § 15 Abs. 2 BNatSchG (zur Subsidiarität der Ersatzzahlung in diesem Sinne s.a. Meßerschmidt, a.a.O., § 15, Rn. 129 und 143). Auch die Gesetzesmaterialien sprechen deutlich dafür, dass eine strikte Alternativität – entweder Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen i.S.v. § 15 Abs. 2 oder Wiederherstellung des früheren Zustands – gewollt war. Wie bereits oben zitiert, ist in der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (BT-Drucks. 16/12274, S. 60) nur davon die Rede, dass die Behörde entweder „Kompensationsmaßnahmen entsprechend § 15“ oder die Wiederherstellung des früheren Zustands anordnen soll; Ersatzzahlungen werden nicht erwähnt. Hätte der Gesetzgeber auch im Falle illegaler Eingriffe zur Anordnung von Ersatzzahlungen ermächtigen wollen, hätte es wegen des fehlenden Maßnahmencharakters von Zahlungen nahegelegen, diese ausdrücklich zu erwähnen. Im Hinblick auf den erkennbaren Sinn und Zweck der Regelung spricht außerdem viel dafür, den Verursacher eines illegalen, bereits durchgeführten und nicht nachträglich legalisierbaren Eingriffs stärker in die Pflicht zu nehmen als im Falle eines zugelassenen oder angezeigten unvermeidbaren Eingriffs: Gerade bei einem illegal durchgeführten Eingriff sollte kein Raum für eine Privilegierung des Verursachers durch die Möglichkeit bestehen, sich von der in der Regel ihn stärker belastenden Durchführung von Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen oder der Wiederherstellung des früheren Zustands gleichsam „freikaufen“ zu können (vgl. dazu auch Meßerschmidt, a.a.O., § 15, Rn. 137 und 143: Keine Degenerierung der Ersatzzahlung zur bloßen „Ablasszahlung“).
Es ist für den Senat auch nicht ersichtlich, dass der Ausschluss der Möglichkeit, bei einem illegal durchgeführten Eingriff in Natur und Landschaft alternativ auch Ersatzzahlungen festzusetzen, zu grob unbilligen Ergebnissen und deshalb zu einer bedenklichen Regelungslücke führen kann. Dies gilt namentlich auch im Falle wie dem vorliegenden, in denen der Verursacher des Eingriffs nicht zugleich Eigentümer des Eingriffsgrundstücks wie auch eines für eine Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme in Betracht kommenden Grundstücks ist, sondern insoweit jeweils nur ein Besitzrecht (etwa wie hier als Pächter) hat. Für den Senat erscheint es vielmehr naheliegend, in Fällen eines der Durchführung einer Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme auf einem anderen Grundstück oder auch der Wiederherstellung des früheren Zustands auf dem Eingriffsgrundstück entstehenden Willens des Eigentümers diesem gegenüber eine Duldungsverfügung zu erlassen; als Rechtsgrundlage hierfür kommt die naturschutzbehördliche Generalklausel des § 3 Abs. 2 BNatSchG in Betracht (so auch: Hendrischke, in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Aufl. 2016, § 3, Rn. 35).“
(Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. August 2019 – 8 A 11472/18 –, Rn. 48 - 49, juris)
3. Zwar ist das Einschreiten gegen rechts- oder ordnungswidrige Zustände die Regel (P. Fischer-Hüftle in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG 2. Aufl., § 17 Rn. 46). Auch hat der Beklagte im Verwaltungsverfahren (und in der mündlichen Verhandlung) versucht darzulegen, dass gleichwertige Ausgleichsmaßnahmen entlang oder im Bereich des T ... und seiner Umgebung nicht möglich seien, eine Nachpflanzung vor Ort ausscheide und Ersatzmaßnahmen im vom Eingriff betroffenen Raum derzeit nicht verfügbar seien. Dies führt aber nicht dazu, dass die Ersatzzahlung gemäß § 15 Abs. 6 BNatSchG im Falle eines illegalen und nicht legalisierbaren Eingriffs als Substitut für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen an deren Stelle tritt. Wie oben dargelegt sind mit den Maßnahmen im Sinne von § 15 Abs. 2 BNatSchG ausschließlich solche gemeint, die den eingetretenen Verlust im Wege der Naturalkompensation ausgleichen oder ersetzen (so auch Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 31. Januar 2018 – 2 L 56/16 –, Rn. 108, juris).
4. Ob hier Ausgleichsmaßnahmen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BNatSchG in Betracht zu ziehen und überhaupt möglich waren, mag zweifelhaft sein, da eine Ausgleichsmaßnahme eine Kompensation gerade jener ökologischen Funktionen des Naturhaushalts bewirken muss, die durch den jeweiligen Eingriff in Mitleidenschaft gezogen werden (funktionale Identität). Geht es um Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes, ist die Herstellung eines Zustandes im räumlichen Zusammenhang mit dem Ort des Eingriffs erforderlich, der in gleicher Weise, mit gleichen Funktionen und ohne Preisgabe des sinnlich wahrnehmbaren Beziehungsgefüges den vor dem Eingriff bestehenden Zustand in weitest möglicher Annäherung fortführt (vgl. Landmann/Rohmer, Umweltrecht Werkstand 96. EL September 2021 § 15 Rn. 17-21). Dies erscheint im Hinblick auf die Beseitigung eines gewachsenen Erlenbaumbestandes in einem Landschaftsschutzgebiet zumindest als schwierig.
5. Dessen ungeachtet hat die untere Naturschutzbehörde jedenfalls Ersatzmaßnahmen i. S. von § 15 Abs. 2 S. 1 und 3 BNatSchG nur unzureichend geprüft. Die Vorschrift verlangt in sachlicher Hinsicht lediglich einen gleichwertigen Ersatz, wobei das durch Ersatzmaßnahmen geschaffene Surrogat den beeinträchtigten Funktionen und Werten möglichst ähnlich sein soll. Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sind dann ersetzt, wenn es eine landschaftsgerechte Neugestaltung erfahren hat. In räumlicher Hinsicht ist der räumliche Bezug zwischen dem Ort des Eingriffs und dessen Kompensation durch Ersatzmaßnahmen großzügiger zu bemessen. Allerdings genügt es nicht, wenn die Kompensationsleistung irgendwo im Gebiet des jeweiligen Bundeslandes erbracht wird. Erforderlich ist vielmehr ein hinreichender naturräumlicher Bezug zum Ort der Eingriffswirkung. § 15 Abs. 2 S. 3 BNatSchG bezeichnet ausdrücklich den betroffenen Naturraum als den für Ersatzmaßnahmen in Frage kommenden räumlichen Bereich. Angeknüpft wird insofern an die Gliederung der naturräumlichen Haupteinheiten, wobei jede Haupteinheit über eine Größe von vier bis fünf Landkreisen verfügt (vgl. Landmann/Rohmer, Umweltrecht Werkstand 96. EL September 2021 § 15 Rn. 22-26).
Es ist hier nicht ersichtlich, dass die Behörde eine Ersatzmaßnahme im betroffenen Naturraum nicht hätte anordnen können oder überhaupt substantiiert in Betracht gezogen hat. Konkrete Ermittlungsansätze der Unteren Naturschutzbehörde fehlen gänzlich. Bereits in der Anhörung vom . April 2014 hatte die Behörde Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen noch nicht einmal in Erwägung gezogen, sondern beabsichtigt, dem Kläger „für den entstandenen ökologischen Schaden eine Ersatzzahlung aufzuerlegen“. Selbiges findet sich in der weiteren Anhörung vom November 2015: „Es ist beabsichtigt, Ihnen eine Ersatzzahlung nach § 17 Abs. 8 BNatSchG i.V.m. § 15 Abs. 6 aufzuerlegen“. In der Ordnungsverfügung vom März 2016 heißt es zu in Frage kommenden Ersatzmaßnahmen lediglich: „Ersatzmaßnahmen im vom Eingriff betroffenen Raum sind derzeit nicht verfügbar.“ Diese lediglich „kursorischen“ Ausführungen der Behörde sind ohne jeglichen Gehalt und lassen eine hinreichende und nachvollziehbare Prüfung einer Kompensation durch Ersatzmaßnahmen im betroffenen Naturraum schon nicht erkennen.
Aus der landesrechtlichen Regelung in § 6 Abs. 1 Brandenburgisches Naturschutzausführungsgesetz - BbgNatSchAG folgt nichts Anderes. Soweit dieser Regelung zufolge abweichend von § 15 Abs. 6 Satz 1 BNatSchG eine Ersatzzahlung auch geleistet werden soll, wenn durch die Verwendung der Ersatzzahlung nach Satz 2 und 3 eine Aufwertung des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes mit gleichen Aufwendungen besser verwirklicht werden kann als durch Ausgleich oder Ersatz der Beeinträchtigung nach § 15 Abs. 2 BNatSchG, hat die Untere Naturschutzbehörde diese Bestimmung zum einen ersichtlich nicht herangezogen. Zum anderen folgt aus ihr auch nicht, dass die Ersatzzahlung - abweichend von § 15 Abs. 2 BNatSchG - landesrechtlich eine Maßnahme des Naturschutzes und der Landschaftspflege ist, zumal § 6 Abs. 1 BbgNatSchAG ausdrücklich auf § 15 Abs. 6 BNatSchG verweist, mithin einen zugelassenen Eingriff voraussetzt.
Im Ergebnis muss der Kläger als Adressat eines belastenden Verwaltungsaktes die ihm gegenüber ergangene, mangels Rechtsgrundlage rechtswidrige Festsetzung einer Ersatzzahlung als solche nicht hinnehmen.
C.
1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. mit §§ 173 VwGO und 709 Zivilprozessordnung.
2. Die Berufung war gemäß §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, da § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG im Einklang mit der Rspr. des OVG Rheinland-Pfalz und des OVG Sachsen-Anhalt hier dahin ausgelegt wird, dass unter den Begriff der Maßnahmen nach § 15 nicht die Ersatzzahlung nach § 15 Abs. 6 BNatSchG fällt. Diese Auslegung ist hier auch entscheidungserheblich, da sie zum Erfolg der Klage führt. Die damit verbundene konkrete Rechtsfrage ist klärungsfähig und klärungsbedürftig (vgl. Eyermann/Happ, VwGO 15. Aufl., § 124 Rn 35f.).